Eilbeschluss - Bundesnetzagentur

Beschlusskammer 3
BK 3d-15/003
Eilbeschluss
In dem Verwaltungsverfahren
wegen der Überprüfung des Standardangebots der Telekom Deutschland GmbH über die
Inanspruchnahme von Layer 2-Bitstream Access
betreffend:
die Telekom Deutschland GmbH, Landgrabenweg 151, 53227 Bonn, vertreten durch die Geschäftsführung,
Betroffene,
Beigeladene:
1. VATM Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V.,
Frankenwerft 35, 50667 Köln, vertreten durch den Vorstand,
2. Versatel GmbH, Niederkasseler Lohweg 181-183, 40547 Düsseldorf,
vertreten durch die Geschäftsführung,
3. eifel-net GmbH, Bendenstraße 31, 53879 Euskirchen,
vertreten durch die Geschäftsführung,
4. QSC AG, Mathias-Brüggen-Str. 55, 50829 Köln, vertreten durch den Vorstand,
5. BREKO Bundesverband Breitbandkommunikation e.V., Menuhinstraße 6, 53113 Bonn,
vertreten durch den Vorstand,
6. EWE TEL GmbH, Cloppenburger Straße 310, 26133 Oldenburg,
vertreten durch die Geschäftsführung,
7. Vodafone GmbH, Ferdinand-Braun-Platz 1, 40549 Düsseldorf,
vertreten durch die Geschäftsführung,
8. IEN Initiative Europäischer Netzbetreiber, Dorotheenstraße 54, 10117 Berlin,
vertreten durch den Vorstand,
9. NetCologne Gesellschaft für Telekommunikation mbH, Am Coloneum 9, 50829 Köln,
vertreten durch die Geschäftsführung,
10. M-Net Telekommunikations GmbH, Spittlertorgraben 13, 90429 Nürnberg,
vertreten durch die Geschäftsführung,
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11. TNG Stadtnetz GmbH, Projensdorfer-Straße 324, 24106 Kiel,
vertreten durch die Geschäftsführung,
12. 1 & 1 Telecom GmbH, Elgendorfer-Straße 57, 56410 Montabaur,
vertreten durch die Geschäftsführung,
13. Telefónica Germany GmbH & Co. OHG, Georg-Brauchle-Ring 23-25, 80992 München,
vertreten durch die Telefónica Germany Management GmbH und die Telefónica
Deutschland Holding AG, diese vertreten durch die Geschäftsführung bzw. den Vorstand,
14. COLT Technology Services GmbH, Herriotstraße 4, 60528 Frankfurt am Main,
vertreten durch die Geschäftsführung,
15. Nexiu GmbH, Am Dreschplatz 3, 61273 Wehrheim, vertreten durch die Geschäftsführung,
16. Northern Access GmbH, Beckebohnen 2, 31618 Liebenau,
vertreten durch die Geschäftsführung,
17. Bundesverband Glasfaseranschluss e.V. (BUGLAS), Bahnhofstraße 11, 51143 Köln,
vertreten durch den Vorstand,
18. ecotel communications ag, Prinzenallee 11, 40549 Düsseldorf,
vertreten durch die die Geschäftsführung,
– Verfahrensbevollmächtigte:
der Betroffenen:
Deutsche Telekom AG
Friedrich-Ebert-Allee 140
53113 Bonn
vertreten durch den Vorstand
von dieser bevollmächtigt:
Noerr LLP
Charlottenstraße 57
10117 Berlin
der Beigeladenen zu 15. und 16: nGENn GmbH
Am Dreschplatz 3
61273 Wehrhein –
hat die Beschlusskammer 3 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation,
Post und Eisenbahnen, Tulpenfeld 4, 53113 Bonn,
durch
den Vorsitzenden Ernst Ferdinand Wilmsmann,
die Beisitzerin Judith Schölzel und
den Beisitzer Matthias Wieners
auf die mündliche Verhandlung vom 02.12.2015 beschlossen:
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1.
