26 WIRTSCHAFT Paket – was soll das heissen?

26 WIRTSCHAFT
Neuö Zürcör Zäitung
Donnerstag, 17. Dezember 2015
UBS-Kundendaten
an die Niederlande geliefert
HERAUSGEGRIFFEN
(sda) V Die Eidgenössische Steuerver-
Paket –
was soll das heissen?
Thomas Fuster V Weihnachten naht. Und damit die Zeit der
Geschenke. Emsig werden Präsente gekauft, mit farbigem
Papier umhüllt und zu Hause vor neugierigen Blicken versteckt. Doch Pakete gibt es nicht nur an Feiertagen. Ganzjährig hoch im Kurs stehen sie in Wirtschaft und Politik. Der
Duden umschreibt das Paket in diesem Zusammenhang als
«grössere Gesamtheit von Dingen, Teilen, Vorschlägen usw. in
verbindlicher Zusammenstellung». Seien es Konjunktur-,
Spar-, Steuer- oder Reformpakete, mitunter überkommt einen
als Staatsbürger der Eindruck, das Wirtschaften und Politisieren sei eine einzige grosse Bescherung.
Doch warum die Metapher des Pakets? Es gäbe durchaus
auch Alternativen, etwa das Programm oder das Bündel. Doch
mit dem Paket können diese beiden Begriffe schlecht mithalten. Sparprogramm tönt irgendwie kopflastig, abstrakt, lebensfern. Und jeder, der schon einmal einen Computer bedient hat,
weiss nur zu gut, dass Programme die Eigenschaft haben, zum
ungünstigsten Zeitpunkt abzustürzen. Massnahmenbündel
wiederum klingt etwas zusammenhanglos, willkürlich, vage.
Denn wer garantiert schon, dass bei einem kräftigen Windstoss
nicht ein Zettel aus dem nur lose verschnürten Papierbündel
weggeblasen wird. Das wirkt dann doch etwas unverbindlich.
Ganz anders das Paket. Es benötigt weder Software noch
Strom – und wird kompakt zusammengehalten durch Karton,
Schnur und Klebeband. Solides Handwerk also, wie es jedem
Manager oder Politiker gut ansteht. Bei der Schlagzeile «Parlament schnürt Massnahmenpaket» sieht man die Volksvertreter vor dem inneren Auge mit Schere und Schnur hantieren,
was der Karton hält. Das weckt positive Assoziationen. Denn
über den Erhalt eines Pakets freut sich jedes Kind, obwohl –
oder weil – es oft nicht weiss, was sich darin verbirgt. Doch die
Freude über wirtschaftliche Pakete ist eine trügerische. So lässt
sich ein Sparpaket nicht ohne weiteres umtauschen oder an
den Absender zurückschicken. Dass eine Masche sowohl eine
kunstvolle Schleife an einem Geschenkpaket als auch ein übler
Trick sein kann, ist kaum dem Zufall geschuldet.
Kreml stoppt Freihandel mit Ukraine
bet. Moskau V Russland wird zum Jah-
reswechsel ein Freihandelsabkommen
mit der Ukraine aussetzen und höchstwahrscheinlich Zölle zum Schutz der
heimischen Industrie einführen. Wie aus
dem am Mittwoch publizierten Dekret
von Präsident Wladimir Putin hervorgeht, wird der Vertrag aus Gründen der
ökonomischen Sicherheit gekündigt.
Russland und die Ukraine sind seit 2011
Mitglieder einer Freihandelszone der
Gemeinschaft Unabhängiger Staaten
(GUS). Die Ukraine hat 2014 ein Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet, das ebenfalls einen Freihandelsvertrag einschliesst. Dieser Freihandel tritt im Januar 2016 in Kraft, womit schrittweise ukrainische Zölle auf
EU-Güter abgebaut werden (Erleichterungen für ukrainische Güter beim
Export in die EU gelten bereits).
Moskau befürchtet, aus dem Heimatmarkt verdrängte ukrainische Güter
oder Reexporte aus der EU könnten
Russland fluten und die eigene Industrie
schädigen. Allerdings sind überlappen-
de Freihandelsvereinbarungen international keine Seltenheit. Es existieren
einige Möglichkeiten, durch Herkunftszertifikate oder Schutzklauseln unerwünschte Übertragungseffekte zu verhindern. Auch die bestehenden Regeln
der GUS-Freihandelszone erlauben höhere Zölle, falls es zu aussergewöhnlichen Verwerfungen kommt – aber
eben nicht ex ante.
