" „Mein Kollege erzählt mir viel zu viel Privates!“ Im Job gibt es oft Situationen, die unangenehm sind – gerade im zwischenmenschlichen Bereich. Wie verhält man sich dann? Unsere Experten sagen, wie Sie Grenzen setzen. Höflich, aber bestimmt BERUF Unsere Experten „Ich mag nicht über Persönliches reden“ Ich arbeite seit einigen Monaten in einem mittelständischen Betrieb. Was mich stört: Meine drei (sehr netten!) Kolleginnen reden viel über Privates. Ich will nicht abweisend erscheinen, aber mir ist das zu viel. Frauke, 42, Büromanagerin Susanne Helbach-Grosser: Wer Persönliches über sich erzählt (nur Positives natürlich), schafft Bindungen und betreibt Selbst-PR. Andererseits hat es auch große Vorteile, Privates aus dem Job herauszuhalten, um sich nicht angreifbar zu machen. Hier geht es um das richtige Maß: Sie dürfen Grenzen setzen und Ihren Ruf als aufrichtige Kollegin festigen. Machen Sie den neuen Kolleginnen freundlich Ihre Ansichten deutlich. Nur so können sie nachvollziehen, dass Ihnen diese privaten Gespräche zu weit gehen. Simon van Grieken: Hier geht es, wie so oft, um die Kunst des Nein-Sagens. Ich würde eine passende Gelegenheit abwarten und das Thema freundlich und undramatisch ansprechen: „Ich kenne es gar nicht, dass man im Büro über Privates spricht. Nehmt es mir nicht übel, wenn ich etwas zurückhaltender bin.“ Das ist eine gute Haltung, und wenn man sie nett verpackt, sollte sie akzeptiert werden. „Ich bevorzuge das höfliche Sie“ Neulich hat mich ein Kollege in der Teeküche geduzt. Mir gefiel das nicht. Ich bin zehn Jahre älter als er und auch länger im Betrieb. Er ist Leiter einer Abteilung, aber ich bin ihm nicht unterstellt. Sagt man in so einem Fall etwas? Kerstin, 52, Sachbearbeiterin Susanne Helbach-Grosser: Duzen und Siezen sind stets Ausdruck einer Beziehungsdefinition. Im Unternehmen spielt dabei in erster Linie der Rang eine Rolle (nicht das Alter oder das Geschlecht). Der Ranghöhere bietet das Du an, also der Vorgesetzte dem Mitarbeiter, der Kunde dem Dienstleister. Aber: Es ist ein Angebot und keine Anordnung! Ihr Kollege hätte stilvoll die Frage nach dem Du stellen sollen. Dann hätten Sie sich behutsam aus der Affäre ziehen können, zum Beispiel so: „Vielleicht besser nicht. Es könnte zu Missverständnissen in der Abteilung führen.“ Simon van Grieken: Auf solche „Übergriffigkeit“ reagiert man am besten sofort und stellt die Sache klar: „Ihr Angebot freut mich, aber lassen Sie uns vorerst beim Sie bleiben.“ Sie sind überrumpelt worden – verständlich, dass Ihnen nicht so- 54 06/2015 FÜR SIE für gutes Benehmen am Arbeitsplatz SUSANNE HELBACHGROSSER ist Autorin sowie Inhaberin von TAKT & STIL, einem Seminar-Institut für interkulturelle Kommunikation und gesellschaftliche Umgangsformen. takt-und-stil.de SIMON N. VAN GRIEKEN ist studierter Wirtschaftswissenschaftler. Er entwickelt und leitet Seminare im Bereich der zwischenmenschlichen Kommunikation. Mehr Informationen unter: vangriekenconsulting.com fort das Richtige eingefallen ist. Falls der Kollege damit fortfährt, Sie zu duzen, seien Sie vorbereitet: Sagen Sie deutlich, wie es Ihnen lieber ist. Wichtig ist dabei, dass die nonverbalen Signale richtig gesetzt sind – ein leichtes Lächeln, ein direkter Blick und die Sätze einmal sagen, dann aber keine weiteren Erklärungen folgen lassen. „Ich wurde beim Tratschen erwischt …“ Mir kam zu Ohren, dass eine Mitarbeiterin von ihrem Mann verlassen wurde. Beim Mittagessen sprach ich darüber mit anderen Kolleginnen. Eine von ihnen hatte nichts Besseres zu tun, als zu der Betroffenen zu laufen: „Julia hat erzählt, dass ihr euch getrennt habt.“ Wie löse ich die peinliche Situation auf? Julia, 44, Mitarbeiterin Krankenhausverwaltung Susanne Helbach-Grosser: Manche Situationen kann man mit Humor retten. Oft ist aber eine Entschuldigung unumgänglich. In Ihrem Fall würde ich das Gespräch suchen und erklären, wie es zu dieser „Kettenreaktion“ kam. In Zukunft sollten Sie vorsichtiger sein. Denn auch für den Austausch mit Kollegen auf dem Flur, in der Kaffeeküche oder am Kopierer gibt es Regeln: Plaudern Sie keine Dinge aus, die andere nichts angehen. Beteiligen Sie sich nicht an Klatsch. Sprechen Sie positiv über andere. Dann wird man Sie sympathisch finden und unterstützen. Simon van Grieken: In so einem Fall gibt es nur FÜR SIE 06/2015 55 BERUF „Seine Unpünktlichkeit nervt mich“ Ein Kollege, mit dem ich viel zu tun habe, nervt mich kolossal, weil er unpünktlich ist. Sind wir um 11 Uhr für ein Meeting verabredet, kommt er erst um 11 Uhr 10 mit den Worten: „Musste mir noch schnell einen Kaffee holen.