Die Situation erwerbsfähiger Mütter in Mecklenburg

Die Situation erwerbsfähiger Mütter
in Mecklenburg-Vorpommern
Studie im Auftrag des
Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben
in Mecklenburg-Vorpommern
2009/2010
www.vereinbarkeit-leben-mv.de
Kompetenzzentrum Vereinbarkeit Leben in Mecklenburg-Vorpommern
Träger:
Landesfrauenrat MV e.V.
Gefördert aus Mitteln des
Landes und des ESF
Inhalt
Zusammenfassung Teil 1
Teil 1 | Unternehmensbefragung
Zusammenfassung Teil 2
Zusammenfassung Teil 3
Teil 2 | Mütterbefragung
Teil 3 | Expertinneninterviews
KOMPETENZZENTRUM VEREINBARKEIT LEBEN IN MV
„Die Situation von erwerbsfähigen Müttern
in Mecklenburg-Vorpommern“
Zusammenfassung von Teil I der Studie
von Dr. Detlev Wahl (Universität Rostock)
im Auftrag des „Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in MV“ (KVL.MV)
Die 3-teilige Studie hat das Ziel, die Datenlage zur sozialen Situation von Frauen mit
betreuungspflichtigen Kindern (bis zum Alter von 12 Jahren) in Mecklenburg-Vorpommern zu
verbessern. Auch wenn inzwischen viele Studien zu „Best-Practice-Beispielen“ von
Vereinbarkeit in Unternehmen vorliegen, wurden Sozialdaten zu Voraussetzungen und
Ergebnissen dieses Prozesses bisher nur punktuell ermittelt. Gleiches gilt für die Wünsche
bzw. speziellen Bedarfslagen von Arbeitnehmer/-innen. Die Studie trägt dazu bei, diese
„Forschungslücke“ zu füllen.
Für den hier vorgestellten Teil I wurden daher „externe“ soziodemographische Daten in
Beziehung gesetzt zu den Ergebnissen einer thematisch breit angelegten
Unternehmensbefragung (in 38 Unternehmen und Einrichtungen aus ganz MV). Darüber
hinaus bietet die Studie für Politik und Wirtschaft konkrete ) Handlungsempfehlungen.
Die Teile II und III erscheinen voraussichtlich Ende 2009 und haben den Blickpunkt der
betroffenen Eltern bzw. die Sicht von Expertinnen und Experten zum Thema.
Teil I der Studie steht bereits unter www.vereinbarkeit-leben-mv.de zum Download bereit.
Im Zentrum der Arbeit stehen die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und
Privatleben und die diesbezüglichen Herausforderungen für Politik, Unternehmen und
Familien angesichts des Wandels der Arbeitswelt und der familiären Strukturen sowie der
demographischen Entwicklungen.
Aus dem Inhalt von Teil I:
1. Einordnung der Studie in das Thema Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und
Privatleben – Datenlage und methodisches Vorgehen
2. Junge Frauen und Mütter in der Arbeitswelt Mecklenburg-Vorpommerns – Beschäftigung
und Familienstand junger Mütter – Die besondere Situation allein erziehender Mütter – Junge
Frauen und Mütter: Unverzichtbares Arbeitskraftpotenzial oder beschäftigungspolitische
Risikogruppe?
3. Junge erwerbstätige Mütter in Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns: Ergebnisse einer
empirischen Untersuchung – Grundlegende Charakteristika der beteiligten Unternehmen –
Die Beschäftigung junger Mütter aus der Sicht der Unternehmensführung –
Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns
4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
5. Weiterer Forschungsbedarf
***
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KVL.MV ist ein Projekt des Landesfrauenrates MV e.V. und wird
gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV
.
Zusammenfassung:
Von 1991 bis 2006 verlor das Land 16% seiner erwerbstätigen Frauen im Alter zwischen 15
und 65 Jahren. Bei den weiblichen Beschäftigten ist die Gruppe der Frauen zwischen 40 und
60 heute die weitaus stärkste, denn es „fehlen“ vor allem Frauen zwischen 20 und 40.
Entsprechend gering ist im Land die Zahl der erwerbstätigen Mütter mit Kindern bis 12 Jahre.
In der Befragung lag ihr Anteil an allen Beschäftigten bei weniger als 6%.
Der Anteil von Frauen in MV, die in Vollzeit arbeiten bzw. vollzeitnah beschäftigt sind, ist sehr
hoch; die Befragung bestätigte dies. Das hängt ebenso mit tradierten Arbeitszeitpräferenzen
als auch mit der Tatsache zusammen, dass das Familienernährermodell immer weniger
lebbar ist, da die offizielle Arbeitslosigkeit und der Bezug von Arbeitslosengeld II in MV bei
Männern inzwischen höher sind als bei Frauen.
Stark angestiegen ist der Anteil Alleinerziehender an den Familienformen (Männeranteil:
10%). Deren soziale Situation ist jedoch keineswegs homogen. Das betrifft sowohl das Alter
der Kinder als auch das verfügbare Einkommen, die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und die
Einbindung in solidarische Netzwerke. Die größten Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt und
mit der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Familienleben haben junge
allein erziehende Mütter ohne abgeschlossene Berufsausbildung und mit Kindern unter 12
Jahren. In 60% der befragten Unternehmen war diese Gruppe jedoch gar nicht vertreten.
Beschäftigung von Frauen in der aktiven Familienphase stellt Unternehmen teilweise vor
Probleme (Schwangerschaftskomplikationen, Elternzeit, Betreuung erkrankter Kinder,
geringere Flexibilität und Mobilität), die je nach Betriebsgröße, Belegschaftsstruktur und
Geschäftsfeld unterschiedlich kompensiert werden können. In der Befragung wurden nur
selten gravierende Schwierigkeiten genannt. Weniger als 1% der Beschäftigten waren zum
Zeitpunkt der Befragung in Elternzeit. In fast der Hälfte der Unternehmen war diese Gruppe
gar nicht vertreten. Die immer noch geringe Zahl von Kindern mit hohem Betreuungsaufwand
im Land legt nahe, dass das Handlungsfeld Kinderbetreuung bei der Vereinbarkeit von
Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben in MV zukünftig keine so große Bedeutung mehr
haben wird wie bisher.
) Eine strategische Personalpolitik in Unternehmen kann sich nicht mehr nur am
Bedarf bestehender Familien ausrichten, sondern sollte Rahmenbedingungen dafür
schaffen, dass sich der Wunsch junger Menschen nach erfüllten Partnerbeziehungen
und Kindern in Zukunft besser realisieren lässt. Für Politik und Wirtschaft kann dieses
Ergebnis ein Anreiz sein, den Blick für weitere Vereinbarkeitsthemen neben der
Kinderbetreuung zu schärfen (z.B. Pflege).
Maßnahmen für Frauen in Elternzeit waren in den meisten der befragten Unternehmen
vorhanden. Das gesamte Angebot an vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen in den
Unternehmen entsprach den Ergebnissen anderer Studien (v.a. Arbeitszeitgestaltung,
Rücksicht auf Familien mit Kindern bei der Urlaubsplanung). Unternehmen mit einem hohen
Frauenanteil bieten tendenziell mehr vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen an.
Vereinbarkeitsthemen, die in der Regel immer noch mit Frauen/Müttern in Verbindung
gebracht werden, sind hier vermutlich eher präsent und werden als legitimer betrachtet als in
männlich dominierten Betrieben.
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Träger: Landesfrauenrat MV e.V.
) Um perspektivisch auch Männern/Vätern eine bessere Vereinbarkeit zu ermöglichen,
bedarf es sowohl des individuellen Willens der Väter als auch eines Wandels in der
Unternehmenskultur. Das Risiko für Unternehmen, eine Frau einzustellen, könnte sich
z.B. verringern, wenn mehr Männer die Elternzeit in Anspruch nehmen und sich
dadurch die Risiken für beide Geschlechter angleichen. Wenn das Thema Vereinbarkeit
für Männer selbstverständlich(er) wird, würde dies die Frauen/Mütter entlasten und
hätte somit Vorteile für alle Seiten.
Das Engagement der befragten Unternehmen bei finanzieller Unterstützung oder der Hilfe bei
der Kinderbetreuung war vergleichsweise gering ausgeprägt.
) Ein stärkeres Engagement der Unternehmen bei der finanziellen Unterstützung von
Familien, das durchaus auch Überlegungen zu geldwerten Leistungen einschließt, wäre
gerade in Mecklenburg-Vorpommern mit seinen unterdurchschnittlichen Löhnen und
Gehältern angebracht.
Als Hemmnisse für die Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen nannte fast die
Hälfte der Unternehmen fehlendes Wissen über den realen Bedarf. Interesse an Beratung
zum Thema Vereinbarkeit hatten 37% der Unternehmen.
) Um die Datenbasis hier zu verstärken, können Unternehmen gezielt die Bedarfslage
ihrer Mitarbeitenden erfragen. Dies ist natürlich auch mit fachlicher Unterstützung von
außen möglich, wie sie z.B. das KVL.MV anbietet. Den im Rahmen dieser Studie
befragten Unternehmen werden entsprechende Angebote unterbreitet.
Fehlenden aktuellen Bedarf begründeten zwei Drittel der Unternehmen mit der Altersstruktur
ihrer Belegschaft.
) Vereinbarkeit betrifft auch Menschen jenseits der „aktiven Familienphase“. Dabei ist
es sowohl für Politik als auch für Unternehmen wichtig, weitere Aspekte zu
berücksichtigen (z.B. die Determinanten der Familiengründung und des
Kinderwunsches junger Menschen) und auch die Bedürfnisse anderer Gruppen mehr in
den Blick zu nehmen, z.B. die so genannte „Sandwich-Generation“, die sowohl ihren
Kindern (und bisweilen auch Enkeln) als auch ihren Eltern gegenüber Verpflichtungen
hat.
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Fazit:
Erwerbsfähige Mütter in MV stehen durchaus vor Herausforderungen bezüglich der
Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben. Große Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt
haben vor allem junge, allein erziehende Mütter ohne abgeschlossene Berufsausbildung mit
Kindern bis 12 Jahre.
Es scheint, dass das Thema Kinderbetreuung derzeit bei einer Reihe von Unternehmen keine
Priorität hat, da sie eher wenige Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren oder in Elternzeit
befindliche Mütter beschäftigen. Zudem rücken neben der aktiven Familienphase andere
Lebensphasen mehr und mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit, allen voran die Pflege.
Mütter werden von Unternehmen oft als beschäftigungspolitische „Risikogruppe“ angesehen,
weil sie dem männlich geprägten Ideal von flexiblen, mobilen und rund um die Uhr
einsetzbaren Arbeitnehmenden aus vielen Gründen nicht entsprechen (können), besonders
nach Gründung einer Familie. Noch immer sind die traditionellen Rollen so gestrickt, dass vor
allem Frauen bei Krankheit der Kinder zu Hause bleiben und auch zum großen Teil die
Elternzeit nutzen (während nur 10% der Väter sie in Anspruch nehmen).
Hier kann Entlastung geschaffen werden, wenn Vereinbarkeit auch für Männer ein
selbstverständliches Thema wird, sie somit neben der Erwerbstätigkeit mehr familiäre
Verantwortung übernehmen können und die Frauen dadurch unterstützen.
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Dr. Detlev Wahl
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in Mecklenburg-Vorpommern
Studie im Auftrag des Kompetenzzentrums
Vereinbarkeit Leben in MV
Teil 1
Rostock 2009
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2
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Gliederung Teil 1 der Studie
Vorwort
1. Einordnung der Studie in das Thema Vereinbarkeit von
Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben
1.1 Datenlage und methodisches Vorgehen
2. Junge Frauen und Mütter in der Arbeitswelt Mecklenburg-Vorpommerns
2.1 Frauen und Erwerbsarbeit
2.2 Arbeitslosigkeit von Frauen in Mecklenburg-Vorpommern
2.3 Beschäftigung und Familienstand junger Mütter
2.4 Die besondere Situation alleinerziehender Mütter
2.5 Junge Frauen und Mütter – unverzichtbares Arbeitskraftpotenzial oder beschäftigungspolitische Risikogruppe?
2.5.1 Ausfallzeiten durch die Inanspruchnahme von Elternzeit
2.5.2 Ausfallzeiten durch die Pflege erkrankter Kinder
2.5.3 Zum Krankenstand erwerbstätiger Frauen
3. Junge erwerbstätige Mütter in Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns Ergebnisse einer empirischen Untersuchung
3.1 Grundlegende Charakteristika der beteiligten Unternehmen
3.2 Die Beschäftigung junge Mütter aus der Sicht der Unternehmensführung
3.3 Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns
3
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
3.4 Weiterbildungs- und Beratungsbedarf der befragten Unternehmen
4.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
5. Weiterer Forschungsbedarf
6.
Quellenverzeichnis
7.
Anhang
7.1 Fragebogen
4
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Vorwort
Die vorliegende Studie zu erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern hat das Ziel,
die Datenlage zur sozialen Situation von Frauen mit betreuungspflichtigen Kindern in diesem
Bundesland zu verbessern und dabei vor allem der Frage nachzugehen, welche Anforderungen sich aus dem Wandel der Arbeitswelt und der familiären Strukturen sowie den sich
abzeichnenden demographischen Entwicklungen im Hinblick auf die Vereinbarkeit von
beruflicher Tätigkeit und Familie/Privatleben ergeben.
In einem ersten Teil wird die Einbeziehung von Frauen und Müttern in die Erwerbsarbeit, die
Akzeptanz und Umsetzung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Unternehmen sowie
Einstellungen und Erfahrungen von Unternehmensleitungen im Zusammenhang mit besonderen Problemlagen junger Mütter untersucht.
Im zweiten Teil der Studie stehen dann Einstellungen, Wünsche und Erfahrungen der jungen Mütter selbst im Mittelpunkt. Ein dritter Teil widerspiegelt die Meinung von Expertinnen
und Experten zur Situation von Müttern in unserem Bundesland. Dabei handelt es sich um
Mitarbeiter/innen der Agenturen für Arbeit, von Projekten, die sich mit Problemen der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie und der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt
beschäftigen sowie um Gleichstellungsbeauftragte.
Das Ziel der dreistufigen Analyse besteht vor allem darin, die Ergebnisse der einzelnen
Teiluntersuchungen in Beziehung zu setzen und entsprechende Schlussfolgerungen für
Landes- und Kommunalpolitik, die Arbeit von Kammern und Verbänden sowie Informationsund Weiterbildungsangebote für Unternehmen abzuleiten.
Der Verfasser möchte allen Vertreter/innen der Unternehmen sowie den jungen Müttern, die
sich an den jeweiligen Befragungen beteiligt haben, herzlich für ihre Mitarbeit danken.
Gleiches gilt für alle Personen, die als Expertinnen und Experten ihre speziellen Kenntnisse
zum Thema einbrachten sowie Mitarbeiter/innen des Amtes für Statistik und der Krankenkassen, die wertvolle Informationen zur Studie beisteuerten. Ein besonderer Dank gilt den
Kolleginnen des Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in Mecklenburg-Vorpommern für
die kontinuierliche Unterstützung der Untersuchung und die zahlreichen inhaltlichen Anregungen.
Detlev Wahl
April 2009
5
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
1. Einordnung der Studie in das Thema Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und
Privatleben
Die bessere Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben ist in den vergangenen Jahren zu einer großen sozialen Herausforderung und damit zu einem wichtigen
politischen Handlungsfeld geworden. Zu den Ursachen für gewachsene Schwierigkeiten bei
der Vereinbarkeit zählen u. a. Veränderungen in der Arbeitswelt, die sich in erster Linie in
einer Erosion von Normalarbeitsverhältnissen, erhöhten Mobilitäts- und Flexibilitätsanforderungen, größerer Arbeitsdichte und einer voranschreitenden Entgrenzung von Arbeits- und
Freizeit manifestieren aber auch Veränderungen, Instabilität und soziale Verwundbarkeit von
familiären Lebensformen, die oftmals nicht mehr ihre traditionellen Unterstützungsstrukturen
entfalten können. Daraus resultieren abnehmende Familiengründungswilligkeit, Geburtenrückgang, die Abwanderung vor allem junger Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern und
nicht zuletzt eine dramatische Zunahme von psychischen Erkrankungen und psychosomatischen Beschwerden, die – wenn auch nicht allein – so doch zu einem nicht geringen Teil
mit Vereinbarkeitsproblemen zusammenhängen.
Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Privatleben, die in den verschiedenen Lebensphasen der Menschen jeweils besondere Elemente und Prioritäten aufweist,
beruht im Wesentlichen auf drei Säulen1:
1. auf den vielfältigen Kompetenzen und Aktivitäten der Individuen und Familien selbst;
2. auf zahlreichen gesetzgeberischen Maßnahmen des Staates sowie auf dessen
Transferleistungen und der Schaffung einer den Erfordernissen angemessenen
sozialen und kulturellen Infrastruktur;
3. auf vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen und Leistungen der privaten und öffentlichen Arbeitgeber.
Dieses Drei-Säulen-Modell ist nur dann tragfähig, wenn alle genannten Akteursgruppen
gleichermaßen zur Erreichung der Ziele beitragen, da sie jeweils spezifische Aufgaben zu
erfüllen bzw. Leistungen zu erbringen haben, die nicht übertragbar sind.
1
Zum Drei-Säulen-Modell bei der Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie vgl.
Rump.J./Grohs, S./Eilers, S.: Beruf und Familie – Anregungen aus der Wirtschaft (Fachhochschule Ludwigshafen
am Rhein), Ludwigshafen 2006, S. 24 ff. und S. 84 ff.
6
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Das Drei-Säulen-Modell
Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben
STAAT
UNTERNEHMEN
INDIVIDUUM/
FAMILIE
Angesichts des vermutlich irreversiblen Bedeutungszuwachses des Vereinbarkeitsthemas in
der öffentlichen Wahrnehmung, des sich abzeichnenden Fachkräftemangels und zahlreicher
sozialer Probleme, die langfristig die gesellschaftliche Integration gefährden, engagieren sich
in den letzten Jahren auch zunehmend private Wirtschaftsunternehmen und öffentliche
Arbeitgebende, um die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Privatleben ihrer Mitarbeiter/
innen zu verbessern. Dabei wird eine so genannte Win-win-Situation angestrebt, bei der die
legitimen Interessen der Unternehmen mit denen der Arbeitnehmer/innen zu beiderseitigem
Nutzen höchstmöglich in Übereinstimmung gebracht werden sollen.
Inzwischen liegen zahlreiche Studien zu Best-Practice-Beispielen in Deutschland sowie zu
Akzeptanz und Umsetzung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Unternehmen verschiedener Regionen und Branchen vor.
Insgesamt lässt die bisher nur punktuell erfolgte Ermittlung einschlägiger Sozialdaten jedoch
lediglich fragmentarische Aussagen zu. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Auswirkungen der
strukturellen Vielfalt und unterschiedlichen Biographien von Unternehmen und Einrichtungen
als auch auf einzelne Problemlagen, die mit dem Thema Vereinbarkeit verbunden sind.
Gerade in Mecklenburg-Vorpommern bietet sich aufgrund noch ausstehender Untersuchungen nur ein unzureichendes Bild im Hinblick auf Ausgangssituation, Akzeptanz von vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen und deren Umsetzung im Alltagsleben der Unternehmen.
Gleiches gilt für die Wünsche bzw. speziellen Bedarfslagen von Arbeitnehmer/innen.
7
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Die vorliegende Studie soll einen Beitrag zur Verbesserung der Datenlage und damit der
Zielgenauigkeit vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern leisten
und wird sich auf ausgewählte Vereinbarkeitsprobleme junger allein erziehender oder mit
Partner/Ehemann lebender Mütter mit Kindern, die noch einen hohen zeitlichen Betreuungsaufwand erfordern (bis max.12 Jahre), konzentrieren.
Die Fokussierung der Untersuchung auf diese Gruppe von Frauen ignoriert keineswegs die
Tatsache, dass die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Privatleben auch in späteren biographischen Phasen zu leisten ist und die Beachtung spezifischer Vereinbarkeitsprobleme bei
Männern/Vätern einen unabdingbaren Bestandteil der Strategie des Gender Mainstreaming
darstellt2.
Ungeachtet dessen sind spezifische Problemlagen junger Mütter, die nach wie vor die größte
Belastung der familiären Reproduktions- und Sorgearbeit tragen, gegenüber Männern zumeist noch andere erwerbsbiographische Entwicklungslinien aufweisen und deshalb besonderer Unterstützung bedürfen, von größtem Interesse.
Dabei wurde von folgenden Annahmen ausgegangen:
1. Mütter mit kleinen/jüngeren Kindern stehen angesichts der Probleme, die sich aus der
Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und familiärer Reproduktions- und Sorgearbeit ergeben,
vor weitaus größeren Herausforderungen als Mütter älterer Kinder oder Frauen ohne
Kinder.
2. Allein erziehende Mütter sind in besonderem Maße hohen sozialen Risiken und psychosozialen Belastungen ausgesetzt. Das bezieht sich in erster Linie auf Überforderungserscheinungen, höhere Arbeitslosigkeit, geringe Integration in Normalarbeitsverhältnisse, den gesundheitlichen Status und die wirtschaftliche Situation.
3. Allein erziehende oder in Partnerschaft/Ehe lebende Mütter mit kleineren Kindern weisen
auch in Mecklenburg-Vorpommern mehrheitlich andere Erwerbsbiographien auf als
Männer oder Frauen ohne bzw. mit älteren Kindern.
4. Mütter nehmen in Mecklenburg-Vorpommern (wie überhaupt in den neuen Bundesländern) kürzere Elternzeit in Anspruch als in den alten Bundesländern. Die Gründe dafür
liegen nicht nur in der historisch gewachsenen besseren Betreuungssituation für Kinder,
sondern auch in der hohen Akzeptanz weiblicher Erwerbsarbeit und außerfamiliärer
Formen der Kinderbetreuung.
2
vgl. Höyng, S./Schwerma, K.: Gender Mainstreaming – Möglichkeiten und Grenzen aus der Perspektive von
Männern, in: Nohr,B./ Veth, S. (Hrg): Gender Mainstreaming. Kritische Reflexionen einer neuen Strategie, Berlin
2002, S. 56 ff.
8
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
5. Arbeitgebende haben zu jüngeren Frauen in ihrer Eigenschaft als potenzielle Mütter und
zu Müttern mit kleineren Kindern ein ambivalentes Verhältnis, da sie sich in ihrer
Führungstätigkeit objektiv im Spannungsfeld zwischen notwendiger Erhöhung sozialer
Standards für die Mitarbeiter/innen (einschließlich bessere Vereinbarkeit) und der
Maximierung von Umsatz und Gewinn bewegen. Aus der Sicht zahlreicher Arbeitgebender scheinen beide Elemente nicht oder nur schwer vereinbar zu sein. Im Hinblick auf
Mütter mit kleineren Kindern spielen dabei konkrete Erfahrungen mit familienbedingtem
Krankenstand, Ausfällen von Mitarbeiterinnen durch Elternzeit, spontane Betreuungsengpässe, unkonzentrierte Arbeitsweise durch Überforderung mit familiären Problemen
u.a.m. eine Rolle.
6. Arbeitgebende konzentrieren sich in ihrer Führungstätigkeit immer noch zu stark auf die
Wirkungsbedingungen des eingesetzten ökonomischen Kapitals sowie die Effizienz des
so genannten Humankapitals, in dem beruflich-fachliche Qualifikationen und zahlreiche
andere Kompetenzen der Mitarbeiter/innen geronnen sind. Ungleich weniger Aufmerksamkeit erfährt die gezielte Herausbildung und Umsetzung von sozialem Kapital3, dessen
Bedeutung für die nachhaltige Entwicklung von Kommunen, Regionen und Unternehmen
allgemein sehr hoch veranschlagt wird und empirisch hinreichend belegt ist.
7. Die Entwicklung von sozialem Kapital ist kein „sozialer Klimbim“, den sich Arbeitgebende
„leisten“ wenn der Gewinn stimmt, sondern Ausdruck einer im umfassenden Sinne
modernen und innovativen Arbeitsstätte (Modernität lässt sich nicht auf wissenschaftlichtechnische Elemente reduzieren) und eine bedeutsame Grundlage für den betriebswirtschaftlichen Erfolg. Im Hinblick auf Mütter mit kleineren Kindern (das gilt natürlich
gleichermaßen für Väter) ist zu vermuten, dass die in Anspruch genommene Elternzeit
kürzer und der familienbedingte Krankenstand geringer ausfällt, wenn Arbeitgebende
vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen anbieten. Ähnlich positive Effekte gelten im Hinblick
auf Arbeitsmotivation, Produktivität, Loyalität und geringere Fluktuation.
3
Das u. a. von den Soziologen Pierre Bourdieu, Robert D. Putnam und James S. Coleman entwickelte Konzept
des sozialen Kapitals stellt in der gegenwärtigen Soziologie einen einflussreichen theoretischen Ansatz zur
Erklärung postiver Effekte von sozialen Netzwerken dar. Vgl. auch: Sauerland, D.: Sozialkapital in der Ökonomik:
Stand der Forschung und offene Fragen, in: Schriften der Wissenschaftlichen Hochschule Lahr, Nr. 4/2003
Badura, B.: Grundlagen präventiver Gesundheitspolitik: Das Sozialkapital von Organisationen, Bielefeld 2007
(www.uni-bielefeld.de/gesundhw/ag1/downloads/sozialkapital.pdf), Badura, B. u.a.: Sozialkapital. Grundlagen von
Gesundheit und Unternehmenserfolg, Berlin 2008
9
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Vereinbarkeit und soziales Kapital in Unternehmen
Ökonomisches Kapital von Unternehmen
Ist direkt in Geld konvertierbar, entspricht nahezu dem wirtschaftswissenschaftlichen Kapitalbegriff.
•
•
•
Anlagen, Maschinen, Sachmittel zur Erzeugung von Produkten und Dienstleistungen
Grund und Boden, Gebäude usw.
Geldkapital
Eigenschaft: Grundlage für die Erzeugung von materiellen Gütern und Dienstleistungen, für
das erfolgreiche Agieren auf dem Markt und die Erwirtschaftung von Gewinnen.
Effekte von Sozialkapital
•
•
•
•
•
Höhere Motivation und Produktivität
Höhere Loyalität gegenüber dem Unternehmen
Geringere Fluktuation
Geringerer Krankenstand
Besseres Image bei Kunden und Neubewerber/innen
Soziales Kapital von Unternehmen
Ist nicht direkt in Geld konvertierbar, bedarf durch seine Fragilität der Pflege, kann
juristisch nicht abgesichert werden.
•
•
•
•
•
•
Gutes Betriebsklima, mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur
Führungskompetenzen der Unternehmensleitung
Langfristig angelegte und auf Mitarbeiterbindung orientierte Personalpolitik
Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben
Partizipation und Kommunikation
Vertrauen
Eigenschaft: Trägt als Katalysator zum ökonomischen Erfolg des Unternehmens bei, ist
also in ökonomisches Kapital transformierbar.
Die Grafik wurde vom Verfasser erstellt
10
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Diese Annahmen erfahren im Rahmen der Studie eine detaillierte Untersuchung. Dabei
werden zuerst Sozialdaten jungen Müttern präsentiert, die in bereits vorliegenden Studien
und einschlägigen Statistiken enthalten sind und vor allem die Struktur dieser sozialen
Gruppe sowie die Besonderheiten ihrer Integration in den Arbeitsmarkt Mecklenburg-Vorpommerns widerspiegeln. Gesonderte Aufmerksamkeit erfahren dabei allein erziehende
Mütter.
Danach wird die Frage untersucht, welche beschäftigungspolitischen Risiken junge Mütter
für Unternehmen aufgrund von Vereinbarkeitsproblemen aufweisen. Kernstück des ersten
Teils der Gesamtstudie ist die Unternehmensbefragung, die der Ermittlung besonderer
Problemlagen junger Mütter aus der Sicht der Betriebsleitungen sowie der Analyse der
gegenwärtig vorhandenen Elemente einer familienfreundlichen Personalpolitik dienen soll.
Der zweite Teil der Studie hat die besonderen Problemlagen, Wünsche und Erfahrungen der
jungen Mütter selbst zum Gegenstand, die ebenfalls mittels einer Befragung erfasst wurden.
Interviews mit Expertinnen und Experten aus der Arbeitsmarkt- und Gleichstellungspolitik,
der Familienbildung und –beratung sowie der Projektarbeit bilden den dritten Teil der Analyse, die den Blickwinkel auf die Situation junger Mütter noch einmal erweitern soll. Diese
Interviews und Meinungen der Mütter werden dann in Beziehung gesetzt zu den aus
Statistiken und Studien gewonnenen Daten sowie zu den Aussagen der Unternehmensleitungen.
Dadurch wird eine möglichst umfassende Analyse der Gruppe der jungen Mütter unter
Berücksichtigung verschiedener Sichtweisen und Interessenlagen angestrebt, die die
Grundlage für die Erarbeitung konkreter Beratungsangebote für Politik und Wirtschaft sein
soll. Insofern versteht sich die Untersuchung als eine Dienstleistung, um einerseits die
Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben von jungen Müttern zu verbessern
und andererseits Unternehmen bei der Konzipierung und Durchsetzung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen zu unterstützen.
11
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
1.1 Datenlage und methodisches Vorgehen
Bei der Erarbeitung der Studie gelangten im Wesentlichen drei Methoden der empirischen
Sozialforschung zur Anwendung:
1. Die Dokumentenanalyse
2. schriftliche Befragungen mittels standardisiertem Fragebogen
3. Expertengespräche zu verschiedenen Untersuchungsfeldern
Die Dokumentenanalyse dominierte vor allem bei der Beschaffung des Materials für den
ersten Teil der Studie, in dem zunächst einmal generelle Aussagen zu der sozialen Gruppe
der jungen Mütter vorgenommen werden. Die Erschließung „externer“ Sozialdaten erfolgte in
erster Linie über die Sichtung einschlägiger Materialien aus Bibliotheksbeständen sowie über
Internetrecherchen und Artikel aus der Presse. Im Einzelnen waren das hauptsächlich
folgende Publikationen und Materialien:
•
Materialien und Pressemeldungen des Statistischen Landesamtes Mecklenburg-Vorpommerns
•
Gesundheitsberichte, Pressemeldungen und internes Material von Krankenkassen
•
Studien mit untersuchungsrelevanten Sozialdaten aus anderen Bundesländern, um die
Besonderheiten in Mecklenburg-Vorpommern herausarbeiten bzw. Vergleiche vornehmen zu können.
•
Wissenschaftliche Monographien und Artikel zum Gegenstand der Untersuchung
•
Abschlussberichte/Studien von beendeten Projekten in Mecklenburg-Vorpommern zum
Thema Vereinbarkeit, um Stand und Zielsetzung familienfreundlicher Maßnahmen zu
ermitteln.
•
Untersuchungsrelevante Meldungen der Lokal- und Regionalpresse.
Insgesamt kann eingeschätzt werden, dass die Datenlage zu den einzelnen Untersuchungsfeldern des ersten Teils der Studie sehr unterschiedlich ist. Das Amt für Statistik des
Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern hält grundsätzlich ein gutes, geschlechtsspezifisch untersetztes Angebot an Daten zu Bevölkerungsentwicklung, Haushaltsgrößen,
Familienstrukturen, Erwerbsarbeit und Arbeitslosigkeit bereit. Im Hinblick auf einzelne Untersuchungsfelder weist es jedoch zum Teil beträchtliche Lücken auf, sodass nicht immer die
entsprechenden Daten im gewünschten Umfang (und zum Teil auch in der gewünschten
12
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Aktualität) zur Verfügung stehen. Detaillierte Anmerkungen dazu finden sich in den einzelnen
Abschnitten der Studie bzw. in den Ausführungen zum weiteren Forschungsbedarf.
Ähnliches gilt für die kontinuierlich erscheinenden Berichte verschiedener größerer Krankenkassen. So geht z.B. aus diesen Berichten nicht hervor, wie viele Fehltage sich aus der
Betreuung erkrankter Kinder für Mütter (bzw. auch Väter) ergeben. Angaben zu diesem
Sachverhalt waren nur über Expertengespräche, interne Materialien bzw. diverse Pressemeldungen der Kassen zu ermitteln.
Außerdem fallen seit dem 1. Januar 2005 alle Erkrankungen der ALG-II-Empfänger/innen,
die nach wie vor zu den Erwerbspersonen zählen4, aus der Statistik der Krankenkassen
heraus, weil diese auch im Krankheitsfall weiterhin Arbeitslosengeld beziehen. Dadurch wird
die gesamte Statistik verzerrt, da nach Aussage der meisten Kassen viele Erkrankungen in
dieser Gruppe signifikant häufiger auftreten als bei Erwerbstätigen oder auch bei ALG-IEmpfänger/innen5.
Lediglich Daten zu Arzneiverordnungen und Angaben zur ambulanten ärztlichen Versorgung
werden – im Gegensatz zu Arbeitsunfähigkeitsmeldungen – bei ALG-II-Empfänger/innen
genauso wie bei anderen Versicherten von der Krankenkasse erfasst und können damit
Hinweise zum Gesundheitszustand dieser Personengruppe liefern.6
Geringe Aussagen bieten die Berichte auch zur Fallgruppe Schwangerschaftskomplikationen/frauenspezifische Erkrankungen.
Zur Gewinnung und Ergänzung untersuchungsrelevanter Daten und Informationen für den
ersten Teil der Studie wurden ferner zahlreiche telefonische Auskünfte eingeholt. Gespräche
dieser Art wurden geführt mit Mitarbeiter/innen des Amtes für Statistik in Schwerin, der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK), der Techniker Krankenkasse (TK), der Barmer Ersatzkasse, dem Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) und dem Institut für Gesundheitsund Sozialforschung GmbH (IGES GmbH), das eine Gutachter- und Beraterfunktion für das
Gesundheitswesen erfüllt und auch Krankenkassenberichte (wie z.B. für die DAK Mecklenburg-Vorpommern) erstellt. Von einigen der aufgeführten Institutionen erhielt der
Verfasser zusätzlich zu mündlichen Informationen auch noch interne Materialien, die Eingang in die Studie fanden.
4
Erwerbspersonen sind Personen mit Wohnsitz im Bundesgebiet, die eine unmittelbar oder mittelbar auf Erwerb
gerichtete Tätigkeit ausüben oder suchen, vgl. die Ausführungen auf S. 14
5
Das gilt in erster Linie für die generell stark ansteigende Gruppe der psychischen Erkrankungen
6
vgl. Priester, K., Im Jahr 2006 niedrigster Krankenstand seit Einführung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall,
in: Gute Arbeit. Zeitschrift für Gesundheitsschutz und Arbeitsgestaltung, Frankfurt am Main, 2/2007, S. 7, vgl.
dazu auch: Techniker Krankenkasse: Gesundheitsreport 2008, Hamburg 2008, S. 48/49
13
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Das Kernstück der Studie bildet die Aufbereitung von Ergebnissen einer schriftlichen Befragung in Unternehmen sowie in der Gruppe der jungen Mütter. Während die Fragebogen für
die Unternehmen in elektronischer Form bzw. in Papierform direkt an die Inhaber, Geschäftsführer oder Personalverantwortlichen gesendet wurden, erfolgte die Verteilung an
junge Mütter ausschließlich über Kindertagesstätten sowie über Familienbildungs- und Beratungsseinrichtungen.