Moskau, Kiew und Brüssel haben seit
dem Sommer 2014 Gespräche zu der
Frage geführt, die weitgehend ergebnislos blieben. Der Kreml hat wiederholt
gedroht, die Ukraine aus der GUS-Freihandelszone zu werfen, was aber im
Alleingang schwer zu bewerkstelligen
ist. Nun löst er das privilegierte Handelsregime unilateral auf und wird nach
Regierungsangaben Zölle erheben. Ferner hat Moskau ab Januar einen Einfuhrstopp für ukrainische Lebensmittel
angekündigt. Russland ist zwar nach der
EU der zweitwichtigste Handelspartner
der Ukraine, aber der Austausch ist seit
einiger Zeit stark rückläufig.
Die Hühnerhaltung von Huber entspricht dem Schweizer Tierschutzgesetz.
G. BALLY / KEY
Bell kauft Geflügelfirma in Österreich
ai. V Der Fleischverarbeiter Bell über-
nimmt per 1. März für eine nicht näher
genannte Summe den österreichischen
Geflügelspezialisten Huber. Die akquirierte Firma erwirtschaftet mit einer Belegschaft von 900 Personen einen Jahresumsatz von über 300 Mio. € (Bell
2014: 2,6 Mrd. Fr.) und verfügt über eine
starke Marktposition in Österreich und
Deutschland. Wie Bell weiter mitteilt, ist
vorgesehen, dass Huber unter dem bisherigen Management als selbständige
Einheit weitergeführt wird. Die beiden
Firmen kennen sich bestens; die Basler
beziehen von den Österreichern heute
schon Geflügelfleisch aus Betrieben, die
dem Schweizer Tierschutzgesetz entsprechen.
Durch die Übernahme der HuberGruppe sichert sich Bell den Zugang
zum Rohstoff Geflügelfleisch, einem
Wachstumsmarkt, auf dem sich verglichen mit dem übrigen Fleischgeschäft
überdurchschnittliche Margen erzielen
lassen. Mit der Akquisition erhöht Bell
auch den Auslandanteil des Umsatzes,
der 2014 noch 28% des Gesamterlöses
ausmachte, auf rund 40%. Analytiker
weisen indessen darauf hin, dass Bell im
internationalen Geschäft bisher nur bescheidene Erfolge erzielt und noch nie
schwarze Zahlen geschrieben hat. Ob
sich die Ausland-Performance mit der
Akquisition von Huber verbessert, ist
ungewiss, da keine Angaben über deren
Profitabilität gemacht werden.
IN KÜRZE
Leclanché braucht Kapital
sco. V Der Spezialist für Energiespei-
Julius Bär erwirbt
Luxemburger Privatbank
imr. V Julius Bär übernimmt die Com-
merzbank International SA Luxembourg, die knapp 3 Mrd. € an verwalteten Vermögen aufweist. Es handelt
sich damit um eine vergleichsweise
kleine Transaktion, denn das Zürcher
Institut verwaltet gemäss den neuesten
Angaben 297 Mrd. Fr. Die in Luxemburg gebuchten Gelder steigen allerdings laut Angaben von Julius Bär auf
5 Mrd. Fr. Die Kaufsumme liegt bei
68 Mio. €. Der Restrukturierungs- und
Integrationsaufwand werde voraussichtlich 20 Mio. € betragen, teilte Julius
Bär mit. Attraktiv ist die Übernahme
für das Institut angeblich auch, weil die
Luxemburger Bank die Systeme des
IT-Anbieters Temenos anwendet. Im
Februar hatte Julius Bär bekanntgegeben, dass sie künftig für die ganze
Gruppe die Software des Genfer Unternehmens nutzen werde.
<wm>10CAsNsja1NLU01DU3tDQxMQQArKt7uQ8AAAA=</wm>
<wm>10CFWKKw7DQAwFT-SVn_28nxpWYVFAVL6kKu79UTZlBTNDZt8ziv54bsdrOzNGDEjDIJHdWHq3dK0FtATgpojHKrS3aH-_kFapmPcjgMDnsquYTyPL9_25AIgA-f5yAAAA</wm>
chersysteme Leclanché braucht erneut
frisches Kapital. Die Firma nimmt im
Rahmen einer Privatplacierung von
Aktien und der Ausgabe von zusätzlichen Pflichtwandelanleihen 6,9 Mio.
