Broschüre »Industrie 4.0 – Vernetzte, adaptive Produktion

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR PRODUKTIONSTECHNOLOGIE IPT
INDUSTRIE 4.0 –
VERNETZTE, ADAPTIVE PRODUKTION
Unser Partner
INHALT
Das Fraunhofer IPT hat zahlreiche Aspekte der vernetzten,
adaptiven Produktion bereits in seinen Forschungs- und Entwicklungsprojekten mit Partnern aus verschiedenen Branchen
umgesetzt. Einen Überblick über einige Erfolgsbeispiele stellt
diese Broschüre auf den folgenden Seiten vor. Das Fraunhofer IPT
berät und unterstützt Sie zu diesen Themen:
Vernetzung von Technologie- und
Prozesswissen
Seite
• Smart Glasses in der Produktion
7
• Datendurchgängigkeit in der CAx-Prozesskette
9
• Maschine-zu-Maschine-Kommunikation
11
• Big Data: Große Datenmengen effizient verarbeiten
13
• Zukunftstechnologien für die Industrie 4.0
15
Online-/Offline-Adaptivität von Prozessen
und Prozessketten
• Produktionskosten durch intelligente Steuerungsalgorithmen senken
17
• Flexible Produktionssysteme für die »Losgröße 1«
19
• Selbstoptimierende Produktionsprozesse
21
• Intelligente Sensorik für Werkzeugmaschinen
23
Tiefgehendes Technologieverständnis für die
Hochleistungsproduktion
• Automatisierung in komplexen Produktionsumgebungen 25
• Technologien in Grenzbereichen betreiben
27
• Produkt- und Prozessoptimierung durch Data Mining
und Predictive Analytics
29
DIE VIERTE INDUSTRIELLE REVOLUTION
Digitalisierung und Vernetzung der Produktion prägen die
Mit seinen langjährigen Erfahrungen in den Produktionstech-
sogenannte »Vierte industrielle Revolution«. Schlagworte wie
nologien bietet das Fraunhofer IPT Unternehmen eine solide
das »Internet der Dinge und Dienste« und »Cyber-physische
Grundlage für die Digitalisierung von Produktionsprozessen,
Produktionssysteme« verheißen eine zunehmende Vernetzung
Maschinen und Anlagen. Ergänzt wird die technologische
autonomer und selbstoptimierender Produktionsmaschinen
Expertise um neue Methoden der Produktionsorganisation und
mit intelligenten Produkten, die hochgradig individuell gefer-
der Gestaltung industrieller Softwaresysteme. Das Portfolio
tigt werden. Noch ist vieles davon Vision. Doch Unternehmen,
des Fraunhofer IPT reicht von der Bewertung und Auslegung
deren Ziel es ist, im hart umkämpften Wettbewerb auf globa-
von Technologien und Prozessketten über Planungs- und
len Märkten zu bestehen, müssen sich schon heute darüber
Steuerungskonzepte bis hin zu Regelkreisen der Qualitäts-
Gedanken machen, welche Rolle sie in der »Industrie 4.0«
absicherung.
morgen spielen wollen.
Produktivität und Effizienz produzierender Unternehmen im
Die Industrie 4.0 erfordert eine ganzheitliche Betrachtung
internationalen Wettbewerb zu verbessern ist das erklärte
von Produktionssystemen mit allen Prozessketten innerhalb
Ziel des Fraunhofer IPT. Mit unserer Expertise liefern wir
der Produktentstehung. Unter dem Leitgedanken »Vernetzte,
Antworten auf viele drängende Fragen, die sich im Umfeld der
adaptive Produktion« entwickelt das Fraunhofer IPT
Industrie 4.0 in naher Zukunft eröffnen werden.
Fertigungsverfahren, die dazugehörigen Produktionsanlagen
sowie die entsprechende Messtechnik und vernetzt sämtliche
Systembestandteile miteinander.
3
INDUSTRIE 4.0
VERNETZTE, ADAPTIVE PRODUKTION
Vernetzung und Adaptivität in der Produktion bilden eine
Die erforderliche IT-Infrastruktur, zum Beispiel industrielle
wichtige Grundlage für die Industrie 4.0. Adaptivität steht
Cloud-Konzepte für Smart Services, mit denen wir solche
hier gleichbedeutend für eine neue Form der Flexibilität von
großen Datenmengen auswerten und effizient nutzen
Fertigungsprozessen und Prozessketten, die sich selbstständig
können, erschließen wir allein oder gemeinsam mit unseren
anpassen und optimieren. Der Herausforderung, einzelne
Kooperationspartnern, etwa aus dem Fraunhofer-Netzwerk
Schritte wie auch den gesamten Fertigungsablauf virtuell
und an der RWTH Aachen.
und simulationsgestützt zu planen und anschließend in
Maschinen, Anlagen und Softwaresystemen umzusetzen,
So machen wir aus den Produktionssystemen unserer Kunden
widmet sich das Fraunhofer IPT in seinen Forschungs- und
hochflexible, vernetzte und anpassungsfähige Einheiten –
Entwicklungsprojekten.
ganz im Sinne der Industrie 4.0.
Den Ausgangspunkt dafür bieten die Vernetzung der Anlagen und Softwaresysteme, intelligente Regelungssysteme
und Sensorik, mit der sich Technologie- und Prozessinformationen durchgängig erfassen und bereitstellen lassen.
Digitalisierung und Vernetzung
Innovative
Produktentwicklung
Smart Products
& Services
Mensch
Adaptive Produktion
Integrative Basistechnologien
5
VERNETZUNG VON TECHNOLOGIEUND PROZESSWISSEN
SMART GLASSES IN DER PRODUKTION
Während sich Smart Devices wie Tablets und Smartphones im
Im Sichtfeld der Brille können die Abläufe detailliert dargestellt
Alltag längst etabliert haben, finden sich diese Technologien
und mit Zusatzinformationen wie Bildern, Audio- und
im industriellen Umfeld immer noch nicht im gleichen Maße
Videodaten oder 3D-Modellen angereichert werden. Auf
wieder. Und das, obwohl sie vielversprechendes Potenzial
diese Weise lässt sich die Qualität manueller Prozesse deutlich
für die Qualität, die Produktivität und die Transparenz von
verbessern.