Letzteres Vorgehen ist insofern günstiger als die Erfahrung bisheriger Studien und Projektarbeit zeigt, dass sich ein „Herankommen“ an die Belegschaften der befragten Unternehmen
oftmals äußerst schwierig gestaltet und sowohl der Fragebogenrücklauf als auch die
Ehrlichkeit der Antworten zahlreiche Wünsche offen lassen, weil die Mitarbeiter/innen die
Anonymität als nicht gesichert ansehen. Mit diesem Vorgehen konnte unserer Auffassung
nach ein relativ umfassendes Bild von der jeweils spezifischen Interessenlage der Unternehmensleitungen und der jungen Mütter im Hinblick auf Möglichkeiten und Grenzen vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Betrieben und Einrichtungen erzeugt werden. Die Fragebogen sind im Anhang der Studie enthalten.
Die Interviews mit den Expertinnen und Experten, die den dritten Teil der Studie bilden,
basieren auf einem halbstandardisierten Interviewleitfaden, der ebenfalls im Anhang enthalten ist.
14
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
2. Junge Frauen und Mütter in der Arbeitswelt Mecklenburg-Vorpommerns
2.1 Frauen und Erwerbsarbeit
Bevor die quantitative Entwicklung und soziale Situation junger Mütter in MecklenburgVorpommern analysiert werden, soll zunächst generell die Einbeziehung von Frauen in die
Arbeitswelt dieses Bundeslandes eine Darstellung erfahren. Die folgende Übersicht zeigt
zunächst die Anzahl der Frauen im erwerbsfähigen Alter7 und zwar unabhängig davon ob sie
selbständig tätig bzw. abhängig beschäftigt oder nicht erwerbstätig8 sind.
Übersicht 1: Frauen im erwerbsfähigen Alter in Mecklenburg-Vorpommern in den
Jahren 1991 und 2006
Jahr
weibl. Erwerbspersonen
Erwerbstätige
Erwerbslose
weibl. Nichterwerbspersonen
15 bis unter 65 Jahre
1991
416.400
78.600
140.300
Jahresdurchschnitt
2006
348.800
80.400
140.200
Quelle: Errechnet und zusammengestellt nach: Amt für Statistik Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Berichte,
11.07.2008, S. 8
Die innere Struktur der 140.200 weiblichen Nichterwerbspersonen ist aufgrund der Datenlage nicht zu erfassen. Dazu zählen jedoch auf jeden Fall Mädchen und Frauen in schulischer Ausbildung (im Alter über 15 Jahre), Studentinnen, weibliche mithelfende Familienangehörige9, Hausfrauen und Frührentnerinnen/Rentnerinnen.
Eine Betrachtung der sozialversicherungspflichtig am Arbeitsort beschäftigten Personen
verdeutlicht, dass sich Frauen höchst ungleich auf die einzelnen Branchen verteilen. Während sie im gewerblichen Bereich, im Bauwesen und in der Landwirtschaft unterrepräsentiert
sind, haben sie in der öffentlichen Verwaltung, im Dienstleistungsbereich, im Kredit- und
Versicherungswesen, in der Gastronomie sowie im Handel einen vergleichsweise hohen
Anteil an der jeweiligen Gesamtbeschäftigung.
7
Das erwerbsfähige Alter reicht von 15 bis 65 Jahren (bisherige Ruhestandsgrenze). Personen im Alter unter 15
Jahren sind grundsätzlich Nichterwerbspersonen.
8
Nichterwerbspersonen sind alle Personen, die keine – auch keine geringfügige – auf Erwerb gerichtete Tätigkeit
ausüben oder suchen.
9
Familienangehörige, die in einem landwirtschaftlichen oder nichtlandwirtschaftlichen Betrieb, der von einem
Familienmitglied als Selbstständiger geführt wird, mithelfen, ohne hierfür Lohn oder Gehalt zu erhalten und ohne
dass für sie Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden, werden als mithelfende Fami lienangehörige bezeichnet.
15
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Struktur der Erwerbspersonen und Erwerbstätigen
E r w e r b s p e r s o n e n*
Erwerbstätige**
Abhängig
Beschäftigte
Selbständige
Stille
Reserve***
Arbeitslose
bzw.
Erwerbslose
Empfänger/innen
von ALG 1
Nicht arbeitsfähige
Sozialhilfeempfänger/innen
Empfänger/innen
von ALG 2
* Der Begriff Erwerbspersonen umfasst all jene Personen, die mindestens 15 Jahre alt sind, ihren Wohnsitz im
Bundesgebiet haben sowie eine mittel- oder unmittelbar auf Erwerb ausgerichtete Tätigkeit ausüben (Erwerbstätige) oder suchen (Erwerbs- bzw. Arbeitslose).
** Erwerbstätige sind alle Personen, die einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten nachgehen. Dazu gehören
Arbeiter, Angestellte, Auszubildende, Selbstständige, Freiberufler, Mitarbeiter in der Landwirtschaft, Aushilfen, so
genannte "mithelfende Familienangehörige" sowie Soldaten und Zivildienstleistende.
***Zur stillen Reserve (versteckte Arbeitslosigkeit) gehören Arbeit suchende Personen, die nicht in der
Arbeitsverwaltung als erwerbslos gemeldet sind, bisher keiner Berufstätigkeit nachgegangen sind oder sich nach
langer Arbeitslosigkeit resigniert vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben.
16
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 2: Sozialversicherungspflichtig am Arbeitsort beschäftigte Frauen und ihr
Anteil an der Gesamtbeschäftigung in Mecklenburg Vorpommern nach Wirtschaftsbereichen am 30.09.2007
Wirtschaftsbereich
Beschäftigte
insgesamt
davon Frauen
Anzahl
Frauenanteil in
%
20.922
5.231
25,0
597
84
14,1
67.842
19.686
29,0
7.470
2.023
27,1
Baugewerbe
39.962
4.042
10,1
Handel, Instandhaltung u. Reparatur von Kfz
u. Gebrauchsgütern
68.120
38.165
56,0
Gastgewerbe
30.779
19.769
64,2
Verkehr u. Nachrichtenübermittlung
32.203
8.527
26,5
9.361
6.517
69,6
Grundstücks- u. Wohnungswesen, Vermietung beweglicher Sachen, wirtschaftl.
Dienstleistungen
65.917
34.917
53,0
Öffentliche
Verwaltung,
Verteidigung,
Sozialversicherung,
exterritoriale
Organisationen u. Körperschaften
46.559
31.328
67,3
öffentliche u. private Dienstleitungen (ohne
öffentliche Verwaltung)
133.162
95.969
72,1
zusammen
522.914
266.258
50,9
Land- u. Forstwirtschaft, Fischerei u. Fischzucht
Bergbau, Steine, Erden
Verarbeitendes Gewerbe
Energie- u. Wasserversorgung
Kredit- u. Versicherungsgewerbe
Quelle: Errechnet und zusammengestellt nach: Amt für Statistik Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Berichte,
11.06.2008, S. 6
Bei einer Betrachtung der Verteilung der sozialversicherungspflichtig am Arbeitsort10
beschäftigten Frauen nach Altergruppen und Wirtschaftsbereichen (vgl. Übersicht 3) fällt auf,
dass – mit Unterschieden von Branche zu Branche – die weitaus meisten weiblichen
Beschäftigten ein Alter zwischen 40 und 60 Jahren aufweisen (in der Übersicht hellgrün
markiert). In dieser Altersstufe sind zwar in den Familien mit Abstand die meisten Kinder
vorhanden, jedoch benötigen diese nicht mehr die Zuwendung und Aufsicht wie z. B. Kinder
10
Für die regionale Zuordnung der Beschäftigten ist der Arbeitsort (Sitz des Betriebs) maßgeblich.
17
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
bis zu 12 Jahren, da sie zumeist älter, oft sogar über 18 Jahre alt sind. In nicht weniger
Familien dieser Altersgruppe sind die Kinder bereits aus dem Hause.
Ab der Alterstufe 60 Jahre (in der Tabelle grau markiert) fällt die Beschäftigung von Frauen
drastisch ab. Eine Ausnahme bilden hier lediglich die öffentliche Verwaltung und vor allem
auch die öffentlichen Dienstleistungen. Die Betreuung von Kindern im eigenen Haushalt
spielt hier praktisch keine Rolle mehr, oftmals sind Frauen dieser Altersgruppe bereits als
Großmütter in die temporäre Betreuung von Enkelkindern eingebunden bzw. sind unverzichtbarer Bestandteil der familiären Netzwerke ihrer Kinder, soweit die geographische Distanz das zulässt. Angesichts gestiegener Lebenserwartung und des Anwachsens der
Gruppe der Hochbetagten betreuen sie nicht selten auch noch ihre Eltern und sind in dem
Fall Bestandteil der so genannten Sandwich-Generation.
Quantitativ nicht so bedeutsam wie die erstgenannte Altersgruppe ist die der Frauen von
unter 20 bis 40 Jahre (vgl. Übersicht 3). Ein zahlenmäßiges Übergewicht hat diese Altersgruppe, die in biographischer Hinsicht eigentlich identisch mit der aktiven Familienphase ist,
lediglich im Bereich der Gastronomie. Über die Hintergründe dieses quantitativen Ungleichgewichtes der beiden hauptsächlichen Altersgruppen lässt sich nur mutmaßen: Hier dürften
die ersten Auswirkungen des Geburten“knicks“ ebenso eine Rolle spielen wie Abwanderungstendenzen gerade junger Frauen in der aktiven Familienphase11. Hinzu kommt die
starke Präsenz von Frauen in den Gymnasien, Hochschulen und Universitäten sowie die
Tatsache, dass ältere Frauen (Altersgruppe zwischen 40 und 60 Jahre) mit Kindern in
Mecklenburg-Vorpommern (wie auch in den anderen östlichen Bundesländern) in weitaus
geringerem Maße als in den westlichen Bundesländern einen Prozess der „Hausfrauisierung“ durchlaufen, wodurch naturgemäß weniger Arbeitsplätze durch nachrückende Generationen besetzt werden können.
11
In Anlehnung an den traditionellen Familienzyklus wird als aktive Familienphase in der Regel die Zeitspanne
bezeichnet, in der Kinder geboren und betreut/versorgt werden müssen. Dieser Begriff suggeriert bisweilen, dass
die nach dem Auszug der Kinder allein wohnenden Eltern nun aller Pflichten in der familiären Reproduktions- und
Sorgearbeit ledig sind. Dabei wird übersehen, dass sie sich vielfach in familiären Netzwerken bei der Pflege/
Versorgung von Enkelkindern oder den eigenen Eltern engagieren, die Kinder im einem sehr weiten Sinne bei der
Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben unterstützen und nicht selten noch eine ehrenamtliche
Tätigkeit ausüben.
18
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 3: Sozialversicherungspflichtig am Arbeitsort beschäftigte Frauen in Mecklenburg Vorpommern nach Wirtschaftsbereichen und Altersgruppen am 30.09.2007
Wirtschaftsbereich
Altersgruppen
unter
20
20-30
30-40
40-50
50-60
60-65
älter
als 65
208
564
864
1.900
1.578
107
10
Bergbau, Steine, Erden
k.A.
9
18
27
27
k.A.
k.A.
Verarbeitendes Gewerbe
850
3.376
3.675
6.875
4.628
263
19
Energie- u. Wasserversorgung
k.A.
230
278
682
695
k.A.
k.A.
Baugewerbe
100
457
826
1.453
1.130
64
12
Handel, Instandhaltung u. Reparatur von Kfz u. Gebrauchsgütern
1.791
6.818
8.623
13.086
7.413
380
54
Gastgewerbe
2.144
5.854
3.478
4.922
3.196
153
22
Nachrichtenüber-
191
940
1.753
3.244
2.246
118
35
Versicherungsge-
107
859
1.616
2.265
1.559
106
5
Grundstücks- u. Wohnungswesen, Vermietung beweglicher
Sachen, wirtschaftl. Dienstleistungen
778
7.293
7.436
11.191
7.708
455
56
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung,
Sozialversicherung,
exterritoriale Organisationen u.
Körperschaften
903
2.928
4.160
10.844
10.900
1.585
8
öffentl. u. private Dienstleistungen (ohne öffentliche Verwaltung)
5.447
15.886
17.784
30.343
24.068
2.354
87
12.519
45.214
50.511
86.832
65.148
5.585
308
Land- u. Forstwirtschaft,
scherei u. Fischzucht
Verkehr
mittlung
Kreditwerbe
u.
u.
zusammen
Fi-
insgesamt:
108.244 Frauen
insgesamt:
151.980 Frauen
Insgesamt:
5.893 Frauen
Quelle: Errechnet und zusammengestellt nach: Amt für Statistik Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Berichte,
11.06.2008, S. 6 und 8
19
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland gibt es im Hinblick auf die
Bereitschaft zu Teilzeitarbeit, die in den westlichen Bundesländern wesentlich stärker ausgeprägt ist als in den östlichen. Das hängt ohne Zweifel mit dem aus DDR-Zeiten tradierten
Modell weiblicher Vollzeitbeschäftigung bei gleichzeitig guter Kinderbetreuung zusammen,
dürfte jedoch auch damit verbunden sein, dass das „Familienernährermodell“ (Mann =
Alleinverdiener/Frau = Hausfrau) bzw. das Zuverdienstmodell (Mann = Haupternährer/Frau =
Zuverdienst in Teilzeitbeschäftigung) in den Lebensentwürfen von Frauen in der DDR bzw.
den östlichen Bundesländern nie eine besondere Rolle gespielt hat und vor allem immer
weniger lebbar wird, da viele Männer arbeitslos sind, zum Teil keine Transferleistungen
(ALG I und ALG II) mehr erhalten bzw. in prekären und schlecht bezahlten Jobs arbeiten12.
Besonders auffällig ist, dass die Quote der Vollbeschäftigung in nahezu keinem Bereich
unter die 60-Prozent-Marke fällt13. Die einzige Ausnahme bildet der Bereich Erziehung und
Unterricht, in dem besondere Teilzeitregelungen aufgrund des vom Land beschlossenen
Personalentwicklungskonzeptes gelten14.
Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern gibt es nicht nur im Hinblick auf
Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung generell, sondern auch bei der jeweiligen Zeitdauer der
Teilzeitarbeit. Wie Übersicht 5 verdeutlicht, ist der Anteil der Frauen, die über 18 Stunden/
Woche arbeiten, in Mecklenburg-Vorpommern sehr hoch und liegt in keinem Wirtschaftsbereich (außer Verkehr und Nachrichtenübermittlung) unter 80 Prozent.
12
Hinzukommt, dass das Lohn- und Gehaltsniveau in Mecklenburg-Vorpommern besonders niedrig ist und 2006
insgesamt einen Angleichungsgrad von 77,4% an die durchschnittlichen Pro-Kopf-Bruttolöhne in der Bundesrepublik aufwies, vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin, Pressemeldung vom 29.03.2007
13
Zu den Unterschieden in der Entwicklung der Teilzeitarbeit in den östlichen und westlichen Bundesländern
vgl.Stöbe-Blossey, S.: Bedarfsorientierte Kinderbetreuung. Teil 1: Arbeitszeit und Infrastruktur, (Arbeitspapier
desInstituts für Arbeit und Technik), Gelsenkirchen 2004 und Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der
Bundesagentur für Arbeit (Hrg.): Frauen am Arbeitsmarkt, IAB-Kurzbericht, Nürnberg, Nr 22/2005
14
In Mecklenburg-Vorpommern arbeiten etwa zwei Drittel der Lehrer/innen (mehrheitlich Frauen) in Teilzeit, um
angesichts der demographischen Entwicklung (sinkende Schüler/innenzahlen) Entlassungen zu vermeiden.
20
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 4: Sozialversicherungspflichtig am Arbeitsort beschäftigte Frauen und der
Anteil der Vollzeitbeschäftigten an der Gesamtbeschäftigung in Mecklenburg Vorpommern nach Wirtschaftsbereichen am 30.09.2007
Wirtschaftsbereich
Land- u. Forstwirtschaft, Fischerei
u. Fischzucht
Gesamtheit der
beschäftigten
Frauen
davon Frauen in
Vollzeit
Anteil der in Vollzeit
beschäftigten Frauen
an der gesamten
Frauenbeschäftigung
5.231
4.765
91,1
84
73
86,9
19.686
17.782
90,3
Energie- u. Wasserversorgung
2.023
1.808
89,4
Baugewerbe
4.042
3.452
85,4
Handel, Instandhaltung u. Reparatur von Kfz u. Gebrauchsgütern
38.165
23.602
61,8
Gastgewerbe
19.769
17.280
87,4
8.527
6.666
78,2
6.517
4.873
74,8
Grundstücks- u. Wohnungswesen,
Vermietung
beweglicher
Sachen, wirtschaftl. Dienstleistungen
34.917
25.139
72,0
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung, exterritoriale Organisationen u. Körperschaften
31.328
21.096
67,3
Erziehung u. Unterricht
22.476
12.852
57,2
Gesundheits-, Veterinär- u. Sozialwesen
57.043
37.626
66,0
Sonstige öffentl.
Dienstleistungen
persönl.
16.339
12.635
73,3
Private Haushalte mit Hauspersonal
111
73
65,8
266.258
189.722
71,3
Bergbau, Steine, Erden
Verarbeitendes Gewerbe
Verkehr
mittlung
u.
Nachrichtenüber-
Kredit- u. Versicherungsgewerbe
Zusammen
u.
Quelle: Errechnet und zusammengestellt nach: Amt für Statistik Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Berichte,
11.06.2008, S. 6 und 8
21
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 5: Unterschiedliche Teilzeitformen bei sozialversicherungspflichtig am Arbeitsort beschäftigte Frauen in Mecklenburg Vorpommern nach Wirtschaftsbereichen
am 30.09.2007
Wirtschaftsbereich
Gesamtheit der
Teilzeit beschäftigten Frauen
Frauen in Teil- zeit
unter 18 Std./Wo.
463
72
391
84,4
8
k.A
k.A.
k.A.
1.903
143
1.760
92,5
Energie- u. Wasserversorgung
214
4
210
98,1
Baugewerbe
588
74
514
87,4
14.548
788
13.760
94,6
2.485
242
2.243
90,3
Nachrichten-
1.858
396
1.462
78,7
Kredit- u. Versicherungsgewerbe
1.643
71
1.572
95,7
Grundstücksu.
Wohnungswesen,
Vermietung
beweglicher Sachen, wirtschaftl. Dienstleistungen
9.767
707
9.060
92,8
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung, exterritoriale Organisationen u. Körperschaften
10.231
513
9.718
95,0
9.621
476
9.145
95,1
Gesundheits-, Veterinär- u.
Sozialwesen
19.396
516
18.880
97,3
Sonstige öffentl. u. persönl. Dienstleistungen
3.696
219
3.477
94,1
38
k.A.
k.A.
k.A.
76.459
4.221
72.192
94,4
Land- u. Forstwirtschaft,
Fischerei u. Fischzucht
Bergbau, Steine, Erden
Verarbeitendes Gewerbe
Handel, Instandhaltung u.
Reparatur von Kfz u.
Gebrauchsgütern
Gastgewerbe
Verkehr u.
übermittlung
Erziehung u. Unterricht
Private
Haushalte
Hauspersonal
zusammen
mit
Frauen in TeilZeit mehr als
18 Std./Wo.
Anteil der
Frauen mit
mehr als 18
Std./Wo. %
Quelle: Errechnet und zusammengestellt nach: Amt für Statistik Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Berichte,
11.06.2008, S. 8
22
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Bei der Darstellung der Erwerbsarbeit von Frauen liegt der Fokus in der Regel auf den
abhängig Beschäftigten (Angestellte, Arbeiterinnen, Beamtinnen) und deren sozialer Situation. Dabei geraten dann die selbständigen Frauen aus dem Blick. Das liegt ohne Zweifel
daran, dass sie numerisch ein vergleichsweise geringes soziales Gewicht besitzen, hängt
wohl aber auch damit zusammen, dass im Hinblick auf diese Gruppe eine der größten
Datenlücken in der offiziellen Statistik existiert. So wissen wir z. B. nichts über die Alters- und
Familienstruktur, über Kinderzahl und Branchenzugehörigkeit sowie über freiberufliche und
gewerbliche Tätigkeit der selbständigen Frauen, die in Mecklenburg-Vorpommern immerhin
eine Gruppe von 25.600 Personen15 umfassen und in den letzten 15 Jahren ein recht dynamisches Wachstum aufwiesen. Mit Sicherheit ist davon auszugehen, dass hier sogar in
besonders starkem Maße Vereinbarkeitsprobleme vorliegen, da Selbständige in der Regel
nicht mit einem Achtstundentag auskommen und einer hohen Arbeitsdichte ausgesetzt sind.
2. 2 Arbeitslosigkeit von Frauen in Mecklenburg-Vorpommern
Die Analyse der Einbeziehung von Frauen in die Arbeitswelt Mecklenburg-Vorpommerns
wäre unvollständig wenn sie nicht abschließend durch eine Betrachtung der Arbeitslosigkeit
ergänzt würde. Bis weit in die 90er Jahre hinein wurde bei geschlechtsspezifischen Arbeitsmarktanalysen stets hervorgehoben, dass die Arbeitslosigkeit ein „weibliches Gesicht“ hat.
Das galt nicht nur unter Berücksichtigung der so genannten „stillen Reserve“16, die nach
übereinstimmender Meinung von Arbeitsmarktexperten vorwiegend aus Frauen besteht,
sondern auch im Hinblick auf die „offizielle Arbeitslosigkeit“, deren Umfang kontinuierlich von
der Bundesagentur für Arbeit ermittelt und dokumentiert wird.
Standen in Mecklenburg-Vorpommern im Januar 1998 93.889 arbeitslosen Männern noch
104.021 arbeitslose Frauen gegenüber, so veränderte sich dieser Trend ab Januar 2001
dauerhaft zu Ungunsten der Männer. Im Dezember 2002 weist die Statistik dann bereits
96.153 arbeitslose Männer und 84.916 arbeitslose Frauen auf17.
Diese bis in die unmittelbare Gegenwart anhaltende Entwicklung spiegelt auch die nachfolgende Übersicht 6 wider, die darüber hinaus noch Angaben zu ALG I und ALG II –
Empfänger/innen enthält.
15
Vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte, Schwerin, 22. 05.2008, S. 15, in dieser
Zahl sind die mithelfenden Familienangehörigen nicht enthalten, da sie nicht als Selbständige gelten
16
Die stille Reserve wird aus arbeitswilligen Personen beiderlei Geschlechts gebildet, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht von der offiziellen Arbeitslosenstatistik erfasst werden. Über die quantitative Dimension
und geschlechtsspezifische Zusammensetzung in Mecklenburg-Vorpommern liegen keine wissenschaftlich verwertbaren Erkenntnisse vor, vgl. IAB (Hrg.): Neueinschätzung der stillen Reserve und des Erwerbspersonenpotenzial für Ostdeutschland (einschl. Berlin-Ost), IAB-Forschungsbericht 18/2005, Nürnberg 2005
17
vgl. Bundesanstalt für Arbeit. Landesarbeitsamt Nord: Der Arbeitsmarkt für Frauen im Norden, Kiel, Dezember
2002
23
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 6: Arbeitslosigkeit bei Frauen und Männern in Mecklenburg-Vorpommern im
Jahre 2007 (Jahresdurchschnitt)
Kategorie
Arbeitslose insgesamt
Anzahl
Anteil in Prozent
145.989
100,0
Arbeitslose Frauen
70.837
48,5
Arbeitslose Männer
75.184
51,5
Empfänger/innen von ALG I (Rechtskreis
SGB III) insgesamt
44.508
30,5
Empfänger/innen von ALG II (Rechtskreis
SGB II) insgesamt
101.481
69,5
Anteil von Frauen mit ALG I an allen
arbeitslosen Frauen
24.226
34,2
Anteil von Frauen mit ALG II an allen
arbeitslosen Frauen
46.610
65,8
Anteil von Männern mit ALG I an allen
arbeitslosen Männern
20.282
27,0
Anteil von Männern mit ALG II an allen
arbeitslosen Männern
54.871
73,0
Quelle: Errechnet nach Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Hefte, Schwerin, 1/2008, S. 9
Wie die Übersicht 6 zeigt, sind nicht nur mehr Männer generell arbeitslos, sondern auch im
Rechtskreis des SGB II angesiedelt. Das bedeutet konkret, dass im Jahre 2007 46.610
Frauen aber 54.871 Männer (Männer + 8.261) Grundsicherung für Arbeitssuchende (ALG II
bzw. Hartz IV) erhielten.
Diese Tatsache verdient schon deswegen eine besondere Hervorhebung, weil die Zahlen
u. a. belegen, dass (vor allem in Mecklenburg-Vorpommern wie im gesamten Osten
Deutschlands) das männlich bestimmte Familienernährermodell kaum noch lebensweltliche
Bedeutung hat. Allein schon deshalb sind Frauen immer häufiger gezwungen – und zwar
unabhängig von ihren Präferenzen im Hinblick auf „Hausfrauendasein“ oder beruflicher
Tätigkeit - einer möglichst vollzeitigen bzw. vollzeitnahen Erwerbsarbeit nachzugehen.
Hinzukommt, dass es jenseits gegenwärtig (Oktober/November 2008) niedriger Arbeitslosenzahlen in Mecklenburg-Vorpommern eine immer stärkere Integration von Frauen und
24
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Männern in atypische bzw. prekäre Formen der Beschäftigung gibt18, die nicht ohne Einfluss
auf familiäre Strukturen, Familiengründungswilligkeit (einschließlich Kinderwunsch), Abwanderungstendenzen und die gesamten Gestaltungsmöglichkeiten der Vereinbarkeit von
Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben bleiben.
Zu vermuten ist auch, dass künftig im Zusammenhang mit den zu erwartenden Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise auf die Realwirtschaft auch die Arbeitslosigkeit wieder
stärker zu einer ständigen „Drohkulisse“ für Personen und Familien wird.
Zu diesem Problemkreis, der im Zusammenhang mit der vorliegenden Studie lediglich
Erwähnung finden soll, liegen außerdem flächendeckend nur spärliche Sozialdaten vor. Das
gilt auch und vor allem für die jeweilige Betroffenheit von Frauen und Männern.
18
vgl. zur Situation in MV: Ostseezeitung, Rostock, 01.10.2008. Zur generellen Bedeutung atypischer und
prekärer Beschäftigung vgl. u.a.: Deutscher Gewerkschaftsbund (Hrg.): Prekäre Beschäftigung – Herausforderung für die Gewerkschaften, Berlin 2007, Bundesanstalt für Arbeit (Hrg.): Strukturwandel der Erwerbsarbeit. Was ist eigentlich noch normal?, IAB-Kurzbericht, Nürnberg, Nr.14/2000, Klenner, C.: Balance von Beruf
und Familie – Ein Kriterium guter Arbeit, in: WSI-Mitteilungen, Düsseldorf, Nr. 4/2005
34
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
2.3 Beschäftigung und Familienstand junger Mütter
Zur Beantwortung der Frage, welche Herausforderungen sich bei der Gestaltung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben für alle beteiligten Akteure ergeben, muss
zunächst einmal geklärt werden, wie viele Mütter es in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt
gibt, wie die familiären Strukturen aussehen, in die sie eingebunden sind, welche Altersgruppen von Kindern dominieren und wie sich die Beschäftigungssituation junger Mütter
darstellt.
Erste grundlegende Aussagen zu den aufgeworfenen Fragen sind den nachfolgenden
Übersichten zu entnehmen.
Übersicht 7: Mütter in Mecklenburg-Vorpommern (Stand 2005 Jahresdurchschnitt)
Kategorie
Anzahl
Anteil an allen
Müttern
in %
Frauen, die in Haushalten ohne Kinder lebten
589.000
-------
Mütter mit ledigen Kindern (ohne Altersbeschränkung)
249.700
-------
Mütter mit Kindern unter 18 Jahren
171.700
68,8
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Presseinformation
vom 11.05.2007, Schwerin
Bei den in Übersicht 7 als Kontrast angeführten Frauen, die in Haushalten ohne Kinder
leben, handelt es sich um kinderlose Frauen bzw. um Mütter, deren Kinder bereits aus dem
Haushalt ausgezogen waren.
Die Nennung von Müttern mit Kindern ohne Altersbegrenzung mag zunächst verwundern,
entspricht jedoch in zunehmendem Maße der sozialen Realität.
Als Kinder gelten alle ledigen Personen, die ohne Lebenspartner/in und ohne eigene Kinder
in einem Haushalt mit ihren Eltern oder einem Elternteil zusammenleben19.
19
vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentlichter Bericht zu Familien in MecklenburgVorpommern, Schwerin 2008, S. 6
26
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 8: Familienstand der Mütter (Stand 2005 Jahresdurchschnitt)
Kategorie
Anzahl
Anteil an allen Müttern mit Kindern
unter 18 Jahren
in %
Mütter von Kindern unter 18 Jahren, die ihre Kinder
gemeinsam mit einem im Haushalt lebenden Partner
erzogen (in Ehe oder Lebensgemeinschaft)
130.149
75,8
Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die in einer Ehe
lebten
100.700
58,6
Kategorie
Anzahl
Anteil an allen Müttern mit Kindern
unter 18 Jahren
in %
Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die in einer
Lebensgemeinschaft lebten
29.500
17,2
Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die alleinerziehend waren
41.500
24,2
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Presseinformation
vom 11.05.2007, Schwerin
Die quantitativ anwachsende Gruppe von Kindern über dem 18. Lebensjahr (Ende der
Minderjährigkeit), die noch im Haushalt der Herkunftsfamilie leben, hängt mit veränderten
biographischen Übergängen zusammen (Kindheit, Jugend, Postadoleszenz), die ihre Grundlage in verlängerten Ausbildungszeiten, verspäteter ökonomischer Selbständigkeit und teilweise auch der temporären Rückkehr ins Elternhaus bei persönlichen Krisen („Bumerangkinder“) haben. Eine Rolle spielt dabei auch die neue Wohngeldregelung, die es vielen
jungen Menschen aus finanziellen Gründen erst nach dem 25. Lebensjahr ermöglicht, einen
selbständigen Haushalt in eigener Wohnung zu gründen.
Daraus resultiert für Eltern (vor allem für Mütter) nicht selten ein erhöhter faktischer und zeitlicher Aufwand in der häuslichen Reproduktionsarbeit, der weit über die „traditionelle“ aktive
Familienphase hinausreicht20. Außerdem steht die längere Verweildauer in der Herkunftsfamilie gerade bei den jungen Männern der Gründung einer eigenen Familie bzw. eines
eigenen Haushaltes sowie der Herausbildung von Haushaltsführungskompetenzen entgegen.
20
zu diesen Belastungen vgl. Ministerium für Generationen, Familie, Frauen des Landes Nordrhein-Westfalen
(Hrg.): Demografischer Wandel. Die Stadt, die Frauen und die Zukunft, Düsseldorf 2006, S.143
27
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
So lebten 2006 in Mecklenburg-Vorpommern noch 30.800 „Kinder“ über 27 Jahre in der
Herkunftsfamilie. Im Hinblick auf die Geschlechterzusammensetzung dieser Heranwachsenden bestätigen die Zahlen aus unserem Bundesland auch die Befunde anderer Studien:
Von den 30.800 jungen Erwachsenen sind 24.400 Männer und lediglich 6.400 Frauen21. Es
ist zu vermuten, dass junge Frauen sich nicht nur schlechthin schneller vom Elternhaus
lösen (junge Frauen als „Nestflüchter“, junge Männer als „Nesthocker“), sondern dass diese
Übersicht 9: Mütter und Anzahl der Kinder (Stand 2005 Jahresdurchschnitt)
Kategorie
Anzahl
Anteil an allen Müttern mit Kindern
unter 18 Jahren
in %
Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die ein Kind
hatten
109.400
63,7
Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die zwei Kinder
hatten
50.300
29,3
Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die drei Kinder
hatten
12.000
7,0
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Presseinformation
vom 11.05.2007, Schwerin
Übersicht 10: Erwerbstätigkeit der Mütter (Stand 2005 Jahresdurchschnitt)
Kategorie
Anzahl
Mütter mit Kindern unter 18 Jahren, die erwerbstätig
waren
112.635
Mütter mit einem Kind unter 18 Jahren, die erwerbstätig waren
65,6
Anteil an allen Müttern mit einem Kind
75.814
69,3
Anteil an allen Müttern mit zwei Kindern
Mütter mit zwei Kindern unter 18 Jahren, die erwerbstätig waren
31.890
Mütter mit drei Kindern unter 18 Jahren, die erwerbstätig waren
Anteile in %
Anteil an allen Müttern mit Kindern
unter 18
63,4
Anteil an allen Müttern mit drei Kindern
4.896
40,8
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Presseinformation
vom 11.05.2007, Schwerin
21
vgl. ebenda, S:33
28
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Loslösung auch mit den bei ihnen wesentlich stärker ausgeprägten Abwanderungstendenzen
in andere Bundesländer bzw. auch ins Ausland zusammenhängt. Grundlage für diese
Loslösungs- und Abwanderungstendenzen sind sicher die im Durchschnitt bessere schulische und berufliche Qualifikation und die größere Selbständigkeit, die – so ist zu vermuten –
mit der „klassischen“ geschlechterspezifischen Sozialisation zusammenhängt, die es eben
noch für junge Männer attraktiver sein lässt, länger im „Hotel Mama“ auszuharren.
Die Angaben in der Übersicht 10 belegen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Mütter
erwerbstätig war. Dadurch ergab sich der Zwang, in Abhängigkeit von der familiären Einbindung und dem Alter der Kinder, in der einen oder anderen Weise Erwerbsarbeit, Familie und
Privatleben zu vereinbaren.
In diesem Zusammenhang ist ein Blick auf die Entwicklung der Altersstruktur der Kinder in
Mecklenburg-Vorpommern interessant. In dieser Studie wird davon ausgegangen, dass die
Erziehung, Betreuung und Zuwendung im Hinblick auf Intensität und Zeitaufwand bis etwa
zum Alter von 11/12 Jahren gegenüber späteren Alterstufen einige Besonderheiten aufweisen, die die häusliche Reproduktions- und Sorgearbeit der Mütter (natürlich auch der Väter)
prägen. Nicht umsonst erhalten Eltern bis zu diesem Alter ihrer Kinder eine Krankschreibung
wenn keine andere Person zur Verfügung steht, die die Pflege im Krankheitsfall übernehmen
kann.
Ein Blick auf die nachfolgende Übersicht macht deutlich, dass sich zwischen 1990 und 2007
Übersicht 11: Entwicklung der Altersgruppen minderjähriger Kindern in MecklenburgVorpommern von 1990 bis 2007
Alter der
Kinder
Anzahl der
Kinder dieser
Alterstufe 1990
Anzahl der
Kinder dieser
Alterstufe 2007
Verringerung
der Anzahl der
Kinder
1990 bis 2007
Anteil der
Altersgruppe an
der Gesamtbev.
2007 in Prozent
unter 1
23.291
12.779
10.512
0,8
1 bis unter 3
52.708
24.864
27.844
1,5
3 bis unter 5
57.409
25.732
31.677
1,5
5 bis unter 10
145.692
62.191
83.501
3,7
10 bis unter 15
144.053
52.374
91.679
3,1
15 bis unter 18
65.933
46.255
19.678
2,8
489.086
224.195
264.891
-------
gesamt
Quelle: Zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistisches Jahrbuch 2008, Schwerin 2008, S. 41
29
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
gravierende Verschiebungen in der Altersstruktur der Kinder ergeben haben, die natürlich
nicht nur Einfluss auf die Anzahl der benötigten Plätze in Kindertagesstätten und Grundschulen haben, sondern auch auf die Ausrichtung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen
seitens der Politik/öffentlichen Verwaltung, der Arbeitgeber und nicht zuletzt der Familien
selbst ausüben.