Gemäß § 130 TKG wird der von der Betroffenen aufgrund der ersten Teilentscheidung vom 17.08.2015 überarbeitete und am 28.09.2015 vorgelegte Entwurf eines
„Standardangebotes der Telekom Deutschland GmbH über die Inanspruchnahme
von Layer 2-Bitstream Access“ mitsamt der zugehörigen Anlagen in der Fassung
vom 22.01.2016 gemäß dem Tenor des anliegenden Beschlussentwurfs vorläufig in
Kraft gesetzt.
2.
Das gemäß Ziffer 1. vorläufig in Kraft gesetzte Standardangebot gilt bis zum Wirksamwerden der Entscheidung im Hauptsacheverfahren.
I. Sachverhalt
Mit Regulierungsverfügung BK 3d-12/131 vom 29.08.2013 wurde die der Betroffenen mit der
Regulierungsverfügung BK 3g-09/085 vom 21.03.2011 auferlegte Verpflichtung, Wettbewerbern Zugang zur vollständig entbündelten Teilnehmeranschlussleitung (TAL) am Kabelverzweiger (KVz) zu gewähren, im Hinblick auf die Nutzung von VDSL2-Vectoring-Technik teilweise widerrufen. Voraussetzung für die geschützte Nutzung der VDSL2-Vectoring-Technik
durch die Betroffene ist das Angebot eins Layer 2-Bitstroms ab dem 01.01.2016. Mit der vorläufigen Regulierungsverfügung BK3g-15/004 vom 22.12.2015 wurde diese Frist auf den
01.07.2016 verlängert.
Am 05.02.2015 hat die Betroffene ein Standardangebot für die Inanspruchnahme von Layer
2-Bitstream Access für Next Generation Access (L2-BSA) vorgelegt.
Nach Überprüfung ist der Betroffenen mit einer ersten Teilentscheidung vom 17.08.2015
aufgegeben worden, ein entsprechend den Vorgaben in dieser Entscheidung geändertes
Standardangebot bis zum 28.09.2015 vorzulegen. Die Betroffene hat fristgemäß an diesem
Tag ein geändertes Standardangebot mit einigen Erläuterungen zum Umfang der Umsetzung des Beschlusses vorgelegt.
Mit Regulierungsverfügung BK 3h-14/114 vom 28.10.2015 wurde der Betroffenen u.a. die
Verpflichtung auferlegt, anderen Unternehmen auf Nachfrage Bitstrom-Zugang dadurch zu
gewähren, dass sie im Rahmen eines einheitlichen Produktes dem nachfragenden Unternehmen breitbandige Anschlüsse überlässt und den zugehörigen Paketstrom auf Layer 2 an
geeigneten Übergabepunkten der Konzentratornetze übergibt und ein Standardangebot dafür zu veröffentlichen.
Am 01.10.2015 hat die Beschlusskammer ein Verfahren zur vorläufigen Entscheidung über
die Änderungen des vorgelegten Standardangebots eröffnet.
Der Betroffenen und den Beigeladenen ist in der am 02.12.2015 durchgeführten öffentlichen
mündlichen Verhandlung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die anwesenden
Verfahrensbeteiligten haben sich für eine vorläufige Entscheidung über das Standardangebot vor Abschluss eines Notifzierungsverfahrens ausgesprochen bzw. dazu nicht Stellung
genommen.
Die übrigen Beschlusskammern und die Abteilungen sind am 23.03.2016 über die beabsichtigte Entscheidung informiert worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Ebenfalls mit Schreiben vom 23.03.2016 ist dem Bundeskartellamt Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Beschlussentwurf gegeben worden. [Einfügen]
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Ausführungen
unter Ziffer II., auf den anliegenden Konsultationsentwurf sowie auf die Akten verwiesen.
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II. Gründe
Die in Ziffer 1. in Bezug genommenen Standardangebot werden gemäß § 130 TKG i.V.m.
§ 23 Abs. 4 TKG vorläufig geändert.
Nach § 130 TKG kann die Bundesnetzagentur bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige
Anordnungen treffen.
1. Rechtsgrundlage
Die vorläufigen Regulierungsmaßnahmen nach Ziffer 1. des Tenors erfüllen die Bedingungen, die § 13 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 S. 1 TKG entsprechend an den Erlass einstweiliger Maßnahmen stellt.
Die zitierten Normen sind entsprechend anwendbar, weil vorliegend eine Konsultation und
Konsolidierung durchgeführt werden muss. Denn die beabsichtigte Maßnahme hat Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten, wie sich aus der Bedeutung der Zugangsleistung ergibt.