Prozessen bieten: So könnten sie beispielsweise Mitarbeiter
viel besser als bisher mit Produktionsplanungs- und Qualitäts-
Prozessvarianten werden durch die Software automatisch
systemen vernetzen und in ihren Tätigkeiten unterstützen. Die
generiert und können konkreten Aufträgen, etwa anhand von
Vision von der fehlerfreien Produktion rückt damit wieder ein
QR-Codes oder NFC-Tags, zugeordnet werden. Darüber hinaus
Stück näher.
bietet das System die Möglichkeit, Kontext-Informationen
wie Zeiten, Fehlerberichte oder Verbesserungsvorschläge zu
Vor allem sogenannte »Smart Glasses« lassen sich in vielen
analysieren, um dann Maßnahmen abzuleiten, die den Prozess
Fertigungsprozessen einsetzen: Mit ihnen können Mitarbeitern
verbessern.
wichtige Informationen unmittelbar am Ort der Wertschöpfung und in Echtzeit bereitgestellt werden, um Durchlaufzeiten
»oculavis« haben wir bereits in manuellen Montageprozessen
und Fehlerraten zu verringern. Auch versetzt die Datenbrille
zum Aufbau von Schaltschränken getestet und damit gezeigt,
den einzelnen Mitarbeiter in die Lage, Informationen über
dass sich die Fehlerrate in den Testdurchläufen deutlich redu-
den Prozess im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung
zieren kann. Das System unterstützt den Monteur und stellt
weiterzugeben.
die erforderlichen Informationen individuell und »on-demand«
bereit – von Abbildungen der Komponenten-Lagerorte bis hin
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass sich Fehlerraten durch
zu Videos mit Montageanleitungen. Durch eine Anbindung
den Einsatz von Smart Glasses – je nach Anwendungsfall – um
an das Maschinen-Kommunikationsprotokoll OPC Unified
mehr als 50 Prozent senken und Durchlaufzeiten um etwa ein
Architecture erhält der Anwender bei Bedarf Einblick in
Drittel verkürzen lassen.
umfassende Maschinendaten und Statusinformationen und
kann Rückfragen in der Produktion mit der integrierten
Unsere Smart-Glasses-Lösung »oculavis« besteht aus einer
Videotelefonie schnell klären.
App, der Datenbrille selbst und einer webbasierten Umgebung
für die Modellierung des Anwendungsszenarios.
SCHNELLER UND EFFIZIENTER MIT
D E R D AT E N B R I L L E
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VERNETZUNG VON TECHNOLOGIEUND PROZESSWISSEN
DATENDURCHGÄNGIGKEIT IN DER
CAX-PROZESSKETTE
Die computerunterstützte Planung und Auslegung von
Energie und Mobilität – AdaM«, einem Projekt mit mehr als
Fertigungsprozessketten ist im Zeitalter von Industrie 4.0 fast
20 Partnern, hat das Fraunhofer IPT die Voraussetzungen für
nicht mehr wegzudenken. »CAx« – die komplette Palette
eine adaptive Bearbeitung dieser hochkomplexen Bauteile
computergestützter Planung, Entwicklung, Gestaltung,
geschaffen und eine durchgängige Bauteil- und Prozessdaten-
Fertigung und Qualitätssicherung – hat gerade in der jüngsten
kette für die adaptive Bearbeitung erarbeitet.
Vergangenheit enorm an Flexibilität gewonnen. Ganz im Sinne
der »Mass Customization« müssen sich Fertigungsprozess-
In einem Produktdatenmodell wurde dafür zunächst ein
ketten dynamisch an Eingaben und Störgrößen anpassen, um
digitales Abbild des realen Bauteils erstellt, das alle zusätzlich
das erwünschte Ergebnis zu erzielen. Die wichtigste Voraus-
erforderlichen Fertigungsinformationen enthält. Anhand dieser
setzung für eine durchgehende CAx-gestützte Fertigung in
Daten lässt sich der Fertigungsprozess in einem virtuellen Mo-
flexiblen Prozessketten ist Datenkonsistenz.
dell bereits am Arbeitsplatz simulieren, um Informationen über
die Eingriffsbedingungen des Fräswerkzeugs zu gewinnen. Das
Muss sich beispielsweise eine Reparaturprozesskette individuell
verkürzt die Ramp-up-Dauer und verringert den Aufwand für
an den Schadensfall eines Bauteils anpassen, gelangt die
kostspielige Vorversuche am realen Bauteil.
traditionelle CAx-gestützte Programmierung jedoch rasch
an ihre Grenzen: Eine manuelle Anpassung der oftmals
Das Fraunhofer IPT nutzt für die Planung und Simulation
aufeinander aufbauenden Reparaturprozesse an die jeweiligen
ein eigens im Institut entwickeltes »CAx-Framework«, das
Produkte, Schadensfälle und Störgrößen ist aufwändig und die
mit den entsprechenden Softwaremodulen unterschiedliche
Entwicklung von Spezialsoftware für bestimmte Produkte oder
Fertigungsprozesse zu durchgängigen computerunter-
Produktfamilien sprengt schnell den finanziellen Rahmen.
stützten Prozessketten verknüpft. Die workflowbasierte
Programmierung bietet dem Anwender eine flexible und
Zur Reparatur komplexer Turbomaschinenkomponenten, die
benutzerfreundliche Gestaltung der Prozesskette. Ausgehend
unter anderem in Flugzeugtriebwerken oder Gasturbinen
von dem CAx-Framework können zum Beispiel die Prozesse
zur Energieerzeugung zum Einsatz kommen, bieten sich
»Laserauftragschweißen« und »Fräsen« zu einer durchgängi-
additive Verfahren wie das Laserauftragschweißen an. Dafür
gen CAx-Prozesskette verbunden und die Konsistenz der Da-
werden zunächst die verschlissenen und defekten Bereiche der
ten während der gesamten Produktlebensdauer sichergestellt
Turbinenschaufeln abgetragen und dann entsprechend der
werden. Die Daten werden den verantwortlichen Mitarbeitern
ursprünglichen Sollgeometrie wieder neu aufgebaut. Im Inno-
anhand eines Product-Lifecycle-Management-Systems (PLM)
vationscluster »Adaptive Produktion für Ressourceneffizienz in
zur Verfügung gestellt.