Wie die Übersicht 11 verdeutlicht, hat sich die Zahl minderjähriger Kinder und Jugendlicher
in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 1990 und 2007 dramatisch um 264.891 verringert.
Die Reduzierung der einzelnen Altersgruppen fällt bei den bis zu 15 Jahre alten Kindern
besonders stark ins Gewicht. Das wirft im Hinblick auf Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und
Familie neue Fragen auf:
1. Kommt verbesserten Betreuungsarrangements für Kinder in den Alterstufen von 1-6
Jahre und von 7 bis 12 Jahre in Unternehmen und Einrichtungen eindeutig Priorität zu
oder muss – sicher mit Unterschieden in den einzelnen Bereichen und Unternehmen –
über andere Schwerpunktsetzungen nachgedacht werden?
2. Darf mit Kinderbetreuung immer nur die Zuwendung an jüngere Kinder assoziiert werden? Sind Mütter (und natürlich auch Väter) älterer Kinder weitgehend entlastet oder
verschieben sich hier nicht nur Aufgaben und Prioritäten und wenn ja in welche Richtung
und mit welchem Belastungsgrad?
3. Wird die so genannte „aktive Familienphase“ nicht häufig dahingehend (gerade auch in
Unternehmen) fehlgedeutet, als mit ihr gedanklich mehr oder weniger die Zeit der
biologischen Reproduktion und der Zuwendung an kleinere Kinder verbunden wird?
Dabei bleiben nicht selten wichtige andere Aufgaben der Familie ausgeblendet. Als
Beispiele mögen die Pflege älterer oder behinderter Angehöriger, die Betreuung von
Enkeln und die Zuwendungen an ältere Kinder genügen.
4. Hat sich nicht auch die „aktive Familienphase“ in den letzten beiden Jahrzehnten
verändert? Obwohl insgesamt weniger Kinder geboren werden, ist sie potenziell länger
geworden, da Frauen nach wie vor auch im Alter von 20 bis 25 Jahren (und z. T. noch
früher) Kinder bekommen und die Zahl der Spätgebärenden stark zugenommen hat,
deren Kinder erst dann in das Jugendalter eintreten wenn die Mütter zwischen 42 und 55
Jahre alt sind. Gleiches gilt natürlich auch für Väter. Besonders deutlich wird diese
Entwicklung an der Verschiebung des durchschnittlichen Heiratsalters Lediger, das 2003
in Deutschland bei Männern 32 und bei Frauen 29 Jahre betrug (1991: 28,5 bzw. 26,1
Jahre) und an der parallel stattfindenden Verschiebung des durchschnittlichen Erstge-
30
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
bärendenalters, das im gleichen Jahr bei 29 Jahren lag (1991: 27 Jahre)22 und sich
tendenziell weiter leicht nach oben bewegt.
Übersicht 12: Ausgewählte Altersgruppen der Bevölkerung des Landes MecklenburgVorpommern am 31.12.2007 nach Geschlecht
Altersgruppe
Bev. insgesamt
männl. Bev.
weibl. Bev.
Männerüberschuss
18 bis unter 21
73.310
38.638
34.672
3.966
21 bis unter 25
91.440
49.046
42.394
6.652
25 bis unter 30
104.255
56.546
47.709
8.837
30 bis unter 35
83.548
45.096
38.452
6.644
35 bis unter 40
106.127
55.634
50.493
5.141
40 bis unter 45
144.231
74.696
69.535
5.161
45 bis unter 50
155.975
80.489
75.486
5.003
Gesamtbev.
18 bis unter 50
758.886
400.145
358.741
41.404
Quelle: vom Verfasser zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern,
Statistisches Jahrbuch Mecklenburg-Vorpommern 2008, Schwerin 2008, S. 41
Verbindet man die Daten in Übersicht 12 mit den vorangestellten Fragen, so wird zunächst
einmal deutlich, dass die Altersgruppen von Frauen und Männern, die in die so genannte
„aktive Familienphase“ eintreten, numerisch wesentlich kleiner sind als die, die an deren
Ende stehen. Unabhängig davon, dass sich die Entwicklung des konkreten reproduktiven
Verhaltens nicht exakt voraussagen lässt, wird allein schon von daher mit einer geringeren
Kinderzahl zu rechnen sein. Das Verschieben der „aktiven Familienphase“ in ein höheres
Lebensalter schränkt die zu erwartende Kinderzahl weiter ein, da das „biologische Zeitfenster“ dann immer kleiner wird.
Hinzu kommt noch die sich verstärkende Tendenz zur Ein-Kind-Familie. Das könnte dazu
führen, dass dem Handlungsfeld Kinderbetreuung in absehbarer Zukunft nicht mehr die
Bedeutung zukommt, die es gegenwärtig noch hat und dass andere Handlungsfelder – vor
22
vgl. Cornelißen, W. (Hrg.):Gender Datenreport, München 2005 (erstellt im Auftrag des BMFSFJ), S. 233/234
zur Entwicklung des Erstgebärendenalters in Mecklenburg-Vorpommern vgl. WIMES-Wirtschaftsinstitut:
Bevölkerungsprognose bis zum Jahre 2020 für die Gesamtstadt Rostock und für die 21 Stadtbereiche der
Hansestadt, Rostock 2007, S. 7. Außerdem gab es bis 1990 beträchtliche Unterschiede zwischen DDR und BRD,
die sich in den Folgejahren allmählich anglichen.
31
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
allem die Betreuung und Pflege der numerisch starken Altersgruppen der Betagten und
Hochbetagten – die größte Priorität erhalten.
Auf jeden Fall wird es darum gehen, die Frage der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie
und Privatleben ganzheitlicher zu sehen und bei der Festlegung prioritärer Handlungsfelder
sowie der Konzipierung und Umsetzung familienfreundlicher Maßnahmen die Spezifik der
einzelnen Lebensphasen weitaus mehr in Rechnung zu stellen als das gegenwärtig erfolgt.
32
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
2.4 Die besondere Situation alleinerziehender Frauen
In zahlreichen Veröffentlichungen zu prekären Soziallagen von Menschen bzw. besonderen
sozialen Risikogruppen23 werden als Betroffene pauschal immer wieder Alleinerziehende
angeführt. Auch wenn diese Feststellung – wie noch zu zeigen sein wird – eine gewisse
Berechtigung hat, ist es nicht der sozialen Realität angemessen, die Ein-Eltern-Familien (wie
die Alleinerziehenden und ihre Kinder auch genannt werden) als eine homogene Gruppe
darzustellen24. Alleinerziehend zu sein ist also weder eine alle diese Mütter (und Väter)
gleichermaßen betreffende Lebensweise noch Soziallage.
In einer Untersuchung von 649 alleinerziehenden Müttern in Thüringen konnte festgestellt
werden, dass etwa ein Drittel dieser Gruppe mit ihrem Leben sehr zufrieden war während
zwei Drittel spezifische Problem- und Risikogruppen bildeten. Insgesamt wurden so fünf
Untergruppen herausgearbeitet.
Übersicht 13: Untergruppen alleinerziehender Mütter nach einer Studie aus Thüringen
Gruppe
Bezeichnung
Anzahl der
Fälle
Stichprobenanteil
in %
1
Hohes Maß an Zufriedenheit
229
35,3
2
Unzufriedenheit durch berufliche Situation
145
22,3
3
Belastete Familiensituation älterer Alleinerziehender
138
21,3
4
Schwierigkeiten in der Kleinkindbetreuung
83
12,8
5
Defizite im sozialen Netzwerk
54
8,2
649
100,0
Insgesamt
Quelle: Brand, D. / Hammer, V.(Hrg.): Balanceakt Alleinerziehend. Lebenslagen, Lebensformen, Erwerbsarbeit,
Wiesbaden 2002, S. 69 ff. (zitiert nach: Hammer, V.: Familienform: “Alleinerziehend“, in: Das Online-Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP), www.familienhandbuch.de
23
Einen guten Überblick über die soziale Situation von Alleinerziehenden enthält die allerdings auf Daten der
90er Jahre basierende Studie von Limmer, R.: Die Lebenssituation Alleinerziehender und sozialpolitische Maßnahmen für Alleinerziehende im Ländervergleich. Analyse von Berichten der öffentlichen Hand auf der Ebene der
Bundesländer sowie ausgewählter Kommunen, ifb-Matertialien Nr. 1-1998, Bamberg 2000
24
Eine interessante und originelle Typologie von Alleinerziehenden, die sich jedoch aufgrund fehlender Daten
empirisch schwer fassen lässt, bietet: Meier-Gräwe, U.: Prekäre Lebenslagen Alleinerziehender und sozialstaatliche Interventionen – Erfahrungen beim Praxistransfer kommunaler Armutsberichterstattung und praxisbezogegener Armuts- und Lebenslagenforschung, in: Deutsches Jugend-Institut (Hrg.): Kommunale Strategien
zur Armutsprävention bei allein Erziehenden. Von Projekten zum integrierten Handlungskonzept, Nürnberg 2004,
S. 14 ff.
33
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Wie die Übersicht 13 zeigt, ist die mit 35,3% größte Gruppe der Untersuchungseinheit mit
ihrer Situation durchaus zufrieden.
Die sich häufig mit der Situation von Alleinerziehenden verbindende Klischeevorstellung von
Schwierigkeiten bei der Betreuung kleinerer Kinder (12,8%) und Lücken im persönlichen
Netzwerk im Sinne von Unterstützungsstruktur (8,2%), betrifft – zumindest in dieser Erhebung - nur relativ kleine Gruppen.
Bei der Untersuchung Alleinerziehender in Mecklenburg-Vorpommern soll in Ermangelung
spezieller Studien wie in Thüringen und unter Nutzung der Möglichkeiten, die die offizielle
Statistik bietet, vor allem nach folgenden Merkmalen unterschieden werden:
1. Nach dem Geschlecht
Obwohl alleinerziehende Frauen auch in Mecklenburg-Vorpommern die übergroße Mehrheit der Vorstände in diesem Familientyp bilden, gibt es eine quantitativ gewachsene
Gruppe alleinerziehender Väter, deren Anteil an der Gesamtheit der Alleinerziehenden
2006 allerdings erst bei 9,8 %25 lag.
2. Nach dem Familienstand
der die Grundlage für den Status einer/eines Alleinerziehenden ist.
3. Nach der Anzahl und dem Alter der Kinder
Die weitaus größte Gruppe unter den alleinerziehenden Frauen sind Mütter, die ein Kind
haben. Im Hinblick auf das Alter der Kinder dominieren Kinder zwischen 15 bis 18 und 27
und älter.
4. Nach der Integration in das Erwerbsleben
Ein nicht geringer Teil der Alleinerziehenden bezieht seinen Lebensunterhalt aus den
verschiedenen Formen der Erwerbsarbeit (Selbständige, abhängig Beschäftigte). Andere
Gruppen leben von Transferleistungen unterschiedlichster Art (z. B. ALG I/ALG II,
Sozialhilfe etc.) oder von Unterstützung durch Verwandte und Freunde.
5. Nach dem zur Verfügung stehenden monatlichen Nettoeinkommen
Obwohl in Mecklenburg-Vorpommern etwa ein Drittel der alleinerziehenden Frauen
geringe (z. T. äußerst geringe) Einkünfte hat, gibt es auch kleinere Gruppen, die sich
keineswegs in einer Notlage befinden und im Hinblick auf ihren sozialen Status bis in die
obere Mittelschicht hineinreichen.
25
Das entspricht etwa dem bundesdeutschen Durchschnitt, der 2005 bei 9,0% Männeranteil an den Alleinerziehenden lag. Vgl. Statistisches Bundesamt, Pressemeldung vom 07.03.2005, Wiesbaden, im Datenreport 2008.
Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2008, S. 30 wird der Männeranteil für 2006 mit 8%
angegeben.
34
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Wichtig wäre noch eine Unterscheidung nach den außermonetären Ressourcen, die zur
Bewältigung des Alltagslebens zur Verfügung stehen. Dazu gehören Bildungsniveau, berufliche und familiäre Kompetenzen ebenso wie die Einbindung in Netzwerke aus Verwandten,
Freundinnen/Freunden und Kolleginnen/Kollegen. Letztere bilden unabdingbare Unterstützungsstrukturen, die erst die Bewältigung der Alltagsprobleme in Ein-Eltern-Familien ermöglichen. Das gilt vor allem für einkommensschwache Alleinerziehende.
Im Hinblick auf die Entwicklung von Ressourcen und Bewältigungsstrategien wäre auch die
Dauer des Alleinerziehens von Interesse über die leider keine Angaben vorliegen. Auf der
Ebene der gesamten Bundesrepublik wird davon ausgegangen, dass von den rund 1,6 Mio.
Ein-Eltern-Familien mit Kindern unter 18 Jahren etwa ein Drittel weniger als drei Jahre alleinerziehend war26.
Für eine umfassende Rekonstruktion der sozialen Lage von Alleinerziehenden und die Erarbeitung einer Typologie, die dann zielgruppengenaue Unterstützungsstrategien gestattet, ist
die Datenbasis in Mecklenburg-Vorpommern (wie auch in zahlreichen anderen Bundesländern) zu schmal.
Problemlagen alleinerziehender Frauen werden in anderen Kontexten (Sozialberichterstattung, Gesundheitsberichte etc.) punktuell berührt. Flächendeckende Studien, die z.B. auch
die genannten außermonetären Ressourcen berücksichtigen, liegen dagegen nicht vor.
Noch weitaus schlechter sieht die Datenlage bei den alleinerziehenden Vätern aus. Hier
weist sogar die offizielle Statistik, die ohnehin nur die wichtigsten soziodemographischen
Daten bietet, große Lücken auf.27 Zu den unter den Punkten 1 bis 5 aufgeführten Merkmalen
sind in den offiziellen Statistiken Mecklenburg-Vorpommerns allerdings wesentliche soziodemographische Daten enthalten, die die Grundlage für die nachfolgende Analyse bilden.
Der Begriff Alleinerziehende oder Ein-Eltern-Familie ist insofern etwas vage, als eventuell
entstandene neue Partnerschaften mit Personen, die nicht im Haushalt leben bzw. Beziehungen zum anderen Elternteil nicht exakt erfasst werden können. Demzufolge handelt es
sich bei statistischen Angaben über die Anzahl von Ein-Eltern-Familien stets um Näherungswerte.
In der offiziellen Statistik sind Alleinerziehende Personen, die ohne Ehe- oder Lebenspartner/in mit ihren minder- oder volljährigen Kindern (das bedeutet ohne Altersbegrenzung) in
26
vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Arbeitsbericht Zukunft für Familie, Berlin
2008, S. 45
27
Zum Forschungsstand und zu Berichten über die Situation Alleinerziehender bis 1997 vgl. Limmer, R.: Die
Lebenssituation Alleinerziehender und sozialpolitische Maßnahmen für Alleinerziehende im Ländervergleich.
Analyse von Berichten der öffentlichen Hand auf der Ebene der Bundesländer sowie ausgewählter Kommunen,
ifb-Matertialien Nr. 1/1998, Bamberg 2000, S. 13 ff.
35
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
einem Haushalt zusammenleben. Elternteile mit Lebenspartner/in im Haushalt zählen
dagegen zu den Lebensgemeinschaften mit Kindern.
Übersicht 14: Anteil Alleinerziehender an den Familien in Mecklenburg-Vorpommern
zwischen 1991 und 2006
Jahr
Anteil Alleinerziehender an den Familien
in %
1991
16,1
1992
15,8
1993
16,0
1994
17,3
1995
17,5
1996
17,5
1997
18,1
1998
19,0
1999
19,8
2000
20,1
2001
19,5
2002
19,9
2003
21,4
2006
27,0
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Sozialministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrg.): Kurzfassung
des Gesundheitsberichtes Mecklenburg-Vorpommern 2002/2003, Schwerin 2003, S.8 und Statistisches Amt
Mecklenburg-Vorpommern, Statistische Berichte, 22/2006, Schwerin 2008, S. 10
Insgesamt kann zunächst festgestellt werden, dass die Anzahl Alleinerziehender sich im
Verlauf der letzten Jahrzehnte kontinuierlich erhöht hat. Das hängt damit zusammen, dass
Alleinleben mit Kind/Kindern zu einem gesellschaftlich weitgehend akzeptierten Lebensentwurf geworden ist, der von immer mehr Menschen bewusst gewählt und gelebt wird. Die
Zunahme Alleinerziehender ist jedoch auch mit einer insgesamt höheren Scheidungsrate
36
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
verbunden. Gleiches gilt sicher auch für Partnerschaften, die wesentlich leichter getrennt
werden können, was jedoch von der offiziellen Statistik nicht zu erfassen ist, da die
Etablierung der meisten Formen partnerschaftlichen Zusammenlebens von den Behörden
nicht registriert wird28.
Eine Betrachtung der geschlechtsspezifischen Zusammensetzung der Alleinerziehenden
zeigt, dass auch in Mecklenburg-Vorpommern die Anzahl männlicher Haushaltsvorstände in
den Ein-Eltern-Familien nach wie vor sehr gering ist.
Übersicht 15: Alleinerziehende in Mecklenburg-Vorpommern 2006 nach Altersgruppen, Geschlecht und Männeranteil
Altersgruppe
Alter von…bis
unter…
insgesamt
Alleinerziehende
insgesamt
Frauen
Männer
Männeranteil in
%
70.400
63.500
(6.900)
(9,8)
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
25-35
12.900
12.500
400
(3,1)
35-45
24.500
22.100
2.400
(9,8)
45-55
16.400
14.500
1.900
(11,6)
55 und älter
12.600
10.500
2.100
(16,7)
unter 25
k. A. : Keine Angaben, da Zahlenwert nicht ausreichend genau oder repräsentativ ist
( ) Zahl hat eingeschränkten Aussagewert
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentlichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008, S. 29
28
Studien zufolge ist das Trennungsrisiko in Lebensgemeinschaften ungleich höher als in der Ehe, vgl.
Nave-Herz, R.: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft – eine soziologische Analyse, in: Staatsinstitut für Frühpädagogik (Hrg.): Das Online-Familienhandbuch, http://www.familienhandbuch.de/cmain/a_ Hauptseite. html, S.6
34
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Wie die Übersicht 15 verdeutlicht, ist ein erheblicher Teil der alleinerziehenden Mütter in
fortgeschrittenem Alter (45 bis 55 und älter). Das legt – unabhängig von einem kontinuierlichen Anstieg des Erstgebärendenalters nach 1990 – die Vermutung nahe, dass bei
dieser Gruppe von Frauen Kinder im Haushalt leben, die im Verhältnis zu Klein- und
Kleinstkindern eine geringeren Betreuungsaufwand erfordern. Lediglich in den Altersgruppen
der zwischen 25 und 35 sowie zwischen 35 und 45 Jahre alten alleinerziehenden Mütter
werden sich mehrheitlich Kinder bis zu 12 Jahren befinden. Deutschlandweit leben zusätzlich
zu den erwähnten 1,6 Mio. Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren noch einmal
etwa 1 Mio. Alleinerziehende29 mit Kindern über dieser Altersgrenze, die damit 38,5 Prozent
aller Ein-Eltern-Familien bilden.
Die bei alleinerziehenden Vätern lebenden Kinder sind vermutlich zum größten Teil bereits
Jugendliche, Heranwachsende oder junge Erwachsene. Dass bei alleinerziehenden Vätern
weniger und vor allem ältere Kinder leben, wird auch durch andere Studien belegt.30 Das
dürfte zu einem nicht geringen Teil auch damit zusammenhängen, dass Scheidungs- und
Trennungsvätern kleinere Kinder weitaus seltener zugesprochen werden. Bei nichtehelichen
Kindern ist nach deutscher Rechtsprechung die leibliche Mutter ohnehin alleinige Inhaberin
des Sorgerechtes. Ein gemeinsames Sorgerecht ist nur mit ihrer Zustimmung möglich.
Daher haben alleinerziehende Väter in der Regel auch weniger Schwierigkeiten, ihre familiären Verpflichtungen und die Erwerbsarbeit zu vereinbaren. Darüber hinaus zeigen
Untersuchungen, dass alleinerziehende Männer viel häufiger als Frauen in der gleichen
Lebenssituation auf soziale Unterstützung durch Verwandte, Bekannte und Freunde
zurückgreifen können31, weil alleinerziehende Männer auch in unserem Kulturraum immer
noch „normabweichend“ sind und deshalb vermeintlich besonderer Solidarität bedürfen.
Die folgende Übersicht zeigt detailliert die Altersstruktur der bei alleinerziehenden Müttern
lebenden Kinder. Analoge Angaben zu alleinerziehenden Vätern fehlen in der amtlichen
Statistik völlig.
29
vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Arbeitsbericht Zukunft für Familie, Berlin
2008, S. 44
30
vgl. Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrg.): Landessozialbericht 2003. Menschen in NRW in prekärer Lebenslage, Düsseldorf 2003, S. 78
31
vgl. Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrg.): Landessozialbericht 2003. Menschen in NRW in prekärer Lebenslage, Düsseldorf 2003 S. 84
38
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 16: Anzahl alleinerziehender Mütter in Mecklenburg-Vorpommern und
Altersstruktur der 2006 in ihrem Haushalt lebenden Kinder (ohne Altersbegrenzung)
Altersgruppe der Kinder
Anzahl der Mütter mit Kindern in dieser
Altersgruppe
unter 1 Jahr
k.A.
unter 3 Jahren
6.900
unter 6 Jahre
14.400
unter 10 Jahre
22.500
unter 15 Jahre
30.400
unter 18 Jahre
40.300
unter 27 Jahre
53.100
27 Jahre und älter
11.500
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentlichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008, S. 29
Im Hinblick auf die Anzahl der Kinder, die in Haushalten alleinerziehender Mütter leben,
erfasst die amtliche Statistik lediglich die mit einem oder zwei Kindern. Für alleinerziehende
Väter fehlen auch hier jegliche Angaben.
Übersicht 17: Alleinerziehende Mütter in Mecklenburg-Vorpommern und Anzahl
Kinder 2006
Anzahl der Kinder
Anzahl der Mütter mit Kindern
(ohne Altersbegrenzung)
Anzahl der Mütter mit
Kindern unter 18 Jahren
1 Kind
46.300
25.800
2 Kinder
12.900
10.300
k. A.
k.A.
3 und mehr Kinder
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentl ichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008, S. 29/30
Der Familienstand der allein erziehenden Mütter gibt einen Hinweis darauf, warum das
Kind/die Kinder allein versorgt werden. Während in den Nachkriegsjahren der Anteil
39
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
verwitweter Frauen an den alleinerziehenden Müttern durch die hohe Anzahl gefallener
Männer sehr groß war, ist er in den letzten Jahren deutlich gesunken. Die häufigste
Grundlage für den Status einer Alleinerziehenden ist die Scheidung bzw. das Getrenntleben
noch verheirateter Paare. Stark zugenommen hat unter den alleinerziehenden Müttern die
Gruppe der Ledigen.
Übersicht 18: Alleinerziehende Frauen in Mecklenburg-Vorpommern 2006 nach Familienstand
Familienstand
ledig
Anzahl der Frauen
Anteil an allen allein
erziehenden Frauen
in %
24.800
39,1
k.A.
k.A.
geschieden
25.300
39,8
verwitwet
12.900
20,3
verheiratet, getrennt lebend
k. A. : Keine Angaben, da Zahlenwert nicht ausreichend genau oder repräsentativ ist
( ) Zahl hat eingeschränkten Aussagewert
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentlichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008, S. 29
Die Feststellung des Familienstandes allein erziehender Mütter hat keineswegs nur eine
statistische oder akademische Bedeutung, sondern lässt vorsichtige Schlussfolgerungen im
Hinblick auf verwandtschaftliche Unterstützungsstrukturen zu, die bei Nichtexistenz bzw.
Ausfall des Partners unabdingbar sind, um den Alltag in Ein-Eltern-Familien überhaupt
bewältigen zu können.
So fallen wahrscheinlich die Netzwerke allein erziehenden Mütter, die nie in einer Partnerschaft/Ehe gelebt haben, im Durchschnitt am kleinsten aus, da die Netzwerkkomponenten,
die aus der Verwandtschaft und dem Freundeskreis des Partners bestehen, nicht in
Anspruch genommen werden können. Diese Situation dürfte bei Ausfall des Partners/
Ehemannes durch Tod (Verwitwung) dagegen eine andere sein, da dadurch bisher intakte
verwandtschaftliche Bindungen und Unterstützungsstrukturen in der Regel nicht unterbrochen werden.
Zu Herkunft und Höhe des Einkommens von Alleinerziehenden liegen leider nur lückenhafte
Sozialdaten zu Mecklenburg-Vorpommern vor. Das betrifft wieder einmal vor allem die
alleinerziehenden Väter.
40
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 19: Überwiegender Lebensunterhalt von alleinerziehenden Müttern in Mecklenburg-Vorpommern 2006
überwiegender
Lebensunterhalt
alleinerziehende Mütter
insgesamt
darunter Mütter mit
Kindern unter 18 Jahren
Erwerbstätigkeit
28.600 (45,0%)
18.400 (45,7%)
Arbeitslosengeld I und II
21.100 (33,2%)
17.200 (42,7%)
Rente/Pension
10.900 (17,2%)
k. A.
k. A.
k. A.
63.500 (100,0%
40.300 (63,5%)
sonstige Unterstützung*
insgesamt
* z. B. Unterhalt durch Angehörige, eigenes Vermögen, Sozialhilfe, Leistungen aus der Pflegeversicherung.
k. A. : Keine Angaben, da Zahlenwert nicht ausreichend genau oder repräsentativ ist
( ) Zahl hat eingeschränkten Aussagewert
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffent lichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008, S. 32
Die Unterschiede im Einkommen32 der alleinerziehenden Mütter, die durch die offizielle
Statistik nur lückenhaft widergespiegelt werden, hängen von verschiedenen Faktoren ab. Am
günstigsten gestaltet sich die Situation bei Integration in Vollzeiterwerbsarbeit33, die wiederum von der jeweils lokalen Arbeitsmarktlage, der beruflichen Qualifikation der Mütter und
Möglichkeiten der Kinderbetreuung abhängig ist. Da der Übersicht nicht zu entnehmen ist,
welche Einkommensbestandteile aus Erwerbsarbeit, Transferleistungen und sonstigen
Unterstützungen kommen, ist eine Einschätzung der Rolle der Erwerbsarbeit nur schwer
möglich. Es ist jedoch zu vermuten, dass in den Einkommensgruppen zwischen 1.300 und
2.600 € Lohn, Gehalt oder auch Gewinne aus selbständiger Tätigkeit eine große Rolle
spielen. Immerhin sind 28.600 oder 45,0% der alleinerziehenden Mütter in Erwerbsarbeit
einbezogen.34 Es ist gleichzeitig zu vermuten, dass in diesen oberen Einkommensgruppen in
erster Linie ältere alleinerziehende Mütter mit jeweils älteren Kindern dominieren.
32
bundesweit liegt bei etwa 40% der Alleinerziehenden das Haushaltseinkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle (60% des gewichteten Medianeinkommens), vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend: Arbeitsbericht Zukunft für Familie, Berlin 2008, S. 45
33
Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass Vollzeiterwerbsarbeit an sich noch keine Armutslagen beseitigt
oder minimiert. Viele Frauen und vor allem auch alleinerziehende Mütter sind im sogenannten Niedriglohnsektor
beschäftigt (working poor), der in der Regel kaum existenzsichernde Bezüge bietet.
34
vgl. Übersicht Nr. 19
41
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 20: Monatliches Nettoeinkommen der alleinerziehenden Mütter in Mecklenburg-Vorpommern 2006
Monatliches
Nettoeinkommen von …
bis unter … EURO
alleinerziehende Mütter
insgesamt
unter 500
darunter Mütter mit
Kindern unter 18 Jahren
k. A.
k. A.
500 bis 900
12.400
10.600
900 bis 1.300
21.000
15.600
1.300 bis 1.500
(8.600)
(5.700)
1.500 bis 1.700
k. A.
k. A.
1.700 bis 2.000
k. A.
k. A.
2.000 bis 2.600
(7.100)
k. A.
k. A.
k. A.
63.500
40.300
2.600 und mehr
insgesamt
k. A. : Keine Angaben, da Zahlenwert nicht ausreichend genau oder repräsentativ ist
( ) Zahl hat eingeschränkten Aussagewert
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, noch unveröffentlichter Bericht zu Familien in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2008, S. 29/30
Generell gilt, dass sich Einkommensarmut ganz wesentlich auf jüngere Mütter konzentriert,
in deren Haushalt Kinder mit einem hohen Betreuungsaufwand leben35. Durch familienorganisatorische Probleme (Betreuung der Kinder generell, Betreuung in Randzeiten, Ausfall von
privaten Unterstützungsstrukturen, Krankheit der Kinder usw.) besteht aus der Sicht der
Arbeitsagenturen eine eingeschränkte Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt, die ein Vermittlungshindernis ist und auch dazu führt, dass zahlreiche alleinerziehende Mütter gar nicht
den Status einer Arbeitslosen erhalten36.
Diese Situation wird in mütterzentrierten Ein-Eltern-Familien durch das Vorhandensein
mehrerer Kinder im Alter unter 10 Jahren noch bedeutend verschärft. Dadurch haben sie auf
dem Arbeitsmarkt deutlich geringere Chancen als ältere Mütter, die schon aufgrund des
Alters der Kinder, die bereits klar definierte Aufgaben in der häuslichen Reproduktionsarbeit
übernehmen können, selbständiger sind und insgesamt einen geringeren Betreuungsaufwand erfordern, über ganz andere Optionen bei der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie
und Privatleben verfügen. Das ist auch eine der Ursachen dafür, dass alleinerziehende
35
vgl. Eggen, B.: Alleinerziehende – Vielfalt einer Familienform, in: Das Online-Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP), (www.familienhandbuch.de)
36
vgl. Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarktberichterstattung: Alleinerziehende im SGB II, Nürnberg 2008, S. 7f.
42
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Väter, die in der Regel älter sind und auch ältere Kinder in ihrem Haushalt haben, in weitaus
geringerem Maße von Einkommensarmut betroffen sind.
Diese nur knapp skizzierten Merkmale der sozialen Situation von alleinerziehenden Müttern
in Mecklenburg-Vorpommern verdeutlichen, dass es sich keineswegs um eine homogene
Gruppe handelt37. Zwischen der jungen allein erziehenden Mutter mit Kind/Kindern im Vorschulalter, mit Hauptschulabschluss und ohne Berufsausbildung sowie geringen Zugriffsmöglichkeiten auf formelle und informelle Netzwerke und einer allein erziehenden Mutter mit
Kind/Kindern in der Pubertät, Hochschulabschluss und gefestigter beruflicher Position, die
sich vielleicht noch der Unterstützung von Verwandten, Kollegen und Bekannten erfreuen
kann, liegen Welten.
Besonders prekär ist in vielen Fällen die Lage minderjähriger alleinerziehender Mädchen und
Frauen, deren Kinder Ergebnis so genannter Teenagerschwangerschaften sind. Die Gruppe
dieser zum großen Teil alleinerziehenden Frauen ist zwischen 1995 und 2004 in etwa zwei
Drittel der Landkreise und kreisfreien Städte der Bundesrepublik gestiegen, besonders stark
jedoch in wirtschaftsschwachen Regionen der neuen Bundesländer wie z.B. im Kreis
Uecker-Randow in Mecklenburg-Vorpommern38. In der Regel handelt es sich um Mädchen
und Frauen mit keinen oder geringen schulischen Abschlüssen (Förderschule, Hauptschule,
Schulabbrecherinnen) ohne berufliche Ausbildung, die aus sozial schwachen Familien
stammen, in denen sich Armut und berufliche Perspektivlosigkeit inzwischen „vererben“ und
damit über Generationen verfestigen.39
Eine genauere Analyse ist auf der Grundlage der vorliegenden Sozialdaten kaum möglich.
Dennoch lässt sich generell feststellen, dass das den Alleinerziehenden auf der Basis von
Durchschnittswerten zugeschriebene Image einer mit besonderen Defiziten behafteten
Problemgruppe im Wesentlichen nur auf einen Teil zutrifft, bei dem es jedoch nicht selten zu
einer Kumulation einzelner Problemlagen kommt. Charakteristisch sind folgende Merkmale:
•
Es handelt sich mehrheitlich um jüngere Mütter mit (zum Teil mehreren) Kindern unter
10/12 Jahren, die die für viele berufliche Tätigkeiten erforderliche zeitliche Flexibilität und
räumliche Mobilität nicht erbringen können. Dadurch weisen sie nicht nur starke Vermittlungshindernisse auf, sondern haben im Fall einer beruflichen Tätigkeit auch weitaus
geringere Aufstiegsmöglichkeiten.
37
zu den Unterschieden in der großen Gruppe der Alleinerziehenden vgl. auch Fegert, J. M.: Entwicklungschancen und Entwicklungsrisiken in Einelternfamilien. Soziale und entwicklungspsychopathologische Aspekte, in:
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Alleinerziehen in Deutschland. Ressourcen und
Risiken einer Lebensform, (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001
38
vgl. hierzu die Studie: Berlin-Instiutut für Bevölkerung und Entwicklung (Hrg.): Not am Mann. Von Helden der
Arbeit zur neuen Unterschicht? Lebenslagen junger Erwachsener in wirtschaftlichen Abstiegsregionen der neuen
Bundesländer, Berlin 2007, S. 32 ff.
39
vgl. ebenda, S. 33 und Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrg.): Teenagerschwangerschaften
international, in: BZgA Forum Sexualaufklärung und Familienplanung, Frankfurt a. M. 2/2007, S. 12-20
43
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
•
Viele dieser Mütter stehen erst am Anfang ihrer Etablierung im beruflichen Leben oder
verfügen sogar noch nicht einmal über eine abgeschlossene berufliche Qualifikation.
•
Sie zählen zu den Erwerbstätigen, die unter heutigen Arbeitsbedingungen die geringsten
Chancen auf eine Vereinbarkeit von beruflicher Tätigkeit, Betreuung der Kinder und Privatleben haben40.
•
Die Möglichkeiten, ihre berufliche Situation durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen
bzw. Formen des lebenslangen Lernens zu verbessern, sind generell schlecht.
•
Alleinerziehende Mütter dieser Gruppe leben überdurchschnittlich oft in prekären Einkommensverhältnissen, die unter den Werten von Frauen in anderen familiären Lebensformen (Ehe, Lebensgemeinschaft) bzw. alleinerziehender Mütter mit älteren Kindern
liegen. Obwohl zur Überwindung dieser Situation ihre Integration in existenzsichernde
Formen der Erwerbsarbeit wichtig ist, stellen sie eine äußerst „verletzbare“ Gruppe auf
dem Arbeitsmarkt dar.
•
Alleinerziehende Mütter dieser Gruppe weisen wesentlich stärkere gesundheitliche Probleme auf als Frauen in anderen familiären Lebensformen und weniger prekären
Einkommensverhältnissen. Das bezieht sich in erster Linie auf einen schlechteren
psychischen Gesundheitszustand, der sich in psychosomatischen Beschwerden und
einem signifikant höherer Anteil von Depressionen zeigt. Die Ursachen dafür liegen im
Stress der Haushaltsorganisation, in der Alleinverantwortung für die Kinder und auch in
der Abwesenheit eines festen Partners. Für Letzteres sprechen auch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, die belegen, dass Alleinstehende (beiderlei Geschlechts)
eine schlechtere Gesundheit aufweisen, als altersgleiche Personen, die in einer festen
Partnerschaft leben41.