2. Formelle Voraussetzungen
Die Zuständigkeit der Beschlusskammer für die Entscheidung folgt aus den §§ 116 Abs. 1
und 132 Abs. 1 S. 1 TKG.
Die Verfahrensvorschriften sind gewahrt worden. Insbesondere ergeht die Entscheidung
nach Anhörung der Beteiligten (§ 135 Abs. 1 TKG) und aufgrund mündlicher Verhandlung (§
135 Abs. 3 S. 1 TKG).
Gemäß § 132 Abs. 4 TKG sind die übrigen Beschlusskammern und die Abteilungen über die
beabsichtigte Entscheidung informiert worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Weil es sich hier um eine Entscheidung nach Teil 2 des Gesetzes handelt, war gemäß § 123
Abs. 1 S. 2 TKG auch dem Bundeskartellamt rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Diesem Erfordernis wurde durch die fortlaufende
Übersendung der wesentlichen Verfahrensunterlagen und durch die Übermittlung des Entscheidungsentwurfs genügt.
3. Materielle Voraussetzungen
Die vorläufige Anordnung nach Ziffer 1. des Tenors erfüllt die Bedingungen, die § 13 Abs. 1
S. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 S. 1 TKG an den Erlass einstweiliger Maßnahmen stellt.
Einstweilige Maßnahmen sind ihrem Sinn und Zweck nach darauf gerichtet, die Zeit bis zur
Hauptsacheentscheidung zu überbrücken. Sie ändern bzw. sichern die Rechtslage der Betroffenen bzw. der Wettbewerber für eine gewisse Zeit.
Der Erlass einer einstweiligen Maßnahme setzt derart voraus, dass eine Hauptsacheentscheidung mit gleicher Regelungsrichtung wahrscheinlich oder jedenfalls möglich ist (Anordnungsanspruch) und zudem das Entschließungs- und Auswahlermessen entsprechend dem
Zweck der Ermächtigung ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten werden (Anordnungsgrund), also außergewöhnliche Umstände vorliegen müssen, aufgrund derer aus Sicht der Bundesnetzagentur dringend gehandelt werden muss, um den
Wettbewerb zu gewährleisten und die Nutzerinteressen zu gewährleisten.
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3.1 Anordnungsanspruch
Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage erscheint eine Hauptsacheentscheidung entsprechend dem anliegenden Beschlussentwurf wahrscheinlich oder jedenfalls möglich.
Dabei kann dahinstehen, ob – wie sowohl der Begriff der „angemessenen“ Maßnahme als
auch der systematische Zusammenhang mit § 12 Abs. 3 S. 3 TKG nahelegen – es nicht
auch genügen müsste, wenn das Vorliegen der Entscheidungsvoraussetzungen lediglich
summarisch geprüft worden wäre,
dagegen VG Köln, Urteil 1 K 9190/04 vom 04.05.2006, Rz. 33 und 26ff. (juris).
Vorliegend jedenfalls sind die Entscheidungsvoraussetzungen für das tenorierte Standardangebot nach § 23 Abs. 4 TKG vollständig geprüft worden. Dies ergibt sich im Einzelnen
aus den Erwägungen im anliegenden Beschlussentwurf, auf die zur Vermeidung unnötiger
Wiederholungen verwiesen wird.
3.2 Anordnungsgrund
Mit der vorläufigen Änderung des vorgelegten Standardangebotes übt die Beschlusskammer
das ihr eingeräumte Entschließungs- und Auswahlermessen § 13 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 12
Abs. 3 S. 1 TKG aus und hält die gesetzlichen Grenzen des Ermessens ein, vgl. § 40
VwVfG. Sie ist namentlich der Ansicht, dass wegen außergewöhnlicher Umstände dringend
in der ergriffenen Weise gehandelt werden muss, um die Regulierungsziele gemäß dem gesetzlichen Auftrag der Bundesnetzagentur effektiv zu verfolgen, namentlich den Ausbau von
hochleistungsfähigen öffentlichen Telekommunikationsnetzen der nächsten Generation zu
beschleunigen, § 2 Abs. 2 Nr. 5 TKG, und die Nutzerinteressen zu wahren, § 2 Abs. 2 Nr. 1
TKG.
