Fall Ilona Blank Themen: o Betreten der Wohnung o Vermögensverwaltung o Bindung an Wünsche o Betreuungsgerichtliche Genehmigungen 1 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Fall Ilona Blank, 56 J., geschieden, allein in Dachgeschosswohnung lebend, erleidet einen schweren Unfall im Gebirge. Sie wird mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht und dort behandelt. Nach einem Koma bleiben schwere, hirnorganische Schäden zurück. Eine Betreuerin wird bestellt. Sie betritt die Wohnung der IB und stellt Einkommensverhältnisse fest: o Ehegattenunterhalt ca. EUR 300,- mtl. / Eigentumswohnung Wert ca. EUR 120.000,00, Rettungseinsatz EUR 20.000,-, Krankenhauskosten EUR 40.000,00. o Ilona Blank ist nicht krankenversichert Nach dem Koma liegt eine Hirnschädigung vor, sie kann keine Entscheidungen mehr treffen und ist auf den Rollstuhl angewiesen. Die Betreuerin löst den Haushalt auf und sucht einen Heimplatz. Die Wohnung will sie verkaufen, Ilona Blank ist dagegen. 2 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Frage 1 Durfte die Betreuerin die Wohnung der Ilona Blank ohne deren Wissen betreten? 3 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Lösung1: Grundsätzlich stellt es einen Verstoß gegen das Recht an der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art 13 I GG dar, die Wohnung eines Menschen gegen oder ohne dessen Willen zu betreten. Maßgeblich hierfür ist der natürliche Wille des Betreuten. Aber: o Ilona Blank lag im Koma und war nicht in der Lage, einen Willen zu der Frage zu bilden, wer sich in der Wohnung aufhält. o Betreuerin mit Aufgabenkreis „Wohnungsangelegenheiten“ darf in diesem Fall entscheiden, wer die Wohnung betritt und darf sie auch selbst betreten. 4 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Frage 2 (Die Betreuerin beabsichtigt, die Wohnung aufzulösen und zu verkaufen und für B. einen Heimplatz zu suchen) o Muss die Betreuerin die Haushaltsauflösung mit Ilona Blank besprechen? o Darf sie den Haushalt auch entgegen dem Wunsch der Ilona Blank auflösen? o Was muss sie dabei beachten? 5 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Lösung 2 Besprechungspflicht: Bei allen drei Aktionen handelt es sich um wichtige Angelegenheiten, die sie zuvor mit Ilona Blank besprechen muss, § 1901 III 3 BGB: Der Betreuer hat alle Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht. Dies gilt auch für Wünsche, die der Betreute vor der Bestellung des Betreuers geäussert hat, es sei denn, dass er an diesen Wünschen erkennbar nicht festhalten will. Ehe der Betreuer wichtige Angelegenheiten erledigt, bespricht er sie mit dem Betreuten, sofern dies dessen Wohl nicht zuwider läuft. 6 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Lösung 2 Haushaltsauflösung Ilona Blank lehnt die Haushaltsauflösung und den Verkauf der Wohnung ab. Aber: Ihr Wunsch ist nachvollziehbar, widerspricht aber ihrem Wohl. o Mit Rollstuhl kann sie nicht im Dachgeschoss leben o Einkommen ist zu gering, um andere Wohnung daraus zu finanzieren. o Sozialhilfe für eine Mietwohnung bekommt sie nur, wenn ihre Wohnung verkauft und ihr Vermögen aufgebraucht hat. D.H.,die Betreuerin darf in diesem Fall den Haushalt auch gegen den Willen der Ilona Blank auflösen und die Wohnung verkaufen. 7 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Lösung 2 Was muss die Betreuerin hierbei beachten? Kündigung eines Mietverhältnisses bedarf einer gerichtlichen Genehmigung. Andere Aufgabe von Wohnraum muss dem Gericht unverzüglich angezeigt werden. 8 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Frage 3 Darf die Betreuerin Ilona Blank auch gegen deren Willen in eine Pflegeeinrichtung verbringen? 9 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Lösung 3 § 1901 Abs. 3 Satz 1 BGB (Berücksichtigung von Wünschen) Betreuerin prüft, wie sich Ilona Blank wohl entschieden hätte, würde sie ihre Situation erkennen, § 1901 Abs 2 BGB. • Frage 1) Hängt Ilona Blank speziell an dieser Wohnung? Nicht realistisch, da Dachgeschoss • Frage 2) Möchte sie einfach nur selbstbestimmt ausserhalb einer Einrichtung wohnen? Betreuerin muss prüfen, ob Alternativen in Betracht kommen, zB Betreutes Wohnen, ambulante Betreuung in eigener Wohnung Wenn dies ausscheidet, darf sich die Betreuerin nach einer Pflegeeinrichtung für Ilona Blank umsehen. Die Betreuerin hat keine Handhabe, IB mit körperlichem Zwang in eine Einrichtung zu bringen. Auch das kann ein Grund sein, eine Alternative zu wählen. 10 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Frage 4 Angenommen, das Geld, EUR 120.000,00 vom Wohnungsverkauf ist auf Ilona Blanks Girokonto eingegangen. Die Betreuerin möchte nun die aufgelaufenen Rechnungen iHv EUR 40.000,00 bezahlen. Was muss sie tun? Was hat mit dem Rest des Geldes zu geschehen? 11 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Lösung 4 Bezahlung der Rechnungen: o Betreuerin darf über Guthaben idR nur verfügen, wenn eine gerichtliche Genehmigung vorliegt, § …1912I1 BGB. o § 1813 Abs 1 Nr. 3 BGB: Guthaben auf Girokonten sind Bargeldersatz und damit von der gerichtlichen Genehmigungspflicht ausgenommen. Was geschieht mit dem Rest des Geldes? § 1806 BGB: das demnächst nicht gebrauchte Geld muss verzinslich mit Genehmigung des Gerichts angelegt werden. Da die Betreuerin das Geld nach und nach verbrauchen wird, ist die Anlage auf einem Sparbuch am Sinnvollsten. 12 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Frage 5 Was würde sich ändern, wenn die Mutter der Ilona Blank als Betreuerin bestellt worden wäre oder ein Vereinsbetreuer? 13 © Landratsamt Bodenseekreis Ilona Blank / Lösung 5 §§ 1908i iVm 1857a, 1852II BGB Angehörige und Vereinsbetreuer sind von einzelnen Genehmigungspflichten befreit. - Keine Genehmigung zur mündelsicheren Anlage - Kein Mündelsperrvermerk 14 © Landratsamt Bodenseekreis
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