Es bleibt also festzuhalten, dass weniger das Alleinerziehen an sich sondern vielmehr geringe schulische und/oder berufliche Qualifikation, die generell eine Integration in den Arbeitsmarkt erschwert, die Herkunft aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien mit oftmals
eingeschränkten Unterstützungspotenzialen und nicht zuletzt die Existenz eines oder
mehrerer Kinder in sehr betreuungsaufwendigen Altersgruppen die sozialen Probleme
konstituieren, die bisweilen generell Alleinerziehenden zugeschrieben werden.
40
eine 2007 vom DGB durchgeführte Befragung ergab, dass die alleinerziehenden Frauen am wenigsten mit ihrer
Vereinbarkeitsbilanz zufrieden waren, vgl. DGB-Index Gute Arbeit. Work-Life-Balance 2007 – Der Report. Wie die
Beschäftigten die Vereinbarkeit von Berufs-, Familien- und Privatleben beurteilen, Berlin 2007, S. 8
41
vgl. DAK Gesundheitsreport 2001: Frauen-Beruf-Familie. Doppelbelastung ein Mythos?, Hamburg 2001, S. 8
und S. 40 und DAK-Gesundheitsreport 2005. Arbeitsplatz Büro, Hamburg 2005, S. 65 sowie Klindworth, H./
Hendel-Kramer, A./Helfferich, C.: Gesundheitliche Lage alleinerziehender Mütter, (Hrg.) Gesundheit Berlin e.V. –
Landesarbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung, Berlin 2003 (http://www.gesundheitberlin.de/ index.php
4?request=themen&topic=1558&type=infotext&display=1) zu belastenden Faktoren, die mehr oder weniger alle
Alleinerziehenden betreffen, vgl. ferner Ott, N.: Die sozialpolitische Situation Alleinerziehender und spezifische
Belastungen, in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Alleinerziehen in Deutschland.
Ressourcen und Risiken einer Lebensform, (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001, S. 25-27
44
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Ungeachtet dieser notwendigen Differenzierung im Hinblick auf die unterschiedlichen
Lebenslagen innerhalb der Alleinerziehenden gibt es einige Momente, die generell mit
diesem Status verbunden sind und auch auf Frauen (wie Männer) zutreffen, die sich nicht in
einer prekären Situation befinden:
•
Für Alleinerziehende entfällt generell die Möglichkeit der Kosteneinsparung durch
gemeinsames Wirtschaften.
•
Es besteht in jedem Fall die alltägliche Alleinverantwortlichkeit für die Versorgung und
Erziehung des Kindes/der Kinder auch wenn ein Expartner temporär von seinem
Besuchs- und Umgangsrecht Gebrauch macht.
•
Es fehlt durch die Abwesenheit eines Partners ein großer Teil emotionaler Geborgenheit,
der auch durch Kinder, Verwandte und Freunde in der Regel nicht kompensierbar ist.
•
Es besteht keine Möglichkeit, mit einem Partner über akute Problemlagen zu sprechen
und zu gemeinsamen Lösungen zu kommen.
•
Es fehlt die Möglichkeit zu arbeitsteiliger Kooperation in der häuslichen Reproduktionsund Sorgearbeit. Daher besteht – jenseits aller Unterschiede im Einkommen – eine Zeitarmut. Das gilt umso mehr, wenn die allein erziehenden Mütter noch erwerbstätig sind.
•
Personelle Ausfälle, vor allem wenn sie plötzlich auftreten, sind kaum kompensierbar
(eigene Krankheit, Krankheit der Kinder, Krankheit der Großeltern, die Betreuungsfunktionen haben usw.)42.
Strategien zur Eingliederung von Alleinerziehenden in den Arbeitsmarkt, Unterstützungsmaßnahmen auf kommunaler Ebene, Familienbildung– und Beratung sowie Personalpolitik
in Unternehmen werden als Grundlage also jeweils einen Überblick über die innere Differenzierung der Alleinerziehenden benötigen und ihre Hilfsangebote in erster Linie auf die
Gruppe in „risikobehafteten Lebenslagen“ zuschneiden.43
42
vgl. Ott, N.: Die sozialpolitische Situation Alleinerziehender und spezifische Belastungen, in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Alleinerziehen in Deutschland. Ressourcen und Risiken einer
Lebensform, (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001, S. 25-27
43
Gute Beispiele für zielgruppenorientierte Handlungskonzepte in unterschiedlichen Bereichen finden sich in:
Erler, W../Sterzing, D.: Unterstützung für Alleinerziehende – Arbeitsmarktintegration und soziale Teilhabe, München 2005 (Hrg. Deutsches Jugend-Institut)
Eine mit besonderen Risiken behaftete Gruppe innerhalb der jungen Alleinerziehenden stellen die TeenagerMütter dar, die vor allem in strukturschwachen Regionen der neuen Bundesländer überrepräsentiert sind. Den
höchsten Anteil wies der Kreis Uecker-Randow auf. Vgl. hierzu die Studie: Berlin-Instiutut für Bevölkerung und
Entwicklung (Hrg.): Not am Mann. Von Helden der Arbeit zur neuen Unterschicht? Lebenslagen junger
Erwachsener in wirtschaftlichen Abstiegsregionen der neuen Bundesländer, Berlin 2007, S. 32 ff.
45
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
2.5 Junge Frauen und Mütter – unverzichtbares Arbeitskraftpotenzial oder
beschäftigungspolitische Risikogruppe?
Im Hinblick auf die Erwerbsarbeit von Frauen sind in den letzten Jahren deutschlandweit
folgende Tendenzen zu verzeichnen:
1. Der Anteil erwerbstätiger Frauen (in selbständiger Tätigkeit oder abhängiger Beschäftigung) an allen Frauen im erwerbsfähigen Alter hat ständig zugenommen. Das bedeutet,
dass immer mehr Frauen eine berufliche Tätigkeit anstreben, um ökonomisch unabhängig zu sein und die erworbenen fachlichen und sozialen Kompetenzen auch außerhalb
häuslich-familiärer Zusammenhänge einbringen zu können. Diese Tendenz, die in der
DDR historisch wesentlich früher begann und zur höchsten Frauenbeschäftigungsquote
im Weltmaßstab führte, setzt sich immer stärker auch in den alten Bundesländern durch.
Damit erodiert naturgemäß auch das traditionelle Familienernährermodell, das aufgrund
der Unwägbarkeiten beruflicher Biographien von Männern immer weniger lebbar wird und
hinsichtlich der sozialen Absicherung von Frauen große Risiken in sich birgt.
2. Wir haben heute auf der Grundlage der Ergebnisse der Bildungsexpansion sowie eines
deutlichen gesellschaftlichen Wertewandels im Hinblick auf die Akzeptanz weiblicher
Erwerbsarbeit die bestausgebildete Generation junger Frauen, die nicht nur schlechthin
am Erwerbsleben teilnehmen wollen, sondern Tätigkeiten in neuen (vormals häufig Männern vorbehaltenen) Berufsfeldern und auch Führungspositionen anstreben. Somit
stellen Frauen nicht nur in quantitativer Hinsicht inzwischen ein beachtliches Arbeitskraftpotenzial dar, sondern verfügen auch über schulische und berufliche Qualifikationen,
die denen der Männer immer häufiger sogar überlegen sind.
3. Die zunehmende Erwerbsneigung vor allem junger Frauen bedeutet nicht eine Geringschätzung von Familie (zu der immer auch Kinder zählen)44 und vielfältiger Aktivitäten im
privaten Lebensbereich, die mit der allgemein angestiegenen Freizeitorientierung der
Menschen verbunden sind (Hobby, Sport, Kultur, Muße, Beziehungen zu Verwandten
und Freunden etc.). Alle Befragungen von erwerbstätigen Frauen zeigen deutlich, dass
sie sich die Vereinbarkeit von beruflicher Tätigkeit, Familie und Privatleben wünschen,
dass Kinder mehrheitlich als Bereicherung des Lebens empfunden werden45. Dass diese
Einstellungen sich nicht immer auf der Verhaltensebene widerspiegeln mag bisweilen
44
zur Definition von Familie in der offiziellen Statistik vgl. Statistisches Bundesamt: Statistisches Jahrbuch 2008
für die Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 2008, S. 32. Diese Definition wurde auch von den statistischen
Landesämtern übernommen.
45
Das zeigt für Mecklenburg-Vorpommern bereits eine in den neunziger Jahren des vorigen Jh. erstellte Publikation: Hübner, C./Gerdes, J./Genschow, B.: Lebensplanung von Mädchen und jungen Frauen in MecklenburgVorpommern, Studie im Auftrag der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Rostock 1998, aktuell für ganz Deutschland vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend: Mütter und Beruf – Realitäten und Perspektiven, Monitor Familienforschung Nr. 4, Berlin 2005, S. 3
46
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
durchaus mit einer hedonistischen Lebenseinstellung junger Menschen (Frauen und
Männer) zusammenhängen, dürfte aber in erster Linie auf ungünstige Rahmenbedingungen zurückzuführen sein, die teilweise auch durch Arbeitgeber bestimmt werden.
Unternehmen nutzen – zumal in Zeiten eines offenkundigen Fachkräftemangels – gerne das
Arbeitskraftpotenzial von Frauen, orientieren sich aber hinsichtlich der Anforderungen an die
Arbeitnehmer/innen (Flexibilität, Mobilität, Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit, lebenslanges
Lernen) insgesamt immer noch stark an traditionellen männlichen Erwerbsbiographien.
Diese sind nicht nur durch mehrheitliche Vollbeschäftigung sowie höhere durchschnittliche
Vergütungen und Karriereoptionen gekennzeichnet, sondern vor allem auch durch traditionelle Arrangements in der innerfamiliären Arbeitsteilung, die erst die typisch männliche
Erwerbsbiographie getreu dem Allein- bzw. Hauptverdienermodell
ermöglichen. Deshalb
wird männliche Erwerbsarbeit und volles Engagement im Beruf auch selten durch Familienbildung/Vaterschaft tangiert.
Für Unternehmen ist der (traditionelle) Mann daher schlechthin der vorteilhaftere Arbeitnehmer, da er aufgrund seiner biologischer Besonderheiten (keine Einschränkung der
Arbeitsfähigkeit durch Schwangerschaft, Schwangerschaftskomplikationen, Mütterschutz
usw.) und des realen Fortbestehens des traditionellen Geschlechterarrangements in der
häuslichen Reproduktions- und Sorgearbeit am meisten den neuen Flexibilitäts,- Mobilitätsund Verfügbarkeitsanforderungen entsprechen kann.
Ganz anders die Frauen: Während sie als sehr junge Arbeitnehmerinnen ohne familiäre
Ambitionen noch weitgehend dem männlichen Beschäftigten ähneln und ihm auch im
Hinblick auf fachliche Kompetenzen keineswegs nachstehen, ändert sich das mit Ehe/Partnerschaft und vor allem mit der Geburt von Kindern. Nun stellen Frauen für Arbeitgeber
potenziell eine beschäftigungspolitische Risikogruppe dar. Auf der einen Seite werden sie –
schon aufgrund der demographischen Entwicklung und der gerade in MecklenburgVorpommern hohen Abwanderung junger Frauen – als Arbeitskräfte dringend benötigt, auf
der anderen Seite haben Unternehmen in Sachen Frauenbeschäftigung eine ambivalente
Haltung. Diese hängt mit folgenden Faktoren (bisweilen auch mit kaum untersuchten Vermutungen und Klischeevorstellungen) zusammen, die Arbeitgeber/innen bzw. Personalverantwortliche tatsächlich vor zum Teil beträchtliche Probleme46 stellen und bei der Konzipierung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Unternehmen und Einrichtungen berücksichtigt werden müssen:
46
Zu Problemen mit Schwangerschaften und Elternzeit in Unternehmen verschiedener Struktur und Größe vgl.
Informationsportal "Die Fachkraft" - Infodienst für Ausbilder und Personalverantwortliche: Schwangere Mitarbeiterinnen – eine Herausforderung für den Mittelstand, Erkrath 2005 (www.die-fachkraft.de)
47
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
•
Jede beschäftigte Frau im gebärfähigen Alter ist eine potenzielle Mutter47.
•
Frauen können während der Elternzeit berufliche Kompetenz/Professionalität einbüßen.
Diese Befürchtung wird wohl auch durch die neue Elternzeitregelung nicht ausgeräumt
werden, da immer noch mehrheitlich Frauen von dieser Freistellungsregelung Gebrauch
machen bzw. den größten Teil der Elternzeit (in der Regel ein Jahr) übernehmen.
•
Frauen unterliegen während der Schwangerschaft besonderen Schutzbestimmungen und
sind daher in einigen Bereichen nur bedingt in der gewohnten Weise einsetzbar, was zu
arbeitsorganisatorischen Komplikationen im Unternehmen führen kann. Die Auflagen
erfordern manchmal einen aufwendigen arbeitsteiligen Einsatz, bisweilen die Umsetzung
an einen anderen Arbeitsplatz oder gar die komplette Einstellung der beruflichen
Tätigkeit während der Schwangerschaft. Besondere Probleme entstehen nicht selten bei
unerkannten Schwangerschaften durch die Nichteinhaltung bestimmter Schutzvorschriften in dieser Frühphase.
•
Bei Frauen, die ein Kind erwarten, können durch Schwangerschaftskomplikationen u. U.
längere Arbeitsunfähigkeitszeiten entstehen, die für das Unternehmen (vor allen in Kleinund Kleinstbetrieben) nicht oder nur schwer zu kompensieren sind.
•
Frauen verlangen nicht selten nach der Elternzeit andere Arbeitszeiten (Absenkung auf
Teilzeit, Anhebung auf Vollzeit), wodurch es im Hinblick auf die arbeitsorganisatorischen
Abläufe im Betrieb zu Problemen kommen kann.
•
Mehr als 40% der Frauen in Westdeutschland und 20 % der Frauen in Ostdeutschland
kehren nach der Elternzeit nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurück.48
•
Häufig gibt es hinsichtlich des definitiven Rückkehrzeitpunktes aus der Elternzeit noch
keine eindeutigen Festlegungen seitens der Frauen, wodurch die Planung im Unternehmen erschwert wird.
•
Hauptsächlich Frauen engagieren sich in der Betreuung erkrankter Kinder, was u. U. zu
erhöhten Arbeitsunfähigkeitszeiten (AU-Tagen) führt (vgl, Ausführungen zur Betreuung
kranker Kinder u. vor allem die Übersicht 28 dieser Studie).
•
Da Frauen sich nach allen Zeitbudgetstudien hauptsächlich um die Betreuung der Kinder
kümmern bzw. diese organisieren müssen, sind sie zeitlich nicht so flexibel und räumlich
weniger mobil, lassen also die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit nicht so zu wie die
Männer.
47
Vgl. Janssen, P.: Arbeitsrecht und unternehmerische Einstellungsbereitschaft, in: IW-Trends, Vierteljahresschrift
zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2/2004, S.9 ff.
48
vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Themen, Ideen, Formate: Veranstaltungskonzepte zum Erfolgsfaktor Familie, Berlin 2008, S. 8 u. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend: Familienbewusste Personalpolitik. Informationen für Arbeitnehmervertretungen, Unternehmensund Personalleitungen, Berlin 2008, S. 6
48
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
•
Frauen haben nach Wiedereinstieg oft den Wunsch nach Teilzeitarbeit, den sie gesetzlich durchsetzen können (in Unternehmen mit mehr als 15 Arbeitnehmern), der jedoch für
manche Betriebe schwer zu realisieren ist. Daher ist die berufliche Karriere für Frauen
nach der Elternzeit häufig auch beendet, da unterstellt wird, dass sie aufgrund der
Kinderbetreuung nicht unbegrenzt verfügbar sind oder weil sie in Teilzeit nicht eine
Führungsaufgabe ausfüllen können, die – von wenigen Ausnahmen abgesehen – natürlich immer noch auf männliche Erwerbsbiographien zugeschnitten sind.
•
Es hält sich hartnäckig die Auffassung, dass Frauen häufiger krank(geschrieben) sind.
Das gilt nicht nur im Hinblick auf die Betreuung erkrankter Kinder und Schwangerschaftskomplikationen, sondern auf den Krankenstand schlechthin.
•
Nicht selten existiert auch die Vermutung, dass Frauen psychisch nicht so belastbar sind.
Als Grundlage dafür wird in der Regel auf höhere AU-Fälle und längere AU-Zeiten49 im
Gefolge psychischer Erkrankungen verwiesen.
•
Bei einer Ehescheidungsrate von nahezu 50% (die Trennungshäufigkeit von unverheirateten Paaren ist statistisch nicht nachzuweisen) ist die erweiterte Reproduktion
allein erziehender Mütter absehbar, da ja zumeist die Frauen die Kinder zugesprochen
bekommen. Das könnte natürlich auch auf das eigene Unternehmen zukommen,
wodurch sich dann u. U. zusätzliche arbeitsorganisatorische Probleme ergeben würden.
Dass die angeführten Problemlagen Unternehmen umtreiben50, zeigt z. B. eine vom Institut
der deutschen Wirtschaft in Köln durchgeführte Befragung in 859 Unternehmen51. Wesentliche Ergebnisse/Aussagen sind in der folgenden Übersicht enthalten:
49
Die Arbeitsunfähigkeitsquote (AU-Quote) weist den Anteil von Versicherten aus, die im Berichtszeitraum mindestens einmal bescheinigt arbeitsunfähig waren. Die Kennzahl „AU-Fälle zeigt an, wie viele Krankschreibungen
pro 100 Versichertenjahre vorkamen und gibt damit Hinweise auf die Häufigkeit von Erkrankungen. Die Kennzahl
„AU-Tage pro 100 Versichertenjahre“ gibt die Dauer einer Krankheit wieder. Die durchschnittliche AU-Dauer pro
Fall errechnet sich, indem man die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage durch die Zahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle
dividiert.
50
Dabei ist in der Regel die allgemeine Wahrnehmung der Probleme wesentlich größer als die tatsächliche Betroffenheit im eigenen Unternehmen, vgl. u.a. IHK Hannover (Hrg.): Für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und
Familie, Hannover 2007, S. 25
51
Ähnliche Untersuchungen zu Auffassungen von Führungskräften in Unternehmen Mecklenburg-Vorpom merns
liegen nicht vor. Eine erste Analyse soll die in diese Studie integrierte Auswertung einer Unternehmensbefragung
in diesem Bundesland bieten.
49
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 21: Ausgewählte Ergebnisse einer vom Institut der deutschen Wirtschaft in
Köln durchgeführten Unternehmensbefragung
Meinung
Gesamtzahl der Unternehmen = 859
Anzahl der Unternehmen, die die Meinung
unterstützten
Prozentsatz der Unternehmen, die die Meinung unterstützten
Besondere Kündigungsschutzbestimmungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen
(z. B. junge Frauen als potenzielle Mütter)
führen dazu, dass diese seltener eingestellt werden.
670
78
Es werden seltener junge Frauen eingestellt, weil sie die Frage nach der Schwangerschaft nicht wahrheitsgemäß beantworten müssen.
636
74
Bejahen dieser Auffassung in kleinen Unter- nehmen mit bis zu 10 Beschäftigten.
------
77
Bejahen dieser Auffassung in größeren
Betrie- ben.
-----
50
Risiken und Lohnfortzahlungen aufgrund
des Mutterschutzes sind für Unternehmen
unzumutbar.
618
72
Unternehmen stellen seltener junge, kinderlose Frauen ein, seit es das Teilzeitgesetz gibt.
490
57
Durch das Teilzeitgesetz müssen Arbeitsplätze eingerichtet werden, die oftmals
betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll sind.
447
52
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Janssen, P.: Arbeitsrecht und unternehmerische Einstellungsbereitschaft, in: IW-Trends, Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung, Institut der deutschen
Wirtschaft Köln, 2/2004, S. 12/13
Als besonderes Problem hat sich die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen erwiesen, die
unter heutigen Bedingungen keineswegs immer den „klassischen“ Zuschnitt haben (z. B.
morgens vier Stunden), der am besten mit der Kinderbetreuung korrespondiert. Abgesehen
davon, dass sich verschiedene Tätigkeiten nur schwer in Teilzeitarbeitsplätze „zerlegen“
lassen, geht es in vielen Unternehmen um die personelle Abdeckung möglichst langer
Betriebs- bzw. Öffnungszeiten, die unter den gegebenen Umständen der Kinderbetreuung
wiederum für Mütter (und Väter) einen beruflichen Einstieg oder auch Wiedereinstieg
erschwert. Bedenken im Hinblick auf die Beschäftigung von Frauen macht auch eine andere
50
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Studie deutlich, in der Firmenchefs und Personalverantwortliche folgende Einstellungshindernisse benennen52:
•
Frauen machen wegen ihrer Familienpflichten Präferenzen im Schichtdienst geltend, die
nur in beschränktem Rahmen in der betrieblichen Praxis umsetzbar sind.
•
Frauen sind weniger flexibel einsetzbar, bspw. selten bei Wochenendarbeiten.
•
Frauen haben ein größeres Interesse an Teilzeitarbeit, was für manche Betriebe die
Einsatzplanung erschwert.
•
Die generative Funktion von Frauen wirkt sich nachteilig aus.
•
Frauen sind öfter krank als Männer.
2.5.1 Ausfallzeiten durch Inanspruchnahme von Elternzeit
Das Risiko für Unternehmen, dass Beschäftigte aufgrund der Geburt eines Kindes für einen
mehr oder weniger langen Zeitraum nicht zur Verfügung stehen, betraf in der Vergangenheit
vorrangig Frauen, da der Anteil von Männern in Elternzeit fast flächendeckend gegen Null
tendierte53. Auch wenn von einem Durchbruch noch nicht die Rede sein kann, hat sich mit
der Einführung der neuen Elterngeldregelung der Anreiz für Männer erhöht, sich für die
Betreuung von Kindern von der Arbeit freistellen zu lassen.
Dadurch erhalten die Risiken für Unternehmen tendenziell eine andere Struktur und können
durch die Favorisierung männlicher Beschäftigter nicht mehr ohne weiteres minimiert
werden. Noch ist zwar die traditionelle Konstellation im Hinblick auf die Beantragung von
Elterngeld prinzipiell nicht überwunden, es könnten sich jedoch in Zukunft hier u. U.
bedeutsame Veränderungen ergeben. Hinzukommt, dass Männer durchschnittlich fünf Jahre
älter sind als Frauen wenn sie Elternurlaub beantragen (60,8% sind zwischen 30 und 40
Jahre alt). Daher ist zu vermuten, dass sie bereits über mehr fachliche Kompetenzen und
betriebsinternes Wissen verfügen und möglicherweise auch schon eine leitende Tätigkeit
ausüben. Auch wenn ihre Ausfallzeiten in der Regel kürzer sind als die von Frauen in der
Elternzeit, sind sie bisweilen von den Unternehmen schwerer zu kompensieren.54 „Bislang
konnten Unternehmen das Risiko, dass Mitarbeiterinnen nach der Geburt von Kindern erst
einmal ausfallen, leicht vermeiden, indem sie Männer statt Frauen einstellten und
weiterbildeten. Doch das könnte sich nun ändern, wenn die Erfolgsgarantie für diese
52
vgl. Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft e.V. (Hrg.):Einstellungsverhalten und personalpolitische
Strategien in saarländischen Unternehmen und Gebietskörperschaften. Ergebnisse einer Befragung von Personalverantwortlichen im Jahr 2003, Saarbrücken 2004, S. 36
53
Noch im Jahre 2006 lag die Väterquote beim Erziehungsgeld in Mecklenburg-Vorpommern lediglich bei 3,8%,
vgl. Gesundheitsreport Mecklenburg Vorpommern Jahrgang 2008, Leipzig 2008, S. 21
54
vgl. Institut für Wirtschaftsforschung Halle (Hrg.): Elterngeld – Neuer Risikofaktor für Unternehmen, IWH-Pressemitteilung, Halle, 27/2008, S. 7
51
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Strategie wegfällt. Profitieren dürften davon die Frauen: Ihre Karrierechancen verbessern
sich, wenn sich die Risiken zwischen beiden Geschlechtern angleichen…“55
Dass sich hier neue Tendenzen andeuten, zeigt die folgende Übersicht für MecklenburgVorpommern.
Übersicht 22: Bewilligte Anträge auf Elterngeld in Mecklenburg-Vorpommern von
Januar bis Dezember 2007
davon
Kreis bzw. kreisfreie Stadt
insgesamt
männlich
absolut
Mecklenburg-Vorpommern
weiblich
in %
absolut
in %
11.557
1.056
9,1
10.501
90,9
Bad Doberan
761
73
9,6
688
90,4
Demmin
535
38
7,1
497
92,9
Greifswald
468
50
10,7
418
89,3
Güstrow
703
50
7,1
653
92,9
Ludwigslust
830
56
6,7
774
93,3
Mecklenburg-Strelitz
533
48
9,0
485
91,0
Müritz
503
45
8,9
458
91,1
Neubrandenburg
560
59
10,5
501
89,5
Nordvorpommern
741
75
10,1
666
89,9
Nordwestmecklenburg
802
64
8,0
738
92,0
Ostvorpommern
704
75
10,7
629
89,3
Parchim
603
54
9,0
549
91,0
Rostock
1.497
157
10,5
1.340
89,5
Rügen
432
35
8,1
397
91,9
Schwerin
707
76
10,7
631
89,3
Stralsund
404
48
11,9
356
88,1
Uecker-Randow
487
31
6,4
456
93,6
Wismar
287
22
7,7
265
92,3
Quelle: zusammengestellt nach: Statistisches Bundesamt: Statistik zum Elterngeld. Elterngeld regional: Vergleich
aller 439 Kreise in Deutschland, Wiesbaden 2008, S. 8
55
Focus online am 23.07.2008: Elterngeld-Risikofaktor für Unternehmen (http://www.focus.de/karriere/
perspektiven/branchen/elterngeld-risikofaktor-fuer-unternehmen_aid_319784.html
52
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Bei einer Betrachtung des Zeitraumes Januar 2007 bis Juni 2008 wird deutlich, dass es in
Mecklenburg-Vorpommern insgesamt 14.085 bewilligte Anträge auf Eltergeld gab. 12.217
(86,7%) wurden von Frauen eingereicht, 1.868 (13,3%) dagegen von Männern56.
Hinsichtlich der Bezugsdauer des Elterngeldes wurde von den Antragsteller/innen eindeutig
der Zeitraum 7 bis 12 Monate favorisiert, der in allen Bundesländern bei über 80% lag57.
Diese Präferenz zeichnete sich auch in der Unternehmensbefragung ab, deren Ergebnisse in
der vorliegenden Studie enthalten sind.
Generelle Trends in die angedeutete Richtung lassen sich allerdings erst nach mehreren
Jahren ausmachen. Hinzukommt, dass keineswegs alle Antragsteller/innen Arbeitnehmer/
innen sind, wie die nachfolgende Übersicht verdeutlicht, die allerdings keine geschlechtspezifische Darstellung gestattet58.
Übersicht 23: Verteilung der Antragsteller/innen nach Status der Beschäftigung zwischen dem 01.01.07 und dem 31.12.07 in Mecklenburg-Vorpommern
Status der Beschäftigung
Anteil an den Antragsteller/innen in %
Arbeitnehmer/innen
53
Arbeitslose
25
Hausfrauen/-männer
5
Selbstständige
3
Studierende
2
Azubis
3
Quelle: Gesundheitsreport Mecklenburg Vorpommern Jahrgang 2008, Leipzig 2008, S. 21 Die Summe der Prozentanteile entspricht nicht 100 %, da einige Gruppen wegen ihres äußerst geringen Anteils nicht aufgeführt
wurden.
2.5.2 Ausfallzeiten durch die Pflege erkrankter Kinder
Neben den Unwägbarkeiten, die die immer noch mehrheitlich von Frauen absolvierte Elternzeit für Unternehmen mit sich bringt, stellt der Arbeitsausfall durch die Betreuung erkrankter
Kinder für viele Betriebe und Einrichtungen eine erhebliche und kaum kalkulierbare Belastung dar. Auch hier birgt natürlich die Beschäftigung von Frauen für die Arbeitgeber ein
56
vgl. Statistisches Bundesamt: Statistik zum Elterngeld. Anträge von Januar 2007 bis Juni 2008, Wiesbaden
2008
57
vgl. ebenda
58
Statistische Angaben zur Dauer der Elternzeit bei Frauen und Männern liegen leider nicht vor.
53
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
erhöhtes Risiko, da die bei Erkrankung von Kindern eventuell notwendigen Freistellungen in
erster Linie von ihnen in Anspruch genommen werden59 obwohl der vom Gesetzgeber
vorgegebene Zeitraum auf den Vater übertragbar ist.
Die folgenden Übersichten verdeutlichen das Krankheitsgeschehen bei Kindern im Alter bis
zu 15 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern. Es ist jedoch zu vermuten, dass sie – wie weiter
unten deutlicht wird - nur einen Teil des Krankenstandes von Kindern in dieser Altersgruppe
widerspiegeln.
Übersicht 24: Gemeldete Krankheiten von Kindern im Alter bis zu 15 Jahren in
Mecklenburg-Vorpommern 2005
Alter der
Kinder
Anzahl der Kinder in der
Altersgruppe
(in 1.000)
gesamt
weibl.
männl.
kranke Kinder
gesamt
weiblich
männlich
in
1.000
in %
in
1.000
in %
in
1.000
in %
bis 5
Jahre
52.400
25.000
27.400
7.493
14,3
4.200
16,8
3.398
12,4
5-10
Jahre
46.600
21.500
25.200
4.707
10,1
2.967
13,8
1.739
6,9
10-15
Jahre
53.900
27.800
26.100
4.582
8,5
2.224
8,0
2.375
9,1
Quelle: Zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistischer Bericht
vom 9. November 2007, Schwerin 2007, S. 6
Wie die Übersicht zeigt, ist die Anzahl der Fälle im Hinblick auf die Erkrankung von Kindern
erwartungsgemäß in der Altersgruppe bis zu fünf Jahren am höchsten. Gleiches gilt auch für
die Dauer der gemeldeten Krankheiten. Auch hier hebt sich die Altergruppe der bis zu fünf
Jahre alten Kinder deutlich von den höheren Altersstufen ab. Während lediglich 72,5 % der
bis zu fünf Jahre alten Kinder weniger als zwei Wochen krank waren, lag der Prozentsatz bei
den fünf bis zehn sowie den 10 bis 15 Jahre alten Kindern bei etwa 84 %.
59
Zur Inanspruchnahme der Freistellungsregelung durch Väter liegen keine detaillierten Untersuchungen vor. Die
zu vermutenden geschlechterspezifischen Unterschiede bei der Freistellung zur Pflege erkrankter Kinder werden
allerdings in den Übersichten 28 und 29 ansatzweise deutlich.
54
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 25: Dauer der Erkrankung bei Kindern in den Altersgruppe bis zu 15 Jahre
in Mecklenburg-Vorpommern 2005
kranke Kinder
Alter
der Kinder
Kinder, die weniger
als zwei Wochen
krank waren
in %
Kinder, die zwischen
zwei und sechs Wochen
krank waren
in %
Kinder, die länger als
sechs
Wochen krank waren
in %
bis 5 Jahre
72,5
15,4
12,2
5-10 Jahre
83,9
10,4
2,4
10-15 Jahre
84,3
10,5
5,2
Quelle: Zusammengestellt und errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistischer Bericht
vom 9. November 2007, Schwerin 2007, S. 7
Aus diesen Angaben wird deutlich, dass das Problem der Kinderbetreuung im Krankheitsfall
für Mütter (und Väter) besonders gravierend in der Gruppe der bis zu fünf Jahre alten Kinder
auftaucht. Eine Betreuung durch die Eltern und eine eventuell damit verbundene Arbeitsunterbrechung entfällt lediglich dann, wenn Kinder stationär behandelt werden. In der Altersgruppe bis zu fünf Jahren werden jedoch 77,1% aller erkrankten Kinder ambulant versorgt. In
der Altersgruppe zwischen 5 und 10 Jahren sind es sogar 94,8% und in der zwischen 10 und
15 Jahren 85,6%60.
Die quantitative Dimension des durch Erkrankung der Kinder verursachten Arbeitsausfalls
von Müttern lässt sich insgesamt nicht ermitteln. Angaben zur Inanspruchnahme des Kinderkrankenpflegegeldes liegen bisher nur in begrenztem Maße vor. Insbesondere fehlen aktuelle und differenziertere Daten61. Das hat folgende Ursachen:
1. Von den Krankenkassen werden diese Ausfallzeiten nicht bzw. nur in geringem Maße
offiziell dokumentiert. In den jährlich erscheinenden Krankenkassenberichten62 sowie
auch im kontinuierlich vorliegenden Fehlzeitenreport der AOK spielen AU-Tage im
Zusammenhang mit Kinderkrankenpflegegeld keine Rolle63.
2. Es ist zu vermuten, dass nicht wenige Frauen, um eine Krankschreibung zu vermeiden,
auf die „Selbstgewährung“ einer eigenen Kurzzeiterkrankung (ein bis drei so genannte
60
vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Statistischer Bericht vom 9. November 2007, Schwerin 2007,
S. 7
61
vgl. Küsgens I.: Die gesetzliche Freistellung erwerbstätiger Eltern - Daten zur Inanspruchnahme von Kinder
krankenpflegegeld in Deutschland 2002, in: Badura B, /Schellschmidt H, /Vetter C (Hrg.): Fehlzeiten-Report 2003
– Wettbewerbsfaktor Work-Life-Balance, Berlin 2004, S. 475 ff.
62
Ausgewertet würden die jährlichen Berichte der AOK, DAK, TK, der Barmer und der IKK von 2001 bis 2008
63
Eine Ausnahme bildet der in Fußnote 28 erwähnte Beitrag von Ingrid Küsgens, die den Verfasser mit
Informationen und Material unterstützte
55
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Karenztage) zurückgreifen, die in vielen Fällen nicht durch eine Krankschreibung belegt
werden muss. Häufig ist dann – vor allem auch in Verbindung mit einem arbeitsfreien
Wochenende – die Erkrankung des Kindes so weit abgeklungen, dass eine Betreuung
durch andere Personen oder in einer Kindertagesstätte erfolgen kann. Kurzzeiterkrankungen bis zu drei Tagen sind viel häufiger als sie offiziell dokumentiert werden. Ihre
Erfassung erfolgt nur dann, wenn auch für diesen kurzen Arbeitsausfall eine ärztliche
Bescheinigung bei der jeweiligen Kasse vorliegt64. Kurzzeiterkrankungen, die nicht durch
einen Krankenschein belegt werden müssen, sind im männerdominierten gewerblichen
Bereich unüblich, dafür aber in weiblich dominierten Angestelltenberufen häufig anzutreffen. Schon von daher ist zu vermuten, dass sie weitaus mehr von Frauen und eben
auch zur Pflege erkrankter Kinder genutzt werden.
3. Es ist ferner zu vermuten, dass sich viele Frauen nach Ausschöpfung der gesetzlich
geregelten bezahlten Freistellungstage selbst krank schreiben lassen, um Lohn- bzw.
Gehaltseinbußen zu vermeiden. In diesem Fall geht die an die jeweilige Krankenkasse
gemeldete Krankheit der Mutter in die Krankenstandsstatistik der Frauen und nicht der
Kinder ein.
