Die Situation erwerbsfähiger Mütter in Mecklenburg-Vorpommern Studie im Auftrag des Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in Mecklenburg-Vorpommern 2009/2010 www.vereinbarkeit-leben-mv.de Kompetenzzentrum Vereinbarkeit Leben in Mecklenburg-Vorpommern Träger: Landesfrauenrat MV e.V. Gefördert aus Mitteln des Landes und des ESF Inhalt Zusammenfassung Teil 1 Teil 1 | Unternehmensbefragung Zusammenfassung Teil 2 Zusammenfassung Teil 3 Teil 2 | Mütterbefragung Teil 3 | Expertinneninterviews KOMPETENZZENTRUM VEREINBARKEIT LEBEN IN MV „Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern“ Zusammenfassung von Teil I der Studie von Dr. Detlev Wahl (Universität Rostock) im Auftrag des „Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in MV“ (KVL.MV) Die 3-teilige Studie hat das Ziel, die Datenlage zur sozialen Situation von Frauen mit betreuungspflichtigen Kindern (bis zum Alter von 12 Jahren) in Mecklenburg-Vorpommern zu verbessern. Auch wenn inzwischen viele Studien zu „Best-Practice-Beispielen“ von Vereinbarkeit in Unternehmen vorliegen, wurden Sozialdaten zu Voraussetzungen und Ergebnissen dieses Prozesses bisher nur punktuell ermittelt. Gleiches gilt für die Wünsche bzw. speziellen Bedarfslagen von Arbeitnehmer/-innen. Die Studie trägt dazu bei, diese „Forschungslücke“ zu füllen. Für den hier vorgestellten Teil I wurden daher „externe“ soziodemographische Daten in Beziehung gesetzt zu den Ergebnissen einer thematisch breit angelegten Unternehmensbefragung (in 38 Unternehmen und Einrichtungen aus ganz MV). Darüber hinaus bietet die Studie für Politik und Wirtschaft konkrete ) Handlungsempfehlungen. Die Teile II und III erscheinen voraussichtlich Ende 2009 und haben den Blickpunkt der betroffenen Eltern bzw. die Sicht von Expertinnen und Experten zum Thema. Teil I der Studie steht bereits unter www.vereinbarkeit-leben-mv.de zum Download bereit. Im Zentrum der Arbeit stehen die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben und die diesbezüglichen Herausforderungen für Politik, Unternehmen und Familien angesichts des Wandels der Arbeitswelt und der familiären Strukturen sowie der demographischen Entwicklungen. Aus dem Inhalt von Teil I: 1. Einordnung der Studie in das Thema Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben – Datenlage und methodisches Vorgehen 2. Junge Frauen und Mütter in der Arbeitswelt Mecklenburg-Vorpommerns – Beschäftigung und Familienstand junger Mütter – Die besondere Situation allein erziehender Mütter – Junge Frauen und Mütter: Unverzichtbares Arbeitskraftpotenzial oder beschäftigungspolitische Risikogruppe? 3. Junge erwerbstätige Mütter in Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns: Ergebnisse einer empirischen Untersuchung – Grundlegende Charakteristika der beteiligten Unternehmen – Die Beschäftigung junger Mütter aus der Sicht der Unternehmensführung – Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns 4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 5. Weiterer Forschungsbedarf *** Seite: 1 / 4 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: 0381 375 86 47/8 [email protected] KVL.MV ist ein Projekt des Landesfrauenrates MV e.V. und wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV . Zusammenfassung: Von 1991 bis 2006 verlor das Land 16% seiner erwerbstätigen Frauen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Bei den weiblichen Beschäftigten ist die Gruppe der Frauen zwischen 40 und 60 heute die weitaus stärkste, denn es „fehlen“ vor allem Frauen zwischen 20 und 40. Entsprechend gering ist im Land die Zahl der erwerbstätigen Mütter mit Kindern bis 12 Jahre. In der Befragung lag ihr Anteil an allen Beschäftigten bei weniger als 6%. Der Anteil von Frauen in MV, die in Vollzeit arbeiten bzw. vollzeitnah beschäftigt sind, ist sehr hoch; die Befragung bestätigte dies. Das hängt ebenso mit tradierten Arbeitszeitpräferenzen als auch mit der Tatsache zusammen, dass das Familienernährermodell immer weniger lebbar ist, da die offizielle Arbeitslosigkeit und der Bezug von Arbeitslosengeld II in MV bei Männern inzwischen höher sind als bei Frauen. Stark angestiegen ist der Anteil Alleinerziehender an den Familienformen (Männeranteil: 10%). Deren soziale Situation ist jedoch keineswegs homogen. Das betrifft sowohl das Alter der Kinder als auch das verfügbare Einkommen, die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und die Einbindung in solidarische Netzwerke. Die größten Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt und mit der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Familienleben haben junge allein erziehende Mütter ohne abgeschlossene Berufsausbildung und mit Kindern unter 12 Jahren. In 60% der befragten Unternehmen war diese Gruppe jedoch gar nicht vertreten. Beschäftigung von Frauen in der aktiven Familienphase stellt Unternehmen teilweise vor Probleme (Schwangerschaftskomplikationen, Elternzeit, Betreuung erkrankter Kinder, geringere Flexibilität und Mobilität), die je nach Betriebsgröße, Belegschaftsstruktur und Geschäftsfeld unterschiedlich kompensiert werden können. In der Befragung wurden nur selten gravierende Schwierigkeiten genannt. Weniger als 1% der Beschäftigten waren zum Zeitpunkt der Befragung in Elternzeit. In fast der Hälfte der Unternehmen war diese Gruppe gar nicht vertreten. Die immer noch geringe Zahl von Kindern mit hohem Betreuungsaufwand im Land legt nahe, dass das Handlungsfeld Kinderbetreuung bei der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben in MV zukünftig keine so große Bedeutung mehr haben wird wie bisher. ) Eine strategische Personalpolitik in Unternehmen kann sich nicht mehr nur am Bedarf bestehender Familien ausrichten, sondern sollte Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass sich der Wunsch junger Menschen nach erfüllten Partnerbeziehungen und Kindern in Zukunft besser realisieren lässt. Für Politik und Wirtschaft kann dieses Ergebnis ein Anreiz sein, den Blick für weitere Vereinbarkeitsthemen neben der Kinderbetreuung zu schärfen (z.B. Pflege). Maßnahmen für Frauen in Elternzeit waren in den meisten der befragten Unternehmen vorhanden. Das gesamte Angebot an vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen in den Unternehmen entsprach den Ergebnissen anderer Studien (v.a. Arbeitszeitgestaltung, Rücksicht auf Familien mit Kindern bei der Urlaubsplanung). Unternehmen mit einem hohen Frauenanteil bieten tendenziell mehr vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen an. Vereinbarkeitsthemen, die in der Regel immer noch mit Frauen/Müttern in Verbindung gebracht werden, sind hier vermutlich eher präsent und werden als legitimer betrachtet als in männlich dominierten Betrieben. Seite 2/4 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: +49 381 375 8647/8 [email protected] KVL.MV wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV. Träger: Landesfrauenrat MV e.V. ) Um perspektivisch auch Männern/Vätern eine bessere Vereinbarkeit zu ermöglichen, bedarf es sowohl des individuellen Willens der Väter als auch eines Wandels in der Unternehmenskultur. Das Risiko für Unternehmen, eine Frau einzustellen, könnte sich z.B. verringern, wenn mehr Männer die Elternzeit in Anspruch nehmen und sich dadurch die Risiken für beide Geschlechter angleichen. Wenn das Thema Vereinbarkeit für Männer selbstverständlich(er) wird, würde dies die Frauen/Mütter entlasten und hätte somit Vorteile für alle Seiten. Das Engagement der befragten Unternehmen bei finanzieller Unterstützung oder der Hilfe bei der Kinderbetreuung war vergleichsweise gering ausgeprägt. ) Ein stärkeres Engagement der Unternehmen bei der finanziellen Unterstützung von Familien, das durchaus auch Überlegungen zu geldwerten Leistungen einschließt, wäre gerade in Mecklenburg-Vorpommern mit seinen unterdurchschnittlichen Löhnen und Gehältern angebracht. Als Hemmnisse für die Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen nannte fast die Hälfte der Unternehmen fehlendes Wissen über den realen Bedarf. Interesse an Beratung zum Thema Vereinbarkeit hatten 37% der Unternehmen. ) Um die Datenbasis hier zu verstärken, können Unternehmen gezielt die Bedarfslage ihrer Mitarbeitenden erfragen. Dies ist natürlich auch mit fachlicher Unterstützung von außen möglich, wie sie z.B. das KVL.MV anbietet. Den im Rahmen dieser Studie befragten Unternehmen werden entsprechende Angebote unterbreitet. Fehlenden aktuellen Bedarf begründeten zwei Drittel der Unternehmen mit der Altersstruktur ihrer Belegschaft. ) Vereinbarkeit betrifft auch Menschen jenseits der „aktiven Familienphase“. Dabei ist es sowohl für Politik als auch für Unternehmen wichtig, weitere Aspekte zu berücksichtigen (z.B. die Determinanten der Familiengründung und des Kinderwunsches junger Menschen) und auch die Bedürfnisse anderer Gruppen mehr in den Blick zu nehmen, z.B. die so genannte „Sandwich-Generation“, die sowohl ihren Kindern (und bisweilen auch Enkeln) als auch ihren Eltern gegenüber Verpflichtungen hat. Seite 3/4 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: +49 381 375 8647/8 [email protected] KVL.MV wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV. Träger: Landesfrauenrat MV e.V. Fazit: Erwerbsfähige Mütter in MV stehen durchaus vor Herausforderungen bezüglich der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben. Große Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben vor allem junge, allein erziehende Mütter ohne abgeschlossene Berufsausbildung mit Kindern bis 12 Jahre. Es scheint, dass das Thema Kinderbetreuung derzeit bei einer Reihe von Unternehmen keine Priorität hat, da sie eher wenige Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren oder in Elternzeit befindliche Mütter beschäftigen. Zudem rücken neben der aktiven Familienphase andere Lebensphasen mehr und mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit, allen voran die Pflege. Mütter werden von Unternehmen oft als beschäftigungspolitische „Risikogruppe“ angesehen, weil sie dem männlich geprägten Ideal von flexiblen, mobilen und rund um die Uhr einsetzbaren Arbeitnehmenden aus vielen Gründen nicht entsprechen (können), besonders nach Gründung einer Familie. Noch immer sind die traditionellen Rollen so gestrickt, dass vor allem Frauen bei Krankheit der Kinder zu Hause bleiben und auch zum großen Teil die Elternzeit nutzen (während nur 10% der Väter sie in Anspruch nehmen). Hier kann Entlastung geschaffen werden, wenn Vereinbarkeit auch für Männer ein selbstverständliches Thema wird, sie somit neben der Erwerbstätigkeit mehr familiäre Verantwortung übernehmen können und die Frauen dadurch unterstützen. Seite 4/4 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: +49 381 375 8647/8 [email protected] KVL.MV wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV. Träger: Landesfrauenrat MV e.V. Dr. Detlev Wahl Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Studie im Auftrag des Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in MV Teil 1 Rostock 2009 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: +49 (381) 375 8648 [email protected] Träger: Landesfrauenrat MV e.V. 2 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Gliederung Teil 1 der Studie Vorwort 1. Einordnung der Studie in das Thema Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben 1.1 Datenlage und methodisches Vorgehen 2. Junge Frauen und Mütter in der Arbeitswelt Mecklenburg-Vorpommerns 2.1 Frauen und Erwerbsarbeit 2.2 Arbeitslosigkeit von Frauen in Mecklenburg-Vorpommern 2.3 Beschäftigung und Familienstand junger Mütter 2.4 Die besondere Situation alleinerziehender Mütter 2.5 Junge Frauen und Mütter – unverzichtbares Arbeitskraftpotenzial oder beschäftigungspolitische Risikogruppe? 2.5.1 Ausfallzeiten durch die Inanspruchnahme von Elternzeit 2.5.2 Ausfallzeiten durch die Pflege erkrankter Kinder 2.5.3 Zum Krankenstand erwerbstätiger Frauen 3. Junge erwerbstätige Mütter in Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns Ergebnisse einer empirischen Untersuchung 3.1 Grundlegende Charakteristika der beteiligten Unternehmen 3.2 Die Beschäftigung junge Mütter aus der Sicht der Unternehmensführung 3.3 Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns 3 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 3.4 Weiterbildungs- und Beratungsbedarf der befragten Unternehmen 4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 5. Weiterer Forschungsbedarf 6. Quellenverzeichnis 7. Anhang 7.1 Fragebogen 4 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Vorwort Die vorliegende Studie zu erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern hat das Ziel, die Datenlage zur sozialen Situation von Frauen mit betreuungspflichtigen Kindern in diesem Bundesland zu verbessern und dabei vor allem der Frage nachzugehen, welche Anforderungen sich aus dem Wandel der Arbeitswelt und der familiären Strukturen sowie den sich abzeichnenden demographischen Entwicklungen im Hinblick auf die Vereinbarkeit von beruflicher Tätigkeit und Familie/Privatleben ergeben. In einem ersten Teil wird die Einbeziehung von Frauen und Müttern in die Erwerbsarbeit, die Akzeptanz und Umsetzung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Unternehmen sowie Einstellungen und Erfahrungen von Unternehmensleitungen im Zusammenhang mit besonderen Problemlagen junger Mütter untersucht. Im zweiten Teil der Studie stehen dann Einstellungen, Wünsche und Erfahrungen der jungen Mütter selbst im Mittelpunkt. Ein dritter Teil widerspiegelt die Meinung von Expertinnen und Experten zur Situation von Müttern in unserem Bundesland. Dabei handelt es sich um Mitarbeiter/innen der Agenturen für Arbeit, von Projekten, die sich mit Problemen der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie und der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt beschäftigen sowie um Gleichstellungsbeauftragte. Das Ziel der dreistufigen Analyse besteht vor allem darin, die Ergebnisse der einzelnen Teiluntersuchungen in Beziehung zu setzen und entsprechende Schlussfolgerungen für Landes- und Kommunalpolitik, die Arbeit von Kammern und Verbänden sowie Informationsund Weiterbildungsangebote für Unternehmen abzuleiten. Der Verfasser möchte allen Vertreter/innen der Unternehmen sowie den jungen Müttern, die sich an den jeweiligen Befragungen beteiligt haben, herzlich für ihre Mitarbeit danken. Gleiches gilt für alle Personen, die als Expertinnen und Experten ihre speziellen Kenntnisse zum Thema einbrachten sowie Mitarbeiter/innen des Amtes für Statistik und der Krankenkassen, die wertvolle Informationen zur Studie beisteuerten. Ein besonderer Dank gilt den Kolleginnen des Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in Mecklenburg-Vorpommern für die kontinuierliche Unterstützung der Untersuchung und die zahlreichen inhaltlichen Anregungen. Detlev Wahl April 2009 5 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 1. Einordnung der Studie in das Thema Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben Die bessere Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben ist in den vergangenen Jahren zu einer großen sozialen Herausforderung und damit zu einem wichtigen politischen Handlungsfeld geworden. Zu den Ursachen für gewachsene Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit zählen u. a. Veränderungen in der Arbeitswelt, die sich in erster Linie in einer Erosion von Normalarbeitsverhältnissen, erhöhten Mobilitäts- und Flexibilitätsanforderungen, größerer Arbeitsdichte und einer voranschreitenden Entgrenzung von Arbeits- und Freizeit manifestieren aber auch Veränderungen, Instabilität und soziale Verwundbarkeit von familiären Lebensformen, die oftmals nicht mehr ihre traditionellen Unterstützungsstrukturen entfalten können. Daraus resultieren abnehmende Familiengründungswilligkeit, Geburtenrückgang, die Abwanderung vor allem junger Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern und nicht zuletzt eine dramatische Zunahme von psychischen Erkrankungen und psychosomatischen Beschwerden, die – wenn auch nicht allein – so doch zu einem nicht geringen Teil mit Vereinbarkeitsproblemen zusammenhängen. Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Privatleben, die in den verschiedenen Lebensphasen der Menschen jeweils besondere Elemente und Prioritäten aufweist, beruht im Wesentlichen auf drei Säulen1: 1. auf den vielfältigen Kompetenzen und Aktivitäten der Individuen und Familien selbst; 2. auf zahlreichen gesetzgeberischen Maßnahmen des Staates sowie auf dessen Transferleistungen und der Schaffung einer den Erfordernissen angemessenen sozialen und kulturellen Infrastruktur; 3. auf vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen und Leistungen der privaten und öffentlichen Arbeitgeber. Dieses Drei-Säulen-Modell ist nur dann tragfähig, wenn alle genannten Akteursgruppen gleichermaßen zur Erreichung der Ziele beitragen, da sie jeweils spezifische Aufgaben zu erfüllen bzw. Leistungen zu erbringen haben, die nicht übertragbar sind. 1 Zum Drei-Säulen-Modell bei der Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie vgl. Rump.J./Grohs, S./Eilers, S.: Beruf und Familie – Anregungen aus der Wirtschaft (Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein), Ludwigshafen 2006, S. 24 ff. und S. 84 ff. 6 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Das Drei-Säulen-Modell Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben STAAT UNTERNEHMEN INDIVIDUUM/ FAMILIE Angesichts des vermutlich irreversiblen Bedeutungszuwachses des Vereinbarkeitsthemas in der öffentlichen Wahrnehmung, des sich abzeichnenden Fachkräftemangels und zahlreicher sozialer Probleme, die langfristig die gesellschaftliche Integration gefährden, engagieren sich in den letzten Jahren auch zunehmend private Wirtschaftsunternehmen und öffentliche Arbeitgebende, um die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Privatleben ihrer Mitarbeiter/ innen zu verbessern. Dabei wird eine so genannte Win-win-Situation angestrebt, bei der die legitimen Interessen der Unternehmen mit denen der Arbeitnehmer/innen zu beiderseitigem Nutzen höchstmöglich in Übereinstimmung gebracht werden sollen. Inzwischen liegen zahlreiche Studien zu Best-Practice-Beispielen in Deutschland sowie zu Akzeptanz und Umsetzung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Unternehmen verschiedener Regionen und Branchen vor. Insgesamt lässt die bisher nur punktuell erfolgte Ermittlung einschlägiger Sozialdaten jedoch lediglich fragmentarische Aussagen zu. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Auswirkungen der strukturellen Vielfalt und unterschiedlichen Biographien von Unternehmen und Einrichtungen als auch auf einzelne Problemlagen, die mit dem Thema Vereinbarkeit verbunden sind. Gerade in Mecklenburg-Vorpommern bietet sich aufgrund noch ausstehender Untersuchungen nur ein unzureichendes Bild im Hinblick auf Ausgangssituation, Akzeptanz von vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen und deren Umsetzung im Alltagsleben der Unternehmen. Gleiches gilt für die Wünsche bzw. speziellen Bedarfslagen von Arbeitnehmer/innen. 7 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Die vorliegende Studie soll einen Beitrag zur Verbesserung der Datenlage und damit der Zielgenauigkeit vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern leisten und wird sich auf ausgewählte Vereinbarkeitsprobleme junger allein erziehender oder mit Partner/Ehemann lebender Mütter mit Kindern, die noch einen hohen zeitlichen Betreuungsaufwand erfordern (bis max.12 Jahre), konzentrieren. Die Fokussierung der Untersuchung auf diese Gruppe von Frauen ignoriert keineswegs die Tatsache, dass die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Privatleben auch in späteren biographischen Phasen zu leisten ist und die Beachtung spezifischer Vereinbarkeitsprobleme bei Männern/Vätern einen unabdingbaren Bestandteil der Strategie des Gender Mainstreaming darstellt2. Ungeachtet dessen sind spezifische Problemlagen junger Mütter, die nach wie vor die größte Belastung der familiären Reproduktions- und Sorgearbeit tragen, gegenüber Männern zumeist noch andere erwerbsbiographische Entwicklungslinien aufweisen und deshalb besonderer Unterstützung bedürfen, von größtem Interesse. Dabei wurde von folgenden Annahmen ausgegangen: 1. Mütter mit kleinen/jüngeren Kindern stehen angesichts der Probleme, die sich aus der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und familiärer Reproduktions- und Sorgearbeit ergeben, vor weitaus größeren Herausforderungen als Mütter älterer Kinder oder Frauen ohne Kinder. 2. Allein erziehende Mütter sind in besonderem Maße hohen sozialen Risiken und psychosozialen Belastungen ausgesetzt. Das bezieht sich in erster Linie auf Überforderungserscheinungen, höhere Arbeitslosigkeit, geringe Integration in Normalarbeitsverhältnisse, den gesundheitlichen Status und die wirtschaftliche Situation. 3. Allein erziehende oder in Partnerschaft/Ehe lebende Mütter mit kleineren Kindern weisen auch in Mecklenburg-Vorpommern mehrheitlich andere Erwerbsbiographien auf als Männer oder Frauen ohne bzw. mit älteren Kindern. 4. Mütter nehmen in Mecklenburg-Vorpommern (wie überhaupt in den neuen Bundesländern) kürzere Elternzeit in Anspruch als in den alten Bundesländern. Die Gründe dafür liegen nicht nur in der historisch gewachsenen besseren Betreuungssituation für Kinder, sondern auch in der hohen Akzeptanz weiblicher Erwerbsarbeit und außerfamiliärer Formen der Kinderbetreuung. 2 vgl. Höyng, S./Schwerma, K.: Gender Mainstreaming – Möglichkeiten und Grenzen aus der Perspektive von Männern, in: Nohr,B./ Veth, S. (Hrg): Gender Mainstreaming. Kritische Reflexionen einer neuen Strategie, Berlin 2002, S. 56 ff. 8 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 5. Arbeitgebende haben zu jüngeren Frauen in ihrer Eigenschaft als potenzielle Mütter und zu Müttern mit kleineren Kindern ein ambivalentes Verhältnis, da sie sich in ihrer Führungstätigkeit objektiv im Spannungsfeld zwischen notwendiger Erhöhung sozialer Standards für die Mitarbeiter/innen (einschließlich bessere Vereinbarkeit) und der Maximierung von Umsatz und Gewinn bewegen. Aus der Sicht zahlreicher Arbeitgebender scheinen beide Elemente nicht oder nur schwer vereinbar zu sein. Im Hinblick auf Mütter mit kleineren Kindern spielen dabei konkrete Erfahrungen mit familienbedingtem Krankenstand, Ausfällen von Mitarbeiterinnen durch Elternzeit, spontane Betreuungsengpässe, unkonzentrierte Arbeitsweise durch Überforderung mit familiären Problemen u.a.m. eine Rolle. 6. Arbeitgebende konzentrieren sich in ihrer Führungstätigkeit immer noch zu stark auf die Wirkungsbedingungen des eingesetzten ökonomischen Kapitals sowie die Effizienz des so genannten Humankapitals, in dem beruflich-fachliche Qualifikationen und zahlreiche andere Kompetenzen der Mitarbeiter/innen geronnen sind. Ungleich weniger Aufmerksamkeit erfährt die gezielte Herausbildung und Umsetzung von sozialem Kapital3, dessen Bedeutung für die nachhaltige Entwicklung von Kommunen, Regionen und Unternehmen allgemein sehr hoch veranschlagt wird und empirisch hinreichend belegt ist. 7. Die Entwicklung von sozialem Kapital ist kein „sozialer Klimbim“, den sich Arbeitgebende „leisten“ wenn der Gewinn stimmt, sondern Ausdruck einer im umfassenden Sinne modernen und innovativen Arbeitsstätte (Modernität lässt sich nicht auf wissenschaftlichtechnische Elemente reduzieren) und eine bedeutsame Grundlage für den betriebswirtschaftlichen Erfolg. Im Hinblick auf Mütter mit kleineren Kindern (das gilt natürlich gleichermaßen für Väter) ist zu vermuten, dass die in Anspruch genommene Elternzeit kürzer und der familienbedingte Krankenstand geringer ausfällt, wenn Arbeitgebende vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen anbieten. Ähnlich positive Effekte gelten im Hinblick auf Arbeitsmotivation, Produktivität, Loyalität und geringere Fluktuation. 3 Das u. a. von den Soziologen Pierre Bourdieu, Robert D. Putnam und James S. Coleman entwickelte Konzept des sozialen Kapitals stellt in der gegenwärtigen Soziologie einen einflussreichen theoretischen Ansatz zur Erklärung postiver Effekte von sozialen Netzwerken dar. Vgl. auch: Sauerland, D.: Sozialkapital in der Ökonomik: Stand der Forschung und offene Fragen, in: Schriften der Wissenschaftlichen Hochschule Lahr, Nr. 4/2003 Badura, B.: Grundlagen präventiver Gesundheitspolitik: Das Sozialkapital von Organisationen, Bielefeld 2007 (www.uni-bielefeld.de/gesundhw/ag1/downloads/sozialkapital.pdf), Badura, B. u.a.: Sozialkapital. Grundlagen von Gesundheit und Unternehmenserfolg, Berlin 2008 9 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Vereinbarkeit und soziales Kapital in Unternehmen Ökonomisches Kapital von Unternehmen Ist direkt in Geld konvertierbar, entspricht nahezu dem wirtschaftswissenschaftlichen Kapitalbegriff. • • • Anlagen, Maschinen, Sachmittel zur Erzeugung von Produkten und Dienstleistungen Grund und Boden, Gebäude usw. Geldkapital Eigenschaft: Grundlage für die Erzeugung von materiellen Gütern und Dienstleistungen, für das erfolgreiche Agieren auf dem Markt und die Erwirtschaftung von Gewinnen. Effekte von Sozialkapital • • • • • Höhere Motivation und Produktivität Höhere Loyalität gegenüber dem Unternehmen Geringere Fluktuation Geringerer Krankenstand Besseres Image bei Kunden und Neubewerber/innen Soziales Kapital von Unternehmen Ist nicht direkt in Geld konvertierbar, bedarf durch seine Fragilität der Pflege, kann juristisch nicht abgesichert werden. • • • • • • Gutes Betriebsklima, mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur Führungskompetenzen der Unternehmensleitung Langfristig angelegte und auf Mitarbeiterbindung orientierte Personalpolitik Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben Partizipation und Kommunikation Vertrauen Eigenschaft: Trägt als Katalysator zum ökonomischen Erfolg des Unternehmens bei, ist also in ökonomisches Kapital transformierbar. Die Grafik wurde vom Verfasser erstellt 10 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Diese Annahmen erfahren im Rahmen der Studie eine detaillierte Untersuchung. Dabei werden zuerst Sozialdaten jungen Müttern präsentiert, die in bereits vorliegenden Studien und einschlägigen Statistiken enthalten sind und vor allem die Struktur dieser sozialen Gruppe sowie die Besonderheiten ihrer Integration in den Arbeitsmarkt Mecklenburg-Vorpommerns widerspiegeln. Gesonderte Aufmerksamkeit erfahren dabei allein erziehende Mütter. Danach wird die Frage untersucht, welche beschäftigungspolitischen Risiken junge Mütter für Unternehmen aufgrund von Vereinbarkeitsproblemen aufweisen. Kernstück des ersten Teils der Gesamtstudie ist die Unternehmensbefragung, die der Ermittlung besonderer Problemlagen junger Mütter aus der Sicht der Betriebsleitungen sowie der Analyse der gegenwärtig vorhandenen Elemente einer familienfreundlichen Personalpolitik dienen soll. Der zweite Teil der Studie hat die besonderen Problemlagen, Wünsche und Erfahrungen der jungen Mütter selbst zum Gegenstand, die ebenfalls mittels einer Befragung erfasst wurden. Interviews mit Expertinnen und Experten aus der Arbeitsmarkt- und Gleichstellungspolitik, der Familienbildung und –beratung sowie der Projektarbeit bilden den dritten Teil der Analyse, die den Blickwinkel auf die Situation junger Mütter noch einmal erweitern soll. Diese Interviews und Meinungen der Mütter werden dann in Beziehung gesetzt zu den aus Statistiken und Studien gewonnenen Daten sowie zu den Aussagen der Unternehmensleitungen. Dadurch wird eine möglichst umfassende Analyse der Gruppe der jungen Mütter unter Berücksichtigung verschiedener Sichtweisen und Interessenlagen angestrebt, die die Grundlage für die Erarbeitung konkreter Beratungsangebote für Politik und Wirtschaft sein soll. Insofern versteht sich die Untersuchung als eine Dienstleistung, um einerseits die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben von jungen Müttern zu verbessern und andererseits Unternehmen bei der Konzipierung und Durchsetzung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen zu unterstützen. 11 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 1.1 Datenlage und methodisches Vorgehen Bei der Erarbeitung der Studie gelangten im Wesentlichen drei Methoden der empirischen Sozialforschung zur Anwendung: 1. Die Dokumentenanalyse 2. schriftliche Befragungen mittels standardisiertem Fragebogen 3. Expertengespräche zu verschiedenen Untersuchungsfeldern Die Dokumentenanalyse dominierte vor allem bei der Beschaffung des Materials für den ersten Teil der Studie, in dem zunächst einmal generelle Aussagen zu der sozialen Gruppe der jungen Mütter vorgenommen werden. Die Erschließung „externer“ Sozialdaten erfolgte in erster Linie über die Sichtung einschlägiger Materialien aus Bibliotheksbeständen sowie über Internetrecherchen und Artikel aus der Presse. Im Einzelnen waren das hauptsächlich folgende Publikationen und Materialien: • Materialien und Pressemeldungen des Statistischen Landesamtes Mecklenburg-Vorpommerns • Gesundheitsberichte, Pressemeldungen und internes Material von Krankenkassen • Studien mit untersuchungsrelevanten Sozialdaten aus anderen Bundesländern, um die Besonderheiten in Mecklenburg-Vorpommern herausarbeiten bzw. Vergleiche vornehmen zu können. • Wissenschaftliche Monographien und Artikel zum Gegenstand der Untersuchung • Abschlussberichte/Studien von beendeten Projekten in Mecklenburg-Vorpommern zum Thema Vereinbarkeit, um Stand und Zielsetzung familienfreundlicher Maßnahmen zu ermitteln. • Untersuchungsrelevante Meldungen der Lokal- und Regionalpresse. Insgesamt kann eingeschätzt werden, dass die Datenlage zu den einzelnen Untersuchungsfeldern des ersten Teils der Studie sehr unterschiedlich ist. Das Amt für Statistik des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern hält grundsätzlich ein gutes, geschlechtsspezifisch untersetztes Angebot an Daten zu Bevölkerungsentwicklung, Haushaltsgrößen, Familienstrukturen, Erwerbsarbeit und Arbeitslosigkeit bereit. Im Hinblick auf einzelne Untersuchungsfelder weist es jedoch zum Teil beträchtliche Lücken auf, sodass nicht immer die entsprechenden Daten im gewünschten Umfang (und zum Teil auch in der gewünschten 12 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Aktualität) zur Verfügung stehen. Detaillierte Anmerkungen dazu finden sich in den einzelnen Abschnitten der Studie bzw. in den Ausführungen zum weiteren Forschungsbedarf. Ähnliches gilt für die kontinuierlich erscheinenden Berichte verschiedener größerer Krankenkassen. So geht z.B. aus diesen Berichten nicht hervor, wie viele Fehltage sich aus der Betreuung erkrankter Kinder für Mütter (bzw. auch Väter) ergeben. Angaben zu diesem Sachverhalt waren nur über Expertengespräche, interne Materialien bzw. diverse Pressemeldungen der Kassen zu ermitteln. Außerdem fallen seit dem 1. Januar 2005 alle Erkrankungen der ALG-II-Empfänger/innen, die nach wie vor zu den Erwerbspersonen zählen4, aus der Statistik der Krankenkassen heraus, weil diese auch im Krankheitsfall weiterhin Arbeitslosengeld beziehen. Dadurch wird die gesamte Statistik verzerrt, da nach Aussage der meisten Kassen viele Erkrankungen in dieser Gruppe signifikant häufiger auftreten als bei Erwerbstätigen oder auch bei ALG-IEmpfänger/innen5. Lediglich Daten zu Arzneiverordnungen und Angaben zur ambulanten ärztlichen Versorgung werden – im Gegensatz zu Arbeitsunfähigkeitsmeldungen – bei ALG-II-Empfänger/innen genauso wie bei anderen Versicherten von der Krankenkasse erfasst und können damit Hinweise zum Gesundheitszustand dieser Personengruppe liefern.6 Geringe Aussagen bieten die Berichte auch zur Fallgruppe Schwangerschaftskomplikationen/frauenspezifische Erkrankungen. Zur Gewinnung und Ergänzung untersuchungsrelevanter Daten und Informationen für den ersten Teil der Studie wurden ferner zahlreiche telefonische Auskünfte eingeholt. Gespräche dieser Art wurden geführt mit Mitarbeiter/innen des Amtes für Statistik in Schwerin, der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK), der Techniker Krankenkasse (TK), der Barmer Ersatzkasse, dem Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) und dem Institut für Gesundheitsund Sozialforschung GmbH (IGES GmbH), das eine Gutachter- und Beraterfunktion für das Gesundheitswesen erfüllt und auch Krankenkassenberichte (wie z.B. für die DAK Mecklenburg-Vorpommern) erstellt. Von einigen der aufgeführten Institutionen erhielt der Verfasser zusätzlich zu mündlichen Informationen auch noch interne Materialien, die Eingang in die Studie fanden. 4 Erwerbspersonen sind Personen mit Wohnsitz im Bundesgebiet, die eine unmittelbar oder mittelbar auf Erwerb gerichtete Tätigkeit ausüben oder suchen, vgl. die Ausführungen auf S. 14 5 Das gilt in erster Linie für die generell stark ansteigende Gruppe der psychischen Erkrankungen 6 vgl. Priester, K., Im Jahr 2006 niedrigster Krankenstand seit Einführung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, in: Gute Arbeit. Zeitschrift für Gesundheitsschutz und Arbeitsgestaltung, Frankfurt am Main, 2/2007, S. 7, vgl. dazu auch: Techniker Krankenkasse: Gesundheitsreport 2008, Hamburg 2008, S. 48/49 13 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Das Kernstück der Studie bildet die Aufbereitung von Ergebnissen einer schriftlichen Befragung in Unternehmen sowie in der Gruppe der jungen Mütter. Während die Fragebogen für die Unternehmen in elektronischer Form bzw. in Papierform direkt an die Inhaber, Geschäftsführer oder Personalverantwortlichen gesendet wurden, erfolgte die Verteilung an junge Mütter ausschließlich über Kindertagesstätten sowie über Familienbildungs- und Beratungsseinrichtungen. Letzteres Vorgehen ist insofern günstiger als die Erfahrung bisheriger Studien und Projektarbeit zeigt, dass sich ein „Herankommen“ an die Belegschaften der befragten Unternehmen oftmals äußerst schwierig gestaltet und sowohl der Fragebogenrücklauf als auch die Ehrlichkeit der Antworten zahlreiche Wünsche offen lassen, weil die Mitarbeiter/innen die Anonymität als nicht gesichert ansehen. Mit diesem Vorgehen konnte unserer Auffassung nach ein relativ umfassendes Bild von der jeweils spezifischen Interessenlage der Unternehmensleitungen und der jungen Mütter im Hinblick auf Möglichkeiten und Grenzen vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Betrieben und Einrichtungen erzeugt werden. Die Fragebogen sind im Anhang der Studie enthalten. Die Interviews mit den Expertinnen und Experten, die den dritten Teil der Studie bilden, basieren auf einem halbstandardisierten Interviewleitfaden, der ebenfalls im Anhang enthalten ist. 14 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 2. Junge Frauen und Mütter in der Arbeitswelt Mecklenburg-Vorpommerns 2.1 Frauen und Erwerbsarbeit Bevor die quantitative Entwicklung und soziale Situation junger Mütter in MecklenburgVorpommern analysiert werden, soll zunächst generell die Einbeziehung von Frauen in die Arbeitswelt dieses Bundeslandes eine Darstellung erfahren. Die folgende Übersicht zeigt zunächst die Anzahl der Frauen im erwerbsfähigen Alter7 und zwar unabhängig davon ob sie selbständig tätig bzw. abhängig beschäftigt oder nicht erwerbstätig8 sind. Übersicht 1: Frauen im erwerbsfähigen Alter in Mecklenburg-Vorpommern in den Jahren 1991 und 2006 Jahr weibl. Erwerbspersonen Erwerbstätige Erwerbslose weibl. Nichterwerbspersonen 15 bis unter 65 Jahre 1991 416.400 78.600 140.300 Jahresdurchschnitt 2006 348.800 80.400 140.200 Quelle: Errechnet und zusammengestellt nach: Amt für Statistik Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Berichte, 11.07.2008, S. 8 Die innere Struktur der 140.200 weiblichen Nichterwerbspersonen ist aufgrund der Datenlage nicht zu erfassen. Dazu zählen jedoch auf jeden Fall Mädchen und Frauen in schulischer Ausbildung (im Alter über 15 Jahre), Studentinnen, weibliche mithelfende Familienangehörige9, Hausfrauen und Frührentnerinnen/Rentnerinnen. Eine Betrachtung der sozialversicherungspflichtig am Arbeitsort beschäftigten Personen verdeutlicht, dass sich Frauen höchst ungleich auf die einzelnen Branchen verteilen. Während sie im gewerblichen Bereich, im Bauwesen und in der Landwirtschaft unterrepräsentiert sind, haben sie in der öffentlichen Verwaltung, im Dienstleistungsbereich, im Kredit- und Versicherungswesen, in der Gastronomie sowie im Handel einen vergleichsweise hohen Anteil an der jeweiligen Gesamtbeschäftigung. 7 Das erwerbsfähige Alter reicht von 15 bis 65 Jahren (bisherige Ruhestandsgrenze). Personen im Alter unter 15 Jahren sind grundsätzlich Nichterwerbspersonen. 8 Nichterwerbspersonen sind alle Personen, die keine – auch keine geringfügige – auf Erwerb gerichtete Tätigkeit ausüben oder suchen. 9 Familienangehörige, die in einem landwirtschaftlichen oder nichtlandwirtschaftlichen Betrieb, der von einem Familienmitglied als Selbstständiger geführt wird, mithelfen, ohne hierfür Lohn oder Gehalt zu erhalten und ohne dass für sie Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden, werden als mithelfende Fami lienangehörige bezeichnet. 15 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Struktur der Erwerbspersonen und Erwerbstätigen E r w e r b s p e r s o n e n* Erwerbstätige** Abhängig Beschäftigte Selbständige Stille Reserve*** Arbeitslose bzw. Erwerbslose Empfänger/innen von ALG 1 Nicht arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger/innen Empfänger/innen von ALG 2 * Der Begriff Erwerbspersonen umfasst all jene Personen, die mindestens 15 Jahre alt sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet haben sowie eine mittel- oder unmittelbar auf Erwerb ausgerichtete Tätigkeit ausüben (Erwerbstätige) oder suchen (Erwerbs- bzw. Arbeitslose). ** Erwerbstätige sind alle Personen, die einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten nachgehen. Dazu gehören Arbeiter, Angestellte, Auszubildende, Selbstständige, Freiberufler, Mitarbeiter in der Landwirtschaft, Aushilfen, so genannte "mithelfende Familienangehörige" sowie Soldaten und Zivildienstleistende. ***Zur stillen Reserve (versteckte Arbeitslosigkeit) gehören Arbeit suchende Personen, die nicht in der Arbeitsverwaltung als erwerbslos gemeldet sind, bisher keiner Berufstätigkeit nachgegangen sind oder sich nach langer Arbeitslosigkeit resigniert vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben. 16 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 2: Sozialversicherungspflichtig am Arbeitsort beschäftigte Frauen und ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung in Mecklenburg Vorpommern nach Wirtschaftsbereichen am 30.09.2007 Wirtschaftsbereich Beschäftigte insgesamt davon Frauen Anzahl Frauenanteil in % 20.922 5.231 25,0 597 84 14,1 67.842 19.686 29,0 7.470 2.023 27,1 Baugewerbe 39.962 4.042 10,1 Handel, Instandhaltung u. Reparatur von Kfz u. Gebrauchsgütern 68.120 38.165 56,0 Gastgewerbe 30.779 19.769 64,2 Verkehr u. Nachrichtenübermittlung 32.203 8.527 26,5 9.361 6.517 69,6 Grundstücks- u. Wohnungswesen, Vermietung beweglicher Sachen, wirtschaftl. Dienstleistungen 65.917 34.917 53,0 Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung, exterritoriale Organisationen u. Körperschaften 46.559 31.328 67,3 öffentliche u. private Dienstleitungen (ohne öffentliche Verwaltung) 133.162 95.969 72,1 zusammen 522.914 266.258 50,9 Land- u. Forstwirtschaft, Fischerei u. Fischzucht Bergbau, Steine, Erden Verarbeitendes Gewerbe Energie- u. Wasserversorgung Kredit- u. Versicherungsgewerbe Quelle: Errechnet und zusammengestellt nach: Amt für Statistik Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Berichte, 11.06.2008, S. 6 Bei einer Betrachtung der Verteilung der sozialversicherungspflichtig am Arbeitsort10 beschäftigten Frauen nach Altergruppen und Wirtschaftsbereichen (vgl. Übersicht 3) fällt auf, dass – mit Unterschieden von Branche zu Branche – die weitaus meisten weiblichen Beschäftigten ein Alter zwischen 40 und 60 Jahren aufweisen (in der Übersicht hellgrün markiert). In dieser Altersstufe sind zwar in den Familien mit Abstand die meisten Kinder vorhanden, jedoch benötigen diese nicht mehr die Zuwendung und Aufsicht wie z. B. Kinder 10 Für die regionale Zuordnung der Beschäftigten ist der Arbeitsort (Sitz des Betriebs) maßgeblich. 17 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 12 Jahren, da sie zumeist älter, oft sogar über 18 Jahre alt sind. In nicht weniger Familien dieser Altersgruppe sind die Kinder bereits aus dem Hause. Ab der Alterstufe 60 Jahre (in der Tabelle grau markiert) fällt die Beschäftigung von Frauen drastisch ab. Eine Ausnahme bilden hier lediglich die öffentliche Verwaltung und vor allem auch die öffentlichen Dienstleistungen. Die Betreuung von Kindern im eigenen Haushalt spielt hier praktisch keine Rolle mehr, oftmals sind Frauen dieser Altersgruppe bereits als Großmütter in die temporäre Betreuung von Enkelkindern eingebunden bzw. sind unverzichtbarer Bestandteil der familiären Netzwerke ihrer Kinder, soweit die geographische Distanz das zulässt. Angesichts gestiegener Lebenserwartung und des Anwachsens der Gruppe der Hochbetagten betreuen sie nicht selten auch noch ihre Eltern und sind in dem Fall Bestandteil der so genannten Sandwich-Generation. Quantitativ nicht so bedeutsam wie die erstgenannte Altersgruppe ist die der Frauen von unter 20 bis 40 Jahre (vgl. Übersicht 3). Ein zahlenmäßiges Übergewicht hat diese Altersgruppe, die in biographischer Hinsicht eigentlich identisch mit der aktiven Familienphase ist, lediglich im Bereich der Gastronomie. Über die Hintergründe dieses quantitativen Ungleichgewichtes der beiden hauptsächlichen Altersgruppen lässt sich nur mutmaßen: Hier dürften die ersten Auswirkungen des Geburten“knicks“ ebenso eine Rolle spielen wie Abwanderungstendenzen gerade junger Frauen in der aktiven Familienphase11. Hinzu kommt die starke Präsenz von Frauen in den Gymnasien, Hochschulen und Universitäten sowie die Tatsache, dass ältere Frauen (Altersgruppe zwischen 40 und 60 Jahre) mit Kindern in Mecklenburg-Vorpommern (wie auch in den anderen östlichen Bundesländern) in weitaus geringerem Maße als in den westlichen Bundesländern einen Prozess der „Hausfrauisierung“ durchlaufen, wodurch naturgemäß weniger Arbeitsplätze durch nachrückende Generationen besetzt werden können. 11 In Anlehnung an den traditionellen Familienzyklus wird als aktive Familienphase in der Regel die Zeitspanne bezeichnet, in der Kinder geboren und betreut/versorgt werden müssen. Dieser Begriff suggeriert bisweilen, dass die nach dem Auszug der Kinder allein wohnenden Eltern nun aller Pflichten in der familiären Reproduktions- und Sorgearbeit ledig sind. Dabei wird übersehen, dass sie sich vielfach in familiären Netzwerken bei der Pflege/ Versorgung von Enkelkindern oder den eigenen Eltern engagieren, die Kinder im einem sehr weiten Sinne bei der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben unterstützen und nicht selten noch eine ehrenamtliche Tätigkeit ausüben. 18 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 3: Sozialversicherungspflichtig am Arbeitsort beschäftigte Frauen in Mecklenburg Vorpommern nach Wirtschaftsbereichen und Altersgruppen am 30.09.2007 Wirtschaftsbereich Altersgruppen unter 20 20-30 30-40 40-50 50-60 60-65 älter als 65 208 564 864 1.900 1.578 107 10 Bergbau, Steine, Erden k.A. 9 18 27 27 k.A. k.A. Verarbeitendes Gewerbe 850 3.376 3.675 6.875 4.628 263 19 Energie- u. Wasserversorgung k.A. 230 278 682 695 k.A. k.A. Baugewerbe 100 457 826 1.453 1.130 64 12 Handel, Instandhaltung u. Reparatur von Kfz u. Gebrauchsgütern 1.791 6.818 8.623 13.086 7.413 380 54 Gastgewerbe 2.144 5.854 3.478 4.922 3.196 153 22 Nachrichtenüber- 191 940 1.753 3.244 2.246 118 35 Versicherungsge- 107 859 1.616 2.265 1.559 106 5 Grundstücks- u. Wohnungswesen, Vermietung beweglicher Sachen, wirtschaftl. Dienstleistungen 778 7.293 7.436 11.191 7.708 455 56 Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung, exterritoriale Organisationen u. Körperschaften 903 2.928 4.160 10.844 10.900 1.585 8 öffentl. u. private Dienstleistungen (ohne öffentliche Verwaltung) 5.447 15.886 17.784 30.343 24.068 2.354 87 12.519 45.214 50.511 86.832 65.148 5.585 308 Land- u. Forstwirtschaft, scherei u. Fischzucht Verkehr mittlung Kreditwerbe u. u. zusammen Fi- insgesamt: 108.244 Frauen insgesamt: 151.980 Frauen Insgesamt: 5.893 Frauen Quelle: Errechnet und zusammengestellt nach: Amt für Statistik Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Berichte, 11.06.2008, S. 6 und 8 19 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland gibt es im Hinblick auf die Bereitschaft zu Teilzeitarbeit, die in den westlichen Bundesländern wesentlich stärker ausgeprägt ist als in den östlichen. Das hängt ohne Zweifel mit dem aus DDR-Zeiten tradierten Modell weiblicher Vollzeitbeschäftigung bei gleichzeitig guter Kinderbetreuung zusammen, dürfte jedoch auch damit verbunden sein, dass das „Familienernährermodell“ (Mann = Alleinverdiener/Frau = Hausfrau) bzw. das Zuverdienstmodell (Mann = Haupternährer/Frau = Zuverdienst in Teilzeitbeschäftigung) in den Lebensentwürfen von Frauen in der DDR bzw. den östlichen Bundesländern nie eine besondere Rolle gespielt hat und vor allem immer weniger lebbar wird, da viele Männer arbeitslos sind, zum Teil keine Transferleistungen (ALG I und ALG II) mehr erhalten bzw. in prekären und schlecht bezahlten Jobs arbeiten12. Besonders auffällig ist, dass die Quote der Vollbeschäftigung in nahezu keinem Bereich unter die 60-Prozent-Marke fällt13. Die einzige Ausnahme bildet der Bereich Erziehung und Unterricht, in dem besondere Teilzeitregelungen aufgrund des vom Land beschlossenen Personalentwicklungskonzeptes gelten14. Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern gibt es nicht nur im Hinblick auf Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung generell, sondern auch bei der jeweiligen Zeitdauer der Teilzeitarbeit. Wie Übersicht 5 verdeutlicht, ist der Anteil der Frauen, die über 18 Stunden/ Woche arbeiten, in Mecklenburg-Vorpommern sehr hoch und liegt in keinem Wirtschaftsbereich (außer Verkehr und Nachrichtenübermittlung) unter 80 Prozent. 12 Hinzukommt, dass das Lohn- und Gehaltsniveau in Mecklenburg-Vorpommern besonders niedrig ist und 2006 insgesamt einen Angleichungsgrad von 77,4% an die durchschnittlichen Pro-Kopf-Bruttolöhne in der Bundesrepublik aufwies, vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin, Pressemeldung vom 29.03.2007 13 Zu den Unterschieden in der Entwicklung der Teilzeitarbeit in den östlichen und westlichen Bundesländern vgl.Stöbe-Blossey, S.: Bedarfsorientierte Kinderbetreuung. Teil 1: Arbeitszeit und Infrastruktur, (Arbeitspapier desInstituts für Arbeit und Technik), Gelsenkirchen 2004 und Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (Hrg.): Frauen am Arbeitsmarkt, IAB-Kurzbericht, Nürnberg, Nr 22/2005 14 In Mecklenburg-Vorpommern arbeiten etwa zwei Drittel der Lehrer/innen (mehrheitlich Frauen) in Teilzeit, um angesichts der demographischen Entwicklung (sinkende Schüler/innenzahlen) Entlassungen zu vermeiden. 20 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 4: Sozialversicherungspflichtig am Arbeitsort beschäftigte Frauen und der Anteil der Vollzeitbeschäftigten an der Gesamtbeschäftigung in Mecklenburg Vorpommern nach Wirtschaftsbereichen am 30.09.2007 Wirtschaftsbereich Land- u. Forstwirtschaft, Fischerei u. Fischzucht Gesamtheit der beschäftigten Frauen davon Frauen in Vollzeit Anteil der in Vollzeit beschäftigten Frauen an der gesamten Frauenbeschäftigung 5.231 4.765 91,1 84 73 86,9 19.686 17.782 90,3 Energie- u. Wasserversorgung 2.023 1.808 89,4 Baugewerbe 4.042 3.452 85,4 Handel, Instandhaltung u. Reparatur von Kfz u. Gebrauchsgütern 38.165 23.602 61,8 Gastgewerbe 19.769 17.280 87,4 8.527 6.666 78,2 6.517 4.873 74,8 Grundstücks- u. Wohnungswesen, Vermietung beweglicher Sachen, wirtschaftl. Dienstleistungen 34.917 25.139 72,0 Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung, exterritoriale Organisationen u. Körperschaften 31.328 21.096 67,3 Erziehung u. Unterricht 22.476 12.852 57,2 Gesundheits-, Veterinär- u. Sozialwesen 57.043 37.626 66,0 Sonstige öffentl. Dienstleistungen persönl. 16.339 12.635 73,3 Private Haushalte mit Hauspersonal 111 73 65,8 266.258 189.722 71,3 Bergbau, Steine, Erden Verarbeitendes Gewerbe Verkehr mittlung u. Nachrichtenüber- Kredit- u. Versicherungsgewerbe Zusammen u. Quelle: Errechnet und zusammengestellt nach: Amt für Statistik Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Berichte, 11.06.2008, S. 6 und 8 21 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 5: Unterschiedliche Teilzeitformen bei sozialversicherungspflichtig am Arbeitsort beschäftigte Frauen in Mecklenburg Vorpommern nach Wirtschaftsbereichen am 30.09.2007 Wirtschaftsbereich Gesamtheit der Teilzeit beschäftigten Frauen Frauen in Teil- zeit unter 18 Std./Wo. 463 72 391 84,4 8 k.A k.A. k.A. 1.903 143 1.760 92,5 Energie- u. Wasserversorgung 214 4 210 98,1 Baugewerbe 588 74 514 87,4 14.548 788 13.760 94,6 2.485 242 2.243 90,3 Nachrichten- 1.858 396 1.462 78,7 Kredit- u. Versicherungsgewerbe 1.643 71 1.572 95,7 Grundstücksu. Wohnungswesen, Vermietung beweglicher Sachen, wirtschaftl. Dienstleistungen 9.767 707 9.060 92,8 Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung, exterritoriale Organisationen u. Körperschaften 10.231 513 9.718 95,0 9.621 476 9.145 95,1 Gesundheits-, Veterinär- u. Sozialwesen 19.396 516 18.880 97,3 Sonstige öffentl. u. persönl. Dienstleistungen 3.696 219 3.477 94,1 38 k.A. k.A. k.A. 76.459 4.221 72.192 94,4 Land- u. Forstwirtschaft, Fischerei u. Fischzucht Bergbau, Steine, Erden Verarbeitendes Gewerbe Handel, Instandhaltung u. Reparatur von Kfz u. Gebrauchsgütern Gastgewerbe Verkehr u. übermittlung Erziehung u. Unterricht Private Haushalte Hauspersonal zusammen mit Frauen in TeilZeit mehr als 18 Std./Wo. Anteil der Frauen mit mehr als 18 Std./Wo. % Quelle: Errechnet und zusammengestellt nach: Amt für Statistik Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Berichte, 11.06.2008, S. 8 22 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Bei der Darstellung der Erwerbsarbeit von Frauen liegt der Fokus in der Regel auf den abhängig Beschäftigten (Angestellte, Arbeiterinnen, Beamtinnen) und deren sozialer Situation. Dabei geraten dann die selbständigen Frauen aus dem Blick. Das liegt ohne Zweifel daran, dass sie numerisch ein vergleichsweise geringes soziales Gewicht besitzen, hängt wohl aber auch damit zusammen, dass im Hinblick auf diese Gruppe eine der größten Datenlücken in der offiziellen Statistik existiert. So wissen wir z. B. nichts über die Alters- und Familienstruktur, über Kinderzahl und Branchenzugehörigkeit sowie über freiberufliche und gewerbliche Tätigkeit der selbständigen Frauen, die in Mecklenburg-Vorpommern immerhin eine Gruppe von 25.600 Personen15 umfassen und in den letzten 15 Jahren ein recht dynamisches Wachstum aufwiesen. Mit Sicherheit ist davon auszugehen, dass hier sogar in besonders starkem Maße Vereinbarkeitsprobleme vorliegen, da Selbständige in der Regel nicht mit einem Achtstundentag auskommen und einer hohen Arbeitsdichte ausgesetzt sind. 2. 2 Arbeitslosigkeit von Frauen in Mecklenburg-Vorpommern Die Analyse der Einbeziehung von Frauen in die Arbeitswelt Mecklenburg-Vorpommerns wäre unvollständig wenn sie nicht abschließend durch eine Betrachtung der Arbeitslosigkeit ergänzt würde. Bis weit in die 90er Jahre hinein wurde bei geschlechtsspezifischen Arbeitsmarktanalysen stets hervorgehoben, dass die Arbeitslosigkeit ein „weibliches Gesicht“ hat. Das galt nicht nur unter Berücksichtigung der so genannten „stillen Reserve“16, die nach übereinstimmender Meinung von Arbeitsmarktexperten vorwiegend aus Frauen besteht, sondern auch im Hinblick auf die „offizielle Arbeitslosigkeit“, deren Umfang kontinuierlich von der Bundesagentur für Arbeit ermittelt und dokumentiert wird. Standen in Mecklenburg-Vorpommern im Januar 1998 93.889 arbeitslosen Männern noch 104.021 arbeitslose Frauen gegenüber, so veränderte sich dieser Trend ab Januar 2001 dauerhaft zu Ungunsten der Männer. Im Dezember 2002 weist die Statistik dann bereits 96.153 arbeitslose Männer und 84.916 arbeitslose Frauen auf17. Diese bis in die unmittelbare Gegenwart anhaltende Entwicklung spiegelt auch die nachfolgende Übersicht 6 wider, die darüber hinaus noch Angaben zu ALG I und ALG II – Empfänger/innen enthält. 15 Vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte, Schwerin, 22. 05.2008, S. 15, in dieser Zahl sind die mithelfenden Familienangehörigen nicht enthalten, da sie nicht als Selbständige gelten 16 Die stille Reserve wird aus arbeitswilligen Personen beiderlei Geschlechts gebildet, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht von der offiziellen Arbeitslosenstatistik erfasst werden. Über die quantitative Dimension und geschlechtsspezifische Zusammensetzung in Mecklenburg-Vorpommern liegen keine wissenschaftlich verwertbaren Erkenntnisse vor, vgl. IAB (Hrg.): Neueinschätzung der stillen Reserve und des Erwerbspersonenpotenzial für Ostdeutschland (einschl. Berlin-Ost), IAB-Forschungsbericht 18/2005, Nürnberg 2005 17 vgl. Bundesanstalt für Arbeit. Landesarbeitsamt Nord: Der Arbeitsmarkt für Frauen im Norden, Kiel, Dezember 2002 23 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 6: Arbeitslosigkeit bei Frauen und Männern in Mecklenburg-Vorpommern im Jahre 2007 (Jahresdurchschnitt) Kategorie Arbeitslose insgesamt Anzahl Anteil in Prozent 145.989 100,0 Arbeitslose Frauen 70.837 48,5 Arbeitslose Männer 75.184 51,5 Empfänger/innen von ALG I (Rechtskreis SGB III) insgesamt 44.508 30,5 Empfänger/innen von ALG II (Rechtskreis SGB II) insgesamt 101.481 69,5 Anteil von Frauen mit ALG I an allen arbeitslosen Frauen 24.226 34,2 Anteil von Frauen mit ALG II an allen arbeitslosen Frauen 46.610 65,8 Anteil von Männern mit ALG I an allen arbeitslosen Männern 20.282 27,0 Anteil von Männern mit ALG II an allen arbeitslosen Männern 54.871 73,0 Quelle: Errechnet nach Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Hefte, Schwerin, 1/2008, S. 9 Wie die Übersicht 6 zeigt, sind nicht nur mehr Männer generell arbeitslos, sondern auch im Rechtskreis des SGB II angesiedelt. Das bedeutet konkret, dass im Jahre 2007 46.610 Frauen aber 54.871 Männer (Männer + 8.261) Grundsicherung für Arbeitssuchende (ALG II bzw. Hartz IV) erhielten. Diese Tatsache verdient schon deswegen eine besondere Hervorhebung, weil die Zahlen u. a. belegen, dass (vor allem in Mecklenburg-Vorpommern wie im gesamten Osten Deutschlands) das männlich bestimmte Familienernährermodell kaum noch lebensweltliche Bedeutung hat. Allein schon deshalb sind Frauen immer häufiger gezwungen – und zwar unabhängig von ihren Präferenzen im Hinblick auf „Hausfrauendasein“ oder beruflicher Tätigkeit - einer möglichst vollzeitigen bzw. vollzeitnahen Erwerbsarbeit nachzugehen. Hinzukommt, dass es jenseits gegenwärtig (Oktober/November 2008) niedriger Arbeitslosenzahlen in Mecklenburg-Vorpommern eine immer stärkere Integration von Frauen und 24 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Männern in atypische bzw. prekäre Formen der Beschäftigung gibt18, die nicht ohne Einfluss auf familiäre Strukturen, Familiengründungswilligkeit (einschließlich Kinderwunsch), Abwanderungstendenzen und die gesamten Gestaltungsmöglichkeiten der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben bleiben. Zu vermuten ist auch, dass künftig im Zusammenhang mit den zu erwartenden Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise auf die Realwirtschaft auch die Arbeitslosigkeit wieder stärker zu einer ständigen „Drohkulisse“ für Personen und Familien wird. Zu diesem Problemkreis, der im Zusammenhang mit der vorliegenden Studie lediglich Erwähnung finden soll, liegen außerdem flächendeckend nur spärliche Sozialdaten vor. Das gilt auch und vor allem für die jeweilige Betroffenheit von Frauen und Männern. 