M I T K O N S I S T E N T E N D AT E N S C H N E L L E R Z U M
RICHTIGEN PRODUKT
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VERNETZUNG VON TECHNOLOGIEUND PROZESSWISSEN
MASCHINE-ZU-MASCHINE-KOMMUNIKATION
Die industrielle Fertigung erfordert auch heute häufig noch
Konsistente Datenformate und standardisierte Schnittstellen
einen enormen manuellen Arbeitsaufwand: Angefangen bei
wie die OPC Unified Architecture, ein industrielles M2M-
der Erstellung von Maschinenprogrammen über die Parame-
Kommunikationsprotokoll, sichern so maschinenübergreifend
trierung und das Einrichten von Prozessen und Zyklen bis hin
eine konsequente Vernetzung entlang der gesamten Prozess-
zur manuellen Qualitätskontrolle. Dies verlängert Rüst- und
kette. Die vollständig integrierten Kommunikationslösungen
Einrichtungszeiten immens und verlangt nach erfahrenen
setzen auf industrielle Standards auf und werden durch
Maschinenbedienern, die intuitiv Informationen zwischen
robuste und bedienerfreundliche Steuerungslösungen für
Prozessschritten transportieren und an Planungssysteme wie
höhere Automatisierungsgrade abgerundet.
MES (Manufacturing Execution Systems) weiterleiten.
So stellte das Fraunhofer IPT beispielsweise im transregionalen
Die Verknüpfung verschiedener Prozessschritte, etwa der
Sonderforschungsbereich SFB/TR4 »Prozessketten zur
Vorbearbeitung mit der Bauteilvermessung, läuft bisher in
Replikation komplexer Optikkomponenten« eine vollständige
den wenigsten Unternehmen automatisiert ab. Hier fehlen
Datendurchgängigkeit entlang der Prozesskette für mikro-
vielfach entsprechende Zyklen zum Datenaustausch zwischen
strukturierte Freiformoptiken her. Die Prozessschritte und die
Messsystemen und Werkzeugmaschinen sowie durchgängige
verschiedenen Maschinensysteme der Fertigung, Replikation
Schnittstellen und einheitliche Datenformate. Um die Produk-
und Messtechnik wurden dazu durchgängig vernetzt und mit
tion stärker zu vernetzen und adaptiver zu gestalten, entwickelt
entsprechenden Planungssystemen verbunden.
das Fraunhofer IPT neue Lösungen für die Maschine-zuMaschine-Kommunikation (M2M). Ziel ist der automatisierte
Informationsaustausch zwischen Planungssystemen, Produktionsmaschinen und Messgeräten, ohne dass dabei ein
Mensch regelnd eingreifen muss.
D AT E N S T R U K T U R E N U N D S C H N I T T S T E L L E N F Ü R D I E
MASCHINEN- UND SYSTEMANBINDUNG
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VERNETZUNG VON TECHNOLOGIEUND PROZESSWISSEN
BIG DATA: GROSSE DATENMENGEN
EFFIZIENT VERARBEITEN
Mit der wachsenden Verbreitung von Sensoren und der
Die Grafikprozessoren können eine Vielzahl von Berechnungen
Vernetzung von Anlagen mit komplexen Softwaresystemen
parallel und voneinander unabhängig durchführen. So lassen
steigt die Datenflut in der Produktion. Schon die bloße
sich auch große Datenmengen, wie sie bei der Wellenfront-
Aufzeichnung und strukturierte Ablage solch großer Daten-
messtechnik aufgezeichnet werden, in Echtzeit auswerten.
mengen sind mit erheblichem Aufwand verbunden. An die
Störungen in der Abbildung werden durch adaptive Optiken
Stelle der erhofften Transparenz treten damit zunächst oft
direkt kompensiert, indem die Abweichungen analysiert und in
eher chaotische Verhältnisse. Erst eine strukturierte Datenver-
konkrete Aktoranweisungen umgewandelt werden. Auf diese
arbeitung bietet die Voraussetzungen, um wirklich relevante
Weise entstehen zum Beispiel Mikroskopie-Systeme, die sich
Informationen zu extrahieren und Wissen zu gewinnen. Das
selbst im laufenden Betrieb korrekt adaptieren.
Fraunhofer IPT erarbeitet deshalb effiziente Konzepte zur
schnellen Datenverarbeitung und -auswertung und überführt
Weitere Anwendungsfelder für solche umfangreichen Be-
diese in echtzeitfähige Anwendungen.
rechnungen sind beispielsweise die Signalverarbeitung in der
optischen Kohärenztomographie (OCT) oder der sogenannte
Adaptive optische Systeme für die High-Speed-Mikroskopie
»Pyramidal View« zur Ansicht und Analyse großer Bilddaten.
sind hier ein gutes Beispiel: Sie eignen sich dafür, in kurzer
Zeit relevante Informationen aus umfangreichen Messdaten
zu ermitteln. Zur Verarbeitung der großen Datenmengen setzt
das Fraunhofer IPT auf die Parallelisierung von Rechenoperationen. Für die Auswertung der Mikroskopiedaten werden
dabei die schnellen Prozessoren der Grafikkarte anstelle der
Hauptprozessoren herangezogen.