Ungeachtet dieser nicht befriedigenden Datenlage gibt es eine auf die einzelnen Bundesländer bezogene Statistik zur Inanspruchnahme des Kinderkrankenpflegegeldes, die die
Techniker-Krankenkasse erstellt hat. Das Interessante an dieser Statistik sind vor allem die
deutlichen Unterschiede im Hinblick auf die Inanspruchnahme von bezahlten Freistellungen
zwischen den östlichen und westlichen Bundesländern.
Wie die Zahlen in Übersicht 26 ausweisen, wurde in den Jahren 2006 und 2007 in Mecklenburg-Vorpommern prozentual deutlich mehr Kinderkrankenpflegegeld ausgezahlt als in
anderen Bundesländern. So blieben im Jahr 2007 (von den anspruchsberechtigten Mitgliedern der TK) rund 94 Prozent der Eltern von Kindern unter zwölf Jahren bezahlt zu Hause,
um den kranken Nachwuchs zu pflegen. Dieser Wert wurde im gleichen Jahr lediglich von
Sachsen-Anhalt übertroffen, wo nahezu jede(r) Anspruchsberechtigte Gebrauch von der
Freistellungsregelung machte.
64
vgl. Barmer Ersatzkasse: Gesundheitsbericht 2007, Wuppertal 2008, S. 25
56
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 26: Inanspruchnahme bezahlter Freistellungen von Müttern und Vätern bei
Mitgliedern der Techniker-Krankenkasse 2006 und 2007
Bundesland
anspruchsberechtigte
Mitglieder
2006
Bezahlte
Freistellungen
Fälle 2006
Anteil in
%
2006
anspruchsberechtigte
Mitglieder
2007
Bezahlte
Freistellungen
Fälle 2007
Anteil in
%
2007
Baden Württemberg
63.694
4.753
7,46
63.665
6.242
9,81
Bayern
67.346
5.611
8,33
67.322
6.809
10,11
Berlin
34.521
9.858
28,56
35.731
11.767
32,93
Brandenburg
12.946
8.248
63,71
13.456
10.124
75,24
3.838
505
13,16
3.823
573
14,99
Hamburg
18.989
2.881
15,17
19.495
3.492
17,91
Hessen
50.180
5.205
10,37
50.490
6.119
12,12
6.415
5.434
84,71
6.709
6.299
93,89
56.176
6.642
11,82
56.122
7.639
13,61
NordrheinWestfalen
138.116
12.887
9,33
137.354
13.896
10,12
RheinlandPfalz
25.261
2.298
9,10
25.428
2.796
11,00
Saarland
5.873
577
9,82
5.872
662
11,27
Sachsen
12.106
8.808
72,76
12.672
10.067
79,44
6.913
6.001
86,81
7.217
7.124
98,71
SchleswigHolstein
24.715
3.165
12,81
25.173
3.703
14,71
Thüringen
6.975
5.186
74,35
7.278
5.708
78,43
534.064
88.059
16,49
537.799
103.020
19,16
Bremen
MecklenburgVorpommern
Niedersachsen
Sachsen-AnHalt
Gesamt
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Internes Material der Techniker-Krankenkasse 2007 und 2008,
das dem Verfasser zur Verfügung gestellt wurde und diversen Pressemitteilungen der TKK aus dem Jahre 2007
57
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt eine vom Wissenschaftlichen Institut der AOK angefertigte
Studie zu Kinderkrankenpflegegeld, die die Situation im Jahre 2002 widerspiegelt:
Übersicht 27: Kinderkrankenpflegegeldfälle nach Ländern (AOK-Mitglieder) 2002
Bundesland
Anteil der AOK-Mitglieder mit KKG-Fall an
AOK-Gesamt in %
Sachsen-Anhalt
3,3
Thüringen
3,2
Sachsen
3,2
Mecklenburg-Vorpommern
3,2
Brandenburg
3,0
Berlin
1,7
Hamburg
1,4
Baden-Württemberg
1,1
Schleswig-Holstein
1,1
Bayern
1,0
Bremen
1,0
Westfalen-Lippe
0,9
Hessen
0,9
Rheinland-Pfalz
0,9
Rheinland
0,8
Saarland
0,7
Durchschnitt der Länder
1,3
Quelle: Küsgens I.: Die gesetzliche Freistellung erwerbstätiger Eltern - Daten zur Inanspruchnahme von Kinderkrankenpflegegeld in Deutschland 2002, in: Badura B, /Schellschmidt H, /Vetter C (Hrg.): Fehlzeiten-Report
2003 – Wettbewerbsfaktor Work-Life-Balance, Berlin 2004, S. 483
Diese Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen Bundesländern sind keineswegs
neueren Datums, sondern werden auch bereits in einer Übersicht der AOK deutlich, die aus
dem Jahre 1998 stammt.
58
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 28: Krankengeldtage und –fälle von Müttern und Vätern der Länder der
AOK-Ost 1998
Krankengeld-Tage bei Erkrankung des
Kindes je 100 Pflichtmitglieder
männlich
weiblich
Krankengeld-Fälle bei Erkrankung
des Kindes je 100 Pflichtmitglieder
männlich
weiblich
Brandenburg
6,6
48,2
1,8
12,5
Mecklenburg-Vorpommern
6,2
45,7
1,7
12,3
Sachsen
5,8
37,9
1,7
11,0
Sachsen-Anhalt
5,2
41,3
1,5
11,7
Thüringen
5,7
39,6
1,6
11,2
AOK-Ost
5,8
41,4
1,7
11,6
Bundersrepublik
2,0
15,6
0,6
4,8
Land
Quelle: Internes Material der AOK, dass dem Verfasser zur Verfügung gestellt wurde
Wie die Übersicht 28 deutlich macht, ist die Inanspruchnahme von Kinderkrankenpflegegeld
durch die Mütter um ein Vielfaches größer als bei den Vätern. So zeigt sich auch in diesem
Bereich die Fortschreibung traditioneller geschlechterspezifischer Rollenmuster, die dazu
beitragen, die Position von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu schwächen. Die dem Verfasser
von der Barmer Ersatzkasse zur Verfügung gestellten Daten machen diesen Geschlechterunterschied ebenfalls deutlich.
Übersicht 29: AU-Fälle mit Kinderkrankenpflegegeld bei der Barmer Ersatzkasse in
Mecklenburg-Vorpommern 2006 und 2007
Jahr
Fälle
insgesamt
Inanspruchnahme durch
Mütter
Anzahl
Anteil in
Prozent
Inanspruchnahme durch
Väter
Anzahl
Anteil in
Prozent
2006
11.252
10.197
90,6
1.055
9,4
2007
12.091
10.838
89,6
1.253
10,4
Quelle: zusammengestellt und errechnet nach: Interne Information der Barmer Ersatzkasse, 2008
Diese Unterschiede in der Inanspruchnahme von Kinderkrankenpflegegeld zwischen östlichen und westlichen Bundesländern sind von den Krankenkassen bisher lediglich konsta-
59
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
tiert, nicht aber analysiert worden. Deshalb sind im Hinblick auf ihre Ursprünge auch nur
Mutmaßungen möglich:
•
Eine historisch gewachsene hohe Akzeptanz weiblicher Erwerbarbeit in den östlichen
Bundesländern, die ausdrücklich berufstätige Mütter, außerfamiliäre Formen der Kinderbetreuung und die Nutzung gesetzlich gegebener Freistellungsmöglichkeiten bei Erkrankung der Kinder einschließt.
•
Die höhere Einbeziehung ostdeutscher Mütter in Erwerbsarbeit und ein größerer Anteil
von Müttern in Vollzeit-Beschäftigung.
•
Ein in Ostdeutschland (vor allem auch in Mecklenburg-Vorpommern) deutlich höherer
Anteil alleinerziehender Mütter, die die Betreuungsverpflichtungen für erkrankte Kinder
nicht auf Ehe- oder Lebenspartner übertragen können und in der Regel auch nicht über
so große Netzwerke zur Unterstützung verfügen. Letzteres hängt damit zusammen, dass
sie oftmals nicht die Kraft und Zeit haben, solche Netzwerke aufzubauen und zu pflegen
und dass außerdem viele potenzielle Netzwerkpartner/innen selbst erwerbstätig sind.
Das betrifft zu einem nicht geringen Teil auch die Generation der Großeltern.
•
In den ostdeutschen Bundesländern sind die meisten Kinder im Vorschulalter in Kindertagesstätten untergebracht. Hier erfolgt die tägliche Aufnahme nur wenn die Kinder in
einem gesunden Zustand sind, sodass die Mütter im Krankheitsfall weitaus häufiger
einen Arzt aufsuchen werden als das in den westlichen Bundesländern der Fall ist. Dort
sind informelle Betreuungsarrangements, die zum Teil auch bei Erkrankung der Kinder
wirksam werden, wesentlich stärker verbreitet, weil die institutionalisierte Kinderbetreuung äußerst schwach ausgebaut ist.
Insgesamt kann eingeschätzt werden, dass der Arbeitsausfall von Müttern mit erkrankten
Kindern im betreuungsintensiven Alter in Mecklenburg-Vorpommern relativ hoch veranschlagt werden muss, auch wenn sich das in keiner offiziellen Statistik des Gesundheitswesens widerspiegelt. Ein größeres Engagement der Väter, wie es sich gegenwärtig bereits
bei der Übernahme von Elternzeit andeutet, ist hier bisher noch nicht in Sicht, sollte jedoch
stärker thematisiert werden, um auch in diesem Bereich ein Stück „neue Normalität“ zu
schaffen und die Position von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu stärken.
Zusammenfassend zu dieser Thematik lässt sich feststellen, dass sich sowohl aus den biologischen Besonderheiten von Frauen (Gebärfähigkeit/Schwangerschaft) als auch aus den
historisch gewachsenen und kulturell ausgeformten Rollenzuschreibungen (fast alleinige
Zuständigkeit für die familiäre Reproduktions- und Sorgearbeit) Problemlagen für Unternehmen ergeben können, die sich vor allem in mehr oder weniger langen und nur selten
60
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
kalkulierbaren Ausfallzeiten sowie einer eingeschränkten Flexibilität und Mobilität von Mitarbeiterinnen bemerkbar machen. Das betrifft in erster Linie kleine und kleinste Unternehmen65, in denen bereits der Ausfall von ein bis zwei Mitarbeiterinnen kaum kompensierbare
Lücken reißt und Unternehmen mit einem hohen Anteil von Frauen an den Beschäftigten vor
zum Teil gravierende Probleme stellt. Für die Arbeitnehmer/innen bedeutet die häufige
Erkrankung ihrer Kinder nicht nur Lohn- und Gehaltseinbußen wenn die Zeit überschritten ist,
in der Kinderkrankenpflegegeld gezahlt wird, sondern u. U. auch das Risiko des Arbeitsplatzverlustes für den Fall, dass die Betreuung nicht durch informelle Arrangements abgesichert werden kann. Ein krankes Kind muss betreut werden, während viele Arbeitnehmer/innen eigene Erkrankungen und Beschwerden ignorieren und sich aus Angst vor
Arbeitsplatzverlust erst gar nicht in ärztliche Behandlung begeben bzw. krank schreiben
lassen.66
2.5.3 Zum Krankenstand erwerbstätiger Frauen in Mecklenburg-Vorpommern
Im Folgenden soll abschließend in kurzer Form der Frage nachgegangen werden, ob Frauen
im Allgemeinen und Mütter im Besonderen generell einen höheren Krankenstand aufweisen
als Männer (u. z. unabhängig von der Betreuung erkrankter Kinder) und damit auch von dieser Seite her für Unternehmen eine beschäftigungspolitische Risikogruppe bilden.
Zunächst sei vorangestellt, dass sich bis in die unmittelbare Gegenwart hinein im Hinblick
auf Frauen- und Männergesundheit Klischees erhalten haben, die – so ist zu vermuten –
auch noch im Alltagsbewusstsein von Firmenleitungen und Personalverantwortlichen verankert sind und im nachfolgenden Zitat einen deutlichen Ausdruck finden:
„Aber zuerst möchte ich, völlig unseriös, mit einem Märchen zur Frauengesundheit beginnen.
Frauen sind anfälliger, schwächlicher, kränklicher und wenig belastbar. Sie sind depressiver,
leichter erschöpft, ängstlicher, irritierbarer, infolgedessen leiden sie häufiger unter Schmerz-,
Angst- und psychosomatischen Erkrankungen sowie unter Depressionen. Deshalb benötigen
sie sehr viel mehr Medikamente und sind häufiger arbeitsunfähig. Damit sind sie ein
Risikofaktor für jeden Arbeitgeber“67.
65
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass 81,1 % der Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern lediglich
1 bis 9 Beschäftigte aufweisen, Der Anteil der Betriebe bis zu 19 Beschäftigte beträgt insgesamt 90,1%, vgl.
Mittelstandsbericht Mecklenburg-Vorpommern 2002 – 2006, Schwerin o. J., S.9
66
Auf diesen Sachverhalt, der sich seit Jahren in einem niedrigen Krankenstand manifestiert, weisen die meisten
Gesundheitsberichte der Krankenkassen hin.
67
Olbricht, I.: Frauengesundheit-Männermedizin, in: Frauengesundheitsforum zwischen Rhein und Haardt. Dokumentation einer Fachtagung, Ludwigshafen am Rhein 2001, S. 13
61
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Dieses Bild lässt sich durch die empirische Untersuchung der gesundheitlichen Situation von
Frauen, für die AU-Quote, AU-Fälle und AU-Tage wichtige Indikatoren68 sind, generell nicht
bestätigen.
Bei einem Vergleich der jährlichen Gesundheitsberichte der verschiedenen Krankenkassen
bietet sich im Hinblick auf diese Indikatoren ein insgesamt widersprüchliches Bild, das sich
wie folgt zeigt:
1. Das jeweilige Übergewicht von Frauen und Männern im Hinblick auf Arbeitsunfähigkeit ist
bei den einzelnen Kassen – entsprechend den beruflichen und sozialen Besonderheiten
sowie der geschlechterspezifischen Zusammensetzung ihrer jeweiligen Klientel – verschieden.
2. Unterschiede zwischen Frauen und Männern zeigen sich ebenfalls bei der Anzahl der
Fälle als auch bei der Dauer (AU-Tage) der Arbeitsunfähigkeit.
3. Unterschiede im Krankenstand ergeben sich in einzelnen Branchen und Berufsgruppen.
So ist der Krankenstand z.B. bei männlichen Mitgliedern der DAK in MecklenburgVorpommern im Baugewerbe, im sonstigen Gewerbe, im Maschinen-, Anlagen- und
Fahrzeugbau sowie im Bereich Verkehr und Nachrichtenübermittlung z. T. bedeutend
höher als bei den Frauen. Diese weisen besonders in den Bereichen Handel, Gesundheitswesen, öffentliche Verwaltung, Bildung, Kultur und Medien einen höheren Krankenstand auf als die Männer.69
4. Starke Unterschiede bestehen zwischen Frauen und Männern bei der Betroffenheit von
einzelnen Krankheiten bzw. Unfällen. Beispiel: psychische Erkrankungen schlagen bei
Frauen wesentlich stärker zu Buche als bei Männern. Letztere haben dafür bedeutend
mehr Verletzungen, Erkrankungen des Muskel-Skelettsystems und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.70
68
Zur Definition vgl. Fußnote 35 auf der S. 40
vgl. DAK Gesundheitsreport Mecklenburg-Vorpommern 2008, Hamburg 2008, S. 27
70
vgl. ebenda, S. 29
69
62
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 30: Krankenstand der 2007 bei der DAK in Mecklenburg-Vorpommern Versicherten nach Geschlecht und Alter
Quelle: DAK Gesundheitsreport Mecklenburg-Vorpommern 2008, Hamburg 2008, S. 13
Wie die Übersicht zu den DAK-Versicherten zeigt, ist der Krankenstand bei Frauen und
Männern bis etwa zum 25. Lebensjahr fast gleich. Danach ist er bei den Frauen der nachfolgenden Altersstufen generell höher. Das Absinken der Krankenstände von Frauen und
Männern nach dem 60. Lebensjahr ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass viele Kranke
in diesem Alter bereits aus dem Beruf ausscheiden bzw. Möglichkeiten eines vorgezogenen
Ruhestandes nutzen71.
Der auch in einigen Berichten anderer Krankenkassen konstatierte leicht höhere Krankenstand bei Frauen ist hinsichtlich seiner Verursachung bisher noch nicht ausreichend untersucht worden. Nach einigen Analysen spielen jedoch folgende Gründe eine Rolle:
•
Nach einer Sonderstudie der DAK (für Gesamtdeutschland) ist ein höherer Krankenstand
bei Frauen u.a. auf Diagnosen im Zusammenhang mit Schwangerschaftskomplikationen
zurückzuführen. Dabei gehen in die Berechnung des Krankenstandes grundsätzlich nur
solche Fälle ein, die außerhalb der gesetzlichen Mutterschutzfristen auftreten. Es handelt
sich hier also nicht etwa um Fehlzeiten im unmittelbaren Zusammenhang mit Geburt und
Wochenbett. Die häufigste Einzeldiagnose waren im Jahr 2000 „Blutungen in der
Frühschwangerschaft“. In den Jahren 1998 bis 2000 entfielen auf 100 weibliche DAK-Mit-
71
vgl. DAK Gesundheitsreport MV 2008, Hamburg 2008, S. 13
63
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
glieder jährlich etwa 55 AU-Tage wegen Erkrankungen oder Komplikationen im Rahmen
einer Schwangerschaft. Etwa die Hälfte des Unterschiedes im Krankenstand von Frauen
und Männern lässt sich auf diese Diagnose zurückführen.72
•
Der höhere Krankenstand bei Frauen geht z. T. auch auf die Tatsache zurück, dass
Frauen überdurchschnittlich viel in Berufen mit hohen Krankenständen tätig sind (z.B.
Gesundheitswesen, Altenpflege). Untersuchungen zeigen, dass dieser Effekt durchaus
nachweisbar ist aber nicht allein als Ursache wirkt.73
•
Ein weiterer Erklärungsansatz betrifft die besondere Belastungssituation alleinerziehender Mütter: Bei ihnen kann ein schlechterer Gesundheitszustand beobachtet werden als
bei Frauen, die sich die familiäre Reproduktions- und Sorgearbeit mit einem Partner
teilen können und sich in der Regel auch in einer besseren finanziellen Situation
befinden74. Da Frauen die überwiegende Mehrheit aller Alleinerziehenden bilden, ist zu
vermuten, dass sich die besonderen Belastungssituationen auch im Krankenstand
widerspiegeln.
•
Die Mehrfachbelastung der meisten erwerbstätigen Frauen durch Beruf, Haushalt und
Familienarbeit kann sich unter Umständen gesundheitlich negativ auswirken und dementsprechend zu einem erhöhten Krankenstand beitragen75.
•
Frauen haben ein anderes Gesundheitsverständnis und Gesundheitsverhalten als
Männer, insofern sie Krankheitszeichen eher bemerken und auch ernster nehmen als
das „starke Geschlecht“. Dieser Erklärungsansatz wird häufig für die höhere Inanspruchnahme des Gesundheitswesens durch Frauen verantwortlich gemacht. Er steht in Zusammenhang mit umfassenderen Theorien über geschlechterspezifische Unterschiede in
der Körperwahrnehmung bzw. dem Umgang mit dem Körper. „Dabei ist zu beachten,
dass nicht das weibliche Gesundheitsverhalten „auffällig“ ist, sondern das männliche:
Krankheit und Unwohlsein sind als Zeichen von Schwäche mit dem herkömmlichen
männlichen Rollenverständnis schlecht zu vereinbaren“76.
•
Der „Vorsprung“ von Frauen bei psychischen Erkrankungen wird sich in überschaubaren
Fristen vermutlich deutlich verringern, da Männer hier beträchtlich „aufgeholt“ haben.
Bis heute ist allerdings noch keine schlüssige Antwort darauf möglich, ob dieser
statistisch konstatierbare Anstieg psychischer Erkrankungen bei Männern aus einer
72
vgl. DAK Gesundheitsreport 2001, Frauen, Beruf, Familie, Hamburg 2001, S.15 zu ähnlichen Ergebnissen
kommt der IKK-Gesundheitsreport 2005: Friseurinnen und Friseure. Arbeitsbedingungen und Gesundheit im
Friseurhandwerk, Hamburg 2005, S. 31
73
vgl. ebenda, S. 14 - 19 und DAK Gesundheitsreport MV 2008, Hamburg 2008, S. 13
vgl. DAK Gesundheitsreport 2005, Arbeitsplatz Büro, Hamburg 2005, S. 65 und Klindworth, H./Hendel-Kramer,
A./Helfferich, C.: Gesundheitliche Lage alleinerziehender Mütter, (Hrg.) Gesundheit Berlin e.V. – Landesarbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung, Berlin 2003 (http://www.gesundheitberlin.de/index. php4?request=
themen&topic=1558&type=infotext&display=1)
75
vgl. DAK Gesundheitsreport 2001, Frauen, Beruf, Familie, Hamburg 2001, S.19
76
ebenda,, S.19 und Barmer Ersatzkasse: Gesundheitsbericht 2007, Wuppertal 2007, S. 21
74
64
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
tatsächlich höheren Betroffenheit bzw. mehr auf einer Veränderung des Diagnoseverhaltens der Ärzte oder auf beiden Momenten beruht. Ungeachtet dessen gehen
Fachleute davon aus, dass auch gegenwärtig noch bis zu 50 Prozent der Depressionen
bei Männern nicht diagnostiziert werden77. Psychische Erkrankungen sind in der Regel
durch eine vergleichsweise lange Arbeitsunfähigkeit gekennzeichnet. Während z. B. ein
durchschnittlicher Krankheitsfall bei der Klientel der Betriebskrankenkassen 12 Kalendertage Krankschreibung erfordert, sind es bei psychischen Erkrankungen im Durchschnitt 31 Kalendertage. Bei den in der BKK versicherten Frauen waren 2007 vor allem
die Berufsgruppen der Telefonistinnen, Krankenpflegerinnen und Sozialarbeiterinnen
betroffen78.
•
Viele Untersuchungen zum Krankenstand bestätigen ferner einen deutlichen Zusammenhang zwischen Arbeitsunfähigkeitsgeschehen einerseits sowie Stellung in der
Hierarchie des Unternehmens und Art der Tätigkeit andererseits. Dabei wird hervorgehoben, dass eine hohe berufliche Position mit entsprechenden Freiräumen im Hinblick
auf Gestaltbarkeit der Arbeitsabläufe und Kreativität zu geringeren Krankenständen führt
als eine durch Unterordnung, Abhängigkeit und Monotonie gekennzeichnete Tätigkeit. In
dem Zusammenhang muss betont werden, dass sich gerade Frauen in letztgenannten
Beschäftigungen konzentrieren. Die darin zum Ausdruck kommende horizontale und
vertikale Segregation des Arbeitsmarktes79 bewirkt, das Frauen nach wie vor in weitaus
geringerem Maße in Führungspositionen anzutreffen sind und sich auf vergleichsweise
wenige Berufsgruppen mit in der Regel ausführender, wenig kreativer und monotoner
Tätigkeit konzentrieren (z. B. Einzelhandelskauffrau/Kassiererin, Arzthelferin, Bürokauffrau, Friseurin, Reinigungsgewerbe, Fließbandarbeit). Auch dieser Umstand – so ist zu
vermuten – dürfte sich auf den Krankenstand von Frauen auswirken.
•
Letztendlich sei noch die Tatsache erwähnt, dass in den Gesundheitsberichten einiger
Kassen hervorgehoben wird, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Krankenstand und der ökonomischen Situation einer Branche gibt. In Krisenzeiten verringert sich
der Krankenstand in den Branchen, in denen aufgrund des konjunkturellen Abschwungs
Arbeitsplätze abgebaut werden oder zumindest die Gefahr von Arbeitslosigkeit größer
wird. Das gilt in der Regel in besonderem Maße für den gewerblichen Bereich, dessen
Unternehmen einem besonderen Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind. Hier ist jedoch eine
starke Konzentration von Männern anzutreffen. Im Bereich des öffentlichen Dienstes und
77
vgl. BKK Gesundheitsreport 2007, Essen 2007, S. 42 zur Rolle der psychischen Erkrankungen vgl. auch
Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen (Hrg.): Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz in
Deutschland, Psychologie, Gesellschaft, Politik -2008, Berlin 2008 und Lademann, J. u.a.: Psychische Erkrankungen im Fokus der Gesundheitsberichte der Krankenkassen, in Psychotherapeutenjournal , Heidelberg, 2/2006
78
vgl. BKK Bundesverband, Pressemeldung, Essen, 01.12.2008,
79
zur geschlechterspezifischen Segregation des Arbeitsmarktes vgl. u.a. Cornelißen, W. (Hrg.): Gender Datenreport, München 2005 (erstellt im Auftrag des BMFSFJ), S. 133 ff.
65
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
nicht gewinnorientierter Organisationen/Unternehmen80 mit einem sehr hohen Frauenanteil, spielen konjunkturelle Schwankungen eine geringe Rolle, sodass der Krankenstand
davon kaum berührt wird81.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Daten zum geschlechterspezifischen
Krankenstand ein widersprüchliches Bild abgeben und der Forschungsstand im Hinblick auf
die Ursachen für die Unterschiede bei Frauen und Männern keineswegs befriedigen kann.
Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Statistiken der gesetzlichen Krankenversicherung keine signifikanten geschlechtsspezifischen Differenzen82 aufzeigen, sodass das
Vorurteil, Frauen seien schon aufgrund ihres höheren Krankenstandes eine beschäftigungspolitische Risikogruppe, jeglicher empirischer Grundlage entbehrt. Der in einigen
Kassenberichten ausgewiesene höhere Krankenstand von Frauen ergibt sich also nur zum
Teil aus dem biologischen Geschlecht (Stichwort Schwangerschaftskomplikationen). In
einem nicht geringen Maße spielen dagegen historisch gewachsene Momente des soziokulturellen Geschlechts (gender) eine Rolle. Als Stichworte mögen hier Branchen- und Berufszugehörigkeit von Frauen, innerfamiliäre Arbeitsteilung sowie Gesundheitsbewusstsein und –
verhalten genügen.
80
z.B. Vereine, Genossenschaften, gemeinnützige Gesellschaften, Verbände usw. die sich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, staatlichen Zuschüsse, Preise/Gebühren und Sponsoring finanzieren.
81
vgl. Gerlach, I./Schneider, H./Juncke, D.: Betriebliche Familienpolitik in auditierten Unternehmen und Institutionen, Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik, Münster, Arbeitspapier Nr. 3/2007, S.35-37
82
vgl. Bundesministerium des Innern: Krankenstand und Gesundheitsförderung in der Bundesverwaltung Erhebung 2006, Berlin 2006, S. 5
66
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
3. Junge erwerbstätige Mütter in Unternehmen und Einrichtungen Mecklenburg-Vorpommerns – Ergebnisse einer empirischen Untersuchung
In den vorangegangenen Abschnitten diese Studie wurde der Versuch unternommen, auf der
Basis von „externem“ Material grundlegende Aussagen zur Erwerbsarbeit und zur familiären Situation von Frauen in Mecklenburg-Vorpommern zu machen und der Frage nachzugehen, ob sie im Hinblick auf ihre Verpflichtungen als Mütter und Besonderheiten ihres
Krankenstandes eine beschäftigungspolitische Risikogruppe darstellen.
Im Folgenden sollen die dabei gewonnenen Erkenntnisse und Sozialdaten in Beziehung
gesetzt werden zu den Auffassungen und konkreten Erfahrungen von Betriebsleitern und
Personalverantwortlichen im Hinblick auf die Beschäftigung von Frauen, vor allem von
Müttern mit Kindern im betreuungsintensiven Alter (bis zu 12 Jahren).
Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und
Privatleben bis hin zu familienfreundlichen Maßnahmen in den einzelnen Unternehmen und
Einrichtungen.
Die Sozialdaten, die nachfolgend präsentiert und interpretiert werden sollen, sind Ergebnis
einer Befragung, an der sich 38 Unternehmen und Einrichtungen beteiligten.
Die Ergebnisse dieser Befragung sind nur bedingt für das gesamte Bundesland repräsentativ, da es aufgrund des schwierigen Zugangs zu Unternehmen nur ansatzweise möglich
war, mit der Untersuchungseinheit ein Abbild der Grundgesamtheit zu geben. Diese wird
allerdings insofern annähernd widergespiegelt, als sowohl kleine als auch mittlere und große
Betriebe Eingang in die Analyse fanden, die geographische Streuung sehr breit ist, der
Dienstleistungsbereich (gemäß seinem überaus großen Gewicht in der Wirtschaftsstruktur)
entsprechend vertreten ist und die geschlechtsspezifische Zusammensetzung der Belegschaften sehr unterschiedlich ausfällt.
3.1 Grundlegende Charakteristika der beteiligten Unternehmen
Die nachfolgenden Übersichten zeigen zunächst die an der Befragung beteiligten Unternehmen und Einrichtungen sowie deren geographische Verteilung auf das Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern.
Ungeachtet einer Konzentration auf das Oberzentrum Rostock (kreisfreie Stadt) finden sich
auch in den anderen kreisfreien Städten sowie in nahezu allen Landkreisen untersuchte
Betriebe. Die Nennung der Unternehmen und Einrichtungen erfolgt nur zweimal in den
Übersichten 31 und 37. Im weiteren Verlauf der Darstellung werden die Befragungsergebnisse anonymisiert.
67
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 31: An der Befragung beteiligte Unternehmen und Einrichtungen
lfd.
Nr.
Name des Unternehmens
Sitz des Unternehmens
1.
Betonfertigteilwerk Rostock GmbH
Rostock
2.
SAB Barth GmbH
Barth
3.
Forus GmbH
Waren Müritz
4.
Gambro Rostock GmbH
Rostock
5.
Eberspächer Heizgeräte GmbH
Torgelow
6.
Schottel GmbH (eigenständig gegenüber 7.)
Wismar
7.
Schottel
Schiffsmaschinen
gegenüber 6.)
Wismar
8.
Bewehrungstechnik Kritzkow GmbH (BWT)
Laage
9.
Stadtwerke Rostock
Rostock
10.
Maritime Assembly Systems GmbH (MAS)
Wismar
11.
Stadtwerke Neustrelitz
Neustrelitz
12.
Warnowquerung GmbH & Co. KG
Rostock
13.
AFZ Aus- und Fortbildungszentrum Schifffahrt und
Hafen GmbH
Rostock
14.
Webasto AG / Werk Neubrandenburg
Neubrandenburg
15.
Peene Werft GmbH Wolgast
Wolgast
16.
REDER GmbH Neubrandenburg
Neubrandenburg
17.
Hotel Neptun
Warnemünde
18.
Gesamthafenbetriebsgesellschaft Rostock mbH
Rostock
19.
Haus der Wirtschaft (hdw)
Stralsund
20.
Abc Bau GmbH
Crivitz /Parchim
21.
SAKTHI (Gießerei)
Ueckermünde
22.
ABC Bau GmbH
Schwerin
23.
Greifswalder Pflegedienst Heinrich & Heinrich
Greifswald
24.
Alltec GmbH
Selmsdorf
GmbH
(eigenständig
68
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
lfd.
Nr.
•
Name des Unternehmens
Sitz des Unternehmens
25.
Sana-Krankenhaus Rügen GmbH
Bergen
26.
Rostocker Fracht- und Fischereihafen GmbH
Rostock
27.
Planet IC GmbH
Schwerin
28.
Interact Tele Service AG
Neubrandenburg
29.
Wadan Yards*
Wismar/Rostock
30.
FH Stralsund
Stralsund
31.
Multimedia-Service Schade
Güstrow
32.
Webel Maschinenbau GmbH
Neubrandenburg
33.
Sear GmbH
Rostock
34.
Hafenentwicklungsgesellschaft mbH
Rostock
35.
Arbeiter-Samariter-Bund (ASB)
Rostock
36.
RST Rostock System-Technik GmbH
Rostock
37.
Volkshochschule Stralsund
Stralsund
38.
Dr. Ebel Fachkliniken GmbH & Co. Moorbad
Doberan
Bad
Bad Doberan
im Folgenden wird Wadan Yards den Standorte Rostock und Wismar zugerechnet. In die Analyse gehen die
Daten beider Betriebsteile ein
69
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 32: Geographische Verteilung der untersuchten Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern
Planungsregion/kreisfreie Stadt/Landkreis
Anzahl der untersuchten
Unternehmen
Planungsregion Westmecklenburg
• Kreisfreie Stadt Schwerin
2
• Kreisfreie Stadt Wismar
4
• Landkreis Ludwigslust
0
• Landkreis Nordwestmecklenburg
1
• Landkreis Parchim
1
Planungsregion Mittleres Mecklenburg/Rostock
• Kreisfreie Stadt Rostock
13
• Landkreis Bad Doberan
1
• Landkreis Güstrow
2
Planungsregion Mecklenburger Seenplatte
• Kreisfreie Stadt Neubrandenburg
4
• Landkreis Demmin
0
• Landkreis Mecklenburg-Strelitz
1
• Landkreis Müritz
1
Planungsregion Vorpommern
• Kreisfreie Stadt Greifswald
1
• Kreisfreie Stadt Stralsund
3
• Landkreis Nordvorpommern
1
• Landkreis Ostvorpommern
1
• Landkreis Rügen
1
• Landkreis Uecker-Randow
2
70
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 33: Standorte der befragten Unternehmen
Standorte der Unternehmen
Übersicht 34: Branchen/Bereiche der untersuchten Unternehmen
Branche/Bereich
Anzahl der Unternehmen
Verarbeitendes/produzierendes Gewerbe
14
Forschung/Entwicklung
0
Handwerk
0
Handel
0
Dienstleistung (außer Handel u. Gastgewerbe)
17
Baugewerbe
0
Gastgewerbe (Gastronomie, Hotellerie)
1
Gesundheitswesen
3
Sonstiges
3
gesamt
38
71
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Bei den in die Untersuchung einbezogenen Betrieben dominieren die kleinen und mittleren
Unternehmen. Die entsprechende Zuordnung erfolgte nach der seit 1. Januar 2005 geltenden Richtlinie der EU83, die als Kriterien neben der Belegschaftsgröße auch noch Umsatz
und Bilanzgröße vorgibt. Da die beiden letztgenannten Kennziffern nicht erfragt werden
konnten und für die Untersuchung auch unerheblich sind, gelten folgende Mitarbeiter/innenzahlen als Grundlage für die Einordnung der untersuchten Betriebe.
Übersicht 35: Definition von Betriebsgrößenklassen nach Belegschaftsgröße entsprechend der neuen EU-Richtlinie vom 1. Januar 2005
Betriebsgrößenklasse
Zahl der Mitarbeiter/innen
Kleinstunternehmen
1–9
Kleine Unternehmen
10 – 49
Mittlere Unternehmen
50 – 249
Großunternehmen
250 und mehr
Übersicht 36: Größe der Unternehmen nach der Zahl der Beschäftigten
83
Betriebsgrößenklasse
Anzahl der Unternehmen
Anteil der jeweiligen
Betriebsgrößenklasse an
der Gesamtheit der
Unternehmen in %
Kleinstunternehmen
1 – 9 Beschäftigte
3
7,9
Kleine Unternehmen
10 – 49 Beschäftigte
6
15,8
Mittlere Unternehmen
50 – 249 Beschäftigte
23
60,5
Großunternehmen
250 und mehr Beschäftigte
6
15,8
gesamt
38
100,0
zur Definition der Betriebsgrößenklassen der EU ab 1.1.2005 vgl. Amtsblatt der Europäischen Kommission
(EU L 124/36) vom 20.05.2003, Brüssel
72
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Die nächste Übersicht verdeutlicht die geschlechtsspezifische Zusammensetzung der Belegschaften, die das hinlänglich bekannte Muster zeigt: Im produzierenden Gewerbe findet sich
(von einigen Bereichen abgesehen, die in dieser Studie nicht vertreten sind) ein hoher
Männeranteil. Frauen sind dort vorrangig in der Verwaltung des Unternehmens eingesetzt.