Fr. auf. Ausgabe- und Wandlungspreis
liegen bei Fr. 2.40 und damit um 1,7%
über dem Schlusskurs vom 15. Dezember. Anfang 2016 sollen nochmals bis zu
1 Mio. Aktien ausgegeben werden.
Swiss Prime Site kauft Boas
msf. V Die grösste Schweizer Immobi-
liengesellschaft Swiss Prime Site (SPS)
baut ihr Segment «Wohnen und Leben
im Alter» aus. Gemäss einer Medienmitteilung wurde am 15. Dezember ein Vertrag zur Übernahme der Senior-CareAktivitäten der Boas Yakhin Holding
unterzeichnet. Im ersten Quartal 2016
soll die Transaktion vollzogen werden.
Boas Senior Care hat 2014 an 15 Betriebsstätten in der Westschweiz 70 Mio.
Fr. umgesetzt.
waltung (EStV) hat eine Gruppenanfrage aus den Niederlanden gutgeheissen und damit die Lieferung von UBSKundendaten gebilligt. «Nach den USA
ist dies das erste Gruppenersuchen, auf
das die Schweiz im Rahmen des Doppelbesteuerungsabkommens eintritt», sagte
ein EStV-Sprecher am Mittwoch auf Anfrage zu einem entsprechenden Vorabdruck der «Handelszeitung». Laut der
Zeitung handelt es sich um Vermögensstände von rund 100 niederländischen
Offshore-Kunden der UBS. Zur Zahl
der Kunden wollte Teuscher nichts
sagen: Im Rahmen des Doppelbesteuerungsabkommens sei die EStV an
Stillschweigen gebunden. Grundsätzlich
hielt der EStV-Sprecher fest, dass jedes
Gruppenersuchen einzeln geprüft werde. Fischzüge würden abgelehnt. Es
komme immer auf den Einzelfall an.
Wichtige Heta-Gläubiger
lehnen Rückkaufangebot ab
mbe. Wien V Das geplante Rückkauf-
angebot Kärntens und des österreichischen Bundes für die Anleihen der
Skandalbank Hypo Alpe Adria (heute:
Heta) trifft auf grossen Widerstand. Am
Mittwoch teilten gewichtige Gläubiger
mit, dass sie sich zu einem Pool zusammengeschlossen hätten und das Angebot ablehnen wollten. Da die Gruppe
nach eigenen Angaben mehr als ein
Drittel der Heta-Anleihen kontrolliert,
kann sie das Rückkaufangebot zum
Scheitern bringen. Zum Pool gehören
illustre Namen wie Pimco, Commerzbank oder die deutsche Bad Bank der
Ex-HRE. Wien und Klagenfurt wollen
das Land Kärnten mit einem erheblichen Abschlag aus seinen enormen
Haftungen für die Heta freikaufen. Der
Plan war von Gläubigern scharf kritisiert worden.
Britische Lohnzuwächse
flachen ab
gho. V Der Arbeitsmarkt in Grossbritan-
nien läuft auf Hochtouren: Die Arbeitslosenquote ist laut dem Statistikamt von
5,3% im September auf 5,2% zurückgegangen. Die Beschäftigungsquote hat
mit einem Wert von 73,9% einen
Rekordstand seit dem Beginn vergleichbarer Zahlen in den 1970er Jahren erreicht. Zudem hat die Zahl der Vollzeitbeschäftigten zugenommen, die Anzahl
gearbeiteter Stunden ist gestiegen. Die
nominale Lohnentwicklung flachte sich
jedoch zwischen August und Oktober
mit einem Plus von 2% (ohne Boni)
gegenüber dem Vorjahr ab. Zwischen
Juli und September war es noch ein Zuwachs von 2,4%. Dies deutet darauf hin,
dass die Produktivität dem bisherigen
Lohnzuwachs hinterherhinkte. Unternehmen dürften die stagnierende Teuerungsrate – im November betrug sie
0,1% – dazu verwenden, geringere
nominale Lohnerhöhungen anzubieten.