M I T PA R A L L E L E N R E C H E N O P E R AT I O N E N Z U R D AT E N A N A LY S E
N E U E I N F O R M AT I O N E N G E W I N N E N
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VERNETZUNG VON TECHNOLOGIEUND PROZESSWISSEN
ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN FÜR
DIE INDUSTRIE 4.0
Vor jeder strategischen Planung steht eine systematische
Kosten ergeben können, lassen sich schnell und zuverlässig
Sammlung und Analyse der relevanten Informationen. Dies gilt
erkennen. Eine solche systematische Vorgehensweise zur
vor allem für die Einführung geeigneter Technologien, etwa
Identifikation passgenauer Technologien im Umfeld der
für die Fertigung oder wenn Unternehmen sich intern oder
Industrie 4.0 hat das Fraunhofer IPT unter anderem bereits in
extern stärker vernetzen wollen. Hier die richtige Information
der Transport- und Medizintechnikbranche angewendet: Hier
zum richtigen Zeitpunkt zu erkennen und aufzuspüren
konnten konkrete Geschäftspotenziale einer digitalisierten
erfordert meist ein geschultes Auge und viel Erfahrungswissen.
Produktion für die entsprechenden Unternehmen abgeleitet
Vernetzte, community-basierte Vorgehensweisen können
werden.
dabei von großem Nutzen sein, indem etwa Netzwerkpartner
und Experten außerhalb der Organisation in die Suche nach
Im sogenannten »Industrie-4.0-Audit« bewertet das Fraun-
der passenden Technologie und dem richtigen Umgang damit
hofer IPT den Status quo der Produktion und der zugehörigen
eingebunden werden.
Wertschöpfungsstrukturen im Unternehmen mit Blick auf
Industrie-4.0-Prinzipien wie Digitalisierung, Vernetzung oder
Gezieltes Scanning, Scouting und Monitoring eröffnen
Flexibilität. Unnötiger Verbrauch wertvoller Ressourcen wird
neue Handlungsperspektiven, die Unternehmen vor bösen
dabei ebenso aufgedeckt wie dessen Ursachen. Mit einer
Überraschungen durch konkurrierende Technologien oder
systematischen Vorgehensweise zur Identifikation geeigneter
Marktteilnehmer schützen können. Risiken durch Substitu-
Technologien werden bereits während des Audits geeignete
tionstechnolgien oder Chancen, die sich durch wachsende
Lösungskonzepte abgeleitet, mit denen sich die Produktion
technologische Reifegrade, günstigere Preise oder geringere
adaptiv steuern, optimal vernetzen und dadurch effizienter
gestalten lässt.
G E M E I N S A M PA S S E N D E T E C H N O L O G I E N F Ü R U N T E R N E H M E N
IN TURBULENTEN MÄRKTEN AUFSPÜREN
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ONLINE-/OFFLINE-ADAPTIVITÄT VON
PROZESSEN UND PROZESSKETTEN
PRODUKTIONSKOSTEN DURCH INTELLIGENTE
STEUERUNGSALGORITHMEN SENKEN
Eine wachsende Variantenvielfalt oder neue Versorgungs-
Auftragsplanung. In Verbindung mit Smart Grids erlaubt diese
konzepte aus der Energiewirtschaft erfordern es, eine Vielzahl
selbst bei steigenden Energiekosten noch eine flexible energie-
an Informationen schnell und manchmal sogar weltweit
und kosteneffiziente Planung.
bereitzustellen. Klassische Zielkriterien der Produktionsplanung
wie Auslastung oder Durchlaufzeiten werden im Zeitalter von
Um etwa auf Lastspitzen adäquat reagieren zu können, sind
Industrie 4.0 um weitere Informationen, etwa zu Zeitrisiken
kurze Reaktionszeiten und Regelkreise erforderlich. Betriebs-
oder Energieverbräuchen, ergänzt. Neue Produktionsplanungs-
und Maschinendaten, produktbezogene Stammdaten und
und Regelungskonzepte, die diese Daten berücksichtigen,
maschinenseitige Energiedaten müssen dafür – möglichst in
können spürbar dazu beitragen, die Produktionskosten zu
Echtzeit – zur Verfügung stehen. Zu diesem Zweck werden
senken.
ERP- und maschinennahe Energiemesssysteme mit dem
zentralen MES verknüpft und entsprechende Schnittstellen
Das Fraunhofer IPT entwickelt Konzepte, die es erlauben, diese
ausgearbeitet. So entsteht Transparenz über den aktuellen Pro-
Zieldimensionen zu berücksichtigen. Erst durch die vollständige
duktionsfortschritt, Kapazitäten und Energieverbrauch. Durch
Verfügbarkeit der entsprechenden Produktionsdaten und die
die synchronisierte Kommunikation mit den Energieversorgern
Vernetzung von ERP, Maschinen- und Betriebsdatenerfassung,
können Unternehmen dann kurzfristig Chancen und Risiken
Energie-Controlling und MES gewinnen Unternehmen eine
direkter Lastmanagement-Eingriffe erkennen und für sich
bisher nie dagewesene Transparenz über ihre Produktions-
nutzen.
anlagen und -prozesse.