Im Dienstleistungsbereich (vor allem bei den mehr personenbezogenen Dienstleistungen)
und im Gesundheitswesen bilden weibliche Beschäftigte die Mehrheit (die gelb markierten
Zeilen heben Unternehmen und Einrichtungen mit einer Frauenbeschäftigung von über 50%
hervor).
Übersicht 37: Geschlechtsspezifische Personalstruktur der Unternehmen und Einrichtungen
Name des Unternehmens
Betonfertigteilwerk Rostock GmbH
Gesamtbelegschaft
Anzahl
Frauen
Anteil Frauen
In %
121
14
11,6
SAB Barth GmbH
80
6
7,5
Forus GmbH
43
7
16,3
Gambro Rostock GmbH
35
13
37,1
Eberspächer Heizgeräte GmbH
64
13
20,3
Schottel GmbH
(eigenständig gegenüber 7.)
95
7
7,4
145
25
17,2
25
5
20,0
514
191
37,2
81
9
11,1
106
36
34,0
29
15
51,7
AFZ Aus- und Fortbildungszentrum Schifffahrt und Hafen GmbH
111
52
46,8
Webasto AG / Werk Neubrandenburg
610
119
19,5
Peene Werft GmbH Wolgast
798
81
10,2
Schottel Schiffsmaschinen GmbH
(eigenständig gegenüber 6.)
Bewehrungstechnik Kritzkow
GmbH (BWT)
Stadtwerke Rostock
Maritime
Assembly
GmbH (MAS)
Systems
Stadtwerke Neustrelitz
Warnowquerung GmbH & Co. KG
73
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Name des Unternehmens
REDER GmbH Neubrandenburg
Gesamtbelegschaft
Anzahl
Frauen
Anteil Frauen
In %
8
2
25,0
204
133
65,2
Gesamthafenbetriebsgesellschaft
Rostock mbH
98
5
5,1
Haus der Wirtschaft (hdw)
53
22
41,5
Abc Bau GmbH /Crivitz
41
9
22,0
SAKTHI (Gießerei)
200
23
11,5
ABC Bau GmbH Schwerin
135
90
66,7
Greifswalder Pflegedienst
Heinrich & Heinrich
58
53
91,4
Alltec GmbH
108
29
26,9
Sana-Krankenhaus Rügen GmbH
417
347
83,2
Rostocker Fracht- und
Fischereihafen GmbH
59
13
22,0
Planet IC GmbH
27
6
22,2
147
128
87,1
Wadan Yards*
2500
500
20,0
FH Stralsund
203
65
32,0
5
3
60,0
Webel Maschinenbau GmbH
302
45
14,9
Sear GmbH
150
14
9,3
Hafenentwicklungsgesellschaft mbH
179
67
37,4
Arbeiter-Samariter-Bund (ASB)
210
158
75,2
RST Rostock
GmbH
135
27
20,0
7
6
85,7
107
86
80,4
Hotel Neptun
Interact Tele Service AG
Multimedia-Service Schade
System-Technik
Volkshochschule Stralsund
Dr. Ebel Fachkliniken GmbH & Co.
Moorbad Bad Doberan
74
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Die Analyse der geschlechtsspezifischen Zusammensetzung der Belegschaften ist keineswegs Selbstzweck, sondern im Zusammenhang mit der Thematik vereinbarkeitsbewusste
Maßnahmen in Unternehmen von nicht unerheblicher Bedeutung. Obwohl der Forschungsstand hierzu noch sehr gering und bruchstückhaft ist, lassen sich auf der Grundlage bereits
vorliegender Untersuchungen folgende Forschungsfragen formulieren, für die sich bereits in
diesem Teil der Studie einige Antworten andeuten, die jedoch im zweiten Teil mit den
Befunden zur Befragung der Mütter sowie der Expertinnen und Experten vertieft werden
sollen.
•
Gibt es in Unternehmen und Einrichtungen, in denen Frauen die Mehrheit der Belegschaft bilden, mehr vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen bzw. sind diese besser durchzusetzen als in männerdominierten Betrieben?
•
Lassen die spezifischen Beschäftigungsfelder von Frauen (allen voran Büroarbeiten)
mehr Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung (Gleitzeit, Teilzeitarbeit, Vertrauensarbeitszeit) sowie Formen der Tele- und Heimarbeit zu?
•
Werden Forderungen/Wünsche nach besserer Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und
Familie in frauendominierten Belegschaften eher als legitim empfunden, da das Thema
aus der Sicht vieler Unternehmensleitungen und Personalverantwortlicher immer noch
ein „Frauenthema“ ist?
•
Ist das Thema Vereinbarkeit aufgrund der immer noch vorherrschenden geschlechtlichen
Arbeitsteilung in frauendominierten Belegschaften objektiv mehr präsent und besteht für
die Unternehmensleitung ein ganz anderer Druck, sich damit in der täglichen Arbeit
auseinander zu setzen als in Unternehmen mit einem hohen Männeranteil an den
Beschäftigten? Würden hier eventuell Unterschiede z. B. zwischen einer Kfz-Werkstatt
mit 30 männlichen Beschäftigten und einem Call-Center, in dem zu 80 Prozent
vorwiegend junge Frauen tätig sind, auszumachen sein?
•
Existiert in vielen neuen Tätigkeitsfeldern, die sich Frauen in den letzten Jahrzehnten
erschlossen haben (Lehrberufe, Gesundheitswesen, Sozialarbeit usw.) eine innerbetriebliche „Subkultur“, die die Thematisierung und Umsetzung von Vereinbarkeit
wesentlich besser gestattet, als das in einigen Branchen des produzierenden Gewerbes
der Fall ist, in denen sich bis in die Gegenwart hinein nicht selten Elemente traditionalistischer männlicher „Subkultur“ behaupten, reproduzieren und auf die Unternehmenskultur insgesamt „durchschlagen“ können?.
In diesem Zusammenhang wurde auch die Frage gestellt, ob der Frauenanteil in der
Verwaltung der Unternehmen sowie in der Produktion bzw. Erbringung der Dienstleistungen
über 50 Prozent liegt.
75
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 38: Frauenanteil in der Verwaltung sowie in der Produktion/bei der
Erbringung der Dienstleistungen
Frauenanteil
Anzahl der
Unternehmen
Anteil an der
Gesamtheit der
Unternehmen in %
N = 38
Frauenanteil in der Verwaltung
des Unternehmens über 50 %
24
63,2
Frauenanteil in der Produktion
bzw. der Erbringung der
Dienstleistung(en) über 50 %
11
28,9
Wie aus der Übersicht 38 hervorgeht, war in 63,2 Prozent der untersuchten Unternehmen die
Verwaltung mehrheitlich mit Frauen besetzt. Ein Frauenanteil in der Produktion bzw. der
Erbringung der Dienstleistungen von über 50 Prozent ließ sich allerdings nur in 11 Unternehmen (28,9%) feststellen.
Ein Vergleich der Unternehmen mit einer Frauenbeschäftigung von über 50 Prozent mit
Betrieben, in denen männliche Belegschaften dominieren, ergibt eine Korrelation von hohem
Frauenanteil und Implementierung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen. Auf diesen
Zusammenhang, der bisher keineswegs umfassend untersucht ist, weisen auch andere
Studien hin84. In der vorliegenden Studie zu Mecklenburg-Vorpommern deutet sich nicht nur
ein Zusammenhang zwischen hoher Frauenbeschäftigungsquote und breitem Spektrum
vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen an, sondern auch eine Beziehung zwischen Letzterem
und einer hohen Kinderquote (hoher Anteil von Frauen mit Kindern bis zu 12 Jahren).
Bei der Thematisierung und Umsetzung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Unternehmen kommt Personalverantwortlichen bzw. Personalabteilungen sowie Betriebsräten eine
nicht geringe Bedeutung zu.
Den Ersteren deshalb, weil Personalpolitik und ihre einzelnen Komponenten (darunter auch
Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie) durch sie in der Regel überhaupt erst eine dauerhafte Institutionalisierung erhalten und den Betriebsräten, weil sie maßgeblich zur Durchsetzung legitimer Forderungen der Belegschaft und der konkreten Ausgestaltung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen beitragen können. Außerdem haben die
Betriebsräte seit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 2001 auch
84
vgl. Kalveram, A.B. u.a.: Die Jenaer Unternehmensbefragung 2005 (Abschlussbericht), Jena 2005, S.24 u.
Glasl, M.: Beschäftigungssituation von Frauen im Handwerk, (Forschungsinstitut im Deutschen Handwerksinstitut), München 2003, S. 23
76
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
eine direkte Verantwortung in diesem Handlungsfeld erhalten. (Betriebsverfassungsgesetz
§ 80 Abs. 1, Nr. 2 b)85.
Übersicht 39: Existenz von Personalabteilung/Personalverantwortlichem und Betriebsrat
Existenz von
Personalabteilung/Personalverantwortlichem und Betriebsrat
Anzahl der
Unternehmen
N = 38
Anteil an der
Gesamtheit der
Unternehmen in %
Personalabteilung/Personalverantwortliche(r)
36
94,7
Betriebsrat
23
60,5
Während nahezu alle Unternehmen eine(n) Personalverantwortliche(n) bzw. eine Personalabteilung aufwiesen (Ausnahmen zwei kleine Betriebe), hatten 60,5 Prozent einen
Betriebsrat. Bei einem Vergleich der Betriebsgrößen wird deutlich, dass die Existenz von
Betriebsräten mit der Größe der Unternehmen zunimmt. Hier bestätigt sich das für ganz
Deutschland geltende Muster: Während 2007 in kleineren Einheiten zwischen 5 und 50
Beschäftigten lediglich 7 Prozent einen Betriebsrat hatten, waren es in größeren Unternehmen bis zu 89 Prozent86. Eine direkte Wechselwirkung zwischen der Existenz eines
Betriebsrates/Personalrates bzw. einer Personalabteilung und der Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen ließ sich in der vorliegenden Untersuchung nicht nachweisen. Dazu
wäre auch eine gesonderte Analyse erforderlich gewesen, die nicht nur die Anzahl, sondern
auch die Qualität solcher Maßnahmen sowie die Mechanismen ihrer Umsetzung einschließlich der Partizipation der Belegschaften berücksichtigt.
3. 2 Die Beschäftigung junger Mütter aus der Sicht der Unternehmensführung
Ein zentrales Untersuchungsfeld in der Unternehmensbefragung bildeten junge Mütter und
die jeweilige Wahrnehmung ihrer besonderen Situation durch Unternehmensleitung und
Personalverantwortliche.
85
Bundesministerium der Justiz: Betriebsverfassungsgesetz, S. 29, http://bundesrecht.juris.de/betrvg/index.html
Eine detaillierte Übersicht zur Existenz von Betriebsräten bei unterschiedlichen Firmengrößen im Jahre 2007
findet sich bei: Institut der Deutschen Wirtschaft Köln: Pressemitteilung Nr. 22/2007, einen sehr interessanter
Einblick in die Rolle von Betriebs- und Personalräten bei der Durchsetzung einer vereinbarkeitsbewussten
Personalpolitik bietet Döge, P./Behnke, C.: Betriebs- und Personalräte als Akteure familienbewusster Personalpolitik. Handlungsmuster von Personalvertretungen in Unternehmen und Organisationen mit dem audit
berufundfamilie, Berlin 2006
86
77
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Die folgende Übersicht zeigt zunächst einmal die Anzahl von Müttern mit Kindern der
Altersgruppe bis zu 12 Jahren, die noch einen besonderen Betreuungsaufwand erfordern
und durch die Möglichkeit des Bezuges von Kinderkrankenpflegegeld unter Umständen
größere Probleme im Unternehmen verursachen können.
Übersicht 40: Unternehmen mit Müttern, die Kinder im Alter bis zu 12 Jahren haben
Anzahl der Mütter mit Kindern bis
zu 12 Jahren im Unternehmen
Anzahl der
Unternehmen
Anteil an der
Gesamtheit der
Unternehmen in %
Keine Mütter mit Kindern dieser
Altersgruppe
2
5,6
1 – 5 Mütter mit Kindern dieser
Altersgruppe
20
55,5
6 – 10 Mütter mit Kindern dieser
Altersgruppe
3
8,3
11 – 15 Mütter mit Kindern dieser
Altersgruppe
4
11,1
16 – 20 Mütter mit Kindern dieser
Altersgruppe
0
0
Mehr als 20 Mütter mit Kindern
dieser Altersgruppe
7
19,4
gesamt
36*
100,0
* Zwei Unternehmen machten keine Angaben
Dabei ist die Spannbreite ziemlich groß. Während in 9 Betrieben jeweils nur ein oder zwei
Mütter mit Kindern dieser Alterstufe arbeiten (1,0 bis 7,4 % der Belegschaften), sind es in
4 Unternehmen zwischen 44 und 89 Mütter. In einem dieser Fälle stellen sie (50 Mütter)
lediglich 2,0%, in den anderen drei Fällen zwischen 21,0 und 32,7 % der Belegschaften. Eine
Betrachtung des Anteils dieser Mütter an den Gesamtbelegschaften zeigt, dass er überall
dort sehr hoch ist, wo Frauen in der Beschäftigung dominieren (vor allem im
Gesundheitswesen und in den personenbezogenen Dienstleistungen). Im produzierenden
Gewerbe mit überwiegend männlichen Arbeitnehmern liegt der Anteil wesentlich niedriger
und schwankt zwischen 0,8 und 10,0 Prozent der gesamten Belegschaft. Insgesamt waren
456 Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren in den untersuchten Betrieben beschäftigt, die bei
einer Gesamtheit von 8.210 Arbeitnehrmer/innen einen Anteil von 5,6 Prozent hatten. Die
relativ geringe Anzahl von Müttern dieser Kategorie dürfte auf jeden Fall auch mit der bereits
78
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
im Kapitel 2 erwähnten Tatsache zusammenhängen, dass die weitaus meisten weiblichen
Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern ein Alter zwischen 40 und 60 Jahren aufweisen
(vgl. Übersicht 3, S. 18). Die Herausbildung der konkreten Alterstrukturen in den einzelnen
Unternehmen konnte im Rahmen dieser Studie nicht ermittelt werden.
Es ist also zu vermuten, dass die Problemlagen der Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren von
den einzelnen Betriebsleitungen, Personalverantwortlichen und Betriebsräten sehr unterschiedlich wahrgenommen werden. In den 4 Unternehmen, in denen zwischen 44 und 89
Mütter dieses Typs beschäftigt sind (hohe Kinderquote), dürften sie weitaus mehr zur „Normalität“ des betrieblichen Geschehens gehören als in jenen Unternehmen, die nur einen
äußerst niedrigen oder keinen Anteil dieser Mütter aufweisen.
Verschwindend gering war der Anteil alleinerziehender Mütter an den Müttern mit Kindern in
dieser Alterstufe.
Übersicht 41: Unternehmen mit alleinerziehenden Müttern, die Kinder im Alter bis zu
12 Jahren haben
Anzahl der alleinerziehenden
Mütter mit Kindern bis zu 12
Jahren im Unternehmen
Anzahl der
Unternehmen
Anteil an der
Gesamtheit der
Unternehmen in %
Keine alleinerziehenden Mütter mit
Kindern dieser Altersgruppe
21
60,0
1 – 5 alleinerziehende Mütter mit
Kindern dieser Altersgruppe
10
28,6
6 – 10 alleinerziehende Mütter mit
Kindern dieser Altersgruppe
2
5,7
11 – 15 alleinerziehende Mütter mit
Kindern dieser Altersgruppe
0
0
16 – 20 alleinerziehende Mütter mit
Kindern dieser Altersgruppe
0
0
Mehr als 20 alleinerziehende
Mütter mit Kindern dieser
Altersgruppe
2
6,1
gesamt
35*
100,0
* drei Unternehmen machten keine Angaben
Sieht man von zwei Unternehmen ab, die 31 bzw. 22 alleinerziehende Mütter beschäftigten,
ist davon auszugehen, dass – zumindest zum Zeitpunkt der Befragung – diese Gruppe
quantitativ eine äußerst geringe Bedeutung hat und dadurch auch kaum Erfahrungen im
79
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Hinblick auf die besonderen Problemlagen, die mit dem Alleinerziehen verbunden sein
können, vorhanden sind (das wurde von einigen Personalverantwortlichen auch auf dem
Fragebogen angemerkt).
Im Hinblick auf die Arbeitzeiten der Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren ist eine exakte Erfassung der Situation auf der Grundlage der Unternehmensbefragung nicht möglich, da zahlreiche Betriebe zu den einzelnen Kategorien keine Angaben machten oder den Vermerk
„nicht bekannt“ eintrugen. Insofern decken sich die in der folgenden Übersicht eingetragenen
Zahlen nicht mit der Gesamtzahl dieser Mütter (456 Frauen).
Übersicht 42: Arbeitszeiten der Mütter mit Kindern im Alter bis zu 12 Jahren insgesamt
Arbeitszeiten der Mütter mit Kindern bis zu
12 Jahre
Anzahl der Mütter in allen
Unternehmen
Vollzeit
270
Teilzeit
140
Normalarbeitszeit *
123
gesamt
410
* Normalarbeitszeit: Arbeit von Montag bis Freitag zwischen 35 und 42 Stunden ohne Schichtdienst und Überstunden
Von den 410 erfassten Müttern mit Kindern bis zu 12 Jahren arbeiten 270 in Vollzeit bzw.
vollzeitnah. Das entspricht einem relativ hohen Anteil von 65,9 Prozent. Dieser hohe
Prozentsatz lässt sich wohl kaum allein mit der aus DDR-Zeiten tradierten positiven Einstellung zur Vollbeschäftigung von Frauen/Müttern erklären. Weitere Ursachen dürften in der
nach wie vor guten Situation der Kinderbetreuung, in vergleichsweise geringeren Erwerbseinkommen in den neuen Bundesländern sowie in der Tatsache, das das männliche Ernährermodell immer weniger lebbar ist, liegen. Auf der anderen Seite zeigen die Zahlen auch,
dass lediglich 30,0 Prozent der Mütter in Normalarbeitszeit beschäftigt sind. Das bedeutet,
dass sehr viele Frauen dieser Gruppe jenseits der offiziellen Öffnungszeiten von Kindertagesstätten und Schulhorten spezielle Betreuungsarrangements für ihre Kinder finden
müssen. Dadurch, dass einige Unternehmen zur Frage der Arbeitszeit von Müttern keine
Angaben machen konnten, ist mit den vorliegenden Zahlen in diesem Fall allerdings nur eine
illustrative Annäherung an die soziale Realität möglich.
80
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Einen weiteren thematischen Schwerpunkt der Befragung stellten Probleme dar, die mit der
Elternzeit und der Betreuung erkrankter Kinder in Verbindung standen.
Die folgende Übersicht zeigt die Anzahl der Unternehmen, in denen sich Arbeitnehmerinnen
in Elternzeit befinden.
Übersicht 43: Unternehmen mit Frauen in Elternzeit
Anzahl der Frauen in Elternzeit
Anzahl der
Unternehmen zum
Zeitpunkt der Befragung
N=37
Anzahl der
Unternehmen in den
letzten zwei Jahren
N=36*
Keine Frauen in Elternzeit
18
12
1 – 5 Frauen in Elternzeit
19
12
6 – 10 Frauen in Elternzeit
1
3
11 – 15 Frauen in Elternzeit
0
2
16 – 20 Frauen in Elternzeit
0
0
mehr als 20 Frauen in Elternzeit
0
0
* einmal erfolgte in dieser Rubrik keine Antwort
In nahezu der Hälfte der untersuchten Betriebe befindet sich keine einzige Frau in der
Elternzeit. In der Gruppe der anderen 19 Unternehmen (1 bis 5 Frauen in Elterzeit) sind 7, in
denen lediglich eine Frau Elternzeit in Anspruch nimmt. Der Anteil der Frauen in dieser
Gruppe an den jeweiligen Gesamtbelegschaften liegt zwischen 0,08 und 5,7%. Nur in einem
Fall sind es 12,5%. Da in allen erfassten Unternehmen und Einrichtungen 2.424 Frauen tätig
sind, von denen sich insgesamt 52 im Elternurlaub befinden, liegt deren Anteil bei nur
2,1%.
Da weder die Alterstruktur der beschäftigten Frauen noch die Personalpolitik der Unternehmen (z. B. auch Einstellungspräferenzen nach Alter und Geschlecht) bekannt sind, lassen
sich beim gegenwärtigen Forschungsstand keine Gründe für diese niedrigen Zahlen
angeben. Fest steht jedoch, dass das Problem von Schwangerschaften und daraus sowohl
für die Mütter als auch für die Unternehmen resultierende Fragen und Anforderungen zu
einem nicht geringen Teil kaum oder gar nicht in den Wahrnehmungshorizont von Betriebsleitungen und Personalverantwortlichen gelangen87. Ob sich aus den Zahlen der gegenwärtig
87
Es ist zu vermuten, dass sowohl die geringe Anzahl von Frauen in Elternzeit als auch mit Kindern bis zu 12
Jahren mit der bereits auf S.16 erwähnten Tatsache zusammenhängt, dass die Altersgruppe der Frauen
zwischen 40 und 60 Jahren die weitaus stärkste Gruppe bildet.
81
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
im Elterurlaub befindlichen Frauen und denen, die diese Zeit in den letzten zwei Jahren in
Anspruch genommen haben (vgl. Übersicht 43), ein Trend ableiten lässt, ist nicht eindeutig
zu beantworten. Auf jeden Fall ist die Gruppe der Frauen in Elternzeit in den untersuchten
Betrieben und Einrichtungen kleiner geworden.
Der in zahlreichen Publikationen und politischen Verlautbarungen zu Recht hervorgehobene
Anstieg der Zahl von Männern in Elternzeit zeichnet sich allerdings für die untersuchten
Betriebe noch nicht ab, wie die folgende Übersicht verdeutlicht.
Übersicht 44: Männer in Elternzeit
Anzahl der Männer in Elternzeit
Anzahl der
Unternehmen zum
Zeitpunkt der Befragung
Anzahl der
Unternehmen in den
letzten zwei Jahren
Keine Männer in Elternzeit
28
26
1 – 5 Männer in Elternzeit
10
11
6 – 10 Männer in Elternzeit
0
1
Mehr als 10 Männer in Elternzeit
0
0
Auch hier ist im Vergleich der sich gegenwärtig und in den letzten zwei Jahren in der
Elternzeit befindlichen Männer eher eine leicht rückläufige Tendenz zu konstatieren. Zum
Zeitpunkt der Befragung waren von den insgesamt 5.786 beschäftigten Männern 13 im
Elternurlaub. Das entspricht einem Anteil von 0,2 % der männlichen Belegschaften aller
Unternehmen und Einrichtungen. In 9 Unternehmen, in denen Männer zum Zeitpunkt der
Befragung im Elternurlaub waren, lag deren Anteil an der Gesamtbelegschaft zwischen 0,08
und 1,1%, in einem Fall bei 3,7%. Diese Zahlen signalisieren – zumindest in der Untersuchungseinheit, die die Grundlage für diese Studie bildet – keinen Durchbruch im Hinblick auf
ein verstärktes Engagement von Männern in der Kinderbetreuung. Die Gründe dafür sind
ohne Zweifel sehr vielgestaltig, dürften jedoch zu einem nicht geringen Teil darin liegen, dass
familiäre Reproduktions- und Sorgearbeit immer noch als Frauendomäne betrachtet wird und
daher die männliche Erwerbsbiographie einschließlich der betrieblichen Anforderungen an
Flexibilität, Mobilität, zeitliche Verfügbarkeit und ständige Anwesenheitspflicht nach wie vor
einen recht traditionalen Zuschnitt haben88. Außerdem befinden sich in der Untersuchungseinheit relativ viele Unternehmen des produzierenden Gewerbes, die hinsichtlich der Zusam-
88
vgl. hierzu auch die Studie: Wahl, D., Abschlussstudie zum Projekt „Starke Väter-starke Kinder“, Rostock 2007
(als Online-Publikation unter www.vereinbarkeit-leben-mv.de)
82
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
mensetzung der Belegschaften männlich dominiert sind. Möglicherweise spielt auch ein
relativ hohes Durchschnittsalter der männlichen Beschäftigten eine Rolle, wodurch viele sich
nicht mehr in der aktiven Familienphase befinden.
Aufgrund der insgesamt kleinen Gruppe von Frauen, die sich zum Zeitpunkt der Befragung in
der Elternzeit befanden bzw. diese in den letzten zwei Jahren in Anspruch nahmen, waren
auch die sich daraus ergebenden Probleme für die Unternehmen überschaubar und keineswegs gravierend. Hinzukommt, dass z. B. die Schutzvorschriften für werdende Mütter in den
einzelnen Branchen von ganz unterschiedlicher Bedeutung89 sind und die zur Untersuchungseinheit gehörenden Unternehmen und Einrichtungen nicht vorrangig davon tangiert
wurden.
Übersicht 45: Ergeben sich durch die Beschäftigung junger Frauen Probleme hinsichtlich Arbeitsorganisation, Aufgabenerfüllung sowie Vertretung/Ersatz durch:
größere
Probleme
geringe
Probleme
keine
Probleme
(Anzahl der
Nennungen)
(Anzahl der
Nennungen)
(Anzahl der
Nennungen)
Regelungen des Mutterschutzgesetzes
1
7
29
Ausfallzeiten durch Schwangerschaftskomplikationen/Beschäftigungsverbot
4
8
26
Beschäftigte in Elternzeit
0
11
23
Ausfälle wegen Erkrankung der Kinder
1
22
14
Wunsch nach anderer Wochenarbeitszeit
bei Rückkehr aus der Elternzeit
2
7
26
Wunsch nach anderer Arbeitszeitlage (z.B.
keine Nachtschichten)
4
4
27
Fall
Anmerkung: Die Quersumme der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht in jedem Fall die Anzahl der befragten
Unternehmen, da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte.
Etwas stärker war die Betroffenheit der Unternehmen von Elternzeit und Erkrankung der
Kinder, während die Wünsche nach veränderter Wochenarbeitszeit bzw. anderer Arbeitszeitlage kaum Probleme verursachten. So wurde denn auch die Frage, ob Mütter mit Kindern
89
zu den einzelnen Schutzvorschriften vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Mutterschutzgesetz. Leitfaden zum Mutterschutz, Berlin 2006
83
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
im Alter bis zu drei Jahren mehr Fehltage aufweisen als Mütter mit älteren Kindern oder
kinderlose Mitarbeiterinnen, von der Mehrheit der Unternehmen bejaht.
Übersicht 46: Haben Ihrer Meinung nach Mütter mit Kindern unter drei Jahren mehr
Fehltage als Mütter mit älteren Kindern oder Mitarbeiterinnen ohne Kinder?
Antwort
Anzahl der Nennungen
ja
20
nein
15
Anmerkung: Die Summe der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in
einigen Fällen keine Angabe erfolgte.
In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass die Mehrheit der befragten Unternehmensleitungen bzw. Personalverantwortlichen der Meinung war, dass die Betreuung
erkrankter Kinder durch die Mutter selbst erfolgen sollte, wie die nachfolgende Übersicht
verdeutlicht.
Übersicht 47: Sollte die Betreuung erkrankter Kinder nach Möglichkeit durch den
Partner/Ehemann bzw. Großeltern oder andere nahestehende Personen geleistet
werden?
Antwort
Anzahl der Nennungen
ja
16
nein
19
Anmerkung: Die Summe der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in
einigen Fällen keine Angabe erfolgte.
Insgesamt 16 Unternehmen sahen Möglichkeiten der Unterstützung von Müttern erkrankter
Kinder, die vor allem arbeitsorganisatorischer Art waren. Dabei muss jedoch hervorgehoben werden, dass die Möglichkeiten nicht nur durch den „guten Willen“ der Betriebsleitungen
bestimmt werden, sondern objektiv sehr unterschiedlich sind. Das wurde auch in einigen
Antworten angedeutet. So lassen sich z.B. in der IT-Branche oder in der Verwaltung leichter
Möglichkeiten der Telearbeit/Heimarbeit finden als in anderen Branchen bzw. unmittelbar in
der Produktion von Gütern, und die Einrichtung eines Eltern-Kind-Arbeitszimmers ist selbstverständlich nur mit einer kritischen Masse an Müttern (und/oder Vätern) sinnvoll.
84
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 48: Sehen Sie Möglichkeiten, die Mütter erkrankter Kinder bei der Betreuung
bzw. der Organisation der Arbeit im Unternehmen zu unterstützen?
Antwort
Anzahl der Nennungen
ja
16
nein
20
Anmerkung: Die Summe der Nennungen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen
keine Angabe erfolgte.
In der Übersicht 49 finden sich einige Maßnahmen im Zusammenhang mit der Unterstützung
von Müttern, die erkrankte Kinder zu betreuen haben. Dabei war Mehrfachnennung möglich,
ähnliche Maßnahmen wurden zusammengefasst.
Übersicht 49: Wenn ja, welche? / Nennung von Möglichkeiten
Maßnahme
Anzahl der Nennungen
(gleiche/ähnliche Maßnahmen wurden zusammengefasst)
Maßnahmen über die Veränderung bzw. Verlagerung von
Arbeitszeit
8
Telearbeit/Heimarbeit
6
Eltern-Kind-Arbeitszimmer
2
Arbeiten werden von Kollegen/Kolleginnen mit übernommen
1
Befragung durch den Betriebsrat zur Festlegung künftiger
Maßnahmen in diesem Bereich
1
Dienstausgleich über Arbeitszeitkonten oder befristete
Veränderungen der Arbeitszeit je nach Arbeitsplatz
1
Die Frage, ob sie bei alleinerziehenden Müttern besondere Problemlagen sehen, wurde von
der überwiegenden Mehrheit der Betriebsleitungen/Personalverantwortlichen verneint.
Naturgemäß waren unter denen, die diese Frage mit ja beantworteten, die Unternehmen, die
vergleichsweise viele alleinerziehende Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren beschäftigen..
Möglicherweise wären bei einem anderen „Unternehmens- und Branchenmix“ in der
Befragung abweichende Ergebnisse zutage getreten. Es ist zu vermuten, dass die
„Unauffälligkeit“ der alleinerziehenden Mütter vor allem zwei Ursachen hat: Erstens ist ihre
Anzahl in den Unternehmen (in 31 Unternehmen sind keine bzw. zwischen 1 und 5
alleinerziehende Mütter vorhanden, vgl. Übersicht 41) verschwindend gering, sodass hier
85
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
eventuell auftretende Probleme eine zu vernachlässigende Größe darstellen. Zweitens
könnte der bereits weiter vorn erwähnte Umstand eine Rolle spielen, dass alleinerziehende
Mütter keineswegs eine homogene Gruppe bilden und nicht wenige von ihnen die
Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben auf der Grundlage mehr oder
weniger gut ausgebauter informeller Netzwerke befriedigend gelöst haben. Das dürfte vor
allem für diejenigen gelten, die sich beruflich gut etabliert haben, zu den Stammbelegschaften von Unternehmen gehören und daher auch über ein vergleichsweise hohes
Erwerbseinkommen verfügen.
Übersicht 50: Ergeben sich nach Ihren Erfahrungen bei alleinerziehenden Müttern
besondere Problemlagen?
Antwort
Anzahl der Nennungen
ja
8
nein
23
Anmerkung: Die Summe der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in
einigen Fällen keine Angabe erfolgte.
Übersicht 51 : Wenn ja, welche? Nennung von Problemlagen
Problemlage(n)
Anzahl der Nennungen
(gleiche/ähnliche Problemlagen wurden zusammengefasst
Mehrfachnennung war möglich)
Ungünstige Öffnungszeiten von Kitas, die mit geforderten
Arbeitszeiten in den Unternehmen nicht kompatibel sind
Häufig keine Alternativen zu Urlaub im Falle der
Schließung von Kitas (z.B. Jahreswechsel)
4
1
Keine Betreuungsmöglichkeiten im Krankheitsfall der
Mutter
1
Erhöhter organisatorischer Aufwand
1
Fehlende Unterstützung bzw. fehlende Netzwerke
2
Ein weiteres Untersuchungsfeld verband sich mit den Problemen, die sich für Unternehmen
mit der Elternzeit von Mitarbeiterinnen (und Mitarbeitern) ergeben. Zunächst galt es die
Frage zu beantworten, wie lange in der Regel durch junge Mütter die Elternzeit in Anspruch
genommen wird, da die Unternehmen (vor allem bei qualifizierten weiblichen Fachkräften
des Stammpersonals) mehrheitlich ein großes Interesse an einer baldigen Rückkehr haben.
86
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 52: Neigen junge Mütter in Ihrem Unternehmen eher zu einer frühzeitigen
oder späten Rückkehr aus der Elternzeit?
Antwortvorgabe
Anzahl der Nennungen
N =38
Elternzeit im Rahmen des gesetzlichen
Mutterschutzes (8 Wochen bzw. bis zu 3
Monate nach Geburt )
1
Elternzeit bis 6 Monate
4
Elternzeit bis 9 Monate
1
Elternzeit bis zu einem Jahr
29
Elternzeit länger als ein Jahr
3
Wie die Übersicht 52 verdeutlicht, ist die überwiegende Mehrheit der Mütter ein Jahr in der
Elternzeit (76,3 Prozent der Betriebe machten diese Angabe). Dahinter verbergen sich
einmal aus der DDR tradierte Verhaltensmuster und zum Anderen die Auswirkungen des seit
dem 1. Januar 2007 geltenden neuen Elterngeldgesetzes, durch das junge Mütter genau
12 Monate eine Lohnersatzleistung erhalten, die sich nach dem vor der Elternzeit erzielten
Erwerbseinkommen berechnet. Eine zeitliche Verlängerung dieser Lohnersatzleistung auf
14 Monate ist nur dann möglich, wenn der Partner/Ehemann auch mindestens 2 Monate
Elternzeit in Anspruch nimmt. Der Sinn dieser Maßnahme besteht u. a. darin, den Wunsch
nach Kindern zu erhöhen bzw. zu unterstützen, das familiäre Engagement von Männern zu
stärken und auch zur „betrieblichen Normalität“ werden zu lassen und eine möglichst rasche
Rückkehr von Müttern und Vätern an den Arbeitsplatz (die auch im Interesse der Unternehmen liegt) zu fördern.
Die Frage, wie viele Beschäftigte, die sich gleichzeitig in Elternzeit befinden, das Unternehmen verkraftet, wurde von zahlreichen Betriebsleitern/Personalverantwortlichen gar nicht
beantwortet.
87
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 53: Wie viele Beschäftigte gleichzeitig in Elternzeit verkraftet Ihr Unternehmen?
Antwortvorgabe
Anzahl der Nennungen
keinen
0
1 bis 5 Beschäftigte
17
6 bis 10 Beschäftigte
1
10 bis 15 Beschäftigte
1
Mehr als 15 Beschäftigte
0
Anmerkung: Die Summe der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in
zahlreichen Fällen keine Angabe erfolgte.