“ Hannah, 39, Trainerin in einem IT-Unternehmen Susanne Helbach-Grosser: Manche Kollegen kommen grundsätzlich zu spät. Nach dem Motto: „Ich bin so bedeutend, dass ihr ruhig ein bisschen auf mich warten könnt.“ Oft steckt hinter notorischem Zuspätkommen aber auch falsches Zeitmanagement. Vielleicht machen Sie Ihrem Kollegen klar, dass Pünktlichkeit auch für die Karriere wichtig ist? Verpacken Sie Ihren Wunsch in Sorge um sein Fortkommen im Unternehmen. Oder Sie versuchen es so: „Wir hatten für unser Gespräch eine Stunde eingeplant. Nun bleiben uns nur noch 50 Minuten.“ Und machen Sie pünktlich Schluss. Simon van Grieken: Im ersten Schritt könnten Sie das Problem unter vier Augen ansprechen: „Ich habe auch einen engen Terminplan. Ich bitte dich, in Zukunft pünktlich zu sein.“ Ihr nächster Schritt: maximal fünf Minuten warten – und dann weg sein. Falls auch das keine Wirkung zeigt, können Sie das Problem bei einem größeren Meeting ansprechen: „Du kommst schon wieder zu spät. Wollen wir darüber reden?“ „Angeblich ist meine Stimme zu laut“ Mein Kollege, mit dem ich in einem ViererBüro sitze, hat sich beklagt, ich würde zu laut telefonieren. Wenn es mal privat ist, rollt er sogar schon mit den Augen. Ich gebe mir Mühe, aber ich habe eben ein etwas lauteres Organ. Und die anderen beiden Kollegen stört das auch nicht. Saskia, 35, Mitarbeiterin in einer Krankenkasse Susanne Helbach-Grosser: Nicht jeder Arbeitnehmer kommt mit dem Lärmpegel in großen Büros zurecht. Um dort konstruktiv zu arbeiten, be- 56 06/2015 FÜR SIE darf es Toleranz und Rücksicht. Hier einige „Rettungsvorschläge“: 1. Erkunden Sie doch mal beim Betriebsrat oder in der Personalabteilung, ob Trennwände Abhilfe schaffen könnten. 2. Besteht die Möglichkeit, sich bei längeren Telefongesprächen in einen Besprechungsraum zurückzuziehen? 3. Auch Ohropax oder Kopfhörer empfinden viele als gute Lösung. Es dem Kollegen direkt vorzuschlagen scheint mir allerdings grenzwertig. Ich würde abwarten, ob sich eine Gelegenheit bietet, diese Möglichkeit vorsichtig zu erwähnen. Simon van Griecken: Ist der Kollege wirklich geräuschempfindlicher als Sie? Oder will er Sie mit seinen Klagen plagen? Das bekommen Sie heraus, wenn Sie Ihre Stimme deutlich dämpfen und ihn anschließend fragen: „War das schon ein bisschen besser für Sie?“ Reagiert er darauf freundlich und dankbar, wissen Sie: Er leidet wirklich. Kommt von ihm nur weiteres Geknurre, können Sie annehmen, dass es gar nicht wirklich um den Lärm geht. Der Mann hat ein Problem mit Ihnen. Versuchen Sie, auf Basis dieser Erkenntnis Ihre weitere Strategie zu entwickeln. „Meine Frau findet mein Outfit zu leger“ Ich fange im nächsten Monat in der Entwicklungsabteilung eines Energiekonzerns an. Meine Frau macht sich etwas Sorgen. Sie sagt: „Auch als Ingenieur kannst du da nicht in Jeans rumlaufen.“ Wie lautet Ihr Rat? Wie sehr muss ich mich anpassen? Matthias, 51, Ingenieur Susanne Helbach-Grosser: Die Kunst bei der Kleidungswahl liegt darin, nicht steif und verstaubt, aber auch nicht topmodisch zu wirken, sondern vertrauensvoll und professionell. Verkleiden müssen Sie sich deshalb aber nicht. Schließlich soll Ihr Outfit Ihre Persönlichkeit unterstreichen. Finden Sie den Look, der dem Dresscode im Unternehmen und Ihnen gleichermaßen entspricht. Keine Sorge, das gelingt! Falls Sie unsicher sind: Digitale Shoppinghilfe finden Sie zum Beispiel unter outfittery.de und kisura.de. Simon van Grieken: Gehen Sie das Ganze „wissenschaftlich“ an und analysieren Sie Ihr neues Umfeld: Was tragen Ihre Kollegen, wie tritt Ihr Vorgesetzter auf? Sich an den Dresscode zu halten ist mehr als eine Formsache. Es ist eine Botschaft: „Ich fühle mich dieser Gruppe zugehörig.“ Sie bekennen sich damit zu den Werten eines Unternehmens. Und: Wer die Form sicher beherrscht, ist weniger angreifbar, erntet Respekt und kann so oft auch inhaltlich mehr bewirken. Fotos: Plainpicture, intophoto, privat eine richtige Reaktion – sofort zu der Person gehen und sich entschuldigen: „Es tut mir leid, das hätte mir nicht passieren sollen.“ Selbst wenn die Kollegin gar nicht verärgert ist – lassen Sie sie wissen, dass es Ihnen ein Bedürfnis ist, die Sache zu klären. Danach würde ich mit niemandem mehr über die Sache sprechen – auch nicht mit der Kollegin, die die Sache weitergetragen hat.
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