So erweitert das Fraunhofer IPT beispielsweise im Forschungsprojekt »eMES« gemeinsam mit seinen Partnern die
Produktionsplanung und -regelung um eine energieorientierte
ENERGIEKOSTEN UND ZEITRISIKEN ALS NEUE ZIELGRÖSSEN
DER PRODUKTIONSPLANUNG BERÜCKSICHTIGEN
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ONLINE-/OFFLINE-ADAPTIVITÄT VON
PROZESSEN UND PROZESSKETTEN
FLEXIBLE PRODUKTIONSSYSTEME
FÜR DIE »LOSGRÖSSE 1«
Die Individualisierung von Produkten liegt nicht nur bei
positioniert werden. Die neuen Führungsdrähte aus FVK
Konsumgütern stark im Trend. Personalisierte Produkte
können dabei im Gegensatz zu metallischen Drähten auch im
gewinnen auch in der modernen Medizin immer mehr an
Magnetresonanztomografen genutzt werden und eignen sich
Bedeutung: Die individualisierte Medizin stellt den Patienten
deshalb auch für strahlungsempfindliche Personen wie Babys
in den Mittelpunkt und bietet ihm genau angepasste,
oder schwangere Patientinnen. Ziel im Projekt OPENMIND ist
aber oft auch komplexe und fast immer entsprechend
es nun, die Lücke zwischen kostengünstiger Massenfertigung
hochpreisige Medizinprodukte wie Zahnersatz, Exoprothesen
und individuell angepasster Einzelfertigung, etwa in Bezug
oder Osteosynthese-Material. Die wirtschaftliche Herstellung
auf besondere mechanische Eigenschaften der Drähte, zu
hochindividualisierter Produkte, also »Losgröße 1«, ist daher
schließen.
gerade in der Medizintechnik ein wichtiges Ziel. Die zentrale
Herausforderung für die Produktion ist es hier, die industrielle
Um dieses Ziel zu erreichen, werden bisher getrennte Bearbei-
und gleichzeitig kostengünstige Fertigung solcher individuellen
tungsschritte nun verkettet und in einem automatisierten
Produkte zu ermöglichen.
Endlosprozess zusammengefasst. Dies steht keineswegs im
Widerspruch zu den hohen Qualitätsanforderungen, denn
Das Fraunhofer IPT arbeitet an Produktionssystemen, die in
alle relevanten Systemkomponenten arbeiten untereinander
Zukunft selbst medizinische Einwegartikel in personalisierter
vernetzt und sämtliche Prozess- und Produktparameter werden
Form kostengünstig und effizient herstellen können. So
in einer zentralen Datenbank abgelegt.
entwickelt das Fraunhofer IPT beispielsweise im öffentlich
geförderten EU-Projekt »OPENMIND« gemeinsam mit acht
Auf Grundlage des Prozessmodells und historischer Datensätze
Projektpartnern ein Produktionssystem, das eine bedarfs-
werden mit Data Mining Prozessparametersätze für bekannte
gesteuerte Herstellung individualisierter Führungsdrähte aus
Produktkonfigurationen laufend optimiert und für neue
Faserverbundkunststoffen (FVK) ermöglicht. Solche Führungs-
Produktkonfigurationen abgeleitet. So gelingt eine am akuten
drähte kommen bei minimalinvasiven Eingriffen zum Einsatz,
Bedarf ausgerichtete adaptive und kostengünstige Produktion
wenn Katheter zur Diagnose oder Therapie in Blutgefäßen
bis hin zur »Losgröße 1«.
INDUSTRIELLE FERTIGUNG HOCHINDIVIDUELLER
MEDIZINISCHER PRODUKTE
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ONLINE-/OFFLINE-ADAPTIVITÄT VON
PROZESSEN UND PROZESSKETTEN
SELBSTOPTIMIERENDE PRODUKTIONSPROZESSE
Selbstoptimierung ist ein zentrales Steuerungsprinzip adaptiver
erfüllen. Selbstoptimierende Montagesysteme können dieser
Systeme: Die klassische Prozessregelung wird um autonome
Herausforderung begegnen, indem sie Sensordaten anhand
Systeme ergänzt, die sich und ihre Zielgrößen selbstständig
von Modellen interpretieren. Dazu ziehen diese Systeme die
immer wieder an die aktuellen Gegebenheiten anpassen – bis
optischen Eigenschaften wie das Strahlprofil, die optische Leis-
hin zum Einsatz künstlicher Intelligenz. Echtzeit-Informationen,
tung oder die Abbildungsqualität heran, werten diese aus und
die laufend in den Prozess zurückgeführt werden, gewährleisten
nutzen die Ergebnisse in einer geschlossenen Regelschleife zur
robuste und gleichzeitig flexible Produktionssysteme, selbst in
Positionskorrektur einzelner Optiken. Das selbstoptimierende
hochdynamischen Fertigungsumgebungen.
System minimiert also nicht nur die Toleranzen der Fertigung,
sondern zieht zur Regelung des Montageprozesses die kon-
Ein Anwendungsfeld, in dem das Fraunhofer IPT selbstoptimie-
krete Funktion des Systems heran. So gelingt es, die Planungs-
rende Systeme entwickelt und erprobt, ist der Exzellenzcluster
aufwände für komplexe Montageprozesse innerhalb eines
»Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer«. Hier
dennoch robusten Produktionssystems stark zu vereinfachen.
untersucht das Fraunhofer IPT gemeinsam mit Instituten
und Einrichtungen der RWTH Aachen neue Wege, das
Gemeinsam mit den Forschungspartnern des Exzellenzclusters
Einsatz- und Leistungsspektrum geschlossener Regelschleifen
wird das Prinzip der selbstoptimierten Regelung von Pro-
durch Prinzipien der künstlichen Intelligenz deutlich zu
duktionsprozessen auf eine Vielzahl weiterer Anwendungen
erweitern. Übergeordnetes Ziel ist es, Maschinen und Anlagen
übertragen – von der Montage über das Schweißen bis hin
autonomer und intelligenter zu gestalten, um sie flexibler und
zur Optimierung von Webstühlen. Ziel der Forschungsarbeiten
robuster gegenüber Störeinflüssen zu machen. Die Fähigkeit
ist dabei stets, den Aufwand der erstmaligen Einrichtung
zur Selbstoptimierung bildet hier die Grundlage für eine
der Prozesse deutlich zu reduzieren. Hier konnte eine bisher
reaktionsfähige Automatisierung.