Es ist zu vermuten, dass diese Frage noch zu wenig in der Optik ist, zumal Beschäftigte in
der Elternzeit (Frauen und Männer) insgesamt in den befragten Unternehmen noch eine
untergeordnete Rolle spielen. Das wird deutlich, wenn die Gesamtheit der in den befragten
Unternehmen Beschäftigten in Beziehung zur Gesamtheit der in Elternzeit befindlichen
Mütter und Väter gesetzt wird: Von den 8.210 Mitarbeiter/innen befinden sich 65 Frauen und
Männer in der Elternzeit (vgl. auch die Übersichten 43 und 44). Das sind 0,8 Prozent der
Gesamtbelegschaften. Interessant ist, dass es bei den Antworten auch keine Korrelation
zwischen Unternehmens- bzw. Belegschaftsgröße und der Anzahl der zu verkraftenden
„Elternzeitler/innen“ gibt. Im Gegenteil, gerade in kleineren Unternehmen wurde diese
vergleichsweise hoch angesetzt, während sie in Großunternehmen relativ niedrig ausfiel.
Es besteht kein Zweifel, dass die Unternehmen sich den damit verbundenen Problemlagen
künftig stärker widmen müssen, zumal wenn sie sich nicht nur – wie das gegenwärtig immer
noch erfolgt – an den vorhandenen Eltern orientieren, sondern ihre Personalpolitik auf die
künftige Gewinnung junger, hoch qualifizierter Fachleute beiderlei Geschlechts ausrichten
wollen, für die die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben einen ungleich
höheren Stellenwert hat als in früheren Generationen.
Die Frage, welche Faktoren zu einer frühen oder späten Rückkehr junger Mütter aus der
Elternzeit führen, wurde von den Unternehmensleitungen bzw. Personalverantwortlichen
zum Teil sehr unterschiedlich beantwortet. Ohne Zweifel ist davon auszugehen, dass hier die
spezifische Zusammensetzung der Belegschaften (Frauen- und Männeranteil, durchschnittliches Qualifikationsniveau) sowie persönliche Erfahrungen der Führungskräfte, möglicherweise auch Klischeevorstellungen und Vermutungen, wo diese konkreten Erfahrungen
88
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
fehlen, eine Rolle bei den Antworten gespielt haben. Es ist ferner zu vermuten, dass auch
das Geschlecht der jeweiligen Führungskraft sowie die eigenen familienbezogenen Leitbilder
einen Einfluss auf die Antworten gehabt haben. Das gilt umso mehr als die Frage unabhängig von den konkreten Erfahrungen im eigenen Unternehmen beantwortet werden sollte.
Übersicht 54: Welche Faktoren sind Ihrer Meinung nach generell die Grundlage für
eine frühe oder späte Rückkehr junger Mütter aus der Elternzeit? (Bitte beantworten Sie
die Frage unabhängig von Ihren konkreten Erfahrungen im eigenen Unternehmen)
stimme
voll zu
stimme
teilweise
zu
stimme
nicht zu
(Nennungen)
(Nennungen)
(Nennungen)
Angst vor Entwertung beruflicher Qualifikation führt zu
früherer Rückkehr
8
19
10
Angst vor Karriere-„Knick“ führt zu früherer Rückkehr
3
19
9
Einkommensverluste führen zu früherer Rückkehr
22
11
4
Loyalität zum Unternehmen führt zu früherer Rückkehr
3
25
9
Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen führt zu früherer
Rückkehr
2
19
16
gute Betreuung des Kindes/der Kinder führt zu früherer
Rückkehr
16
16
5
Wenn der Ehemann/Partner Teile der Elterzeit übernimmt, führt das zu früherer Rückkehr
16
17
4
Bei guter finanzielle Absicherung durch den Ehemann/
Partner wird die Elternzeit verlängert
16
16
4
Frauen mit fehlenden Karrieremöglichkeiten neigen zu
längerer Elterzeit
9
19
8
Frauen mit geringen beruflichen Ambitionen nehmen
eine längere Elternzeit
15
14
7
Frauen, die eine längere Elternzeit nehmen, möchten
sich möglichst lange auf das Kind konzentrieren
18
18
1
Wenn keine optimale Betreuung für das Kind vorhanden
ist, wird eine längere Elternzeit genommen
17
17
2
Wenn der Ehemann/Partner keine Elternzeit nehmen
kann oder will, nimmt die Frau eine längere Elternzeit in
Anspruch
10
24
3
Faktoren, die eine frühe Rückkehr bewirken
Anmerkung: Die Quersumme der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen,
da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte.
89
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Bei den Nennungen zu den einzelnen Unterpunkten der Frage fällt zunächst auf, dass sich –
von wenigen Ausnahmen abgesehen – die meisten auf die Rubrik „stimme teilweise zu“
konzentrieren. Das ist sicher Ausdruck der Tatsache, dass es sich zum Teil um komplexe
und komplizierte Sachverhalte handelt, die sich einer einfachen Wertung entziehen, dass
ganz unterschiedliche persönliche Erfahrungen im eigenen Unternehmen sowie in der Verwandtschaft und dem Bekanntenkreis vorliegen und dass zu einigen der erfragten Sachverhalte vielleicht noch keine gefestigten Meinungen existieren.
Auffallend ist der hohe Zustimmungsgrad beim Unterpunkt „Einkommensverluste führen zu
früherer Rückkehr“. Das ist jedoch insofern nicht verwunderlich als der Zusammenhang
zwischen Einkommenseinbußen und längerem Elternurlaub offenkundig ist.
Nicht zu erwarten war die relativ niedrige Zustimmung bei der Behauptung, dass die Loyalität
gegenüber dem Unternehmen sowie das Bedürfnis nach sozialen Kontakten zu den Kolleginnen und Kollegen eine frühere Rückkehr begünstigt. Zur Erklärung wäre hier eine vertiefende Untersuchung erforderlich, zumal keine vergleichbaren Studien zu diesem Sachverhalt
vorliegen.
Ein weiteres Feld der Untersuchung bestand in der Ermittlung von Maßnahmen für Frauen in
der Elternzeit. Hier kann festgestellt werden, dass in der überwiegenden Mehrheit der
befragten Unternehmen solche Maßnahmen bereits existieren oder geplant sind. Unternehmen, die keine Aktivitäten in diesem Bereich aufzuweisen haben, sind vor allem solche, die
weder gegenwärtig noch in den letzten zwei Jahren Mitarbeiter/innen im Elternurlaub hatten.
Übersicht 55: gibt es im Unternehmen besondere Maßnahmen für Frauen in der
Elternzeit?
Maßnahme
wird praktiziert
Maßnahme wird
nicht praktiziert
Maßnahme ist
künftig geplant
(Nennungen)
(Nennungen)
(Nennungen)
Rückkehrgespräche im Zusammenhang
mit der Elternzeit
28
3
3
Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit während
der Elternzeit wenn das gewünscht wird
(ggf. auch Telearbeit)
26
5
4
Kontakte und regelmäßige Information
zum Betriebsgeschehen
28
5
1
Möglichkeiten zur Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen
20
12
3
Teilnahme an Feiern, Ausflügen u. ä.
31
3
1
Maßnahme
Anmerkung: Die Quersumme der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen,
da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte.
90
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Obwohl die in der Übersicht 55 enthaltenen Zahlen nur die Häufigkeit der einzelnen Maßnahmen angeben und nichts über deren Qualität aussagen, machen sie doch deutlich, dass
die überwiegende Mehrheit der befragten Unternehmen das Thema Elternzeit in die betriebliche Personalpolitik integriert hat.
Offenkundig war mit den im Fragebogen enthaltenen Vorgaben auch bereits das Spektrum
der Maßnahmen abgedeckt, die die Unternehmensleitungen in der Optik haben bzw. praktizieren, denn auf die Frage, ob es noch andere Maßnahmen gibt, erfolgte insgesamt nur
eine Antwort: „Aktiver Kontakt der Vertretungskraft mit der in Elternzeit befindlichen Kollegin,
um einen reibungslosen Betriebsablauf zu gewährleisten“. Obwohl diese Maßnahme auf den
ersten Blick mehr dem Unternehmen als der in Elternzeit befindlichen Mutter Nutzen bringt,
scheint sie bei näherer Betrachtung doch überdenkenswert, da sie besser als lose (oder
auch mehr zufällige) informelle Kontakte zur Mutter geeignet ist, diese am Betriebgeschehen
teilhaben zu lassen sowie ihr unternehmensinternes Wissen und ihre fachlichen Kompetenzen zu erhalten und ggf. sogar zu ergänzen.
Im Zusammenhang mit der Elternzeit wurde auch untersucht, welche Arbeitszeitregelungen
es innerhalb und nach dieser Freistellung gibt.
Übersicht 56: Welche Arbeitszeitregelungen gibt es für Mütter in und nach der Elternzeit?
Arbeitszeitregelung
Ja
Nein
(Nennungen)
(Nennungen)
generell Teilzeitarbeit in der Elternzeit
15
17
Teilzeitarbeit in der Elternzeit bis zu 15 Std./Woche
18
14
Teilzeitarbeit in der Elternzeit von 15 bis 30 Std./Woche
22
10
Erhöhung der Arbeitszeit nach Elternzeit von Teilzeit auf Vollzeit
19
11
Absenkung der Arbeitszeit nach Elternzeit von Vollzeit auf Teilzeit
22
9
Beibehaltung von Vollzeit
28
3
Beibehaltung von Teilzeit
25
4
Anmerkung: Die Quersumme der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen,
da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte.
Wie die Nennungen in Übersicht 56 verdeutlichen, werden die verschiedensten Arbeitszeitarrangements praktiziert, deren Ausrichtung im Einzelnen allerdings im Rahmen dieser
Befragung nicht untersucht werden konnten.
91
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
3.3 Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns
In einem letzten Untersuchungskomplex wurde der Frage nachgegangen, welche vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen es (unabhängig von der Elternzeit) im Unternehmen gibt.
Übersicht 57: Welche vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen gibt es in Ihrem Unternehmen?
Handlungsfeld/Maßnahme
existiert
bereits
Ist geplant
Ist nicht
möglich/
kein
Bedarf
(Nennungen)
(Nennungen)
(Nennungen)
Teilzeitangebote
26
2
7
Gleitzeit
27
1
5
Arbeitszeitkonten
26
1
7
Vertrauensarbeitszeit
12 *
1
20
Möglichkeit des Wechsels von Vollzeit- auf Teilzeitbeschäftigung und umgekehrt in Abhängigkeit vom
Alter des Kindes/der Kinder
23
2
9
Organisatorische Unterstützung bei der Kinderbetreuung (z.B. (über)betriebliche Einrichtung, Ankauf/-mietung von Belegplätzen u.ä.)
1
3
31
Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten
(außerhalb der Kita-Öffnungszeiten) oder in Notfällen
2
2
31
Formen der Tele- bzw. Heimarbeit (wo das möglich ist)
12
1
22
Berücksichtigung von Familien mit Kindern bei der
Urlaubsplanung
33
1
1
Unbezahlte Freistellungen bei familiären Problemen
21
0
14
Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Weiterbildungsveranstaltungen in und außerhalb
der Arbeitszeit
26
2
6
Einmalzahlung bei der Geburt eines Kindes und/oder
betriebliche Kinderzulagen (laufende Zahlungen)
8
2
25
Betriebliche Zuschüsse zu den Kinderbetreuungskosten
6 **
2
27
Zinsgünstige oder zinslose Darlehen seitens des
Betriebes in persönlichen/familiären Notsituationen.
8
1
26
*
**
eine Nennung bei Vertrauensarbeitszeit bezieht sich ausdrücklich nur auf Tele-Arbeitsplätze
in einem Fall werden die vollen Kinderbetreuungskosten übernommen
Anmerkung: Die Quersumme der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen,
da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte.
92
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Offenbar war auch mit diesen Vorgaben im Fragebogen das in den Unternehmen praktizierte
Spektrum von Maßnahmen weitgehend ausgeschöpft. Als zusätzliche Maßnahmen wurden
lediglich folgende genannt:
Übersicht 58: Weitere vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen
Maßnahme
Anzahl der Nennungen
Jobsharing
1
Arbeitszeitbeginn in Übereinstimmung mit Kita-Öffnungszeiten
1
Ansammlung von Plusstunden, die bei Bedarf auch zur
Freistellung bei der Erkrankung des Kindes zur Verfügung
stehen
1
Variable Vergütung mit Balance Score Card
1
Langfristige Personalplanungen und Mitarbeiterentwicklungsstrategien
1
Mitarbeiterbefragungen zur Schwachstellenanalyse u. Vorschlagseinbringung zum Thema Vereinbarkeit
1
Insgesamt decken sich die Ergebnisse der Befragung zu vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen in den Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns in nicht geringem Maße mit den
Befunden anderer Studien90.
Das trifft auf jeden Fall auf die hohe Konzentration der Maßnahmen im Bereich Arbeitszeitregelungen zu. Gleiches gilt auch im Hinblick auf ein wesentlich geringeres Engagement der
Unternehmen bei der Unterstützung verschiedener Formen der Kinderbetreuung und im
Bereich finanzielle Zuwendungen.
Die Fokussierung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen auf Arbeitszeitregelungen weist eine
gewisse Zwiespältigkeit auf. Auf der einen Seite kommt ihnen bei der Vereinbarkeit von
Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben eine zentrale Bedeutung91 zu, weil sich ohne die
90
vgl. Juncke, D.: Betriebswirtschaftliche Effekte familienbewusster Personalpolitik: Forschungsstand, Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik – Arbeitspapier Nr. 1 / 2005, Münster 2005, S. 30 ff., vgl. auch
die 2007 in Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns erhobenen Befunde bei Wahl, D., Abschlussstudie zum
Projekt „Starke Väter-starke Kinder“, Rostock 2007 (als Online-Publikation unter www.vereinbarkeit-leben-mv.de)
91
Die große Bedeutung familienfreundlicher Arbeitszeitmodelle konnte durch den Verfasser auch im Rahmen des
Projektes „Starke Väter-starke Kinder“ festgestellt werden, vgl. ebenda, S. 38
93
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Verfügbarkeit über arbeitsfreie Zeit überhaupt kein privater/familiärer Lebensbereich konstituieren kann. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass die Unternehmen – gewissermaßen in Konkurrenz zu den Zeit-Bedürfnissen der Arbeitnehmer – ihre Anforderungen an
die zeitliche Verfügbarkeit der Beschäftigten über Arbeitszeitmodelle realisieren, die eher
den betrieblichen Notwendigkeiten entspringen und bestenfalls im Nebeneffekt familienfreundlich sind92.
Mit anderen Worten: Teilzeit, Gleitzeit, Arbeitszeitkonten etc. sind nicht per se familienfreundliche Maßnahmen, sondern nur dann wenn sie sich „auf die Vereinbarkeit von Berufsund Privatleben der Beschäftigten förderlich auswirken, und zwar auch, wenn sie nicht als
originär familienunterstützende konzipiert wurden“93.
Im Zusammenhang mit vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen in den Unternehmen wurde
auch nach Hemmnissen gefragt, die im Hinblick auf deren Einführung gesehen werden.
Aufschlussreich ist die Tatsache, dass immerhin 18 Unternehmen angaben, keine bzw. keine
umfassenden Kenntnisse zum realen Bedarf an vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen zu
haben und 17 völlig oder teilweise fehlende Informationen zu diesen konstatierten. Hier
zeigen sich objektiv die Notwendigkeit, sich stärker dem personalpolitischen Handlungsfeld
Vereinbarkeit zuzuwenden und die dafür erforderliche innerbetriebliche Datenbasis zu schaffen sowie ein beachtlicher Weiterbildungsbedarf, der sicher für viele andere Unternehmen,
die von der Untersuchung nicht erfasst wurden, auch zutrifft.
Interessant ist auch die Tatsache, dass 26 Unternehmen die Alterstruktur der Beschäftigten
als Hemmnis für die Beschäftigung mit vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen anführten. Das
zeigt, dass solche Maßnahmen a) immer noch zu sehr an der aktiven Familienphase
festgemacht werden und b) dabei lediglich von der aktuellen Alterstruktur der Belegschaft
ausgegangen wird.
92
vgl. Juncke, D.: Betriebswirtschaftliche Effekte familienbewusster Personalpolitik: Forschungsstand, Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik – Arbeitspapier Nr. 1 / 2005, Münster 2005, S. 30
93
Wingen, M.: Betriebliche Familienpolitik als gesellschaftspolitische Aufgabe – familienbewußte Personalpolitik
als Weg zum Unternehmenserfolg, in: Sozialer Fortschritt, Berlin, Nr. 3/2003, S. 62
94
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 59: Wo sehen Sie Hemmnisse für die Einführung vereinbarkeitsbewusste
Maßnahmen in Ihrem Unternehmen?
Hemmnis
trifft voll zu
trifft teilweise
zu
trifft nicht zu
(Nennungen)
(Nennungen)
(Nennungen)
finanzielle Belastung des Unternehmens
9
18
7
personell zu aufwendig, da die laufenden
Alttagsgeschäfte keine Zeit übrig lassen
6
16
12
keine Informationen zum realen Bedarf
bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen
3
15
17
fehlende Informationen über vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen u. ihre konkrete Ausgestaltung
3
14
18
starke Fluktuation der Belegschaft
1
1
32
kein aktueller Bedarf aufgrund der Altersstruktur der Belegschaft
9
17
9
Anmerkung: Die Quersumme der Nennungen in den Zeilen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen,
da in einigen Fällen keine Angabe erfolgte.
Eine starke Fluktuation, die letztendlich zu instabilen Belegschaften führt, spielt als Hemmnis
bei der Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen praktisch keine Rolle. Das ist sicher
auch Ausdruck einer niedrigen Kündigungsbereitschaft in Zeiten hoher faktischer oder
drohender Arbeitslosigkeit.
Die Frage, ob noch andere als die aufgeführten Hemmnisse für die Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen gesehen werden, wurde lediglich von drei Unternehmen beantwortet. Diese führten branchenspezifische betriebliche Erfordernisse (Hotel- und Gaststättengewerbe), teilweise fehlendes Verständnis der Kolleginnen und Kollegen sowie eine
generell konservative Einstellung an. Wichtig ist die Anmerkung eines Unternehmens, das
auf die sehr unterschiedliche Zusammensetzung und Bedarfslage in den einzelnen
innerbetrieblichen Bereichen hinwies und die daraus folgenden unterschiedlichen Möglichkeiten für vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen hervorhob.
3.4 Weiterbildungs- und Beratungsbedarf der befragten Unternehmen und Einrichtungen
Abschließend wurde die Frage gestellt, ob die Unternehmensleitungen bzw. Personalverantwortlichen Weiterbildungs- und Beratungsbedarf zum Thema Vereinbarkeit von
Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben haben.
95
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Übersicht 60: Haben Sie Interesse an Informationen bzw. an Beratung zum Thema
Vereinbarkeit?
Antwort
Anzahl der Nennungen
N=37
ja
14
nein
19
Anmerkung: Die Summe der Nennungen ergibt nicht die Anzahl der befragten Unternehmen, da in einigen Fällen
keine Angabe erfolgte.
Immerhin wünschen 14 der befragten Unternehmen und Einrichtungen Informationen,
Weiterbildungsveranstaltungen und Möglichkeiten des Erfahrungsaustausches zum Thema.
Die nachfolgende Übersicht verdeutlicht die Präferenzen im Hinblick auf einzelne Maßnahmen.
Übersicht 61: Wenn ja, wünschen sie:
Antwortvorgabe
Anzahl der Nennungen
Individuelle unternehmensbezogene
Information/Beratung
5
Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen
12
Teilnahme an workshops/Seminaren zu ausgewählten
Schwerpunktthemen:
12
Information zu Arbeitszeitmodellen
8
Information zu Elternzeit, Elterngeld, Wiedereinstieg
nach Elternzeit
6
Information zur Kinderbetreuung
9
Information zu geldwerten Leistungen, steuerfreien
Zuschüssen u. ä.
12
Wie die Übersicht 61 verdeutlicht, konzentrieren sich die Wünsche hinsichtlich der Form der
Weiterbildung/Information eindeutig auf den Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen
sowie die Teilnahme an workshops. Thematisch bilden Arbeitszeitmodelle, betriebliche Formen der Kinderbetreuung und vor allem geldwerte Leistungen/steuerfreie Zuschüsse den
Schwerpunkt.
96
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
•
Die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben ist kein „Modethema“, das
gegenwärtig Konjunktur hat, sondern ein langfristiges Problem von großer sozialpolitischer Bedeutung. Diese ergibt sich – historisch betrachtet – aus den gravierenden Veränderungen, die sich seit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts sowohl in der
Arbeitswelt als auch in den Familienstrukturen und geschlechterspezifischen Erwerbsmustern vollzogen haben und – perspektivisch gesehen - aus dem daraus resultierenden demographischen Wandel und neuen Anforderungen an Erwerbsarbeit im Rahmen
weltumspannender Globalisierungsprozesse und technologischer Innovationen.
•
Die damit verbundenen neuen Herausforderungen berühren den Staat und die öffentliche
Verwaltung ebenso wie Wirtschaftsunternehmen, die einzelnen Familien und ihre Mitglieder. Deshalb kann die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie
und Privatleben, die eine wesentliche Grundlage für hohe Lebensqualität der Menschen
sowie für gesellschaftliche Stabilität und Zukunftsfähigkeit ist, nur in engem Zusammenwirken dieser drei Hauptakteure erfolgen, von denen jeder nicht auf den anderen übertragbare Leistungen in diesem Prozess zu erbringen hat.
•
Sowohl bei der Untersuchung der mit dem Thema „Vereinbarkeit“ verbundenen gesellschaftlichen Problemlagen als auch bei der Bestimmung der politischen Handlungsfelder
und deren konkreter Umsetzung in der sozialen Realität ist davon auszugehen, dass es
sich nicht um einen Prozess handelt, der sich nur auf die so genannten „aktive Familienphase“ reduzieren lässt, sondern lebensphasenbezogene Besonderheiten aufweist, die
bis heute sowohl in der Wissenschaft als auch in der praktisch-politischen Gestaltung
noch zu wenig thematisiert werden. Dadurch bleiben Determinanten der Familiengründung und des Kinderwunsches junger Menschen oftmals genauso ausgeblendet wie z. B.
die besonderen Belastungen der so genannten „Sandwich-Generation“ und die sich verstärkenden Herausforderungen durch die Pflege behinderter, vor allem aber älterer Menschen. Gleiches gilt für die längere Verweildauer von Jugendlichen und Heranwachsenden im Haushalt ihrer Herkunftsfamilie, die für die Eltern (vor allem jedoch für die
Mütter) mit einem erhöhten und zeitlich verlängerten Aufwand für die häusliche
Reproduktionsarbeit verbunden ist und sich nicht selten bereits mit Verpflichtungen in der
Pflege älterer Familienangehöriger überschneidet.
•
Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben bedarf
auf der einen Seite des politischen Willens und des konkreten Engagements der einzelnen Akteure, erfordert andererseits jedoch eine solide Grundlage an Informationen
97
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
darüber, was gegenwärtig Quantität und Qualität unserer Erwerbsarbeit, Entwicklungstendenzen der Familienstrukturen und Partnerbeziehungen, das Zusammenwirken der
Generationen und nicht zuletzt das Verhältnis der Geschlechter bestimmt.
•
Ungeachtet einer sehr unterschiedlichen Verteilung erwerbstätiger Frauen auf die einzelnen Branchen kann im Vergleich zu den alten Bundesländern insgesamt eine hohe
Erwerbsbeteiligung festgestellt werden. Diese zeigt sich vor allem in einem starken Anteil
von Frauen in Vollzeitbeschäftigung, der in den meisten Branchen nicht unter die
60-Prozent-Marke fällt. Charakteristisch ist ferner eine vergleichsweise geringere Einbindung in Teilzeitarbeit, bei der die überwiegende Mehrheit der Frauen über 18 Wochenstunden bis vollzeitnah arbeitet. Die Beantwortung der Frage ob und wie sich der
deutschlandweite Trend, dass sich zwar die Beschäftigungsquote von Frauen erhöht, ihr
Arbeitsvolumen jedoch stagniert bzw. sich rückläufig entwickelt, auch in MecklenburgVorpommern durchsetzt, muss künftigen Analysen vorbehalten bleiben. Sollte sich eine
verstärkte Einbindung von Frauen/Müttern in Teilzeitarbeit bestätigen, die nicht von einer
gleichen Tendenz bei den männlichen Beschäftigten begleitet würde, wäre das ein Schritt
in Richtung auf Verfestigung bzw. sogar Verstärkung traditioneller geschlechterspezifischer Rollenzuschreibungen.
•
Diese hohe Erwerbstätigkeit gilt nicht nur für Frauen im Allgemeinen, sondern auch für
Mütter mit Kind/Kindern unter 18 Jahren. Insgesamt waren 65,6 Prozent der Mütter mit
Kindern dieser Altersgruppe in verschiedene Formen der Erwerbsarbeit eingebunden.
Generell hat sich aber im Vergleich zu 1990 die Gesamtzahl minderjähriger Kinder
dramatisch verringert. Das gilt für alle Altersgruppen, jedoch in erster Linie für Kinder im
Vorschulalter, die einen besonderen Betreuungsaufwand erfordern. Daraus lässt sich der
Schluss ableiten, dass es künftig bei Strategien und Maßnahmen zur Verbesserung der
Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben nicht nur um die Unterstützung
und Stabilisierung bereits bestehender Familien gehen kann, sondern Rahmenbedingungen dafür zu schaffen sind, dass sich der immer noch mehrheitlich vorhandene
Wunsch junger Menschen nach erfüllten Partnerbeziehungen und Kindern (Familiengründungswilligkeit) besser realisieren lässt.
•
Alle erwerbstätigen Mütter mit im Haushalt lebenden Kindern (auch die Väter) haben in
der einen oder anderen Weise Vereinbarkeitsprobleme zu bewältigen, die natürlich sehr
vom Charakter der Beschäftigung, dem dort vorherrschenden Arbeitszeitregime, dem
jeweiligen Betriebsklima, den Zugriffsmöglichkeiten auf solidarischen Unterstützungsstrukturen (persönliche Netzwerke) und nicht zuletzt von den Arrangements der
98
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
innerfamiliären Arbeitsteilung abhängen. Von besonderen Belastungen geprägt ist die
Gruppe der Alleinerziehenden, die jedoch keineswegs eine homogen Risikogruppe
darstellt, sondern im Hinblick auf das Alter der zu betreuenden Kinder sowie auf Ressourcen zur Bewältigung der Vereinbarkeitsprobleme (Einkommen, Beschäftigung, informelle Netzwerke) in sich sehr differenziert ist. Besondere psychosoziale Belastungen
weist die Gruppe von alleinerziehenden Frauen auf, die mehrere kleine Kinder versorgen müssen, eine geringe Qualifikation aufweisen und durch eingeschränkte Mobilität
und Flexibilität nur begrenzte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.
•
Junge Frauen und Mütter stellen angesichts ihrer hohen Erwerbsorientierung, die in den
östlichen Bundesländern ohnehin vorhanden und in den westlichen Bundesländern in
den letzten beiden Jahrzehnten stark angewachsen ist sowie ihrer im Durchschnitt sehr
guten schulischen und beruflichen Qualifikation ein beachtliches Arbeitskäftepotenzial
dar, dessen Nutzung durch privatwirtschaftliche und öffentliche Arbeitgebende – unabhängig von konkret vorhandenen Einstellungspräferenzen – ohne Alternative ist.
Ungeachtet dessen ist ihre Beschäftigung nach wie vor mit einigen Risiken verbunden,
die aus biologischen Gegebenheiten wie Schwangerschaft und Mutterschaft resultieren,
weitaus stärker aber noch mit historisch gewachsenen geschlechterspezifischen Rollenzuschreibungen verbunden sind.
•
Beide können dazu führen, dass Frauen/Mütter durch Schwangerschaftskomplikationen,
Mütterschutz, Elternzeit und Betreuung erkrankter Kinder im Verlauf ihrer beruflichen
Tätigkeit Fehlzeiten aufweisen, deren Zeitpunkt und Dauer nicht immer planbar sind und
die nicht selten zur arbeitsorganisatorischen Problemen und schmerzhaften, bisweilen
kaum kompensierbaren personellen Ausfällen führen. Da die Nichtbeschäftigung von
Frauen/Müttern aus den genannten Gründen weder aus gleichstellungspolitischer noch
aus volks- und betriebswirtschaftlicher Sicht langfristig eine gangbare Strategie darstellt,
können die durchaus für Arbeitgeber/innen vorhandenen Probleme nur durch bewährte
vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen gelöst werden, wie sie zahlreiche Unternehmen und
Einrichtungen bereits praktizieren. Hinzu kommt, dass z. B. Elternzeit und die Betreuung
erkrankter Kinder biologisch keineswegs an Frauen gebunden sind und perspektivisch
Ausfallzeiten von Müttern durch mehr familiäres Engagement von Männern/Vätern in
starkem Maße minimiert werden könnten. Dazu bedarf es jedoch nicht nur des individuellen Willens von Vätern, sondern vor allem auch eines kulturellen Wandels in den Unternehmen selbst, in denen Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben in der
Regel noch immer als „Frauenproblem“ betrachtet wird.
99
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
•
Neben dem Risiko bisweilen schwer kalkulierbarer Ausfälle, die sich im weitesten Sinne
aus Schwangerschaft und Mutterrolle von Frauen ergeben, wird häufig ein zweites Problem bei der Beschäftigung von Frauen thematisiert: Ihr im Vergleich zu Männern angeblich höherer Krankenstand. Dieses Vorurteil, das einer empirischen Überprüfung nicht
standhält, speist sich zunächst aus der Tatsache, dass einige Gesundheitsberichte von
Krankenkassen tatsächlich leicht höhere Krankenstände bei Frauen ausweisen, Frauen
insgesamt häufiger einen Arzt konsultieren und mehr Medikamente in Anspruch nehmen
als Männer. Als weiteres Argument dient dann meist noch der Hinweis auf eine höhere
Rate bei psychischen Störungen und Erkrankungen, die nicht selten mit geringerer
Belastbarkeit und Stressresistenz assoziiert wird.
•
Obwohl die Determinanten geschlechtsspezifischer Krankenstände keineswegs ausreichend erforscht und wir deshalb vielfach auf Mutmaßungen angewiesen sind, lässt sich
feststellen, dass der Krankenstand von Frauen (wie auch von Männern), sehr viel mehr
durch historisch gewachsene und kulturell verfestigte Elemente der Arbeitsteilung, der
Rollenzuschreibung und daraus abgeleiteter Beschäftigungsfelder und Verhaltensweisen
geprägt wird als durch biologische Gegebenheiten der Geschlechter, sieht man einmal
von typischen Frauen- und Männerkrankheiten ab. Das bedeutet, dass die horizontale
und vertikale geschlechtspezifische Segregation des Arbeitsmarktes, ein unterschiedlich
entwickeltes Gesundheitsbewusstsein und –verhalten, die in der Regel immer noch
charakteristische Doppelbelastung erwerbstätiger Mütter und besondere Stressfaktoren,
denen alleinerziehende Mütter ausgesetzt sind, weitaus stärker den Krankenstand beeinflussen als typische „Frauenkrankheiten“.
•
Die Befragung in der Unternehmen und Einrichtungen hatte das Ziel, festzustellen, ob
sich die im „externen Material“ erhobenen Befunde auch in der betrieblichen Personalpolitik widerspiegeln, wie die konkreten Erfahrungen mit den besonderen Problemlagen
erwerbstätiger Mütter sind und mit welchen Maßnahmen auf neue mit der Vereinbarkeit
von Berufstätigkeit, Familie und Privatleben verbundene Herausforderungen reagiert
wird. Obwohl die Befragung aufgrund der insgesamt doch eher zurückhaltenden Bereitschaft zur Mitarbeit keineswegs als repräsentativ für Mecklenburg-Vorpommern gelten
kann, gelang es doch, Unternehmen verschiedener Größe und Branchenzugehörigkeit
einzubeziehen. Gleiches gilt im Hinblick auf die unterschiedliche geschlechtsspezifische
Zusammensetzung der Belegschaft und die geographische Verteilung.
•
Einer der wesentlichsten Befunde der Untersuchung bestand zunächst einmal in der
Tatsache, dass – ungeachtet z. T. beträchtlicher Unterschiede - insgesamt eine nicht zu
100
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
erwartende niedrige Anzahl von Müttern mit Kindern im Alter bis zu 12 Jahren in den
Unternehmen und Einrichtungen tätig war. Sie hatten lediglich einen Anteil von 5,6
Prozent an den Belegschaften sämtlicher Betriebe. Vergleichsweise noch geringer war
die Anzahl alleinerziehender Mütter, die in der Mehrheit der Unternehmen gar nicht existierten. Es ist zu vermuten, dass dadurch Vereinbarkeitsprobleme von Müttern in sehr
unterschiedlichem Maße in den Wahrnehmungshorizont von Unternehmensführungen
und Personalverantwortlichen gelangten und damit natürlich auch der akute Handlungsbedarf sehr unterschiedlich ausfiel. Die geringe Anzahl von Müttern mit Kindern bis zu
einem Alter von 12 Jahren hängt u.a. auch mit der Alterstruktur der Belegschaften
zusammen. Der Frage, ob diese „historisch gewachsen“ oder Ergebnis einer bestimmten
Einstellungspolitik ist, wird in den anderen Teilen der Studie nachgegangen Insgesamt
deutete sich in der Untersuchung der auch bereits in anderen Studien konstatierte
Zusammenhang zwischen hoher Frauen- und Mütterbeschäftigung bzw. auch hoher
Mütterquote und einer relativ breiten Palette praktizierter vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen ebenfalls an.
•
Nicht zu erwarten war auch der sehr niedrige Anteil von Müttern, die sich in Elternzeit
befinden und insgesamt nur einen Anteil von 2,1 Prozent der in allen Unternehmen
beschäftigten Frauen ausmachten. Noch wesentlich kleiner war der Anteil der im Elternurlaub befindlichen Väter, der lediglich 0,2 Prozent aller männlichen Belegschaftsmitglieder umfasste. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass Arbeitsausfälle durch
Elternurlaub die Mehrheit der Unternehmen vor keine oder nur geringe Probleme stellen.
Das könnte sich aufgrund eventuell wieder ansteigender Geburtenraten und der
stärkeren Inanspruchnahme der Elternzeit durch Männer ändern. Die Deutung von durchaus vorhandenen Signalen in diese Richtung auf gesamtgesellschaftlicher Ebene ist zum
gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings noch zu früh.
•
Von praktischer Bedeutung war die Feststellung, dass der weitaus größte Teil der Mütter
eine Elternzeit von 12 Monaten in Anspruch nimmt. Geht man von diesen Zeitrahmen als
sich abzeichnende generelle Tendenz aus, die durch die neue Elternzeitregelung noch
unterstützt wird, so ergeben sich für Unternehmen kalkulierbarere und vor allem im
Durchschnitt kürzere Ausfallzeiten. Geht man ferner noch davon aus, dass es künftig
gelingt, mehr Väter auch für längere Zeiträume (über die bisher üblichen 2 Monate) zur
Inanspruchnahme von Elternzeit zu bewegen, wird sich deren Dauer für beide Elternteile
verkürzen, was prinzipiell im Interesse der Unternehmen liegt. Diese müssen dafür aber
umdenken und auch jenseits des Problemfeldes Elternzeit eine neue Vorstellung von
„typisch männlicher“ Erwerbsbiographie entwickeln. Wenn diese heute noch fast utopisch
101
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
anmutende Vision Realität werden sollte, haben wir eines Tages nur noch Arbeitnehmer/
innen mit gleichen Interessen in Bezug auf Beteiligung am Erwerbsleben sowie die
Verwirklichung des Wunsches nach Familie und Privatleben, die dann als „alltägliche
Normalität“ auch von Arbeitgebern akzeptiert werden.