18 vgl. zur Situation in MV: Ostseezeitung, Rostock, 01.10.2008. Zur generellen Bedeutung atypischer und prekärer Beschäftigung vgl. u.a.: Deutscher Gewerkschaftsbund (Hrg.): Prekäre Beschäftigung – Herausforderung für die Gewerkschaften, Berlin 2007, Bundesanstalt für Arbeit (Hrg.): Strukturwandel der Erwerbsarbeit. Was ist eigentlich noch normal?, IAB-Kurzbericht, Nürnberg, Nr.14/2000, Klenner, C.: Balance von Beruf und Familie – Ein Kriterium guter Arbeit, in: WSI-Mitteilungen, Düsseldorf, Nr. 4/2005 34 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 2.3 Beschäftigung und Familienstand junger Mütter Zur Beantwortung der Frage, welche Herausforderungen sich bei der Gestaltung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben für alle beteiligten Akteure ergeben, muss zunächst einmal geklärt werden, wie viele Mütter es in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt gibt, wie die familiären Strukturen aussehen, in die sie eingebunden sind, welche Altersgruppen von Kindern dominieren und wie sich die Beschäftigungssituation junger Mütter darstellt. Erste grundlegende Aussagen zu den aufgeworfenen Fragen sind den nachfolgenden Übersichten zu entnehmen. Übersicht 7: Mütter in Mecklenburg-Vorpommern (Stand 2005 Jahresdurchschnitt) Kategorie Anzahl Anteil an allen Müttern in % Frauen, die in Haushalten ohne Kinder lebten 589.000 ------- Mütter mit ledigen Kindern (ohne Altersbeschränkung) 249.700 ------- Mütter mit Kindern unter 18 Jahren 171.700 68,8 Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Presseinformation vom 11.05.2007, Schwerin Bei den in Übersicht 7 als Kontrast angeführten Frauen, die in Haushalten ohne Kinder leben, handelt es sich um kinderlose Frauen bzw. um Mütter, deren Kinder bereits aus dem Haushalt ausgezogen waren. Die Nennung von Müttern mit Kindern ohne Altersbegrenzung mag zunächst verwundern, entspricht jedoch in zunehmendem Maße der sozialen Realität. Als Kinder gelten alle ledigen Personen, die ohne Lebenspartner/in und ohne eigene Kinder in einem Haushalt mit ihren Eltern oder einem Elternteil zusammenleben19. 19 vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentlichter Bericht zu Familien in MecklenburgVorpommern, Schwerin 2008, S. 6 26 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 8: Familienstand der Mütter (Stand 2005 Jahresdurchschnitt) Kategorie Anzahl Anteil an allen Müttern mit Kindern unter 18 Jahren in % Mütter von Kindern unter 18 Jahren, die ihre Kinder gemeinsam mit einem im Haushalt lebenden Partner erzogen (in Ehe oder Lebensgemeinschaft) 130.149 75,8 Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die in einer Ehe lebten 100.700 58,6 Kategorie Anzahl Anteil an allen Müttern mit Kindern unter 18 Jahren in % Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die in einer Lebensgemeinschaft lebten 29.500 17,2 Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die alleinerziehend waren 41.500 24,2 Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Presseinformation vom 11.05.2007, Schwerin Die quantitativ anwachsende Gruppe von Kindern über dem 18. Lebensjahr (Ende der Minderjährigkeit), die noch im Haushalt der Herkunftsfamilie leben, hängt mit veränderten biographischen Übergängen zusammen (Kindheit, Jugend, Postadoleszenz), die ihre Grundlage in verlängerten Ausbildungszeiten, verspäteter ökonomischer Selbständigkeit und teilweise auch der temporären Rückkehr ins Elternhaus bei persönlichen Krisen („Bumerangkinder“) haben. Eine Rolle spielt dabei auch die neue Wohngeldregelung, die es vielen jungen Menschen aus finanziellen Gründen erst nach dem 25. Lebensjahr ermöglicht, einen selbständigen Haushalt in eigener Wohnung zu gründen. Daraus resultiert für Eltern (vor allem für Mütter) nicht selten ein erhöhter faktischer und zeitlicher Aufwand in der häuslichen Reproduktionsarbeit, der weit über die „traditionelle“ aktive Familienphase hinausreicht20. Außerdem steht die längere Verweildauer in der Herkunftsfamilie gerade bei den jungen Männern der Gründung einer eigenen Familie bzw. eines eigenen Haushaltes sowie der Herausbildung von Haushaltsführungskompetenzen entgegen. 20 zu diesen Belastungen vgl. Ministerium für Generationen, Familie, Frauen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrg.): Demografischer Wandel. Die Stadt, die Frauen und die Zukunft, Düsseldorf 2006, S.143 27 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern So lebten 2006 in Mecklenburg-Vorpommern noch 30.800 „Kinder“ über 27 Jahre in der Herkunftsfamilie. Im Hinblick auf die Geschlechterzusammensetzung dieser Heranwachsenden bestätigen die Zahlen aus unserem Bundesland auch die Befunde anderer Studien: Von den 30.800 jungen Erwachsenen sind 24.400 Männer und lediglich 6.400 Frauen21. Es ist zu vermuten, dass junge Frauen sich nicht nur schlechthin schneller vom Elternhaus lösen (junge Frauen als „Nestflüchter“, junge Männer als „Nesthocker“), sondern dass diese Übersicht 9: Mütter und Anzahl der Kinder (Stand 2005 Jahresdurchschnitt) Kategorie Anzahl Anteil an allen Müttern mit Kindern unter 18 Jahren in % Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die ein Kind hatten 109.400 63,7 Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die zwei Kinder hatten 50.300 29,3 Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die drei Kinder hatten 12.000 7,0 Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Presseinformation vom 11.05.2007, Schwerin Übersicht 10: Erwerbstätigkeit der Mütter (Stand 2005 Jahresdurchschnitt) Kategorie Anzahl Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die erwerbstätig waren 112.635 Mütter mit einem Kind unter 18 Jahren, die erwerbstätig waren 65,6 Anteil an allen Müttern mit einem Kind 75.814 69,3 Anteil an allen Müttern mit zwei Kindern Mütter mit zwei Kindern unter 18 Jahren, die erwerbstätig waren 31.890 Mütter mit drei Kindern unter 18 Jahren, die erwerbstätig waren Anteile in % Anteil an allen Müttern mit Kindern unter 18 63,4 Anteil an allen Müttern mit drei Kindern 4.896 40,8 Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Presseinformation vom 11.05.2007, Schwerin 21 vgl. ebenda, S:33 28 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Loslösung auch mit den bei ihnen wesentlich stärker ausgeprägten Abwanderungstendenzen in andere Bundesländer bzw. auch ins Ausland zusammenhängt. Grundlage für diese Loslösungs- und Abwanderungstendenzen sind sicher die im Durchschnitt bessere schulische und berufliche Qualifikation und die größere Selbständigkeit, die – so ist zu vermuten – mit der „klassischen“ geschlechterspezifischen Sozialisation zusammenhängt, die es eben noch für junge Männer attraktiver sein lässt, länger im „Hotel Mama“ auszuharren. Die Angaben in der Übersicht 10 belegen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Mütter erwerbstätig war. Dadurch ergab sich der Zwang, in Abhängigkeit von der familiären Einbindung und dem Alter der Kinder, in der einen oder anderen Weise Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben zu vereinbaren. In diesem Zusammenhang ist ein Blick auf die Entwicklung der Altersstruktur der Kinder in Mecklenburg-Vorpommern interessant. In dieser Studie wird davon ausgegangen, dass die Erziehung, Betreuung und Zuwendung im Hinblick auf Intensität und Zeitaufwand bis etwa zum Alter von 11/12 Jahren gegenüber späteren Alterstufen einige Besonderheiten aufweisen, die die häusliche Reproduktions- und Sorgearbeit der Mütter (natürlich auch der Väter) prägen. Nicht umsonst erhalten Eltern bis zu diesem Alter ihrer Kinder eine Krankschreibung wenn keine andere Person zur Verfügung steht, die die Pflege im Krankheitsfall übernehmen kann. Ein Blick auf die nachfolgende Übersicht macht deutlich, dass sich zwischen 1990 und 2007 Übersicht 11: Entwicklung der Altersgruppen minderjähriger Kindern in MecklenburgVorpommern von 1990 bis 2007 Alter der Kinder Anzahl der Kinder dieser Alterstufe 1990 Anzahl der Kinder dieser Alterstufe 2007 Verringerung der Anzahl der Kinder 1990 bis 2007 Anteil der Altersgruppe an der Gesamtbev. 2007 in Prozent unter 1 23.291 12.779 10.512 0,8 1 bis unter 3 52.708 24.864 27.844 1,5 3 bis unter 5 57.409 25.732 31.677 1,5 5 bis unter 10 145.692 62.191 83.501 3,7 10 bis unter 15 144.053 52.374 91.679 3,1 15 bis unter 18 65.933 46.255 19.678 2,8 489.086 224.195 264.891 ------- gesamt Quelle: Zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistisches Jahrbuch 2008, Schwerin 2008, S. 41 29 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern gravierende Verschiebungen in der Altersstruktur der Kinder ergeben haben, die natürlich nicht nur Einfluss auf die Anzahl der benötigten Plätze in Kindertagesstätten und Grundschulen haben, sondern auch auf die Ausrichtung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen seitens der Politik/öffentlichen Verwaltung, der Arbeitgeber und nicht zuletzt der Familien selbst ausüben. Wie die Übersicht 11 verdeutlicht, hat sich die Zahl minderjähriger Kinder und Jugendlicher in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 1990 und 2007 dramatisch um 264.891 verringert. Die Reduzierung der einzelnen Altersgruppen fällt bei den bis zu 15 Jahre alten Kindern besonders stark ins Gewicht. Das wirft im Hinblick auf Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie neue Fragen auf: 1. Kommt verbesserten Betreuungsarrangements für Kinder in den Alterstufen von 1-6 Jahre und von 7 bis 12 Jahre in Unternehmen und Einrichtungen eindeutig Priorität zu oder muss – sicher mit Unterschieden in den einzelnen Bereichen und Unternehmen – über andere Schwerpunktsetzungen nachgedacht werden? 2. Darf mit Kinderbetreuung immer nur die Zuwendung an jüngere Kinder assoziiert werden? Sind Mütter (und natürlich auch Väter) älterer Kinder weitgehend entlastet oder verschieben sich hier nicht nur Aufgaben und Prioritäten und wenn ja in welche Richtung und mit welchem Belastungsgrad? 3. Wird die so genannte „aktive Familienphase“ nicht häufig dahingehend (gerade auch in Unternehmen) fehlgedeutet, als mit ihr gedanklich mehr oder weniger die Zeit der biologischen Reproduktion und der Zuwendung an kleinere Kinder verbunden wird? Dabei bleiben nicht selten wichtige andere Aufgaben der Familie ausgeblendet. Als Beispiele mögen die Pflege älterer oder behinderter Angehöriger, die Betreuung von Enkeln und die Zuwendungen an ältere Kinder genügen. 4. Hat sich nicht auch die „aktive Familienphase“ in den letzten beiden Jahrzehnten verändert? Obwohl insgesamt weniger Kinder geboren werden, ist sie potenziell länger geworden, da Frauen nach wie vor auch im Alter von 20 bis 25 Jahren (und z. T. noch früher) Kinder bekommen und die Zahl der Spätgebärenden stark zugenommen hat, deren Kinder erst dann in das Jugendalter eintreten wenn die Mütter zwischen 42 und 55 Jahre alt sind. Gleiches gilt natürlich auch für Väter. Besonders deutlich wird diese Entwicklung an der Verschiebung des durchschnittlichen Heiratsalters Lediger, das 2003 in Deutschland bei Männern 32 und bei Frauen 29 Jahre betrug (1991: 28,5 bzw. 26,1 Jahre) und an der parallel stattfindenden Verschiebung des durchschnittlichen Erstge- 30 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern bärendenalters, das im gleichen Jahr bei 29 Jahren lag (1991: 27 Jahre)22 und sich tendenziell weiter leicht nach oben bewegt. Übersicht 12: Ausgewählte Altersgruppen der Bevölkerung des Landes MecklenburgVorpommern am 31.12.2007 nach Geschlecht Altersgruppe Bev. insgesamt männl. Bev. weibl. Bev. Männerüberschuss 18 bis unter 21 73.310 38.638 34.672 3.966 21 bis unter 25 91.440 49.046 42.394 6.652 25 bis unter 30 104.255 56.546 47.709 8.837 30 bis unter 35 83.548 45.096 38.452 6.644 35 bis unter 40 106.127 55.634 50.493 5.141 40 bis unter 45 144.231 74.696 69.535 5.161 45 bis unter 50 155.975 80.489 75.486 5.003 Gesamtbev. 18 bis unter 50 758.886 400.145 358.741 41.404 Quelle: vom Verfasser zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistisches Jahrbuch Mecklenburg-Vorpommern 2008, Schwerin 2008, S. 41 Verbindet man die Daten in Übersicht 12 mit den vorangestellten Fragen, so wird zunächst einmal deutlich, dass die Altersgruppen von Frauen und Männern, die in die so genannte „aktive Familienphase“ eintreten, numerisch wesentlich kleiner sind als die, die an deren Ende stehen. Unabhängig davon, dass sich die Entwicklung des konkreten reproduktiven Verhaltens nicht exakt voraussagen lässt, wird allein schon von daher mit einer geringeren Kinderzahl zu rechnen sein. Das Verschieben der „aktiven Familienphase“ in ein höheres Lebensalter schränkt die zu erwartende Kinderzahl weiter ein, da das „biologische Zeitfenster“ dann immer kleiner wird. Hinzu kommt noch die sich verstärkende Tendenz zur Ein-Kind-Familie. Das könnte dazu führen, dass dem Handlungsfeld Kinderbetreuung in absehbarer Zukunft nicht mehr die Bedeutung zukommt, die es gegenwärtig noch hat und dass andere Handlungsfelder – vor 22 vgl. Cornelißen, W. (Hrg.):Gender Datenreport, München 2005 (erstellt im Auftrag des BMFSFJ), S. 233/234 zur Entwicklung des Erstgebärendenalters in Mecklenburg-Vorpommern vgl. WIMES-Wirtschaftsinstitut: Bevölkerungsprognose bis zum Jahre 2020 für die Gesamtstadt Rostock und für die 21 Stadtbereiche der Hansestadt, Rostock 2007, S. 7. Außerdem gab es bis 1990 beträchtliche Unterschiede zwischen DDR und BRD, die sich in den Folgejahren allmählich anglichen. 31 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern allem die Betreuung und Pflege der numerisch starken Altersgruppen der Betagten und Hochbetagten – die größte Priorität erhalten. Auf jeden Fall wird es darum gehen, die Frage der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben ganzheitlicher zu sehen und bei der Festlegung prioritärer Handlungsfelder sowie der Konzipierung und Umsetzung familienfreundlicher Maßnahmen die Spezifik der einzelnen Lebensphasen weitaus mehr in Rechnung zu stellen als das gegenwärtig erfolgt. 32 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 2.4 Die besondere Situation alleinerziehender Frauen In zahlreichen Veröffentlichungen zu prekären Soziallagen von Menschen bzw. besonderen sozialen Risikogruppen23 werden als Betroffene pauschal immer wieder Alleinerziehende angeführt. Auch wenn diese Feststellung – wie noch zu zeigen sein wird – eine gewisse Berechtigung hat, ist es nicht der sozialen Realität angemessen, die Ein-Eltern-Familien (wie die Alleinerziehenden und ihre Kinder auch genannt werden) als eine homogene Gruppe darzustellen24. Alleinerziehend zu sein ist also weder eine alle diese Mütter (und Väter) gleichermaßen betreffende Lebensweise noch Soziallage. In einer Untersuchung von 649 alleinerziehenden Müttern in Thüringen konnte festgestellt werden, dass etwa ein Drittel dieser Gruppe mit ihrem Leben sehr zufrieden war während zwei Drittel spezifische Problem- und Risikogruppen bildeten. Insgesamt wurden so fünf Untergruppen herausgearbeitet. Übersicht 13: Untergruppen alleinerziehender Mütter nach einer Studie aus Thüringen Gruppe Bezeichnung Anzahl der Fälle Stichprobenanteil in % 1 Hohes Maß an Zufriedenheit 229 35,3 2 Unzufriedenheit durch berufliche Situation 145 22,3 3 Belastete Familiensituation älterer Alleinerziehender 138 21,3 4 Schwierigkeiten in der Kleinkindbetreuung 83 12,8 5 Defizite im sozialen Netzwerk 54 8,2 649 100,0 Insgesamt Quelle: Brand, D. / Hammer, V.(Hrg.): Balanceakt Alleinerziehend. Lebenslagen, Lebensformen, Erwerbsarbeit, Wiesbaden 2002, S. 69 ff. (zitiert nach: Hammer, V.: Familienform: “Alleinerziehend“, in: Das Online-Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP), www.familienhandbuch.de 23 Einen guten Überblick über die soziale Situation von Alleinerziehenden enthält die allerdings auf Daten der 90er Jahre basierende Studie von Limmer, R.: Die Lebenssituation Alleinerziehender und sozialpolitische Maßnahmen für Alleinerziehende im Ländervergleich. Analyse von Berichten der öffentlichen Hand auf der Ebene der Bundesländer sowie ausgewählter Kommunen, ifb-Matertialien Nr. 1-1998, Bamberg 2000 24 Eine interessante und originelle Typologie von Alleinerziehenden, die sich jedoch aufgrund fehlender Daten empirisch schwer fassen lässt, bietet: Meier-Gräwe, U.: Prekäre Lebenslagen Alleinerziehender und sozialstaatliche Interventionen – Erfahrungen beim Praxistransfer kommunaler Armutsberichterstattung und praxisbezogegener Armuts- und Lebenslagenforschung, in: Deutsches Jugend-Institut (Hrg.): Kommunale Strategien zur Armutsprävention bei allein Erziehenden. Von Projekten zum integrierten Handlungskonzept, Nürnberg 2004, S. 14 ff. 33 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Wie die Übersicht 13 zeigt, ist die mit 35,3% größte Gruppe der Untersuchungseinheit mit ihrer Situation durchaus zufrieden. Die sich häufig mit der Situation von Alleinerziehenden verbindende Klischeevorstellung von Schwierigkeiten bei der Betreuung kleinerer Kinder (12,8%) und Lücken im persönlichen Netzwerk im Sinne von Unterstützungsstruktur (8,2%), betrifft – zumindest in dieser Erhebung - nur relativ kleine Gruppen. Bei der Untersuchung Alleinerziehender in Mecklenburg-Vorpommern soll in Ermangelung spezieller Studien wie in Thüringen und unter Nutzung der Möglichkeiten, die die offizielle Statistik bietet, vor allem nach folgenden Merkmalen unterschieden werden: 1. Nach dem Geschlecht Obwohl alleinerziehende Frauen auch in Mecklenburg-Vorpommern die übergroße Mehrheit der Vorstände in diesem Familientyp bilden, gibt es eine quantitativ gewachsene Gruppe alleinerziehender Väter, deren Anteil an der Gesamtheit der Alleinerziehenden 2006 allerdings erst bei 9,8 %25 lag. 2. Nach dem Familienstand der die Grundlage für den Status einer/eines Alleinerziehenden ist. 3. Nach der Anzahl und dem Alter der Kinder Die weitaus größte Gruppe unter den alleinerziehenden Frauen sind Mütter, die ein Kind haben. Im Hinblick auf das Alter der Kinder dominieren Kinder zwischen 15 bis 18 und 27 und älter. 4. Nach der Integration in das Erwerbsleben Ein nicht geringer Teil der Alleinerziehenden bezieht seinen Lebensunterhalt aus den verschiedenen Formen der Erwerbsarbeit (Selbständige, abhängig Beschäftigte). Andere Gruppen leben von Transferleistungen unterschiedlichster Art (z. B. ALG I/ALG II, Sozialhilfe etc.) oder von Unterstützung durch Verwandte und Freunde. 5. Nach dem zur Verfügung stehenden monatlichen Nettoeinkommen Obwohl in Mecklenburg-Vorpommern etwa ein Drittel der alleinerziehenden Frauen geringe (z. T. äußerst geringe) Einkünfte hat, gibt es auch kleinere Gruppen, die sich keineswegs in einer Notlage befinden und im Hinblick auf ihren sozialen Status bis in die obere Mittelschicht hineinreichen. 25 Das entspricht etwa dem bundesdeutschen Durchschnitt, der 2005 bei 9,0% Männeranteil an den Alleinerziehenden lag. Vgl. Statistisches Bundesamt, Pressemeldung vom 07.03.2005, Wiesbaden, im Datenreport 2008. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2008, S. 30 wird der Männeranteil für 2006 mit 8% angegeben. 34 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Wichtig wäre noch eine Unterscheidung nach den außermonetären Ressourcen, die zur Bewältigung des Alltagslebens zur Verfügung stehen. Dazu gehören Bildungsniveau, berufliche und familiäre Kompetenzen ebenso wie die Einbindung in Netzwerke aus Verwandten, Freundinnen/Freunden und Kolleginnen/Kollegen. Letztere bilden unabdingbare Unterstützungsstrukturen, die erst die Bewältigung der Alltagsprobleme in Ein-Eltern-Familien ermöglichen. Das gilt vor allem für einkommensschwache Alleinerziehende. Im Hinblick auf die Entwicklung von Ressourcen und Bewältigungsstrategien wäre auch die Dauer des Alleinerziehens von Interesse über die leider keine Angaben vorliegen. Auf der Ebene der gesamten Bundesrepublik wird davon ausgegangen, dass von den rund 1,6 Mio. Ein-Eltern-Familien mit Kindern unter 18 Jahren etwa ein Drittel weniger als drei Jahre alleinerziehend war26. Für eine umfassende Rekonstruktion der sozialen Lage von Alleinerziehenden und die Erarbeitung einer Typologie, die dann zielgruppengenaue Unterstützungsstrategien gestattet, ist die Datenbasis in Mecklenburg-Vorpommern (wie auch in zahlreichen anderen Bundesländern) zu schmal. Problemlagen alleinerziehender Frauen werden in anderen Kontexten (Sozialberichterstattung, Gesundheitsberichte etc.) punktuell berührt. Flächendeckende Studien, die z.B. auch die genannten außermonetären Ressourcen berücksichtigen, liegen dagegen nicht vor. Noch weitaus schlechter sieht die Datenlage bei den alleinerziehenden Vätern aus. Hier weist sogar die offizielle Statistik, die ohnehin nur die wichtigsten soziodemographischen Daten bietet, große Lücken auf.27 Zu den unter den Punkten 1 bis 5 aufgeführten Merkmalen sind in den offiziellen Statistiken Mecklenburg-Vorpommerns allerdings wesentliche soziodemographische Daten enthalten, die die Grundlage für die nachfolgende Analyse bilden. Der Begriff Alleinerziehende oder Ein-Eltern-Familie ist insofern etwas vage, als eventuell entstandene neue Partnerschaften mit Personen, die nicht im Haushalt leben bzw. Beziehungen zum anderen Elternteil nicht exakt erfasst werden können. Demzufolge handelt es sich bei statistischen Angaben über die Anzahl von Ein-Eltern-Familien stets um Näherungswerte. In der offiziellen Statistik sind Alleinerziehende Personen, die ohne Ehe- oder Lebenspartner/in mit ihren minder- oder volljährigen Kindern (das bedeutet ohne Altersbegrenzung) in 26 vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Arbeitsbericht Zukunft für Familie, Berlin 2008, S. 45 27 Zum Forschungsstand und zu Berichten über die Situation Alleinerziehender bis 1997 vgl. Limmer, R.: Die Lebenssituation Alleinerziehender und sozialpolitische Maßnahmen für Alleinerziehende im Ländervergleich. Analyse von Berichten der öffentlichen Hand auf der Ebene der Bundesländer sowie ausgewählter Kommunen, ifb-Matertialien Nr. 1/1998, Bamberg 2000, S. 13 ff. 35 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern einem Haushalt zusammenleben. Elternteile mit Lebenspartner/in im Haushalt zählen dagegen zu den Lebensgemeinschaften mit Kindern. Übersicht 14: Anteil Alleinerziehender an den Familien in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 1991 und 2006 Jahr Anteil Alleinerziehender an den Familien in % 1991 16,1 1992 15,8 1993 16,0 1994 17,3 1995 17,5 1996 17,5 1997 18,1 1998 19,0 1999 19,8 2000 20,1 2001 19,5 2002 19,9 2003 21,4 2006 27,0 Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Sozialministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrg.): Kurzfassung des Gesundheitsberichtes Mecklenburg-Vorpommern 2002/2003, Schwerin 2003, S.8 und Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Berichte, 22/2006, Schwerin 2008, S. 10 Insgesamt kann zunächst festgestellt werden, dass die Anzahl Alleinerziehender sich im Verlauf der letzten Jahrzehnte kontinuierlich erhöht hat. Das hängt damit zusammen, dass Alleinleben mit Kind/Kindern zu einem gesellschaftlich weitgehend akzeptierten Lebensentwurf geworden ist, der von immer mehr Menschen bewusst gewählt und gelebt wird. Die Zunahme Alleinerziehender ist jedoch auch mit einer insgesamt höheren Scheidungsrate 36 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern verbunden. Gleiches gilt sicher auch für Partnerschaften, die wesentlich leichter getrennt werden können, was jedoch von der offiziellen Statistik nicht zu erfassen ist, da die Etablierung der meisten Formen partnerschaftlichen Zusammenlebens von den Behörden nicht registriert wird28. Eine Betrachtung der geschlechtsspezifischen Zusammensetzung der Alleinerziehenden zeigt, dass auch in Mecklenburg-Vorpommern die Anzahl männlicher Haushaltsvorstände in den Ein-Eltern-Familien nach wie vor sehr gering ist. Übersicht 15: Alleinerziehende in Mecklenburg-Vorpommern 2006 nach Altersgruppen, Geschlecht und Männeranteil Altersgruppe Alter von…bis unter… insgesamt Alleinerziehende insgesamt Frauen Männer Männeranteil in % 70.400 63.500 (6.900) (9,8) k.A. k.A. k.A. k.A. 25-35 12.900 12.500 400 (3,1) 35-45 24.500 22.100 2.400 (9,8) 45-55 16.400 14.500 1.900 (11,6) 55 und älter 12.600 10.500 2.100 (16,7) unter 25 k. A. : Keine Angaben, da Zahlenwert nicht ausreichend genau oder repräsentativ ist ( ) Zahl hat eingeschränkten Aussagewert Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentlichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008, S. 29 28 Studien zufolge ist das Trennungsrisiko in Lebensgemeinschaften ungleich höher als in der Ehe, vgl. Nave-Herz, R.: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft – eine soziologische Analyse, in: Staatsinstitut für Frühpädagogik (Hrg.): Das Online-Familienhandbuch, http://www.familienhandbuch.de/cmain/a_ Hauptseite. html, S.6 34 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Wie die Übersicht 15 verdeutlicht, ist ein erheblicher Teil der alleinerziehenden Mütter in fortgeschrittenem Alter (45 bis 55 und älter). Das legt – unabhängig von einem kontinuierlichen Anstieg des Erstgebärendenalters nach 1990 – die Vermutung nahe, dass bei dieser Gruppe von Frauen Kinder im Haushalt leben, die im Verhältnis zu Klein- und Kleinstkindern eine geringeren Betreuungsaufwand erfordern. Lediglich in den Altersgruppen der zwischen 25 und 35 sowie zwischen 35 und 45 Jahre alten alleinerziehenden Mütter werden sich mehrheitlich Kinder bis zu 12 Jahren befinden. Deutschlandweit leben zusätzlich zu den erwähnten 1,6 Mio. Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren noch einmal etwa 1 Mio. Alleinerziehende29 mit Kindern über dieser Altersgrenze, die damit 38,5 Prozent aller Ein-Eltern-Familien bilden. Die bei alleinerziehenden Vätern lebenden Kinder sind vermutlich zum größten Teil bereits Jugendliche, Heranwachsende oder junge Erwachsene. Dass bei alleinerziehenden Vätern weniger und vor allem ältere Kinder leben, wird auch durch andere Studien belegt.30 Das dürfte zu einem nicht geringen Teil auch damit zusammenhängen, dass Scheidungs- und Trennungsvätern kleinere Kinder weitaus seltener zugesprochen werden. Bei nichtehelichen Kindern ist nach deutscher Rechtsprechung die leibliche Mutter ohnehin alleinige Inhaberin des Sorgerechtes. Ein gemeinsames Sorgerecht ist nur mit ihrer Zustimmung möglich. Daher haben alleinerziehende Väter in der Regel auch weniger Schwierigkeiten, ihre familiären Verpflichtungen und die Erwerbsarbeit zu vereinbaren. Darüber hinaus zeigen Untersuchungen, dass alleinerziehende Männer viel häufiger als Frauen in der gleichen Lebenssituation auf soziale Unterstützung durch Verwandte, Bekannte und Freunde zurückgreifen können31, weil alleinerziehende Männer auch in unserem Kulturraum immer noch „normabweichend“ sind und deshalb vermeintlich besonderer Solidarität bedürfen. Die folgende Übersicht zeigt detailliert die Altersstruktur der bei alleinerziehenden Müttern lebenden Kinder. Analoge Angaben zu alleinerziehenden Vätern fehlen in der amtlichen Statistik völlig. 29 vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Arbeitsbericht Zukunft für Familie, Berlin 2008, S. 44 30 vgl. Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrg.): Landessozialbericht 2003. Menschen in NRW in prekärer Lebenslage, Düsseldorf 2003, S. 78 31 vgl. Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrg.): Landessozialbericht 2003. Menschen in NRW in prekärer Lebenslage, Düsseldorf 2003 S. 84 38 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 16: Anzahl alleinerziehender Mütter in Mecklenburg-Vorpommern und Altersstruktur der 2006 in ihrem Haushalt lebenden Kinder (ohne Altersbegrenzung) Altersgruppe der Kinder Anzahl der Mütter mit Kindern in dieser Altersgruppe unter 1 Jahr k.A. unter 3 Jahren 6.900 unter 6 Jahre 14.400 unter 10 Jahre 22.500 unter 15 Jahre 30.400 unter 18 Jahre 40.300 unter 27 Jahre 53.100 27 Jahre und älter 11.500 Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentlichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008, S. 29 Im Hinblick auf die Anzahl der Kinder, die in Haushalten alleinerziehender Mütter leben, erfasst die amtliche Statistik lediglich die mit einem oder zwei Kindern. Für alleinerziehende Väter fehlen auch hier jegliche Angaben. Übersicht 17: Alleinerziehende Mütter in Mecklenburg-Vorpommern und Anzahl Kinder 2006 Anzahl der Kinder Anzahl der Mütter mit Kindern (ohne Altersbegrenzung) Anzahl der Mütter mit Kindern unter 18 Jahren 1 Kind 46.300 25.800 2 Kinder 12.900 10.300 k. A. k.A. 3 und mehr Kinder Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentl ichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008, S. 29/30 Der Familienstand der allein erziehenden Mütter gibt einen Hinweis darauf, warum das Kind/die Kinder allein versorgt werden. Während in den Nachkriegsjahren der Anteil 39 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern verwitweter Frauen an den alleinerziehenden Müttern durch die hohe Anzahl gefallener Männer sehr groß war, ist er in den letzten Jahren deutlich gesunken. Die häufigste Grundlage für den Status einer Alleinerziehenden ist die Scheidung bzw. das Getrenntleben noch verheirateter Paare. Stark zugenommen hat unter den alleinerziehenden Müttern die Gruppe der Ledigen. Übersicht 18: Alleinerziehende Frauen in Mecklenburg-Vorpommern 2006 nach Familienstand Familienstand ledig Anzahl der Frauen Anteil an allen allein erziehenden Frauen in % 24.800 39,1 k.A. k.A. geschieden 25.300 39,8 verwitwet 12.900 20,3 verheiratet, getrennt lebend k. A. : Keine Angaben, da Zahlenwert nicht ausreichend genau oder repräsentativ ist ( ) Zahl hat eingeschränkten Aussagewert Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentlichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008, S. 29 Die Feststellung des Familienstandes allein erziehender Mütter hat keineswegs nur eine statistische oder akademische Bedeutung, sondern lässt vorsichtige Schlussfolgerungen im Hinblick auf verwandtschaftliche Unterstützungsstrukturen zu, die bei Nichtexistenz bzw. Ausfall des Partners unabdingbar sind, um den Alltag in Ein-Eltern-Familien überhaupt bewältigen zu können. So fallen wahrscheinlich die Netzwerke allein erziehenden Mütter, die nie in einer Partnerschaft/Ehe gelebt haben, im Durchschnitt am kleinsten aus, da die Netzwerkkomponenten, die aus der Verwandtschaft und dem Freundeskreis des Partners bestehen, nicht in Anspruch genommen werden können. Diese Situation dürfte bei Ausfall des Partners/ Ehemannes durch Tod (Verwitwung) dagegen eine andere sein, da dadurch bisher intakte verwandtschaftliche Bindungen und Unterstützungsstrukturen in der Regel nicht unterbrochen werden. Zu Herkunft und Höhe des Einkommens von Alleinerziehenden liegen leider nur lückenhafte Sozialdaten zu Mecklenburg-Vorpommern vor. Das betrifft wieder einmal vor allem die alleinerziehenden Väter. 40 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 19: Überwiegender Lebensunterhalt von alleinerziehenden Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 2006 überwiegender Lebensunterhalt alleinerziehende Mütter insgesamt darunter Mütter mit Kindern unter 18 Jahren Erwerbstätigkeit 28.600 (45,0%) 18.400 (45,7%) Arbeitslosengeld I und II 21.100 (33,2%) 17.200 (42,7%) Rente/Pension 10.900 (17,2%) k. A. k. A. k. A. 63.500 (100,0% 40.300 (63,5%) sonstige Unterstützung* insgesamt * z. B. Unterhalt durch Angehörige, eigenes Vermögen, Sozialhilfe, Leistungen aus der Pflegeversicherung. k. A. : Keine Angaben, da Zahlenwert nicht ausreichend genau oder repräsentativ ist ( ) Zahl hat eingeschränkten Aussagewert Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffent lichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008, S. 32 Die Unterschiede im Einkommen32 der alleinerziehenden Mütter, die durch die offizielle Statistik nur lückenhaft widergespiegelt werden, hängen von verschiedenen Faktoren ab. Am günstigsten gestaltet sich die Situation bei Integration in Vollzeiterwerbsarbeit33, die wiederum von der jeweils lokalen Arbeitsmarktlage, der beruflichen Qualifikation der Mütter und Möglichkeiten der Kinderbetreuung abhängig ist. Da der Übersicht nicht zu entnehmen ist, welche Einkommensbestandteile aus Erwerbsarbeit, Transferleistungen und sonstigen Unterstützungen kommen, ist eine Einschätzung der Rolle der Erwerbsarbeit nur schwer möglich. Es ist jedoch zu vermuten, dass in den Einkommensgruppen zwischen 1.300 und 2.600 € Lohn, Gehalt oder auch Gewinne aus selbständiger Tätigkeit eine große Rolle spielen. Immerhin sind 28.600 oder 45,0% der alleinerziehenden Mütter in Erwerbsarbeit einbezogen.34 Es ist gleichzeitig zu vermuten, dass in diesen oberen Einkommensgruppen in erster Linie ältere alleinerziehende Mütter mit jeweils älteren Kindern dominieren. 32 bundesweit liegt bei etwa 40% der Alleinerziehenden das Haushaltseinkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle (60% des gewichteten Medianeinkommens), vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Arbeitsbericht Zukunft für Familie, Berlin 2008, S. 45 33 Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass Vollzeiterwerbsarbeit an sich noch keine Armutslagen beseitigt oder minimiert. Viele Frauen und vor allem auch alleinerziehende Mütter sind im sogenannten Niedriglohnsektor beschäftigt (working poor), der in der Regel kaum existenzsichernde Bezüge bietet. 34 vgl. Übersicht Nr. 19 41 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 20: Monatliches Nettoeinkommen der alleinerziehenden Mütter in Mecklenburg-Vorpommern 2006 Monatliches Nettoeinkommen von … bis unter … EURO alleinerziehende Mütter insgesamt unter 500 darunter Mütter mit Kindern unter 18 Jahren k. A. k. A. 500 bis 900 12.400 10.600 900 bis 1.300 21.000 15.600 1.300 bis 1.500 (8.600) (5.700) 1.500 bis 1.700 k. A. k. A. 1.700 bis 2.000 k. A. k. A. 2.000 bis 2.600 (7.100) k. A. k. A. k. A. 63.500 40.300 2.600 und mehr insgesamt k. A. : Keine Angaben, da Zahlenwert nicht ausreichend genau oder repräsentativ ist ( ) Zahl hat eingeschränkten Aussagewert Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentlichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008, S. 29/30 Generell gilt, dass sich Einkommensarmut ganz wesentlich auf jüngere Mütter konzentriert, in deren Haushalt Kinder mit einem hohen Betreuungsaufwand leben35. Durch familienorganisatorische Probleme (Betreuung der Kinder generell, Betreuung in Randzeiten, Ausfall von privaten Unterstützungsstrukturen, Krankheit der Kinder usw.) besteht aus der Sicht der Arbeitsagenturen eine eingeschränkte Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt, die ein Vermittlungshindernis ist und auch dazu führt, dass zahlreiche alleinerziehende Mütter gar nicht den Status einer Arbeitslosen erhalten36. Diese Situation wird in mütterzentrierten Ein-Eltern-Familien durch das Vorhandensein mehrerer Kinder im Alter unter 10 Jahren noch bedeutend verschärft. Dadurch haben sie auf dem Arbeitsmarkt deutlich geringere Chancen als ältere Mütter, die schon aufgrund des Alters der Kinder, die bereits klar definierte Aufgaben in der häuslichen Reproduktionsarbeit übernehmen können, selbständiger sind und insgesamt einen geringeren Betreuungsaufwand erfordern, über ganz andere Optionen bei der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben verfügen. Das ist auch eine der Ursachen dafür, dass alleinerziehende 35 vgl. Eggen, B.: Alleinerziehende – Vielfalt einer Familienform, in: Das Online-Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP), (www.familienhandbuch.de) 36 vgl. Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarktberichterstattung: Alleinerziehende im SGB II, Nürnberg 2008, S. 7f. 42 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Väter, die in der Regel älter sind und auch ältere Kinder in ihrem Haushalt haben, in weitaus geringerem Maße von Einkommensarmut betroffen sind. Diese nur knapp skizzierten Merkmale der sozialen Situation von alleinerziehenden Müttern in Mecklenburg-Vorpommern verdeutlichen, dass es sich keineswegs um eine homogene Gruppe handelt37. Zwischen der jungen allein erziehenden Mutter mit Kind/Kindern im Vorschulalter, mit Hauptschulabschluss und ohne Berufsausbildung sowie geringen Zugriffsmöglichkeiten auf formelle und informelle Netzwerke und einer allein erziehenden Mutter mit Kind/Kindern in der Pubertät, Hochschulabschluss und gefestigter beruflicher Position, die sich vielleicht noch der Unterstützung von Verwandten, Kollegen und Bekannten erfreuen kann, liegen Welten. Besonders prekär ist in vielen Fällen die Lage minderjähriger alleinerziehender Mädchen und Frauen, deren Kinder Ergebnis so genannter Teenagerschwangerschaften sind. Die Gruppe dieser zum großen Teil alleinerziehenden Frauen ist zwischen 1995 und 2004 in etwa zwei Drittel der Landkreise und kreisfreien Städte der Bundesrepublik gestiegen, besonders stark jedoch in wirtschaftsschwachen Regionen der neuen Bundesländer wie z.B. im Kreis Uecker-Randow in Mecklenburg-Vorpommern38. In der Regel handelt es sich um Mädchen und Frauen mit keinen oder geringen schulischen Abschlüssen (Förderschule, Hauptschule, Schulabbrecherinnen) ohne berufliche Ausbildung, die aus sozial schwachen Familien stammen, in denen sich Armut und berufliche Perspektivlosigkeit inzwischen „vererben“ und damit über Generationen verfestigen.39 Eine genauere Analyse ist auf der Grundlage der vorliegenden Sozialdaten kaum möglich. Dennoch lässt sich generell feststellen, dass das den Alleinerziehenden auf der Basis von Durchschnittswerten zugeschriebene Image einer mit besonderen Defiziten behafteten Problemgruppe im Wesentlichen nur auf einen Teil zutrifft, bei dem es jedoch nicht selten zu einer Kumulation einzelner Problemlagen kommt. Charakteristisch sind folgende Merkmale: • Es handelt sich mehrheitlich um jüngere Mütter mit (zum Teil mehreren) Kindern unter 10/12 Jahren, die die für viele berufliche Tätigkeiten erforderliche zeitliche Flexibilität und räumliche Mobilität nicht erbringen können. Dadurch weisen sie nicht nur starke Vermittlungshindernisse auf, sondern haben im Fall einer beruflichen Tätigkeit auch weitaus geringere Aufstiegsmöglichkeiten. 37 zu den Unterschieden in der großen Gruppe der Alleinerziehenden vgl. auch Fegert, J. M.: Entwicklungschancen und Entwicklungsrisiken in Einelternfamilien. Soziale und entwicklungspsychopathologische Aspekte, in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Alleinerziehen in Deutschland. Ressourcen und Risiken einer Lebensform, (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001 38 vgl. hierzu die Studie: Berlin-Instiutut für Bevölkerung und Entwicklung (Hrg.): Not am Mann. Von Helden der Arbeit zur neuen Unterschicht? Lebenslagen junger Erwachsener in wirtschaftlichen Abstiegsregionen der neuen Bundesländer, Berlin 2007, S. 32 ff. 39 vgl. ebenda, S. 33 und Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrg.): Teenagerschwangerschaften international, in: BZgA Forum Sexualaufklärung und Familienplanung, Frankfurt a. M. 2/2007, S. 12-20 43 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern • Viele dieser Mütter stehen erst am Anfang ihrer Etablierung im beruflichen Leben oder verfügen sogar noch nicht einmal über eine abgeschlossene berufliche Qualifikation. • Sie zählen zu den Erwerbstätigen, die unter heutigen Arbeitsbedingungen die geringsten Chancen auf eine Vereinbarkeit von beruflicher Tätigkeit, Betreuung der Kinder und Privatleben haben40. • Die Möglichkeiten, ihre berufliche Situation durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen bzw. Formen des lebenslangen Lernens zu verbessern, sind generell schlecht. • Alleinerziehende Mütter dieser Gruppe leben überdurchschnittlich oft in prekären Einkommensverhältnissen, die unter den Werten von Frauen in anderen familiären Lebensformen (Ehe, Lebensgemeinschaft) bzw. alleinerziehender Mütter mit älteren Kindern liegen. Obwohl zur Überwindung dieser Situation ihre Integration in existenzsichernde Formen der Erwerbsarbeit wichtig ist, stellen sie eine äußerst „verletzbare“ Gruppe auf dem Arbeitsmarkt dar. • Alleinerziehende Mütter dieser Gruppe weisen wesentlich stärkere gesundheitliche Probleme auf als Frauen in anderen familiären Lebensformen und weniger prekären Einkommensverhältnissen. Das bezieht sich in erster Linie auf einen schlechteren psychischen Gesundheitszustand, der sich in psychosomatischen Beschwerden und einem signifikant höherer Anteil von Depressionen zeigt. Die Ursachen dafür liegen im Stress der Haushaltsorganisation, in der Alleinverantwortung für die Kinder und auch in der Abwesenheit eines festen Partners. Für Letzteres sprechen auch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, die belegen, dass Alleinstehende (beiderlei Geschlechts) eine schlechtere Gesundheit aufweisen, als altersgleiche Personen, die in einer festen Partnerschaft leben41. Es bleibt also festzuhalten, dass weniger das Alleinerziehen an sich sondern vielmehr geringe schulische und/oder berufliche Qualifikation, die generell eine Integration in den Arbeitsmarkt erschwert, die Herkunft aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien mit oftmals eingeschränkten Unterstützungspotenzialen und nicht zuletzt die Existenz eines oder mehrerer Kinder in sehr betreuungsaufwendigen Altersgruppen die sozialen Probleme konstituieren, die bisweilen generell Alleinerziehenden zugeschrieben werden. 40 eine 2007 vom DGB durchgeführte Befragung ergab, dass die alleinerziehenden Frauen am wenigsten mit ihrer Vereinbarkeitsbilanz zufrieden waren, vgl. DGB-Index Gute Arbeit. Work-Life-Balance 2007 – Der Report. Wie die Beschäftigten die Vereinbarkeit von Berufs-, Familien- und Privatleben beurteilen, Berlin 2007, S. 8 41 vgl. DAK Gesundheitsreport 2001: Frauen-Beruf-Familie. Doppelbelastung ein Mythos?, Hamburg 2001, S. 8 und S. 40 und DAK-Gesundheitsreport 2005. Arbeitsplatz Büro, Hamburg 2005, S. 65 sowie Klindworth, H./ Hendel-Kramer, A./Helfferich, C.: Gesundheitliche Lage alleinerziehender Mütter, (Hrg.) Gesundheit Berlin e.V. – Landesarbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung, Berlin 2003 (http://www.gesundheitberlin.de/ index.php 4?request=themen&topic=1558&type=infotext&display=1) zu belastenden Faktoren, die mehr oder weniger alle Alleinerziehenden betreffen, vgl. ferner Ott, N.: Die sozialpolitische Situation Alleinerziehender und spezifische Belastungen, in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Alleinerziehen in Deutschland. Ressourcen und Risiken einer Lebensform, (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001, S. 25-27 44 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Ungeachtet dieser notwendigen Differenzierung im Hinblick auf die unterschiedlichen Lebenslagen innerhalb der Alleinerziehenden gibt es einige Momente, die generell mit diesem Status verbunden sind und auch auf Frauen (wie Männer) zutreffen, die sich nicht in einer prekären Situation befinden: • Für Alleinerziehende entfällt generell die Möglichkeit der Kosteneinsparung durch gemeinsames Wirtschaften. • Es besteht in jedem Fall die alltägliche Alleinverantwortlichkeit für die Versorgung und Erziehung des Kindes/der Kinder auch wenn ein Expartner temporär von seinem Besuchs- und Umgangsrecht Gebrauch macht. • Es fehlt durch die Abwesenheit eines Partners ein großer Teil emotionaler Geborgenheit, der auch durch Kinder, Verwandte und Freunde in der Regel nicht kompensierbar ist. • Es besteht keine Möglichkeit, mit einem Partner über akute Problemlagen zu sprechen und zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. • Es fehlt die Möglichkeit zu arbeitsteiliger Kooperation in der häuslichen Reproduktionsund Sorgearbeit. Daher besteht – jenseits aller Unterschiede im Einkommen – eine Zeitarmut. Das gilt umso mehr, wenn die allein erziehenden Mütter noch erwerbstätig sind. • Personelle Ausfälle, vor allem wenn sie plötzlich auftreten, sind kaum kompensierbar (eigene Krankheit, Krankheit der Kinder, Krankheit der Großeltern, die Betreuungsfunktionen haben usw.)42. Strategien zur Eingliederung von Alleinerziehenden in den Arbeitsmarkt, Unterstützungsmaßnahmen auf kommunaler Ebene, Familienbildung– und Beratung sowie Personalpolitik in Unternehmen werden als Grundlage also jeweils einen Überblick über die innere Differenzierung der Alleinerziehenden benötigen und ihre Hilfsangebote in erster Linie auf die Gruppe in „risikobehafteten Lebenslagen“ zuschneiden.43 42 vgl. Ott, N.: Die sozialpolitische Situation Alleinerziehender und spezifische Belastungen, in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Alleinerziehen in Deutschland. Ressourcen und Risiken einer Lebensform, (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001, S. 25-27 43 Gute Beispiele für zielgruppenorientierte Handlungskonzepte in unterschiedlichen Bereichen finden sich in: Erler, W../Sterzing, D.: Unterstützung für Alleinerziehende – Arbeitsmarktintegration und soziale Teilhabe, München 2005 (Hrg. Deutsches Jugend-Institut) Eine mit besonderen Risiken behaftete Gruppe innerhalb der jungen Alleinerziehenden stellen die TeenagerMütter dar, die vor allem in strukturschwachen Regionen der neuen Bundesländer überrepräsentiert sind. Den höchsten Anteil wies der Kreis Uecker-Randow auf. Vgl. hierzu die Studie: Berlin-Instiutut für Bevölkerung und Entwicklung (Hrg.): Not am Mann. Von Helden der Arbeit zur neuen Unterschicht? Lebenslagen junger Erwachsener in wirtschaftlichen Abstiegsregionen der neuen Bundesländer, Berlin 2007, S. 32 ff. 45 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 2.5 Junge Frauen und Mütter – unverzichtbares Arbeitskraftpotenzial oder beschäftigungspolitische Risikogruppe? Im Hinblick auf die Erwerbsarbeit von Frauen sind in den letzten Jahren deutschlandweit folgende Tendenzen zu verzeichnen: 1. Der Anteil erwerbstätiger Frauen (in selbständiger Tätigkeit oder abhängiger Beschäftigung) an allen Frauen im erwerbsfähigen Alter hat ständig zugenommen. Das bedeutet, dass immer mehr Frauen eine berufliche Tätigkeit anstreben, um ökonomisch unabhängig zu sein und die erworbenen fachlichen und sozialen Kompetenzen auch außerhalb häuslich-familiärer Zusammenhänge einbringen zu können. Diese Tendenz, die in der DDR historisch wesentlich früher begann und zur höchsten Frauenbeschäftigungsquote im Weltmaßstab führte, setzt sich immer stärker auch in den alten Bundesländern durch. Damit erodiert naturgemäß auch das traditionelle Familienernährermodell, das aufgrund der Unwägbarkeiten beruflicher Biographien von Männern immer weniger lebbar wird und hinsichtlich der sozialen Absicherung von Frauen große Risiken in sich birgt. 2. Wir haben heute auf der Grundlage der Ergebnisse der Bildungsexpansion sowie eines deutlichen gesellschaftlichen Wertewandels im Hinblick auf die Akzeptanz weiblicher Erwerbsarbeit die bestausgebildete Generation junger Frauen, die nicht nur schlechthin am Erwerbsleben teilnehmen wollen, sondern Tätigkeiten in neuen (vormals häufig Männern vorbehaltenen) Berufsfeldern und auch Führungspositionen anstreben. Somit stellen Frauen nicht nur in quantitativer Hinsicht inzwischen ein beachtliches Arbeitskraftpotenzial dar, sondern verfügen auch über schulische und berufliche Qualifikationen, die denen der Männer immer häufiger sogar überlegen sind. 3. Die zunehmende Erwerbsneigung vor allem junger Frauen bedeutet nicht eine Geringschätzung von Familie (zu der immer auch Kinder zählen)44 und vielfältiger Aktivitäten im privaten Lebensbereich, die mit der allgemein angestiegenen Freizeitorientierung der Menschen verbunden sind (Hobby, Sport, Kultur, Muße, Beziehungen zu Verwandten und Freunden etc.). Alle Befragungen von erwerbstätigen Frauen zeigen deutlich, dass sie sich die Vereinbarkeit von beruflicher Tätigkeit, Familie und Privatleben wünschen, dass Kinder mehrheitlich als Bereicherung des Lebens empfunden werden45. Dass diese Einstellungen sich nicht immer auf der Verhaltensebene widerspiegeln mag bisweilen 44 zur Definition von Familie in der offiziellen Statistik vgl. Statistisches Bundesamt: Statistisches Jahrbuch 2008 für die Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 2008, S. 32. Diese Definition wurde auch von den statistischen Landesämtern übernommen. 45 Das zeigt für Mecklenburg-Vorpommern bereits eine in den neunziger Jahren des vorigen Jh. erstellte Publikation: Hübner, C./Gerdes, J./Genschow, B.: Lebensplanung von Mädchen und jungen Frauen in MecklenburgVorpommern, Studie im Auftrag der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Rostock 1998, aktuell für ganz Deutschland vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Mütter und Beruf – Realitäten und Perspektiven, Monitor Familienforschung Nr. 4, Berlin 2005, S. 3 46 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern durchaus mit einer hedonistischen Lebenseinstellung junger Menschen (Frauen und Männer) zusammenhängen, dürfte aber in erster Linie auf ungünstige Rahmenbedingungen zurückzuführen sein, die teilweise auch durch Arbeitgeber bestimmt werden. Unternehmen nutzen – zumal in Zeiten eines offenkundigen Fachkräftemangels – gerne das Arbeitskraftpotenzial von Frauen, orientieren sich aber hinsichtlich der Anforderungen an die Arbeitnehmer/innen (Flexibilität, Mobilität, Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit, lebenslanges Lernen) insgesamt immer noch stark an traditionellen männlichen Erwerbsbiographien. Diese sind nicht nur durch mehrheitliche Vollbeschäftigung sowie höhere durchschnittliche Vergütungen und Karriereoptionen gekennzeichnet, sondern vor allem auch durch traditionelle Arrangements in der innerfamiliären Arbeitsteilung, die erst die typisch männliche Erwerbsbiographie getreu dem Allein- bzw. Hauptverdienermodell ermöglichen. Deshalb wird männliche Erwerbsarbeit und volles Engagement im Beruf auch selten durch Familienbildung/Vaterschaft tangiert. Für Unternehmen ist der (traditionelle) Mann daher schlechthin der vorteilhaftere Arbeitnehmer, da er aufgrund seiner biologischer Besonderheiten (keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit durch Schwangerschaft, Schwangerschaftskomplikationen, Mütterschutz usw.) und des realen Fortbestehens des traditionellen Geschlechterarrangements in der häuslichen Reproduktions- und Sorgearbeit am meisten den neuen Flexibilitäts,- Mobilitätsund Verfügbarkeitsanforderungen entsprechen kann. Ganz anders die Frauen: Während sie als sehr junge Arbeitnehmerinnen ohne familiäre Ambitionen noch weitgehend dem männlichen Beschäftigten ähneln und ihm auch im Hinblick auf fachliche Kompetenzen keineswegs nachstehen, ändert sich das mit Ehe/Partnerschaft und vor allem mit der Geburt von Kindern. Nun stellen Frauen für Arbeitgeber potenziell eine beschäftigungspolitische Risikogruppe dar. Auf der einen Seite werden sie – schon aufgrund der demographischen Entwicklung und der gerade in MecklenburgVorpommern hohen Abwanderung junger Frauen – als Arbeitskräfte dringend benötigt, auf der anderen Seite haben Unternehmen in Sachen Frauenbeschäftigung eine ambivalente Haltung. Diese hängt mit folgenden Faktoren (bisweilen auch mit kaum untersuchten Vermutungen und Klischeevorstellungen) zusammen, die Arbeitgeber/innen bzw. Personalverantwortliche tatsächlich vor zum Teil beträchtliche Probleme46 stellen und bei der Konzipierung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Unternehmen und Einrichtungen berücksichtigt werden müssen: 46 Zu Problemen mit Schwangerschaften und Elternzeit in Unternehmen verschiedener Struktur und Größe vgl. Informationsportal "Die Fachkraft" - Infodienst für Ausbilder und Personalverantwortliche: Schwangere Mitarbeiterinnen – eine Herausforderung für den Mittelstand, Erkrath 2005 (www.die-fachkraft.de) 47 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern • Jede beschäftigte Frau im gebärfähigen Alter ist eine potenzielle Mutter47. • Frauen können während der Elternzeit berufliche Kompetenz/Professionalität einbüßen. Diese Befürchtung wird wohl auch durch die neue Elternzeitregelung nicht ausgeräumt werden, da immer noch mehrheitlich Frauen von dieser Freistellungsregelung Gebrauch machen bzw. den größten Teil der Elternzeit (in der Regel ein Jahr) übernehmen. • Frauen unterliegen während der Schwangerschaft besonderen Schutzbestimmungen und sind daher in einigen Bereichen nur bedingt in der gewohnten Weise einsetzbar, was zu arbeitsorganisatorischen Komplikationen im Unternehmen führen kann. Die Auflagen erfordern manchmal einen aufwendigen arbeitsteiligen Einsatz, bisweilen die Umsetzung an einen anderen Arbeitsplatz oder gar die komplette Einstellung der beruflichen Tätigkeit während der Schwangerschaft. Besondere Probleme entstehen nicht selten bei unerkannten Schwangerschaften durch die Nichteinhaltung bestimmter Schutzvorschriften in dieser Frühphase. • Bei Frauen, die ein Kind erwarten, können durch Schwangerschaftskomplikationen u. U. längere Arbeitsunfähigkeitszeiten entstehen, die für das Unternehmen (vor allen in Kleinund Kleinstbetrieben) nicht oder nur schwer zu kompensieren sind. • Frauen verlangen nicht selten nach der Elternzeit andere Arbeitszeiten (Absenkung auf Teilzeit, Anhebung auf Vollzeit), wodurch es im Hinblick auf die arbeitsorganisatorischen Abläufe im Betrieb zu Problemen kommen kann. • Mehr als 40% der Frauen in Westdeutschland und 20 % der Frauen in Ostdeutschland kehren nach der Elternzeit nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurück.48 • Häufig gibt es hinsichtlich des definitiven Rückkehrzeitpunktes aus der Elternzeit noch keine eindeutigen Festlegungen seitens der Frauen, wodurch die Planung im Unternehmen erschwert wird. • Hauptsächlich Frauen engagieren sich in der Betreuung erkrankter Kinder, was u. U. zu erhöhten Arbeitsunfähigkeitszeiten (AU-Tagen) führt (vgl, Ausführungen zur Betreuung kranker Kinder u. vor allem die Übersicht 28 dieser Studie). • Da Frauen sich nach allen Zeitbudgetstudien hauptsächlich um die Betreuung der Kinder kümmern bzw. diese organisieren müssen, sind sie zeitlich nicht so flexibel und räumlich weniger mobil, lassen also die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit nicht so zu wie die Männer. 47 Vgl. Janssen, P.: Arbeitsrecht und unternehmerische Einstellungsbereitschaft, in: IW-Trends, Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2/2004, S.9 ff. 48 vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Themen, Ideen, Formate: Veranstaltungskonzepte zum Erfolgsfaktor Familie, Berlin 2008, S. 8 u. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Familienbewusste Personalpolitik. Informationen für Arbeitnehmervertretungen, Unternehmensund Personalleitungen, Berlin 2008, S. 6 48 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern • Frauen haben nach Wiedereinstieg oft den Wunsch nach Teilzeitarbeit, den sie gesetzlich durchsetzen können (in Unternehmen mit mehr als 15 Arbeitnehmern), der jedoch für manche Betriebe schwer zu realisieren ist. Daher ist die berufliche Karriere für Frauen nach der Elternzeit häufig auch beendet, da unterstellt wird, dass sie aufgrund der Kinderbetreuung nicht unbegrenzt verfügbar sind oder weil sie in Teilzeit nicht eine Führungsaufgabe ausfüllen können, die – von wenigen Ausnahmen abgesehen – natürlich immer noch auf männliche Erwerbsbiographien zugeschnitten sind. • Es hält sich hartnäckig die Auffassung, dass Frauen häufiger krank(geschrieben) sind. Das gilt nicht nur im Hinblick auf die Betreuung erkrankter Kinder und Schwangerschaftskomplikationen, sondern auf den Krankenstand schlechthin. • Nicht selten existiert auch die Vermutung, dass Frauen psychisch nicht so belastbar sind. Als Grundlage dafür wird in der Regel auf höhere AU-Fälle und längere AU-Zeiten49 im Gefolge psychischer Erkrankungen verwiesen. • Bei einer Ehescheidungsrate von nahezu 50% (die Trennungshäufigkeit von unverheirateten Paaren ist statistisch nicht nachzuweisen) ist die erweiterte Reproduktion allein erziehender Mütter absehbar, da ja zumeist die Frauen die Kinder zugesprochen bekommen. Das könnte natürlich auch auf das eigene Unternehmen zukommen, wodurch sich dann u. U. zusätzliche arbeitsorganisatorische Probleme ergeben würden. Dass die angeführten Problemlagen Unternehmen umtreiben50, zeigt z. B. eine vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln durchgeführte Befragung in 859 Unternehmen51. Wesentliche Ergebnisse/Aussagen sind in der folgenden Übersicht enthalten: 49 Die Arbeitsunfähigkeitsquote (AU-Quote) weist den Anteil von Versicherten aus, die im Berichtszeitraum mindestens einmal bescheinigt arbeitsunfähig waren. Die Kennzahl „AU-Fälle zeigt an, wie viele Krankschreibungen pro 100 Versichertenjahre vorkamen und gibt damit Hinweise auf die Häufigkeit von Erkrankungen. Die Kennzahl „AU-Tage pro 100 Versichertenjahre“ gibt die Dauer einer Krankheit wieder. Die durchschnittliche AU-Dauer pro Fall errechnet sich, indem man die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage durch die Zahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle dividiert. 50 Dabei ist in der Regel die allgemeine Wahrnehmung der Probleme wesentlich größer als die tatsächliche Betroffenheit im eigenen Unternehmen, vgl. u.a. IHK Hannover (Hrg.): Für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Hannover 2007, S. 25 51 Ähnliche Untersuchungen zu Auffassungen von Führungskräften in Unternehmen Mecklenburg-Vorpom merns liegen nicht vor. Eine erste Analyse soll die in diese Studie integrierte Auswertung einer Unternehmensbefragung in diesem Bundesland bieten. 49 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 21: Ausgewählte Ergebnisse einer vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln durchgeführten Unternehmensbefragung Meinung Gesamtzahl der Unternehmen = 859 Anzahl der Unternehmen, die die Meinung unterstützten Prozentsatz der Unternehmen, die die Meinung unterstützten Besondere Kündigungsschutzbestimmungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen (z. B. junge Frauen als potenzielle Mütter) führen dazu, dass diese seltener eingestellt werden. 670 78 Es werden seltener junge Frauen eingestellt, weil sie die Frage nach der Schwangerschaft nicht wahrheitsgemäß beantworten müssen. 636 74 Bejahen dieser Auffassung in kleinen Unter- nehmen mit bis zu 10 Beschäftigten. ------ 77 Bejahen dieser Auffassung in größeren Betrie- ben. ----- 50 Risiken und Lohnfortzahlungen aufgrund des Mutterschutzes sind für Unternehmen unzumutbar. 618 72 Unternehmen stellen seltener junge, kinderlose Frauen ein, seit es das Teilzeitgesetz gibt. 490 57 Durch das Teilzeitgesetz müssen Arbeitsplätze eingerichtet werden, die oftmals betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll sind. 447 52 Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Janssen, P.: Arbeitsrecht und unternehmerische Einstellungsbereitschaft, in: IW-Trends, Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2/2004, S. 12/13 Als besonderes Problem hat sich die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen erwiesen, die unter heutigen Bedingungen keineswegs immer den „klassischen“ Zuschnitt haben (z. B. morgens vier Stunden), der am besten mit der Kinderbetreuung korrespondiert. Abgesehen davon, dass sich verschiedene Tätigkeiten nur schwer in Teilzeitarbeitsplätze „zerlegen“ lassen, geht es in vielen Unternehmen um die personelle Abdeckung möglichst langer Betriebs- bzw. Öffnungszeiten, die unter den gegebenen Umständen der Kinderbetreuung wiederum für Mütter (und Väter) einen beruflichen Einstieg oder auch Wiedereinstieg erschwert. Bedenken im Hinblick auf die Beschäftigung von Frauen macht auch eine andere 50 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Studie deutlich, in der Firmenchefs und Personalverantwortliche folgende Einstellungshindernisse benennen52: • Frauen machen wegen ihrer Familienpflichten Präferenzen im Schichtdienst geltend, die nur in beschränktem Rahmen in der betrieblichen Praxis umsetzbar sind. • Frauen sind weniger flexibel einsetzbar, bspw. selten bei Wochenendarbeiten. • Frauen haben ein größeres Interesse an Teilzeitarbeit, was für manche Betriebe die Einsatzplanung erschwert. • Die generative Funktion von Frauen wirkt sich nachteilig aus. • Frauen sind öfter krank als Männer. 2.5.1 Ausfallzeiten durch Inanspruchnahme von Elternzeit Das Risiko für Unternehmen, dass Beschäftigte aufgrund der Geburt eines Kindes für einen mehr oder weniger langen Zeitraum nicht zur Verfügung stehen, betraf in der Vergangenheit vorrangig Frauen, da der Anteil von Männern in Elternzeit fast flächendeckend gegen Null tendierte53. Auch wenn von einem Durchbruch noch nicht die Rede sein kann, hat sich mit der Einführung der neuen Elterngeldregelung der Anreiz für Männer erhöht, sich für die Betreuung von Kindern von der Arbeit freistellen zu lassen. Dadurch erhalten die Risiken für Unternehmen tendenziell eine andere Struktur und können durch die Favorisierung männlicher Beschäftigter nicht mehr ohne weiteres minimiert werden. Noch ist zwar die traditionelle Konstellation im Hinblick auf die Beantragung von Elterngeld prinzipiell nicht überwunden, es könnten sich jedoch in Zukunft hier u. U. bedeutsame Veränderungen ergeben. Hinzukommt, dass Männer durchschnittlich fünf Jahre älter sind als Frauen wenn sie Elternurlaub beantragen (60,8% sind zwischen 30 und 40 Jahre alt). Daher ist zu vermuten, dass sie bereits über mehr fachliche Kompetenzen und betriebsinternes Wissen verfügen und möglicherweise auch schon eine leitende Tätigkeit ausüben. Auch wenn ihre Ausfallzeiten in der Regel kürzer sind als die von Frauen in der Elternzeit, sind sie bisweilen von den Unternehmen schwerer zu kompensieren.54 „Bislang konnten Unternehmen das Risiko, dass Mitarbeiterinnen nach der Geburt von Kindern erst einmal ausfallen, leicht vermeiden, indem sie Männer statt Frauen einstellten und weiterbildeten. Doch das könnte sich nun ändern, wenn die Erfolgsgarantie für diese 52 vgl. Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft e.V. (Hrg.):Einstellungsverhalten und personalpolitische Strategien in saarländischen Unternehmen und Gebietskörperschaften. Ergebnisse einer Befragung von Personalverantwortlichen im Jahr 2003, Saarbrücken 2004, S. 36 53 Noch im Jahre 2006 lag die Väterquote beim Erziehungsgeld in Mecklenburg-Vorpommern lediglich bei 3,8%, vgl. Gesundheitsreport Mecklenburg Vorpommern Jahrgang 2008, Leipzig 2008, S. 21 54 vgl. Institut für Wirtschaftsforschung Halle (Hrg.): Elterngeld – Neuer Risikofaktor für Unternehmen, IWH-Pressemitteilung, Halle, 27/2008, S. 7 51 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Strategie wegfällt. Profitieren dürften davon die Frauen: Ihre Karrierechancen verbessern sich, wenn sich die Risiken zwischen beiden Geschlechtern angleichen…“55 Dass sich hier neue Tendenzen andeuten, zeigt die folgende Übersicht für MecklenburgVorpommern. Übersicht 22: Bewilligte Anträge auf Elterngeld in Mecklenburg-Vorpommern von Januar bis Dezember 2007 davon Kreis bzw. kreisfreie Stadt insgesamt männlich absolut Mecklenburg-Vorpommern weiblich in % absolut in % 11.557 1.056 9,1 10.501 90,9 Bad Doberan 761 73 9,6 688 90,4 Demmin 535 38 7,1 497 92,9 Greifswald 468 50 10,7 418 89,3 Güstrow 703 50 7,1 653 92,9 Ludwigslust 830 56 6,7 774 93,3 Mecklenburg-Strelitz 533 48 9,0 485 91,0 Müritz 503 45 8,9 458 91,1 Neubrandenburg 560 59 10,5 501 89,5 Nordvorpommern 741 75 10,1 666 89,9 Nordwestmecklenburg 802 64 8,0 738 92,0 Ostvorpommern 704 75 10,7 629 89,3 Parchim 603 54 9,0 549 91,0 Rostock 1.497 157 10,5 1.340 89,5 Rügen 432 35 8,1 397 91,9 Schwerin 707 76 10,7 631 89,3 Stralsund 404 48 11,9 356 88,1 Uecker-Randow 487 31 6,4 456 93,6 Wismar 287 22 7,7 265 92,3 Quelle: zusammengestellt nach: Statistisches Bundesamt: Statistik zum Elterngeld. Elterngeld regional: Vergleich aller 439 Kreise in Deutschland, Wiesbaden 2008, S. 8 55 Focus online am 23.07.2008: Elterngeld-Risikofaktor für Unternehmen (http://www.focus.de/karriere/ perspektiven/branchen/elterngeld-risikofaktor-fuer-unternehmen_aid_319784.html 52 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Bei einer Betrachtung des Zeitraumes Januar 2007 bis Juni 2008 wird deutlich, dass es in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt 14.085 bewilligte Anträge auf Eltergeld gab. 12.217 (86,7%) wurden von Frauen eingereicht, 1.868 (13,3%) dagegen von Männern56. Hinsichtlich der Bezugsdauer des Elterngeldes wurde von den Antragsteller/innen eindeutig der Zeitraum 7 bis 12 Monate favorisiert, der in allen Bundesländern bei über 80% lag57. Diese Präferenz zeichnete sich auch in der Unternehmensbefragung ab, deren Ergebnisse in der vorliegenden Studie enthalten sind. Generelle Trends in die angedeutete Richtung lassen sich allerdings erst nach mehreren Jahren ausmachen. Hinzukommt, dass keineswegs alle Antragsteller/innen Arbeitnehmer/ innen sind, wie die nachfolgende Übersicht verdeutlicht, die allerdings keine geschlechtspezifische Darstellung gestattet58. Übersicht 23: Verteilung der Antragsteller/innen nach Status der Beschäftigung zwischen dem 01.01.07 und dem 31.12.07 in Mecklenburg-Vorpommern Status der Beschäftigung Anteil an den Antragsteller/innen in % Arbeitnehmer/innen 53 Arbeitslose 25 Hausfrauen/-männer 5 Selbstständige 3 Studierende 2 Azubis 3 Quelle: Gesundheitsreport Mecklenburg Vorpommern Jahrgang 2008, Leipzig 2008, S. 21 Die Summe der Prozentanteile entspricht nicht 100 %, da einige Gruppen wegen ihres äußerst geringen Anteils nicht aufgeführt wurden. 2.5.2 Ausfallzeiten durch die Pflege erkrankter Kinder Neben den Unwägbarkeiten, die die immer noch mehrheitlich von Frauen absolvierte Elternzeit für Unternehmen mit sich bringt, stellt der Arbeitsausfall durch die Betreuung erkrankter Kinder für viele Betriebe und Einrichtungen eine erhebliche und kaum kalkulierbare Belastung dar. Auch hier birgt natürlich die Beschäftigung von Frauen für die Arbeitgeber ein 56 vgl. Statistisches Bundesamt: Statistik zum Elterngeld. Anträge von Januar 2007 bis Juni 2008, Wiesbaden 2008 57 vgl. ebenda 58 Statistische Angaben zur Dauer der Elternzeit bei Frauen und Männern liegen leider nicht vor. 53 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern erhöhtes Risiko, da die bei Erkrankung von Kindern eventuell notwendigen Freistellungen in erster Linie von ihnen in Anspruch genommen werden59 obwohl der vom Gesetzgeber vorgegebene Zeitraum auf den Vater übertragbar ist. Die folgenden Übersichten verdeutlichen das Krankheitsgeschehen bei Kindern im Alter bis zu 15 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern. Es ist jedoch zu vermuten, dass sie – wie weiter unten deutlicht wird - nur einen Teil des Krankenstandes von Kindern in dieser Altersgruppe widerspiegeln. Übersicht 24: Gemeldete Krankheiten von Kindern im Alter bis zu 15 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern 2005 Alter der Kinder Anzahl der Kinder in der Altersgruppe (in 1.000) gesamt weibl. männl. kranke Kinder gesamt weiblich männlich in 1.000 in % in 1.000 in % in 1.000 in % bis 5 Jahre 52.400 25.000 27.400 7.493 14,3 4.200 16,8 3.398 12,4 5-10 Jahre 46.600 21.500 25.200 4.707 10,1 2.967 13,8 1.739 6,9 10-15 Jahre 53.900 27.800 26.100 4.582 8,5 2.224 8,0 2.375 9,1 Quelle: Zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistischer Bericht vom 9. November 2007, Schwerin 2007, S. 6 Wie die Übersicht zeigt, ist die Anzahl der Fälle im Hinblick auf die Erkrankung von Kindern erwartungsgemäß in der Altersgruppe bis zu fünf Jahren am höchsten. Gleiches gilt auch für die Dauer der gemeldeten Krankheiten. Auch hier hebt sich die Altergruppe der bis zu fünf Jahre alten Kinder deutlich von den höheren Altersstufen ab. Während lediglich 72,5 % der bis zu fünf Jahre alten Kinder weniger als zwei Wochen krank waren, lag der Prozentsatz bei den fünf bis zehn sowie den 10 bis 15 Jahre alten Kindern bei etwa 84 %. 59 Zur Inanspruchnahme der Freistellungsregelung durch Väter liegen keine detaillierten Untersuchungen vor. Die zu vermutenden geschlechterspezifischen Unterschiede bei der Freistellung zur Pflege erkrankter Kinder werden allerdings in den Übersichten 28 und 29 ansatzweise deutlich. 54 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 25: Dauer der Erkrankung bei Kindern in den Altersgruppe bis zu 15 Jahre in Mecklenburg-Vorpommern 2005 kranke Kinder Alter der Kinder Kinder, die weniger als zwei Wochen krank waren in % Kinder, die zwischen zwei und sechs Wochen krank waren in % Kinder, die länger als sechs Wochen krank waren in % bis 5 Jahre 72,5 15,4 12,2 5-10 Jahre 83,9 10,4 2,4 10-15 Jahre 84,3 10,5 5,2 Quelle: Zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistischer Bericht vom 9. November 2007, Schwerin 2007, S. 7 Aus diesen Angaben wird deutlich, dass das Problem der Kinderbetreuung im Krankheitsfall für Mütter (und Väter) besonders gravierend in der Gruppe der bis zu fünf Jahre alten Kinder auftaucht. Eine Betreuung durch die Eltern und eine eventuell damit verbundene Arbeitsunterbrechung entfällt lediglich dann, wenn Kinder stationär behandelt werden. In der Altersgruppe bis zu fünf Jahren werden jedoch 77,1% aller erkrankten Kinder ambulant versorgt. In der Altersgruppe zwischen 5 und 10 Jahren sind es sogar 94,8% und in der zwischen 10 und 15 Jahren 85,6%60. Die quantitative Dimension des durch Erkrankung der Kinder verursachten Arbeitsausfalls von Müttern lässt sich insgesamt nicht ermitteln. Angaben zur Inanspruchnahme des Kinderkrankenpflegegeldes liegen bisher nur in begrenztem Maße vor. Insbesondere fehlen aktuelle und differenziertere Daten61. Das hat folgende Ursachen: 1. Von den Krankenkassen werden diese Ausfallzeiten nicht bzw. nur in geringem Maße offiziell dokumentiert. In den jährlich erscheinenden Krankenkassenberichten62 sowie auch im kontinuierlich vorliegenden Fehlzeitenreport der AOK spielen AU-Tage im Zusammenhang mit Kinderkrankenpflegegeld keine Rolle63. 2. Es ist zu vermuten, dass nicht wenige Frauen, um eine Krankschreibung zu vermeiden, auf die „Selbstgewährung“ einer eigenen Kurzzeiterkrankung (ein bis drei so genannte 60 vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistischer Bericht vom 9. November 2007, Schwerin 2007, S. 7 61 vgl. Küsgens I.: Die gesetzliche Freistellung erwerbstätiger Eltern - Daten zur Inanspruchnahme von Kinder krankenpflegegeld in Deutschland 2002, in: Badura B, /Schellschmidt H, /Vetter C (Hrg.): Fehlzeiten-Report 2003 – Wettbewerbsfaktor Work-Life-Balance, Berlin 2004, S. 475 ff. 62 Ausgewertet würden die jährlichen Berichte der AOK, DAK, TK, der Barmer und der IKK von 2001 bis 2008 63 Eine Ausnahme bildet der in Fußnote 28 erwähnte Beitrag von Ingrid Küsgens, die den Verfasser mit Informationen und Material unterstützte 55 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Karenztage) zurückgreifen, die in vielen Fällen nicht durch eine Krankschreibung belegt werden muss. Häufig ist dann – vor allem auch in Verbindung mit einem arbeitsfreien Wochenende – die Erkrankung des Kindes so weit abgeklungen, dass eine Betreuung durch andere Personen oder in einer Kindertagesstätte erfolgen kann. Kurzzeiterkrankungen bis zu drei Tagen sind viel häufiger als sie offiziell dokumentiert werden. Ihre Erfassung erfolgt nur dann, wenn auch für diesen kurzen Arbeitsausfall eine ärztliche Bescheinigung bei der jeweiligen Kasse vorliegt64. Kurzzeiterkrankungen, die nicht durch einen Krankenschein belegt werden müssen, sind im männerdominierten gewerblichen Bereich unüblich, dafür aber in weiblich dominierten Angestelltenberufen häufig anzutreffen. Schon von daher ist zu vermuten, dass sie weitaus mehr von Frauen und eben auch zur Pflege erkrankter Kinder genutzt werden. 3. Es ist ferner zu vermuten, dass sich viele Frauen nach Ausschöpfung der gesetzlich geregelten bezahlten Freistellungstage selbst krank schreiben lassen, um Lohn- bzw. Gehaltseinbußen zu vermeiden. In diesem Fall geht die an die jeweilige Krankenkasse gemeldete Krankheit der Mutter in die Krankenstandsstatistik der Frauen und nicht der Kinder ein. Ungeachtet dieser nicht befriedigenden Datenlage gibt es eine auf die einzelnen Bundesländer bezogene Statistik zur Inanspruchnahme des Kinderkrankenpflegegeldes, die die Techniker-Krankenkasse erstellt hat. Das Interessante an dieser Statistik sind vor allem die deutlichen Unterschiede im Hinblick auf die Inanspruchnahme von bezahlten Freistellungen zwischen den östlichen und westlichen Bundesländern. Wie die Zahlen in Übersicht 26 ausweisen, wurde in den Jahren 2006 und 2007 in Mecklenburg-Vorpommern prozentual deutlich mehr Kinderkrankenpflegegeld ausgezahlt als in anderen Bundesländern. So blieben im Jahr 2007 (von den anspruchsberechtigten Mitgliedern der TK) rund 94 Prozent der Eltern von Kindern unter zwölf Jahren bezahlt zu Hause, um den kranken Nachwuchs zu pflegen. Dieser Wert wurde im gleichen Jahr lediglich von Sachsen-Anhalt übertroffen, wo nahezu jede(r) Anspruchsberechtigte Gebrauch von der Freistellungsregelung machte. 64 vgl. Barmer Ersatzkasse: Gesundheitsbericht 2007, Wuppertal 2008, S. 25 56 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 26: Inanspruchnahme bezahlter Freistellungen von Müttern und Vätern bei Mitgliedern der Techniker-Krankenkasse 2006 und 2007 Bundesland anspruchsberechtigte Mitglieder 2006 Bezahlte Freistellungen Fälle 2006 Anteil in % 2006 anspruchsberechtigte Mitglieder 2007 Bezahlte Freistellungen Fälle 2007 Anteil in % 2007 Baden Württemberg 63.694 4.753 7,46 63.665 6.242 9,81 Bayern 67.346 5.611 8,33 67.322 6.809 10,11 Berlin 34.521 9.858 28,56 35.731 11.767 32,93 Brandenburg 12.946 8.248 63,71 13.456 10.124 75,24 3.838 505 13,16 3.823 573 14,99 Hamburg 18.989 2.881 15,17 19.495 3.492 17,91 Hessen 50.180 5.205 10,37 50.490 6.119 12,12 6.415 5.434 84,71 6.709 6.299 93,89 56.176 6.642 11,82 56.122 7.639 13,61 NordrheinWestfalen 138.116 12.887 9,33 137.354 13.896 10,12 RheinlandPfalz 25.261 2.298 9,10 25.428 2.796 11,00 Saarland 5.873 577 9,82 5.872 662 11,27 Sachsen 12.106 8.808 72,76 12.672 10.067 79,44 6.913 6.001 86,81 7.217 7.124 98,71 SchleswigHolstein 24.715 3.165 12,81 25.173 3.703 14,71 Thüringen 6.975 5.186 74,35 7.278 5.708 78,43 534.064 88.059 16,49 537.799 103.020 19,16 Bremen MecklenburgVorpommern Niedersachsen Sachsen-AnHalt Gesamt Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Internes Material der Techniker-Krankenkasse 2007 und 2008, das dem Verfasser zur Verfügung gestellt wurde und diversen Pressemitteilungen der TKK aus dem Jahre 2007 57 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt eine vom Wissenschaftlichen Institut der AOK angefertigte Studie zu Kinderkrankenpflegegeld, die die Situation im Jahre 2002 widerspiegelt: Übersicht 27: Kinderkrankenpflegegeldfälle nach Ländern (AOK-Mitglieder) 2002 Bundesland Anteil der AOK-Mitglieder mit KKG-Fall an AOK-Gesamt in % Sachsen-Anhalt 3,3 Thüringen 3,2 Sachsen 3,2 Mecklenburg-Vorpommern 3,2 Brandenburg 3,0 Berlin 1,7 Hamburg 1,4 Baden-Württemberg 1,1 Schleswig-Holstein 1,1 Bayern 1,0 Bremen 1,0 Westfalen-Lippe 0,9 Hessen 0,9 Rheinland-Pfalz 0,9 Rheinland 0,8 Saarland 0,7 Durchschnitt der Länder 1,3 Quelle: Küsgens I.: Die gesetzliche Freistellung erwerbstätiger Eltern - Daten zur Inanspruchnahme von Kinderkrankenpflegegeld in Deutschland 2002, in: Badura B, /Schellschmidt H, /Vetter C (Hrg.): Fehlzeiten-Report 2003 – Wettbewerbsfaktor Work-Life-Balance, Berlin 2004, S. 483 Diese Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen Bundesländern sind keineswegs neueren Datums, sondern werden auch bereits in einer Übersicht der AOK deutlich, die aus dem Jahre 1998 stammt. 58 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 28: Krankengeldtage und –fälle von Müttern und Vätern der Länder der AOK-Ost 1998 Krankengeld-Tage bei Erkrankung des Kindes je 100 Pflichtmitglieder männlich weiblich Krankengeld-Fälle bei Erkrankung des Kindes je 100 Pflichtmitglieder männlich weiblich Brandenburg 6,6 48,2 1,8 12,5 Mecklenburg-Vorpommern 6,2 45,7 1,7 12,3 Sachsen 5,8 37,9 1,7 11,0 Sachsen-Anhalt 5,2 41,3 1,5 11,7 Thüringen 5,7 39,6 1,6 11,2 AOK-Ost 5,8 41,4 1,7 11,6 Bundersrepublik 2,0 15,6 0,6 4,8 Land Quelle: Internes Material der AOK, dass dem Verfasser zur Verfügung gestellt wurde Wie die Übersicht 28 deutlich macht, ist die Inanspruchnahme von Kinderkrankenpflegegeld durch die Mütter um ein Vielfaches größer als bei den Vätern. So zeigt sich auch in diesem Bereich die Fortschreibung traditioneller geschlechterspezifischer Rollenmuster, die dazu beitragen, die Position von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu schwächen. Die dem Verfasser von der Barmer Ersatzkasse zur Verfügung gestellten Daten machen diesen Geschlechterunterschied ebenfalls deutlich. Übersicht 29: AU-Fälle mit Kinderkrankenpflegegeld bei der Barmer Ersatzkasse in Mecklenburg-Vorpommern 2006 und 2007 Jahr Fälle insgesamt Inanspruchnahme durch Mütter Anzahl Anteil in Prozent Inanspruchnahme durch Väter Anzahl Anteil in Prozent 2006 11.252 10.197 90,6 1.055 9,4 2007 12.091 10.838 89,6 1.253 10,4 Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Interne Information der Barmer Ersatzkasse, 2008 Diese Unterschiede in der Inanspruchnahme von Kinderkrankenpflegegeld zwischen östlichen und westlichen Bundesländern sind von den Krankenkassen bisher lediglich konsta- 59 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern tiert, nicht aber analysiert worden. Deshalb sind im Hinblick auf ihre Ursprünge auch nur Mutmaßungen möglich: • Eine historisch gewachsene hohe Akzeptanz weiblicher Erwerbarbeit in den östlichen Bundesländern, die ausdrücklich berufstätige Mütter, außerfamiliäre Formen der Kinderbetreuung und die Nutzung gesetzlich gegebener Freistellungsmöglichkeiten bei Erkrankung der Kinder einschließt. • Die höhere Einbeziehung ostdeutscher Mütter in Erwerbsarbeit und ein größerer Anteil von Müttern in Vollzeit-Beschäftigung. • Ein in Ostdeutschland (vor allem auch in Mecklenburg-Vorpommern) deutlich höherer Anteil alleinerziehender Mütter, die die Betreuungsverpflichtungen für erkrankte Kinder nicht auf Ehe- oder Lebenspartner übertragen können und in der Regel auch nicht über so große Netzwerke zur Unterstützung verfügen. Letzteres hängt damit zusammen, dass sie oftmals nicht die Kraft und Zeit haben, solche Netzwerke aufzubauen und zu pflegen und dass außerdem viele potenzielle Netzwerkpartner/innen selbst erwerbstätig sind. Das betrifft zu einem nicht geringen Teil auch die Generation der Großeltern. • In den ostdeutschen Bundesländern sind die meisten Kinder im Vorschulalter in Kindertagesstätten untergebracht. Hier erfolgt die tägliche Aufnahme nur wenn die Kinder in einem gesunden Zustand sind, sodass die Mütter im Krankheitsfall weitaus häufiger einen Arzt aufsuchen werden als das in den westlichen Bundesländern der Fall ist. Dort sind informelle Betreuungsarrangements, die zum Teil auch bei Erkrankung der Kinder wirksam werden, wesentlich stärker verbreitet, weil die institutionalisierte Kinderbetreuung äußerst schwach ausgebaut ist. Insgesamt kann eingeschätzt werden, dass der Arbeitsausfall von Müttern mit erkrankten Kindern im betreuungsintensiven Alter in Mecklenburg-Vorpommern relativ hoch veranschlagt werden muss, auch wenn sich das in keiner offiziellen Statistik des Gesundheitswesens widerspiegelt. Ein größeres Engagement der Väter, wie es sich gegenwärtig bereits bei der Übernahme von Elternzeit andeutet, ist hier bisher noch nicht in Sicht, sollte jedoch stärker thematisiert werden, um auch in diesem Bereich ein Stück „neue Normalität“ zu schaffen und die Position von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu stärken. Zusammenfassend zu dieser Thematik lässt sich feststellen, dass sich sowohl aus den biologischen Besonderheiten von Frauen (Gebärfähigkeit/Schwangerschaft) als auch aus den historisch gewachsenen und kulturell ausgeformten Rollenzuschreibungen (fast alleinige Zuständigkeit für die familiäre Reproduktions- und Sorgearbeit) Problemlagen für Unternehmen ergeben können, die sich vor allem in mehr oder weniger langen und nur selten 60 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern kalkulierbaren Ausfallzeiten sowie einer eingeschränkten Flexibilität und Mobilität von Mitarbeiterinnen bemerkbar machen. Das betrifft in erster Linie kleine und kleinste Unternehmen65, in denen bereits der Ausfall von ein bis zwei Mitarbeiterinnen kaum kompensierbare Lücken reißt und Unternehmen mit einem hohen Anteil von Frauen an den Beschäftigten vor zum Teil gravierende Probleme stellt. Für die Arbeitnehmer/innen bedeutet die häufige Erkrankung ihrer Kinder nicht nur Lohn- und Gehaltseinbußen wenn die Zeit überschritten ist, in der Kinderkrankenpflegegeld gezahlt wird, sondern u. U. auch das Risiko des Arbeitsplatzverlustes für den Fall, dass die Betreuung nicht durch informelle Arrangements abgesichert werden kann. Ein krankes Kind muss betreut werden, während viele Arbeitnehmer/innen eigene Erkrankungen und Beschwerden ignorieren und sich aus Angst vor Arbeitsplatzverlust erst gar nicht in ärztliche Behandlung begeben bzw. krank schreiben lassen.66 2.5.3 Zum Krankenstand erwerbstätiger Frauen in Mecklenburg-Vorpommern Im Folgenden soll abschließend in kurzer Form der Frage nachgegangen werden, ob Frauen im Allgemeinen und Mütter im Besonderen generell einen höheren Krankenstand aufweisen als Männer (u. z. unabhängig von der Betreuung erkrankter Kinder) und damit auch von dieser Seite her für Unternehmen eine beschäftigungspolitische Risikogruppe bilden. Zunächst sei vorangestellt, dass sich bis in die unmittelbare Gegenwart hinein im Hinblick auf Frauen- und Männergesundheit Klischees erhalten haben, die – so ist zu vermuten – auch noch im Alltagsbewusstsein von Firmenleitungen und Personalverantwortlichen verankert sind und im nachfolgenden Zitat einen deutlichen Ausdruck finden: „Aber zuerst möchte ich, völlig unseriös, mit einem Märchen zur Frauengesundheit beginnen. Frauen sind anfälliger, schwächlicher, kränklicher und wenig belastbar. Sie sind depressiver, leichter erschöpft, ängstlicher, irritierbarer, infolgedessen leiden sie häufiger unter Schmerz-, Angst- und psychosomatischen Erkrankungen sowie unter Depressionen. Deshalb benötigen sie sehr viel mehr Medikamente und sind häufiger arbeitsunfähig. Damit sind sie ein Risikofaktor für jeden Arbeitgeber“67. 65 Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass 81,1 % der Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern lediglich 1 bis 9 Beschäftigte aufweisen, Der Anteil der Betriebe bis zu 19 Beschäftigte beträgt insgesamt 90,1%, vgl. Mittelstandsbericht Mecklenburg-Vorpommern 2002 – 2006, Schwerin o. J., S.9 66 Auf diesen Sachverhalt, der sich seit Jahren in einem niedrigen Krankenstand manifestiert, weisen die meisten Gesundheitsberichte der Krankenkassen hin. 67 Olbricht, I.: Frauengesundheit-Männermedizin, in: Frauengesundheitsforum zwischen Rhein und Haardt. Dokumentation einer Fachtagung, Ludwigshafen am Rhein 2001, S. 13 61 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Dieses Bild lässt sich durch die empirische Untersuchung der gesundheitlichen Situation von Frauen, für die AU-Quote, AU-Fälle und AU-Tage wichtige Indikatoren68 sind, generell nicht bestätigen. Bei einem Vergleich der jährlichen Gesundheitsberichte der verschiedenen Krankenkassen bietet sich im Hinblick auf diese Indikatoren ein insgesamt widersprüchliches Bild, das sich wie folgt zeigt: 1. Das jeweilige Übergewicht von Frauen und Männern im Hinblick auf Arbeitsunfähigkeit ist bei den einzelnen Kassen – entsprechend den beruflichen und sozialen Besonderheiten sowie der geschlechterspezifischen Zusammensetzung ihrer jeweiligen Klientel – verschieden. 2. Unterschiede zwischen Frauen und Männern zeigen sich ebenfalls bei der Anzahl der Fälle als auch bei der Dauer (AU-Tage) der Arbeitsunfähigkeit. 3. Unterschiede im Krankenstand ergeben sich in einzelnen Branchen und Berufsgruppen. So ist der Krankenstand z.B. bei männlichen Mitgliedern der DAK in MecklenburgVorpommern im Baugewerbe, im sonstigen Gewerbe, im Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbau sowie im Bereich Verkehr und Nachrichtenübermittlung z. T. bedeutend höher als bei den Frauen. Diese weisen besonders in den Bereichen Handel, Gesundheitswesen, öffentliche Verwaltung, Bildung, Kultur und Medien einen höheren Krankenstand auf als die Männer.69 4. Starke Unterschiede bestehen zwischen Frauen und Männern bei der Betroffenheit von einzelnen Krankheiten bzw. Unfällen. Beispiel: psychische Erkrankungen schlagen bei Frauen wesentlich stärker zu Buche als bei Männern. Letztere haben dafür bedeutend mehr Verletzungen, Erkrankungen des Muskel-Skelettsystems und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.70 68 Zur Definition vgl. Fußnote 35 auf der S. 40 vgl. DAK Gesundheitsreport Mecklenburg-Vorpommern 2008, Hamburg 2008, S. 27 70 vgl. ebenda, S. 29 69 62 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 30: Krankenstand der 2007 bei der DAK in Mecklenburg-Vorpommern Versicherten nach Geschlecht und Alter Quelle: DAK Gesundheitsreport Mecklenburg-Vorpommern 2008, Hamburg 2008, S. 13 Wie die Übersicht zu den DAK-Versicherten zeigt, ist der Krankenstand bei Frauen und Männern bis etwa zum 25. Lebensjahr fast gleich. Danach ist er bei den Frauen der nachfolgenden Altersstufen generell höher. Das Absinken der Krankenstände von Frauen und Männern nach dem 60. Lebensjahr ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass viele Kranke in diesem Alter bereits aus dem Beruf ausscheiden bzw. Möglichkeiten eines vorgezogenen Ruhestandes nutzen71. Der auch in einigen Berichten anderer Krankenkassen konstatierte leicht höhere Krankenstand bei Frauen ist hinsichtlich seiner Verursachung bisher noch nicht ausreichend untersucht worden. Nach einigen Analysen spielen jedoch folgende Gründe eine Rolle: • Nach einer Sonderstudie der DAK (für Gesamtdeutschland) ist ein höherer Krankenstand bei Frauen u.a. auf Diagnosen im Zusammenhang mit Schwangerschaftskomplikationen zurückzuführen. Dabei gehen in die Berechnung des Krankenstandes grundsätzlich nur solche Fälle ein, die außerhalb der gesetzlichen Mutterschutzfristen auftreten. Es handelt sich hier also nicht etwa um Fehlzeiten im unmittelbaren Zusammenhang mit Geburt und Wochenbett. Die häufigste Einzeldiagnose waren im Jahr 2000 „Blutungen in der Frühschwangerschaft“. In den Jahren 1998 bis 2000 entfielen auf 100 weibliche DAK-Mit- 71 vgl. DAK Gesundheitsreport MV 2008, Hamburg 2008, S. 13 63 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern glieder jährlich etwa 55 AU-Tage wegen Erkrankungen oder Komplikationen im Rahmen einer Schwangerschaft. Etwa die Hälfte des Unterschiedes im Krankenstand von Frauen und Männern lässt sich auf diese Diagnose zurückführen.72 • Der höhere Krankenstand bei Frauen geht z. T. auch auf die Tatsache zurück, dass Frauen überdurchschnittlich viel in Berufen mit hohen Krankenständen tätig sind (z.B. Gesundheitswesen, Altenpflege). Untersuchungen zeigen, dass dieser Effekt durchaus nachweisbar ist aber nicht allein als Ursache wirkt.73 • Ein weiterer Erklärungsansatz betrifft die besondere Belastungssituation alleinerziehender Mütter: Bei ihnen kann ein schlechterer Gesundheitszustand beobachtet werden als bei Frauen, die sich die familiäre Reproduktions- und Sorgearbeit mit einem Partner teilen können und sich in der Regel auch in einer besseren finanziellen Situation befinden74. Da Frauen die überwiegende Mehrheit aller Alleinerziehenden bilden, ist zu vermuten, dass sich die besonderen Belastungssituationen auch im Krankenstand widerspiegeln. • Die Mehrfachbelastung der meisten erwerbstätigen Frauen durch Beruf, Haushalt und Familienarbeit kann sich unter Umständen gesundheitlich negativ auswirken und dementsprechend zu einem erhöhten Krankenstand beitragen75. • Frauen haben ein anderes Gesundheitsverständnis und Gesundheitsverhalten als Männer, insofern sie Krankheitszeichen eher bemerken und auch ernster nehmen als das „starke Geschlecht“. Dieser Erklärungsansatz wird häufig für die höhere Inanspruchnahme des Gesundheitswesens durch Frauen verantwortlich gemacht. Er steht in Zusammenhang mit umfassenderen Theorien über geschlechterspezifische Unterschiede in der Körperwahrnehmung bzw. dem Umgang mit dem Körper. „Dabei ist zu beachten, dass nicht das weibliche Gesundheitsverhalten „auffällig“ ist, sondern das männliche: Krankheit und Unwohlsein sind als Zeichen von Schwäche mit dem herkömmlichen männlichen Rollenverständnis schlecht zu vereinbaren“76. • Der „Vorsprung“ von Frauen bei psychischen Erkrankungen wird sich in überschaubaren Fristen vermutlich deutlich verringern, da Männer hier beträchtlich „aufgeholt“ haben. Bis heute ist allerdings noch keine schlüssige Antwort darauf möglich, ob dieser statistisch konstatierbare Anstieg psychischer Erkrankungen bei Männern aus einer 72 vgl. DAK Gesundheitsreport 2001, Frauen, Beruf, Familie, Hamburg 2001, S.15 zu ähnlichen Ergebnissen kommt der IKK-Gesundheitsreport 2005: Friseurinnen und Friseure. Arbeitsbedingungen und Gesundheit im Friseurhandwerk, Hamburg 2005, S. 31 73 vgl. ebenda, S. 14 - 19 und DAK Gesundheitsreport MV 2008, Hamburg 2008, S. 13 vgl. DAK Gesundheitsreport 2005, Arbeitsplatz Büro, Hamburg 2005, S. 65 und Klindworth, H./Hendel-Kramer, A./Helfferich, C.: Gesundheitliche Lage alleinerziehender Mütter, (Hrg.) Gesundheit Berlin e.V. – Landesarbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung, Berlin 2003 (http://www.gesundheitberlin.de/index. php4?request= themen&topic=1558&type=infotext&display=1) 75 vgl. DAK Gesundheitsreport 2001, Frauen, Beruf, Familie, Hamburg 2001, S.19 76 ebenda,, S.19 und Barmer Ersatzkasse: Gesundheitsbericht 2007, Wuppertal 2007, S. 21 74 64 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich höheren Betroffenheit bzw. mehr auf einer Veränderung des Diagnoseverhaltens der Ärzte oder auf beiden Momenten beruht. Ungeachtet dessen gehen Fachleute davon aus, dass auch gegenwärtig noch bis zu 50 Prozent der Depressionen bei Männern nicht diagnostiziert werden77. Psychische Erkrankungen sind in der Regel durch eine vergleichsweise lange Arbeitsunfähigkeit gekennzeichnet. Während z. B. ein durchschnittlicher Krankheitsfall bei der Klientel der Betriebskrankenkassen 12 Kalendertage Krankschreibung erfordert, sind es bei psychischen Erkrankungen im Durchschnitt 31 Kalendertage. Bei den in der BKK versicherten Frauen waren 2007 vor allem die Berufsgruppen der Telefonistinnen, Krankenpflegerinnen und Sozialarbeiterinnen betroffen78. • Viele Untersuchungen zum Krankenstand bestätigen ferner einen deutlichen Zusammenhang zwischen Arbeitsunfähigkeitsgeschehen einerseits sowie Stellung in der Hierarchie des Unternehmens und Art der Tätigkeit andererseits. Dabei wird hervorgehoben, dass eine hohe berufliche Position mit entsprechenden Freiräumen im Hinblick auf Gestaltbarkeit der Arbeitsabläufe und Kreativität zu geringeren Krankenständen führt als eine durch Unterordnung, Abhängigkeit und Monotonie gekennzeichnete Tätigkeit. In dem Zusammenhang muss betont werden, dass sich gerade Frauen in letztgenannten Beschäftigungen konzentrieren. Die darin zum Ausdruck kommende horizontale und vertikale Segregation des Arbeitsmarktes79 bewirkt, das Frauen nach wie vor in weitaus geringerem Maße in Führungspositionen anzutreffen sind und sich auf vergleichsweise wenige Berufsgruppen mit in der Regel ausführender, wenig kreativer und monotoner Tätigkeit konzentrieren (z. B. Einzelhandelskauffrau/Kassiererin, Arzthelferin, Bürokauffrau, Friseurin, Reinigungsgewerbe, Fließbandarbeit). Auch dieser Umstand – so ist zu vermuten – dürfte sich auf den Krankenstand von Frauen auswirken. • Letztendlich sei noch die Tatsache erwähnt, dass in den Gesundheitsberichten einiger Kassen hervorgehoben wird, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Krankenstand und der ökonomischen Situation einer Branche gibt. In Krisenzeiten verringert sich der Krankenstand in den Branchen, in denen aufgrund des konjunkturellen Abschwungs Arbeitsplätze abgebaut werden oder zumindest die Gefahr von Arbeitslosigkeit größer wird. Das gilt in der Regel in besonderem Maße für den gewerblichen Bereich, dessen Unternehmen einem besonderen Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind. Hier ist jedoch eine starke Konzentration von Männern anzutreffen. Im Bereich des öffentlichen Dienstes und 77 vgl. BKK Gesundheitsreport 2007, Essen 2007, S. 42 zur Rolle der psychischen Erkrankungen vgl. auch Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen (Hrg.): Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz in Deutschland, Psychologie, Gesellschaft, Politik -2008, Berlin 2008 und Lademann, J. u.a.: Psychische Erkrankungen im Fokus der Gesundheitsberichte der Krankenkassen, in Psychotherapeutenjournal , Heidelberg, 2/2006 78 vgl. BKK Bundesverband, Pressemeldung, Essen, 01.12.2008, 79 zur geschlechterspezifischen Segregation des Arbeitsmarktes vgl. u.a. Cornelißen, W. (Hrg.): Gender Datenreport, München 2005 (erstellt im Auftrag des BMFSFJ), S. 133 ff. 65 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern nicht gewinnorientierter Organisationen/Unternehmen80 mit einem sehr hohen Frauenanteil, spielen konjunkturelle Schwankungen eine geringe Rolle, sodass der Krankenstand davon kaum berührt wird81. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Daten zum geschlechterspezifischen Krankenstand ein widersprüchliches Bild abgeben und der Forschungsstand im Hinblick auf die Ursachen für die Unterschiede bei Frauen und Männern keineswegs befriedigen kann. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Statistiken der gesetzlichen Krankenversicherung keine signifikanten geschlechtsspezifischen Differenzen82 aufzeigen, sodass das Vorurteil, Frauen seien schon aufgrund ihres höheren Krankenstandes eine beschäftigungspolitische Risikogruppe, jeglicher empirischer Grundlage entbehrt. Der in einigen Kassenberichten ausgewiesene höhere Krankenstand von Frauen ergibt sich also nur zum Teil aus dem biologischen Geschlecht (Stichwort Schwangerschaftskomplikationen). In einem nicht geringen Maße spielen dagegen historisch gewachsene Momente des soziokulturellen Geschlechts (gender) eine Rolle. Als Stichworte mögen hier Branchen- und Berufszugehörigkeit von Frauen, innerfamiliäre Arbeitsteilung sowie Gesundheitsbewusstsein und – verhalten genügen. 80 z.B. Vereine, Genossenschaften, gemeinnützige Gesellschaften, Verbände usw. die sich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, staatlichen Zuschüsse, Preise/Gebühren und Sponsoring finanzieren. 81 vgl. Gerlach, I./Schneider, H./Juncke, D.: Betriebliche Familienpolitik in auditierten Unternehmen und Institutionen, Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik, Münster, Arbeitspapier Nr. 3/2007, S.35-37 82 vgl. Bundesministerium des Innern: Krankenstand und Gesundheitsförderung in der Bundesverwaltung Erhebung 2006, Berlin 2006, S. 5 66 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 3. Junge erwerbstätige Mütter in Unternehmen und Einrichtungen Mecklenburg-Vorpommerns – Ergebnisse einer empirischen Untersuchung In den vorangegangenen Abschnitten diese Studie wurde der Versuch unternommen, auf der Basis von „externem“ Material grundlegende Aussagen zur Erwerbsarbeit und zur familiären Situation von Frauen in Mecklenburg-Vorpommern zu machen und der Frage nachzugehen, ob sie im Hinblick auf ihre Verpflichtungen als Mütter und Besonderheiten ihres Krankenstandes eine beschäftigungspolitische Risikogruppe darstellen. Im Folgenden sollen die dabei gewonnenen Erkenntnisse und Sozialdaten in Beziehung gesetzt werden zu den Auffassungen und konkreten Erfahrungen von Betriebsleitern und Personalverantwortlichen im Hinblick auf die Beschäftigung von Frauen, vor allem von Müttern mit Kindern im betreuungsintensiven Alter (bis zu 12 Jahren). Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben bis hin zu familienfreundlichen Maßnahmen in den einzelnen Unternehmen und Einrichtungen. Die Sozialdaten, die nachfolgend präsentiert und interpretiert werden sollen, sind Ergebnis einer Befragung, an der sich 38 Unternehmen und Einrichtungen beteiligten. Die Ergebnisse dieser Befragung sind nur bedingt für das gesamte Bundesland repräsentativ, da es aufgrund des schwierigen Zugangs zu Unternehmen nur ansatzweise möglich war, mit der Untersuchungseinheit ein Abbild der Grundgesamtheit zu geben. Diese wird allerdings insofern annähernd widergespiegelt, als sowohl kleine als auch mittlere und große Betriebe Eingang in die Analyse fanden, die geographische Streuung sehr breit ist, der Dienstleistungsbereich (gemäß seinem überaus großen Gewicht in der Wirtschaftsstruktur) entsprechend vertreten ist und die geschlechtsspezifische Zusammensetzung der Belegschaften sehr unterschiedlich ausfällt. 3.1 Grundlegende Charakteristika der beteiligten Unternehmen Die nachfolgenden Übersichten zeigen zunächst die an der Befragung beteiligten Unternehmen und Einrichtungen sowie deren geographische Verteilung auf das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Ungeachtet einer Konzentration auf das Oberzentrum Rostock (kreisfreie Stadt) finden sich auch in den anderen kreisfreien Städten sowie in nahezu allen Landkreisen untersuchte Betriebe. Die Nennung der Unternehmen und Einrichtungen erfolgt nur zweimal in den Übersichten 31 und 37. Im weiteren Verlauf der Darstellung werden die Befragungsergebnisse anonymisiert. 67 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 31: An der Befragung beteiligte Unternehmen und Einrichtungen lfd. Nr. Name des Unternehmens Sitz des Unternehmens 1. Betonfertigteilwerk Rostock GmbH Rostock 2. SAB Barth GmbH Barth 3. Forus GmbH Waren Müritz 4. Gambro Rostock GmbH Rostock 5. Eberspächer Heizgeräte GmbH Torgelow 6. Schottel GmbH (eigenständig gegenüber 7.) Wismar 7. Schottel Schiffsmaschinen gegenüber 6.) Wismar 8. Bewehrungstechnik Kritzkow GmbH (BWT) Laage 9. Stadtwerke Rostock Rostock 10. Maritime Assembly Systems GmbH (MAS) Wismar 11. Stadtwerke Neustrelitz Neustrelitz 12. Warnowquerung GmbH & Co. KG Rostock 13. AFZ Aus- und Fortbildungszentrum Schifffahrt und Hafen GmbH Rostock 14. Webasto AG / Werk Neubrandenburg Neubrandenburg 15. Peene Werft GmbH Wolgast Wolgast 16. REDER GmbH Neubrandenburg Neubrandenburg 17. Hotel Neptun Warnemünde 18. Gesamthafenbetriebsgesellschaft Rostock mbH Rostock 19. Haus der Wirtschaft (hdw) Stralsund 20. Abc Bau GmbH Crivitz /Parchim 21. SAKTHI (Gießerei) Ueckermünde 22. ABC Bau GmbH Schwerin 23. Greifswalder Pflegedienst Heinrich & Heinrich Greifswald 24. Alltec GmbH Selmsdorf GmbH (eigenständig 68 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern lfd. Nr. • Name des Unternehmens Sitz des Unternehmens 25. Sana-Krankenhaus Rügen GmbH Bergen 26. Rostocker Fracht- und Fischereihafen GmbH Rostock 27. Planet IC GmbH Schwerin 28. Interact Tele Service AG Neubrandenburg 29. Wadan Yards* Wismar/Rostock 30. FH Stralsund Stralsund 31. Multimedia-Service Schade Güstrow 32. Webel Maschinenbau GmbH Neubrandenburg 33. Sear GmbH Rostock 34. Hafenentwicklungsgesellschaft mbH Rostock 35. Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Rostock 36. RST Rostock System-Technik GmbH Rostock 37. Volkshochschule Stralsund Stralsund 38. Dr. Ebel Fachkliniken GmbH & Co. Moorbad Doberan Bad Bad Doberan im Folgenden wird Wadan Yards den Standorte Rostock und Wismar zugerechnet. In die Analyse gehen die Daten beider Betriebsteile ein 69 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 32: Geographische Verteilung der untersuchten Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern Planungsregion/kreisfreie Stadt/Landkreis Anzahl der untersuchten Unternehmen Planungsregion Westmecklenburg • Kreisfreie Stadt Schwerin 2 • Kreisfreie Stadt Wismar 4 • Landkreis Ludwigslust 0 • Landkreis Nordwestmecklenburg 1 • Landkreis Parchim 1 Planungsregion Mittleres Mecklenburg/Rostock • Kreisfreie Stadt Rostock 13 • Landkreis Bad Doberan 1 • Landkreis Güstrow 2 Planungsregion Mecklenburger Seenplatte • Kreisfreie Stadt Neubrandenburg 4 • Landkreis Demmin 0 • Landkreis Mecklenburg-Strelitz 1 • Landkreis Müritz 1 Planungsregion Vorpommern • Kreisfreie Stadt Greifswald 1 • Kreisfreie Stadt Stralsund 3 • Landkreis Nordvorpommern 1 • Landkreis Ostvorpommern 1 • Landkreis Rügen 1 • Landkreis Uecker-Randow 2 70 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 33: Standorte der befragten Unternehmen Standorte der Unternehmen Übersicht 34: Branchen/Bereiche der untersuchten Unternehmen Branche/Bereich Anzahl der Unternehmen Verarbeitendes/produzierendes Gewerbe 14 Forschung/Entwicklung 0 Handwerk 0 Handel 0 Dienstleistung (außer Handel u. Gastgewerbe) 17 Baugewerbe 0 Gastgewerbe (Gastronomie, Hotellerie) 1 Gesundheitswesen 3 Sonstiges 3 gesamt 38 71 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Bei den in die Untersuchung einbezogenen Betrieben dominieren die kleinen und mittleren Unternehmen. Die entsprechende Zuordnung erfolgte nach der seit 1. Januar 2005 geltenden Richtlinie der EU83, die als Kriterien neben der Belegschaftsgröße auch noch Umsatz und Bilanzgröße vorgibt. Da die beiden letztgenannten Kennziffern nicht erfragt werden konnten und für die Untersuchung auch unerheblich sind, gelten folgende Mitarbeiter/innenzahlen als Grundlage für die Einordnung der untersuchten Betriebe. Übersicht 35: Definition von Betriebsgrößenklassen nach Belegschaftsgröße entsprechend der neuen EU-Richtlinie vom 1. Januar 2005 Betriebsgrößenklasse Zahl der Mitarbeiter/innen Kleinstunternehmen 1–9 Kleine Unternehmen 10 – 49 Mittlere Unternehmen 50 – 249 Großunternehmen 250 und mehr Übersicht 36: Größe der Unternehmen nach der Zahl der Beschäftigten 83 Betriebsgrößenklasse Anzahl der Unternehmen Anteil der jeweiligen Betriebsgrößenklasse an der Gesamtheit der Unternehmen in % Kleinstunternehmen 1 – 9 Beschäftigte 3 7,9 Kleine Unternehmen 10 – 49 Beschäftigte 6 15,8 Mittlere Unternehmen 50 – 249 Beschäftigte 23 60,5 Großunternehmen 250 und mehr Beschäftigte 6 15,8 gesamt 38 100,0 zur Definition der Betriebsgrößenklassen der EU ab 1.1.2005 vgl. Amtsblatt der Europäischen Kommission (EU L 124/36) vom 20.05.2003, Brüssel 72 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Die nächste Übersicht verdeutlicht die geschlechtsspezifische Zusammensetzung der Belegschaften, die das hinlänglich bekannte Muster zeigt: Im produzierenden Gewerbe findet sich (von einigen Bereichen abgesehen, die in dieser Studie nicht vertreten sind) ein hoher Männeranteil. Frauen sind dort vorrangig in der Verwaltung des Unternehmens eingesetzt. Im Dienstleistungsbereich (vor allem bei den mehr personenbezogenen Dienstleistungen) und im Gesundheitswesen bilden weibliche Beschäftigte die Mehrheit (die gelb markierten Zeilen heben Unternehmen und Einrichtungen mit einer Frauenbeschäftigung von über 50% hervor). Übersicht 37: Geschlechtsspezifische Personalstruktur der Unternehmen und Einrichtungen Name des Unternehmens Betonfertigteilwerk Rostock GmbH Gesamtbelegschaft Anzahl Frauen Anteil Frauen In % 121 14 11,6 SAB Barth GmbH 80 6 7,5 Forus GmbH 43 7 16,3 Gambro Rostock GmbH 35 13 37,1 Eberspächer Heizgeräte GmbH 64 13 20,3 Schottel GmbH (eigenständig gegenüber 7.) 95 7 7,4 145 25 17,2 25 5 20,0 514 191 37,2 81 9 11,1 106 36 34,0 29 15 51,7 AFZ Aus- und Fortbildungszentrum Schifffahrt und Hafen GmbH 111 52 46,8 Webasto AG / Werk Neubrandenburg 610 119 19,5 Peene Werft GmbH Wolgast 798 81 10,2 Schottel Schiffsmaschinen GmbH (eigenständig gegenüber 6.) Bewehrungstechnik Kritzkow GmbH (BWT) Stadtwerke Rostock Maritime Assembly GmbH (MAS) Systems Stadtwerke Neustrelitz Warnowquerung GmbH & Co. KG 73 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Name des Unternehmens REDER GmbH Neubrandenburg Gesamtbelegschaft Anzahl Frauen Anteil Frauen In % 8 2 25,0 204 133 65,2 Gesamthafenbetriebsgesellschaft Rostock mbH 98 5 5,1 Haus der Wirtschaft (hdw) 53 22 41,5 Abc Bau GmbH /Crivitz 41 9 22,0 SAKTHI (Gießerei) 200 23 11,5 ABC Bau GmbH Schwerin 135 90 66,7 Greifswalder Pflegedienst Heinrich & Heinrich 58 53 91,4 Alltec GmbH 108 29 26,9 Sana-Krankenhaus Rügen GmbH 417 347 83,2 Rostocker Fracht- und Fischereihafen GmbH 59 13 22,0 Planet IC GmbH 27 6 22,2 147 128 87,1 Wadan Yards* 2500 500 20,0 FH Stralsund 203 65 32,0 5 3 60,0 Webel Maschinenbau GmbH 302 45 14,9 Sear GmbH 150 14 9,3 Hafenentwicklungsgesellschaft mbH 179 67 37,4 Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) 210 158 75,2 RST Rostock GmbH 135 27 20,0 7 6 85,7 107 86 80,4 Hotel Neptun Interact Tele Service AG Multimedia-Service Schade System-Technik Volkshochschule Stralsund Dr. Ebel Fachkliniken GmbH & Co. Moorbad Bad Doberan 74 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Die Analyse der geschlechtsspezifischen Zusammensetzung der Belegschaften ist keineswegs Selbstzweck, sondern im Zusammenhang mit der Thematik vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen von nicht unerheblicher Bedeutung. Obwohl der Forschungsstand hierzu noch sehr gering und bruchstückhaft ist, lassen sich auf der Grundlage bereits vorliegender Untersuchungen folgende Forschungsfragen formulieren, für die sich bereits in diesem Teil der Studie einige Antworten andeuten, die jedoch im zweiten Teil mit den Befunden zur Befragung der Mütter sowie der Expertinnen und Experten vertieft werden sollen. • Gibt es in Unternehmen und Einrichtungen, in denen Frauen die Mehrheit der Belegschaft bilden, mehr vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen bzw. sind diese besser durchzusetzen als in männerdominierten Betrieben? • Lassen die spezifischen Beschäftigungsfelder von Frauen (allen voran Büroarbeiten) mehr Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung (Gleitzeit, Teilzeitarbeit, Vertrauensarbeitszeit) sowie Formen der Tele- und Heimarbeit zu? • Werden Forderungen/Wünsche nach besserer Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie in frauendominierten Belegschaften eher als legitim empfunden, da das Thema aus der Sicht vieler Unternehmensleitungen und Personalverantwortlicher immer noch ein „Frauenthema“ ist? • Ist das Thema Vereinbarkeit aufgrund der immer noch vorherrschenden geschlechtlichen Arbeitsteilung in frauendominierten Belegschaften objektiv mehr präsent und besteht für die Unternehmensleitung ein ganz anderer Druck, sich damit in der täglichen Arbeit auseinander zu setzen als in Unternehmen mit einem hohen Männeranteil an den Beschäftigten? Würden hier eventuell Unterschiede z. B. zwischen einer Kfz-Werkstatt mit 30 männlichen Beschäftigten und einem Call-Center, in dem zu 80 Prozent vorwiegend junge Frauen tätig sind, auszumachen sein? • Existiert in vielen neuen Tätigkeitsfeldern, die sich Frauen in den letzten Jahrzehnten erschlossen haben (Lehrberufe, Gesundheitswesen, Sozialarbeit usw.) eine innerbetriebliche „Subkultur“, die die Thematisierung und Umsetzung von Vereinbarkeit wesentlich besser gestattet, als das in einigen Branchen des produzierenden Gewerbes der Fall ist, in denen sich bis in die Gegenwart hinein nicht selten Elemente traditionalistischer männlicher „Subkultur“ behaupten, reproduzieren und auf die Unternehmenskultur insgesamt „durchschlagen“ können?. In diesem Zusammenhang wurde auch die Frage gestellt, ob der Frauenanteil in der Verwaltung der Unternehmen sowie in der Produktion bzw. Erbringung der Dienstleistungen über 50 Prozent liegt. 75 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 38: Frauenanteil in der Verwaltung sowie in der Produktion/bei der Erbringung der Dienstleistungen Frauenanteil Anzahl der Unternehmen Anteil an der Gesamtheit der Unternehmen in % N = 38 Frauenanteil in der Verwaltung des Unternehmens über 50 % 24 63,2 Frauenanteil in der Produktion bzw. der Erbringung der Dienstleistung(en) über 50 % 11 28,9 Wie aus der Übersicht 38 hervorgeht, war in 63,2 Prozent der untersuchten Unternehmen die Verwaltung mehrheitlich mit Frauen besetzt. Ein Frauenanteil in der Produktion bzw. der Erbringung der Dienstleistungen von über 50 Prozent ließ sich allerdings nur in 11 Unternehmen (28,9%) feststellen. Ein Vergleich der Unternehmen mit einer Frauenbeschäftigung von über 50 Prozent mit Betrieben, in denen männliche Belegschaften dominieren, ergibt eine Korrelation von hohem Frauenanteil und Implementierung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen. Auf diesen Zusammenhang, der bisher keineswegs umfassend untersucht ist, weisen auch andere Studien hin84. In der vorliegenden Studie zu Mecklenburg-Vorpommern deutet sich nicht nur ein Zusammenhang zwischen hoher Frauenbeschäftigungsquote und breitem Spektrum vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen an, sondern auch eine Beziehung zwischen Letzterem und einer hohen Kinderquote (hoher Anteil von Frauen mit Kindern bis zu 12 Jahren). Bei der Thematisierung und Umsetzung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Unternehmen kommt Personalverantwortlichen bzw. Personalabteilungen sowie Betriebsräten eine nicht geringe Bedeutung zu. Den Ersteren deshalb, weil Personalpolitik und ihre einzelnen Komponenten (darunter auch Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie) durch sie in der Regel überhaupt erst eine dauerhafte Institutionalisierung erhalten und den Betriebsräten, weil sie maßgeblich zur Durchsetzung legitimer Forderungen der Belegschaft und der konkreten Ausgestaltung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen beitragen können. Außerdem haben die Betriebsräte seit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 2001 auch 84 vgl. Kalveram, A.B. u.a.: Die Jenaer Unternehmensbefragung 2005 (Abschlussbericht), Jena 2005, S.24 u. Glasl, M.: Beschäftigungssituation von Frauen im Handwerk, (Forschungsinstitut im Deutschen Handwerksinstitut), München 2003, S. 23 76 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern eine direkte Verantwortung in diesem Handlungsfeld erhalten. (Betriebsverfassungsgesetz § 80 Abs. 1, Nr. 2 b)85. Übersicht 39: Existenz von Personalabteilung/Personalverantwortlichem und Betriebsrat Existenz von Personalabteilung/Personalverantwortlichem und Betriebsrat Anzahl der Unternehmen N = 38 Anteil an der Gesamtheit der Unternehmen in % Personalabteilung/Personalverantwortliche(r) 36 94,7 Betriebsrat 23 60,5 Während nahezu alle Unternehmen eine(n) Personalverantwortliche(n) bzw. eine Personalabteilung aufwiesen (Ausnahmen zwei kleine Betriebe), hatten 60,5 Prozent einen Betriebsrat. Bei einem Vergleich der Betriebsgrößen wird deutlich, dass die Existenz von Betriebsräten mit der Größe der Unternehmen zunimmt. Hier bestätigt sich das für ganz Deutschland geltende Muster: Während 2007 in kleineren Einheiten zwischen 5 und 50 Beschäftigten lediglich 7 Prozent einen Betriebsrat hatten, waren es in größeren Unternehmen bis zu 89 Prozent86. Eine direkte Wechselwirkung zwischen der Existenz eines Betriebsrates/Personalrates bzw. einer Personalabteilung und der Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen ließ sich in der vorliegenden Untersuchung nicht nachweisen. Dazu wäre auch eine gesonderte Analyse erforderlich gewesen, die nicht nur die Anzahl, sondern auch die Qualität solcher Maßnahmen sowie die Mechanismen ihrer Umsetzung einschließlich der Partizipation der Belegschaften berücksichtigt. 