unerreichte Flexibilität erzielt werden – ein wichtiger Schritt
in Richtung der Automation von Kleinserien und in der Her-
Ein klassisches Einsatzgebiet für die entsprechenden Systeme
stellung von Einzelstücken. So gewinnen Fertigungsprozesse
ist die automatisierte Montage und Justage optischer
in starkem Maße an Robustheit und damit auch an Zuverläs-
Komponenten für leistungsfähige Lasersysteme: Dabei ist
sigkeit, selbst bei schnell wechselnden Randbedingungen in
die hochgenaue Ausrichtung der optischen Komponenten
einem hochflexiblen Fabrikbetrieb.
ein entscheidendes Qualitätskriterium. Hier gilt es, höchste
Anforderungen an Fertigungs- und Prozesstoleranzen zu
FLEXIBLE PROZESSREGELUNG FÜR
ROBUSTE SYSTEME
21
ONLINE-/OFFLINE-ADAPTIVITÄT VON
PROZESSEN UND PROZESSKETTEN
INTELLIGENTE SENSORIK FÜR WERKZEUGMASCHINEN
Die Leistungsfähigkeit von Werkzeugmaschinen beruht in
prozessnah in der Maschine erfassen und Regelungssystemen
starkem Maße auf hochentwickelten elektromechanischen
zur Verfügung stellen können. Eine zentrale Herausforderung
Baugruppen. Intelligente eingebettete Systeme haben hier bis-
ist hier noch die prozessnahe Informationsverarbeitung, also
her allerdings noch wenig Einzug gehalten. Der Sensoreinsatz
die Überführung der Rohdaten in konkrete Informationen über
beschränkt sich meist auf grundlegende Sicherheitsfunktionen
Prozesskräfte oder Schwingungen.
oder auf die automatische Einmessung von Werkzeug und
Werkstück. Dazu dient in der Regel eine zentralisierte Informa-
Im Forschungsprojekt »Sens4Tool« entwickelt das Fraunhofer
tionsverarbeitung, in der alle Signale gesammelt erfasst und
IPT beispielsweise gemeinsam mit mehreren Industrieunter-
analysiert werden.
nehmen einen multisensorischen Werkzeughalter, der die
Messgrößen Kraft, Momente, Schwingungen und Werkzeug-
Eine adaptive Produktion lässt sich jedoch erst erreichen, wenn
temperatur direkt im Fertigungsprozess erfasst. Zusätzlich zu
autonome sensorgestützte Systeme in Werkzeugmaschinen in-
den Sensoren wird eine Baugruppe zur Datenverarbeitung
tegriert werden. Denn dann können Maschinen und Anlagen
in den Werkzeughalter integriert. So lassen sich aus den
auch bei wechselnden Bedingungen den Produktionsprozess
Rohdaten schon im Werkzeughalter interpretierbare Infor-
optimal steuern. Durch eine höhere Sensordichte gelingt es
mationen gewinnen, beispielsweise über Werkzeugverschleiß
schon jetzt, eine breite Informationsbasis zu schaffen, mit
oder Materialfehler im Bauteil. Auf diese Weise können die
der die eingebetteten Systeme prozessregelnde Aufgaben
erforderlichen Informationen dem übergeordneten Regelungs-
übernehmen können.
system schneller und effizienter bereitgestellt werden.
So arbeitet das Fraunhofer IPT an intelligenten Sensorsystemen, die relevante Prozess- und Produktinformationen
MASCHINENINTEGRIERTE, ADAPTIVE PROZESSREGELUNG
M I T D E M M U LT I S E N S O R I S C H E N W E R K Z E U G H A LT E R
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TIEFGEHENDES TECHNOLOGIEVERSTÄNDNIS
FÜR DIE HOCHLEISTUNGSPRODUKTION
AUTOMATISIERUNG IN KOMPLEXEN
PRODUKTIONSUMGEBUNGEN
In einigen Industriezweigen und Anwendungsfeldern sind
vernetzt sind. Alle Zellkolonien unterliegen kontinuierlichen
zentrale Steuerungs- und Überwachungseinrichtungen bis hin
Messungen, auf deren Basis die Prozessparameter immer
zu kompletten Leitständen bereits essenzielle Werkzeuge zur
wieder automatisch angepasst werden. Der speziell zu diesem
Vernetzung von Prozessketten, beispielsweise in der kontinu-
Zweck entwickelte Leitstand steuert den gesamten Prozess
ierlichen Verfahrenstechnik. Die Industrie 4.0 verspricht eine
und überwacht die Geräte und den Materialeinsatz. Bei Unter-
durchgehende Datenerfassung für eine flexible und adaptive
schreitung von Ressourcen, beispielsweise der Füllstände von
Steuerung diskreter und hochautomatisierter Prozessabfolgen
Prozessmedien, wird der Anwender automatisch vom System
auch in komplexen Produktionsumgebungen. Ein Beispiel
informiert. Die Ressourcenverwaltung der Geräte übernimmt
dafür ist etwa die Kultivierung lebendiger Zellen.
ein automatischer Scheduling-Algorithmus.
Prozessautomatisierung und -steuerung sind in der Zelltech-
Neben den Geräten zur Qualitätssicherung und Prozessierung
nologie ein kritisches Unterfangen. Denn Einflussfaktoren wie
verfügt die Plattform über verschiedene Grundfunktionalitäten
Zelldichte, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Gaskonzentration,
auf Feldebene und über sicherheitsrelevante Systeme, die mit
aber auch die stark ausgeprägte genetische Individualität von
einer speicherprogrammierbaren Steuerung versehen sind.
Zellprodukten verlangen der Prozessführung viel ab: Um diese
Diese wurde als weiteres Modul in die Produktionsplattform
Komplexität in der automatisierten Produktion zu beherrschen,
integriert und mit dem Leitstand verbunden. Darüber hinaus
sind ein hoher Vernetzungsgrad der einzelnen Geräte sowie
verfügt die StemCellFactory über verschiedene Logging-
eine nahtlose Integration der Messtechnik in die Prozesssteue-
Funktionen, die die Datendurchgängigkeit auf Prozess-, und
rung wichtige Voraussetzungen.