Erstens soll der Ausbau von hochleistungsfähigen öffentlichen Telekommunikationsnetzen
der nächsten Generation durch die Einführung eines geschützten Vectorings erleichtert und
damit beschleunigt werden. Ohne eine vorläufige Entscheidung würde die Betroffene die
gemäß der vorläufig geänderten Regulierungsverfügung BK 3g-15/011 vom 22.12.2015 geregelte Voraussetzung für einen Vectoring-Schutz nicht mehr sicher einhalten können.
Gleichzeitig ermöglicht die Eilentscheidung den erstmaligen Zugang zu einem Layer 2Bitstrom.
Zweitens dient die vorläufige Maßnahme der Förderung des Wettbewerbs. Denn eine spätere Entscheidung nach Abschluss der Notifizierung würde diesen Zugang für Wettbewerber
um mindestens drei Monate verzögern.
Drittens sind die Interessen der Nutzer, also der natürlichen Personen, die einen Telekommunikationsdienst für private oder geschäftliche Zwecke nutzen (§ 3 Nr. 14 TKG), zu schützen. Wie in der Regulierungsverfügung BK 3d-12/131 vom 29.08.2013 und im aktuellen Entwurf der (neuen) TAL-Regulierungsverfügung BK 3g-15/004 ausgeführt, werden die Interessen der Nutzer durch die Einführung des Vectoring-Schutzes überwiegend gefördert.
Die vorläufige Entscheidung ergeht in Folge eines transparenten zweistufigen Verfahrens
und beruht nicht allein auf einer summarischen Prüfung. Die vorläufige Maßnahme ist also
geeignet und erforderlich zur Zweckerreichung. Es musste deshalb dringend gemäß § 12
Abs. 3 TKG entsprechend gehandelt werden.
Die vorläufige Maßnahme ist schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne. Ein berechtigtes
Interesse an einer Verzögerung der Einführung ist nicht ersichtlich und von den Verfahrensbeteiligten auch nicht vorgetragen worden. Insbesondere liegt in der vorläufigen Entscheidung keine substanzielle Vorwegnahme der Hauptsache. Denn das Standardangebot muss
erst im Markt umgesetzt werden. Vor dem eigentlichen Leistungsaustausch auf Grundlage
des Standardangebotes steht die Bestellung und Bereitstellung der L2-BSA-
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Übergabeanschlüsse. Die Entscheidung wird deshalb alleine im Hinblick auf die damit verbundenen Regelungen die Hauptsache vorweg nehmen können.
Damit besteht außer für die Bereitstellungsfrist für die im Anschluss an diese vorläufige Entscheidung bestellten ersten L2-BSA-Übergabeanschlüsse weiterhin die Möglichkeit, das
Standardangebot in Folge der nationalen Konsultation und europäischen Konsolodierung vor
dem Beginn der Nutzung noch zu ändern.
4. Befristung
Die vorläufige Maßnahme endet mit dem Wirksamwerden der endgültigen Entscheidung.
Diese Befristung im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG ist angemessen, weil es sich vorliegend um eine vorläufige Regelung handelt und eine endgültige Prüfung der Voraussetzungen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Beschluss kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, erhoben werden. Ein Vorverfahren findet
nicht statt (§ 137 Abs. 2 TKG).
Die Klage ist schriftlich, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder in
elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehrs
bei den Verwaltungsgerichten und Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (Elektronische Rechtsverordnung Verwaltungs- und Finanzgerichte - ERVVO VG/FG – vom
7.11.2012, GV. NRW. S. 548) zu erheben. Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und
den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden.
Der Klage nebst Anlagen sollen so viele Abschriften beigefügt werden, dass alle Beteiligten
eine Ausfertigung erhalten können. Im Fall der elektronischen Einreichung nach Maßgabe
der ERVVO VG/FG bedarf es keiner Abschriften.
Eine Klage hat keine aufschiebende Wirkung (§ 137 Abs. 1 TKG).
Bonn, den 31.03.2014
Vorsitzender
Beisitzerin
Beisitzer
Wilmsmann
Schölzel
Wieners
Anlage
Konsultationsentwurf 2. Teilentscheidung