3. 2 Die Beschäftigung junger Mütter aus der Sicht der Unternehmensführung Ein zentrales Untersuchungsfeld in der Unternehmensbefragung bildeten junge Mütter und die jeweilige Wahrnehmung ihrer besonderen Situation durch Unternehmensleitung und Personalverantwortliche. 85 Bundesministerium der Justiz: Betriebsverfassungsgesetz, S. 29, http://bundesrecht.juris.de/betrvg/index.html Eine detaillierte Übersicht zur Existenz von Betriebsräten bei unterschiedlichen Firmengrößen im Jahre 2007 findet sich bei: Institut der Deutschen Wirtschaft Köln: Pressemitteilung Nr. 22/2007, einen sehr interessanter Einblick in die Rolle von Betriebs- und Personalräten bei der Durchsetzung einer vereinbarkeitsbewussten Personalpolitik bietet Döge, P./Behnke, C.: Betriebs- und Personalräte als Akteure familienbewusster Personalpolitik. Handlungsmuster von Personalvertretungen in Unternehmen und Organisationen mit dem audit berufundfamilie, Berlin 2006 86 77 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Die folgende Übersicht zeigt zunächst einmal die Anzahl von Müttern mit Kindern der Altersgruppe bis zu 12 Jahren, die noch einen besonderen Betreuungsaufwand erfordern und durch die Möglichkeit des Bezuges von Kinderkrankenpflegegeld unter Umständen größere Probleme im Unternehmen verursachen können. Übersicht 40: Unternehmen mit Müttern, die Kinder im Alter bis zu 12 Jahren haben Anzahl der Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren im Unternehmen Anzahl der Unternehmen Anteil an der Gesamtheit der Unternehmen in % Keine Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe 2 5,6 1 – 5 Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe 20 55,5 6 – 10 Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe 3 8,3 11 – 15 Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe 4 11,1 16 – 20 Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe 0 0 Mehr als 20 Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe 7 19,4 gesamt 36* 100,0 * Zwei Unternehmen machten keine Angaben Dabei ist die Spannbreite ziemlich groß. Während in 9 Betrieben jeweils nur ein oder zwei Mütter mit Kindern dieser Alterstufe arbeiten (1,0 bis 7,4 % der Belegschaften), sind es in 4 Unternehmen zwischen 44 und 89 Mütter. In einem dieser Fälle stellen sie (50 Mütter) lediglich 2,0%, in den anderen drei Fällen zwischen 21,0 und 32,7 % der Belegschaften. Eine Betrachtung des Anteils dieser Mütter an den Gesamtbelegschaften zeigt, dass er überall dort sehr hoch ist, wo Frauen in der Beschäftigung dominieren (vor allem im Gesundheitswesen und in den personenbezogenen Dienstleistungen). Im produzierenden Gewerbe mit überwiegend männlichen Arbeitnehmern liegt der Anteil wesentlich niedriger und schwankt zwischen 0,8 und 10,0 Prozent der gesamten Belegschaft. Insgesamt waren 456 Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren in den untersuchten Betrieben beschäftigt, die bei einer Gesamtheit von 8.210 Arbeitnehrmer/innen einen Anteil von 5,6 Prozent hatten. Die relativ geringe Anzahl von Müttern dieser Kategorie dürfte auf jeden Fall auch mit der bereits 78 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern im Kapitel 2 erwähnten Tatsache zusammenhängen, dass die weitaus meisten weiblichen Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern ein Alter zwischen 40 und 60 Jahren aufweisen (vgl. Übersicht 3, S. 18). Die Herausbildung der konkreten Alterstrukturen in den einzelnen Unternehmen konnte im Rahmen dieser Studie nicht ermittelt werden. Es ist also zu vermuten, dass die Problemlagen der Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren von den einzelnen Betriebsleitungen, Personalverantwortlichen und Betriebsräten sehr unterschiedlich wahrgenommen werden. In den 4 Unternehmen, in denen zwischen 44 und 89 Mütter dieses Typs beschäftigt sind (hohe Kinderquote), dürften sie weitaus mehr zur „Normalität“ des betrieblichen Geschehens gehören als in jenen Unternehmen, die nur einen äußerst niedrigen oder keinen Anteil dieser Mütter aufweisen. Verschwindend gering war der Anteil alleinerziehender Mütter an den Müttern mit Kindern in dieser Alterstufe. Übersicht 41: Unternehmen mit alleinerziehenden Müttern, die Kinder im Alter bis zu 12 Jahren haben Anzahl der alleinerziehenden Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren im Unternehmen Anzahl der Unternehmen Anteil an der Gesamtheit der Unternehmen in % Keine alleinerziehenden Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe 21 60,0 1 – 5 alleinerziehende Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe 10 28,6 6 – 10 alleinerziehende Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe 2 5,7 11 – 15 alleinerziehende Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe 0 0 16 – 20 alleinerziehende Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe 0 0 Mehr als 20 alleinerziehende Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe 2 6,1 gesamt 35* 100,0 * drei Unternehmen machten keine Angaben Sieht man von zwei Unternehmen ab, die 31 bzw. 22 alleinerziehende Mütter beschäftigten, ist davon auszugehen, dass – zumindest zum Zeitpunkt der Befragung – diese Gruppe quantitativ eine äußerst geringe Bedeutung hat und dadurch auch kaum Erfahrungen im 79 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Hinblick auf die besonderen Problemlagen, die mit dem Alleinerziehen verbunden sein können, vorhanden sind (das wurde von einigen Personalverantwortlichen auch auf dem Fragebogen angemerkt). Im Hinblick auf die Arbeitzeiten der Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren ist eine exakte Erfassung der Situation auf der Grundlage der Unternehmensbefragung nicht möglich, da zahlreiche Betriebe zu den einzelnen Kategorien keine Angaben machten oder den Vermerk „nicht bekannt“ eintrugen. Insofern decken sich die in der folgenden Übersicht eingetragenen Zahlen nicht mit der Gesamtzahl dieser Mütter (456 Frauen). Übersicht 42: Arbeitszeiten der Mütter mit Kindern im Alter bis zu 12 Jahren insgesamt Arbeitszeiten der Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahre Anzahl der Mütter in allen Unternehmen Vollzeit 270 Teilzeit 140 Normalarbeitszeit * 123 gesamt 410 * Normalarbeitszeit: Arbeit von Montag bis Freitag zwischen 35 und 42 Stunden ohne Schichtdienst und Überstunden Von den 410 erfassten Müttern mit Kindern bis zu 12 Jahren arbeiten 270 in Vollzeit bzw. vollzeitnah. Das entspricht einem relativ hohen Anteil von 65,9 Prozent. Dieser hohe Prozentsatz lässt sich wohl kaum allein mit der aus DDR-Zeiten tradierten positiven Einstellung zur Vollbeschäftigung von Frauen/Müttern erklären. Weitere Ursachen dürften in der nach wie vor guten Situation der Kinderbetreuung, in vergleichsweise geringeren Erwerbseinkommen in den neuen Bundesländern sowie in der Tatsache, das das männliche Ernährermodell immer weniger lebbar ist, liegen. Auf der anderen Seite zeigen die Zahlen auch, dass lediglich 30,0 Prozent der Mütter in Normalarbeitszeit beschäftigt sind. Das bedeutet, dass sehr viele Frauen dieser Gruppe jenseits der offiziellen Öffnungszeiten von Kindertagesstätten und Schulhorten spezielle Betreuungsarrangements für ihre Kinder finden müssen. Dadurch, dass einige Unternehmen zur Frage der Arbeitszeit von Müttern keine Angaben machen konnten, ist mit den vorliegenden Zahlen in diesem Fall allerdings nur eine illustrative Annäherung an die soziale Realität möglich. 80 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Einen weiteren thematischen Schwerpunkt der Befragung stellten Probleme dar, die mit der Elternzeit und der Betreuung erkrankter Kinder in Verbindung standen. Die folgende Übersicht zeigt die Anzahl der Unternehmen, in denen sich Arbeitnehmerinnen in Elternzeit befinden. Übersicht 43: Unternehmen mit Frauen in Elternzeit Anzahl der Frauen in Elternzeit Anzahl der Unternehmen zum Zeitpunkt der Befragung N=37 Anzahl der Unternehmen in den letzten zwei Jahren N=36* Keine Frauen in Elternzeit 18 12 1 – 5 Frauen in Elternzeit 19 12 6 – 10 Frauen in Elternzeit 1 3 11 – 15 Frauen in Elternzeit 0 2 16 – 20 Frauen in Elternzeit 0 0 mehr als 20 Frauen in Elternzeit 0 0 * einmal erfolgte in dieser Rubrik keine Antwort In nahezu der Hälfte der untersuchten Betriebe befindet sich keine einzige Frau in der Elternzeit. In der Gruppe der anderen 19 Unternehmen (1 bis 5 Frauen in Elterzeit) sind 7, in denen lediglich eine Frau Elternzeit in Anspruch nimmt. Der Anteil der Frauen in dieser Gruppe an den jeweiligen Gesamtbelegschaften liegt zwischen 0,08 und 5,7%. Nur in einem Fall sind es 12,5%. Da in allen erfassten Unternehmen und Einrichtungen 2.424 Frauen tätig sind, von denen sich insgesamt 52 im Elternurlaub befinden, liegt deren Anteil bei nur 2,1%. Da weder die Alterstruktur der beschäftigten Frauen noch die Personalpolitik der Unternehmen (z. B. auch Einstellungspräferenzen nach Alter und Geschlecht) bekannt sind, lassen sich beim gegenwärtigen Forschungsstand keine Gründe für diese niedrigen Zahlen angeben. Fest steht jedoch, dass das Problem von Schwangerschaften und daraus sowohl für die Mütter als auch für die Unternehmen resultierende Fragen und Anforderungen zu einem nicht geringen Teil kaum oder gar nicht in den Wahrnehmungshorizont von Betriebsleitungen und Personalverantwortlichen gelangen87. Ob sich aus den Zahlen der gegenwärtig 87 Es ist zu vermuten, dass sowohl die geringe Anzahl von Frauen in Elternzeit als auch mit Kindern bis zu 12 Jahren mit der bereits auf S.16 erwähnten Tatsache zusammenhängt, dass die Altersgruppe der Frauen zwischen 40 und 60 Jahren die weitaus stärkste Gruppe bildet. 81 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern im Elterurlaub befindlichen Frauen und denen, die diese Zeit in den letzten zwei Jahren in Anspruch genommen haben (vgl. Übersicht 43), ein Trend ableiten lässt, ist nicht eindeutig zu beantworten. Auf jeden Fall ist die Gruppe der Frauen in Elternzeit in den untersuchten Betrieben und Einrichtungen kleiner geworden. Der in zahlreichen Publikationen und politischen Verlautbarungen zu Recht hervorgehobene Anstieg der Zahl von Männern in Elternzeit zeichnet sich allerdings für die untersuchten Betriebe noch nicht ab, wie die folgende Übersicht verdeutlicht. Übersicht 44: Männer in Elternzeit Anzahl der Männer in Elternzeit Anzahl der Unternehmen zum Zeitpunkt der Befragung Anzahl der Unternehmen in den letzten zwei Jahren Keine Männer in Elternzeit 28 26 1 – 5 Männer in Elternzeit 10 11 6 – 10 Männer in Elternzeit 0 1 Mehr als 10 Männer in Elternzeit 0 0 Auch hier ist im Vergleich der sich gegenwärtig und in den letzten zwei Jahren in der Elternzeit befindlichen Männer eher eine leicht rückläufige Tendenz zu konstatieren. Zum Zeitpunkt der Befragung waren von den insgesamt 5.786 beschäftigten Männern 13 im Elternurlaub. Das entspricht einem Anteil von 0,2 % der männlichen Belegschaften aller Unternehmen und Einrichtungen. In 9 Unternehmen, in denen Männer zum Zeitpunkt der Befragung im Elternurlaub waren, lag deren Anteil an der Gesamtbelegschaft zwischen 0,08 und 1,1%, in einem Fall bei 3,7%. Diese Zahlen signalisieren – zumindest in der Untersuchungseinheit, die die Grundlage für diese Studie bildet – keinen Durchbruch im Hinblick auf ein verstärktes Engagement von Männern in der Kinderbetreuung. Die Gründe dafür sind ohne Zweifel sehr vielgestaltig, dürften jedoch zu einem nicht geringen Teil darin liegen, dass familiäre Reproduktions- und Sorgearbeit immer noch als Frauendomäne betrachtet wird und daher die männliche Erwerbsbiographie einschließlich der betrieblichen Anforderungen an Flexibilität, Mobilität, zeitliche Verfügbarkeit und ständige Anwesenheitspflicht nach wie vor einen recht traditionalen Zuschnitt haben88. Außerdem befinden sich in der Untersuchungseinheit relativ viele Unternehmen des produzierenden Gewerbes, die hinsichtlich der Zusam- 88 vgl. hierzu auch die Studie: Wahl, D., Abschlussstudie zum Projekt „Starke Väter-starke Kinder“, Rostock 2007 (als Online-Publikation unter www.vereinbarkeit-leben-mv.de) 82 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern mensetzung der Belegschaften männlich dominiert sind. Möglicherweise spielt auch ein relativ hohes Durchschnittsalter der männlichen Beschäftigten eine Rolle, wodurch viele sich nicht mehr in der aktiven Familienphase befinden. Aufgrund der insgesamt kleinen Gruppe von Frauen, die sich zum Zeitpunkt der Befragung in der Elternzeit befanden bzw. diese in den letzten zwei Jahren in Anspruch nahmen, waren auch die sich daraus ergebenden Probleme für die Unternehmen überschaubar und keineswegs gravierend. Hinzukommt, dass z. B. die Schutzvorschriften für werdende Mütter in den einzelnen Branchen von ganz unterschiedlicher Bedeutung89 sind und die zur Untersuchungseinheit gehörenden Unternehmen und Einrichtungen nicht vorrangig davon tangiert wurden. Übersicht 45: Ergeben sich durch die Beschäftigung junger Frauen Probleme hinsichtlich Arbeitsorganisation, Aufgabenerfüllung sowie Vertretung/Ersatz durch: größere Probleme geringe Probleme keine Probleme (Anzahl der Nennungen) (Anzahl der Nennungen) (Anzahl der Nennungen) Regelungen des Mutterschutzgesetzes 1 7 29 Ausfallzeiten durch Schwangerschaftskomplikationen/Beschäftigungsverbot 4 8 26 Beschäftigte in Elternzeit 0 11 23 Ausfälle wegen Erkrankung der Kinder 1 22 14 Wunsch nach anderer Wochenarbeitszeit bei Rückkehr aus der Elternzeit 2 7 26 Wunsch nach anderer Arbeitszeitlage (z.B. keine Nachtschichten) 4 4 27 Fall Anmerkung: Die Quersumme der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht in jedem Fall die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte. Etwas stärker war die Betroffenheit der Unternehmen von Elternzeit und Erkrankung der Kinder, während die Wünsche nach veränderter Wochenarbeitszeit bzw. anderer Arbeitszeitlage kaum Probleme verursachten. So wurde denn auch die Frage, ob Mütter mit Kindern 89 zu den einzelnen Schutzvorschriften vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Mutterschutzgesetz. Leitfaden zum Mutterschutz, Berlin 2006 83 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern im Alter bis zu drei Jahren mehr Fehltage aufweisen als Mütter mit älteren Kindern oder kinderlose Mitarbeiterinnen, von der Mehrheit der Unternehmen bejaht. Übersicht 46: Haben Ihrer Meinung nach Mütter mit Kindern unter drei Jahren mehr Fehltage als Mütter mit älteren Kindern oder Mitarbeiterinnen ohne Kinder? Antwort Anzahl der Nennungen ja 20 nein 15 Anmerkung: Die Summe der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte. In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass die Mehrheit der befragten Unternehmensleitungen bzw. Personalverantwortlichen der Meinung war, dass die Betreuung erkrankter Kinder durch die Mutter selbst erfolgen sollte, wie die nachfolgende Übersicht verdeutlicht. Übersicht 47: Sollte die Betreuung erkrankter Kinder nach Möglichkeit durch den Partner/Ehemann bzw. Großeltern oder andere nahestehende Personen geleistet werden? Antwort Anzahl der Nennungen ja 16 nein 19 Anmerkung: Die Summe der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte. Insgesamt 16 Unternehmen sahen Möglichkeiten der Unterstützung von Müttern erkrankter Kinder, die vor allem arbeitsorganisatorischer Art waren. Dabei muss jedoch hervorgehoben werden, dass die Möglichkeiten nicht nur durch den „guten Willen“ der Betriebsleitungen bestimmt werden, sondern objektiv sehr unterschiedlich sind. Das wurde auch in einigen Antworten angedeutet. So lassen sich z.B. in der IT-Branche oder in der Verwaltung leichter Möglichkeiten der Telearbeit/Heimarbeit finden als in anderen Branchen bzw. unmittelbar in der Produktion von Gütern, und die Einrichtung eines Eltern-Kind-Arbeitszimmers ist selbstverständlich nur mit einer kritischen Masse an Müttern (und/oder Vätern) sinnvoll. 84 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 48: Sehen Sie Möglichkeiten, die Mütter erkrankter Kinder bei der Betreuung bzw. der Organisation der Arbeit im Unternehmen zu unterstützen? Antwort Anzahl der Nennungen ja 16 nein 20 Anmerkung: Die Summe der Nennungen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte. In der Übersicht 49 finden sich einige Maßnahmen im Zusammenhang mit der Unterstützung von Müttern, die erkrankte Kinder zu betreuen haben. Dabei war Mehrfachnennung möglich, ähnliche Maßnahmen wurden zusammengefasst. Übersicht 49: Wenn ja, welche? / Nennung von Möglichkeiten Maßnahme Anzahl der Nennungen (gleiche/ähnliche Maßnahmen wurden zusammengefasst) Maßnahmen über die Veränderung bzw. Verlagerung von Arbeitszeit 8 Telearbeit/Heimarbeit 6 Eltern-Kind-Arbeitszimmer 2 Arbeiten werden von Kollegen/Kolleginnen mit übernommen 1 Befragung durch den Betriebsrat zur Festlegung künftiger Maßnahmen in diesem Bereich 1 Dienstausgleich über Arbeitszeitkonten oder befristete Veränderungen der Arbeitszeit je nach Arbeitsplatz 1 Die Frage, ob sie bei alleinerziehenden Müttern besondere Problemlagen sehen, wurde von der überwiegenden Mehrheit der Betriebsleitungen/Personalverantwortlichen verneint. Naturgemäß waren unter denen, die diese Frage mit ja beantworteten, die Unternehmen, die vergleichsweise viele alleinerziehende Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren beschäftigen.. Möglicherweise wären bei einem anderen „Unternehmens- und Branchenmix“ in der Befragung abweichende Ergebnisse zutage getreten. Es ist zu vermuten, dass die „Unauffälligkeit“ der alleinerziehenden Mütter vor allem zwei Ursachen hat: Erstens ist ihre Anzahl in den Unternehmen (in 31 Unternehmen sind keine bzw. zwischen 1 und 5 alleinerziehende Mütter vorhanden, vgl. Übersicht 41) verschwindend gering, sodass hier 85 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern eventuell auftretende Probleme eine zu vernachlässigende Größe darstellen. Zweitens könnte der bereits weiter vorn erwähnte Umstand eine Rolle spielen, dass alleinerziehende Mütter keineswegs eine homogene Gruppe bilden und nicht wenige von ihnen die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben auf der Grundlage mehr oder weniger gut ausgebauter informeller Netzwerke befriedigend gelöst haben. Das dürfte vor allem für diejenigen gelten, die sich beruflich gut etabliert haben, zu den Stammbelegschaften von Unternehmen gehören und daher auch über ein vergleichsweise hohes Erwerbseinkommen verfügen. Übersicht 50: Ergeben sich nach Ihren Erfahrungen bei alleinerziehenden Müttern besondere Problemlagen? Antwort Anzahl der Nennungen ja 8 nein 23 Anmerkung: Die Summe der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte. Übersicht 51 : Wenn ja, welche? Nennung von Problemlagen Problemlage(n) Anzahl der Nennungen (gleiche/ähnliche Problemlagen wurden zusammengefasst Mehrfachnennung war möglich) Ungünstige Öffnungszeiten von Kitas, die mit geforderten Arbeitszeiten in den Unternehmen nicht kompatibel sind Häufig keine Alternativen zu Urlaub im Falle der Schließung von Kitas (z.B. Jahreswechsel) 4 1 Keine Betreuungsmöglichkeiten im Krankheitsfall der Mutter 1 Erhöhter organisatorischer Aufwand 1 Fehlende Unterstützung bzw. fehlende Netzwerke 2 Ein weiteres Untersuchungsfeld verband sich mit den Problemen, die sich für Unternehmen mit der Elternzeit von Mitarbeiterinnen (und Mitarbeitern) ergeben. Zunächst galt es die Frage zu beantworten, wie lange in der Regel durch junge Mütter die Elternzeit in Anspruch genommen wird, da die Unternehmen (vor allem bei qualifizierten weiblichen Fachkräften des Stammpersonals) mehrheitlich ein großes Interesse an einer baldigen Rückkehr haben. 86 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 52: Neigen junge Mütter in Ihrem Unternehmen eher zu einer frühzeitigen oder späten Rückkehr aus der Elternzeit? Antwortvorgabe Anzahl der Nennungen N =38 Elternzeit im Rahmen des gesetzlichen Mutterschutzes (8 Wochen bzw. bis zu 3 Monate nach Geburt ) 1 Elternzeit bis 6 Monate 4 Elternzeit bis 9 Monate 1 Elternzeit bis zu einem Jahr 29 Elternzeit länger als ein Jahr 3 Wie die Übersicht 52 verdeutlicht, ist die überwiegende Mehrheit der Mütter ein Jahr in der Elternzeit (76,3 Prozent der Betriebe machten diese Angabe). Dahinter verbergen sich einmal aus der DDR tradierte Verhaltensmuster und zum Anderen die Auswirkungen des seit dem 1. Januar 2007 geltenden neuen Elterngeldgesetzes, durch das junge Mütter genau 12 Monate eine Lohnersatzleistung erhalten, die sich nach dem vor der Elternzeit erzielten Erwerbseinkommen berechnet. Eine zeitliche Verlängerung dieser Lohnersatzleistung auf 14 Monate ist nur dann möglich, wenn der Partner/Ehemann auch mindestens 2 Monate Elternzeit in Anspruch nimmt. Der Sinn dieser Maßnahme besteht u. a. darin, den Wunsch nach Kindern zu erhöhen bzw. zu unterstützen, das familiäre Engagement von Männern zu stärken und auch zur „betrieblichen Normalität“ werden zu lassen und eine möglichst rasche Rückkehr von Müttern und Vätern an den Arbeitsplatz (die auch im Interesse der Unternehmen liegt) zu fördern. Die Frage, wie viele Beschäftigte, die sich gleichzeitig in Elternzeit befinden, das Unternehmen verkraftet, wurde von zahlreichen Betriebsleitern/Personalverantwortlichen gar nicht beantwortet. 87 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 53: Wie viele Beschäftigte gleichzeitig in Elternzeit verkraftet Ihr Unternehmen? Antwortvorgabe Anzahl der Nennungen keinen 0 1 bis 5 Beschäftigte 17 6 bis 10 Beschäftigte 1 10 bis 15 Beschäftigte 1 Mehr als 15 Beschäftigte 0 Anmerkung: Die Summe der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in zahlreichen Fällen keine Angabe erfolgte. Es ist zu vermuten, dass diese Frage noch zu wenig in der Optik ist, zumal Beschäftigte in der Elternzeit (Frauen und Männer) insgesamt in den befragten Unternehmen noch eine untergeordnete Rolle spielen. Das wird deutlich, wenn die Gesamtheit der in den befragten Unternehmen Beschäftigten in Beziehung zur Gesamtheit der in Elternzeit befindlichen Mütter und Väter gesetzt wird: Von den 8.210 Mitarbeiter/innen befinden sich 65 Frauen und Männer in der Elternzeit (vgl. auch die Übersichten 43 und 44). Das sind 0,8 Prozent der Gesamtbelegschaften. Interessant ist, dass es bei den Antworten auch keine Korrelation zwischen Unternehmens- bzw. Belegschaftsgröße und der Anzahl der zu verkraftenden „Elternzeitler/innen“ gibt. Im Gegenteil, gerade in kleineren Unternehmen wurde diese vergleichsweise hoch angesetzt, während sie in Großunternehmen relativ niedrig ausfiel. Es besteht kein Zweifel, dass die Unternehmen sich den damit verbundenen Problemlagen künftig stärker widmen müssen, zumal wenn sie sich nicht nur – wie das gegenwärtig immer noch erfolgt – an den vorhandenen Eltern orientieren, sondern ihre Personalpolitik auf die künftige Gewinnung junger, hoch qualifizierter Fachleute beiderlei Geschlechts ausrichten wollen, für die die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben einen ungleich höheren Stellenwert hat als in früheren Generationen. Die Frage, welche Faktoren zu einer frühen oder späten Rückkehr junger Mütter aus der Elternzeit führen, wurde von den Unternehmensleitungen bzw. Personalverantwortlichen zum Teil sehr unterschiedlich beantwortet. Ohne Zweifel ist davon auszugehen, dass hier die spezifische Zusammensetzung der Belegschaften (Frauen- und Männeranteil, durchschnittliches Qualifikationsniveau) sowie persönliche Erfahrungen der Führungskräfte, möglicherweise auch Klischeevorstellungen und Vermutungen, wo diese konkreten Erfahrungen 88 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern fehlen, eine Rolle bei den Antworten gespielt haben. Es ist ferner zu vermuten, dass auch das Geschlecht der jeweiligen Führungskraft sowie die eigenen familienbezogenen Leitbilder einen Einfluss auf die Antworten gehabt haben. Das gilt umso mehr als die Frage unabhängig von den konkreten Erfahrungen im eigenen Unternehmen beantwortet werden sollte. Übersicht 54: Welche Faktoren sind Ihrer Meinung nach generell die Grundlage für eine frühe oder späte Rückkehr junger Mütter aus der Elternzeit? (Bitte beantworten Sie die Frage unabhängig von Ihren konkreten Erfahrungen im eigenen Unternehmen) stimme voll zu stimme teilweise zu stimme nicht zu (Nennungen) (Nennungen) (Nennungen) Angst vor Entwertung beruflicher Qualifikation führt zu früherer Rückkehr 8 19 10 Angst vor Karriere-„Knick“ führt zu früherer Rückkehr 3 19 9 Einkommensverluste führen zu früherer Rückkehr 22 11 4 Loyalität zum Unternehmen führt zu früherer Rückkehr 3 25 9 Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen führt zu früherer Rückkehr 2 19 16 gute Betreuung des Kindes/der Kinder führt zu früherer Rückkehr 16 16 5 Wenn der Ehemann/Partner Teile der Elterzeit übernimmt, führt das zu früherer Rückkehr 16 17 4 Bei guter finanzielle Absicherung durch den Ehemann/ Partner wird die Elternzeit verlängert 16 16 4 Frauen mit fehlenden Karrieremöglichkeiten neigen zu längerer Elterzeit 9 19 8 Frauen mit geringen beruflichen Ambitionen nehmen eine längere Elternzeit 15 14 7 Frauen, die eine längere Elternzeit nehmen, möchten sich möglichst lange auf das Kind konzentrieren 18 18 1 Wenn keine optimale Betreuung für das Kind vorhanden ist, wird eine längere Elternzeit genommen 17 17 2 Wenn der Ehemann/Partner keine Elternzeit nehmen kann oder will, nimmt die Frau eine längere Elternzeit in Anspruch 10 24 3 Faktoren, die eine frühe Rückkehr bewirken Anmerkung: Die Quersumme der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte. 89 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Bei den Nennungen zu den einzelnen Unterpunkten der Frage fällt zunächst auf, dass sich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die meisten auf die Rubrik „stimme teilweise zu“ konzentrieren. Das ist sicher Ausdruck der Tatsache, dass es sich zum Teil um komplexe und komplizierte Sachverhalte handelt, die sich einer einfachen Wertung entziehen, dass ganz unterschiedliche persönliche Erfahrungen im eigenen Unternehmen sowie in der Verwandtschaft und dem Bekanntenkreis vorliegen und dass zu einigen der erfragten Sachverhalte vielleicht noch keine gefestigten Meinungen existieren. Auffallend ist der hohe Zustimmungsgrad beim Unterpunkt „Einkommensverluste führen zu früherer Rückkehr“. Das ist jedoch insofern nicht verwunderlich als der Zusammenhang zwischen Einkommenseinbußen und längerem Elternurlaub offenkundig ist. Nicht zu erwarten war die relativ niedrige Zustimmung bei der Behauptung, dass die Loyalität gegenüber dem Unternehmen sowie das Bedürfnis nach sozialen Kontakten zu den Kolleginnen und Kollegen eine frühere Rückkehr begünstigt. Zur Erklärung wäre hier eine vertiefende Untersuchung erforderlich, zumal keine vergleichbaren Studien zu diesem Sachverhalt vorliegen. Ein weiteres Feld der Untersuchung bestand in der Ermittlung von Maßnahmen für Frauen in der Elternzeit. Hier kann festgestellt werden, dass in der überwiegenden Mehrheit der befragten Unternehmen solche Maßnahmen bereits existieren oder geplant sind. Unternehmen, die keine Aktivitäten in diesem Bereich aufzuweisen haben, sind vor allem solche, die weder gegenwärtig noch in den letzten zwei Jahren Mitarbeiter/innen im Elternurlaub hatten. Übersicht 55: gibt es im Unternehmen besondere Maßnahmen für Frauen in der Elternzeit? Maßnahme wird praktiziert Maßnahme wird nicht praktiziert Maßnahme ist künftig geplant (Nennungen) (Nennungen) (Nennungen) Rückkehrgespräche im Zusammenhang mit der Elternzeit 28 3 3 Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit während der Elternzeit wenn das gewünscht wird (ggf. auch Telearbeit) 26 5 4 Kontakte und regelmäßige Information zum Betriebsgeschehen 28 5 1 Möglichkeiten zur Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen 20 12 3 Teilnahme an Feiern, Ausflügen u. ä. 31 3 1 Maßnahme Anmerkung: Die Quersumme der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte. 90 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Obwohl die in der Übersicht 55 enthaltenen Zahlen nur die Häufigkeit der einzelnen Maßnahmen angeben und nichts über deren Qualität aussagen, machen sie doch deutlich, dass die überwiegende Mehrheit der befragten Unternehmen das Thema Elternzeit in die betriebliche Personalpolitik integriert hat. Offenkundig war mit den im Fragebogen enthaltenen Vorgaben auch bereits das Spektrum der Maßnahmen abgedeckt, die die Unternehmensleitungen in der Optik haben bzw. praktizieren, denn auf die Frage, ob es noch andere Maßnahmen gibt, erfolgte insgesamt nur eine Antwort: „Aktiver Kontakt der Vertretungskraft mit der in Elternzeit befindlichen Kollegin, um einen reibungslosen Betriebsablauf zu gewährleisten“. Obwohl diese Maßnahme auf den ersten Blick mehr dem Unternehmen als der in Elternzeit befindlichen Mutter Nutzen bringt, scheint sie bei näherer Betrachtung doch überdenkenswert, da sie besser als lose (oder auch mehr zufällige) informelle Kontakte zur Mutter geeignet ist, diese am Betriebgeschehen teilhaben zu lassen sowie ihr unternehmensinternes Wissen und ihre fachlichen Kompetenzen zu erhalten und ggf. sogar zu ergänzen. Im Zusammenhang mit der Elternzeit wurde auch untersucht, welche Arbeitszeitregelungen es innerhalb und nach dieser Freistellung gibt. Übersicht 56: Welche Arbeitszeitregelungen gibt es für Mütter in und nach der Elternzeit? Arbeitszeitregelung Ja Nein (Nennungen) (Nennungen) generell Teilzeitarbeit in der Elternzeit 15 17 Teilzeitarbeit in der Elternzeit bis zu 15 Std./Woche 18 14 Teilzeitarbeit in der Elternzeit von 15 bis 30 Std./Woche 22 10 Erhöhung der Arbeitszeit nach Elternzeit von Teilzeit auf Vollzeit 19 11 Absenkung der Arbeitszeit nach Elternzeit von Vollzeit auf Teilzeit 22 9 Beibehaltung von Vollzeit 28 3 Beibehaltung von Teilzeit 25 4 Anmerkung: Die Quersumme der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte. Wie die Nennungen in Übersicht 56 verdeutlichen, werden die verschiedensten Arbeitszeitarrangements praktiziert, deren Ausrichtung im Einzelnen allerdings im Rahmen dieser Befragung nicht untersucht werden konnten. 91 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 3.3 Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns In einem letzten Untersuchungskomplex wurde der Frage nachgegangen, welche vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen es (unabhängig von der Elternzeit) im Unternehmen gibt. Übersicht 57: Welche vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen gibt es in Ihrem Unternehmen? Handlungsfeld/Maßnahme existiert bereits Ist geplant Ist nicht möglich/ kein Bedarf (Nennungen) (Nennungen) (Nennungen) Teilzeitangebote 26 2 7 Gleitzeit 27 1 5 Arbeitszeitkonten 26 1 7 Vertrauensarbeitszeit 12 * 1 20 Möglichkeit des Wechsels von Vollzeit- auf Teilzeitbeschäftigung und umgekehrt in Abhängigkeit vom Alter des Kindes/der Kinder 23 2 9 Organisatorische Unterstützung bei der Kinderbetreuung (z.B. (über)betriebliche Einrichtung, Ankauf/-mietung von Belegplätzen u.ä.) 1 3 31 Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten (außerhalb der Kita-Öffnungszeiten) oder in Notfällen 2 2 31 Formen der Tele- bzw. Heimarbeit (wo das möglich ist) 12 1 22 Berücksichtigung von Familien mit Kindern bei der Urlaubsplanung 33 1 1 Unbezahlte Freistellungen bei familiären Problemen 21 0 14 Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Weiterbildungsveranstaltungen in und außerhalb der Arbeitszeit 26 2 6 Einmalzahlung bei der Geburt eines Kindes und/oder betriebliche Kinderzulagen (laufende Zahlungen) 8 2 25 Betriebliche Zuschüsse zu den Kinderbetreuungskosten 6 ** 2 27 Zinsgünstige oder zinslose Darlehen seitens des Betriebes in persönlichen/familiären Notsituationen. 8 1 26 * ** eine Nennung bei Vertrauensarbeitszeit bezieht sich ausdrücklich nur auf Tele-Arbeitsplätze in einem Fall werden die vollen Kinderbetreuungskosten übernommen Anmerkung: Die Quersumme der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte. 92 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Offenbar war auch mit diesen Vorgaben im Fragebogen das in den Unternehmen praktizierte Spektrum von Maßnahmen weitgehend ausgeschöpft. Als zusätzliche Maßnahmen wurden lediglich folgende genannt: Übersicht 58: Weitere vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen Maßnahme Anzahl der Nennungen Jobsharing 1 Arbeitszeitbeginn in Übereinstimmung mit Kita-Öffnungszeiten 1 Ansammlung von Plusstunden, die bei Bedarf auch zur Freistellung bei der Erkrankung des Kindes zur Verfügung stehen 1 Variable Vergütung mit Balance Score Card 1 Langfristige Personalplanungen und Mitarbeiterentwicklungsstrategien 1 Mitarbeiterbefragungen zur Schwachstellenanalyse u. Vorschlagseinbringung zum Thema Vereinbarkeit 1 Insgesamt decken sich die Ergebnisse der Befragung zu vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen in den Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns in nicht geringem Maße mit den Befunden anderer Studien90. Das trifft auf jeden Fall auf die hohe Konzentration der Maßnahmen im Bereich Arbeitszeitregelungen zu. Gleiches gilt auch im Hinblick auf ein wesentlich geringeres Engagement der Unternehmen bei der Unterstützung verschiedener Formen der Kinderbetreuung und im Bereich finanzielle Zuwendungen. Die Fokussierung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen auf Arbeitszeitregelungen weist eine gewisse Zwiespältigkeit auf. Auf der einen Seite kommt ihnen bei der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben eine zentrale Bedeutung91 zu, weil sich ohne die 90 vgl. Juncke, D.: Betriebswirtschaftliche Effekte familienbewusster Personalpolitik: Forschungsstand, Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik – Arbeitspapier Nr. 1 / 2005, Münster 2005, S. 30 ff., vgl. auch die 2007 in Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns erhobenen Befunde bei Wahl, D., Abschlussstudie zum Projekt „Starke Väter-starke Kinder“, Rostock 2007 (als Online-Publikation unter www.vereinbarkeit-leben-mv.de) 91 Die große Bedeutung familienfreundlicher Arbeitszeitmodelle konnte durch den Verfasser auch im Rahmen des Projektes „Starke Väter-starke Kinder“ festgestellt werden, vgl. ebenda, S. 38 93 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Verfügbarkeit über arbeitsfreie Zeit überhaupt kein privater/familiärer Lebensbereich konstituieren kann. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass die Unternehmen – gewissermaßen in Konkurrenz zu den Zeit-Bedürfnissen der Arbeitnehmer – ihre Anforderungen an die zeitliche Verfügbarkeit der Beschäftigten über Arbeitszeitmodelle realisieren, die eher den betrieblichen Notwendigkeiten entspringen und bestenfalls im Nebeneffekt familienfreundlich sind92. Mit anderen Worten: Teilzeit, Gleitzeit, Arbeitszeitkonten etc. sind nicht per se familienfreundliche Maßnahmen, sondern nur dann wenn sie sich „auf die Vereinbarkeit von Berufsund Privatleben der Beschäftigten förderlich auswirken, und zwar auch, wenn sie nicht als originär familienunterstützende konzipiert wurden“93. Im Zusammenhang mit vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen in den Unternehmen wurde auch nach Hemmnissen gefragt, die im Hinblick auf deren Einführung gesehen werden. Aufschlussreich ist die Tatsache, dass immerhin 18 Unternehmen angaben, keine bzw. keine umfassenden Kenntnisse zum realen Bedarf an vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen zu haben und 17 völlig oder teilweise fehlende Informationen zu diesen konstatierten. Hier zeigen sich objektiv die Notwendigkeit, sich stärker dem personalpolitischen Handlungsfeld Vereinbarkeit zuzuwenden und die dafür erforderliche innerbetriebliche Datenbasis zu schaffen sowie ein beachtlicher Weiterbildungsbedarf, der sicher für viele andere Unternehmen, die von der Untersuchung nicht erfasst wurden, auch zutrifft. Interessant ist auch die Tatsache, dass 26 Unternehmen die Alterstruktur der Beschäftigten als Hemmnis für die Beschäftigung mit vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen anführten. Das zeigt, dass solche Maßnahmen a) immer noch zu sehr an der aktiven Familienphase festgemacht werden und b) dabei lediglich von der aktuellen Alterstruktur der Belegschaft ausgegangen wird. 92 vgl. Juncke, D.: Betriebswirtschaftliche Effekte familienbewusster Personalpolitik: Forschungsstand, Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik – Arbeitspapier Nr. 1 / 2005, Münster 2005, S. 30 93 Wingen, M.: Betriebliche Familienpolitik als gesellschaftspolitische Aufgabe – familienbewußte Personalpolitik als Weg zum Unternehmenserfolg, in: Sozialer Fortschritt, Berlin, Nr. 3/2003, S. 62 94 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 59: Wo sehen Sie Hemmnisse für die Einführung vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Ihrem Unternehmen? Hemmnis trifft voll zu trifft teilweise zu trifft nicht zu (Nennungen) (Nennungen) (Nennungen) finanzielle Belastung des Unternehmens 9 18 7 personell zu aufwendig, da die laufenden Alttagsgeschäfte keine Zeit übrig lassen 6 16 12 keine Informationen zum realen Bedarf bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen 3 15 17 fehlende Informationen über vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen u. ihre konkrete Ausgestaltung 3 14 18 starke Fluktuation der Belegschaft 1 1 32 kein aktueller Bedarf aufgrund der Altersstruktur der Belegschaft 9 17 9 Anmerkung: Die Quersumme der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte. Eine starke Fluktuation, die letztendlich zu instabilen Belegschaften führt, spielt als Hemmnis bei der Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen praktisch keine Rolle. Das ist sicher auch Ausdruck einer niedrigen Kündigungsbereitschaft in Zeiten hoher faktischer oder drohender Arbeitslosigkeit. Die Frage, ob noch andere als die aufgeführten Hemmnisse für die Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen gesehen werden, wurde lediglich von drei Unternehmen beantwortet. Diese führten branchenspezifische betriebliche Erfordernisse (Hotel- und Gaststättengewerbe), teilweise fehlendes Verständnis der Kolleginnen und Kollegen sowie eine generell konservative Einstellung an. Wichtig ist die Anmerkung eines Unternehmens, das auf die sehr unterschiedliche Zusammensetzung und Bedarfslage in den einzelnen innerbetrieblichen Bereichen hinwies und die daraus folgenden unterschiedlichen Möglichkeiten für vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen hervorhob. 3.4 Weiterbildungs- und Beratungsbedarf der befragten Unternehmen und Einrichtungen Abschließend wurde die Frage gestellt, ob die Unternehmensleitungen bzw. Personalverantwortlichen Weiterbildungs- und Beratungsbedarf zum Thema Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben haben. 95 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Übersicht 60: Haben Sie Interesse an Informationen bzw. an Beratung zum Thema Vereinbarkeit? Antwort Anzahl der Nennungen N=37 ja 14 nein 19 Anmerkung: Die Summe der Nennungen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte. Immerhin wünschen 14 der befragten Unternehmen und Einrichtungen Informationen, Weiterbildungsveranstaltungen und Möglichkeiten des Erfahrungsaustausches zum Thema. Die nachfolgende Übersicht verdeutlicht die Präferenzen im Hinblick auf einzelne Maßnahmen. Übersicht 61: Wenn ja, wünschen sie: Antwortvorgabe Anzahl der Nennungen Individuelle unternehmensbezogene Information/Beratung 5 Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen 12 Teilnahme an workshops/Seminaren zu ausgewählten Schwerpunktthemen: 12 Information zu Arbeitszeitmodellen 8 Information zu Elternzeit, Elterngeld, Wiedereinstieg nach Elternzeit 6 Information zur Kinderbetreuung 9 Information zu geldwerten Leistungen, steuerfreien Zuschüssen u. ä. 12 Wie die Übersicht 61 verdeutlicht, konzentrieren sich die Wünsche hinsichtlich der Form der Weiterbildung/Information eindeutig auf den Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen sowie die Teilnahme an workshops. Thematisch bilden Arbeitszeitmodelle, betriebliche Formen der Kinderbetreuung und vor allem geldwerte Leistungen/steuerfreie Zuschüsse den Schwerpunkt. 96 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen • Die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben ist kein „Modethema“, das gegenwärtig Konjunktur hat, sondern ein langfristiges Problem von großer sozialpolitischer Bedeutung. Diese ergibt sich – historisch betrachtet – aus den gravierenden Veränderungen, die sich seit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts sowohl in der Arbeitswelt als auch in den Familienstrukturen und geschlechterspezifischen Erwerbsmustern vollzogen haben und – perspektivisch gesehen - aus dem daraus resultierenden demographischen Wandel und neuen Anforderungen an Erwerbsarbeit im Rahmen weltumspannender Globalisierungsprozesse und technologischer Innovationen. • Die damit verbundenen neuen Herausforderungen berühren den Staat und die öffentliche Verwaltung ebenso wie Wirtschaftsunternehmen, die einzelnen Familien und ihre Mitglieder. Deshalb kann die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben, die eine wesentliche Grundlage für hohe Lebensqualität der Menschen sowie für gesellschaftliche Stabilität und Zukunftsfähigkeit ist, nur in engem Zusammenwirken dieser drei Hauptakteure erfolgen, von denen jeder nicht auf den anderen übertragbare Leistungen in diesem Prozess zu erbringen hat. • Sowohl bei der Untersuchung der mit dem Thema „Vereinbarkeit“ verbundenen gesellschaftlichen Problemlagen als auch bei der Bestimmung der politischen Handlungsfelder und deren konkreter Umsetzung in der sozialen Realität ist davon auszugehen, dass es sich nicht um einen Prozess handelt, der sich nur auf die so genannten „aktive Familienphase“ reduzieren lässt, sondern lebensphasenbezogene Besonderheiten aufweist, die bis heute sowohl in der Wissenschaft als auch in der praktisch-politischen Gestaltung noch zu wenig thematisiert werden. Dadurch bleiben Determinanten der Familiengründung und des Kinderwunsches junger Menschen oftmals genauso ausgeblendet wie z. B. die besonderen Belastungen der so genannten „Sandwich-Generation“ und die sich verstärkenden Herausforderungen durch die Pflege behinderter, vor allem aber älterer Menschen. Gleiches gilt für die längere Verweildauer von Jugendlichen und Heranwachsenden im Haushalt ihrer Herkunftsfamilie, die für die Eltern (vor allem jedoch für die Mütter) mit einem erhöhten und zeitlich verlängerten Aufwand für die häusliche Reproduktionsarbeit verbunden ist und sich nicht selten bereits mit Verpflichtungen in der Pflege älterer Familienangehöriger überschneidet. • Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben bedarf auf der einen Seite des politischen Willens und des konkreten Engagements der einzelnen Akteure, erfordert andererseits jedoch eine solide Grundlage an Informationen 97 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern darüber, was gegenwärtig Quantität und Qualität unserer Erwerbsarbeit, Entwicklungstendenzen der Familienstrukturen und Partnerbeziehungen, das Zusammenwirken der Generationen und nicht zuletzt das Verhältnis der Geschlechter bestimmt. • Ungeachtet einer sehr unterschiedlichen Verteilung erwerbstätiger Frauen auf die einzelnen Branchen kann im Vergleich zu den alten Bundesländern insgesamt eine hohe Erwerbsbeteiligung festgestellt werden. Diese zeigt sich vor allem in einem starken Anteil von Frauen in Vollzeitbeschäftigung, der in den meisten Branchen nicht unter die 60-Prozent-Marke fällt. Charakteristisch ist ferner eine vergleichsweise geringere Einbindung in Teilzeitarbeit, bei der die überwiegende Mehrheit der Frauen über 18 Wochenstunden bis vollzeitnah arbeitet. Die Beantwortung der Frage ob und wie sich der deutschlandweite Trend, dass sich zwar die Beschäftigungsquote von Frauen erhöht, ihr Arbeitsvolumen jedoch stagniert bzw. sich rückläufig entwickelt, auch in MecklenburgVorpommern durchsetzt, muss künftigen Analysen vorbehalten bleiben. Sollte sich eine verstärkte Einbindung von Frauen/Müttern in Teilzeitarbeit bestätigen, die nicht von einer gleichen Tendenz bei den männlichen Beschäftigten begleitet würde, wäre das ein Schritt in Richtung auf Verfestigung bzw. sogar Verstärkung traditioneller geschlechterspezifischer Rollenzuschreibungen. • Diese hohe Erwerbstätigkeit gilt nicht nur für Frauen im Allgemeinen, sondern auch für Mütter mit Kind/Kindern unter 18 Jahren. Insgesamt waren 65,6 Prozent der Mütter mit Kindern dieser Altersgruppe in verschiedene Formen der Erwerbsarbeit eingebunden. Generell hat sich aber im Vergleich zu 1990 die Gesamtzahl minderjähriger Kinder dramatisch verringert. Das gilt für alle Altersgruppen, jedoch in erster Linie für Kinder im Vorschulalter, die einen besonderen Betreuungsaufwand erfordern. Daraus lässt sich der Schluss ableiten, dass es künftig bei Strategien und Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben nicht nur um die Unterstützung und Stabilisierung bereits bestehender Familien gehen kann, sondern Rahmenbedingungen dafür zu schaffen sind, dass sich der immer noch mehrheitlich vorhandene Wunsch junger Menschen nach erfüllten Partnerbeziehungen und Kindern (Familiengründungswilligkeit) besser realisieren lässt. • Alle erwerbstätigen Mütter mit im Haushalt lebenden Kindern (auch die Väter) haben in der einen oder anderen Weise Vereinbarkeitsprobleme zu bewältigen, die natürlich sehr vom Charakter der Beschäftigung, dem dort vorherrschenden Arbeitszeitregime, dem jeweiligen Betriebsklima, den Zugriffsmöglichkeiten auf solidarischen Unterstützungsstrukturen (persönliche Netzwerke) und nicht zuletzt von den Arrangements der 98 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern innerfamiliären Arbeitsteilung abhängen. Von besonderen Belastungen geprägt ist die Gruppe der Alleinerziehenden, die jedoch keineswegs eine homogen Risikogruppe darstellt, sondern im Hinblick auf das Alter der zu betreuenden Kinder sowie auf Ressourcen zur Bewältigung der Vereinbarkeitsprobleme (Einkommen, Beschäftigung, informelle Netzwerke) in sich sehr differenziert ist. Besondere psychosoziale Belastungen weist die Gruppe von alleinerziehenden Frauen auf, die mehrere kleine Kinder versorgen müssen, eine geringe Qualifikation aufweisen und durch eingeschränkte Mobilität und Flexibilität nur begrenzte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. • Junge Frauen und Mütter stellen angesichts ihrer hohen Erwerbsorientierung, die in den östlichen Bundesländern ohnehin vorhanden und in den westlichen Bundesländern in den letzten beiden Jahrzehnten stark angewachsen ist sowie ihrer im Durchschnitt sehr guten schulischen und beruflichen Qualifikation ein beachtliches Arbeitskäftepotenzial dar, dessen Nutzung durch privatwirtschaftliche und öffentliche Arbeitgebende – unabhängig von konkret vorhandenen Einstellungspräferenzen – ohne Alternative ist. Ungeachtet dessen ist ihre Beschäftigung nach wie vor mit einigen Risiken verbunden, die aus biologischen Gegebenheiten wie Schwangerschaft und Mutterschaft resultieren, weitaus stärker aber noch mit historisch gewachsenen geschlechterspezifischen Rollenzuschreibungen verbunden sind. • Beide können dazu führen, dass Frauen/Mütter durch Schwangerschaftskomplikationen, Mütterschutz, Elternzeit und Betreuung erkrankter Kinder im Verlauf ihrer beruflichen Tätigkeit Fehlzeiten aufweisen, deren Zeitpunkt und Dauer nicht immer planbar sind und die nicht selten zur arbeitsorganisatorischen Problemen und schmerzhaften, bisweilen kaum kompensierbaren personellen Ausfällen führen. Da die Nichtbeschäftigung von Frauen/Müttern aus den genannten Gründen weder aus gleichstellungspolitischer noch aus volks- und betriebswirtschaftlicher Sicht langfristig eine gangbare Strategie darstellt, können die durchaus für Arbeitgeber/innen vorhandenen Probleme nur durch bewährte vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen gelöst werden, wie sie zahlreiche Unternehmen und Einrichtungen bereits praktizieren. Hinzu kommt, dass z. B. Elternzeit und die Betreuung erkrankter Kinder biologisch keineswegs an Frauen gebunden sind und perspektivisch Ausfallzeiten von Müttern durch mehr familiäres Engagement von Männern/Vätern in starkem Maße minimiert werden könnten. Dazu bedarf es jedoch nicht nur des individuellen Willens von Vätern, sondern vor allem auch eines kulturellen Wandels in den Unternehmen selbst, in denen Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben in der Regel noch immer als „Frauenproblem“ betrachtet wird. 99 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern • Neben dem Risiko bisweilen schwer kalkulierbarer Ausfälle, die sich im weitesten Sinne aus Schwangerschaft und Mutterrolle von Frauen ergeben, wird häufig ein zweites Problem bei der Beschäftigung von Frauen thematisiert: Ihr im Vergleich zu Männern angeblich höherer Krankenstand. Dieses Vorurteil, das einer empirischen Überprüfung nicht standhält, speist sich zunächst aus der Tatsache, dass einige Gesundheitsberichte von Krankenkassen tatsächlich leicht höhere Krankenstände bei Frauen ausweisen, Frauen insgesamt häufiger einen Arzt konsultieren und mehr Medikamente in Anspruch nehmen als Männer. Als weiteres Argument dient dann meist noch der Hinweis auf eine höhere Rate bei psychischen Störungen und Erkrankungen, die nicht selten mit geringerer Belastbarkeit und Stressresistenz assoziiert wird. • Obwohl die Determinanten geschlechtsspezifischer Krankenstände keineswegs ausreichend erforscht und wir deshalb vielfach auf Mutmaßungen angewiesen sind, lässt sich feststellen, dass der Krankenstand von Frauen (wie auch von Männern), sehr viel mehr durch historisch gewachsene und kulturell verfestigte Elemente der Arbeitsteilung, der Rollenzuschreibung und daraus abgeleiteter Beschäftigungsfelder und Verhaltensweisen geprägt wird als durch biologische Gegebenheiten der Geschlechter, sieht man einmal von typischen Frauen- und Männerkrankheiten ab. Das bedeutet, dass die horizontale und vertikale geschlechtspezifische Segregation des Arbeitsmarktes, ein unterschiedlich entwickeltes Gesundheitsbewusstsein und –verhalten, die in der Regel immer noch charakteristische Doppelbelastung erwerbstätiger Mütter und besondere Stressfaktoren, denen alleinerziehende Mütter ausgesetzt sind, weitaus stärker den Krankenstand beeinflussen als typische „Frauenkrankheiten“. • Die Befragung in der Unternehmen und Einrichtungen hatte das Ziel, festzustellen, ob sich die im „externen Material“ erhobenen Befunde auch in der betrieblichen Personalpolitik widerspiegeln, wie die konkreten Erfahrungen mit den besonderen Problemlagen erwerbstätiger Mütter sind und mit welchen Maßnahmen auf neue mit der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit, Familie und Privatleben verbundene Herausforderungen reagiert wird. Obwohl die Befragung aufgrund der insgesamt doch eher zurückhaltenden Bereitschaft zur Mitarbeit keineswegs als repräsentativ für Mecklenburg-Vorpommern gelten kann, gelang es doch, Unternehmen verschiedener Größe und Branchenzugehörigkeit einzubeziehen. Gleiches gilt im Hinblick auf die unterschiedliche geschlechtsspezifische Zusammensetzung der Belegschaft und die geographische Verteilung. • Einer der wesentlichsten Befunde der Untersuchung bestand zunächst einmal in der Tatsache, dass – ungeachtet z. T. beträchtlicher Unterschiede - insgesamt eine nicht zu 100 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern erwartende niedrige Anzahl von Müttern mit Kindern im Alter bis zu 12 Jahren in den Unternehmen und Einrichtungen tätig war. Sie hatten lediglich einen Anteil von 5,6 Prozent an den Belegschaften sämtlicher Betriebe. Vergleichsweise noch geringer war die Anzahl alleinerziehender Mütter, die in der Mehrheit der Unternehmen gar nicht existierten. Es ist zu vermuten, dass dadurch Vereinbarkeitsprobleme von Müttern in sehr unterschiedlichem Maße in den Wahrnehmungshorizont von Unternehmensführungen und Personalverantwortlichen gelangten und damit natürlich auch der akute Handlungsbedarf sehr unterschiedlich ausfiel. Die geringe Anzahl von Müttern mit Kindern bis zu einem Alter von 12 Jahren hängt u.a. auch mit der Alterstruktur der Belegschaften zusammen. Der Frage, ob diese „historisch gewachsen“ oder Ergebnis einer bestimmten Einstellungspolitik ist, wird in den anderen Teilen der Studie nachgegangen Insgesamt deutete sich in der Untersuchung der auch bereits in anderen Studien konstatierte Zusammenhang zwischen hoher Frauen- und Mütterbeschäftigung bzw. auch hoher Mütterquote und einer relativ breiten Palette praktizierter vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen ebenfalls an. • Nicht zu erwarten war auch der sehr niedrige Anteil von Müttern, die sich in Elternzeit befinden und insgesamt nur einen Anteil von 2,1 Prozent der in allen Unternehmen beschäftigten Frauen ausmachten. Noch wesentlich kleiner war der Anteil der im Elternurlaub befindlichen Väter, der lediglich 0,2 Prozent aller männlichen Belegschaftsmitglieder umfasste. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass Arbeitsausfälle durch Elternurlaub die Mehrheit der Unternehmen vor keine oder nur geringe Probleme stellen. Das könnte sich aufgrund eventuell wieder ansteigender Geburtenraten und der stärkeren Inanspruchnahme der Elternzeit durch Männer ändern. Die Deutung von durchaus vorhandenen Signalen in diese Richtung auf gesamtgesellschaftlicher Ebene ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings noch zu früh. • Von praktischer Bedeutung war die Feststellung, dass der weitaus größte Teil der Mütter eine Elternzeit von 12 Monaten in Anspruch nimmt. Geht man von diesen Zeitrahmen als sich abzeichnende generelle Tendenz aus, die durch die neue Elternzeitregelung noch unterstützt wird, so ergeben sich für Unternehmen kalkulierbarere und vor allem im Durchschnitt kürzere Ausfallzeiten. Geht man ferner noch davon aus, dass es künftig gelingt, mehr Väter auch für längere Zeiträume (über die bisher üblichen 2 Monate) zur Inanspruchnahme von Elternzeit zu bewegen, wird sich deren Dauer für beide Elternteile verkürzen, was prinzipiell im Interesse der Unternehmen liegt. Diese müssen dafür aber umdenken und auch jenseits des Problemfeldes Elternzeit eine neue Vorstellung von „typisch männlicher“ Erwerbsbiographie entwickeln. Wenn diese heute noch fast utopisch 101 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern anmutende Vision Realität werden sollte, haben wir eines Tages nur noch Arbeitnehmer/ innen mit gleichen Interessen in Bezug auf Beteiligung am Erwerbsleben sowie die Verwirklichung des Wunsches nach Familie und Privatleben, die dann als „alltägliche Normalität“ auch von Arbeitgebern akzeptiert werden. • Während Ausfallzeiten durch Elternurlaub für die Mehrheit der Unternehmen nicht zu gravierenden Problemen führten, war die Betroffenheit von Fehlzeiten beschäftigter Mütter, die durch die Betreuung erkrankter Kinder bis zu einem Alter von drei Jahren bedingt waren, größer. Die Erhebung umfangreiche Daten zum Krankenstand der Frauen/Mütter hätten den Rahmen dieser Befragung gesprengt. Deshalb wurden die damit verbundenen Fragen und Probleme auf der Grundlage des „externen Materials“ etwas ausführlicher dargestellt. Ermittelt wurde lediglich die Bedeutung von Ausfallzeiten, die im Zusammenhang mit dem Mutterschutz stehen und solchen die mit Schwangerschaftskomplikationen bzw. Beschäftigungsverboten verbunden sind. Insgesamt ließen sich hier keine gravierenden Probleme feststellen, ein Befund, der in anderen Branchen eventuell abweichend ausfallen würde. • Im Hinblick auf das in den untersuchten Unternehmen und Einrichtungen vorhandene Angebot an vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen, lässt sich insgesamt eine positive Bilanz ziehen. Das gilt vor allem in Bezug auf die Breite des Angebotes, auch wenn die einzelnen Maßnahmen noch eine sehr unterschiedliche Ausprägung erfahren. Eindeutig im Mittelpunkt stehen Arbeitszeitregelungen, die von Teilzeitangeboten über Arbeitszeitkonten und Vertrauensarbeitszeit bis zur Telearbeit reichen. Auffällig ist das vergleichsweise niedrige Angebot in den Bereichen, die mit finanziellen Transfers (zinslose oder zinsgünstige Darlehen, Zuschüsse zu Kinderbetreuungskosten, Einmalzahlung bei Geburt von Kindern) bzw. der Unterstützung der Kinderbetreuung verbunden sind. Dieser Sachverhalt ist jedoch keine Besonderheit von Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern, sondern ein Befund, der auch in Studien, die die Situation in anderen Bundesländern zum Gegenstand haben, immer wieder angeführt wird. • Es ist zu vermuten, dass die stärkere Zurückhaltung bei finanziellen Transfers nicht in erster Linie mit der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen zu erklären ist. Hier liegt die Vermutung nahe, dass vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen immer noch in sehr starkem Maße mit Arbeitszeitregelungen, Arrangements zum Elternurlaub und der Berücksichtigung von Familien mit Kindern bei der Urlaubsplanung assoziiert werden. Ein stärkeres Engagement der Unternehmen bei der finanziellen Unterstützung von Familien, die durchaus auch Überlegungen zu geldwerten Leistungen einschließt, wäre gerade in 102 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern mit seinen unterdurchschnittlichen Löhnen und Gehältern angebracht. • Das vergleichsweise geringe Engagement in der Kinderbetreuung hat sicher viele Ursachen. Wie auch andere Studien zeigen, sind Unternehmen immer noch der Auffassung, dass diese Aufgabe ganz wesentlich Privatsache jeder Familie ist. In Mecklenburg-Vorpommern kommt noch hinzu, dass im Prinzip flächendeckend Stätten der Kinderbetreuung vorhanden sind, deren Öffnungszeiten sich jedoch immer seltener mit flexiblen Arbeitszeitanforderungen der Unternehmen und/oder dem Pendeln zur Arbeitsstätte decken. Die Lösung dieses Problems wird seitens der Betriebe oftmals bei den Trägern selbst bzw. den Kommunalverwaltungen gesehen. Als letzte Ursache für ein geringes Engagement in Sachen Kinderbetreuung sei noch einmal auf die auch in dieser Studie deutlich zu Tage getretene Bedarfslage verwiesen. In nicht wenigen Unternehmen (selbst in Großbetrieben) kommen so wenig Beschäftigte im Elternurlaub oder mit Kindern in betreuungsintensiven Alterstufen zusammen, das einzelne konkrete Bedarfslagen entweder gar nicht artikuliert werden oder aus der Optik der Personalpolitik verschwinden. • Insgesamt lassen die Ergebnisse der Befragung den Schluss zu, dass die mit einer besseren Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben verbundenen Herausforderungen in der Personalpolitik von Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern „angekommen“ sind und – mit deutlichen Unterschieden zwischen einzelnen Branchen und Betrieben - in entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden. Die Befragung macht allerdings auch deutlich, dass bisher keineswegs die Vielfalt der vorhandenen und in zahlreichen Unternehmen Deutschlands bereits praktizierten Maßnahmen Bestandteil betrieblicher Personalpolitik ist. Auf der einen Seite müssen in zahlreichen Unternehmen selbst erst einmal die entsprechenden Daten und Bedarfe ermittelt werden. Auf der anderen Seite deutet sich ein z. T. vielfältiger Weiterbildungsbedarf an, den etwa ein Drittel der befragten Unternehmen auch selbst zum Ausdruck brachte. 103 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 5. Weiterer Forschungsbedarf Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden viele Sozialdaten herangezogen, die aus den unterschiedlichsten Quellen stammen: Bundes- und Landesstatistiken, Berichte und Pressemeldungen von Krankenkassen sowie zahlreiche Studien, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit dem Thema stehen. Ferner wurden mittels der Befragung von Unternehmen und Einrichtungen selbständig neue Daten erarbeitet. Insgesamt konnten auf dieser Grundlage eine Reihe von Aussagen zum Problem der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben in Mecklenburg-Vorpommern, die allerdings auf die soziale Situation junger Mütter zugeschnitten waren, vorgenommen werden. Gleichzeitig zeigte sich jedoch, dass dieses politische Handlungsfeld eine sehr große Komplexität aufweist, deren angemessene Berücksichtigung den Rahmen dieser Untersuchung weit überschritten hätte. Ferner zeigte sich, dass die derzeitige Basis an offiziell verfügbaren Sozialdaten noch relativ schmal ist und nur eine punktuelle bzw. ausschnittsweise Analyse ermöglicht. Deshalb sollen im Folgenden einige ausgewählte Forschungsprobleme zum VereinbarkeitsThema aufgeführt werden, die künftig einer verstärkten Bearbeitung bedürfen. Es sind dies Themen/Problemlagen, die bisher kaum systematisch untersucht wurden, zu denen es nur punktuelle Ergebnisse gibt bzw. für die in unserem Bundesland keine oder zu wenig Erkenntnisse vorliegen. Es handelt sich dabei um sehr breit angelegte Themen, die noch beliebig untersetzt werden könnten. 1. Verbesserung der themenrelevanten Datenbasis Begründung: Für die Analyse des Ist-Standes und zur Entwicklung und Umsetzung geeigneter Strategien für eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben muss die Datenlage zu allen damit verbundenen sozialen Erscheinungen und Prozessen erheblich verbessert werden. Das beinhaltet vor allem auch neue Anforderungen an die mit Statistik befassten Institutionen, Behörden, Kammern und Verbände. Obgleich insgesamt durchaus Fortschritte zu verzeichnen sind, fehlen nach wie vor für einige Bereiche geschlechterspezifische Sozialdaten, erfolgt eine Fortschreibung von bereits seit vielen Jahren abgefragten Kennziffern, obwohl sich die Arbeitswelt, die Familienformen und die Lebensentwürfe der Menschen beträchtlich verändert haben und die Lösung völlig neuer Probleme auf der Tagesordnung steht. Die erhobenen Daten orientieren sich noch zu sehr an die herkömmliche Auffassung von Familie, Familienleben und Normalarbeitsverhältnis. So ist z. B. die Datenlage zur Einbeziehung von Menschen in so 104 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern genannte atypische Beschäftigungen in Mecklenburg-Vorpommern lückenhaft. Gleiches gilt für die anwachsende Gruppe der Alleinerziehenden. Wenn das auch in erster Linie für alleinerziehende Männer zutrifft, so fehlen doch auch für die Ein-Eltern-Familien mit weiblichen Haushaltsvorständen zahlreiche Informationen. Äußerst schmal ist auch die Datenbasis zu den Selbständigen in unserem Bundesland, die immerhin etwa 80.000 Personen umfassen und möglicherweise stärkere Vereinbarkeitsprobleme aufweisen als die abhängig Beschäftigten. 2. Welche Qualität weisen vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen auf? Begründung: Inzwischen liegen für die Bundesrepublik insgesamt wie auch für einzelne Länder und Kommunen zahlreiche Befragungsergebnisse im Hinblick auf familienfreundliche bzw. vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen vor, werden viele Best-PracticeBeispiele präsentiert. Diese Befunde spiegeln jedoch oftmals nur die quantitative Seite des Problems „Vereinbarkeit in Unternehmen“ wider. Was sich dahinter für Qualitäten verbergen, wie einzelne Maßnahmen im Unternehmen kommuniziert und umgesetzt werden und welcher tatsächliche Kenntnisstand zu inneren Bedarfslagen, Belegschaftsstrukturen und potenziell möglichen vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen vorhanden ist, bleibt häufig verborgen. Diese Probleme lassen sich allerdings nicht mit herkömmlichen Befragungsmethoden ermitteln, sondern nur im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, die die konkrete Implementierung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen im Unternehmen zum Ziel hat. 3. Welche Faktoren beeinflussen die Durchsetzung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Unternehmen und Einrichtungen? Begründung: Wir haben viele Erkenntnisse zur gesamten Palette möglicher vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Unternehmen und kennen zahlreiche Betriebe und Einrichtungen, die sich durch hohe Familienfreundlichkeit auszeichnen und als „BestPractice-Beispiele“ angeführt werden. Die Entwicklung solcher Beispiele scheint auf den ersten Blick zufällig zu sein, da sie sich weder auf bestimmte Branchen noch auf bestimmte geographische Räume konzentrieren. Schaut man genauer hin, ist feststellbar, dass es gewisse Zusammenhänge zwischen Familienfreundlichkeit auf der einen Seite und einer Reihe von unternehmensbezogenen Faktoren auf der anderen Seite gibt (Betriebsgröße und –biographie, geschlechterspezifischer Zusammensetzung der Belegschaften, Mütterquote, Qualifikationsstruktur der Beschäftigten, Selbstverständnis und persönliche Erfahrungen der 105 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Betriebsleitungen, Unternehmenskultur usw.). Die Herausarbeitung solcher Faktoren, die die Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen begünstigen oder auch behindern hat eine große praktische Bedeutung, da sie sich in Beratungs-, Informations- und Weiterbildungsmaterialien umsetzen lassen und die Argumentationsfähigkeit gegenüber Unternehmensleitungen stärken. Hier stehen wir erst am Anfang einer umfassenden Analyse. 4. Wie ist der Entwicklungsstand vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen außerhalb des privatwirtschaftlichen Sektors? Begründung: Die überwiegende Mehrheit der Untersuchungen zu vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen von Arbeitgebern konzentriert sich auf die Unternehmen der Privatwirtschaft. Das ist insofern legitim als sich in der Vergangenheit in diesem Sektor ein beträchtlicher Handlungsbedarf aufgebaut hatte und zu Recht davon ausgegangen wurde, dass auch Unternehmen dieses Bereiches Verantwortung für eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben übernehmen müssen. Weitaus weniger untersucht ist der Stand vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen im öffentlichen Dienst (Einrichtungen von Bund, Ländern und Kommunen sowie deren Beschäftigte) und in den so genannten private Organisationen ohne Erwerbszweck (z. B. politische Parteien, Gewerk schaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Vereine usw.). Hier besteht ein beträchtlicher analytischer Nachholbedarf, zumal in diesen beiden Bereichen allein in MecklenburgVorpommern Zehntausende Personen (mit einem sehr hohen Frauenanteil) tätig sind. Hinzukommt, dass die auf Gleichstellung der Geschlechter abzielende Strategie des gender mainstreaming, die u. a. auch die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben beinhaltet, per Gesetz als zu erfüllende Querschnittsausfgabe im öffentlichen Dienst eingesetzt wurde. Schon von daher müsste dieser – im Vergleich zur Privatwirtschaft, für die es kein verbindliches Gleichstellungsgesetz gibt – die meisten Best-Practice-Beispiele hervorbringen. 5. Wie beeinflussen Arbeitslosigkeit, die Zunahme so genannter atypischer Beschäftigung (Zeitarbeit, Pendlerwesen, Befristungen usw.) und prekäre Einkommen die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und bereits bestehenden Familien aber auch die Familiengründungswilligkeit junger Menschen? Begründung: Ohne Zweifel sind vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen und Einrichtungen ungemein wichtig, aber nur eine Seite der Medaille. Alle einschlägigen Studien zeigen, dass Familien ein Mindestmaß an gemeinsam verfügbarer Zeit, an Planbarkeit im Sinne von Sicherheit des Arbeitsplatzes und an Einkommen brauchen. Sind 106 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern diese Faktoren nur unzureichend gegeben, werden zweifelsohne vorhandene Kinderwünsche aufgeschoben bzw. gar nicht erfüllt, kommt es nicht zur Familiengründung, büßen vorhandene Familien an Stabilität ein (Desorganisation der Familie). Diese Zusammenhänge sind bisher wenig untersucht. Der Fokus von Studien lag fast immer auf der Wirkung von vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen auf kommunaler oder betrieblicher Ebene. Deshalb wissen wir auch sehr wenig über den Stellenwert der o.g. Faktoren im Hinblick auf Einstellungen und Verhaltensstrukturen junger Menschen, da sie kaum abgefragt werden. 6. Wie entwickeln sich unter den Bedingungen einer sich wandelnden Arbeitswelt und einer verstärkten räumlichen Mobilität die innerfamiliären Beziehungen? Welche Unterstützungsstrukturen bzw. Solidarpotenziale entfalten sich? Begründung: Alle Studien zeigen, dass die in der Familie angelegten Unterstützungsstrukturen die weitaus wichtigsten sind, die auch durch Freunde und Bekannte in der Regel nicht kompensiert werden können, da Verwandtschaft nach wie vor einen außerordentlich hohen Verpflichtungscharakter hat. Über diese innerfamiliären Beziehungen und Solidarleistungen haben wir kaum Kenntnisse. Das beginnt bereits damit, dass die Statistik vorrangig die Entwicklung der Haushalte widerspiegelt und somit ein Bild von zunehmender Singularisierung der Menschen (Single- und Zwei-Personenhaushalten nehmen enorm zu) und der Schrumpfung der Familien vermittelt. Da aber alle Menschen nach wie vor in familiäre bzw. verwandtschaftliche Netzwerke eingebunden sind (auch wenn diese tendenziell kleiner werden) ist das relativ neue Konzept der „Multilokalen Mehrgenerationenfamilie“ von großer Bedeutung. Wie unterstützen sich Angehörige der Familie trotz räumlicher Trennung in separate Haushalte gegenseitig, welche Transfers laufen zwischen den Generationen ab, in welchem Maße ermöglicht überhaupt erst der Zugriff auf solche Netzwerke die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie? Zu fragen wäre auch, in wie weit sich diese Netze festigen oder auch z. B. durch massive Abwanderung zum Teil. irreparabel zerstört werden (vor allem im ländlichen Raum). Zur Bestimmung familiärer Lebensformen ist jedenfalls das Konzept einer haushaltsorientierten Erfassung von Ehe und Familie lediglich in einer begrenzten Phase des Familienzyklus aussagekräftig, da nur in dieser Phase Haushalt und Familienleben zusammenfallen, während bei heranwachsenden Kindern, aber auch in Bezug auf die ältere Generation, eine Haushaltskonzeption familiäre Zusammenhänge nicht mehr erfassen kann. 107 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 7. Wie gestaltet sich das Problem der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie in den unterschiedlichen Lebensphasen der Menschen? Begründung: Bisher liegt der Fokus der gesamten Vereinbarkeitsdebatte und dazu gehörender wissenschaftlicher Studien eindeutig auf jungen Menschen, ihrer Familiengründungswilligkeit und Kinderzahl sowie der Betreuung des Nachwuchses (also auf der so genannten aktiven Familienphase). Das hat natürlich angesichts sinkender Geburtenraten, absehbarer Überalterung der Bevölkerung, der Belastung der Sozialsysteme und der zu erwartenden Verringerung von Fachkräften eine starke Berechtigung. Ungeachtet dessen ist die Vereinbarkeit auch in späteren Lebensphasen zu leisten – zumal wenn der Eintritt in das Rentenalter perspektivisch erst mit 67 Jahren erfolgt und die Unternehmen sich aufgrund des demographischen Wandels stärker älteren Arbeitnehmern zuwenden müssen. Bei der heutigen Lebenserwartung werden viele Menschen nicht nur ihre Enkel, sondern auch noch die Urenkel erleben. Andererseits wird schon in wenigen Jahren massiv das Problem der Pflege älterer Angehöriger auf uns zukommen, das sich sowohl in gegenwärtigen Studien als auch in konkreten Vereinbarkeitsstrategien noch höchst unzureichend widerspiegelt. Besondere Belastungen in Sachen Vereinbarkeit weist die so genannte „Sandwich-Generation“auf, die voll im Berufsleben steht, Verpflichtungen gegenüber Kindern und Enkeln aber auch gegenüber den eigenen Eltern hat. 8. Mit welchen besonderen Problemlagen im Hinblick auf Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie sind Männer/Väter konfrontiert? Begründung: Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie wird immer noch sehr stark (vor allem in Unternehmen) als „Frauenthema“ gesehen. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass Frauen im realen Leben die Hauptlast der von Familien zu erbringenden Vereinbarkeitsleistungen tragen, das Familienernährermodell stark verinnerlicht ist und dass nach wie vor bei der Implementierung der Strategie des Gender Mainstreaming die Gleichstellung von Frauen im Mittelpunkt steht. Ungeachtet dessen wollen immer mehr Männer Erwerbsarbeit und Familie ohne Abstriche im einen oder anderen Bereich vereinbaren können (Wertewandel in Richtung Gefährtenfamilie/partnerschaftliche Beziehungen, Erosion des Familienernährermodells in der jungen Generation). Ein stärkeres Engagement von Männern in der familiären Reproduktions- und Sorgearbeit sowie eine Erhöhung ihrer Familien- und Haushaltsführungskompetenzen würde zu einer deutlichen Entlastung von Frauen beitragen, ihnen die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie erleichtern und damit auch ihre berufliche Gleichstellung verbessern. Außerdem würde damit angesichts der absehbaren Verknap- 108 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern pung von Arbeitskräften die Nutzung des hohen Qualifikationspotenzials von Frauen in Unternehmen und Einrichtungen gestärkt. Ein erhöhtes Engagement von Männern in der Kinderbetreuung sowie der häuslichen Reproduktions- und Sorgearbeit hätte ferner eine große stabilisierende Wirkung auf Ehe, Partnerschaft und Familie. Wie sehen Männer/Väter selbst diese Problemlagen, welchen Zugriff haben sie in Unternehmen auf vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen, wie stehen Betriebsleitung und Kollegen/Kolleginnen zum familiären Engagement von Männern? Zu diesen Problemfeldern haben wir bis heute nur sehr rudimentäre Erkenntnisse. 9. Wie gestaltet sich die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familien im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommerns? Begründung: Die bisherige Debatte zur Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie orientiert sich unterschwellig stark an städtischen Ballungsgebieten mit ihrer relativ großen Angebotspalette an Beschäftigungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Branchen und auch größeren Betriebeinheiten, der guten Nahverkehrssituation sowie der ausge bauten ökonomischen und soziokulturellen Infrastruktur (einschließlich Kinderbetreuungsmöglichkeiten). Der ländliche Raum weist hingegen (gerade im dünn besiedelten Mecklenburg-Vorpommern) zahlreiche Besonderheiten auf, die nicht geringe Auswirkungen auf die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie haben. Dazu gehören Besonderheiten der Branchen- und Betriebsstruktur, geringe Beschäftigungsmöglichkeiten, weit verbreitetes Pendlerwesen, absehbarer Rückbau der Infrastruktur, Abwanderung der jungen Generation und damit wesentlicher Bestandteile der unter Punkt 2 erwähnten familiären Netzwerke, Erosion historisch gewachsener Dorfstrukturen mit ihren Solidarpotenzialen usw. Hier liegen bisher nur wenige Erkenntnisse vor. Eine Politik zur Entwicklung eines familienfreundlichen Mecklenburg-Vorpommerns, das ja erklärtes Ziel der Landesregierung ist, muss auch die Gegebenheiten des ländlichen Raumes im Auge haben. 109 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 6. Quellenverzeichnis Allgemeine Ortskrankenkasse: Fehlzeitenreport 2003, Pressemeldung vom Wissenschaftliches Institut der AOK, Bonn, 2. Dezember 2003 Amtsblatt der Europäischen Kommission (EU L 124/36) vom 20.05.2003, Brüssel Andreß, H.-J.: Die wirtschaftliche Lage Alleinerziehender, in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Alleinerziehen in Deutschland. Ressourcen und Risiken einer Lebensform, (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001 Badura, B.: Grundslagen präventiver Gesundheitspolitik: Das Sozialkapital von Organisationen, (Arbeitspapier), Bielefeld 2007 (www.uni-bielefeld.de/gesundhw/ag1/downloads/ sozialkapital.pdf) Badura, B. u.a.: Sozialkapital. Grundlagen von Gesundheit und Unternehmenserfolg, Berlin 2008 Badura B./Schellschmidt H./ Vetter, C. (Hrg.): Fehlzeiten-Report 2003 – Wettbewerbsfaktor Work-Life-Balance, Berlin 2004 Barmer Ersatzkasse: Gesundheitsreport 2007, Wuppertal 2007 Barmer Ersatzkasse: Gesundheitsreport 2008, Wuppertal 2008 Berlin-Instiutut für Bevölkerung und Entwicklung (Hrg.): Not am Mann. Von Helden der Arbeit zur neuen Unterschicht? Lebenslagen junger Erwachsener in wirtschaftlichen Abstiegsregionen der neuen Bundesländer, Berlin 2007 Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen (Hrg.): Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz in Deutschland, Psychologie, Gesellschaft, Politik -2008, Berlin 2008 BGW Marketing- & Management-Service GmbH: „Rückkehr aus der Elternzeit“ Eine Umfrage bei Unternehmen, Rückkehrerinnen und Rückkehrern aus der Elternzeit, Expertinnen und Experten des Arbeits- und Weiterbildungsmarktes, Essen 2007 BGW-IKK: Gesundheitsreport 2005 Friseurinnen und Friseure. Arbeitsbedingungen und Gesundheit im Friseurhandwerk, Bergisch Gladbach 2005 BKK-Bundesverband (Hrg.); BKK-Gesundheitsreport 2005, Essen 2005 BKK-Bundesverband (Hrg.); BKK-Faktenspiegel, Essen August/2006 BKK-Bundesverband (Hrg.); BKK-Gesundheitsreport 2007, Essen 2007 110 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Brand, D.: Weibliche Lebenslagen und Biographien: Alleinerziehende, in: Hammer, V./ Lutz, R. (Hrg.): Weibliche Lebenslagen und soziale Benachteiligung. Theoretische Ansätze und empirische Beispiele. Frankfurt a. Main 2002 Brand, D./Hammer, V.: Balanceakt Alleinerziehend, Lebenslagen, Lebensformen, Erwerbsarbeit, Wiesbaden 2002 Büchel, F./Spieß, C.K.: Form der Kinderbetreuung und Arbeitsmarktverhalten von Müttern in West- und Ostdeutschland, Stuttgart 2002 (Schriftenreihe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Nr. 220) Bundesagentur für Arbeit (Hrg.): Frauen am Arbeitsmarkt, IAB-Kurzbericht, Nürnberg, Nr 22/2005 Bundesagentur für Arbeit (Hrg.): Glossar für die statistische Berichterstattung (Stand 23.10.2008), www.arbeitsagentur.de/Dienststellen/RD-SAT/Wittenberg/AA/07-Zahlen-DatenFakten/Strukturdaten/Glossar-Statistik.pdf Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarktberichterstattung: Alleinerziehende im SGB II, Nürnberg 2008 Bundesanstalt für Arbeit (Hrg.): Strukturwandel der Erwerbsarbeit. Was ist eigentlich noch normal?, IAB-Kurzbericht, Nürnberg, Nr.14/2000 Bundesanstalt für Arbeit. Landesarbeitsamt Nord: Der Arbeitsmarkt für Frauen im Norden, Kiel, Dezember 2002 Bundesministerium betrvg/index.html der Justiz: Betriebsverfassungsgesetz, http://bundesrecht.juris.de/ Bundesministerium des Innern: Krankenstand und Gesundheitsförderung in der Bundesverwaltung - Erhebung 2006, Berlin 2006 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Alleinerziehen in Deutschland - Ressourcen und Risiken einer Lebensform, (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Mütter und Beruf: Realitäten und Perspektiven, Berlin 2005 (Monitor Familienforschung / Ausgabe Nr. 4) Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Mutterschutzgesetz. Leitfaden zum Mutterschutz, Berlin 2006 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Arbeitsbericht Zukunft für Familie, Berlin 2008, 111 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Familienmonitor 2008, Berlin 2008 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrg.): BZgA Forum Sexualaufklärung und Familienplanung, Frankfurt a. M. 2/2007 Cornelißen, W. (Hrg.):Gender Datenreport, München 2005 (erstellt im Auftrag des BMFSFJ) Czock, H./ Thünte, P.: Hilfen für allein erziehende Frauen in Problemsituationen. Band 144. Schriftenreihe des BMFSFJ, Stuttgart 2000 Czurlok, J.: Erfolgsfaktor Work Life Balance. Gestaltungsmaßnahmen zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben als neue Herausforderung für Unternehmen - Pilotstudie in der europäischen Metropolregion Nürnberg, Nürnberg 2007 Datenreport 2008. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2008 Deutsche Angestellten Krankenkasse: Krankenpflegereport 2000. Arbeitsbedingungen und Gesundheit von Pflegekräften in der Bundesrepublik, Hamburg 2000 Deutsche Angestellten Krankenkasse: DAK-Gesundheitsreport. Doppelbelastung ein Mythos? Hamburg 2001 Frauen-Beruf-Familie. Deutsche Angestellten Krankenkasse: DAK Gesundheitsreport 2005. Arbeitsplatz Büro, Hamburg 2005 Deutsche Angestellten Krankenkasse: DAK Gesundheitsreport 2007 für Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg 2007 Deutsche Angestellten Krankenkasse: DAK Gesundheitsreport 2008 für Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg 2008 Deutscher Gewerkschaftsbund (Hrg.): Prekäre Beschäftigung – Herausforderung für die Gewerkschaften, Berlin 2007 Döge, P./Behnke, C.: Betriebs- und Personalräte als Akteure familienbewusster Personalpolitik. Handlungsmuster von Personalvertretungen in Unternehmen und Organisationen mit dem audit berufundfamilie, Berlin 2006 Drauschke, P./Stolzenburg, M.: Alleinerziehen, eine Lust? Chancen und Risiken für Ostberliner Frauen nach der Wende, Pfaffenweiler 1995 Enders-Dragässer, U.: "Allein erziehen" als weibliche Lebenslage, in: Hammer, V. (Hrg.): Alleinerziehende - Stärken und Probleme. Impulse für eine handlungsorientierte Forschung, Münster 2002 112 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Engelhardt, H.: Frauen wollen Mutter aber nicht nur Hausfrau sein, in: Demografische Forschung aus erster Hand, Nr. 3/2004, Rostock, Max-Planck-Institut für Demografische Forschung Erler, W../Sterzing, D.: Unterstützung für Alleinerziehende – Arbeitsmarktintegration und soziale Teilhabe, München 2005 (Hrg. Deutsches Jugend-Institut) Fegert, J. M.: Entwicklungschancen und Entwicklungsrisiken in Einelternfamilien. Soziale und entwicklungspsychopathologische Aspekte, in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Alleinerziehen in Deutschland. Ressourcen und Risiken einer Lebensform, (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001 Focus online am 23.07.2008: Elterngeld-Risikofaktor für Unternehmen (http://www.focus.de/ karriere/ perspektiven/branchen/elterngeld-risikofaktor-fuer-unternehmen_aid_319784.html Gerlach, I./Schneider, H./Juncke, D.: Betriebliche Familienpolitik in auditierten Unternehmen und Institutionen, Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik, Münster, Arbeitspapier Nr. 3/2007 Glade, A.: Familienverträgliche Erwerbsarbeit mit Hilfe von Telearbeit – Zukunftsvision oder Realität? in: Das Online-Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP), München 2007 Glasl, M.: Beschäftigungssituation von Frauen im Handwerk, (Forschungsinstitut im Deutschen Handwerksinstitut), München 2003 Gutschmidt, G.: Kind und Beruf. Alltag allein erziehender Mütter, Weinheim 1986 Hammer, V. (Hrg.): Alleinerziehende - Stärken und Probleme. Impulse für eine handlungsorientierte Forschung, Münster 2002 Hammer, V.: Eingeschränkte Möglichkeitsräume allein erziehender Frauen - Inspirationen gegen eine Kultur der Ausgrenzung. In: Hammer, Veronika/ Lutz, Ronald (Hrg.): Weibliche Lebenslagen und soziale Benachteiligung. Theoretische Ansätze und empirische Beispiele, Frankfurt a. Main 2002 Hammer, V.: Familienform Alleinerziehende. Lebenslagenbesonderheiten – Sozialraumorientierung als Ressource, (Hrg. Evangelische Akademie Bad Böll), Bad Böll 2005, OnlineTexte der Evangelischen Akademie Bad Boll / www.ev-akademie-boll.de Hammer, V./ Lutz, R. (Hrg.): Weibliche Lebenslagen und soziale Benachteiligung. Theoretische Ansätze und empirische Beispiele, Frankfurt a. Main 2002 Häußler-Sczepan, M. u. a.: Tennager-Schwangerschaften in Berlin und Brandenburg, (Hrg,: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung), Köln 2008 113 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Heiliger, A.: Alleinerziehen als Befreiung. Mutter-Kind-Familien als positive Sozialisationsform und als gesellschaftliche Chance, Pfaffenweiler 1993 Henry-Huthmacher, C.: Leise Revolutionen - Familien in Zeiten der Modernisierung, Freiburg i. Breisgau. 2002 Hering, S.: Makel, Mühsal, Privileg? Eine hundertjährige Geschichte des Alleinerziehens, Frankfurt a. Main 1998 Hoffmann B./Swart, E.: Selbstwahrnehmung der Gesundheit und ärztliche Inanspruchnahme bei Alleinerziehenden. Ergebnisse des Bundesgesundheitssurveys, Gesundheitswesen Nr. 64/2002 Höyng, S./Schwerma, K.: Gender Mainstreaming – Möglichkeiten und Grenzen aus der Perspektive von Männern, in: Nohr,B./ Veth, S. (Hrg): Gender Mainstreaming. Kritische Reflexionen einer neuen Strategie, Berlin 2002 Hübner, C./Gerdes, J./Genschow, B., Lebensplanung von Mädchen und jungen Frauen in Mecklenburg-Vorpommern, Studie im Auftrag der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Rostock 1998 IAB (Hrg.): Neueinschätzung der stillen Reserve und des Erwerbspersonenpotenzials für Ostdeutschland (einschl. Berlin-Ost), IAB-Forschungsbericht 18/2005, Nürnberg 2005 IHK Hannover (Hrg.): Für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Hannover 2007 Informationsportal "Die Fachkraft" - Infodienst für Ausbilder und Personalverantwortliche: Schwangere Mitarbeiterinnen – eine Herausforderung für den Mittelstand, Erkrath 2005 (www.die-fachkraft.de) Institut der Deutschen Wirtschaft Köln: Pressemitteilung Nr. 22/2007 Institut für Wirtschaftsforschung Halle (Hrg.): Elterngeld – Neuer Risikofaktor für Unternehmen, IWH-Pressemitteilung, Halle, 27/2008 Janssen, P.: Arbeitsrecht und unternehmerische Einstellungsbereitschaft, in: IW-Trends, Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2/2004 Jesse, A.: Wohlbefinden von Frauen in alternativen Familienformen. Ein Vergleich von alleinerziehenden Frauen, Müttern aus Zweielternfamilien und Frauen aus Stieffamilien, Landau 2000 Juncke, D.: Betriebswirtschaftliche Effekte familienbewusster Personalpolitik: Forschungsstand, Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik – Arbeitspapier, Münster, Nr. 1/2005 114 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Kajatin, C.: Work-Life-Balance im Ostseeraum. Bestandsaufnahme für Mecklenburg-Vorpommern, Rostock 2007 Kalveram: A.B. u.a.: Die Jenaer Unternehmensbefragung 2005 (Abschlussbericht), Jena 2005 Klenner, C.: Balance von Beruf und Familie – Ein Kriterium guter Arbeit, in: WSI-Mitteilungen, Düsseldorf, Nr. 4/2005 Klindworth, H./Hendel-Kramer, A./Helfferich, C.: Gesundheitliche Lage alleinerziehender Mütter, (Hrg.) Gesundheit Berlin e.V. – Landesarbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung, Berlin 2003 (http://www.gesundheitberlin.de/index.php4?request=themen&topic=1558&type=infotext&dis play=1) Konietzka, D./ Kreyenfeld, M.: Nichteheliche Mutterschaft und soziale Ungleichheit Zur sozioökonomischen Differenzierung der Familienformen in Ost- und Westdeutschland. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Köln Nr. 1/2005 Kreyenfeld, M.: Politikdiskussion fehlt verlässliche statistische Grundlage. Datenprobleme in der Demographie am Beispiel der Kinderlosigkeit in Deutschland, in: Demografische Forschung aus erster Hand, Nr. 3/2004, Rostock, Max-Planck-Institut für Demografische Forschung Kreyenfeld, M.: Sozialstruktur und Kinderbetreuung. Eine Analyse der sozialen und ökonomischen Determinanten der Nutzung von Kindertageseinrichtungen, Rostock, Max-PlanckInstitut für Demografische Forschung, Working Paper Nr. 9/2004 Kreyenfeld, M./Konietzka,D./Geisler, E./Böhm, S.: Gibt es eine zunehmende bildungsspezifische Polarisierung der Erwerbsmuster von Frauen? Analysen auf Basis der Mikrozensen 1976-2004, Rostock, Max-Planck-Institut für Demographische Forschung, Working Paper Nr. 13/2007 Küsgens I.: Die gesetzliche Freistellung erwerbstätiger Eltern - Daten zur Inanspruchnahme von Kinderkrankenpflegegeld in Deutschland 2002, in: Badura B./Schellschmidt H./ Vetter, C. (Hrg.): Fehlzeiten-Report 2003 – Wettbewerbsfaktor Work-Life-Balance, Berlin 2004 Lademann, J./Mertesacker, H./Gebhardt, B.: Psychische Erkrankungen im Fokus der Gesundheitsreporte der Krankenkassen, in: Psychotherapeutenjournal, Heidelberg, 2/2006 Limmer, R.: Die Lebenssituation Alleinerziehender und sozialkpolitische Maßnahmen für Alleinerziehende im Ländervergleich. Analyse von Berichten der öffentlichen Hand auf der Ebene der Bundesländer sowie ausgewählter Kommunen, ifb-Materialien Nr. 1-98, Bamberg 2000 Meier-Gräwe, U.: Prekäre Lebenslagen Alleinerziehender und sozialstaatliche Interventionen – Erfahrungen beim Praxistransfer kommunaler Armutsberichterstattung und praxis- 115 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern bezogegener Armuts- und Lebenslagenforschung, in: Deutsches Jugend-Institut (Hrg.): Kommunale Strategien zur Armutsprävention bei allein Erziehenden. Von Projekten zum integrierten Handlungskonzept, Nürnberg 2004 Ministerium für Generationen, Familie, Frauen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrg.): Demografischer Wandel. Die Stadt, die Frauen und die Zukunft, Düsseldorf 2006 Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrg.): Landessozialbericht 2003. Menschen in NRW in prekärer Lebenslage, Düsseldorf 2003 Mittelstandsbericht Mecklenburg-Vorpommern 2002 – 2006, Schwerin o. J., S.9 Napp-Peters, Anneke: Ein-Elternteil-Familien. Soziale Randgruppe oder neues familiales Selbstverständnis? Weinheim 1987 Nave-Herz, R.: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft – eine soziologische Analyse, in: Staatsinstitut für Frühpädagogik (Hrg.): Das Online-Familienhandbuch, http://www.familienhandbuch.de/cmain/a_Hauptseite. html, Niepel, G.: Alleinerziehende. Abschied von einem Klischee, Opladen 1994 Niepel, G.: Soziale Netze und soziale Unterstützung alleinerziehender Frauen. Eine empirische Studie, Opladen 1994 Notz, G.: "Du bist als Frau um einiges mehr gebunden als der Mann". Die Auswirkungen der Geburt des ersten Kindes auf die Lebens- und Arbeitsplanung von Müttern und Vätern, Bonn 1991 Olbricht, I.: Frauengesundheit-Männermedizin, in: Frauengesundheitsforum zwischen Rhein und Haardt. Dokumentation einer Fachtagung, Ludwigshafen am Rhein 2001 Ott, N.: Die sozialpolitische Situation Alleinerziehender und spezifische Belastungen, in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Alleinerziehen in Deutschland. Ressourcen und Risiken einer Lebensform, (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001 Priester, K.: Im Jahr 2006 niedrigster Krankenstand seit Einführung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, in: Gute Arbeit. Zeitschrift für Gesundheitsschutz und Arbeitsgestaltung, Frankfurt am Main, 2/2007 Robert Koch-Institut (Hrg.): Zur Situation von Familien in Deutschland, in: Epidemiologisches Bulletin, Berlin, Nr. 20/2006 Rump.J./Grohs, S./Eilers, S.: Beruf und Familie – Anregungen aus der Wirtschaft (Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein), Ludwigshafen 2006 116 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Sauerland, D.: Sozialkapital in der Ökonomik: Stand der Forschung und offene Fragen, in: Schriften der Wissenschaftlichen Hochschule Lahr, Nr. 4/2003 Schmidt-Nieraese, H.: Alleinerziehende aus Sicht der Jugend- und Familienhilfe, in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Alleinerziehen in Deutschland. Ressourcen und Risiken einer Lebensform, (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001 Schneider, H./Gerlach, I./Wieners, H./Heinze, J.: Der berufundfamilie-Index – ein Instrument zur Messung des betrieblichen Familienbewusstseins, Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik, Münster und Berlin, Arbeitspapier Nr. 4 / 2008 Schneider N./Krüger D./Lasch V:/Limmer R./Matthias-Bleck H.: Alleinerziehen - Vielfalt und Dynamik einer Lebensform. Schriftenreihe des BMFSFJ Band 199. Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln 2001 Schneider, N. F./Hartmann, K./Limmer, R.: Berufsmobilität und Lebensform. Sind berufliche Mobilitätserfordernisse in Zeiten der Globalisierung noch mit Familie vereinbar? Hrg.: Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg (ifb), Bamberg 2001 Schöningh, I./Aslanidis, M./Faubel-Diekmann, S.: Alleinerziehende Frauen. Zwischen Lebenskrise und neuem Selbstverständnis, Opladen 1991 Sozialministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrg.): Kurzfassung des Gesundheitsberichtes Mecklenburg-Vorpommern 2002/2003, Schwerin 2003 Sozialministerium Mecklenburg-Vorpommern: Gesundheitsreport Mecklenburg Vorpommern Jahrgang 2008, Leipzig 2008 Staatsinstitut für Frühpädagogik (Hrg.): Das Online-Familienhandbuch, http://www.familienhandbuch.de/cmain/a_Hauptseite.html Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern (Presseinformation: Muttertag: Frauen mit Kindern unter 18 Jahren sind zu b63,6 Prozent erwerbstätig, Schwerin, 12.05.2006 Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern (Presseinformation: Muttertag: 171.700 Mütter leben mit minderjährigen Kindern im Haushalt, Schwerin, 11.05.2007 Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern (Hrg.): Krankheiten, Rauchgewohnheiten und BMI der Bevölkerung (Mikrozensus) in Mecklenburg-Vorpommern, 2005, Statistische Berichte, Schwerin, 09. November 2007 Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern (Hrg.): Statistisches Heft: „Statistischer Jahresbericht 2007 - Entwicklungen in MV“, Statistische Hefte, Schwerin, 1/2008 Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern (Hrg.): Erwerbstätigkeit (Mikrozensus) in Mecklenburg-Vorpommern 2006, Statistische Berichte, Schwerin, 16.07.2008 117 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentlichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008 Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistisches Jahrbuch 2007, Schwerin 2007 Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistisches Jahrbuch 2008, Schwerin 2008 Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern (Hrg.): Zahlenspiegel Mecklenburg-Vorpommern, ZSP 1/2008 Statistisches Bundesamt, Pressemeldung vom 07.03.2005, Wiesbaden Statistisches Bundesamt (Hrg.): Leben und Arbeiten in Deutschland. Sonderheft 2: Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ergebnisse des Mikrozensus 2005, Wiesbaden 2006 Statistisches Bundesamt: Statistik zum Elterngeld. Anträge von Januar 2007 bis Juni 2008, Wiesbaden 2008 Statistisches Bundesamt: Statistik zum Elterngeld. Elterngeld regional: Vergleich aller 439 Kreise in Deutschland, Wiesbaden 2008 Stöbe-Blossey, S.: Arbeitszeit und Kinderbetreuung: Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in NRW – gefördert durch die Hans-Böckler-Stiftung, IAT-Report 1/2004 Stöbe-Blossey, S.: Bedarfsorientierte Kinderbetreuung. Teil 1: Arbeitszeit und Infrastruktur, (Arbeitspapier des Instituts für Arbeit und Technik), Gelsenkirchen 2004 Techniker Krankenkasse (Hrg.): Gesundheitsreport 2007, Hamburg 2007 Techniker Krankenkasse (Hrg.): Gesundheitsreport 2008, Hamburg 2008 Techniker Krankenkasse (Pressemeldung): Mecklenburg-Vorpommern: Deutlich mehr Kinderkrankengeldzahlungen, Schwerin 28. August 2007 VDI-Bericht: Ingenieurinnen und Ingenieure im Spannungsfeld zwischen Beruf, Karriere und Familie, München 2008 Wahl, D., Abschlussstudie zum Projekt „Starke Väter-starke Kinder“, Rostock 2007 (als Online-Publikation unter www.vereinbarkeit-leben-mv.de) Wahl, D./Bohn, T.: Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Mecklenburg-Vorpommern, Rostock 2005 (unveröffentlichtes Arbeitspapier) WIMES-Wirtschaftsinstitut: Bevölkerungsprognose bis zum Jahr 2020 für die Gesamtstadt Rostock und für die 21 Stadtbereiche der Hansestadt, Rostock 2007 118 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Wingen, M.: Betriebliche Familienpolitik als gesellschaftspolitische Aufgabe – familienbewußte Personalpolitik als Weg zum Unternehmenserfolg, in: Sozialer Fortschritt, Berlin, Nr. 3/2003 Wissenschaftliches Institut der AOK (Hrg.): Pressemitteilung: Immer mehr Arbeitsausfälle durch psychische Erkrankungen, Bonn, 2. Dezember 2003 7. Anhang 7.1 Fragebogen für die Unternehmensbefragung 119 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Fragebogen zur Studie Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern (Teil 1: Unternehmensbefragung) Dr. Detlev Wahl November 2008 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: +49 (381) 375 8648 [email protected] Träger: Landesfrauenrat MV e.V. 120 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Unternehmensbezogene Daten 1. Name des Unternehmens: 2. Sitz des Unternehmens: 3. Branche/Bereich: Verarbeitendes/produzierendes Gewerbe Forschung/Entwicklung Handwerk Handel Dienstleistung (außer Handel und Gastgewerbe) Baugewerbe Gastgewerbe (Gastronomie, Hotellerie) Gesundheitswesen Sonstiges (bitte unten erläutern) 4. Welche Produkte oder Dienstleistungen erbringt das Unternehmen? Anzahl Mitarbeiter/innen 5. Wie viele Mitarbeiter/innen hat das Unternehmen? Anzahl Männer 6. Wie viele Männer arbeiten im Unternehmen ? Anzahl Frauen 7. Wie viele Frauen arbeiten im Unternehmen? 121 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 8. Liegt der Frauenanteil in der VERWALTUNG des Unternehmens über 50 %? ja nein 9. Liegt der Frauenanteil in der PRODUKTION bzw. ERBRINGUNG DER DIENSTLEISTUNGEN über 50 %? ja nein 10. Gibt es eine Personalabteilung oder eine(n)Personalverantwortliche(n)? ja nein 11. Existiert ein Betriebsrat in Ihrem Unternehmen? ja nein Angaben zu jungen Müttern Anzahl Mitarbeiterinnen 12. Wie viele Mitarbeiterinnen mit Kind/Kindern im Alter bis zu 12 Jahren arbeiten im Unternehmen? Anzahl Mütter Wie viele Mütter davon sind alleinerziehend? 13. Wie viele Mitarbeiterinnen mir Kind/Kindern bis zu 12 Jahren arbeiten in Vollzeit Teilzeit Normalarbeitszeit* * Normalarbeitszeit: Arbeit von Montag-Freitag zwischen 35 und 42 Stunden ohne Schichtdienst u. Überstunden 14. Elternzeit im Unternehmen Wie viele Frauen bzw. sind gegenwärtig in der Elternzeit? Wie viele Männer sind gegenwärtig in Elternzeit? Wie viele Frauen waren in den letzten zwei Jahren in der Elternzeit? Wie viele Männer waren in den letzten zwei Jahren in Elternzeit? Anzahl 122 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 15. Ergaben bzw. ergeben sich in Ihrem Unternehmen durch die Beschäftigung junger Frauen Probleme hinsichtlich Arbeitsorganisation, Aufgabenerfüllung und Vertretung/ Ersatz durch: Fall größere Probleme geringe Probleme keine Probleme Regelungen des Mutterschutzgesetzes Ausfallzeiten durch Schwangerschaftskomplikationen/Beschäftigungsverbot Beschäftigte in Elternzeit Ausfälle wegen Erkrankung der Kinder Wunsch nach anderer Wochenarbeitszeit bei Rückkehr aus der Elternzeit Wunsch nach anderer Arbeitszeitlage (z.B. keine Nachtschichten) 16. Welche Rolle spielt die Erkrankung der Kinder von beschäftigten Müttern? Haben Ihrer Meinung nach Mütter mit Kindern unter drei Jahren mehr Fehltage als Mütter mit älteren Kindern oder Mitarbeiterinnen ohne Kinder? ja nein Sollte die Betreuung erkrankter Kinder nach Möglichkeit durch den Partner/Ehemann bzw. Großeltern oder andere nahestehende Personen geleistet werden? ja nein 17. Sehen Sie Möglichkeiten, die Mütter erkrankter Kinder bei der Betreuung bzw. der Organisation der Arbeit im Unternehmen zu unterstützen? ja nein wenn ja, welche? 18. Ergeben sich nach Ihren Erfahrungen bei alleinerziehenden Müttern besondere Problemlagen? ja nein wenn ja, welche? 123 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 19. Neigen junge Mütter in Ihrem Unternehmen eher zu einer frühzeitigen oder späten Rückkehr aus der Elternzeit? Elternzeit im Rahmen des gesetzlichen Mutterschutzes (8 Wochen bzw. bis zu 3 Monate nach Geburt ) Elternzeit bis 6 Monate Elternzeit bis 9 Monate Elternzeit bis zu einem Jahr Elternzeit länger als ein Jahr Wie viele Beschäftigte gleichzeitig in Elternzeit verkraftet ihr Unternehmen? 20. Welche Faktoren sind Ihrer Meinung nach generell die Grundlage für eine frühe oder späte Rückkehr junger Mütter aus der Elternzeit? (Bitte beantworten Sie die Frage unabhängig von Ihren konkreten Erfahrungen im eigenen Unternehmen) Faktoren, die eine frühe Rückkehr bewirken Angst vor Entwertung beruflicher Qualifikation führt zu früherer Rückkehr Angst vor Karriere-„Knick“ führt zu früherer Rückkehr Einkommensverluste führt zu früherer Rückkehr Loyalität zum Unternehmen führt zu früherer Rückkehr Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen führt zu früherer Rückkehr gute Betreuung des Kindes/der Kinder führt zu früherer Rückkehr Wenn der Ehemann/Partner Teile der Elterzeit übernimmt, führt das zu früherer Rückkehr Bei guter finanzielle Absicherung durch den Ehemann/ Partner wird die Elternzeit verlängert Frauen mit fehlenden Karrieremöglichkeiten neigen zu längerer Elterzeit Frauen mit geringe beruflichen Ambitionen nehmen eine längere Elternzeit Frauen, die eine längere Elternzeit nehmen, möchten sich möglichst lange auf das Kind konzentrieren Wenn keine optimale Betreuung für das Kind vorhanden ist, wird eine längere Elternzeit genommen Wenn der Ehemann/Partner keine Elternzeit nehmen kann oder will, nimmt die Frau eine längere Elternzeit in Anspruch stimme voll zu stimme teilweise zu stimme nicht zu 124 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 21. Gibt es im Unternehmen besondere Maßnahmen für Frauen in der Elternzeit? Maßnahme wird praktiziert Maßnahme Maßnahme wird nicht praktiziert Maßnahme ist künftig geplant Rückkehrgespräche im Zusammenhang mit der Elternzeit Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit währen der Elternzeit wenn das gewünscht wird (ggf. auch Telearbeit) Kontakte und regelmäßige Information zum Betriebsgeschehen Möglichkeiten zur Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen Teilnahme an Feiern, Ausflügen u.ä. 22. Welche anderen Maßnahmen in Bezug auf Elternzeit werden in Ihrem Unternehmen praktiziert oder sind in Planung? 23. Welche Arbeitszeitregelungen gibt es für Mütter in und nach der Elternzeit? Arbeitszeitregelung ja nein generell Teilzeitarbeit in der Elternzeit Teilzeitarbeit in der Elternzeit bis zu 15 Std./Woche Teilzeitarbeit in der Elternzeit von 15 bis 30 Std./Woche Erhöhung der Arbeitszeit nach Elternzeit von Teilzeit auf Vollzeit Absenkung der Arbeitszeit nach Elternzeit von Vollzeit auf Teilzeit Beibehaltung von Vollzeit Beibehaltung von Teilzeit Angaben zu familienfreundlichen Maßnahmen 24. Welche vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen gibt es in Ihrem Unternehmen ? Handlungsfeld/Maßnahme Teilzeitangebote Gleitzeit existiert bereits Ist geplant Ist nicht möglich/ kein Bedarf 125 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern (weiter mit Frage 24 von S. 5) Arbeitszeitkonten Vertrauensarbeitszeit Möglichkeit des Wechsels von Vollzeit- auf Teilzeitbeschäftigung und umgekehrt in Abhängigkeit vom Alter des Kindes/der Kinder Organisatorische Unterstützung bei der Kinderbetreuung (z.B. (über)betriebliche Einrichtung, Ankauf/-mietung von Belegplätzen u.ä.) Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten (außerhalb der Kita-Öffnungszeiten) oder in Notfällen Formen der Tele- bzw. Heimarbeit (wo das möglich ist) Berücksichtigung von Familien mit Kindern bei der Urlaubsplanung Unbezahlte Freistellungen bei familiären Problemen Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Weiterbildungsveranstaltungen in und außerhalb der Arbeitszeit Einmalzahlung bei der Geburt eines Kindes und/oder betriebliche Kinderzulagen (laufende Zahlungen) Betriebliche Zuschüsse zu den Kinderbetreuungskosten Zinsgünstige oder zinslose Darlehen seitens des Betriebes in persönlichen/familiären Notsituationen. 25. Welche weiteren vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen bieten Sie Ihren Beschäftigten? 26. Wo sehen Sie Hemmnisse für die Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Ihrem Unternehmen? Hemmnis finanzielle Belastung des Unternehmens personell zu aufwendig, da die laufenden Alttagsgeschäfte keine Zeit übrig lassen keine Informationen zum realen Bedarf bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen fehlende Informationen über vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen u. ihre konkrete Ausgestaltung starke Fluktuation der Belegschaft kein aktueller Bedarf aufgrund der Altersstruktur der Belegschaft trifft voll zu trifft teilweise zu trifft nicht zu 126 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 27. Sehen Sie noch andere als die aufgeführten Hemmnisse für die Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Ihrem Unternehmen? 28. Haben Sie Interesse an Informationen bzw. an Beratung zum Thema Vereinbarkeit? Hier ist nicht nur der übliche und im Fragebogen hervorgehobene Aspekt der Vereinbarkeit von Kindern und Beruf gemeint, sondern darüber hinaus auch die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit im weiteren Sinne (z.B. Pflege von Angehörigen) sowie von bürgerschaftlichem Engagement, Weiterbildung u.a.m.). Generelles Interesse an Informationen bzw. Beratung (bei „nein“ brauchen Sie die folgenden ja nein Individuelle unternehmensbezogene Information/Beratung? ja nein Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen ja nein Teilnahme an workshops/Seminaren zu ausgewählten Schwerpunktthemen ja nein Informationen zu Arbeitszeitmodellen ja nein Informationen zu Elternzeit, Elterngeld, Wiedereinstieg nach Elternzeit ja nein Informationen zur Kinderbetreuung ja nein Informationen zu geldwerten Leistun-, gen, steuerfreien Zuschüssen u.