Geräteebene sicherstellen. Die Daten werden systematisch
erfasst, aufbereitet und abgespeichert. Eine anwenderfreund-
Im Verbundprojekt »StemCellFactory« hat das Fraunhofer IPT
liche Bedienoberfläche zeigt dem Benutzer alle relevanten
gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie eine
Daten an und unterstützt die Auswertung.
vollautomatisierte Produktionsplattform zur Produktion
von Stammzellen entwickelt. Diese Plattform verfügt über
Die StemCellFactory ist ein Beispiel dafür, wie mit vernetzten,
zahlreiche Komponenten der Qualitätssicherung und der Zell-
adaptiven Systemen selbst hochindividuelle Produktionsprozesse
prozessierung, die über einen zentralen Leitstand miteinander
flexibel und effizient gestaltet werden können.
HOCHINDIVIDUELLE PRODUKTIONSPROZESSE
SICHER BEHERRSCHEN
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TIEFGEHENDES TECHNOLOGIEVERSTÄNDNIS
FÜR DIE HOCHLEISTUNGSPRODUKTION
TECHNOLOGIEN IN GRENZBEREICHEN
BETREIBEN
Mit konsequenter Vernetzung von Software zur Prozess-
Für Wickelanlagen zur Herstellung von Bauteilen aus
simulation, Regelungs-, Steuerungs- und Qualitätsüber-
thermoplastischen Faserverbundkunststoffen erarbeitet
wachungssystemen lassen sich adaptive Regelungskonzepte
das Fraunhofer IPT im EU-Forschungsprojekt »AmbliFibre«
für Produktionsanlagen umsetzen. Solche Regelungssysteme
gemeinsam mit internationalen Partnern beispielhaft solch ein
greifen idealerweise auf das vorhandene Prozesswissen
adaptives Regelungskonzept. Die Anlage soll für die hochflexi-
zurück und erlauben damit eine hochflexible Fertigung.
ble Fertigung von Rohren für die Öl- und Gasindustrie ebenso
Durch integrierte Prozesssimulationen lassen sich optimale
geeignet sein wie für die Herstellung von Druckbehältern, die
Maschinenparameter ermitteln, auf die Steuerungssysteme
im Automobilbereich zum Einsatz kommen.
zurückgreifen können. Kostspielige Iterationen am realen
Bauteil bis die optimalen Prozessparameter erreicht sind, sind
Mit einer Simulationssoftware werden dazu bereits in
dann nicht mehr erforderlich.
der Maschine die thermischen Charakteristiken in der
Prozesszone untersucht und die Wärmeenergie bestimmt,
Durch eine ergänzende Online-Qualitätsüberwachung, die
die für das Wickeln erforderlich ist. Hier muss einerseits eine
mit dem Regelungssystem verknüpft ist, erhält die Steuerung
ausreichende Aufschmelzung des Matrixsystems gewährleistet
ein direktes Feedback über den laufenden Prozess und den
werden, andererseits ist aber zu vermeiden, dass System und
Zustand von Bauteil und Werkzeug. So können Prozesse bis
Werkstoffe während des Fertigungsprozesses überhitzen. Die
an ihre Grenzen ausgereizt werden, ohne dabei die Bauteil-
Maschinensteuerung kann auf Grundlage der Datenanalyse
qualität zu gefährden. Die Vernetzung sämtlicher System- und
die Leistung der Wärmequelle regeln und anpassen.
Softwarelösungen anhand geeigneter Schnittstellen und Datenverarbeitung ist dabei eine Grundvoraussetzung. Die Daten
Eine kontinuierliche Überwachung der Wickelqualität stellt
müssen dazu kontinuierlich und strukturiert in Datenbanken
sicher, dass sich das Produktionssystem der maximalen
importiert, sortiert und mit geeigneten Analysemethoden
Prozessgeschwindigkeit annähern kann, ohne dass die
ausgewertet werden.
Produktqualität darunter leidet – ein beachtlicher Produktivitätsgewinn.
M A X I M A L E P R O D U K T I V I TÄT D U R C H O N L I N E Q U A L I TÄT S Ü B E R WA C H U N G
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TIEFGEHENDES TECHNOLOGIEVERSTÄNDNIS
FÜR DIE HOCHLEISTUNGSPRODUKTION
PRODUKT- UND PROZESSOPTIMIERUNG
DURCH DATA MINING UND PREDICTIVE
ANALYTICS
Automatisierte Systeme zur Erfassung und Analyse von
werden alle relevanten Produkt- und Prozessparameter sowie
Maschinen-, Werkzeug- und Qualitätsdaten helfen dabei, die
deren Qualitätsindikatoren in der Technologiedatenbank
Produkt- und Prozessqualität zu verbessern. Im Kontext von
erfasst. Die Informationen sind eindeutig in Form relationaler
Industrie 4.0 ist hier häufig von der »Single Source Of Truth«
Datenstrukturen verknüpft und abgelegt – ganz im Sinne einer
die Rede: Alle relevanten Produktionsdaten werden strukturiert
»Single Source Of Truth«. Ein benutzerfreundliches Frontend
und genau einmal abgelegt – völlig ohne Redundanzen.
erlaubt über Filterfunktionen eine schnelle Abfrage historischer
So lässt sich sicherstellen, dass alle Systeme auf dieselben
Datensätze. Um Muster und Abhängigkeiten innerhalb der
Daten zugreifen und Informationen über Bauteile, Qualität
Prozesskette zu identifizieren, werden diese Datensätze
und Prozesse stets aktuell, verlässlich und verbindlich sind.
anhand einer standardisierten SQL-Datenbank mit einer Data-
Erst auf dieser Grundlage sind detaillierte und zielführende
Mining-Software, zum Beispiel »RapidMiner«, ausgewertet.
Datenanalysen möglich.
