Die Dohrer sind auf Zack

18. September 2015 |
„Die Dohrer sind auf Zack“
Die Flüchtlinge sind derzeit Dauerthema,
besonders in Dohr. Denn dort sollen 90
Asylbewerber vorübergehend in der Turnhalle am
Torfbend untergebracht werden. Am
Donnerstagabend wurden die Dohrer informiert. Von
Dohr.
Ulrike Mooz
Wenn in einem Örtchen wie Dohr 90 Flüchtlinge untergebracht
werden sollen, dann löst das bei den Nachbarn nicht nur
Freudentaumel aus. „Das Fremde macht uns Angst, das ist
menschlich“, sagt Albrecht Fischer, Pfarrer der dortigen
evangelischen Kirchengemeinde. Dass die Dohrer die Situation
trotzdem mit Bravour meistern werden, ist er sich sicher.
Schließlich war es Albrecht Fischer der die Idee hatte, für die
verzweifelten Menschen auf der Flucht die Turnhalle zu
räumen.
Am Donnerstagabend gab es einen Infoabend im
Gemeindehaus, an dem er, der städtische Beauftragte vom
Fachbereich Soziales und Wohnen, Michael Poos, Pfarrer
Christoph Sandner von der evangelischen Kirchengemeinde
Rheydt und die ehrenamtliche Flüchtlingshelferin Vera Henze
den Dohrern zu skeptischen Fragen aber auch zu
Hilfsangeboten Rede und Antwort standen.
Zu Anfang des Abends überwogen die Skeptiker und es fielen
Fragen zur Finanzierung und danach, wo der Sportunterricht
für die Kinder ersatzweise stattfinden solle. Manch einer war
verärgert über die schlechte Informationspolitik der Stadt und
auch darüber, dass einige Flüchtlinge statt Dankbarkeit zu
zeigen, sich mit Leidensgenossen anderer
Religionszugehörigkeiten in die Haare kriegten.
Alles berechtigte Fragen und Einwände fand Pfarrer Fischer.
Wo man mit Menschen zu tun habe, gäbe es auch immer
welche, die sich nicht so verhielten, wie man sich das wünsche.
Doch es lohne sich, sich einfach mal darauf einzulassen. Er
habe in den anderen Flüchtlingseinrichtungen viele
Begegnungen gehabt, die er auf keinen Fall mehr missen wolle.
In die Dohrer Turnhalle sollen 90 Menschen kommen, deren
Asylverfahren bereits läuft. Sobald auf der Krall‘schen Wiese
(für 400 Menschen) und auf dem Parkplatz 8 im Nordpark (für
weitere 400 Menschen) die geplanten Unterkünfte fertig
gebaut seien, würden die Menschen von Dohr dorthin
umziehen, so Michael Poost. Das soll etwa Ende Oktober sein.
„Wir versuchen, menschenwürdige Unterkünfte zu schaffen“,
so Poos, das sei aber weit entfernt davon, das zu sein, was wir
uns unter einem Zuhause vorstellen.
Sprachunterricht, Koch-, Mal- und Spielgruppen, Sport und
vieles andere – das Angebot, das ehrenamtliche Helfer den
Flüchtlingen in Mönchengladbach bieten, ist groß. „Die
Flüchtlinge dürfen sich in NRW frei bewegen“, so Poos. Einfach
hingehen und jemanden zum Ausflug in den Tiergarten
abholen, das gehe also, sagt Ehrenamtlerin Vera Henze, die
selbst beim ersten Mal Herzklopfen hatte Damit nicht noch
mehr Chaos entstehe, sei es aber besser, wenn die Helfer sich
untereinander absprechen würden.
Dank der enormen Spendenbereitschaft der
Mönchengladbacher, werden Sachspenden im Moment nicht
benötigt. „Das kann sich aber jederzeit ändern“, so Pfarrer
Fischer, wer also etwas abzugeben habe, solle das lieber noch
ein paar Wochen aufheben.
Dass die Stimmung im Laufe des Abends von Skepsis zu
pragmatischer Hilfsbereitschaft wechselte, hatte nicht zuletzt
mit dem Dohrer Bürgerverein zu tun, der sich vorbehaltlos
hinter die Flüchtlingsidee stellte. „Die Menschen haben doch
mehr Angst, als wir alle zusammen“, so Vorsitzender Günter
Dorn.
Von den rund 80 Dohrern, die kurzfristig zum Infoabend
gekommen waren, kündigten rund 30 ihre Hilfe an. „Die
Dohrer sind auf Zack“, freut sich Pfarrer Fischer.
(Report Anzeigenblatt)
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