ä. ja nein Fragen nicht zu beantworten) Wenn ja, wünschen Sie (Mehrfachnennung möglich) Wir danken Ihnen herzlich für die Bereitschaft zur Mitarbeit KOMPETENZZENTRUM VEREINBARKEIT LEBEN IN MV „Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern“ Zusammenfassung von Teil 2 der Studie (Befragung der Mütter) von Dr. Detlev Wahl (Universität Rostock) und Thomas Höll „Kompetenzzentrum Vereinbarkeit Leben in MV“ (KVL.MV) • An der Befragung der Mütter nahmen 251 Frauen aus M-V mit Kindern bis zu 12 Jahren teil. Sie waren im Schnitt 33,5 Jahre alt. Etwa 42% hatten ein Kind, weitere 37% zwei Kinder, die übrigen 21% hatten drei und mehr Kinder. • Fast die Hälfte der Frauen war verheiratet, 30% lebten in einer Partnerschaft, 23% waren alleinerziehend. • Etwas mehr als 50% verfügten über Abitur bzw. Fachabitur. Einen Universitätsabschluss hatten 18%, weitere 26% einen (Fach)Hochschulabschluss. Alleinerziehende Mütter hatten signifikant niedrigere Schulabschlüsse als andere Mütter und waren signifikant häufiger arbeitslos. • Erwerbstätig waren ca. 62% (inkl. 10% Selbständige), erwerbslos knapp 17%. Alleinerziehende hatten mit 42% einen mehr als zehnmal so hohen Anteil an ALG-II-Bezieherinnen wie die anderen Mütter (4%). Damit waren drei von vier Frauen, die „ALG II“ bezogen, alleinerziehend. • Wichtigste Elemente zur Unterstützung der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben (VEP) waren aus Sicht der Mütter ein „existenzsicherndes Einkommen“ und „Kinderbetreuungszeiten, die sich leichter mit Arbeitszeiten vereinbaren lassen“ (für jeweils 85% sehr wichtig). • Knapp zwei Drittel fühlten sich in familiären Angelegenheiten durch ihren Partner „sehr gut“ bzw. „gut“ unterstützt. Interessant: Etwa 20% der alleinerziehenden Mütter gaben ebenfalls an, einen Partner zu haben. Seite: 1 / 4 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: 0381 375 86 47/8 [email protected] KVL.MV ist ein Projekt des Landesfrauenrates MV e.V. und wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV . • Eltern und Schwiegereltern waren die wichtigste Quelle von Unterstützung im sozialen Netz. Auf „Platz 2“ folgen überraschenderweise bereits Freundinnen und Freunde, von denen sich Alleinerziehende noch einmal stärker unterstützt fühlten als andere Mütter. Insgesamt fühlten sich Alleinerziehende durch ihr soziales Netz genauso gut unterstützt wie andere Mütter. • Lediglich 17% waren aktuell in die Pflege von Angehörigen eingebunden, bei weiteren 12% war es absehbar. Der Anteil stieg mit steigendem Alter der Mütter auch nicht signifikant an. Bezahlte Dienstleistungen wurden von etwa 30% mehr oder weniger regelmäßig genutzt, signifikant häufiger bei Müttern mit höherer Bildung. • Die größten Erschwernisse für die Vereinbarkeit waren wenig planbare Arbeitszeiten, häufige Erkrankungen der Kinder und viele Überstunden. Pflege war (noch) kein großes Thema, auch nicht bei den etwas älteren Müttern. • Dass nicht erwerbstätige Mütter mit Kindern bis 12 Jahren geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten, glaubten 84% der Frauen. • Knapp die Hälfte der erwerbstätigen Frauen hatten „Normalarbeitszeiten“, ein Drittel arbeitete vollzeitnah (36-40 h/Woche), mehr als ein Viertel über 40h. • Die Größe der Unternehmen war untypisch für M-V mit überproportional vielen größeren Betrieben. Etwa 80% der Frauen waren in den Branchen Bildung, Dienstleistung, Öffentliche Verwaltung, Gesundheit und HoGa tätig. • Zwei Drittel der erwerbstätigen Frauen waren der Meinung, in ihren Unternehmen ließen sich Arbeit und Privatleben „gut“ vereinbaren; in weiteren 15% sei es sogar „sehr gut“ möglich. • Etwa 56% befürchteten keine Probleme im Unternehmen bei Nutzung der Elternzeit; ein Drittel rechnete damit, dass dies teilweise Nachteile brächte. • Von 15 zur Auswahl stehenden vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen in den Unternehmen wurden am häufigsten angeboten: Teilzeitarbeit (von 79% der Seite 2/4 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: +49 381 375 8647/8 [email protected] KVL.MV wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV. Träger: Landesfrauenrat MV e.V. Mütter genannt), Rücksicht auf Familien bei der Urlaubsplanung (71%) und verbindliche Absprachen zur Elternzeit (67%). • Am seltensten angeboten (6%), jedoch am häufigsten gewünscht wurden Zuschüsse zur Kinderbetreuung (97 Nennungen). Auf Platz 2 und 3 der Wünsche folgten Einmahlzahlungen zur Geburt eines Kindes (75) sowie Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten oder Notfällen (68). • Als größtes Hindernis für die Einführung weiterer vereinbarkeitsfreundlicher Maßnahmen in den Unternehmen galten Arbeitszeiten, die aus betrieblichen Gründen nicht ohne weiteres geändert werden könnten. Es folgten zu hohe Kosten und ein zu großer personeller Aufwand. • Am seltensten als Hindernisse gesehen wurden fehlender Bedarf bei den Beschäftigten, die fehlende Bereitschaft der Unternehmensleitung und fehlendes Wissen der Unternehmensleitung über den Bedarf. • Die Mütter gaben umso mehr erschwerende Umstände für VEP an, je jünger sie waren. Einen signifikanten Zusammenhang mit steigender Kinderzahl, dem Status „alleinerziehend“ oder geringer Schulbildung gab es nicht. Allerdings gaben „beschäftigte“ Mütter (erwerbstätig, in Ausbildung oder Studium) mehr Erschwernisse an als arbeitslose Mütter, Hausfrauen oder Frauen in Elternzeit. • Es wurden mehr Erschwernisse angegeben, wenn die Unterstützung durch das gesamte soziale Netz geringer war, je weniger sie sich vom Partner unterstützt fühlten und wenn sie in die Pflege von Angehörigen eingebunden waren. • Je mehr Erschwernisse angegeben wurden, desto häufiger nahmen die Mütter bezahlte Dienstleistungen in Anspruch. • Die Anzahl vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in den Unternehmen stieg mit der Unternehmensgröße. Je mehr Maßnahmen angeboten wurden, desto besser schätzten die Frauen auch die VEP in ihren Unternehmen ein und desto seltener befürchteten sie Nachteile bei Nutzung der Elternzeit. Seite 3/4 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: +49 381 375 8647/8 [email protected] KVL.MV wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV. Träger: Landesfrauenrat MV e.V. • Ein Zusammenhang zwischen der Zahl der Maßnahmen und der Branche konnte nicht geprüft werden, da einige Branchen zu selten vertreten waren. • Die Zahl der genannten Hindernisse für VEP-Maßnahmen stieg interessanterweise ebenfalls mit der Unternehmensgröße an. Der Zusammenhang war allerdings nicht sehr stark; die mittlere Zahl der genannten Hindernisse war in den Unternehmen mit 50-240 Beschäftigten am höchsten (5,30) und sank bei den mit über 250 Beschäftigten leicht auf 5,03. • Je weniger Hindernisse für VEP-Maßnahmen die Frauen im Unternehmen wahrnahmen, desto besser schätzten sie die VEP ein und desto weniger Nachteile bei Nutzung der Elternzeit befürchteten sie (letztgenannter Zusammenhang signifikant, aber schwach). • Die Unterstützung durch das soziale Netz wurde mit höherer Schulbildung nicht besser, der Trend ging in die besagte Richtung, war jedoch nicht signifikant. Auch die Unterstützung durch den Partner wurde mit steigender Schulbildung nicht signifikant besser. • Nur die Unterstützung durch die Nachbarschaft korrelierte positiv mit höherer Schulbildung, andere Teile (Eltern, Freundeskreis, andere Verwandte) nicht; eine Erklärung hierfür fällt schwer. • Allerdings korrelierte die wahrgenommene Unterstützung durch den Freundeskreis signifikant mit der Unterstützung durch alle anderen Teile des sozialen Netzes. Dies könnte bedeuten: Je stärker ich mich von meinen Freunden unterstützt fühle, desto mehr/bessere Freunde habe ich und desto leichter fällt es mir auch, andere Quellen für soziale Unterstützung „anzuzapfen“. Hier könnte ein versteckter Hinweis auf die Wichtigkeit von sozialer Kompetenz liegen: Die Fähigkeit, Freundschaften zu pflegen und zu nutzen. Dies könnte auch ein Ansatz sein, um Menschen bei der Bewältigung von Vereinbarkeitsproblemen zu unterstützen. Seite 4/4 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: +49 381 375 8647/8 [email protected] KVL.MV wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV. Träger: Landesfrauenrat MV e.V. KOMPETENZZENTRUM VEREINBARKEIT LEBEN IN MV „Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in M-V“ Kurzzusammenfassung von Teil 3 der Studie („ExpertInneninterviews“) Grundlage waren strukturierte Interviews mit 14 Expertinnen aus M-V aus der gleichstellungspolitischen Arbeit, aus der Familienbildung und –beratung, aus Projekten zur beruflichen Aus- und Weiterbildung von Frauen, zur Förderung des Wiedereinstiegs und zur Begleitung von Existenzgründerinnen. Veränderungen in der Arbeitswelt und in den familiären Strukturen erschweren den Frauen die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben (VEP): Auf der einen Seite stehen unsichere und atypische Beschäftigungsformen, verdichtete Arbeitsprozesse, unterschiedlich vereinbarkeitsbewusste Unternehmen und Arbeitszeiten, die mit Kinderbetreuungszeiten nicht zusammenpassen. Auf der anderen Seite finden sich mehr „echte“ und mehr „de facto“ Alleinerziehende, steigende (Einkommens)armut und noch weit verbreitete traditionelle familiäre Rollenmuster. Trotz vieler Veränderungen möchten die meisten Mütter (Ausnahme: Studentinnen) gerne in M-V bleiben. Grund sind meist die gute Kinderbetreuung und der vorhandene Freundeskreis. Professionelle Unterstützungsstrukturen sind vor allem denjenigen Frauen oft nicht bekannt, die von ihnen am meisten profitieren würden: Junge und/oder alleinerziehende Mütter ohne Abschluss und mit nur einem kleinen sozialen Netz. Häufig haben sie Hemmungen, Hilfe anzunehmen. Wichtig ist es, die vorhandenen Angebote entsprechend bekannt(er) zu machen, nicht nur online sondern auch in Papierform. Bei Bedarf sollten mobile Angebote eingesetzt werden (Beratungsbus), vor allem im ländlichen Raum. Informationen über Tagesmütter sollten von den Jugendämtern noch besser kommuniziert werden. Arbeitszeiten und Kinderbetreuungszeiten passen sehr häufig nicht zusammen, hier sind flexible Betreuungszeiten gefragt. Die Hortbetreuung sollte ausgeweitet werden, denn auch Kinder ab der 4./5. Klasse brauchen eine geregelte Betreuung. Seite: 1 / 2 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: 0381 375 86 47/8 [email protected] KVL.MV ist ein Projekt des Landesfrauenrates MV e.V. und wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV . Junge Männer sind in der Regel eher bereit, vermeintlich typische „Frauenaufgaben“ in der Familie zu übernehmen. In der Arbeitswelt wird ihnen dieser Wechsel noch immer schwer gemacht, da sie auf wenig Verständnis sowohl von den Unternehmensleitungen als auch von den Kollegen stoßen und weil die Unternehmen ihre Arbeitsanforderungen noch immer vor allem an Männern ausrichten (Flexibiliät, Mobilität, Erreichbarkeit). Vor allem Männer pendeln häufig zur Arbeit oder arbeiten auswärts, was ihre Zeit mit/in der Familie verkürzt und viele Frauen zu „de facto“ Alleinerziehenden macht. Neue Rollenmodelle sollten in den Familien entwickelt und in den Unternehmen akzeptiert werden. Die Vereinbarkeitsfreundlichkeit der Unternehmen entwickelt sich allmählich, es gibt mittlerweile einige Betriebe mit Vorbildfunktion im Land. Unter anderem steckt dahinter der Wunsch, Fachkräfte (auch und zum Teil gerade Frauen) ans Unternehmen zu binden. Die größten Vereinbarkeitsprobleme haben Frauen mit durchschnittlicher Qualifikation, die in prekären Beschäftigungsformen arbeiteten und häufig nur ein kleines soziales Netz nutzen können. Sie haben nicht nur wenig Einkommen zur Verfügung sondern auch wenig freie Zeit und daher vielfach praktisch kein Privatleben. Für Existenzgründerinnen bzw. beruflich selbständige Mütter spielen sowohl die Unterstützung durch das soziale Netz und den Partner als auch die Mobilität eine entscheidende Rolle, letzteres vor allem im ländlichen Raum. Erfahrungen zeigen, dass die Gründungswilligkeit zunimmt, wenn ein funktionierendes soziales Netz vorhanden ist. Die konkreten Vereinbarkeitsprobleme Selbständiger sollten näher untersucht werden. Vorläufiges Fazit Eine Verbesserung der VEP kann nur im Zusammenwirken von Politik/Verwaltung, Unternehmen und den Familien selbst erreicht werden. Mögliche Maßnahmen sind die oben erwähnten flexiblen Kitaöffnungszeiten, verlängerte Behördenöffnungszeiten, vereinbarkeitsbewusste Angebote der Unternehmen (u.a. finanzielle Zuschüsse) sowie das Aushandeln neuer Rollenmodelle durch die Familien. Vor allem Männer müssen ihre Rolle als „Familienernährer“ aufgeben zugunsten einer solidarischen Arbeitsteilung in der Familie. Dadurch würden sie gleichzeitig das familiäre Engagement der Frauen aufwerten. Seite 2/2 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: +49 381 375 8647/8 [email protected] KVL.MV wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV. Träger: Landesfrauenrat MV e.V. Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern Studie im Auftrag des Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in MV Teil 2 PD Dr. Detlev Wahl Universität Rostock Dipl.-Psych. Thomas Höll Kompetenzzentrum Vereinbarkeit Leben in MV Rostock, März 2010 Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: +49 (381) 375 8648 [email protected] Träger: Landesfrauenrat MV e.V. 2 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Inhalt 1. Einleitung und Danksagung Seite 3 2. Methodisches Vorgehen Seite 4 3. Ergebnisse der Mütterbefragung Seite 5 3.1 Soziodemographische Daten Seite 5 3.2 Meinungen und Angaben zum Thema Vereinbarkeit Seite 9 3.3 Vereinbarkeit im Unternehmen Seite 23 4. Interviews mit Expertinnen Seite 35 5. Anhang Seite 54 5.1 Literaturverzeichnis Seite 54 5.2 Fragebogen zur Mütterbefragung Seite 58 5.3 Interviewleitfaden für die Gespräche mit den Expertinnen Seite 66 5.4 Ergebnisse der statistischen Berechnungen Seite 73 3 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 1. Einleitung und Danksagung Während im ersten Teil der Studie allgemeine Angaben zur sozialen Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern enthalten sind und die Geschäftsführenden bzw. Personalverantwortlichen von Unternehmen zum Thema Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben befragt wurden, stehen nun im zweiten Teil die Aussagen der Mütter selbst im Mittelpunkt und die Meinungen von Expertinnen1, die beruflich mit dieser Zielgruppe arbeiten. Die Beleuchtung wichtiger Problemlagen aus drei Perspektiven erlaubt auf der einen Seite eine Absicherung von Aussagen zu bestimmten Phänomenen und Prozessen, auf der anderen Seite ist es möglich, „weiße Flecken“ der einen Untersuchung durch Erkenntnisse aus einer anderen zu füllen. An zahlreichen Stellen, wo sich Bezüge zwischen den Studien bzw. Befragungen ergeben, machen Querverweise darauf aufmerksam. Die Autoren bedanken sich bei den 251 Frauen, die bereit waren, an der Befragung teilzunehmen. Die Resonanz in dieser Größenordnung übertraf weit die Erwartungen und hat gezeigt, dass das Thema offenbar vielen Müttern wichtig war und ist. Neben den Angaben in den Fragebogen erreichten uns auch zusätzliche Informationen, Meinungen und Hinweise, die an geeigneten Stellen in den Text eingebunden wurden. Ebenfalls zu großem Dank verpflichtet sind die Autoren den 14 Expertinnen, die – teilweise über mehrere Stunden – bereitwillig Auskunft zu den Fragen gegeben haben. Dieses komprimierte Wissen war eine wertvolle Ergänzung zu den erhobenen Daten und hat auf viele Zusammenhänge ein erklärendes Licht geworfen. Viele Menschen gaben wertvolle Hinweise v.a. zur Gestaltung des Fragebogens und des Interviewleitfadens; einen herzlichen Dank an Anja Röhrdanz, Karola Frömel, Katharina Kunze, Lina Vollmer, Manuela Horstkotte und Dr. Sabine Kesting. Ein besonderer Dank geht an Herrn Dominik Leiner aus München, Betreiber des kostenfreien Internetangebotes „ofb – Onlinefragebogen“, mit dessen Hilfe der Online-Fragebogen erstellt werden konnte. Dieser hatte einen großen Anteil am Gelingen der Studie.2 Dr. Detlev Wahl, Dipl.-Psych. Thomas Höll Rostock, den 29. März 2010 1 Dass kein männlicher Experte befragt werden konnte, zeigt nur, dass kaum Männer in den betreffenden Berufsfeldern arbeiten. 2 Weitere Informationen unter www.soscisurvey.de. 4 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 2. Methodisches Vorgehen Um die Aussagen einer großen Anzahl von Personen möglichst schnell und genau erfassen und auswerten zu können, bot sich ein Fragebogen an. Mit der Wahl dieses Instruments geht zwar ein Verlust an differenzierterem Wissen einher (z.B. sind meist keine Antworten außerhalb der vorgegebenen Kategorien möglich), was jedoch angesichts der leichteren Auswertung und Interpretation in Kauf genommen wurde, da die personellen Ressourcen für zeitaufwendige Interviews nicht verfügbar waren. Inhaltliche Grundlage für die Mütterbefragung war der Fragebogen für das Führungspersonal von Unternehmen aus dem ersten Teil der Studie (siehe im Anhang dort). Die Fragen wurden auf die Perspektive der Mütter ausgerichtet, gegebenenfalls umformuliert, neu sortiert oder entfernt. Eine erste Version des überarbeiteten Dokuments wurde vor der Befragung an Expertinnen verschickt und auch durch Mütter aus der Zielgruppe ausgefüllt, um inhaltliche und formale Schwächen sowie Verständnisprobleme zu beheben (Pretest). Die Anmerkungen und Vorschläge wurden eingearbeitet, bis eine endgültige Variante mit dem Umfang von acht Seiten vorlag.3 Unter Nutzung eines kostenfreien Angebotes auf der Seite http://ofb.msd-media.de/ wurde parallel eine Online-Fassung des Fragebogens erstellt, die inhaltlich völlig identisch mit der Papier-Version war. Dieser Online-Fragebogen wurde ebenfalls von mehreren Müttern getestet, bevor die Befragung Ende Juli 2009 begann. Als Schlussdatum für die Teilnahme wurde der 27. September 2009 festgelegt. Die Zielgruppe wurde auf verschiedenen Wegen um ihre Teilnahme gebeten. Zunächst wurden E-Mails an Kolleginnen und Bekannte der Autoren verschickt (auch mit der Bitte um Weiterleitung); sie erhielten den Fragebogen in drei Varianten: • als PDF-Dokument zum Ausdrucken, Ausfüllen „per Hand“ und zur postalischen Rücksendung, 3 • als Word-Dokument zum Ausfüllen am PC und zur Rücksendung per E-Mail • als Online-Fragebogen mit einem Link zur entsprechenden Seite. Der Fragebogen befindet sich im Anhang dieser Studie. 5 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Eine ähnliche E-Mail erhielten auch zahlreiche MultiplikatorInnen in MecklenburgVorpommern, die beruflich Kontakt zu Müttern haben und sie für eine Teilnahme an der Befragung gewinnen konnten. Dabei handelte es sich z.B. um Projekte zur Modularen Qualifizierung in der Elternzeit sowie zum beruflichen Wiedereinstieg oder um Träger der Familienbildung und -beratung. Auch die Agenturen für Arbeit und die ArGen im Land wurden einbezogen. Ein dritter Weg führte über Veröffentlichungen in diversen Print- und Online-Medien. Die Fragebogen standen bis Ende September 2009 zum Download auf der Internetseite des Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in MV bereit, wo auch der Link zum OnlineFragebogen angegeben war. Hinweise auf die Studie – immer mit der Bitte um Teilnahme – fanden sich darüber hinaus auf der Internetseite www.kita-portal-mv, in der Familienzeitschrift „Die Landknirpse“, im Newsletter der Familienbotschaft M-V, auf den Seiten www.greifswald-netz.de und www.perspektive-wiedereinstieg.de. Die Auswertung der Daten erfolgte mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS (Version 15.0). Da die Zusammenfassung nicht (nur) für ein wissenschaftlich erfahrenes Publikum gedacht ist, werden Rechenergebnisse der statistischen Verfahren nur kurz im Anhang wiedergegeben. 3. Ergebnisse 3.1 Soziodemographische Daten An der Befragung nahmen schließlich 251 Mütter aus Mecklenburg-Vorpommern teil, die Kinder im Alter bis zu 12 Jahren hatten. 165 Frauen (66%) füllten den online-Fragebogen aus; immerhin 68 Fragebogen (27%) wurden per Hand ausgefüllt und postalisch zurückgesandt – von Einzelpersonen, diversen Projekten (mit Müttern als Teilnehmerinnen) und in einem Fall sogar von einem Unternehmen, dessen Mitarbeitende an der Befragung teilgenommen hatten; 18 Fragebogen (7%) kamen per Email. Der hohe Rücklauf per Brief und Email war überraschend. Das Thema schien vielen Frauen wichtig genug zu sein, um Portokosten in Kauf zu nehmen. • Alter, Kinderzahl und Familienstand Das Durchschnittsalter der Frauen lag bei 33,5 Jahren, die älteste war 51 Jahre alt, die jüngste 20. Die meisten hatten ein oder zwei Kinder. Die Befunde spiegeln den allgemeinen 6 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Trend zur Ein-Kind-Familie wider. In M-V lebte 2008 z.B. in 64% aller Familien nur ein Kind, zwei Kinder waren in 29,8% der Familien vorhanden, drei Kinder nur noch in 5%.4 Die meisten der befragten Frauen lebten in einer Ehe oder Partnerschaft. Der Anteil der alleinerziehenden Mütter in der Befragung entsprach fast dem in M-V (25,6%), während es im Landesdurchschnitt mehr Ehen (59,7%) und weniger Lebensgemeinschaften (13,8%) gab.5 1 Kind 2 Kinder 3 und mehr Kinder 42 37 18 • 3 keine Angaben alleinerziehend Partnerschaft 29 23 Ehe 48 Familienstand und Kinderzahl der befragten Mütter Übersicht 1: Antworten in Prozent (gerundet) Schulbildung und Berufsabschluss Das Qualifikationsniveau der Teilnehmerinnen liegt über dem im Land, was sich sowohl in den Schulabschlüssen als auch in der beruflichen Qualifikation niederschlägt. Über die Hälfte der befragten Mütter hat die Berechtigung zum Studium an einer (Fach)Hochschule bzw. Universität. Fast 90% verfügen über einen Berufsabschluss, allein 44,2% haben an einer (Fach)Hochschule oder Universität studiert. In M-V hatten 2008 von allen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen (Beschäftigte am Arbeitsort, ohne Selbständige) 74,8% einen beruflichen Abschluss, mit (Fach)Hochschul- und Universitätsabschluss waren 9,1%, ohne Berufsabschluss lediglich 8,3% der Frauen.6 4 vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte: Bevölkerung, Haushalte und Familien in Mecklenburg-Vorpommern (Mikrozensus) 2008,Teil 2 – Familien. Schwerin, 27. Juli 2009, S. 11 5 vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte: Bevölkerung, Haushalte und Familien in Mecklenburg-Vorpommern (Mikrozensus) 2008,Teil 2 – Familien. Schwerin, 27. Juli 2009, S. 10 6 Errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Mecklenburg-Vorpommern am 30.06.2008, Schwerin, 05. Juni 2009, S. 16 7 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Bei diesem Vergleich muss allerdings berücksichtigt werden, dass in die Berechnung auf Landesebene Frauen aller Altersgruppen einbezogen sind und nicht zwischen Müttern und kinderlosen Frauen unterschieden wird. Bei der relativ hohen Qualifikation der befragten Frauen muss auch in Betracht gezogen werden, dass sich mehrheitlich höher qualifizierte Mütter an der Befragung beteiligten, da sie – so die Vermutung der Autoren – der Thematik „Vereinbarkeit“ mehr Interesse entgegen bringen. Vielleicht hat auch die Art der Datenerhebung (Verschickung per Internet) die höher qualifizierten Frauen bevorzugt. Schulabschluss (o.l.), Ausbildung (u.l.) und (beruflicher) Status d. Mütter (o.r.) 0,4 kein Schulabschluss 2 8. Klasse der DDR 3 Hauptschule 6 Studium 0,4 4 berufliche Ausbildung arbeitslos (ALG 1) 13 POS* DDR 13 22 Realschule 52 arbeitslos (ALG 2) abhängig beschäftigt 6 Fachabitur 10 selbständig 47 Abitur 13 Elternzeit 6 Sonstiges 2 ungelernt 2 angelernt 2 Meisterin 29 14 7 Hausfrau Facharbeiterin Fachschule 26 18 2 FH/Hochschule Universität Sonstiges *POS: Polytechnische Oberschule, 10-klassige Schulform in der DDR, entspricht etwa dem Realschulabschluss Übersicht 2: Antworten in Prozent (gerundet) Auffällig ist, dass Alleinerziehende signifikant häufiger eine geringe bzw. mittlere Schulbildung als andere Mütter haben, was durch die Befunde bereits vorliegender Studien nicht bestätigt wird. Diese verweisen jedoch auf im Durchschnitt niedrigere berufliche Qualifikationen alleinerziehender Mütter7. Ungeachtet dessen liegt das Niveau der schulischen Abschlüsse der an der Befragung beteiligten alleinerziehenden Mütter über dem Durchschnitt, da immerhin 80% die zehnklassige Schule (POS der DDR/Realschule) beendet haben bzw. über ein Fachabitur/Abitur verfügen (Î Übersicht 2). 7 vgl. Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Alleinerziehende in Deutschland – Potenziale, Lebenssituationen und Unterstützungsbedarfe, Berlin 2008, S. 9, Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg. ): Alleinerziehen in Deutschland – Ressourcen und Risiken einer Lebensform (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001, S. 19, Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Daten und Fakten zum Thema Alleinerziehende, Material für die Presse, Berlin, Mai 2009, S. 1 8 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Bildungsabschlüsse und Arbeitslosigkeit bei alleinerziehenden Müttern und Müttern in einer Ehe oder Partnerschaft kein Abschluss, 8. Klasse DDR, Hauptschule, 20 3 POS der DDR, Realschulabschluss 48 31 Fachabitur, Abitur 32 66 ALG-II-Bezug 42 4 Arbeitslosenquote 49 7 alleinerziehende Mütter Mütter in einer Ehe/Partnerschaft Übersicht 3: Antworten in Prozent (gerundet). Diese häufig konstatierte geringere berufliche Qualifikation hängt vermutlich damit zusammen, dass die Mutterschaft in der überwiegenden Mehrheit der Fälle (sieht man von den Teenie-Müttern ab) nach Abschluss der Schulzeit eintritt. Erst dann werden berufliche Erstausbildung oder weiterführende Qualifizierungen für alleinerziehende Mütter zum Problem. Auf dem Arbeitsmarkt haben Alleinerziehende oft geringere Chancen; in der vorliegenden Studie waren sie signifikant häufiger arbeitslos als andere Mütter. Das hängt nicht nur mit der vergleichsweise niedrigeren beruflichen Qualifikation zusammen, sondern vor allem damit, dass sie zeitlich und räumlich weniger flexibel sind als Menschen in einer Partnerschaft. All das führt zu einem hohen Maß an „sozialer Verwundbarkeit“8 Alleinerziehender. So sind sie generell überrepräsentiert in der Gruppe der Menschen, die ausschließlich oder überwiegend von Transferzahlungen leben. Das zeigte auch die Befragung: 42% der alleinerziehenden Mütter beziehen Arbeitslosengeld II (ALG II, sog. „Hartz IV“), während es bei den anderen Müttern lediglich 4% sind. Damit ist das „Hartz-IV-Riskiko“ der Alleinerziehenden zehnmal höher als bei den in einer Ehe oder Partnerschaft lebenden Müttern. 8 „Soziale Verwundbarkeit“ geht über Armut hinaus und beschreibt einen Zustand, in dem Individuen oder Gruppen von Menschen besonderen Risiken und Unsicherheiten ausgesetzt sind, die zu sozialem Abstieg, Ausgrenzung und Isolation führen können und eine den soziokulturellen Standards entsprechende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschweren oder unmöglich machen. 9 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 • Beruflicher Status Die teilnehmenden Mütter weisen in Bezug auf ihre berufliche Stellung eine große Streuung auf. Die Mehrheit ist abhängig beschäftigt, die Zahlen im Land zeigen ein ähnliches Bild: Arbeitnehmende hatten 2007 in M-V einen Anteil von 89,8% an den Erwerbstätigen, der der Selbständigen betrug, ähnlich wie in der Befragung, lediglich 10,2%.9 Der Anteil der Arbeitslosen in der Befragung lag mit 16,7% (ALG-I und ALG II-Empfängerinnen) über der Arbeitslosigkeit auf Landesebene, die im Januar 2010 15,0% betrug. Der Anteil der ALG-IIEmpfänger/innen an allen Arbeitslosen in M-V war mit 65,3% wesentlich höher als der der Empfänger/innen von ALG-I mit 34,7%.10 Zur Gruppe der Selbständigen auf Landesebene gehören insgesamt 76.500 Personen. Davon sind 27.000 Frauen, was einer weiblichen Selbständigenquote von 35,3% entspricht.11 3.2 • Meinungen und Angaben zum Thema Vereinbarkeit Wichtige Elemente für Vereinbarkeit Welche Elemente den Frauen bezüglich einer guten Vereinbarkeit am wichtigsten sind, zeigt Übersicht 4. Die Punkte „Arbeitsplatzsicherheit“, „Existenz sicherndes Einkommen“ und „Pflege“ wurden vor allem deshalb mit zur Auswahl gestellt, weil sie in anderen Studien praktisch keine Rolle spielen; meist stehen dort Kinderbetreuung und Arbeitszeiten im Mittelpunkt. Das verwundert umso mehr, als sichere Arbeitsplätze und existenzsichernde Einkommen Grundpfeiler für Kinderwunsch, stabile Partnerbeziehungen, familiären Zusammenhalt und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind. Erwartungsgemäß sind für die meisten Mütter die „Sicherheit des Arbeitsplatzes“ und „Existenz sicherndes Einkommen“ sehr wichtig bzw. wichtig (jeweils 97%). Dabei spielt es keine Rolle, welchen beruflichen Status die Frauen zur Zeit der Befragung hatten. Überraschend ist die starke Zustimmung beim Punkt „Kinderbetreuung, die sich leichter mit Arbeitszeiten vereinbaren lässt“. Offenbar kommt dieser Frage aus Sicht der Mütter eine sehr große Bedeutung zu. Dabei geht es jedoch nicht nur um flexible Öffnungszeiten von Kindereinrichtungen oder eine gute Kinderbetreuung durch Verwandte oder Bekannte. Ohne Zweifel ist es dringend notwendig, die Öffnungszeiten an veränderte Bedingungen der Arbeitswelt anzupassen. Ebenso wichtig ist jedoch, diese Arbeitsbedingungen in Frage zu stellen und gegebenenfalls zu verändern, wenn sie Vereinbarkeit erschweren oder sogar das 9 vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Pressemeldung vom 13.03.2008, Schwerin vgl. Bundesagentur für Arbeit-Regionaldirektion Nord: Der Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern, Kiel, Presseinformation Nr. 06/2010 11 vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.):Statistisches Jahrbuch 2009,Schwerin 2009, S. 145 10 10 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Kindeswohl gefährden. Die Betreuung der Kinder ist für Mütter auch deshalb so wichtig, weil davon ihre Erwerbsfähigkeit ebenso abhängt wie von ihren beruflichen Kompetenzen. Nur wenn Arbeitszeiten und Betreuungszeiten vereinbarkeitsbewusst aufeinander abgestimmt sind, können Mütter (zum Nutzen der Arbeitgebenden) mit hoher Motivation arbeiten, ihre Karriere planen und Existenz sichernde Einkommen erzielen. „Wie wichtig sind Ihnen folgende Elemente zur Unterstützung der Vereinbarkeit?“ sehr wichtig wichtig weniger wichtig Kinderbetreuung, die sich leichter mit Arbeitszeiten vereinbaren lässt wussten Maßnahmen 85 12 2 Existenz sicherndes Einkommen 85 12 2 Sicherheit des Arbeitsplatzes 79 18 2 Engagement von Unternehmen und Einrichtungen für bessere Vereinbarkeit 69 28 1 Berücksichtigung der Pflege von Angehörigen bei vereinbarkeitsbe 34 49 15 Übersicht 4: Antworten in Prozent (gerundet), fehlende zu 100: keine Angaben Auf Rang 4 in der Wichtigkeit folgt das „Engagement von Unternehmen/Einrichtungen für bessere Vereinbarkeit“. Die etwas niedrigere Bewertung mag darin begründet liegen, dass zum einen das dringend notwendige Engagement von Arbeitgebenden in diesem Handlungsfeld noch nicht genügend im Alltagsbewusstsein der Mütter verankert ist und zum anderen eine vereinbarkeitsbewusste Unternehmenskultur und Personalpolitik bisher noch zu wenig im Erwerbsleben der Frauen spürbar ist. Auch werden positive Beispiele, die sich in den meist kleinen Betrieben Mecklenburg-Vorpommerns oft informell etablieren, noch zu wenig kommuniziert und deshalb kaum zur Kenntnis genommen. Ferner ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Frauen, die Kinder bis zu einem Alter von 12 Jahren haben, aufgrund der geschlechtsspezifischen Zusammensetzung und Altersstruktur der Belegschaften höchst unterschiedlich ist und Vereinbarkeitsprobleme (ohnehin zumeist auf die Betreuung kleinerer Kinder reduziert) in vielen Unternehmen kaum wahrgenommen werden.12 Da das Thema Pflege oft als sehr bedeutsam für die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben bezeichnet wird, war der starke Abfall in der Bewertung des Merkmals „Berücksichtigung der Pflege von Angehörigen bei vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen“ nicht zu erwar- 12 vgl. Wahl, D.: Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern (Teil 1 der Mütterstudie), Rostock 2009, S. 77/78, (als Online-Publikation auf der Homepage des Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in MV (http://www.vereinbarkeit-leben-mv.de/) unter Veröffentlichungen des KVL.MV 11 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 ten. Obwohl auch hier insgesamt 82,9% der Mütter dieses Handlungsfeld für sehr wichtig bzw. wichtig halten, hat es doch mit Abstand die geringsten Zustimmungswerte. Da die Pflege von Angehörigen bei bisherigen Studien zur Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben nur selten thematisiert wird, bleiben zunächst nur Vermutungen: Bei einem Durchschnittsalter der befragten Mütter von 33,5 Jahren ist davon auszugehen, dass deren Eltern noch nicht das Alter erreicht haben, bei dem in der Regel Pflege wahrscheinlicher wird. Der Anteil pflegender Mütter nahm zwar mit dem Alter leicht zu, der Zusammenhang wurde jedoch nicht signifikant. Hinzu kommt, dass heutige Seniorinnen und Senioren deutlich gesünder sind als frühere Generationen, was ein selbst bestimmtes Leben auch in hohem Alter ermöglicht. Es ist ferner zu vermuten, dass durch die Abwanderung junger Menschen die Generationen oft weit voneinander entfernt leben. Familiäre Netzwerke, die gerade bei der Pflege von Angehörigen wichtig sind, verlieren jedoch ab einer gewissen Entfernung ihre Funktionalität. Das dürfte vor allem in ländlichen Räumen der Fall sein, in denen die Altersstruktur (wenige junge Menschen) und die fehlende Mobilität alter Menschen nur schwer zu kompensieren sind. Außerdem haben sich die Bedingungen für die häusliche Pflege durch den Wandel der Arbeitswelt dramatisch verschlechtert. Die jüngere Generation ist daher gezwungen, andere Möglichkeiten für die Pflege und Betreuung alter Angehöriger zu suchen. Dass die befragten Mütter die Pflege noch nicht so stark als Problem betrachten, mag auch daran liegen, dass sie möglicherweise eine sehr enge Vorstellung von Pflege haben, die mit starker Behinderung, Bettlägerigkeit und auf Seiten der Pflegenden mit hohem physischen und psychischem Einsatz verbunden ist. Häufig brauchen Menschen jedoch bereits vor der eigentlichen Pflegebedürftigkeit Unterstützung beim Einkauf, Wohnungsputz, Arztbesuch und bei Behördengängen. Auch diese Leistungen, in der Regel von jüngeren Frauen erbracht, sind bei der Analyse von Vereinbarkeitsproblemen in Rechnung zu stellen. Insgesamt pflegen 17% der Frauen regelmäßig oder gelegentlich, bei weiteren 12% ist diese Aufgabe absehbar (Î Übersicht 5); fast 30% sind also direkt oder indirekt von Pflege betroffen. Der Anteil pflegender Mütter nimmt zwar mit dem Alter leicht zu, der Zusammenhang wird jedoch nicht signifikant – vermutlich, weil der Anstieg nicht konstant verläuft. Übersicht 5 zeigt, dass der Anteil der pflegenden Frauen erst in der Altersgruppe ab 40 Jahre merklich zunimmt und die Zahl derjenigen, für die es absehbar ist, erreicht im Vergleich zu den 30-39jährigen in dieser Altersgruppe sogar fast den dreifachen Wert. Auch wenn die meisten jüngeren Frauen derzeit mit Pflege und Betreuung noch nicht konfrontiert sind, wird sich dies in einigen Jahren wahrscheinlich ändern (Stichwort „Sandwich-Generation“). Schon deshalb sollte das Thema in der Diskussion um Vereinbarkeit (auch in Unternehmen) stärker berücksichtigt werden. 12 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 „Sind Sie in die Betreuung/Pflege von behinderten, chronisch kranken oder älteren Angehörigen einbezogen?“ 49 71 69 nein, nie 77 22 12 nein, aber es ist absehbar 14 8 ja, manchmal 6 ja, regelmäßig 11 9 Gesamt • 5 8 11 24 4 20-29 J. 30-39 J. 40-51 J. (Alter der Mütter) Übersicht 5: Antworten in Prozent (gerundet). Unterstützung durch den Partner oder die Partnerin Auf den ersten Blick fällt auf, dass die Frauen sich bei der familiären Reproduktions- und Sorgearbeit13 von ihren Partnern oder Partnerinnen relativ gut unterstützt fühlen – immerhin 79% von ihnen als sehr gut oder gut. Das Bildungsniveau der Frauen hat darauf allerdings keinen Einfluss. Wie die Werte in Übersicht 6 zeigen, fühlen sich die Frauen unabhängig von ihrer Schulbildung etwa gleich gut von ihren Partnern oder Partnerinnen unterstützt. Einige Zahlen haben zum Teil jedoch eine geringe Aussagekraft, da nur wenige Frauen mit niedriger Schulbildung erfasst sind. Die Antworten der Mütter können natürlich nur einen sehr vagen Eindruck vom wirklichen Engagement der Partner/-innen vermitteln, da sie vom Anspruchsniveau der Frauen sowie der konkreten innerfamiliären Arbeitsteilung und von den Möglichkeiten der Partner beeinflusst werden. Letztere werden nicht selten durch Fernpendeln, Auslandsarbeit, hohes Überstundenvolumen und andere Faktoren eingeschränkt. 13 Familiäre Reproduktions- und Sorgearbeit umfasst alle im Haushalt zu erledigenden Aufgaben (Wäsche, Putzen, Einkauf, Kochen, Bügeln, Reparaturen usw.) sowie alle Leistungen, die mit der Betreuung und Erziehung der Kinder sowie der Betreuung und Pflege von kranken, behinderten oder alten Menschen verbunden sind. 13 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Wie empfinden Sie die Unterstützung durch Ihren Partner/Ihre Partnerin bei familiären Angelegenheiten? sehr gut gut mittelmäßig weniger gut gar nicht gut gesamt 44 35 15 4 1 (33) (33) (11) (22) (0) POS DDR, Realschule 44 32 14 5 5 Fachabitur, Abitur 45 37 15 3 0 kein Schulabschluss, Hauptschule, 8. Klasse DDR Übersicht 6: Antworten in Prozent (gerundet). Nur Mütter mit Partner oder Partnerin. (Wert in Klammern) = wenig aussagekräftig, da nur kleine Stichprobe Die insgesamt im Vergleich zu anderen Studien14 gute Bewertung der Unterstützung durch den Partner oder die Partnerin15 könnte folgende Ursachen haben: Die befragten Mütter gehören mehrheitlich einer Generation an, in der die traditionelle innerfamiliäre Arbeitsteilung (Familienernährermodell/Zuverdienstmodell) zunehmend in Frage gestellt wird, da sie weder der starken Erwerbsneigung von Frauen noch ihrer hohen schulischen und beruflichen Qualifikation entspricht. Die Partner dürften der gleichen Generation angehören, in der auch bei vielen Männern bereits ein Umdenken hinsichtlich dieser Rollenmuster zu verzeichnen ist. Aufgrund des hohen Qualifikationsniveaus der Mütter ist zu vermuten, dass sowohl ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt als auch ihre Erwerbsneigung über dem Durchschnitt liegen. Die damit verbundenen beruflichen Ambitionen dürften Einfluss auf die Partnerwahl gehabt haben. Daher ist anzunehmen, dass diese Frauen vor allem Partner/-innen gesucht haben, die eher bereit sind, familiäre Reproduktions- und Sorgearbeit egalitärer aufzuteilen, was beiden gleichzeitig Erwerbsarbeit ermöglicht.16 Es ist natürlich auch möglich, dass einige 14 vgl. u.a.: Wengler, A./Trappe, H./Schmitt, C.: Partnerschaftliche Arbeitsteilung und Elternschaft, Materialien zur Bevölkerungswissenschaft, Heft 127/2008 (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Wiesbaden), Institut für Demoskopie Allensbach: Vorwerk Familienstudie 2008. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage in Deutschland, Allensbach am Bodensee 2008, IGS-Organisationsberatung GmbH: Väter zwischen Karriere und Familie - Teil 2: Die Sicht der Mütter, Köln 2005 (http://www.igs-beratung.de/service/studien/) 15 Unabhängig von der realen Höhe der Unterstützungsleistungen innerhalb der familiären Reproduktions- und Sorgearbeit kommt in verwandtschaftlichen Netzwerken dem Ehe- oder Lebenspartner die größte Bedeutung zu. Vgl. Barth, S.: Soziale Netzwerke und soziale Unterstützung, S. 22, www.stephan-barth.de/sozialeunt.htm, Diewald, M.: Soziale Beziehungen: Verlust oder Liberalisierung? Soziale Unterstützung in informellen Netzwerken. Berlin 1991,106. 16 Es liegen gegenwärtig noch keine umfassenden und empirisch abgesicherten Erkenntnisse zum Zusammenhang von Bildungsniveau und traditioneller bzw. egalitärer Arbeitsteilung in der Familie vor. Es deutet sich jedoch an, dass es eine Korrelation zwischen hohem Bildungsniveau in mehr egalitären Formen der Arbeitsteilung gibt. Vgl. hierzu auch: Wengler, A./Trappe, H./Schmitt, C.: Partnerschaftliche Arbeitsteilung und Elternschaft, Materialien zur Bevölkerungswissenschaft, Heft 127/2008 (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Wiesbaden), S. 27 14 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Mütter sich bei der Beantwortung der Frage weniger an der Realität, sondern mehr an der „sozialen Erwünschtheit“ orientiert haben. Schließlich sei erwähnt, dass nicht nur Männer noch stark traditionelle Vorstellungen von innerfamiliärer Arbeitsteilung haben, sondern teilweise auch Frauen aus den unterschiedlichsten Gründen die Hilfe des Ehemannes/Partners nicht entbehren, sogar ablehnen oder gelegentliche Unterstützungsleistungen überbewerten. Interessanterweise hat fast jede fünfte alleinerziehende Mutter die Frage nach der Unterstützung in der Partnerschaft ebenfalls beantwortet. Vermutlich werden auch diese Frauen unterstützt, entweder von ihren ehemaligen oder von neuen Partnern, die jedoch nicht mehr bzw. noch nicht zum Haushalt gehören. Solche Beziehungen sind bisher in Studien zur sozialen Situation Alleinerziehender kaum berücksichtigt worden. Der Befund wirft auch die Frage auf, wie genau der Begriff „alleinerziehend“ eigentlich ist und wie er von den Betroffenen selbst verstanden wird. • Unterstützung durch das soziale Netz Die Ergebnisse (Î Übersicht 7) zeigen deutlich die wichtige Rolle der Eltern im Hinblick auf Unterstützungsleistungen und bestätigen damit die Befunde anderer Studien17. Insgesamt geben 81,7% der Mütter an, dass sie durch eigene Eltern bzw. Schwiegereltern bei der Kinderbetreuung bzw. bei größeren Belastungen unterstützt werden. Die drei anderen Gruppen werden seltener in Anspruch genommen. trifft voll zu trifft teilweise zu trifft nicht zu eigene Eltern/Schwiegereltern 46 36 18 andere Verwandte 14 21 63 Freundinnen/Freunde/Bekannte 21 39 39 8 20 72 Von welchen Personen (außer Partner/in) erhalten Sie Unterstützung bei Kinderbetreuung/hohen Belastungen? Nachbarinnen/Nachbarn 17 Übersicht 7: Antworten in Prozent (gerundet). Fehlende zu 100: keine Angaben. vgl. u.a. Lange, A./Lauterbach, W.: Wie nahe wohnen Enkel bei ihren Großeltern? Aspekte der Mehrgenerationenfamilie heute, Arbeitspapiere der Universität Konstanz, Nr. 24/1997, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland. Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft. Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen, Berlin 2005, Szydlik, M.: Lebenslange Solidarität? Generationenbeziehungen zwischen erwachsenen Kindern und Eltern, Opladen 2000 15 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Der Wert bei anderen Verwandten ist relativ niedrig. In soziologischen Studien wird betont, dass die Eltern-Kind-Beziehung eine besondere Nähe aufweist und wechselseitig sehr stark verpflichtend wirkt. Eltern und Kinder unterstützen sich gegenseitig auch im Falle emotionaler Konflikte noch. Das ist bei anderen (vor allem entfernteren) Verwandten nicht so häufig der Fall. Außerdem ist die räumliche Nähe von Eltern und Kindern meist größer als bei anderen Verwandten und wird von beiden Seiten vielfach auch angestrebt. Bei der Bewertung verwandtschaftlicher Beziehungen muss auch berücksichtigt werden, dass aufgrund des Geburtenrückganges und des Wandels familiärer Lebensformen zahlreiche früher zum Alltag gehörende Verwandte heute gar nicht mehr vorhanden sind und viele junge Menschen die entsprechenden Verwandtschaftsbezeichnungen bereits nicht mehr kennen. Erwartungsgemäß sind Freundinnen, Freunde und Bekannte für die befragten Frauen die zweitwichtigste Quelle für soziale Unterstützung. Zu ihnen bestehen oft enge emotionale Bindungen, da sie anhand von Sympathie und wechselseitigen Unterstützungsmöglichkeiten selbst ausgewählt wurden. Bei Enttäuschung können diese Bindungen auch leichter ohne familiäre Konflikte wieder gelöst werden. In vielen Fällen ersetzen sie sogar zerfallende oder nicht mehr funktionierende verwandtschaftliche Netzwerke. Deutlich seltener wird die Nachbarschaft um Unterstützung gebeten, 72,1% der Mütter tun dies überhaupt nicht. Dies gilt (mit einigen Unterschieden) sowohl für Städte als auch für den ländlichen Raum und deckt sich mit anderen Studien zu sozialen Netzwerken. Rohr-Zänker und Müller schrieben z.B. bereits 1998: „Sind also Kontakte und Beziehungen zu Nachbarn Teil unseres Alltags, so haben sie doch eine nachrangige Bedeutung innerhalb der persönlichen Netzwerke. Als wichtige Kontaktgruppe stehen Nachbarn im Rang weit hinter Familie, Verwandtschaft, Freunden und Bekannten“.18 Diese geringere Bedeutung von nachbarlichen Beziehungen innerhalb der Netzwerke rührt daher, dass Nachbarschaft zunächst einmal durch Siedlungsweise, Wohnsituation und Begegnungsmöglichkeiten vorgegeben ist, räumliche Nähe allein jedoch keine sozialen Bindungen mit Netzwerkqualität schafft. Bisweilen werden jedoch Beziehungen zu besonders sympathischen und/oder nützlichen Bewohnerinnen oder Bewohnern des unmittelbaren Umfeldes geknüpft. Diese werden dann – obwohl sie Nachbarn bleiben – zu Bekannten bzw. Freundinnen und Freunden und in das soziale Netz integriert. Frauen mit höherer Schulbildung schätzen die Unterstützung durch ihr soziales Netz tendenziell leicht besser ein als Frauen mit niedrigerer Bildung. Dieser Zusammenhang wird aber nicht signifikant. Wird das soziale Netz nicht als ganzes betrachtet, sondern seine einzelnen 18 Rohr-Zänker, R./Müller, W.: Die Rolle von Nachbarschaften für die zukünftige Entwicklung von Stadtquartieren, Arbeitspapiere des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Bonn, Nr. 6/1998, S. 16 16 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Bestandteile, so zeigt die Untersuchung folgende Zusammenhänge zwischen sozialer Unterstützung und Schulbildung: Nur die Unterstützung durch die Nachbarschaft korreliert signifikant mit der Bildung; je höher die Schulabschlüsse der Frauen, desto besser fühlten sie sich von Nachbarn und Nachbarinnen unterstützt. Die Qualität der sozialen Unterstützung durch Eltern und Schwiegereltern, andere Verwandte sowie den Freundeskreis weist dagegen keinen signifikanten Zusammenhang mit dem Bildungsniveau der Mütter auf. Eine Erklärung dafür fällt schwer, da so gut wie keine Untersuchungen zu den Unterstützungsleistungen einzelner Komponenten des sozialen Netzwerkes von Müttern über die Eltern und Großeltern hinaus vorliegen. Gleiches gilt übrigens auch für die Kinder. Den Autoren ist keine Studie bekannt, in der die Einbeziehung älterer Kinder in die familiäre Reproduktions- und Sorgearbeit thematisiert wird. Kindheit scheint stillschweigend nur noch als sozialer Schonraum wahrgenommen zu werden. Interessant sind jedoch die Zusammenhänge zwischen den genannten Personengruppen. Besonders die Unterstützung durch den Freundeskreis soll erwähnt werden. Dieser Wert korreliert als einziger signifikant positiv mit dem jeder anderen Personengruppe. Mit anderen Worten: Wer sich durch den eigenen Freundeskreis gut unterstützt fühlt, empfindet auch die Unterstützung durch andere Personen als größer. Hier könnte möglicherweise ein Hinweis auf die wichtige Rolle sozialer Kompetenzen liegen. Die Unterstützung durch den Freundeskreis ist nicht so selbstverständlich wie die durch die Familie, sie muss – streng genommen – „verdient“ werden, was ein hohes Element von wechselseitiger Hilfe/Zuwendung (Prinzip der Reziprozität) einschließt. Aus den Daten ließe sich folgendes Fazit ableiten: Wer in der Lage ist, Freundschaften aufzubauen und zu pflegen, verfügt offenbar über entwickelte soziale Kompetenzen und ist daher in der Lage, Unterstützung auch aus anderen Quellen zu mobilisieren. Die Befragung zeigt auch, dass Alleinerziehende sich insgesamt genauso gut durch ihr soziales Netz unterstützt fühlen wie andere Mütter; der Freundeskreis spielt für sie allerdings eine signifikant größere Rolle. Da Alleinerziehende meist keine Partner/-in und damit auch keinen Zugriff auf dessen/deren Verwandtschaft haben, suchen sie sich im Kreis von Freundinnen, Freunden und Bekannten Unterstützung; dies tun sie offenbar stärker als Frauen, die in Partnerschaften leben. Eine Erklärung für die von den Alleinerziehenden signalisierte gute Unterstützung durch ihr soziales Netz könnte darin bestehen, dass die befragten Mütter über mehr wichtige Ressourcen (Bildung, berufliche Qualifikation, Einkommen) verfügen als der Durchschnitt. Untersuchungen zur Größe und Funktion von Netzwerken zeigen immer wieder, dass Menschen mit geringen persönlichen Ressourcen stets auch kleine Netzwerke haben, die zumeist aus 17 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 unmittelbaren Verwandten bestehen.19 Das wurde auch in den Interviews mit den Expertinnen deutlich, die zum Teil mit den betreffenden alleinerziehenden Müttern arbeiten (Î Vgl. Abschnitt 4: Soziales Netz, Unterstützung in der Auswertung der Interviews mit den Expertinnen). • Bezahlte Dienstleistungen Gering verbreitet ist die Inanspruchnahme bezahlter Dienstleistungen, um die familiären Reproduktions- und Sorgearbeiten zu bewältigen. Das dürfte an DDR-spezifischen Normen und Werten ebenso liegen wie an relativ niedrigen Einkommen sowie an Besonderheiten des Arbeitsmarktes für haushaltsnahe Dienstleistungen.20 Obwohl Frauen immer weniger Zeit für Eigenarbeit im Haushalt haben (wegen hoher Anforderungen sowohl im Arbeitsleben als auch an die Freizeitgestaltung21), geben fast 71% der Mütter an, nie haushaltsnahe Dienstleistungen zu nutzen, nur 12% nehmen sie täglich bzw. mehrmals pro Woche in Anspruch. „Wie oft nehmen Sie bezahlte Dienstleistungen in Anspruch für Betreuung (außer Kita/Hort) oder Hausarbeit (z.B. Tagesmutter, Putzhilfe, Pflegedienst)?“ Nutzung bezahlter Dienstleistungen; gesamt und in Abhängigkeit vom Schulabschluss 71 nie 70 9 8 2 10 mehrmals/Jahr mehrmals/Monat mehrmals/Woche täglich 6 6 Gesamt 19 18 kein Abschluss, 8. Klasse DDR, Hauptschule 66 82 10 6 5 7 10 3 10 POS DDR, Realschule Fachabitur, Abitur Übersicht 8: Angaben in Prozent (gerundet). vgl. Friedrichs, J.: Einführung in die Stadtsoziologie, Hagen 1993, Abschnitt über Netzwerke, S. 165 und S. 167 Für ganz Deutschland wird konstatiert: „Ein regulärer Arbeitsmarkt für haushaltsnahe Dienstleistungen hat sich bisher nicht entwickelt. Die Nachfrage wird vor allem über Schwarzarbeit befriedigt (ihr Anteil in Privathaushalten wird auf bis zu 80% geschätzt) oder in Eigenarbeit erledigt“. Görner, R.: Agenturen für haushaltsnahe Dienstleistungen – ein Modellversuch im Saarland, Arbeitspapier herausgegeben von der Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin/Sankt Augustin, Nr. 167/2006, S. 6 21 vgl. ebenda, S. 13 20 18 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Da die Mütter nicht nach den Ursachen für die geringe Nutzung bezahlter Leistungen gefragt wurden, können nur Vermutungen zu den Gründen angestellt werden: Viele Familien in Mecklenburg-Vorpommern können sich wahrscheinlich haushaltsnahe Dienstleistungen finanziell einfach nicht leisten, auch wenn sie ihnen die Vereinbarkeit erleichtern würden. Außerdem dürfte die Nutzung solcher Dienstleistungen bei vielen Menschen ein schlechtes Image haben. Sie gelten in Deutschland als Luxus für Reiche und viele empfinden es als peinlich, Menschen für sich arbeiten zu lassen, da es den Anschein von Ausbeutung erweckt.22 Dies gilt sicher in den östlichen Bundesländern, die nach wie vor eine andere Sozial- und Einkommensstruktur aufweisen, in noch weitaus stärkerem Maße. Die Inanspruchnahme von Dienstleistungen wird also wesentlich auch von sozio-kulturellen Faktoren mitbestimmt und hängt nicht nur vom Geld ab.23 Interessant ist jedoch, dass trotz der geringen Verbreitung ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Nutzung bezahlter Dienstleistungen und der Zahl der genannten Erschwernisse für Vereinbarkeit existiert (mehr dazu im nächsten Abschnitt). Man könnte die Daten folgendermaßen interpretieren: Je mehr Erschwernisse die Frauen angeben, desto öfter nutzen sie bezahlte Dienstleistungen. Es konnte auch ermittelt werden, dass Frauen mit höherer Schulbildung die Dienstleistungen häufiger nutzen als Frauen mit niedrigen Schulabschlüssen. Der Grund dafür könnte sein, dass Frauen mit höherer Bildung tendenziell besser verdienen und sich daher die Dienstleistungen – im wahrsten Sinne des Wortes – eher leisten können. Möglicherweise spielen jedoch auch unterschiedliche Einstellungen eine Rolle. • Erschwernisse für Vereinbarkeit Wie die Zahlen in Übersicht 9 zeigen, erschweren „wenig planbare Arbeitszeiten“ den Müttern die Vereinbarkeit am meisten, gefolgt von „häufiger Erkrankung der Kinder“, „vielen Überstunden“ und „hohem Weiterbildungsaufwand“. Die ersten drei Punkte dürften eng zusammenhängen. Sie spiegeln die Tatsache wider, dass die in der modernen Arbeitswelt geforderte Verfügbarkeit und Flexibilität für viele Mütter ein echtes Problem darstellt, vor allem für solche mit kleineren Kindern. Viele Frauen sind damit konfrontiert, dass die Öffnungszeiten der Kinderta- 22 vgl. ebenda, S. 15, ähnlich argumentieren Rump, J./Eilers, S.: Beschäftigungswirkungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie - auch unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung, Mainz 2006 (Hrsg.: Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit Rheinland-Pfalz), S. 47f. 23 vgl. Geissler, B.: Haushalts-Dienstleistungen als informelle Erwerbsarbeit: neue Ungleichheit oder Ausdifferenzierung des Arbeitsmarkts? In: Arbeit. Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik, Schwerpunktheft Arbeitsmarkt und Beschäftigung – Unsicherheit in sich globalisierenden Arbeitsgesellschaften, Dortmund, Heft 3/2006; S. 5 19 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 gesstätten sich stark an traditionellen Normalarbeitsverhältnissen orientieren. Willkürlich festgelegte Arbeitszeiten und Überstunden erschweren es außerdem, kurzfristig Eltern, andere Verwandte oder Bekannte für die Betreuung der Kinder zu gewinnen. Welche Umstände erschweren Ihnen persönlich manchmal die Vereinbarkeit? trifft voll zu trifft teilweise zu trifft nicht zu 1 wenig planbare Arbeitszeiten 22 34 38 2 häufige Erkrankungen des Kindes/der Kinder 17 38 39 3 viele Überstunden 15 38 40 4 hoher Weiterbildungsaufwand 12 29 53 5 lange Arbeitswege 18 20 55 6 Kolleginnen/Kollegen haben wenig Verständnis für familiäre Probleme 10 27 55 7 Partner/-in muss pendeln 19 17 55 8 Betriebsleitung hat wenig Verständnis für familiäre Probleme 14 22 56 9 Angst vor Arbeitsplatzverlust bei Schwangerschaft/Elternzeit 15 18 60 10 keine/geringe Unterstützung durch Partner/-in 11 21 59 11 lange Wege wegen Kinderbetreuung 8 19 66 12 Ich bin alleinerziehend 22 4 71 13 Betreuung/Pflege von Angehörigen 4 11 77 Übersicht 9: Antworten in Prozent (gerundet), nach Häufigkeit sortiert. Fehlende zu 100: keine Angaben/Sonstiges. Vermutlich geht es bei den Punkten „wenig planbare Arbeitszeiten“ und „viele Überstunden“ um mehr als Kinderbetreuung. Familien brauchen nicht schlechthin einfach nur Zeit, sondern vor allem planbare Zeit24, denn viele der anfallenden Aufgaben sind an einen zeitlichen Rhythmus gebunden und können auch nicht beliebig an andere Personen delegiert werden. Das gilt gerade für die Tätigkeiten, die Frauen im Rahmen der traditionellen innerfamiliären 24 vgl. zur Rolle der planbaren Zeit innerhalb von familienfreundlichen Arbeitszeitmustern: Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Familienfreundliche Arbeitszeitmuster. Neue Wege zu Wachstum und Beschäftigung, Berlin 2005, S. 6. 20 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Arbeitsteilung ausüben, die in der Regel eine geringe zeitliche Variabilität aufweisen.25 Während sich Reparaturen, Heimwerkerleistungen, Gartenarbeit und das Spiel mit den Kindern, die häufig noch zu den Domänen des männlichen Engagements in der familiären Reproduktions- und Sorgearbeit gehören, in vielen Fällen durchaus zeitlich verschieben bzw. über bezahlte Dienstleistungen erledigen lassen, bieten die Begleitung der Kinder zur Kindertagesstätte, die Erledigung der Hausaufgaben, das Zubereiten der Mahlzeiten, die tägliche Pflege von Kleinkindern u.a.m. nur geringen zeitlichen Spielraum. Dass „häufige Erkrankung der Kinder“ so oft als Erschwernis genannt wurde, bestätigt die Ergebnisse des ersten Teils der Studie. Dort wurde gezeigt, dass es tatsächlich viele Arbeitsausfälle durch die Krankheit von Kindern gibt. Die befragten Unternehmensleitungen nannten dieses Problem denn auch besonders häufig.26 Etwas überraschend ist, dass der „hohe Weiterbildungsaufwand“ so häufig genannt wurde (etwa 41% antworteten mit „trifft voll zu“ oder „trifft teilweise zu“). Vielleicht hängt dies mit der überdurchschnittlich hohen Bildung und beruflichen Qualifikation der befragten Mütter zusammen: Wer hoch gebildet ist, strebt vermutlich berufliche Positionen an (oder hat sie bereits erreicht), in denen ständige Weiterbildung gefordert ist. Das bedeutet offenbar auch, dass ein großer Teil der „offiziellen“, also von den Unternehmen geforderten, Weiterbildung27 in der Freizeit stattfindet, oft sogar ergänzt durch selbst bestimmte, nicht institutionalisierte und zertifizierte Formen der Weiterbildung zur Erweiterung berufsrelevanter Kompetenzen (informelle Formen der Weiterbildung). Da die meisten Mütter nicht alleinerziehend sind, rangiert dieser Punkt in Übersicht 9 auf dem vorletzten Platz (71% fühlen sich davon nicht beeinträchtigt). Die Mütter, die es betrifft, empfinden diesen Zustand jedoch für die Vereinbarkeit als sehr erschwerend (22% sagen: „trifft voll zu“). Mit anderen Worten: So gut wie alle alleinerziehenden Mütter empfinden ihren Status als sehr erschwerend für die Vereinbarkeit. Die Pflege und Betreuung von Angehörigen hat auch bei dieser Frage keine große Bedeutung – 78% der Frauen fühlen sich davon gar nicht eingeschränkt. Jüngere Mütter nannten mehr Erschwernisse als ältere; der Zusammenhang zwischen Alter und Zahl der genannten Erschwernisse ist zwar schwach, aber signifikant. Dies mag an ihren geringen Erfahrungen im „Familienmanagement“ liegen. Denkbar wäre auch, dass sie insgesamt mit mehr Unsicherheiten konfrontiert sind; vielleicht befinden sie sich noch in der Ausbildung, haben auf dem Arbeitsmarkt noch keinen Fuß gefasst oder verfügen nur über ein 25 vgl. Wengler, A./Trappe, H./Schmitt, Ch.: Partnerschaftliche Arbeitsteilung und Elternschaft, Materialien zur Be völkerungswissenschaft, Heft 127/2008 (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Wiesbaden), S. 19 ff. u. S. 39 26 vgl. Wahl (2009), S. 59 und 82 ff. 27 Viele Unternehmen sind um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Weiterbildung in der Arbeitszeit und der Freizeit bemüht, vgl. ebenda, S. 91 21 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 geringes Einkommen. Keinen signifikanten Zusammenhang gibt es hingegen zwischen der Zahl der genannten Erschwernisse und dem Bildungsgrad. Das hängt möglicherweise damit zusammen, dass die genannten Erschwernisse nicht typisch für bestimmte Branchen, Berufe oder Personen sind, sondern universelle Erscheinungen, die mit der heutigen Arbeitswelt bzw. mit der Existenz von Kindern schlechthin verbunden sind. Außerdem befähigt höhere Bildung nicht unbedingt zum optimalen „Familienmanagement“ oder zum Aufbau und zur Pflege sozialer Netze. Hier spielen soziale Kompetenzen und die Fähigkeit zur praktischen Alltagsbewältigung eine viel größere Rolle. Zusammenhang zwischen der Zahl der Umstände, die die Vereinbarkeit erschweren und verschiedenen Faktoren Zahl Zahl der der Umstände, Umstände, die die die die Vereinbarkeit Vereinbarkeit erschweren erschweren 5,6 4,6 4,4 20-29 Jahre 30-39 Jahre 40-51 Jahre Anzahl der Kinder 4,8 4,7 5,6 4,4 1 Kind 2 Kinder 3 Kinder >3 Kinder Familienstand Familienstand 5,3 4,8 4,6 alleinerziehend Partnerschaft Ehe Bildungsstand 4,9 4,8 4,8 ohne/8. Kl./HS POS/Realschule Abitur/Fachabitur Unterstützung Unterstützung durch durch soziales soziales Netz* Netz* 5,0 4,8 3,8 gering mittel hoch Alter Alter der der Mütter* Mütter* *= *= Korrelation Korrelation signifikant signifikant (p<.05) (p<.05) Unterstützung 4,1 durch Partner/-in* 5,1 6,0 (4,4) n=9 (6,0) n=3 sehr gut gut mittelmäßig weniger gut gar nicht gut Pflege/Betreuung Pflege/Betreuung 6,2 von von Angehörigen* Angehörigen* 4,6 ja nein Übersicht 10: Absolute Werte (gerundet). (Wert in Klammern) = wenig aussagekräftig, da nur kleine Stichprobe 22 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Ebenfalls keinen signifikanten Einfluss haben die Zahl der Kinder und der Status „alleinerziehend“. Das bedeutet: Wer mehr Kinder hat oder alleinerziehend ist, nannte nicht automatisch auch mehr der angeführten Erschwernisse für Vereinbarkeit. Stattdessen kommt es darauf an, wie viel soziale Unterstützung die Frauen erhalten. Sie nennen umso mehr Erschwernisse, je geringer sie sich insgesamt durch ihr soziales Netz bzw. konkret durch ihren Partner/ihre Partnerin unterstützt fühlen. Dieser Zusammenhang betont die Bedeutung sozialer Unterstützung und zeigt, dass eine objektiv schwierige Situation (alleinerziehend, viele Kinder) nicht automatisch zu größerer Belastung führt, vorausgesetzt die Schwierigkeiten können mit Hilfe bewältigt werden. Dies bedeutet, dass bei der Unterstützung bestimmter „Risikogruppen“ (z.B. Alleinerziehende, kinderreiche Familien, armutsgefährdete Familien) deren soziales Umfeld berücksichtigt und gegebenenfalls ebenso gestärkt werden sollte. Durch Stärkung ihrer sozialen Kompetenzen könnten die Betreffenden außerdem befähigt werden, ihr soziales Netz zu vergrößern. Obwohl die meisten Frauen keine Angehörigen pflegten, nannten diejenigen, die es taten, mehr Erschwernisse für Vereinbarkeit als andere. Das mag als Hinweis dafür dienen, dass die Pflege von Angehörigen trotzdem ein Faktor für Vereinbarkeit sein kann, auch wenn sie in unserer Untersuchung (noch) nicht sehr verbreitet war. • Chancen erwerbsloser Mütter auf dem Arbeitsmarkt Insgesamt 84% der Mütter sind der Meinung, nicht erwerbstätige Frauen mit Kindern bis zu 12 Jahren hätten geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Diese Einschätzung wird unabhängig vom Bildungsgrad getroffen. trifft voll zu trifft teilweise zu trifft nicht zu … weil Unternehmen Ausfälle durch Erkrankungen der Kinder befürchten 82 17 1 … weil Mütter Arbeitszeiten wünschen, die nicht zur Vorstellung der Unternehmen passen 65 34 1 … weil Mütter zeitlich und räumlich nur begrenzt verfügbar sind 68 29 3 „Mütter mit Kindern bis 12 Jahren, die nicht erwerbstätig sind, haben geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt, …“ Übersicht 11: Antworten in Prozent (gerundet). Antworten der Mütter, die Frage 13 zuvor mit „ja“ beantwortet hatten. Als Gründe für ihre Meinung nannten die Frauen vor allem „Erkrankungen der Kinder“ (Î Übersicht 9 und Fußnote 26). Die damit verbundenen Ausfallzeiten erschweren aus Sicht der Mütter ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt; und sie stellen – wie in Teil 1 ersichtlich – für die Unternehmen ein großes Problem dar. Letztere sind mit nicht planbaren personellen Ausfällen konfrontiert, die vor allem kleine Unternehmen und solche mit einem hohen Anteil an 23 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 jüngeren Frauen nicht kompensieren können.28 Die Mütter selbst gefährden dadurch eventuell ihre Beschäftigung, verzichten auf Karrieremöglichkeiten und nehmen finanzielle Einbußen in Kauf. Dazu kommt vielleicht noch das fehlende Verständnis bei Kolleginnen und Kollegen oder der Unternehmensleitung. Die Mütter stecken hier in einer Sackgasse: Sie sind oft die einzigen, die ihre kranken Kinder betreuen können, denn Kindertagesstätten nehmen erkrankte Kinder nicht auf. Verwandte oder Bekannte können häufig nicht einspringen, weil sie selbst arbeiten und weil die Betreuung kranker Kinder eine ganz besondere Verantwortung fordert. Auch die Partner fallen meistens aus, da sie vermutlich in der Regel mehr verdienen und Vollzeit arbeiten, was bei Lohn- oder Gehaltseinbußen eine Rolle spielt. Außerdem sind Väter, die zur Betreuung ihrer erkrankten Kinder freigestellt werden, im betrieblichen Alltag immer noch Exoten29 – obwohl sich die Rollenbilder hier langsam ändern. 