So lassen sich mit neuronalen Netzen, Entscheidungsbäumen
Das Fraunhofer IPT entwickelt und implementiert solche Tech-
oder Korrelationsanalysen schließlich optimale Parameter,
nologiedatenbanken und entsprechende Auswertungstools für
Prozessbedingungen und Prozessstrategien zur Steigerung
unterschiedliche Technologien und Fertigungsverfahren. Mit
der Effizienz der Fertigung und der Produktqualität ableiten
der passenden Software zur Datenanalyse lassen sich Wech-
und wieder in das System zurückspielen. Die Technologie-
selwirkungen und Abhängigkeiten innerhalb der gesamten
datenbank und die anschließenden Analyseverfahren erlauben
Herstellungskette aufdecken und Optimierungspotenziale
es damit, die Produktionsdaten entlang der Prozesskette
ableiten, wie das Beispiel einer Technologiedatenbank für die
lückenlos zu erfassen, ganzheitlich zu analysieren und schließ-
replikative Herstellung von Optiken zeigt.
lich optimale Prozesseinstellungen abzuleiten. Gegenüber
konventionellen Ansätzen wie dem »Design of Experiments«
Die Technologiedatenbank für das Blankpressen von Optiken
(DoE) steht hier eine deutlich umfangreichere und gründlichere
enthält Informationen sämtlicher vor- und nachgelagerter
Datengrundlage und -qualität bereit, mit der sich sowohl Pro-
Prozesse, wie der Vorbereitung der Formwerkzeuge durch
zessabhängigkeiten als auch optimale Parameter identifizieren
Zerspanprozesse, Werkzeugbeschichtungen, Qualitätsanalysen
und analysieren lassen.
an der Optik und des Decoatings der Formwerkzeuge. Dafür
T E C H N O L O G I E D AT E N B A N K E N Z U R S Y S T E M AT I S C H E N
A U S W E R T U N G V O N P R O D U K T I O N S D AT E N
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ÜBER DAS FRAUNHOFER IPT
Das Fraunhofer IPT vereint langjähriges Wissen und Erfahrung
Besonderen Wert legen wir auf den ständigen Austausch
aus allen Gebieten der Produktionstechnik. Unseren Kunden
mit der Industrie und die Weiterentwicklung unseres Maschi-
und Projektpartnern bieten wir angewandte Forschung und
nenparks. Damit sichern wir unseren Kunden und Partnern
Entwicklung mit unmittelbar umsetzbaren Ergebnissen.
technologische Aktualität für den entscheidenden Vorsprung
Dabei begreifen wir die Produktion nicht nur in ihren
in der Produktion. Unsere Labore und Maschinenhallen sind
einzelnen Schritten, sondern betrachten bei unserer Arbeit die
auf 3500 m² mit modernster Technik ausgestattet. Insgesamt
Gesamtheit ihrer Prozesse und die Verbindungen zwischen
umfasst das Fraunhofer IPT rund 6000 m² Fläche.
den jeweiligen Gliedern der Prozesskette – von der Vor- und
Produktentwicklung über die Produktionsvorbereitung und die
Fertigung bis zur Montage.
Wir entwickeln und optimieren neue und bestehende
Methoden, Technologien und Prozesse für die Produktion der
Zukunft. In einer ganzheitlichen Sichtweise betrachten wir die
produktionstechnischen Herausforderungen unserer Kunden
immer auch im Kontext der dazugehörigen Prozessketten. Auf
diese Weise schaffen wir nicht nur hoch spezialisierte Einzeltechnologien, sondern erarbeiten im Auftrag unserer Kunden
Systemlösungen für die Produktion. Unsere interdisziplinäre
Sicht aus der Perspektive der Industrie versetzt uns dabei in
die Lage, Aufgaben auch über die Grenzen eng gesteckter
Arbeitsgebiete hinaus zu lösen.
KOMPETENZEN UND DIENSTLEISTUNGEN FÜR
DIE VERNETZTE, ADAPTIVE PRODUKTION
Vernetzung von Technologie- und Prozesswissen
Tiefgehendes Technologieverständnis für die
Hochleistungsproduktion
• Durchgängige Datenketten in CAD/CAM- sowie PDMSystemen
• Smart Glasses und Devices zur Steigerung der Produktionsqualität
• Auswahl und Einführung von Produktions-IT-Systemen
• Data Mining und Predictive Analytics für Produktionsprozesse
• Big Data Handling mittels GPU Processing
• Planung, Bewertung und Auslegung von Technologieketten
• Tiefgehendes Prozessverständnis für Fertigungsprozesse in
• M2M- und P2M-Kommunikationstechniken
den Themenfeldern:
• Scanning und Monitoring von Trends in der Industrie 4.0
– High Performance Cutting (Drehen, Fräsen, Bohren,
Online-/Offline-Adaptivität von Prozessen
– Glas- und Kunststoff-Optikfertigung
und Prozessketten
– Lasermaterialbearbeitung
Schleifen, Polieren)
– Leichtbautechnologien
• Selbstoptimierende Produktionssysteme und Regelungskonzepte
• Definition und Implementierung von Datenstrukturen
für adaptive Produktionssysteme
• Messtechnik- und Sensorentwicklung
– Rolle-zu-Rolle-Verfahren
– Automatisierungstechnik
– Life Sciences und Laborautomatisierung
– Optische Messtechnik
– Strukturierungsverfahren
• Adaptive Steuerungs- und Leittechnik
• Entwicklung modularer Softwarearchitekturen für die
prozesskettengestützte CAM-Programmierung
• Erweiterte Zielkriterien für Produktionsplanung und
Job Scheduling (MES)
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Fraunhofer-Institut für
Produktionstechnologie IPT
Steinbachstraße 17
52074 Aachen
Telefon +49 241 8904-0
Fax +49 241 8904-198
[email protected]
www.ipt.fraunhofer.de
Ihr Kontakt
Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Markus Große Böckmann
Telefon +49 241 8904-479
Fax +49 241 8904-6479
[email protected]