3.3 Vereinbarkeit im Unternehmen Im folgenden Kapitel geht es um konkrete Probleme der Vereinbarkeit von erwerbstätigen Müttern. Die Fragen wurden also nur von Frauen beantwortet, die abhängig beschäftigt oder selbständig tätig waren. • Arbeitszeitgestaltung Die erste Frage nach der Arbeitszeit ergab, dass die größte Gruppe der Frauen (etwas weniger als die Hälfte) im Rahmen so genannter Normalarbeitszeiten30 beschäftigt ist. Dieser hohe Anteil kommt zustande, weil viele Frauen im öffentlichen Dienst und im Bildungswesen tätig sind. Die zweitgrößte Kategorie wird durch die Mütter gebildet, die ihre Arbeitszeit frei einteilen können, gefolgt von den in wechselnden Arbeitszeiten/Schichten tätigen Frauen31. Freie Einteilung der Arbeitszeit dürfte in erster Linie bei selbständigen Frauen vorhanden sein sowie im Bildungsbereich und zum Teil in Forschung und Entwicklung. An der Wochenarbeitszeit lässt sich potenziell ablesen, wie stark die Mütter mit Problemen der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben belastet sind. Natürlich spielen 28 Eine ausführliche Darstellung der damit verbundenen Probleme findet sich im Abschnitt 2.5.2 „Ausfallzeiten durch die Pflege erkrankter Kinder“ im ersten Teil der Studie, vgl. Wahl (2009) 29 vgl. Wahl, D.: Abschlussstudie zum Projekt „Starke Väter – starke Kinder“ (Projektträger: IDB GmbH Rostock), Rostock 2007, S. 27 (als Online-Publikation unter www.vereinbarkeit-leben-mv.de/) 30 Normalarbeitszeit umfasst einen 8-Stundentag sowie eine 40-Stunden-Woche, schließt Nacht-, Wochenendoder Schichtarbeit aus und erfolgt an Werktagen in der Regel zwischen 7.00 und 17.00 Uhr. 31 Insgesamt hat die Flexibilisierung der Arbeitszeiten in den letzten Jahren zu Ungunsten der Normalarbeitszeit stetig zugenommen, vgl. dazu: Hans Böckler Stiftung (Hrsg.): Flexibilisierung. Arbeitszeiten ohne Grenzen, Böckler Impuls, Düsseldorf, 8/2007, S. 6 24 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 dabei auch noch andere Faktoren eine Rolle, wie Anzahl und Alter der Kinder, Unterstützung durch Partner oder Partnerin und durch weitere Personen. Arbeitszeitgestaltung, Wochenarbeitszeit, Unternehmensgröße und Branchenverteilung 45 Normalarbeitszeiten* 4 < 18 h 18 9 18-25 h 250 und mehr Unternehmensgröße Branchenverteilung 14 Sonstiges 22 20 Dienstleistung 50-249 Wochenarbeitszeit 17 Ö. Verwaltg. 10-49 24 36-40 h > 40 h 21 Bildungswesen 29 1-9 Beschäftigte 34 27 13 Gesundh. 25 31-35 h 2 Forschg./Entwicklg. Arbeitszeitgestaltung 26-30 h 13 2 Handel * regelmäßige Arbeitszeiten, z.B. Mo-Fr, ca. 8-16 Uhr ** Vertrauensarbeitszeit oder als Selbständige 12 8 Hotel/Gastro/Touris. freie Zeiteinteilung** Sonstiges 1 Handwerk 13 2 verarb./prod. Gew. 24 wechselnde AZ/Schicht Übersicht 12: Antworten in Prozent (gerundet). Nur erwerbstätige Mütter. Die wöchentliche Arbeitszeit ist darüber hinaus ein wichtiger Indikator dafür, wie das Arbeitskräftepotenzial von Frauen tatsächlich ausgelastet ist, eine Frage, die angesichts des demographischen Wandels und absehbaren Fachkräftemangels künftig von Interesse sein dürfte. Bisher hat zwar in Deutschland die Erwerbsquote von Frauen zugenommen, nicht jedoch ihr gesamtes Arbeitszeitvolumen. Das bedeutet, dass immer mehr Frauen in Teilzeit arbeiten und damit – geht man von Normalarbeitsverhältnissen aus – unterbeschäftigt sind. Die Zahlen zeigen, dass nur ca. 13% der 186 erwerbstätigen Mütter in „klassischer“ Teilzeitarbeit erwerbstätig sind (bis 25 h/Woche), die restlichen 87% dagegen vollzeitnah, in Vollzeit oder darüber hinaus.32 Damit liegen die Werte für Beschäftigung in Vollzeit bzw. Vollzeitnähe über dem Durchschnitt in Mecklenburg-Vorpommern und weit über dem Bundesdurchschnitt. Die Ursachen dafür dürften sehr vielfältig sein: Einmal wird die relativ hohe Qualifikation der befragten Mütter eine Rolle spielen, d.h. die Frauen werden eher in Berufen tätig sein, in 32 Es gibt unterschiedliche Auffassungen dazu, bei welcher Stundenzahl Vollzeitnähe beginnt. In vielen Quellen wird von 25 und mehr Stunden ausgegangen. Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Familienfreundliche Maßnahmen im Handwerk, Berlin 2004, S. 12 und Stöbe-Blossey, S.: Arbeitszeit und Kinderbetreuung – Passen Angebote und Elternwünsche zusammen? In: Das Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP),www.familienhandbuch.de/ 25 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 denen geringfügige Beschäftigung oder „klassische“ Teilzeitarbeit wenig verbreitet ist. Zum anderen fallen die in Mecklenburg-Vorpommern ohnehin sehr niedrigen Löhne und Gehälter in den typischen Frauenberufen noch geringer aus. Viele Männer können darüber hinaus die Rolle des „Familienernährers“ ohnehin nicht mehr ausfüllen – weil sie arbeitslos sind oder in atypischen bzw. prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten. Natürlich ist auch denkbar, dass die Frauen Freude an der beruflichen Tätigkeit haben und ihnen wirtschaftliche Unabhängigkeit wichtig ist. Welche Gründe für die hohe Wochenarbeitszeit auch verantwortlich sind, sie erschwert potenziell die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben. • Betriebsgröße Übersicht 12 zeigt die Größe der Unternehmen, in denen die Mütter arbeiteten. Etwa jede fünfte von ihnen war in Großbetrieben mit über 250 Beschäftigten33 tätig, gefolgt von mittleren Unternehmen mit 23,8%. Der größte Teil der Mütter arbeitet in Kleinbetrieben (28,6%) und Kleinstunternehmen (24,9%). Die Verteilung der Unternehmen auf die verschiedenen Größenklassen ist für M-V sehr untypisch, da relativ viele größere und mittlere Betriebe als Arbeitsstätten der Mütter vertreten sind. Diese Tatsache ist sicher nicht ohne Auswirkungen auf die Beantwortung der nachfolgenden Fragen geblieben, da davon auszugehen ist, dass in größeren Unternehmen Personalverantwortliche/Personalabteilungen sowie Betriebs- und Personalräte vorhanden sind und bei größeren Belegschaften (vor allem solchen mit einem höheren Frauenanteil) eine andere Wahrnehmung von Vereinbarkeitsproblemen und eine Institutionalisierung entsprechender Maßnahmen bereits gegeben oder zumindest möglich sind.34 • Branchenverteilung Im Hinblick auf die Branchenverteilung gibt es dagegen keine Überraschungen. (Î Übersicht 12). Die meisten Mütter sind in typischen „Frauenberufen“ tätig: Bildung, Dienstleistung, Öffentliche Verwaltung und Gesundheitswesen (zusammen 71%). Vermutlich dominieren deshalb auch die Normalarbeitszeiten (siehe oben), die z.B. in der öffentlichen Verwaltung noch die Regel sein dürften. Es wäre aufschlussreich gewesen, mehr über die Verhältnisse im produzierenden Gewerbe, im Handwerk oder – für M-V sehr wichtig – im Hotel- und Gaststättengewerbe zu erfahren. Leider sind in diesen Branchen nur wenige der befragten Frauen tätig. Daher war es auch nicht möglich zu untersuchen, ob die Branche eventuell Einfluss 33 zur Definition der Betriebsgrößenklassen der EU ab 1.1.2005 vgl. Amtsblatt der Europäischen Kommission (EU L 124/36) vom 20.05.2003, Brüssel 34 In M-V weisen lediglich 1,9% der Betriebe mehr als 50 Beschäftigte auf, vgl. Statistische Amt MecklenburgVorpommern: Statistische Berichte: Unternehmen und Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern 2007, Schwerin, 10. April 2008, S. 6, ausführlich zu dieser Problematik vgl. Wahl (2009), S. 76 und 78 26 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 auf die Zahl vereinbarkeitsfreundlicher Maßnahmen in den Unternehmen oder auf die Gestaltung der Arbeitszeit hatte. • Gelebte Vereinbarkeit in den Unternehmen Wo nach Hindernissen für Vereinbarkeit gefragt wird, sollte auch erfasst werden, was den Müttern das Zusammenspiel von Erwerbs- und Privatleben eventuell erleichtert. Das Betriebsklima oder anders formuliert: die Unternehmenskultur, in der Vereinbarkeit entweder gedeiht oder nicht, schien dafür ein passendes Merkmal zu sein. Abgesehen von konkreten Maßnahmen ist auch das „gefühlte“ Vereinbarkeitsbewusstsein im Unternehmen ein wichtiger Hinweis, denn Menschen beurteilen ihr soziales Umfeld häufig „aus dem Bauch heraus“. Bietet ein Unternehmen auf dem Papier zwar eine mitarbeitendenfreundliche Personalpolitik, die von den Betreffenden jedoch nicht wahrgenommen wird, haben beide Seiten nichts gewonnen. Umgekehrt können auch kleine, vermeintlich unbedeutende Angebote in einem Betrieb dafür sorgen, dass die Beschäftigten das Gefühl haben, Privat- und Erwerbsleben gut vereinbaren zu können. Auf die Frage, wie sich in ihrer jeweiligen Arbeitsstätte Arbeit und Privatleben vereinbaren ließen, antworteten zwei Drittel der Mütter mit „gut“, weitere 15% mit „sehr gut“. Eine große Mehrheit von 72% scheint sich also bezüglich der Vereinbarkeit in den Unternehmen wohl zu fühlen. Lediglich 15% der Frauen antworteten mit „kaum“ oder „gar nicht“. Dies ist auf den ersten Blick für die Unternehmen ein großes Lob und zunächst überraschend. Wie gut lassen sich in Ihrem Unternehmen/Ihrer Einrichtung Arbeit und Privatleben miteinander vereinbaren? sehr gut 15 gut 67 kaum 13 gar nicht 2 kann ich nicht einschätzen 3 Übersicht 13: Antworten in Prozent (gerundet). Natürlich kann es sein, dass sich hier bereits der allmähliche Bewusstseinswandel in der Wirtschaft hin zu mehr Vereinbarkeitsfreundlichkeit widerspiegelt – was auch die Expertinnen im Interview angedeutet hatten (Î vgl. Abschnitt zur Familienfreundlichkeit von Unternehmenskultur und Personalpolitik). Möglich ist aber auch, dass das Bild etwas zum Positiven verzerrt wird, weil überdurchschnittlich viele Frauen in größeren Unternehmen tätig sind (vielleicht zum Teil in den gleichen, das lässt sich aufgrund der zugesicherten Anonymität für die Befragten nicht feststellen). Die Unternehmensgröße korreliert nämlich positiv mit der Zahl der angebotenen vereinbarkeitsfreundlichen Maßnahmen, was nicht weiter überrascht, jedoch erwähnt werden soll: Je größer die Unternehmen, desto mehr Angebote machen sie also ihren Mitarbeitenden. Ein weiterer Zusammenhang schließt den Kreis: Je mehr Maß- 27 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 nahmen in den Unternehmen laut Aussage der Mütter angeboten werden, desto besser schätzen sie dort die Umsetzung von Vereinbarkeit ein (Î Übersicht 14). Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen Hindernisse für die Einführung der Maßnahmen 1-9 5,0 4,2 10-49 4,8 4,9 50-249 6,2 5,3 mehr als 250 6,3 5,0 sehr gut 7,6 2,2 gut 5,9 5,0 kaum 3,2 5,9 gar nicht 2,3 6,5 Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen und Hindernisse für deren Einführung Betriebsgröße (Beschäftigenzahl) Vereinbarkeitsfreundlichkeit im Unternehmen Übersicht 14: absolute Zahlen Diese Aussage mag selbstverständlich erscheinen, aber sie zeigt immerhin, dass die „gefühlte“ Vereinbarkeitsfreundlichkeit (= Meinung der Frauen) und die „offizielle“ (= Zahl der Angebote) eng zusammenhängen – zumindest in dieser Untersuchung. Auch schätzen die Mütter die Vereinbarkeitsfreundlichkeit in ihrem Unternehmen umso besser ein, je weniger hinderliche Umstände sie für vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen im Betrieb wahrnehmen. • Nachteile bei Nutzung der Elternzeit Zusätzlich zur allgemeinen „gefühlten“ Vereinbarkeitsfreundlichkeit wurden die Mütter konkret gefragt, ob sie der Meinung seien, in ihrem Unternehmen bringe es Frauen Nachteile, wenn sie in Elternzeit gehen. Hier sieht das Bild differenzierter aus, denn ein Drittel befürchtet immerhin teilweise Nachteile, 11% sagen sogar, dies träfe voll auf ihr Unternehmen zu. Obwohl die Mehrheit von 56% keine Nachteile befürchtet, sind dies doch weniger als die 72%, die in ihrem Unternehmen Vereinbarkeit gut oder sogar sehr gut leben konnten. Wie kommt dieser Unterschied zustande? Hier sind nur Vermutungen möglich: 28 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Vielleicht waren die meisten Frauen im Allgemeinen mit dem Betriebsklima zufrieden; eventuelle Nachteile bei Nutzung der Elternzeit schlugen dann bei der Gesamtbewertung möglicherweise nicht so stark zu Buche, wenn andere Voraussetzungen gegeben waren (flexible Arbeitszeiten, Teilzeit, Rücksicht auf Urlaubsplanung). Vielleicht nahmen sie die Nachteile der Elternzeit auch als „naturgegeben“ hin und brachten sie nicht mit der Atmosphäre im Betrieb in Zusammenhang. „In dem Unternehmen/der Einrichtung, wo ich arbeite, bringt es Frauen Nachteile, wenn sie in Elternzeit gehen.“ trifft voll zu 11 • trifft teilweise zu 33 trifft nicht zu 56 Übersicht 15: Antworten in Prozent (gerundet). Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen und Wünsche im Unternehmen Wie bereits erwähnt, hängt die wahrgenommene Vereinbarkeitsbewusstheit in den Unternehmen stark mit der Zahl der angebotenen Maßnahmen zusammen. Um diese zu erfassen, wurde den Frauen eine Auswahl an fünfzehn gängigen Angeboten vorgegeben. Sie hatten aber auch die Möglichkeit, sonstige Maßnahmen zu erwähnen (Beispiele: Eltern-KindZimmer, behördeneigene Kita). Darüber hinaus sollte untersucht werden, welche der nicht vorhandenen Angebote am meisten gewünscht wurden. Die Ergebnisse sind zunächst wenig überraschend35: Am meisten verbreitet sind Teilzeitarbeit, die Rücksicht auf Familien bei der Urlaubsplanung und verbindliche Absprachen zur Elternzeit (Î Übersicht 16). Ob Teilzeitarbeit tatsächlich eine vereinbarkeitsfreundliche Maßnahme ist, wird wohl immer umstritten bleiben. Wenn sie eingeführt wird, um den Beschäftigten mehr Raum für die Organisation ihres Familien- und Privatlebens, zur Regeneration oder für Ehrenämter zu gewähren, hat sie sicher ihre Vorteile. Auf der anderen Seite kann die Etablierung von Teilzeitstellen ausschließlich betriebswirtschaftlichem Kalkül von Unternehmen entspringen, dann wäre die Motivation für ihre Einführung eine völlig andere. Außerdem sind mit ihnen zwei weitere Gefahren bzw. Nachteile verbunden: Erstens zieht Teilzeitarbeit immer auch ein Teilzeitgehalt nach sich (und damit später auch eine „Teilzeitrente“). Zweitens bedeutet Teilzeit auf dem Papier nicht unbedingt, dass tatsächlich weniger gearbeitet wird (was die häufige Nennung von „Überstunden“ als Vereinbarkeitshindernis nahe legt (Î Übersicht 9). Teilzeit ist nicht gleich Teilzeit und ist nicht automatisch vereinbarkeitsbewusst. Drittens schließlich bedeutet Teilzeit in vielen Fällen einen Ausschluss von betrieblichen Aufstiegschancen, die in der Regel jenen vorbehalten sind, die Vollzeitstellen innehaben. 35 vgl. hierzu auch den 1. Teil der Studie: Wahl (2009), S. 91 29 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Welche vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen gibt es bereits in Ihrem Unternehmen? vorhanden nicht vorhanden weiß nicht 1 Teilzeit 79 16 5 2 Rücksicht auf Familien mit Kindern bei der Urlaubsplanung 71 20 9 3 verbindliche Absprachen zur Elternzeit (Kontakte, Rückkehr usw.) 66 13 21 4 Wechsel Vollzeit ÅÆ Teilzeit möglich 63 22 15 5 Gleitzeit 59 37 4 6 Arbeitszeitkonten 51 38 11 7 ausgewogenes Verhältnis von Weiterbildungen in u. außerhalb d. Arbeitszeit 49 33 18 8 Teile meiner Arbeit kann ich zu Hause erledigen 35 63 2 9 unbezahlte Freistellung bei familiären Problemen 32 26 42 10 Vertrauensarbeitszeit 27 52 20 11 Einmalzahlung bei Geburt eines Kindes und/oder betriebliche Kinderzulagen 13 74 13 12 organisator. Unterstützung bei Kinderbetreuung (Belegplätze, Betriebskita, …) 13 77 10 13 Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten oder Notfällen 12 81 7 14 zinsgünstige oder zinslose Darlehen des Betriebes in familiären Notsituationen 7 66 27 15 betriebliche Zuschüsse zur Kinderbetreuung 6 89 5 Übersicht 16: Antworten in Prozent (gerundet), nach Häufigkeit sortiert. Dass auf Familien häufig Rücksicht bei der Urlaubsplanung genommen wird, deckt sich mit anderen Umfragen zum Thema.36 Erfreulich ist die offenbar weite Verbreitung von konkreten Absprachen zur Elternzeit. Da ausnahmslos Mütter befragt wurden, ist zu vermuten, dass diese hierbei aus eigener Erfahrung sprechen und die Absprachen tatsächlich erlebt haben. Es wäre interessant zu erfahren, wie die Organisation der Elternzeit konkret aussieht. Sind es einfache Zusagen für einen bestimmten Wiedereinstiegstermin? Gibt es Planungsgespräche vor der Auszeit, währenddessen und nach der Rückkehr? Hält das Unternehmen aktiv 36 vgl. Wahl (2009), S. 91 und Wahl (2007), S. 39 30 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Kontakt zu den Frauen in Elternzeit (durch zeitlich begrenzte Arbeitsangebote, Einladungen zu Betriebsfeiern, durch Weiterbildung oder Patenschaften/Mentoring)? Können die Frauen schrittweise in den Beruf zurückkehren – also zunächst mit verminderter Stundenzahl? All diese Fragen müssen zunächst offen bleiben und sind weiterführenden Untersuchungen vorbehalten. Am Ende der Liste der angebotenen Maßnahmen stehen vor allem finanzielle Hilfen und Unterstützung der Kinderbetreuung durch das Unternehmen. Diese Maßnamen rangieren dafür auf den „Wunschzetteln“ der Mütter an erster Stelle (siehe unten). An dieser Stelle sei noch einmal an die Antworten auf die Frage nach den wichtigsten Elementen zur Unterstützung der Vereinbarkeit erinnert. Dort waren die Punkte „Existenz sicherndes Einkommen“ und „Kinderbetreuung, die sich leichter mit Arbeitszeiten vereinbaren lässt“ für die Mütter am wichtigsten (Î Übersicht 4). Stark vereinfachend könnte formuliert werden: Die beiden wichtigsten Punkte für die Mütter sind finanzielle Sicherheit und eine gesicherte, planbare Kinderbetreuung. Die finanzielle Seite ist nicht allein nur eine Frage der Höhe von Löhnen oder Gehältern, sondern wird auch durch die in der Übersicht 16 aufgeführten Elemente berührt, wobei geldwerte Leistungen der Unternehmen hier noch nicht einmal enthalten sind. Positive Beispiele gibt es zwar, insgesamt sind jedoch Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung von Familien in Mecklenburg-Vorpommern noch stark unterentwickelt. Ähnliches gilt für Bemühungen von Unternehmen, einen eigenständigen Beitrag zur Betreuung von Kindern der Beschäftigten zu leisten, der entweder die Angebote entsprechender Einrichtungen ergänzt oder Unterstützung in Ausnahmesituationen gewährt: Interessant sind auch die bei einzelnen Vereinbarkeitselementen hohen Nennungen in der Rubrik „weiß nicht“. Hier ist zu vermuten, dass entweder bestehende Angebote genereller Art nicht entsprechend kommuniziert wurden oder es sich um mehr informelle Einzelfalllösungen handelt, was in beiden Fällen dazu führt, dass sie von der Belegschaft nicht oder nur begrenzt wahrgenommen werden. Dass diese Elemente einer familienfreundlichen Unternehmenskultur im Bewusstsein der Mütter durchaus eine große Rolle spielen, zeigt die in Übersicht 17 enthaltene „Wunschliste“. Hier werden die Zuschüsse zur Kinderbetreuung mit Abstand am häufigsten genannt, nämlich von 97 Frauen (zur Beachtung: es handelt sich hier um absolute Werte und nicht um Prozentzahlen!). Danach folgen „Einmalzahlung bei Geburt eines Kindes und/oder betriebliche Kinderzulagen“37 sowie die „Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten und Notfällen“. 37 zur großen Bedeutung betrieblicher finanzieller Unterstützung vgl. ebenda, S. 39/40 31 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Welche der nicht vorhandenen vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen wünschen Sie sich? Zahl der Nennungen 1 betriebliche Zuschüsse zur Kinderbetreuung 97 2 Einmalzahlung bei Geburt eines Kindes und/oder betriebliche Kinderzulagen 75 3 Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten oder Notfällen 68 4 unbezahlte Freistellung bei familiären Problemen 53 5 organisatorische Unterstützung bei Kinderbetreuung (Belegplätze, Betriebskita, …) 53 6 Teile meiner Arbeit kann ich zu Hause erledigen 47 7 Vertrauensarbeitszeit 41 8 Rücksicht auf Familien mit Kindern bei der Urlaubsplanung 40 9 Wechsel Vollzeit Å Æ Teilzeit möglich 40 10 Ausgewogenes Verhältnis von Weiterbildungen in und außerhalb der Arbeitszeit 39 11 Gleitzeit 34 12 Arbeitszeitkonten 32 13 zinsgünstige oder zinslose Darlehen des Betriebes in familiären Notsituationen 29 14 Teilzeit 28 15 verbindliche Absprachen zur Elternzeit (Kontakte, Rückkehr usw.) 26 Übersicht 17: Antworten absolut, nach Häufigkeit sortiert. Anmerkung: Die Zahl der absoluten Nennungen erschien aussagekräftiger als Prozentwerte, da die Frage zum Teil sehr lückenhaft von den Frauen beantwortet wurde. Als vereinfachte Zusammenfassung könnte formuliert werden: Unternehmen kommen den Müttern bei der Gestaltung der Arbeitszeit entgegen (wozu Urlaubsplanung und Absprachen zur Elternzeit im weitesten Sinne ja auch zählen). Diese Maßnahmen sind zwar hilfreich, können jedoch ohne viel zusätzlichen Aufwand von Seiten des Unternehmens gewährleistet werden und sind zum Teil vielleicht sogar gesetzlich vorgeschrieben (z.B. Teilzeit). Sie gewähren den Frauen einen gewissen zeitlichen Spielraum, um Arbeit und Privatleben besser aufeinander abstimmen zu können. Was sich die Frauen in der vorliegenden Untersuchung zusätzlich wünschen – das „i-Tüpfelchen“ sozusagen – ist aktive finanzielle und organisatorische Unterstützung, vor allem für die Absicherung der Kinderbetreuung. 32 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 • Hindernisse für die Einführung (weiterer) vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen Der letzte Punkt des Fragebogens betrifft mögliche Umstände, die aus Sicht der Mütter verhindern, dass vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen im Unternehmen eingeführt werden. Wieder wurde eine Liste von möglichen Gründen vorgegeben sowie die Option, sonstige Angaben machen zu können (Beispiele: Befürchtung, dass großzügige Maßnahmen von nicht Berechtigten genutzt werden; Beschäftigte haben Angst vor Arbeitsplatzverlust und trauen sich daher nicht, Ansprüche zu stellen; Steuervorteile sind zu wenig bekannt). Übersicht 18 zeigt die Ergebnisse: Welche Umstände können verhindern, dass vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Ihrem Unternehmen … eingeführt werden? trifft voll zu trifft teilweise zu trifft nicht zu 1 zu hohe Kosten 26 48 26 2 zu hoher personeller Aufwand 23 49 28 3 familiäre Angelegenheiten gelten im Unternehmen als Privatsache 23 48 29 4 Arbeitszeiten können nicht … geändert werden (Anforderungen d. Arbeitsplatzes) 27 44 29 5 Vereinbarkeitsprobleme können nicht offen angesprochen werden 15 43 42 6 Unternehmen kennt wahrscheinlich den Bedarf der Beschäftigten nicht 18 40 42 7 fehlende Bereitschaft bei Unternehmensleitung 15 39 46 8 fehlender Bedarf bei Beschäftigten 7 35 58 Übersicht 18: Antworten in Prozent (gerundet), nach Häufigkeit sortiert. Nur erwerbstätige Mütter. Zunächst ist auffällig, dass die wenigsten Frauen der Meinung sind, es gebe keinen Bedarf für (weitere) Maßnahmen. Auch dass die Unternehmensleitung den Bedarf nicht kenne oder nicht bereit zu Änderungen sei, stehen nicht im Vordergrund. Am häufigsten genannt werden der zu hohe finanzielle und personelle Aufwand sowie das Phänomen, dass Arbeitszeiten aufgrund bestimmter Anforderungen einfach nicht geändert werden könnten. Ebenfalls relativ häufig kreuzten die Mütter an, dass familiäre Angelegenheiten im Unternehmen als Privatsache gelten würden. Schaut man sich die Meinungen der Mütter an, sind offenbar viele von ihnen der Ansicht, dass vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen teuer und aufwändig seien und vor allem deshalb nicht so leicht eingeführt werden könnten, weil eben die wichtigsten Ressourcen fehlen: Geld 33 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 und Personal38. Es wäre interessant, die Entstehung dieser Vorstellungen zu untersuchen und ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen. Unternehmen, die eine vereinbarkeitsbewusste Personalpolitik verfolgen, berichten oft, dass die Grundlage dafür meist eine bestimmte Einstellung sei und nicht so sehr Geld oder Personal. Es ist zwar richtig, dass auch finanzielle Angebote zu einer familienfreundlichen Personalpolitik gehören, doch darüber hinaus sind es sehr häufig die vermeintlich kleinen (und häufig kostenlosen) Maßnahmen, die die Unternehmenskultur prägen: Bei Teamberatungen und beim Leisten von Überstunden auf die Öffnungszeiten der Kita achten; der Kontakt zu den Mitarbeitenden während der Elternzeit; die kostenlose Nutzung des Firmentransporters für private Umzüge u.a.m. Ein überraschendes Ergebnis der Studie ist, dass die Frauen aus größeren Betrieben zwar mehr vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen nennen (Î Übersicht 14), aber gleichzeitig auch mehr Hindernisse für die Einführung solcher Maßnahmen wahrnehmen. Auch wenn der Zusammenhang sehr schwach ist, deutet er vielleicht doch an, dass Vereinbarkeit in kleineren Betrieben eventuell etwas leichter umzusetzen ist, weil dem nicht so viele Hindernisse entgegenstehen. Kleinere Unternehmen haben flache Hierarchien, geringere bürokratische Hürden, weisen außerdem eine größere Kommunikationsdichte der Belegschaft auf und bieten mehr Möglichkeiten zur raschen informellen Lösung (auch Einzelfalllösung) von Vereinbarkeitsproblemen. Das könnte für Mecklenburg-Vorpommern mit seinen vorwiegend kleinen und mittleren Unternehmen ein hoffnungsvolles Zeichen sein. Vielleicht zeigen die in der vorliegenden Studie präsentierten Aussagen und Wahrnehmungen der Mütter, wo in den Unternehmen noch Handlungsbedarf vorhanden ist und wo eine Diskussion über Durchführbarkeit, Nutzen und Kosten einzelner Maßnahmen, die bislang kaum in der Optik des Führungspersonals sind, sinnvoll wäre. Dadurch könnte auch ein Beitrag zur Überwindung der immer noch vorhandenen Einengung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen auf Arbeitszeitarrangements erfolgen und ein Bewusstsein dafür erzeugt werden, dass familienfreundliche Unternehmenskultur und Personalpolitik keinesfalls immer kosten- oder personalaufwendig sein müssen. Der Rest des Weges hin zu einem größeren Vereinbarkeitsbewusstsein in Unternehmen sollte dann nicht mehr so steinig sein. Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass es offenbar noch Bedarf an weiteren vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen gibt und sich die Unternehmensleitungen – sogar nach Meinung der Frauen – dessen zumindest zum Teil bewusst sind. Besser noch: Sie sind offenbar auch bereit zu Veränderungen. Das bestätigt die Meinung einiger der interviewten Expertinnen, die in den Unternehmen allmählich mehr 38 Finanzielle Belastungen und personeller Aufwand für vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen spielten auch bei der Unternehmensbefragung im ersten Teil der Mütterstudie die größte Rolle. Darüber hinaus wurde mangelnder Bedarf aufgrund der Alterstruktur der Belegschaft konstatiert, vgl. Wahl (2009), S. 94 34 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Offenheit für Vereinbarkeitsthemen erkennen konnten. Vielleicht bedarf es noch einiger Impulse und mehr Aufklärungsarbeit, um diesen Prozess zu unterstützen, aber ein Anfang scheint gemacht. Die Autoren der vorliegenden Studie hoffen, dass sie ein Stück zu diesem Prozess beitragen können. 35 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 4. • Interviews mit Expertinnen Methodisches Vorgehen Da die umfangreichen Erfahrungen der Expertinnen einen großen Erkenntnisgewinn erwarten ließen, erschien für deren Befragung ein halbstrukturiertes Interview am besten geeignet. Auf diese Art konnten einerseits die interessierenden Themen vorgegeben werden (was eine Auswertung erleichterte), andererseits blieb aber durch die große Anzahl der offen gestellten Fragen genügend Raum für neue und unerwartete Antworten. Die Interviewfragen wurden in einem ersten Entwurf so ausgewählt, dass sie einen engen Bezug zu den anderen zwei Befragungen (des Führungspersonals der Unternehmen39 und der Mütter) aufwiesen. Eine erste Version des Leitfadens40 wurde zu Beginn der Untersuchung in einem Interview mit einer Expertin getestet. Nach kleinen Änderungen konnten auch die anderen Gespräche stattfinden. Die Interviewpartnerinnen wurden nach folgenden Kriterien ausgewählt: 1. Kompetenz: Sie sollten mit der Zielgruppe (Mütter mit Kindern bis zu zwölf Jahren) beruflich in regelmäßigem Kontakt stehen (z.B. durch Beratung, Betreuung, Weiterbildung) und generelle Aussagen zu deren Situation machen können. Außerdem wurden unterschiedliche berufliche Zugänge der Expertinnen zum Thema Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben angestrebt, um ein möglichst breites Spektrum an Erkenntnissen zu gewinnen. 2. Regionale Streuung: Es sollten Expertinnen in unterschiedlichen Regionen des Landes M-V einbezogen und dabei sowohl ländliche als auch urbane Gebiete berücksichtigt werden. 3. Anzahl: Die Anzahl sollte groß genug sein, um allgemeingültige Aussagen zu bestimmten Problemlagen treffen zu können. Gleichzeitig ergaben sich aufgrund geringer personeller und finanzieller Ressourcen Begrenzungen hinsichtlich der Anzahl der Interviews. Durchgeführt wurden im August und September 2009 schließlich 14 Interviews mit Expertinnen aus allen vier Planungsregionen des Landes. 39 40 Zu den Ergebnissen der Befragung in den Unternehmen vgl. Wahl (2009). Der Interviewleitfaden befindet sich im Anhang dieser Studie. 36 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Allgemeine Situation Frage: Bezogen auf Ihr Arbeitsgebiet und Ihre Erfahrungen: Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen von Müttern mit Kindern bis zu 12 Jahren? Viele Interviewpartnerinnen hoben hervor, dass nicht die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben schlechthin Probleme für die Mütter verursache, sondern dass der Wandel in der Arbeitswelt bzw. in den familiären Strukturen diese Vereinbarkeit erschwere. Der Wandel in der Arbeitswelt zeige sich vor allem durch folgende Entwicklungen: • Beschäftigungsverhältnisse würden immer unsicherer; • Normalarbeitsverhältnisse41 würden seltener; • Arbeitsprozesse würden verdichtet, während gleichzeitig Personal reduziert würde (immer mehr Arbeit für immer weniger Menschen); • Arbeitszeiten passen nicht mehr mit Öffnungszeiten von Kindertagesstätten zusammen; • die Familienfreundlichkeit der Unternehmen sei sehr unterschiedlich ausgeprägt, was jedoch nicht an der Größe der Betriebe festgemacht werden könne. Im Hinblick auf den Wandel familiärer Strukturen wurde vor allem auf alleinerziehende Mütter verwiesen. Deren Lage sei häufig in Bezug auf Einkommen und soziale Unterstützung sehr prekär. Ähnliches gelte auch für Mütter unter 20 Jahren, die oft keine bzw. keine abgeschlossene berufliche Ausbildung hätten und deshalb auf dem Arbeitsmarkt eine besondere Problemgruppe bildeten. Betont wurde ferner, dass es neben den tatsächlich allein lebenden Müttern auch viele Frauen gebe, die de facto alleinerziehend seien: Da viele (Ehe)Partner fernpendelten42 bzw. vollständig in anderen Regionen beschäftigt seien, stünden deren Frauen zumindest im Hinblick auf Zeit“armut“ vor ähnlichen Problemen wie allein erziehende Mütter. Aufschlussreich war auch der Hinweis darauf, dass Mütter aus einem sozial schwierigen Umfeld sehr oft noch zu wenig von Unterstützungsangeboten einschlägiger Projekte erreicht würden bzw. diese nutzten. Gleiches gelte für Angebote der Familienbildung und -beratung. Erwähnt wurde, dass Mütter unter 20 Jahren (so genannte Teenie-Mütter) vor besonderen Herausforderungen stünden. Das gelte vor allem dann, wenn sie aus einem sozial schwieri- 41 Normalarbeitsverhältnis: Arbeitsverhältnis, das durch Vollzeitbeschäftigung, normale Arbeitszeit, Existenz sicherndes Erwerbseinkommen, Sozialversicherungspflichtigkeit und hohe Verrechtlichung gekennzeichnet ist. 42 Fernpendler/innen sind offiziell jene Erwerbstätigen, die bei der Fahrt vom Wohnort zur Arbeitsstätte die Grenze des Bundeslandes überschreiten. Ungeachtet dessen haben viele Pendler/innen, die innerhalb von Mecklenburg-Vorpommern ihren Arbeitsplatz erreichen müssen, oftmals längere Anfahrtswege als Fernpendler/innen. 37 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 gen Umfeld kämen, keinen oder einen geringen Schulabschluss aufwiesen, über keine berufliche Ausbildung und über keine zuverlässigen familiären Netzwerke verfügten. Die Rolle der Männer/Väter in der familiären Reproduktionsarbeit und bei der Kinderbetreuung wurde unterschiedlich bewertet. Es herrschte jedoch die Meinung vor, dass traditionelle familiäre Rollenbilder nach wie vor eine große Bedeutung hätten. Sie würden auch weiterhin verfestigt, da • Frauen oft Teilzeit arbeiten und relativ wenig verdienen, • die Unternehmen ihre Einstellungspolitik an den alten Rollenbildern ausrichten und • überkommene Formen geschlechtsspezifischer Sozialisation weiterhin existieren. Deshalb sei es eine Herausforderung für viele Mütter, familiäres Engagement von ihren Partnern einzufordern. Das gelte umso mehr, je kleiner bzw. unzuverlässiger die sozialen Netzwerke der Mütter seien. Betont wurde weiterhin, dass viele erwerbstätige Mütter sich selbst unter beträchtlichen Druck setzten, weil sie sowohl den Anforderungen im Beruf genügen als auch eine gute Mutter sowie Partnerin/Ehefrau sein wollten. Abgesehen davon, dass viele Familien sich haushaltsnahe Dienstleistungen finanziell gar nicht leisten könnten, würden diese in den neuen Bundesländern immer noch als Statussymbol einer sozialen Gruppe gelten, mit der sich die meisten Menschen nicht identifizieren könnten. Ein „Dauerbrenner“ in den Interviews war das Thema „Kinderbetreuung“. Deren Qualität wurde zum Teil bemängelt (Qualifikation der Erzieherinnen, Betreuungsschlüssel), vor allem jedoch seien die Betreuungszeiten häufig nicht mit den Arbeitszeiten und den Anforderungen der Unternehmen vereinbar. Dabei ging es nicht nur um die Betreuung von Vorschulkindern, sondern auch um die Öffnungszeiten von Schulhorten im normalen Alltagsbetrieb sowie während der Schulferien. Für Kinder ab der 4./5. Klasse gebe es hier eine „Betreuungslücke“, da für sie ein Verbleiben im Hort nicht mehr gegeben sei, ältere Kinder jedoch auch Betreuung benötigten. Eine weitere große Herausforderung für Mütter bestehe in der völligen Umstellung des Alltagslebens nach der Geburt des ersten Kindes, beim Wiedereinstieg in Erwerbsarbeit nach der Elternzeit und bei der Einschulung eines Kindes. Die Pflege und Betreuung hoch betagter Angehöriger spielt nach Auffassung einiger Expertinnen derzeit noch keine Rolle bei der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben. 38 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Frage: Vor welchen Herausforderungen stehen besonders junge Mütter unter 20? (z.B. Chancen auf dem Arbeitsmarkt, Kindererziehung, soziales Netz etc.) Junge Mütter stünden prinzipiell vor den gleichen Herausforderungen wie andere Mütter auch. In der Regel befänden sie sich jedoch bei der Geburt ihres ersten Kindes noch in der Ausbildung (Schule, Berufsausbildung) oder seien völlig ohne berufliche Qualifikation. Hinzu komme, dass sie selbst noch Defizite in der Persönlichkeitsentwicklung aufweisen würden und häufig aus einem schwierigen sozialen Umfeld kämen. Dadurch seien ihre Chancen, in Erwerbsarbeit vermittelt zu werden, wesentlich geringer als bei Müttern mit entsprechenden Qualifikationen und Berufserfahrung. Ihre (Schul)Ausbildung könnten diese jungen Mütter meist nur unter äußerster Kraftanstrengung und mit familiärer und professioneller Unterstützung nachholen. Diese Unterstützung sei jedoch häufig nicht vorhanden oder würde nicht bzw. nur zögerlich angenommen. Die sozialen Netzwerke vieler Mütter seien äußerst klein, nicht selten seien sie sozial isoliert. Die Eltern dieser Mütter seien meistens auch noch relativ jung und erwerbstätig, stünden also für Kinderbetreuung und Unterstützung in der Hausarbeit schon aus Zeitgründen nur bedingt zur Verfügung. Oftmals entfalle Hilfe von dieser Seite auch durch die Zerrüttung der Familien oder dadurch, dass die jungen Mütter mit ihren Eltern zerstritten seien. Für einen Freundeskreis sei in der Regel wenig Zeit, da sich das Alltagsleben weitgehend um die Kinder drehe. Viele junge Mütter lebten außerdem ohne Partner oder Ehemann. Professionelle Unterstützungsstrukturen, die das Fehlen persönlicher Netzwerke kompensieren könnten, würden darüber hinaus von alleine kaum genutzt. Oftmals fehlten die Informationen über entsprechende Angebote oder es bestünden Hemmungen, diese anzunehmen. Einige Mütter seien auch mit der Strukturierung und finanziellen Absicherung ihres Alltages überfordert und ließen sich auf die professionelle Unterstützung gar nicht erst ein. Bezüglich der Anzahl und der Erreichbarkeit solcher Angebote herrschten außerdem z. T. beträchtliche Unterschiede zwischen Oberzentren wie Rostock und dünn besiedelten, besonders strukturschwachen ländlichen Räumen. In letzteren sei es vor allem eine Frage der Mobilität, ob die Angebote überhaupt wahrgenommen werden könnten. Das gelte auch für die berufliche Ausbildung, bei der häufig die Berufsschule und der ausbildende Betrieb weit auseinander liegen würden. Frage: Wie bringen sich nach Ihrer Beobachtung die Männer/Väter in ihren Familien ein? (z.B. Unterstützung bei familiären Tätigkeiten, Verantwortungsübernahme bei Kinderbetreuung) Wie bereits erwähnt, wurde die Rolle der Männer in der familiären Reproduktionsarbeit und Kinderbetreuung von den Expertinnen unterschiedlich bewertet. In den Erfahrungen der Frauen spiegelt sich ein breites Spektrum männlicher Verhaltensmuster wider, in dem jedoch 39 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 nach wie vor traditionelle Einstellungen vom „Mann als Ernährer“ eine große Rolle spielen. Einige Expertinnen vertraten die Ansicht, dass jüngere Männer in der Regel eher bereit seien, Tätigkeiten zu übernehmen, die der „klassischen“ geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in der Familie nicht entsprechen (Generationenproblem). Wie weit ein solches Engagement reicht, hänge jedoch nicht allein vom Alter ab, sondern werde auch durch die berufliche Situation der Männer bestimmt. Häufig würden diese zur Arbeit pendeln, müssten lange Arbeitszeiten (einschließlich Überstunden) in Kauf nehmen oder gar eine längere auswärtige Tätigkeit annehmen (oft im Rahmen von Zeitarbeit oder z. B. Arbeitsverhältnisse in skandinavischen Ländern). Hervorgehoben wurde auch der Eindruck, dass Männer sich zwar insgesamt stärker an Hausarbeit und Kinderbetreuung beteiligten, dieses Engagement jedoch oft selektiv erfolge. Während die Frauen in der Regel die zeitraubenden, weniger „prestigeträchtigen“ Routinearbeiten übernehmen würden, spielten die Väter mit den Kindern (eine Interviewpartnerin sprach sogar davon, dass sich Väter bisweilen „hinter den Kindern verstecken“, eine andere verwendete den Begriff „Spieleväter“) oder würden Aufgaben übernehmen, die stark an die jeweiligen Hobbys (z. B. Heimwerkern, Kochen) gekoppelt seien. Vätern, die sich mehr in der Familie engagierten oder in Elterzeit gehen wollten, werde es in der Arbeitswelt oft schwer gemacht, diesen Wunsch umzusetzen. Die Anforderungen an zeitliche Flexibilität, an Verfügbarkeit und Mobilität seien in vielen Unternehmen immer noch mit der „Arbeitskraft Mann“ und seiner Funktion als Familienernährer verbunden. Diese „neuen Männer“ würden häufig auch bei den eigenen Arbeitskollegen auf Unverständnis stoßen. Die traditionellen Vorstellungen von Geschlechterrollen würden auch dazu beitragen, dass sich nur sehr wenige Männer an Maßnahmen der Familienbildung und beratung oder an Eltern-Kind-Gruppen beteiligen. Das gelte auch für Väter in der Elternzeit. Insgesamt stellte sich heraus, dass zu diesem Thema ein großer Gesprächsbedarf bei den in den Projekten betreuten Müttern existierte. Frage: Welche Veränderungen konnten Sie in den letzten Jahren beobachten? Was wird sich Ihrer Meinung nach in Zukunft ändern? (z.B. Alter der Erstgebärenden, Zahl der Alleinerziehenden, Qualität der schulischen und beruflichen Ausbildung, Wegzug aus M-V, Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse, Vereinbarkeit Erwerbs- und Privatleben) Bei der Frage nach Veränderungen in den letzten Jahren wurde auf die zunehmende Verarmung der Mütter hingewiesen, die sich in einer prekären finanziellen Lage bis hin zur Teilnahme an der Rostocker Tafel äußerte. Konstatiert wurde ferner ein Anstieg atypischer und 40 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 unsicherer Beschäftigungsformen43, die die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben erschwerten. Angesprochen wurde auch die stärkere Integration von Frauen in den Niedriglohnsektor und die Tatsache, dass arbeitsmarktpolitische Maßnahmen immer weniger zu einer Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt führten bzw. dem Wunsch von Frauen nach beruflicher Veränderung Rechnung tragen würden. Trotz dieser Tendenzen wolle die Mehrzahl der Mütter an ihrem Heimatort bzw. in Mecklenburg-Vorpommern bleiben. Gründe für diese „Heimatverbundenheit“ seien vor allem die vertraute Umgebung, gute Kinderbetreuungsmöglichkeiten und der Freundeskreis vor Ort (eine Ausnahme seien Studentinnen, die allerdings in der Regel noch keine Kinder hätten). Demgegenüber stehe der Zwang zur höheren Mobilität bei den Männern („Ernährerrolle“), die durch Pendeln, vermeintlich ständige Verfügbarkeit für den Betrieb oder Arbeiten im Ausland für familiäre Belange oft kaum oder gar nicht erreichbar seien. Weitere Entwicklungen betrafen laut Aussage der Expertinnen vor allem die Zunahme der Zahl alleinerziehender Mütter, einen Anstieg der Zahl unverheirateter Mütter sowie die wachsende Instabilität von Familien und Partnerbeziehungen. Beim Alter der erstgebärenden Frauen gebe es zudem deutliche Unterschiede zwischen Städten (Erhöhung des Alters) und ländlichem Raum (Absenkung des Alters bis hin zur Teenie-Mutter). Auch ein Schichtunterschied sei zu beobachten: Frauen aus der Mittelschicht bekämen ihr erstes Kind tendenziell später, Frauen aus der Unterschicht vergleichsweise früher. In einigen Interviews wurde ferner die Meinung geäußert, dass unabhängig von diesen Entwicklungen insgesamt wieder mehr Kinder geboren würden und zwar auch bei Erwerbstätigen sowie in sozialen Gruppen mit höherem Bildungsniveau. Diese Tendenz könne sich angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Krise jedoch auch wieder abschwächen44. Im Hinblick auf mögliche Entwicklungen des Bildungswesens wurde betont, dass mit einem erhöhten Druck auf die Schulen zu rechnen sei, die angesichts spezifischer Bildungsbedarfe eines sich rasch wandelnden Arbeitsmarktes ihre Qualität, Ausstattung und Angebotsstruktur verändern müssten. 43 Atypische Beschäftigung: Beschäftigungsformen, die durch prekäre Arbeitsbedingungen, ungeregelte Arbeitszeiten, niedrige Erwerbseinkommen, fehlende Planbarkeit des Lebens und geringe Verrechtlichung charakterisiert werden. Beispiele: unfreiwillige Teilzeit, Praktikum als Ersatz für regulär Beschäftigte, Befristungen, Leiharbeit, Fernpendler/innen, Schichtdienst, zahllose Überstunden (z. T. ohne Ausgleich), Arbeit auf Abruf, Saisonarbeit, Arbeit im Niedriglohnbereich, Aufstocker usw. 44 Im Jahr 2008 hat es in Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich einen leichten Anstieg der Geburten gegeben, der oftmals mit der Neuregelung von Elternzeit und Elterngeld in Verbindung gebracht wird. Die Frage ist, ob sich daraus ein längerfristiger Trend ableiten lässt, oder ob viele Paare den Kinderwunsch nur zeitlich vorverlegt haben, ohne allerdings die Erhöhung der Anzahl der Kinder pro Familie zu beabsichtigen. Außerdem wurden Ausmaß und soziale Konsequenzen der Wirtschafts- und Finanzkrise erst Ende 2008 in ersten Konturen sichtbar. 41 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Welche konkreten Veränderungen würden den Frauen Ihrer Meinung nach weiterhelfen? (Von Seiten a) der Politik, b) der Verwaltung, c) der Betroffenen, d) der Wirtschaft/der Unternehmen) Im Hinblick auf mögliche Verbesserungen der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben wurde das notwendige Zusammenwirken von familienorientierter Politik, Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung sowie der Arbeitgebenden und einem verantwortungsbewussten Handeln der Familien selbst hervorgehoben. Eine Interviewpartnerin betonte, es sei schwer, pauschale Lösungen anzubieten, da sowohl die Arbeitswelt als auch die Familien starke Differenzierungen aufweisen würden und sich stetig veränderten. Dies müsse bei gesetzlichen Regelungen und der Etablierung von Unterstützungsstrukturen berücksichtigt werden. Einigkeit bestand darin, die Öffnungszeiten von Kindertagesstätten den Erfordernissen der Erwerbsarbeit anzupassen. Auch sollten Unternehmen ihre vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen nicht nur verstärken, sondern auch erweitern (u. a. durch finanzielle Zuschüsse und geldwerte Leistungen für Familien). Gewünscht wurden neben den erwähnten Öffnungszeiten von Kindertagesstätten und Schulhorten auch neue Arbeitszeitarrangements, die den Ausbau von Gleitzeit und Vertrauensarbeitszeit ebenso beinhalten wie Jobsharing und eine flexiblere Gestaltung der Teilzeitarbeit. Betont wurde auch, dass viele Frauen zu so niedrigen Löhnen und Gehältern arbeiten (müssen), dass sie in ihrer beruflichen Tätigkeit kaum einen Sinn und in einer eventuellen Existenzgründung ein untragbares Risiko sehen würden. Daher sei für sie der Bezug von Arbeitslosengeld II (ALG II, sog. „Hartz IV“) oft die bessere Alternative, die ihnen zudem mehr Zeit für Familie und Privatleben lassen würde, als eine schlecht bezahlte berufliche Tätigkeit, häufig noch unter prekären Arbeitsbedingungen (Arbeit auf Abruf, unangekündigter Schichtwechsel, Überstunden etc.). Letzteres spiele vor allem in der Tourismusbranche, in der Gastronomie sowie im Pflegebereich eine Rolle. Angesprochen wurde auch der Schritt von Müttern in die berufliche Selbständigkeit, der bisher eine gängige Option gewesen sei, um aus Arbeitslosigkeit herauszukommen bzw. einer drohenden Entlassung zu entgehen. Nach Meinung der Expertinnen hätten sich Gründungswilligkeit und Erfolgsquote von Müttern in den letzten zwei Jahren rückläufig entwickelt. Das gelte vor allem für den ländlichen Raum außerhalb des „Speckgürtels“ städtischer Oberzentren45. Charakteristisch für diese Regionen sei ein zum Teil dramatischer Rückbau des Öffent- 45 Oberzentren sind zentrale Orte, die wichtige Funktionen für die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen haben und eine weit über dem Durchschnitt liegende ökonomische, soziale und kulturelle Infrastruktur aufweisen. Oberzentren in Mecklenburg-Vorpommern sind: Rostock, Schwerin, Neubrandenburg und Stralsund/Greifswald. Die letztgenannten Städte bilden zusammen ein Oberzentrum. 42 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 lichen Personennahverkehrs (ÖPNV), der vor allem die Frauen zur Immobilität verurteile. Unabhängig davon, dass zahlreiche Familien über kein Auto verfügten, stünde ein vorhandenes Kraftfahrzeug zumeist den Männern zur Verfügung, die den größten Anteil an den Pendelnden stellten und in der Regel mehr verdienten als die Frauen. Diese Immobilität treffe nicht nur Frauen, die eine abhängige Beschäftigung suchten bzw. ausübten, sondern auch potenzielle Gründerinnen, die selbst die beste Geschäftsidee in ihrem Heimatdorf nicht gewinnbringend umsetzen könnten. Hinzu komme, dass viele Familien im ländlichen Raum zwar über wenig Einkommen verfügten, jedoch eine (oft alte und ererbte) Immobilie besitzen würden und somit keine Kosten durch Miete entstünden. In einigen Fällen seien dadurch sogar kleine landwirtschaftliche Aktivitäten möglich, deren Erträge das Familienbudget entlasteten. Daher werde häufig ein Umzug strikt abgelehnt, was von Außenstehenden bisweilen als Mobilitätsunwilligkeit interpretiert werde. Außerdem seien Unterstützungsangebote für Existenzgründer/-innen im ländlichen Raum nicht sehr umfangreich und inzwischen auch mit Kosten für Weiterbildung und Coaching verbunden, die viele potenzielle Teilnehmer/-innen nicht aufbringen könnten. Das gelte umso mehr, als Existenzgründer/-innen mit ALG-II-Bezug lediglich ein Einstiegsgeld beantragen könnten, dessen Gewährung im Ermessen des jeweiligen Fall-Managers liege. Bei ALG-IBezug bestehe hingegen – bei entsprechenden Voraussetzungen – ein Rechtsanspruch auf die Zahlung eines Gründungszuschusses, der wesentlich bessere Konditionen für den Start in die Selbständigkeit biete. Außerdem müssten alle Personen, die ALG II erhalten, ihre Bedürftigkeit ohnehin nachweisen, woraus zu schließen sei, dass sie über keine für die Gründung relevanten Rücklagen verfügten. Im Hinblick auf vereinbarkeitsfreundliche Maßnahmen der öffentlichen Verwaltungen wurde die Verlängerung der Öffnungszeiten von Behörden angesprochen. Da viele Beschäftigte fernpendeln müssten und Arbeitgebende oft hohe zeitliche Verfügbarkeit einforderten, sei ein Behördenbesuch häufig nicht möglich. Eine spürbare Entlastung könne auch darin liegen, Verwaltungsvorgänge online im Internet anzubieten und nicht mehr an das persönliche Erscheinen der Klienten zu binden. Einige Hinweise erfolgten auch in Bezug auf die Familienpolitik des Staates. Hier wurde vor allem betont, dass Leistungen für Kinder diesen direkt (z.B. durch Investitionen) zugute kommen und nicht erst an die Eltern ausgezahlt werden sollten. Im Pflegebereich wurden für die dringend erforderliche Personalaufstockung mehr finanzielle Mittel gefordert, was die gegenwärtigen prekären Arbeitsbedingungen reduzieren könnte. Weitere in den Interviews geäußerte Vorschläge reichten vom Rechtsanspruch auf einen Platz in der Kindertagesstätte ab dem 1. Lebensjahr bis hin zur steuerlichen Entlastung von Unternehmen, die Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben anbieten. 43 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Arbeit, Beruf, Ausbildung, Wiedereinstieg Frage: Wie sind Ihrer Erfahrung nach die Chancen von arbeitslosen Müttern mit Kindern bis 12 Jahre, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen? Im Hinblick auf die Vereinbarkeitsfreundlichkeit von Unternehmen und die Chancen arbeitsloser Mütter auf dem ersten Arbeitsmarkt könne es nach Ansicht einiger Gesprächspartnerinnen keine pauschalen Bewertungen geben. Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen seien nach wie vor unterschiedlich stark verbreitet. In vielen Bereichen sei hochqualifiziertes (auch weibliches) Fachpersonal stark gefragt und Kinder seien dabei kein Hindernis für die Einstellung. Die Betriebsleitungen seien vielmehr bestrebt, diese Fachkräfte auch durch vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen zu binden. Anders sei die Situation für gering qualifizierte Frauen, die häufig in Branchen mit hohen Anforderungen an die Flexibilität arbeiteten (Call-Center, Gebäudereinigung, Einzelhandel, Gastronomie, Hotelbetrieb), die außerdem durch eine größere Austauschbarkeit der Arbeitskräfte gekennzeichnet seien. Diese Tendenz gelte generell auch für Männer, wirke aber bei Frauen ungleich stärker, da sie aufgrund der traditionellen familiären Arbeitsteilung oder als Alleinerziehende zeitlich und räumlich nicht so flexibel seien. Viele (meist männliche) Unternehmensleitungen würden familiäre Reproduktionsarbeit und Kinderbetreuung zudem generell als „Frauensache“ ansehen und den Müttern ohnehin eine geringere Verfügbarkeit unterstellen. Eine große Rolle spiele dabei die mögliche Erkrankung gerade kleinerer Kinder. Ohne entsprechende vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in den Unternehmen sei es für arbeitslose Frauen mit Familie häufig sehr schwer, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Frage: Wann klappt es Ihrer Erfahrung nach (in der Regel)? Welche Faktoren spielen da zusammen? Nach Meinung einiger Expertinnen würden die Chancen der Integration arbeitsloser Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren in Erwerbsarbeit nicht nur von einem Faktor abhängen, sondern von einer Mischung aus persönlichen, familiären und unternehmenspezifischen Elementen. Zu den persönlichen Elementen gehörten vor allem fachliche und soziale Kompe- tenzen/Qualifikationen einschließlich der Berufserfahrung, die die Mütter einbringen. Dane- ben spiele das familiäre Netzwerk eine entscheidende Rolle (Verfügbarkeit des Partners/Ehemannes, der Großeltern, anderer Verwandter und der Freunde/Freundinnen). Die unternehmensspezifischen Elemente seien vielfältig: So wurde erwähnt, dass manche Unternehmen gerne Mütter einstellten, um deren im Familien“management“ erworbenen sozialen Kompetenzen zu nutzen. Andere bevorzugten Mütter mit älteren Kindern, die weniger Betreuung erforderten und in der Regel seltener krank seien als Kinder im Vorschulalter. 44 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Auch der „Seltenheitswert“ des Berufes oder spezieller Qualifikationen spiele eine beträchtliche Rolle. Die beliebige Austauschbarkeit bei Arbeitsplätzen mit geringen Anforderungen verschlechtere jedoch die Einstellungschancen von Müttern. Ebenfalls von Bedeutung für die Beschäftigungsstrategie könne die positive Einstellung von Unternehmensführungen und Personalverantwortlichen zur Vereinbarkeit sein. Häufig speise diese sich aus persönlichen familiären Erfahrungen. Frage: Wenn Sie Aussagen dazu machen können – für wie familienfreundlich halten Sie zurzeit die Unternehmenskultur und die Personalpolitik in der freien Wirtschaft und/oder im öffentlichen Dienst? Hier biete sich nach Auffassung der Expertinnen ein sehr differenziertes Bild. Vereinbarkeitsfreundlichkeit sei dort am weitesten entwickelt bzw. lasse sich am besten etablieren, wo Unternehmen hoch qualifiziertes Stammpersonal langfristig binden wollen. Eine gewisse Bedeutung habe auch die Betriebsgröße; kleinere Betrieben könnten z.B. den Ausfall von Müttern durch Elternzeit oder Krankheit nicht so gut kompensieren wie Unternehmen mit größeren Belegschaften. Einige Interviewpartnerinnen waren der Auffassung, dass es inzwischen mehr vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen gebe als einige Jahre zuvor und dass inzwischen durchaus Unternehmen mit einer Vorbildfunktion existierten. Eine Reihe von Betrieben würde außerdem vereinbarkeitsfreundliche Maßnahmen einführen, diese aber wenig kommunizieren, sodass sie von außen kaum wahrgenommen würden. Angemerkt wurde, dass manche junge (meist männliche) „Karrieretypen“ in den Chefetagen wenig Verständnis für die Probleme von Müttern hätten, dies sich jedoch häufig dann änderte, wenn sie selbst Väter würden. In dem Zusammenhang wurde auch betont, dass vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen eine gewisse Breite aufweisen sollten und nicht auf „Kleinkinderfreundlichkeit“ reduziert werden dürften. Der öffentliche Dienst biete vergleichsweise gute Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben für Mütter; obwohl auch hier noch einige Wünsche offen blieben (und eine Expertin ihn als „schwerfällig“ im Hinblick auf Veränderungen bezeichnete), weise er immer noch eine hohe Anzahl von Normalarbeitsverhältnissen auf, die neben planbaren Arbeitszeiten und einer relativ hohen Beschäftigungsstabilität auch eine angemessene Vergütung einschließen würden. Frage: Beobachten Sie, dass manche Unternehmen bevorzugt Frauen bzw. Männer einstellen und wenn ja, mit welcher Begründung? Umfassende Antworten auf diese Frage konnten von den Expertinnen nicht gegeben werden, weil sie vermutlich in ihrer alltäglichen Arbeit kaum eine Rolle gespielt haben wird und 45 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 sich außerdem das Einstellungsverhalten von Unternehmen der direkten Beobachtung durch Arbeitnehmende entzieht. Vor allem jene Interviewpartnerinnen, die mit Unternehmen zusammenarbeiten, konnten hier einige persönliche Erfahrungen einbringen. Wenn bevorzugt Frauen oder Männer eingestellt würden, habe das nicht immer etwas mit familiären Verpflichtungen von Müttern oder einer vermeintlichen „Rund-um-die-UhrVerfügbarkeit“ von Männern/Vätern zu tun. Gründe seien oft anderer Natur, z.B. die Suche nach Teilzeitkräften, das lokal bestehende Arbeitskräfteangebot oder bestimmte nachgefragte Qualifikationen. Letztere seien aufgrund der horizontalen Segregation46 des Arbeitsmarktes häufig sehr ungleich auf Frauen und Männer verteilt (Beispiel: Friseur/-in, Grundschullehrer/-in, Altenpfleger/-in usw.). Ungeachtet dessen würden Unternehmen oft „hinter vorgehaltener Hand“ zugeben, dass sie bevorzugt Männer einstellen, wenn sie die Wahl haben. Dabei würde selbst ein dreifacher Vater einer dreifachen Mutter vorgezogen, weil Kinderbetreuung in einem sehr weiten Sinne (inklusive Elternzeit und Betreuung im Krankheitsfall) immer noch als Frauensache gelte. Die Unternehmen gingen davon aus, dass neue Anforderungen an zeitliche Flexibilität und räumliche Mobilität am einfachsten mit Männern durchzusetzen seien. Frage: Wie verläuft Ihrer Erfahrung nach der Wiedereinstieg ins Berufsleben von Müttern nach der Elternzeit? Was läuft innerhalb kurzer Zeit recht gut? Was sind typische „Stolpersteine“? Beim Wiedereinstieg in Erwerbsarbeit nach der Elternzeit komme es nach Meinung der Expertinnen gerade bei längerer Abwesenheit zu einer tatsächlichen oder vermeintlichen Entwertung beruflicher Qualifikationen. Die Frauen hätten zu dieser Zeit häufig andere Vorstellungen von Arbeitszeiten und -inhalten als die Arbeitgebenden. Sowohl die Mütter als auch die Unternehmen müssten akzeptieren, dass die Frauen nach dem Wiedereinstieg nicht mehr so flexibel und mobil sein könnten – und zwar unabhängig vom familiären Engagement des Partners und vorhandener Netzwerke. Daraus resultierten oft Konflikte oder ein ungewolltes Ausweichen der Mütter auf Teilzeitarbeit bzw. in neue prekäre Arbeitsverhältnisse. Die Expertinnen waren sich darin einig, dass eine rechtzeitige Vorbereitung die Basis für einen weitgehend harmonischen Wiedereinstieg sei, der beide Seiten zufrieden stelle. Die Vorbereitung solle bereits vor Antritt der Elternzeit durch vertrauensvolle Gespräche begin- 46 Horizontale Segregation der Erwerbsarbeit bezeichnet die historisch gewachsene und durch spezifisch weibliche und männliche Sozialisationsmuster und Berufswahlpräferenzen relativ verfestigte ungleiche Verteilung der Geschlechter auf verschiedene Branchen, Berufsfelder und Tätigkeiten, die mit unterschiedlichen Einkünften, Aufstiegsmöglichkeiten und gesellschaftlichen Bewertungen verbunden sind. Von segregierten Berufen und Tätigkeiten wird dann gesprochen, wenn der Frauen- bzw. Männeranteil unter 30% liegt, von Frauen- oder Männerdomänen dagegen bei einem jeweiligen Anteil von über 85%. Die geschlechtsspezifische Segregation gilt für abhängige Beschäftigung und selbständige Tätigkeit gleichermaßen. 46 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 nen und durch kontinuierliche Kontakte während der Abwesenheit fortgesetzt werden (Einladungen zu Betriebsfeiern, informelle Gespräche, Teilnahme an Weiterbildung, Übernahme kleiner Arbeitsaufgaben etc.) Stolpersteine seien die häufige Erkrankung von Kindern in den ersten Monaten nach dem Wiedereinstieg, dessen zeitliches Zusammenfallen mit den Kita-Schließzeiten in der Sommerpause sowie unregelmäßige Arbeitszeiten und befristete Arbeitsverträge. Soziales Netz, Unterstützung Frage: Was wissen Sie über das soziale Netz Ihrer „Kundinnen“? Woher bekommen diese Unterstützung? Viele der befragten Expertinnen arbeiteten mit Frauen, die mehr oder weniger starke soziale Probleme aufweisen, die dann in den Interviews auch eine größere Rolle spielten. Dazu gehörten vor allem alleinerziehende Mütter sowie solche, die de facto alleinerziehend sind, da ihre Partner durch Fernpendeln, auswärtige Beschäftigung oder auch durch Einsitzen im Strafvollzug kaum oder gar nicht als Unterstützung zur Verfügung stehen. Auch arbeitslose Männer, die mehr freie Zeit hätten, beteiligten sich oft nicht an der familiären Reproduktionsarbeit bzw. nur selektiv, sporadisch oder unzuverlässig. Die sozialen Netzwerke dieser Frauen seien denkbar klein und beschränkten sich häufig auf die eigenen Eltern. Manchmal seien auch die Eltern des Partners, von dem sie sich getrennt hätten, einbezogen, da sie dennoch ihre Rolle als Großeltern wahrnehmen wollten. Die weitere Verwandtschaft oder Freunde fielen kaum ins Gewicht und lebten oft zu weit entfernt, um Unterstützung leisten zu können. In den Fällen, in denen die Herkunftsfamilien der Mütter zerrüttet seien und diese z. T. bereits im Kindesalter in Heimen lebten, bestünde oft gar kein familiäres Netzwerk. Die Stärke nachbarschaftlicher Hilfe hänge von der jeweiIigen „Verwurzelung“ der Mütter in einer ländliche Siedlung oder einem städtischen Kietz ab. Neu Hinzugezogene hätten oft größere Schwierigkeiten, nachbarschaftliche Unterstützung zu mobilisieren. Es wurde jedoch auch hervorgehoben, dass sich die Wirkung von Unterstützung nicht allein an der Größe sozialer Netzwerke festmachen lasse. Entscheidend seien Kontinuität und Zuverlässigkeit. So sei es z. B. bei der Betreuung von Kindern nicht günstig, wenn diese in einem großen und wechselnden Personenkreis ständig „herumgereicht“ würden. Zuspruch und Hilfe von Kollegen und Kolleginnen spielten nur dort eine Rolle, wo die Frauen in einem Arbeitsverhältnis stehen würden. Nachbarschaftshilfe sei im ländlichen Raum in der Regel leichter zu organisieren als in der Anonymität der städtischen Zentren. Diese würden 47 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 dafür ein dichteres Netz von Ämtern und Vereinen aufweisen, deren Angebote das soziale Netzwerk ergänzen könnten. Von großer Bedeutung für viele dieser Frauen seien die Angebote von Familienbildungs- und -beratungsstätten oder von Projekten, die sie bei der Integration in den ersten Arbeitsmarkt unterstützen wollen. Dort könnten sie notwendige Qualifikationen erwerben und den informellen Austausches mit anderen Müttern pflegen – häufig sei dies die Grundlage für neue Bekanntschaften und eine Erweiterung des persönlichen sozialen Netzes. Günstig dafür seien ein nicht zu großer Altersunterschied und die Betroffenheit von ähnlichen Problemlagen. Dieser Austausch erhöhe nach Ansicht einiger Expertinnen auch das Selbstbewusstsein der Mütter. Das gelte nicht nur für die Annäherung an eine neue Beschäftigung, sondern auch für das Durchsetzungsvermögen im privaten Bereich, das in einigen Fällen sogar zur Trennung von Partnern geführt habe, deren Persönlichkeitsentwicklung nicht mit den Erfordernissen familiärer Lebensführung in Einklang gestanden habe. In Zusammenhang mit diesen positiven Effekten ist es bedauerlich, dass viele Mütter mit Unterstützungsbedarf keine Kenntnis von entsprechenden Angeboten haben bzw. aus den unterschiedlichsten Gründen nicht den Weg dahin finden. Dass diese Angebote auch stärker (und vielleicht anders) kommuniziert werden müssen, sahen einige Expertinnen selbst und setzen auf eine engere Zusammenarbeit von Familienbildung und -beratung mit Schulen, Kindertageseinrichtungen und zum Teil auch mit Unternehmen. Eine besondere Rolle spiele das soziale Netz bei Existenzgründerinnen. Hier würden Alleinerziehende ohne kompensatorische Netzwerke ein sehr hohes Risiko tragen. Aus der Arbeit mit Gründerinnen könne man den Schluss ziehen, dass die Gründungswilligkeit zunehme, wenn ein funktionierendes soziales Netz vorhanden sei, in dem der Partner durch moralische und materielle Unterstützung eine wichtige Rolle spiele. Verfügt er über ein angemessenes Erwerbseinkommen, gebe das der Frau mehr Spielraum für das Familienmanagement, Anfängliche Misserfolge in der beruflichen Selbständigkeit der Frauen könnten so kompensiert werden. Unter Umständen erlaube ihnen das den Wechsel in selbständige Tätigkeit im Zuverdienst; familienbezogen betrachtet habe dies die gleiche Funktion wie Teilzeitarbeit in anhängiger Beschäftigung. Auch arbeitslose Partner hätten prinzipiell eine große Bedeutung für das Netzwerk von Gründerinnen. Wenn die arbeitslosen Männer jedoch noch sehr in traditionellen Geschlechterrollen, vor allem der männlichen „Ernährerrolle“, verhaftet seien, hätten sie oft Schwierigkeiten, mit dem neuen Status der Frau und dem sich eventuell einstellenden geschäftlichen Erfolg umzugehen. Existenzgründerinnen ohne familiäre Verpflichtungen gingen offenbar spontaner und „unbekümmerter“ an ihr Vorhaben und seien eher bereit, ein geschäftliches Risiko zu tragen. 48 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Frage: Welche Mütter haben besondere Schwierigkeiten, Unterstützung zu finden? Einige Expertinnen betonen, dass die Unterstützungsstrukturen (Jugendämter, Familienbildungs und -beratungsstellen, zahlreiche Projekte) ihre Angebote prinzipiell an alle Mütter (und Väter) richten. Die Hilfe würde jedoch in der Regel von Müttern (seltener auch von Vätern) angenommen, die erwerbstätig seinen, über ausreichende soziale Netzwerke verfügten und die mit professioneller Hilfe ihre Familienkompetenzen erweitern oder ein Forum zur Diskussion familiärer Probleme finden wollen. Mit anderen Worten: Es würden vor allem die Menschen erreicht, die über genügend eigene Ressourcen verfügten. Gering qualifizierte Mütter aus sozial schwierigem Umfeld (vor allem Alleinerziehende innerhalb dieser Gruppe), die ohnehin kaum über Unterstützung auf der privaten Ebene verfügten, würden über diese Angebote oft nicht erreicht bzw. hätten Hemmungen, sie anzunehmen. Dabei spielen auch tatsächlich oder vermeintlich schlechte Erfahrungen mit Behörden eine Rolle („Das Jugendamt nimmt die Kinder weg“). Einige Mütter würden auch deshalb keinen Zugang finden, weil die angebotenen Dienstleistungen für sie neu seien oder weil sie sich scheuten, über Defizite ihrer Herkunftsfamilie und fehlende Berufs- und Familienkompetenzen bei sich selbst offen zu sprechen. Hinzu komme, dass diese Mütter oft kaum Kontakt zu Umgebungen hätten, in denen besagte Angebote kommuniziert werden. Vor allem im ländlichen Raum sei es besonders schwierig, Zugang zu Frauen zu finden, die längere Zeit zu Hause gewesen seien. Frage: Welche Unterstützungsstrukturen ließen sich, abgeleitet aus Ihren Erfahrungen (schnell und unkompliziert) legen oder verknüpfen, um den Müttern zu helfen? Die Erreichbarkeit bestimmter Gruppen von Müttern war für die meisten Expertinnen eine zentrale Frage. Ihr Vorschlag beinhaltete daher vor allem die Erstellung von Materialien, die den Müttern eine Übersicht über vorhandene Angebote von Behörden, Vereinen und Projekten bieten würden47. Auch Handreichungen für Behördenwege, Antragstellung und notwendige Unterlagen wurden vorgeschlagen. Diese Materialien sollten möglichst in Papierform und nicht nur als Online-Angebot vorliegen. Mit ihrer Zusammenstellung könnten freie Träger beauftragt werden, die einen besonders engen Kontakt zu den betreffenden Müttern anstrebten oder bereits hätten. Die Informationen über die Tagesmütter in den einzelnen Regionen seien verbesserungsbedürftig; in erster Linie sei dies Aufgabe der Jugendämter. Dabei gehe es vor allem auch um Alternativen bei der Wahl der Tagesmutter, die für die Mütter nur bei ausreichend Information 47 Erste Ansätze dazu finden sich in Mecklenburg-Vorpommern im 2008 vom Lokalen Bündnis für Familie der Hansestadt Rostock erstellten „Wegweiser für Frauen, Männer und Familien“ sowie in den Familienzeitschriften des Bundeslandes "Landknirpse", "Kleine Räuberpost", "Wribbel" und "Allerlei Murkelei". 49 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 gegeben sei. Hier wurde exemplarisch die Familienzeitschrift „Landknirpse“ erwähnt, die für ihre Leser/innen eine Liste aller Tagesmütter in ihrem Verbreitungsgebiet veröffentlicht habe. Als weitere wichtige Maßnahme wurde von den Interviewpartnerinnen vorgeschlagen, die Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen zu verlängern und damit veränderten Arbeitszeitanforderungen der Unternehmen Rechnung zu tragen. Zu denken wäre dabei an Zuschüsse für Kindertagesstätten, damit diese auch Öffnungszeiten abdecken könnten, die nicht so stark nachgefragt, aber trotzdem notwendig seien. Frage: Wie unterscheiden sich Ihrer Meinung nach die Unterstützungsstrukturen speziell junger Mütter auf dem Land und in der Stadt? Eine Interviewpartnerin wies darauf hin, dass sowohl der ländliche Raum als auch die städtischen Zentren keine homogenen Gebilde darstellten, sondern gerade in diesem Bundesland starke Disparitäten aufweisen würden. Die Unterschiede zwischen prosperierenden Räumen und strukturschwachen Gebieten kämen z.B. in einem deutlichen West-Ost-Gefälle zum Ausdruck. Mehrheitlich wurde betont, dass Familienbildungs- und beratungsstellen sowie Stätten der beruflichen Weiterbildung auf dem Lande häufig schwierig erreichbar seien. Junge Mütter seien auf den Bus oder das familieneigene Auto (soweit vorhanden oder nicht vom Partner/Ehemann zu beruflichen Zwecken genutzt) angewiesen, um diese zu erreichen. Eine Alternative wären mobile Beratungsstellen (Beratungsbus), deren Einsatz jedoch nur bei entsprechender Nachfrage sinnvoll sei. Allerdings sei es im ländlichen Raum in der Regel leichter, nachbarschaftliche Hilfe zu gewinnen als in der Anonymität der Großstadt. Dies hänge natürlich auch vom Persönlichkeitstyp der jungen Mutter ab und von ihrer Bereitschaft, auf andere zuzugehen. 50 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Privatleben, Partnerschaft Frage: Welche Teile des Privatlebens lassen sich Ihrer Erfahrung nach für Mütter mit Kindern bis 12 Jahren besonders schwer mit Berufsleben/Ausbildung/Studium vereinbaren? (z. B. Freizeit, Hobbies, Kultur, Sport, Ehrenamt, Kindererziehung etc.) Es liegt in der Natur der Sache, dass die Kenntnisse der Gesprächspartnerinnen zum Privatleben (speziell zur Partnerschaft) der Mütter geringer waren als zu anderen Bereichen. So wurde in den Interviews mehrfach betont, dass es relativ lange dauere, bis sich die Mütter zu solchen Problemen äußerten. In der Regel müsse erst eine Vertrauensbasis geschaffen werden, wie sie am ehesten noch in Projektarbeit oder in der Familienbildung und -beratung entstehe; dort könnten persönliche Beziehungen über längere Zeit hinweg aufgebaut werden und zum Teil sei es aus inhaltlichen Gründen (z.B. als Basis für Coaching) notwendig, auch auf die individuelle Situation der Mütter einzugehen. Es seien kaum pauschale Aussagen möglich, weil sowohl die Persönlichkeit der Mütter (und ihrer jeweiligen Partner) als auch ihre familiäre und berufliche Situation sehr unterschiedlich seien. Ganz grob ließen sich jedoch drei Gruppen von Müttern unterscheiden: 1. Mütter mit geringer schulischer und beruflicher Qualifikation und kaum Erfahrung auf dem Arbeitsmarkt würden häufig resignieren und versuchen, über den Status als Hausfrau und Mutter eine neue Identität zu erreichen. Sie kämen oft aus sozial schwachen Schichten, verfügten kaum über zuverlässige soziale Netze, seien häufig von Armut betroffen und stellten einen großen Teil der Alleinerziehenden. Sie würden zwar weniger unter „Zeitarmut“ leiden, könnten aber durch ihre prekäre Einkommenssituation kaum am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben. Ihre Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt seien sehr gering. Ohne professionelle Unterstützung von außen würden ihre sozialen Probleme sich weiter verfestigen. 2. Erwerbstätige Mütter mit durchschnittlicher schulischer und beruflicher Qualifikation. Diese arbeiteten oft in Berufen mit zum Teil niedriger Entlohnung, hoher Fluktuation und atypischen Beschäftigungsformen. Ihre sozialen Netze seien sehr unterschiedlich ausgebildet und im Fall von Alleinerziehenden eher klein. Diese Gruppe habe die größten Probleme mit der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben. Zu ihren eher bescheidenen Einkünften komme der Mangel an Zeit (vor allem als Alleinerziehende). Ihr Beruf verlange von ihnen, zeitlich flexibel und häufig verfügbar zu sein. Alle weiteren Aktivitäten konzentrierten sich dann auf das Familienmanagement, sodass Sport, Kultur, Hobbys und Muße zu kurz kämen. Haushaltsnahe Dienstleistungen könnten sich die meisten Familien finanziell nicht leisten. Diese Frauen hätten vielfach praktisch kein Privatleben. 51 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 3. Mütter mit einer durchschnittlichen oder höheren schulischen und beruflichen Qualifikation, denen es gelungen sei, bei vereinbarkeitsbewussten Arbeitgebenden Fuß zu fassen und die über existenzsichernde Einkommen verfügten. Auch diese Mütter wendeten viel Zeit für das Management der Familie auf; sie hätten jedoch mehr Zeit für Bereiche außerhalb des Arbeitslebens. Dank vergleichsweise hoher Einkommen könnten sie sich auch haushaltsnahe Dienstleistungen leisten. Ihre sozialen Netze seien eher größer und umfassten auch Freundinnen, Bekannte und Kolleginnen/Kollegen. Offizielle Unterstützungsangebote seien ihnen in der Regel bekannt und sie nutzten Veranstaltungen von Trägern der Familienbildung und beratung, um ihre familienbezogenen Kompetenzen zu erweitern und zu vertiefen. Die Einteilung in diese drei Gruppen lässt natürlich fließende Übergänge und bestimmte Konstellationen unberücksichtigt (z.B. Mann dauerarbeitslos, Frau in Erwerbsarbeit). Entscheidend sei auch die Persönlichkeit der einzelnen Mütter im Hinblick auf ihre beruflichen Perspektiven sowie ihre Fähigkeit, die Vereinbarkeit zu managen und die dafür erforderlichen sozialen Netze zu knüpfen und zu pflegen. Frage: Wo sind konkret die Reibungspunkte? (z.B. Fahrzeiten ÖPNV, lange Arbeitszeiten, desinteressierter Chef, Veränderungsbedarf der Frauen nicht formuliert) Die Expertinnen wiesen noch einmal auf die Notwendigkeit der eigenen Mobilität vor allem im ländlichen Raum hin. Fahrten zum Arbeitsort ließen die Zeit der Abwesenheit von Haushalt und Familie beträchtlich anwachsen. In den Städten sei die Situation durch den guten Ausbau des ÖPNV und die vergleichsweise hohe Verkehrsfrequenz wesentlich entspannter. Genannt wurde hier ausdrücklich die Hansestadt Rostock (eine Ausnahme bildeten lediglich die Stadtteile Schmarl und Groß Klein, die nur über Buslinien, nicht jedoch über eine Straßenbahnanbindung verfügen). Ein weiterer Reibungspunkt sei die am Arbeitsplatz geforderte hohe zeitliche Verfügbarkeit, die mit den Anforderungen an das Familienleben kollidiere. Arbeitgebende würden den durch Wettbewerb und/oder Personalabbau bedingten Druck an die Beschäftigten weitergeben. Dadurch würden diese häufig eigene Bedürfnisse zurückstellen, weil die verbleibende Zeit ausschließlich der Aufrechterhaltung des Familien“betriebes“ vorbehalten bleibe. Frage: Wünschen sich die Mütter häufig eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben? (Sprechen sie den Wunsch auch aus?) Nach Auffassung der Interviewpartnerinnen strebten die Mütter generell eine bessere Vereinbarkeit an. Das äußere sich z.B. in dem einfachen Wunsch, einmal Zeit für sich selbst und 52 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 für die eigenen Bedürfnisse zu haben (z. B. ins Kino zu gehen, sich mit anderen Frauen zu einem „Tupperware-Abend“ zu treffen). Leider würden viele Frauen diesen Wunsch nicht aussprechen und stattdessen in Resignation und Hoffnungslosigkeit verharren. Oft gelinge es ihnen in der Projektarbeit über den Erfahrungsaustausch und positive Beispiele, sich der eigenen Wünsche bewusst zu werden und sie zu artikulieren. Auch Selbstorganisation und Durchsetzungsfähigkeit könnten dadurch gestärkt werden. Frage: Wie sehen Sie die Rolle der Männer/Väter bei der Vereinbarkeit von Erwerbsund Privatleben (Wie sollten sie sich einbringen?) Nach Ansicht der meisten Interviewpartnerinnen seien die traditionellen Geschlechterrollen noch relativ fest im Familienleben verankert. Veränderung sei zwar auch von äußeren Bedingungen abhängig (Männlichkeitsbild in der Gesellschaft, Ausrichten der Arbeitswelt an typisch männlichen Erwerbsbiographien etc.), in erster Linie sei diese Aufgabe jedoch in den Familien selbst zu leisten. Gespräche und das Aushandeln der Rollen zwischen den Beteiligten seien dafür entscheidend, was in vielen Familien jedoch nicht geschehe. Häufig würden Frauen zwar darüber „nörgeln“, dass ihre Männer sich nicht an der Hausarbeit beteiligten; ihre Wünsche würden sie jedoch nicht aussprechen sondern stattdessen vieles selbst erledigen. Einige Mütter müssten außerdem lernen, ihre „Macht“ in diesem Bereich abzugeben bzw. zu teilen. Die Männer hingegen müssten ihre Rolle als bloßer „Familienernährer“ aufgeben, die sich durch die Veränderungen in der Arbeitswelt ohnehin langsam auflöse. Laut den Expertinnen gehe es den Müttern nicht darum, dass die Männer die bisher von Frauen erbrachten Leistungen übernehmen sollen, sondern dass sie ihren Part in einer innerfamiliären Arbeitsteilung spielten. Diese Arbeitsteilung solle einen solidarischen Zuschnitt haben und damit mehr als das gelegentliche Spielen mit den Kindern beinhalten. Das umfasse auch die verstärkte Inanspruchnahme von Elternzeit durch die Väter. Interessant war auch der von vielen Müttern vorgetragene Wunsch nach mehr gemeinsamer Zeit, nach „Familienzeit“48. 48 Diese Forderung ist nach Auffassung der Autoren dieser Studie in der bisherigen Debatte um Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben viel zu wenig thematisiert worden. Die Organisation des Familienlebens umfasst eben mehr als nur Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu finden (und sie ggf. in einem Netzwerk „herumzureichen“) oder zwischen zeitlich versetzten Schichten der Partner den Einkauf zu organisieren. Familie braucht immer auch gemeinsam verbrachte Zeit für gemeinsames Erleben. 53 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Frage: Wie beeinflussen sich Ihrer Erfahrung nach familiäre Belastungen (Kinderbetreuung, Haushaltsführung, Behördengänge etc.) und Partnerschaft? Die Expertinnen betonten, dass es nach ihrer Erfahrung einen engen Zusammenhang zwischen alltäglicher Überforderung und der Belastung oder gar Beendigung von Partnerschaften gebe. Die hohe Belastung vieler Mütter resultiere in erster Linie daraus, dass ihre Partner entweder eine solidarische innerfamiliäre Arbeitsteilung nicht wollten oder sich aus beruflichen Gründen hier nicht stärker engagieren könnten. Für die „psychische Befindlichkeit“ der Mütter und die Anerkennung ihrer außerhalb der Erwerbsarbeit erbrachten Leistungen sei es wichtig, dass die Tätigkeitsfelder ausgewogen sind. Wenn Männer häufiger jene Tätigkeiten übernehmen würden, für die traditionsgemäß Frauen „zuständig“ sind (Putzen, Waschen, Einkauf, Kinderbetreuung etc.), würden sie das familiäre Engagement der Frauen dadurch aufwerten; denn dann wären es nicht mehr die kaum wahrgenommenen und gering bewerteten Routinearbeiten von Frauen. Umgekehrt würden Frauen oft Behördengänge und ähnliche Aktivitäten, die zur „Außenvertretung“ der Familie gehörten, gerne selbst übernehmen, weil ihnen das ein Gefühl von Unabhängigkeit und eigenen Kompetenzen gebe (eine Interviewpartnerin: „Sie wollen mehr als nur „Puttchen“ sein“). Bei dieser Frage hoben die Interviewpartnerinnen noch hervor, dass hohe Belastungen häufig Trennungen nach sich ziehen würden, was dazu führe, dass viele Kinder „ganz viele Papas nacheinander“ hätten. Belastend für die Beziehungen seien aber nicht nur Ungleichgewichte in der innerfamiliären Arbeitsteilung, sondern auch die oft prekäre finanzielle Lage der Familien, die ständige Sorge und ein hohes Frustrationspotenzial nach sich ziehen würde. Wichtig für gute und stabile Partnerbeziehungen sei daher die Fähigkeit, bei Problemen und familiären Krisen miteinander reden zu können bzw. zu wollen. 54 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 5. Anhang 5.1 Literaturverzeichnis • • • • • • • • • • • • • • • • Amtsblatt der Europäischen Kommission (EU L 124/36) vom 20.05.2003, Brüssel Barth, S.: Soziale Netzwerke und soziale Unterstützung, S. 22, www.stephan-barth.de/ sozialeunt.htm Bauer. F./Groß, H./Lehmann, K./Munz, E.: Arbeitszeit 2003. Arbeitszeitgestaltung, Arbeitsorganisation und Tätigkeitsprofile, Köln 2004 (Institut zur Erforschung sozialer Chancen) Bernhard, S./Kurz, K.: Familie und Arbeitsmarkt. Eine Längsschnittstudie zum Einfluss beruflicher Unsicherheiten auf die Familienerweiterung, in: IAB Discussion Paper, Nürnberg, No. 10/2007 Blanke, K./Alt, C.: Kinderbetreuung zwischen Institutionen und privaten Betreuungsarrangements. Deskription der Daten der ersten Welle, (Deutsches Jugendinstitut e.V.), München 2003 Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarkt in Deutschland. Schnellübersichten, http://statistik.arbeitsagentur.de/statistik/index.php?id=13&dbtyp=3&typ=BL Bundesagentur für Arbeit-Regionaldirektion Nord: Der Arbeitsmarkt in MecklenburgVorpommern, Kiel, Presseinformation Nr. 06/2010 Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung beim Statistischen Bundesamt (Hrsg.): Die Genese des Kinderwunsches bei Paaren – eine qualitative Studie, Wiesbaden, Mate- rialien zur Bevölkerungswissenschaft 114/2004 Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg. ): Alleinerziehen in Deutschland – Ressourcen und Risiken einer Lebensform (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Familienfreundliche Maßnahmen im Handwerk, Berlin 2004 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland. Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft. Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen, Berlin 2005 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Mütter und Beruf. Realitäten und Perspektiven (Monitor Familienforschung Ausgabe Nr. 4) Berlin 2005 Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.):Familienfreundliche Arbeitszeitmuster . Neue Wege zu Wachstum und Beschäftigung, Berlin 2005, S. 6 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): 20-jährige Frauen und Männer heute. Lebensentwürfe, Rollenbilder, Einstellungen zur Gleichstellung, Berlin 2007 Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Alleinerziehende in Deutschland –Potenziale, Lebenssituationen und Unterstützungsbedarfe, Berlin 2008 Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Daten und Fakten zum Thema Alleinerziehende, Material für die Presse, Berlin, Mai 2009 55 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.): Kinderwunsch und Familiengründung bei Frauen und Männern mit Hochschulabschluss. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung, Köln 2005 DGB Index Gute Arbeit GmbH (Hrsg.): Work-Life-Balance 2007 – Der Report. Wie die Beschäftigten die Vereinbarkeit von Berufs-, Familien- und Privatleben beurteilen, Berlin 2007 Diewald, M.: Soziale Beziehungen: Verlust oder Liberalisierung? Soziale Unterstützung in informellen Netzwerken. Berlin 1991 Fachhochschule Ludwigshafen, Institut für Beschäftigung und Employability (Hrsg.): Beschäftigungswirkungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Ludwigshafen 2006 Frauenvertretung des Universitätsklinikums Tübingen (Hrsg.): Auswertung des Fragebogens zu Teilzeitarbeit und familienfreundlichen Arbeitszeiten, Tübingen o.J. Friedrichs, J.: Einführung in die Stadtsoziologie, Hagen 1993 Geissler, B.: Haushalts-Dienstleistungen als informelle Erwerbsarbeit: neue Ungleichheit oder Ausdifferenzierung des Arbeitsmarkts? In: Arbeit. Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik, Schwerpunktheft Arbeitsmarkt und Beschäftigung – Unsicherheit in sich globalisierenden Arbeitsgesellschaften, Dortmund Jg.15/ Heft 3/2006 Geißler, R.: Die Sozialstruktur Deutschlands, Wiesbaden 2002 Gelbrich, Götz: Statistik für Anwender, Shaker Verlag, Aachen 1998 Görner, R.: Agenturen für haushaltsnahe Dienstleistungen – ein Modellversuch im Saarland, Arbeitspapier herausgegeben von der Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin/Sankt Augustin, Nr. 167/2006 Hans Böckler Stiftung (Hrsg.): Flexibilisierung. Arbeitszeiten ohne Grenzen, Böckler Impuls, Düsseldorf, 8/2007 Hessenstiftung – Familie hat Zukunft (Hrsg.): Berufsrückkehrerinnen – Umfrage unter Müttern, die nach einer Familienpause in den Beruf zurück gekehrt sind, Bensheim 2007 IGS Organisationsberatung GmbH (Hrsg.): „Väter zwischen Karriere und Familie“, Teil 2: Die Sicht der Mütter. Ergebnisse der Umfrage, Köln 2005 Internationales Institut für Empirische Sozialökonomie (Hrsg.): Arbeitsqualität aus Sicht von Jungen Beschäftigten (unter 30 Jahren). Sonderauswertung des DGB-Index Gute Arbeit 2007, Stadtbergen 2007 Institut für Demoskopie Allensbach: Einflußfaktoren auf die Geburtenrate. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung der 18- bis 44jährigen Bevölkerung, Allensbach am Bodensee 2004 Institut für Demoskopie Allensbach: Erwartungen der Bevölkerung an die Familienpolitik, Allensbach am Bodensee 2008 Institut für Demoskopie Allensbach: Vorwerk Familienstudie 2008. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage in Deutschland, Allensbach am Bodensee 2008 Institut für Kooperationsmanagement und interdisziplinäre Forschung GmbH (Hrsg.): Implementierung familienfreundlicher Maßnahmen und Strategien in ostdeutschen Modellregionen mit stark rückläufiger Bevölkerungszahl: Hochschulen als Katalysator regionaler Entwicklung in Ostdeutschland, Berlin 2006 Klenner, C./Pfahl, S.: Jenseits von Zeitnot und Karriereverzicht – Wege aus dem Arbeitszeitdilemma. Arbeitszeiten von Müttern, Vätern und Pflegenden und Umrisse eines Konzeptes (WSI-Diskussionspapier Nr. 158), Düsseldorf 2008 56 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 • • • • • • • • • • • • • • • • • • Lange, A./Lauterbach, W.: Wie nahe wohnen Enkel bei ihren Großeltern? Aspekte der Mehrgenerationenfamilie heute, Arbeitspapiere der Universität Konstanz, Nr. 24/1997 Luef, Ch.: Für und Wider Elternschaft. Was den Kinderwunsch von Männern und Frauen beeinflusst, in: Fthenakis, W.E. (Hrsg.): Online Familienhandbuch. http://www.Familienhandbuch.de/ Pötschke, M./Schröder, T.: Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Erste Ergebnisse einer Mitarbeiter/-innenbefragung an der Universität Bremen, Bremen 2005 Projekt Lernender Niederrhein: Übergänge und Brücken (Hrsg.): „Rückkehr aus der Elternzeit. Eine Umfrage bei Unternehmen, Rückkehrerinnen und Rückkehrern aus der Elternzeit, Expertinnen und Experten des Arbeits- und Weiterbildungsmarktes; Hamminkeln 2007 Robert Bosch Stiftung GmbH (Hrsg.: Kinderwünsche in Deutschland. Konsequenzen für eine nachhaltige Familienpolitik, Stuttgart 2006 Rohr-Zänker, R./Müller, W.: Die Rolle von Nachbarschaften für die zukünftige Entwicklung von Stadtquartieren, Arbeitspapiere des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Bonn, Nr. 6/1998 Rump, J./Eilers, S.: Beschäftigungswirkungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie – auch unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung, Mainz 2006 (Hrsg.: Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit Rheinland-Pfalz) Schneider, N. F/Krüger. D./Lasch, V. et al.: Alleinerziehen. Vielfalt und Dynamik einer Lebensform, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Band 199, Stuttgart, Berlin, Köln 2001 Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Pressemeldung vom 13.03.2008, Schwerin Statistische Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte: Unternehmen und Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern 2007, Schwerin, 10. April 2008 Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte: Bevölkerung, Haushalte und Familien in Mecklenburg-Vorpommern (Mikrozensus) 2008,Teil 2 – Familien. Schwerin, 27. Juli 2009 Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Mecklenburg-Vorpommern am 30.06.2008, Schwerin, 05. Juni 2009 Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch 2009, Schwerin 2009 Stöbe-Blossey, S.: Arbeitszeit und Kinderbetreuung: Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in NRW – gefördert durch die Hans-Böckler-Stiftung, IAT-Report, Gelsenkirchen 1/2004 Stöbe-Blossey, S.: Bedarfsorientierte Kinderbetreuung. Teil 1: Arbeitszeit und Infrastruktur. Vorläufige Auswertung einer Befragung von Müttern mit Kindern unter 14 Jahren (Arbeitspapier), Gelsenkirschen 2004 Stöbe-Blossey, S.: Arbeitszeit und Kinderbetreuung - Passen Angebote und Elternwünsche zusammen? In: Das Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP),www.familienhandbuch.de/ Szydlik, M.: Lebenslange Solidarität? Generationenbeziehungen zwischen erwachsenen Kindern und Eltern, Opladen 2000 Verein Deutscher Ingenieure e.V. (Hrsg.): VDI-Bericht: Ingenieurinnen und Ingenieure im Spannungsfeld zwischen Beruf, Karriere und Familie, Düsseldorf 2007 57 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 • • • • Wahl, D.: Abschlussstudie zum Projekt „Starke Väter – starke Kinder“ (Projektträger: IDB GmbH Rostock), Rostock 2007 (als Online-Publikation unter www.vereinbarkeit-lebenmv.de/) Wahl, D.: Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern. Studie im Auftrag des Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in MV, Teil 1, Rostock 2009, als Online-Publikation unter www.vereinbarkeit-leben-mv.de/ Wengler, A./Trappe, H./Schmitt, Ch.: Partnerschaftliche Arbeitsteilung und Elternschaft, Materialien zur Bevölkerungswissenschaft, Heft 127/2008 (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Wiesbaden) Zentrum für Familie und Alleinerziehende e.V. und Lehrstuhl für Arbeits-, Betriebs- & Organisationspsychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena (Hrsg.): Die Jenaer Unternehmensbefragung 2005 (Abschlussbericht), Jena 2005 58 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 • 5.2 Fragebogen zur Mütterbefragung Fragebogen zur Studie Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern (Teil 2: Mütterbefragung) KVL.MV Kompetenzzentrum Vereinbarkeit Leben in MV Herrn Thomas Höll Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel.: 0381/ 3757700 Fax: 0381/ 3758648 E-Mail: [email protected] www.vereinbarkeit-leben-mv.de 59 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Fragen zur Person Jahre 1. Wie alt sind Sie: 2. Wie viele Kinder haben Sie und wie alt sind diese (in Jahren)? 1. Kind/Alter: 2. Kind/Alter: 5. Kind/Alter: mehr als 5 Kinder 3. Kind/Alter: 4. Kind/Alter: 3. Leben Sie allein(erziehend) in einer Partnerschaft in einer Ehe 4. Geben Sie bitte Ihren höchsten schulischen Abschluss an kein Schulabschluss Hauptschulabschluss Realschulabschluss Abitur 8. Klasse des Schulsystems der DDR POS der DDR (10. Klasse) Fachabitur Sonstiges: 5. Geben Sie bitte Ihre höchste berufliche Qualifikation an ungelernt Facharbeiterabschluss Fachschulabschluss Universität angelernt Meisterabschluss Fachhochschul- bzw. Hochschulabschluss Sonstiges: 6. Sind Sie zum Zeitpunkt der Befragung im Studium (Universität, (Fach)Hochschule) arbeitslos (Arbeitslosengeld I) arbeitslos ohne Leistungsbezug selbständig tätig (Gewerbe, freiberuflich) in Elternzeit in beruflicher Ausbildung arbeitslos (Arbeitslosengeld II bzw. Hartz IV) abhängig beschäftigt (z.B. Arbeiterin, Angestellte, Beamtin) Sozialhilfeempfängerin Hausfrau 60 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Meinungen und Angaben zum Thema Vereinbarkeit Begriffserläuterungen: Im folgenden wird an vielen Stellen der Begriff „Vereinbarkeit“ verwendet. Dabei geht es stets um die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben. Mit „Erwerbsarbeit“ ist auch die Suche nach Arbeit gemeint! „Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen“ sind alle Aktivitäten und Regelungen in Unternehmen und Einrichtungen, die die Vereinbarkeit unterstützen. 7. Wie wichtig sind Ihnen folgende Kriterien zur Unterstützung der Vereinbarkeit (z.B. für Familiengründung/Kinderwunsch)? sehr wichtig wichtig weniger wichtig Berücksichtigung der Pflege von Angehörigen bei vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen Kinderbetreuung, die sich leichter mit Arbeitszeiten vereinbaren lässt Engagement von Unternehmen/Einrichtungen für bessere Vereinbarkeit Sicherheit des Arbeitsplatzes existenzsicherndes Einkommen 8. Wie empfinden Sie die Unterstützung durch Ihren Partner bei familiären Angelegenheiten (z.B. Hausarbeit, Kindererziehung und –betreuung, Pflege von Angehörigen)? sehr gut gut mittelmäßig weniger gut gar nicht gut 9. Von welchen Personen in Ihrem Umfeld (außer Partner/Ehemann) erhalten Sie Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder bei hohen Belastungen? eigene Eltern/Schwiegereltern andere Verwandte Freundinnen/Freunde/Bekannte Nachbarn trifft voll zu trifft teilweise zu trifft nicht zu 61 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 10. Sind Sie in die Betreuung/Pflege von behinderten, chronisch kranken oder älteren gehörigen einbezogen? ja, regelmäßig ja, manchmal nein An- zurzeit nicht, es könnte aber in den nächsten fünf Jahren der Fall sein 11. Wie oft nehmen Sie für Betreuung oder Hausarbeit bezahlte Dienstleistungen in Anspruch (z.B. Tagesmutter, Putzhilfe)? täglich mehrmals/Woche mehrmals/Monat mehrmals/Jahr nie 12. Welche Umstände erschweren Ihnen persönlich manchmal die Vereinbarkeit? wenig planbare Arbeitszeiten viele Überstunden lange Arbeitswege lange Wege wegen Kinderbetreuung Partner/Ehemann muss pendeln hoher Weiterbildungsaufwand ich bin allein erziehend keine/geringe Unterstützung durch Ehemann/Partner Betriebsleitung hat wenig Verständnis für familiäre Probleme Kolleginnen/Kollegen haben wenig Verständnis für familiäre Probleme Angst vor Arbeitsplatzverlust bei Schwangerschaft/Elternzeit häufige Erkrankungen des Kindes/der Kinder Betreuung/Pflege von Angehörigen Sonstiges: trifft voll zu trifft teilweise zu trifft nicht zu 62 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 13. Haben Ihrer Meinung nach Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren, die nicht erwerbstätig sind, geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt? ja nein Wenn ja, warum ist das Ihrer Meinung nach so? trifft voll zu trifft teilweise zu trifft nicht zu weil Unternehmen Ausfälle durch Erkrankungen der Kinder befürchten weil Mütter Arbeitszeiten wünschen, die nicht mit Vorstellungen der Unternehmen übereinstimmen weil Mütter zeitlich und räumlich nur begrenzt verfügbar sind Sonstiges: Vereinbarkeit in „Ihrem“ Unternehmen Die Fragen 14 bis 21 betreffen die Vereinbarkeit an Ihrem Arbeitsplatz. Bitte beantworten Sie diese daher nur, wenn Sie zurzeit in Beschäftigung sind oder Ihre Beschäftigung lediglich durch Elternzeit unterbrochen haben. 14. Wie sieht die Gestaltung Ihrer Arbeitszeiten aus? „Normalarbeitszeit“* (* regelmäßige Arbeitszeiten: z.B. Mo-Fr, 8-16 Uhr) wechselnde Arbeitszeiten/Schichtbetrieb freie Zeiteinteilung (z.B. Vertrauensarbeitszeit oder als Selbständige) 15. Wie viele Stunden pro Woche arbeiten Sie in der Regel? unter 18 31 bis 35 18 bis 25 36 bis 40 26 bis 30 über 40 63 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 16. Wie viele Beschäftigte hat das Unternehmen, in dem Sie arbeiten? 1 bis 9 10 bis 49 50 bis 249 mehr als 250 17. Zu welcher Branche gehört das Unternehmen, in dem Sie arbeiten? verarbeitendes/produzierendes Gewerbe Gastronomie, Hotellerie, Tourismus Forschung/Entwicklung Bildungswesen andere Dienstleistungen Handwerk Einzelhandel/Großhandel Gesundheitswesen öffentliche Verwaltung Sonstiges: 18. Wie gut lassen sich in Ihrem Unternehmen/Ihrer Einrichtung Arbeit und Privatleben miteinander vereinbaren? sehr gut gut kann ich nicht einschätzen kaum gar nicht 19. Wie stark trifft folgende Aussage Ihrer Meinung nach zu: „In dem Unternehmen/der richtung, wo ich arbeite, bringt es Frauen Nachteile, wenn sie in Elternzeit gehen.“? trifft voll zu trifft teilweise zu trifft nicht zu Ein- 64 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 19. Welche vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen gibt es bereits in dem Unternehmen/ der Einrichtung, wo Sie arbeiten? Welche Maßnahmen wünschen Sie sich? Maßnahme vorhanden? ja nein weiß nicht vereinbarkeitsbewusste Maßnahme organisatorische Unterstützung bei Kinder- Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten ausgewogenes Verhältnis von Weiterbildungen in Einmalzahlung bei Geburt eines Kindes und/oder Teilzeit Gleitzeit Arbeitszeitkonten Vertrauensarbeitszeit verbindliche Absprachen zur Elternzeit (Kontakte, Rückkehr usw.) Wechsel Vollzeit Å Æ Teilzeit möglich betreuung (z. B. Betriebskita, Belegplätze u.ä.) (außerhalb der Kita-Öffnungszeiten) oder Notfällen Teile meiner Arbeit kann ich zu Hause erledigen Rücksicht auf Familien mit Kindern bei Urlaubsplan unbezahlte Freistellungen bei familiären Problemen und außerhalb der Arbeitszeit betriebliche Kinderzulagen betriebliche Zuschüsse zur Kinderbetreuung zinsgünstige oder zinslose Darlehen seitens des Betriebes in persönlichen/familiären Notsituationen Sonstiges: Maßnahme nicht vorhanden bzw. „weiß nicht“, aber ich wünsche sie mir 65 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 20. Viele Umstände können verhindern, dass vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen eingeführt werden. Welche davon treffen auf Ihr Unternehmen/Ihre Einrichtung zu und welche nicht? fehlende Bereitschaft bei Unternehmensleitung familiäre Angelegenheiten gelten im Unternehmen als Privatsache Vereinbarkeitsprobleme können nicht offen angesprochen werden Arbeitszeiten können nicht ohne weiteres geändert werden (wg. Anforderungen des Arbeitsplatzes) zu hohe Kosten zu hoher personeller Aufwand Unternehmen kennt wahrscheinlich den Bedarf der Beschäftigten nicht fehlender Bedarf bei den Beschäftigten trifft voll zu trifft teilweise zu trifft nicht zu Sonstiges: Wir danken Ihnen herzlich für die Mitarbeit 66 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 5.3 Interviewleitfaden für die Gespräche mit den Expertinnen Datum 2009 Interviewer/in Interview mit Frau Herrn Institution Anschrift Telefon (03 ) E-Mail Homepage @ www. 1. Expertinnen und Experten Sagen Sie uns bitte kurz etwas dazu, ... a) was Ihre Aufgaben hier sind (ggf. die Beratungsangebote) und b) für welche Zielgruppe das Angebot vor allem gedacht ist? 67 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 2. Allgemeine Situation Bezogen auf Ihr Arbeitsgebiet und Ihre Erfahrungen: Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen von Müttern mit Kindern bis zu 12 Jahren? Vor welchen Herausforderungen stehen besonders junge Mütter unter 20? (z.B. Chancen auf dem Arbeitsmarkt; Kindererziehung; soziales Netz etc.) Wie bringen sich nach Ihrer Beobachtung die Männer/Väter in ihren Familien ein? (z.B. Unterstützung bei familiären Tätigkeiten, Verantwortungsübernahme bei Kinderbetreuung) 68 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Welche Entwicklungen konnten Sie in den letzten Jahren beobachten? Was wird sich Ihrer Meinung nach in Zukunft ändern? (z.B. Alter d. Erstgebärenden, Zahl d. Alleinerziehenden, Qualität d. schul. + Berufsausbildung, Wegzug aus M-V, Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse, Vereinbarkeit Erwerbs- + Privatleben) Welche konkreten Veränderungen würden den Frauen Ihrer Meinung nach weiterhelfen? Von Seiten ... a) der Politik, b) der Verwaltung, c) der Betroffenen d) der Wirtschaft/der Unternehmen? 69 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 3. Arbeit, Beruf, Ausbildung, Wiedereinstieg Wie sind Ihrer Erfahrung nach die Chancen von arbeitslosen Müttern mit Kindern bis 12 Jahre, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen? Wann klappt es Ihrer Erfahrung nach (in der Regel)? Welche Faktoren spielen da zusammen? Wenn Sie Aussagen dazu machen können – für wie familienfreundlich halten Sie zurzeit die Unternehmenskultur und die Personalpolitik in der freien Wirtschaft und/oder im öffentlichen Dienst? 70 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Beobachten Sie, dass manche Unternehmen bevorzugt Frauen bzw. Männer einstellen und wenn ja, mit welcher Begründung? Wie verläuft Ihrer Erfahrung nach der Wiedereinstieg ins Berufsleben von Müttern nach der Elternzeit? Was läuft innerhalb kurzer Zeit recht gut? Was sind typische „Stolpersteine“? 4. Soziales Netz, Unterstützung Was wissen Sie über das soziale Netz Ihrer „Kundinnen“? Woher bekommen diese Unterstützung? 71 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Welche Mütter haben besondere Schwierigkeiten, Unterstützung zu finden? Welche Unterstützungsstrukturen ließen sich, abgeleitet aus Ihren Erfahrungen (schnell und unkompliziert) legen oder verknüpfen, um den Müttern zu helfen? Wie unterscheiden sich Ihrer Meinung nach die Unterstützungsstrukturen speziell junger Mütter auf dem Land und in der Stadt? 5. Privatleben, Partnerschaft Welche Teile des Privatlebens lassen sich Ihrer Erfahrung nach für Mütter mit Kindern bis 12 Jahren besonders schwer mit Berufsleben/Ausbildung/Studium vereinbaren? (z.B. Freizeit, Hobbies, Kultur, Sport, Ehrenamt, Kindererziehung etc.) Wo sind konkret die Reibungspunkte? (z.B. Fahrzeiten ÖPNV, lange Arbeitszeiten, desinteressierter Chef, Veränderungsbedarf der Frauen nicht formuliert) 72 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Wünschen sich die Mütter häufig eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben? (Sprechen Sie den Wunsch auch aus?) Wie sehen Sie die Rolle der Männer/Väter bei der Vereinbarkeit von Erwerbsund Privatleben (Wie sollten sie sich einbringen?) Wie beeinflussen sich Ihrer Erfahrung nach familiäre Belastungen (Kinderbetreuung, Haushaltsführung, Behördengänge etc.) und Partnerschaft? 73 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 5.4 Ergebnisse der Statistischen Berechnungen Vorbemerkung: Bis auf einige Ausnahmen sind die meisten der gefundenen Effekte klein (z.B. r = +.18). Wichtig zum Verständnis der Daten ist außerdem, dass aus einem signifikanten Zusammenhang zwischen zwei Größen (Korrelation) nicht automatisch folgt, dass die eine Größe die andere verursacht (Kausalität)! Ergebnis / Aussage Test, Teststatistik und Signifikanzniveau Alleinerziehende Mütter haben niedrigere Schulabschlüsse als Mütter in einer Ehe oder Partnerschaft. Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest. Χ2 (2, 250) = 29,76 p < .01** (1-seitig) Alleinerziehende Mütter sind häufiger arbeitslos (Quote: 49%) als Mütter in einer Ehe (8%) oder Partnerschaft (6%). Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest. Χ2 (2, 251) = 55,76 p < .01** (1-seitig) Der Anteil der Mütter, die Angehörige pflegen, steigt mit dem Alter nicht signifikant an. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 246, r = +.07, p = .13 (1-seitig) Frauen mit hohem Schulabschluss erhalten von ihren Partnern genauso viel Unterstützung wie Frauen mit niedrigem Abschluss. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 203, r = +.07, p = .17 (1-seitig) Frauen mit hohem Schulabschluss erhalten von ihrem sozialen Netz genauso viel Unterstützung wie Frauen mit niedrigem Abschluss. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 250, r = +.10, p = .06 (1-seitig) Frauen mit hohem Schulabschluss erhalten von ihrer Nachbarschaft mehr Unterstützung als Frauen mit niedrigem Abschluss. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 248, r = +.18, p < .01** (1-seitig) Frauen, die aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis viel Unterstützung erhalten, bekommen diese auch eher von anderen Personen. Î Übersicht 19 Eltern, Schwiegereltern andere Verwandte Freundes- und Bekanntenkreis Nachbarschaft +1.0 +.26** +.14* +.04 andere Verwandte +.26** +1.0 +.25** +.09 Freundes- und Bekanntenkreis +.14* +.25** +1.0 +.33** Nachbarschaft +.04 +.09 +.33** +.1.0 Korrelationen der sozialen Unterstützung durch verschiedene Personengruppen Eltern, Schwiegereltern Übersicht 19: Bivariate Korrelationen nach Spearman, Signifikanzen 1-seitig; * p < .05; ** p < .01; N von 246 bis 251 74 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Ergebnis / Aussage Test, Teststatistik und Signifikanzniveau Alleinerziehende Mütter erhalten von ihrem sozialen Netz genauso viel Unterstützung wie Mütter in einer Ehe oder Partnerschaft. Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest. Χ2 (2, 246) = 1,75 p = .42 (2-seitig) Alleinerziehende Mütter erhalten aus ihrem Freundeskreis mehr Unterstützung als Mütter in einer Ehe oder Partnerschaft. Mann-Whitney-Test. N = 249, p = .03* (2-seitig) Je mehr Erschwernisse für Vereinbarkeit die Frauen nennen, desto häufiger nutzen sie bezahlte Dienstleistungen (z.B. Tagesmutter). Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 249, r = +.16, p < .05* (2-seitig) Frauen mit hohem Schulabschluss nutzen häufiger bezahlte Dienstleistungen als Frauen mit niedrigem Abschluss. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 248, r = +.14, p < .05* (1-seitig) Je jünger die Frauen sind, desto mehr Erschwernisse für Vereinbarkeit nennen sie. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 246, r = -.12, p < .05* (1-seitig) Frauen mit hohem Schulabschluss nennen genauso viele Erschwernisse für Vereinbarkeit wie Frauen mit niedrigem Abschluss. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 250, r = +.04, p = .26 (1-seitig) Die Zahl der Erschwernisse für Vereinbarkeit, die die Frauen nennen, ist unabhängig von der Kinderzahl. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 245, r = +.05, p = .22 (1-seitig) Alleinerziehende Frauen nennen genauso viele Erschwernisse für Vereinbarkeit wie Frauen in einer Ehe oder Partnerschaft. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 251, r = +.07, p = .14 (1-seitig) Frauen nennen mehr Erschwernisse für Vereinbarkeit, je weniger Unterstützung sie von ihrem sozialen Netz insgesamt erhalten. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 251, r = -.12, p < .05* (1-seitig) Frauen nennen mehr Erschwernisse für Vereinbarkeit, je weniger Unterstützung sie von ihrem Partner erhalten. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 204, r = -.13, p < .05* (1-seitig) Frauen, die Angehörige pflegen, nennen mehr Erschwernisse für Vereinbarkeit als Frauen, die nicht pflegen. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 249, r = +.14, p < .05* (1-seitig) Anmerkung: Die Items „Pflege“ und „keine/geringe Unterstützung durch Partner“ gehören zur Liste der Erschwernisse. Um bei den letzten beiden Korrelationen („Unterstützung durch Partner“ und „Pflege“) jeweils einen Zirkelschluss zu vermeiden – Mütter, die pflegen, nennen dies natürlich auch als erschwerenden Umstand –, wurden die Items bei der Rechnung herausgelassen. Die Korrelationen wurden trotzdem signifikant. Das bedeutet: „Geringe Unterstützung durch den Partner“ und „Pflege“ sind für sich genommen schon erschwerend. Sie führen außerdem dazu, dass auch andere Umstände als erschwerend für die Vereinbarkeit empfunden werden. 75 Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2 Ergebnis / Aussage Test, Teststatistik und Signifikanzniveau Frauen mit hohem Schulabschluss antworten auf Frage 13 (Chancen auf dem Arbeitsmarkt) ähnlich wie Frauen mit niedrigem Abschluss. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 249, r = -.02, p = .37 (1-seitig) Größere Unternehmen bieten mehr vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen an als kleinere. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 178, r = +.24, p < .01** (1-seitig) Je mehr vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen Unternehmen anbieten, desto besser schätzen Frauen dort die „gefühlte“ Vereinbarkeit ein. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 171, r = +.45, p < .01** (1-seitig) Je weniger Hindernisse es für vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen im Unternehmen gibt, desto besser die „gefühlte“ Vereinbarkeit. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 168, r = -.41, p < .01** (1-seitig) In größeren Unternehmen gibt es mehr Hindernisse für die Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen als in kleineren. Bivariate Korrelation nach Spearman. N = 175, r = +.13, p < .05* (1-seitig) Die Wichtigkeit bestimmter Elemente für Vereinbarkeit ist unabhängig vom beruflichen Status der Frauen. Î Übersicht 20 Korrelationen zwischen dem beruflichem Status (Gruppe 1 vs. Gruppe 2) und der Wichtigkeit bestimmter Elemente. Berücksichtigung der Pflege von Angehörigen bei vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen Kinderbetreuung, die sich leichter mit Arbeitszeiten vereinbaren lässt Engagement von Unternehmen/Einrichtungen für bessere Vereinbarkeit Korrelationskoeffizient r -.06 .01 -.05 Sicherheit des Arbeitsplatzes .02 existenzsicherndes Einkommen .06 Übersicht 20: Bivariate Korrelationen nach Spearman. N von 246 bis 250 Einteilung der Gruppen: Gruppe 1: Studium, Ausbildung, abhängig beschäftigt, selbständig Gruppe 2: arbeitslos, Hausfrau, Elternzeit
© Copyright 2024 ExpyDoc