•
Während Ausfallzeiten durch Elternurlaub für die Mehrheit der Unternehmen nicht zu
gravierenden Problemen führten, war die Betroffenheit von Fehlzeiten beschäftigter
Mütter, die durch die Betreuung erkrankter Kinder bis zu einem Alter von drei Jahren
bedingt waren, größer. Die Erhebung umfangreiche Daten zum Krankenstand der
Frauen/Mütter hätten den Rahmen dieser Befragung gesprengt. Deshalb wurden die
damit verbundenen Fragen und Probleme auf der Grundlage des „externen Materials“
etwas ausführlicher dargestellt. Ermittelt wurde lediglich die Bedeutung von Ausfallzeiten, die im Zusammenhang mit dem Mutterschutz stehen und solchen die mit Schwangerschaftskomplikationen bzw. Beschäftigungsverboten verbunden sind. Insgesamt
ließen sich hier keine gravierenden Probleme feststellen, ein Befund, der in anderen
Branchen eventuell abweichend ausfallen würde.
•
Im Hinblick auf das in den untersuchten Unternehmen und Einrichtungen vorhandene
Angebot an vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen, lässt sich insgesamt eine positive
Bilanz ziehen. Das gilt vor allem in Bezug auf die Breite des Angebotes, auch wenn die
einzelnen Maßnahmen noch eine sehr unterschiedliche Ausprägung erfahren. Eindeutig
im Mittelpunkt stehen Arbeitszeitregelungen, die von Teilzeitangeboten über Arbeitszeitkonten und Vertrauensarbeitszeit bis zur Telearbeit reichen. Auffällig ist das vergleichsweise niedrige Angebot in den Bereichen, die mit finanziellen Transfers (zinslose oder
zinsgünstige Darlehen, Zuschüsse zu Kinderbetreuungskosten, Einmalzahlung bei
Geburt von Kindern) bzw. der Unterstützung der Kinderbetreuung verbunden sind. Dieser
Sachverhalt ist jedoch keine Besonderheit von Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern, sondern ein Befund, der auch in Studien, die die Situation in anderen Bundesländern zum Gegenstand haben, immer wieder angeführt wird.
•
Es ist zu vermuten, dass die stärkere Zurückhaltung bei finanziellen Transfers nicht in
erster Linie mit der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen zu erklären ist. Hier liegt
die Vermutung nahe, dass vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen immer noch in sehr
starkem Maße mit Arbeitszeitregelungen, Arrangements zum Elternurlaub und der
Berücksichtigung von Familien mit Kindern bei der Urlaubsplanung assoziiert werden. Ein
stärkeres Engagement der Unternehmen bei der finanziellen Unterstützung von Familien,
die durchaus auch Überlegungen zu geldwerten Leistungen einschließt, wäre gerade in
102
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Mecklenburg-Vorpommern mit seinen unterdurchschnittlichen Löhnen und Gehältern
angebracht.
•
Das vergleichsweise geringe Engagement in der Kinderbetreuung hat sicher viele Ursachen. Wie auch andere Studien zeigen, sind Unternehmen immer noch der Auffassung,
dass diese Aufgabe ganz wesentlich Privatsache jeder Familie ist. In Mecklenburg-Vorpommern kommt noch hinzu, dass im Prinzip flächendeckend Stätten der Kinderbetreuung vorhanden sind, deren Öffnungszeiten sich jedoch immer seltener mit flexiblen
Arbeitszeitanforderungen der Unternehmen und/oder dem Pendeln zur Arbeitsstätte
decken. Die Lösung dieses Problems wird seitens der Betriebe oftmals bei den Trägern
selbst bzw. den Kommunalverwaltungen gesehen. Als letzte Ursache für ein geringes
Engagement in Sachen Kinderbetreuung sei noch einmal auf die auch in dieser Studie
deutlich zu Tage getretene Bedarfslage verwiesen. In nicht wenigen Unternehmen (selbst
in Großbetrieben) kommen so wenig Beschäftigte im Elternurlaub oder mit Kindern in
betreuungsintensiven Alterstufen zusammen, das einzelne konkrete Bedarfslagen entweder gar nicht artikuliert werden oder aus der Optik der Personalpolitik verschwinden.
•
Insgesamt lassen die Ergebnisse der Befragung den Schluss zu, dass die mit einer
besseren Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben verbundenen Herausforderungen in der Personalpolitik von Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern „angekommen“ sind und – mit deutlichen Unterschieden zwischen einzelnen Branchen und
Betrieben - in entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden. Die Befragung macht
allerdings auch deutlich, dass bisher keineswegs die Vielfalt der vorhandenen und in
zahlreichen Unternehmen Deutschlands bereits praktizierten Maßnahmen Bestandteil
betrieblicher Personalpolitik ist. Auf der einen Seite müssen in zahlreichen Unternehmen
selbst erst einmal die entsprechenden Daten und Bedarfe ermittelt werden. Auf der
anderen Seite deutet sich ein z. T. vielfältiger Weiterbildungsbedarf an, den etwa ein
Drittel der befragten Unternehmen auch selbst zum Ausdruck brachte.
103
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
5. Weiterer Forschungsbedarf
Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden viele Sozialdaten herangezogen, die aus den
unterschiedlichsten Quellen stammen: Bundes- und Landesstatistiken, Berichte und
Pressemeldungen von Krankenkassen sowie zahlreiche Studien, die in direktem oder
indirektem Zusammenhang mit dem Thema stehen. Ferner wurden mittels der Befragung
von Unternehmen und Einrichtungen selbständig neue Daten erarbeitet.
Insgesamt konnten auf dieser Grundlage eine Reihe von Aussagen zum Problem der
Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben in Mecklenburg-Vorpommern, die
allerdings auf die soziale Situation junger Mütter zugeschnitten waren, vorgenommen
werden.
Gleichzeitig zeigte sich jedoch, dass dieses politische Handlungsfeld eine sehr große
Komplexität aufweist, deren angemessene Berücksichtigung den Rahmen dieser Untersuchung weit überschritten hätte. Ferner zeigte sich, dass die derzeitige Basis an offiziell
verfügbaren Sozialdaten noch relativ schmal ist und nur eine punktuelle bzw. ausschnittsweise Analyse ermöglicht.
Deshalb sollen im Folgenden einige ausgewählte Forschungsprobleme zum VereinbarkeitsThema aufgeführt werden, die künftig einer verstärkten Bearbeitung bedürfen. Es sind dies
Themen/Problemlagen, die bisher kaum systematisch untersucht wurden, zu denen es nur
punktuelle Ergebnisse gibt bzw. für die in unserem Bundesland keine oder zu wenig Erkenntnisse vorliegen. Es handelt sich dabei um sehr breit angelegte Themen, die noch beliebig
untersetzt werden könnten.
1.
Verbesserung der themenrelevanten Datenbasis
Begründung:
Für die Analyse des Ist-Standes und zur Entwicklung und Umsetzung geeigneter Strategien für eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben muss
die Datenlage zu allen damit verbundenen sozialen Erscheinungen und Prozessen
erheblich verbessert werden. Das beinhaltet vor allem auch neue Anforderungen an die
mit Statistik befassten Institutionen, Behörden, Kammern und Verbände. Obgleich
insgesamt durchaus Fortschritte zu verzeichnen sind, fehlen nach wie vor für einige Bereiche geschlechterspezifische Sozialdaten, erfolgt eine Fortschreibung von bereits seit
vielen Jahren abgefragten Kennziffern, obwohl sich die Arbeitswelt, die Familienformen
und die Lebensentwürfe der Menschen beträchtlich verändert haben und die Lösung
völlig neuer Probleme auf der Tagesordnung steht. Die erhobenen Daten orientieren sich
noch zu sehr an die herkömmliche Auffassung von Familie, Familienleben und Normalarbeitsverhältnis. So ist z. B. die Datenlage zur Einbeziehung von Menschen in so
104
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
genannte atypische Beschäftigungen in Mecklenburg-Vorpommern lückenhaft. Gleiches
gilt für die anwachsende Gruppe der Alleinerziehenden. Wenn das auch in erster Linie für
alleinerziehende Männer zutrifft, so fehlen doch auch für die Ein-Eltern-Familien mit
weiblichen Haushaltsvorständen zahlreiche Informationen. Äußerst schmal ist auch die
Datenbasis zu den Selbständigen in unserem Bundesland, die immerhin etwa 80.000
Personen umfassen und möglicherweise stärkere Vereinbarkeitsprobleme aufweisen als
die abhängig Beschäftigten.
2.
Welche Qualität weisen vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen auf?
Begründung:
Inzwischen liegen für die Bundesrepublik insgesamt wie auch für einzelne Länder und
Kommunen zahlreiche Befragungsergebnisse im Hinblick auf familienfreundliche bzw.
vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen vor, werden viele Best-PracticeBeispiele präsentiert.
Diese Befunde spiegeln jedoch oftmals nur die quantitative Seite des Problems „Vereinbarkeit in Unternehmen“ wider. Was sich dahinter für Qualitäten verbergen, wie einzelne
Maßnahmen im Unternehmen kommuniziert und umgesetzt werden und welcher tatsächliche Kenntnisstand zu inneren Bedarfslagen, Belegschaftsstrukturen und potenziell
möglichen vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen vorhanden ist, bleibt häufig verborgen.
Diese Probleme lassen sich allerdings nicht mit herkömmlichen Befragungsmethoden
ermitteln, sondern nur im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, die die
konkrete Implementierung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen im Unternehmen zum
Ziel hat.
3.
Welche Faktoren beeinflussen die Durchsetzung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Unternehmen und Einrichtungen?
Begründung: Wir haben viele Erkenntnisse zur gesamten Palette möglicher vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Unternehmen und kennen zahlreiche Betriebe und
Einrichtungen, die sich durch hohe Familienfreundlichkeit auszeichnen und als „BestPractice-Beispiele“ angeführt werden.
Die Entwicklung solcher Beispiele scheint auf den ersten Blick zufällig zu sein, da sie sich
weder auf bestimmte Branchen noch auf bestimmte geographische Räume konzentrieren. Schaut man genauer hin, ist feststellbar, dass es gewisse Zusammenhänge
zwischen Familienfreundlichkeit auf der einen Seite und einer Reihe von unternehmensbezogenen Faktoren auf der anderen Seite gibt (Betriebsgröße und –biographie,
geschlechterspezifischer Zusammensetzung der Belegschaften, Mütterquote, Qualifikationsstruktur der Beschäftigten, Selbstverständnis und persönliche Erfahrungen der
105
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Betriebsleitungen, Unternehmenskultur usw.). Die Herausarbeitung solcher Faktoren, die
die Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen begünstigen oder auch behindern
hat eine große praktische Bedeutung, da sie sich in Beratungs-, Informations- und
Weiterbildungsmaterialien umsetzen lassen und die Argumentationsfähigkeit gegenüber
Unternehmensleitungen stärken. Hier stehen wir erst am Anfang einer umfassenden
Analyse.
4.
Wie ist der Entwicklungsstand vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen außerhalb
des privatwirtschaftlichen Sektors?
Begründung:
Die überwiegende Mehrheit der Untersuchungen zu vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen von Arbeitgebern konzentriert sich auf die Unternehmen der Privatwirtschaft. Das
ist insofern legitim als sich in der Vergangenheit in diesem Sektor ein beträchtlicher
Handlungsbedarf aufgebaut hatte und zu Recht davon ausgegangen wurde, dass auch
Unternehmen dieses Bereiches Verantwortung für eine bessere Vereinbarkeit von
Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben übernehmen müssen. Weitaus weniger untersucht ist der Stand vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen im öffentlichen Dienst (Einrichtungen von Bund, Ländern und Kommunen sowie deren Beschäftigte) und in den so
genannten private Organisationen ohne Erwerbszweck (z. B. politische Parteien, Gewerk
schaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Vereine usw.). Hier besteht ein beträchtlicher
analytischer Nachholbedarf, zumal in diesen beiden Bereichen allein in MecklenburgVorpommern Zehntausende Personen (mit einem sehr hohen Frauenanteil) tätig sind.
Hinzukommt, dass die auf Gleichstellung der Geschlechter abzielende Strategie des gender mainstreaming, die u. a. auch die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit,
Familie und Privatleben beinhaltet, per Gesetz als zu erfüllende Querschnittsausfgabe im
öffentlichen Dienst eingesetzt wurde. Schon von daher müsste dieser – im Vergleich zur
Privatwirtschaft, für die es kein verbindliches Gleichstellungsgesetz gibt – die meisten
Best-Practice-Beispiele hervorbringen.
5.
Wie beeinflussen Arbeitslosigkeit, die Zunahme so genannter atypischer Beschäftigung (Zeitarbeit, Pendlerwesen, Befristungen usw.) und prekäre Einkommen die
Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und bereits bestehenden Familien aber auch die
Familiengründungswilligkeit junger Menschen?
Begründung: Ohne Zweifel sind vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen
und Einrichtungen ungemein wichtig, aber nur eine Seite der Medaille. Alle einschlägigen
Studien zeigen, dass Familien ein Mindestmaß an gemeinsam verfügbarer Zeit, an Planbarkeit im Sinne von Sicherheit des Arbeitsplatzes und an Einkommen brauchen. Sind
106
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
diese Faktoren nur unzureichend gegeben, werden zweifelsohne vorhandene Kinderwünsche aufgeschoben bzw. gar nicht erfüllt, kommt es nicht zur Familiengründung,
büßen vorhandene Familien an Stabilität ein (Desorganisation der Familie).
Diese Zusammenhänge sind bisher wenig untersucht. Der Fokus von Studien lag fast
immer auf der Wirkung von vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen auf kommunaler oder
betrieblicher Ebene. Deshalb wissen wir auch sehr wenig über den Stellenwert der o.g.
Faktoren im Hinblick auf Einstellungen und Verhaltensstrukturen junger Menschen, da
sie kaum abgefragt werden.
6.
Wie entwickeln sich unter den Bedingungen einer sich wandelnden Arbeitswelt
und einer verstärkten räumlichen Mobilität die innerfamiliären Beziehungen?
Welche Unterstützungsstrukturen bzw. Solidarpotenziale entfalten sich?
Begründung: Alle Studien zeigen, dass die in der Familie angelegten Unterstützungsstrukturen die weitaus wichtigsten sind, die auch durch Freunde und Bekannte in
der Regel nicht kompensiert werden können, da Verwandtschaft nach wie vor einen
außerordentlich hohen Verpflichtungscharakter hat.
Über diese innerfamiliären Beziehungen und Solidarleistungen haben wir kaum Kenntnisse. Das beginnt bereits damit, dass die Statistik vorrangig die Entwicklung der Haushalte widerspiegelt und somit ein Bild von zunehmender Singularisierung der Menschen
(Single- und Zwei-Personenhaushalten nehmen enorm zu) und der Schrumpfung der
Familien vermittelt. Da aber alle Menschen nach wie vor in familiäre bzw. verwandtschaftliche Netzwerke eingebunden sind (auch wenn diese tendenziell kleiner werden) ist
das relativ neue Konzept der „Multilokalen Mehrgenerationenfamilie“ von großer Bedeutung. Wie unterstützen sich Angehörige der Familie trotz räumlicher Trennung in
separate Haushalte gegenseitig, welche Transfers laufen zwischen den Generationen ab,
in welchem Maße ermöglicht überhaupt erst der Zugriff auf solche Netzwerke die
Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie? Zu fragen wäre auch, in wie weit sich diese
Netze festigen oder auch z. B. durch massive Abwanderung zum Teil. irreparabel zerstört
werden (vor allem im ländlichen Raum). Zur Bestimmung familiärer Lebensformen ist
jedenfalls das Konzept einer haushaltsorientierten Erfassung von Ehe und Familie
lediglich in einer begrenzten Phase des Familienzyklus aussagekräftig, da nur in dieser
Phase Haushalt und Familienleben zusammenfallen, während bei heranwachsenden
Kindern, aber auch in Bezug auf die ältere Generation, eine Haushaltskonzeption
familiäre Zusammenhänge nicht mehr erfassen kann.
107
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
7.
Wie gestaltet sich das Problem der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie in
den unterschiedlichen Lebensphasen der Menschen?
Begründung: Bisher liegt der Fokus der gesamten Vereinbarkeitsdebatte und dazu
gehörender wissenschaftlicher Studien eindeutig auf jungen Menschen, ihrer Familiengründungswilligkeit und Kinderzahl sowie der Betreuung des Nachwuchses (also auf der
so genannten aktiven Familienphase). Das hat natürlich angesichts sinkender Geburtenraten, absehbarer Überalterung der Bevölkerung, der Belastung der Sozialsysteme
und der zu erwartenden Verringerung von Fachkräften eine starke Berechtigung.
Ungeachtet dessen ist die Vereinbarkeit auch in späteren Lebensphasen zu leisten –
zumal wenn der Eintritt in das Rentenalter perspektivisch erst mit 67 Jahren erfolgt und
die Unternehmen sich aufgrund des demographischen Wandels stärker älteren Arbeitnehmern zuwenden müssen. Bei der heutigen Lebenserwartung werden viele Menschen
nicht nur ihre Enkel, sondern auch noch die Urenkel erleben. Andererseits wird schon in
wenigen Jahren massiv das Problem der Pflege älterer Angehöriger auf uns zukommen,
das sich sowohl in gegenwärtigen Studien als auch in konkreten Vereinbarkeitsstrategien noch höchst unzureichend widerspiegelt. Besondere Belastungen in Sachen
Vereinbarkeit weist die so genannte „Sandwich-Generation“auf, die voll im Berufsleben
steht, Verpflichtungen gegenüber Kindern und Enkeln aber auch gegenüber den eigenen
Eltern hat.
8.
Mit welchen besonderen Problemlagen im Hinblick auf Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie sind Männer/Väter konfrontiert?
Begründung: Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie wird immer noch sehr stark
(vor allem in Unternehmen) als „Frauenthema“ gesehen. Das hängt sicher auch damit
zusammen, dass Frauen im realen Leben die Hauptlast der von Familien zu erbringenden Vereinbarkeitsleistungen tragen, das Familienernährermodell stark verinnerlicht ist
und dass nach wie vor bei der Implementierung der Strategie des Gender Mainstreaming
die Gleichstellung von Frauen im Mittelpunkt steht.
Ungeachtet dessen wollen immer mehr Männer Erwerbsarbeit und Familie ohne
Abstriche im einen oder anderen Bereich vereinbaren können (Wertewandel in Richtung
Gefährtenfamilie/partnerschaftliche Beziehungen, Erosion des Familienernährermodells
in der jungen Generation). Ein stärkeres Engagement von Männern in der familiären
Reproduktions- und Sorgearbeit sowie eine Erhöhung ihrer Familien- und Haushaltsführungskompetenzen würde zu einer deutlichen Entlastung von Frauen beitragen, ihnen die
Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie erleichtern und damit auch ihre berufliche
Gleichstellung verbessern. Außerdem würde damit angesichts der absehbaren Verknap-
108
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
pung von Arbeitskräften die Nutzung des hohen Qualifikationspotenzials von Frauen in
Unternehmen und Einrichtungen gestärkt.
Ein erhöhtes Engagement von Männern in der Kinderbetreuung sowie der häuslichen
Reproduktions- und Sorgearbeit hätte ferner eine große stabilisierende Wirkung auf Ehe,
Partnerschaft und Familie.
Wie sehen Männer/Väter selbst diese Problemlagen, welchen Zugriff haben sie in Unternehmen auf vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen, wie stehen Betriebsleitung und
Kollegen/Kolleginnen zum familiären Engagement von Männern? Zu diesen Problemfeldern haben wir bis heute nur sehr rudimentäre Erkenntnisse.
9.
Wie gestaltet sich die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familien im ländlichen
Raum Mecklenburg-Vorpommerns?
Begründung: Die bisherige Debatte zur Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie
orientiert sich unterschwellig stark an städtischen Ballungsgebieten mit ihrer relativ
großen Angebotspalette an Beschäftigungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Branchen
und auch größeren Betriebeinheiten, der guten Nahverkehrssituation sowie der ausge
bauten ökonomischen und soziokulturellen Infrastruktur (einschließlich Kinderbetreuungsmöglichkeiten).
Der ländliche Raum weist hingegen (gerade im dünn besiedelten Mecklenburg-Vorpommern) zahlreiche Besonderheiten auf, die nicht geringe Auswirkungen auf die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie haben. Dazu gehören Besonderheiten der
Branchen- und Betriebsstruktur, geringe Beschäftigungsmöglichkeiten, weit verbreitetes
Pendlerwesen, absehbarer Rückbau der Infrastruktur, Abwanderung der jungen
Generation und damit wesentlicher Bestandteile der unter Punkt 2 erwähnten familiären
Netzwerke, Erosion historisch gewachsener Dorfstrukturen mit ihren Solidarpotenzialen
usw. Hier liegen bisher nur wenige Erkenntnisse vor. Eine Politik zur Entwicklung eines
familienfreundlichen Mecklenburg-Vorpommerns, das ja erklärtes Ziel der Landesregierung ist, muss auch die Gegebenheiten des ländlichen Raumes im Auge haben.
109
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
6.
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Statistisches Bundesamt: Statistik zum Elterngeld. Anträge von Januar 2007 bis Juni 2008,
Wiesbaden 2008
Statistisches Bundesamt: Statistik zum Elterngeld. Elterngeld regional: Vergleich aller 439
Kreise in Deutschland, Wiesbaden 2008
Stöbe-Blossey, S.: Arbeitszeit und Kinderbetreuung: Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in NRW – gefördert durch die Hans-Böckler-Stiftung, IAT-Report 1/2004
Stöbe-Blossey, S.: Bedarfsorientierte Kinderbetreuung. Teil 1: Arbeitszeit und Infrastruktur,
(Arbeitspapier des Instituts für Arbeit und Technik), Gelsenkirchen 2004
Techniker Krankenkasse (Hrg.): Gesundheitsreport 2007, Hamburg 2007
Techniker Krankenkasse (Hrg.): Gesundheitsreport 2008, Hamburg 2008
Techniker Krankenkasse (Pressemeldung): Mecklenburg-Vorpommern: Deutlich mehr
Kinderkrankengeldzahlungen, Schwerin 28. August 2007
VDI-Bericht: Ingenieurinnen und Ingenieure im Spannungsfeld zwischen Beruf, Karriere und
Familie, München 2008
Wahl, D., Abschlussstudie zum Projekt „Starke Väter-starke Kinder“, Rostock 2007 (als
Online-Publikation unter www.vereinbarkeit-leben-mv.de)
Wahl, D./Bohn, T.: Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Mecklenburg-Vorpommern,
Rostock 2005 (unveröffentlichtes Arbeitspapier)
WIMES-Wirtschaftsinstitut: Bevölkerungsprognose bis zum Jahr 2020 für die Gesamtstadt
Rostock und für die 21 Stadtbereiche der Hansestadt, Rostock 2007
118
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Wingen, M.: Betriebliche Familienpolitik als gesellschaftspolitische Aufgabe – familienbewußte Personalpolitik als Weg zum Unternehmenserfolg, in: Sozialer Fortschritt, Berlin, Nr.
3/2003
Wissenschaftliches Institut der AOK (Hrg.): Pressemitteilung: Immer mehr Arbeitsausfälle
durch psychische Erkrankungen, Bonn, 2. Dezember 2003
7. Anhang
7.1 Fragebogen für die Unternehmensbefragung
119
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Fragebogen zur Studie
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern
in Mecklenburg-Vorpommern
(Teil 1: Unternehmensbefragung)
Dr. Detlev Wahl
November 2008
Heiligengeisthof 3 18055 Rostock Tel./Fax: +49 (381) 375 8648
[email protected]
Träger: Landesfrauenrat MV e.V.
120
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
Unternehmensbezogene Daten
1. Name des Unternehmens:
2. Sitz des Unternehmens:
3. Branche/Bereich:
Verarbeitendes/produzierendes Gewerbe
Forschung/Entwicklung
Handwerk
Handel
Dienstleistung (außer Handel und Gastgewerbe)
Baugewerbe
Gastgewerbe (Gastronomie, Hotellerie)
Gesundheitswesen
Sonstiges (bitte unten erläutern)
4. Welche Produkte oder Dienstleistungen erbringt das Unternehmen?
Anzahl Mitarbeiter/innen
5. Wie viele Mitarbeiter/innen hat das Unternehmen?
Anzahl Männer
6. Wie viele Männer arbeiten im Unternehmen ?
Anzahl Frauen
7. Wie viele Frauen arbeiten im Unternehmen?
121
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
8. Liegt der Frauenanteil in der VERWALTUNG des Unternehmens über 50 %?
ja
nein
9. Liegt der Frauenanteil in der PRODUKTION bzw. ERBRINGUNG DER DIENSTLEISTUNGEN über 50 %?
ja
nein
10. Gibt es eine Personalabteilung oder eine(n)Personalverantwortliche(n)?
ja
nein
11. Existiert ein Betriebsrat in Ihrem Unternehmen?
ja
nein
Angaben zu jungen Müttern
Anzahl Mitarbeiterinnen
12. Wie viele Mitarbeiterinnen mit Kind/Kindern im Alter bis zu 12
Jahren arbeiten im Unternehmen?
Anzahl Mütter
Wie viele Mütter davon sind alleinerziehend?
13. Wie viele Mitarbeiterinnen mir Kind/Kindern bis zu 12 Jahren arbeiten in
Vollzeit
Teilzeit
Normalarbeitszeit*
* Normalarbeitszeit: Arbeit von Montag-Freitag zwischen 35 und 42 Stunden ohne Schichtdienst u. Überstunden
14. Elternzeit im Unternehmen
Wie viele Frauen bzw. sind gegenwärtig in der Elternzeit?
Wie viele Männer sind gegenwärtig in Elternzeit?
Wie viele Frauen waren in den letzten zwei Jahren in der Elternzeit?
Wie viele Männer waren in den letzten zwei Jahren in Elternzeit?
Anzahl
122
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
15. Ergaben bzw. ergeben sich in Ihrem Unternehmen durch die Beschäftigung junger
Frauen Probleme hinsichtlich Arbeitsorganisation, Aufgabenerfüllung und Vertretung/
Ersatz durch:
Fall
größere Probleme
geringe Probleme
keine Probleme
Regelungen des Mutterschutzgesetzes
Ausfallzeiten durch Schwangerschaftskomplikationen/Beschäftigungsverbot
Beschäftigte in Elternzeit
Ausfälle wegen Erkrankung
der Kinder
Wunsch nach anderer Wochenarbeitszeit
bei Rückkehr aus der Elternzeit
Wunsch nach anderer Arbeitszeitlage
(z.B. keine Nachtschichten)
16. Welche Rolle spielt die Erkrankung der Kinder von beschäftigten Müttern?
Haben Ihrer Meinung nach Mütter mit Kindern unter drei Jahren mehr Fehltage als Mütter
mit älteren Kindern oder Mitarbeiterinnen ohne Kinder?
ja
nein
Sollte die Betreuung erkrankter Kinder nach Möglichkeit durch den Partner/Ehemann bzw.
Großeltern oder andere nahestehende Personen geleistet werden?
ja
nein
17. Sehen Sie Möglichkeiten, die Mütter erkrankter Kinder bei der Betreuung bzw. der Organisation der Arbeit im Unternehmen zu unterstützen?
ja
nein
wenn ja, welche?
18. Ergeben sich nach Ihren Erfahrungen bei alleinerziehenden Müttern besondere
Problemlagen?
ja
nein
wenn ja, welche?
123
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
19. Neigen junge Mütter in Ihrem Unternehmen eher zu einer frühzeitigen oder späten
Rückkehr aus der Elternzeit?
Elternzeit im Rahmen des gesetzlichen Mutterschutzes (8 Wochen bzw. bis zu
3 Monate nach Geburt )
Elternzeit bis 6 Monate
Elternzeit bis 9 Monate
Elternzeit bis zu einem Jahr
Elternzeit länger als ein Jahr
Wie viele Beschäftigte gleichzeitig in Elternzeit verkraftet ihr Unternehmen?
20. Welche Faktoren sind Ihrer Meinung nach generell die Grundlage für eine frühe oder
späte Rückkehr junger Mütter aus der Elternzeit? (Bitte beantworten Sie die Frage
unabhängig von Ihren konkreten Erfahrungen im eigenen Unternehmen)
Faktoren, die eine frühe Rückkehr bewirken
Angst vor Entwertung beruflicher Qualifikation führt zu früherer
Rückkehr
Angst vor Karriere-„Knick“ führt zu früherer Rückkehr
Einkommensverluste führt zu früherer Rückkehr
Loyalität zum Unternehmen führt zu früherer Rückkehr
Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen führt zu früherer Rückkehr
gute Betreuung des Kindes/der Kinder führt zu früherer Rückkehr
Wenn der Ehemann/Partner Teile der Elterzeit übernimmt, führt das
zu früherer Rückkehr
Bei guter finanzielle Absicherung durch den Ehemann/ Partner wird
die Elternzeit verlängert
Frauen mit fehlenden Karrieremöglichkeiten neigen zu längerer
Elterzeit
Frauen mit geringe beruflichen Ambitionen nehmen eine längere
Elternzeit
Frauen, die eine längere Elternzeit nehmen, möchten sich möglichst
lange auf das Kind konzentrieren
Wenn keine optimale Betreuung für das Kind vorhanden ist, wird eine
längere Elternzeit genommen
Wenn der Ehemann/Partner keine Elternzeit nehmen kann oder will,
nimmt die Frau eine längere Elternzeit in Anspruch
stimme voll
zu
stimme
teilweise zu
stimme
nicht zu
124
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
21. Gibt es im Unternehmen besondere Maßnahmen für Frauen in der Elternzeit?
Maßnahme wird
praktiziert
Maßnahme
Maßnahme wird
nicht praktiziert
Maßnahme ist
künftig geplant
Rückkehrgespräche im Zusammenhang mit der
Elternzeit
Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit währen der
Elternzeit wenn das gewünscht wird (ggf. auch
Telearbeit)
Kontakte und regelmäßige Information zum
Betriebsgeschehen
Möglichkeiten zur Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen
Teilnahme an Feiern, Ausflügen u.ä.
22. Welche anderen Maßnahmen in Bezug auf Elternzeit werden in Ihrem Unternehmen
praktiziert oder sind in Planung?
23. Welche Arbeitszeitregelungen gibt es für Mütter in und nach der Elternzeit?
Arbeitszeitregelung
ja
nein
generell Teilzeitarbeit in der Elternzeit
Teilzeitarbeit in der Elternzeit bis zu 15 Std./Woche
Teilzeitarbeit in der Elternzeit von 15 bis 30 Std./Woche
Erhöhung der Arbeitszeit nach Elternzeit von Teilzeit auf Vollzeit
Absenkung der Arbeitszeit nach Elternzeit von Vollzeit auf Teilzeit
Beibehaltung von Vollzeit
Beibehaltung von Teilzeit
Angaben zu familienfreundlichen Maßnahmen
24. Welche vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen gibt es in Ihrem Unternehmen ?
Handlungsfeld/Maßnahme
Teilzeitangebote
Gleitzeit
existiert
bereits
Ist geplant
Ist nicht
möglich/
kein Bedarf
125
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
(weiter mit Frage 24 von S. 5)
Arbeitszeitkonten
Vertrauensarbeitszeit
Möglichkeit des Wechsels von Vollzeit- auf Teilzeitbeschäftigung
und umgekehrt in Abhängigkeit vom Alter des Kindes/der Kinder
Organisatorische Unterstützung bei der Kinderbetreuung (z.B.
(über)betriebliche Einrichtung, Ankauf/-mietung von Belegplätzen
u.ä.)
Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten (außerhalb der
Kita-Öffnungszeiten) oder in Notfällen
Formen der Tele- bzw. Heimarbeit (wo das möglich ist)
Berücksichtigung von Familien mit Kindern bei der Urlaubsplanung
Unbezahlte Freistellungen bei familiären Problemen
Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Weiterbildungsveranstaltungen in und außerhalb der Arbeitszeit
Einmalzahlung bei der Geburt eines Kindes und/oder betriebliche
Kinderzulagen (laufende Zahlungen)
Betriebliche Zuschüsse zu den Kinderbetreuungskosten
Zinsgünstige oder zinslose Darlehen seitens des Betriebes in
persönlichen/familiären Notsituationen.
25. Welche weiteren vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen bieten Sie Ihren Beschäftigten?
26. Wo sehen Sie Hemmnisse für die Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in
Ihrem Unternehmen?
Hemmnis
finanzielle Belastung des Unternehmens
personell zu aufwendig, da die laufenden Alttagsgeschäfte keine Zeit übrig lassen
keine Informationen zum realen Bedarf bei den
Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen
fehlende Informationen über vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen u. ihre konkrete Ausgestaltung
starke Fluktuation der Belegschaft
kein aktueller Bedarf aufgrund der Altersstruktur
der Belegschaft
trifft voll zu
trifft teilweise zu
trifft nicht zu
126
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern
27. Sehen Sie noch andere als die aufgeführten Hemmnisse für die Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in Ihrem Unternehmen?
28. Haben Sie Interesse an Informationen bzw. an Beratung zum Thema Vereinbarkeit?
Hier ist nicht nur der übliche und im Fragebogen hervorgehobene Aspekt der Vereinbarkeit von Kindern
und Beruf gemeint, sondern darüber hinaus auch die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit im
weiteren Sinne (z.B. Pflege von Angehörigen) sowie von bürgerschaftlichem Engagement, Weiterbildung
u.a.m.).
Generelles Interesse an Informationen bzw.
Beratung (bei „nein“ brauchen Sie die folgenden
ja
nein
Individuelle unternehmensbezogene
Information/Beratung?
ja
nein
Erfahrungsaustausch mit anderen
Unternehmen
ja
nein
Teilnahme an workshops/Seminaren
zu ausgewählten Schwerpunktthemen
ja
nein
Informationen zu Arbeitszeitmodellen
ja
nein
Informationen zu Elternzeit, Elterngeld,
Wiedereinstieg nach Elternzeit
ja
nein
Informationen zur Kinderbetreuung
ja
nein
Informationen zu geldwerten Leistun-,
gen, steuerfreien Zuschüssen u.ä.
ja
nein
Fragen nicht zu beantworten)
Wenn ja, wünschen Sie (Mehrfachnennung möglich)
Wir danken Ihnen herzlich für die Bereitschaft zur Mitarbeit
KOMPETENZZENTRUM VEREINBARKEIT LEBEN IN MV
„Die Situation von erwerbsfähigen Müttern
in Mecklenburg-Vorpommern“
Zusammenfassung von Teil 2 der Studie (Befragung der Mütter)
von Dr. Detlev Wahl (Universität Rostock)
und Thomas Höll „Kompetenzzentrum Vereinbarkeit Leben in MV“ (KVL.MV)
•
An der Befragung der Mütter nahmen 251 Frauen aus M-V mit Kindern bis zu
12 Jahren teil. Sie waren im Schnitt 33,5 Jahre alt. Etwa 42% hatten ein Kind,
weitere 37% zwei Kinder, die übrigen 21% hatten drei und mehr Kinder.
•
Fast die Hälfte der Frauen war verheiratet, 30% lebten in einer Partnerschaft,
23% waren alleinerziehend.
•
Etwas mehr als 50% verfügten über Abitur bzw. Fachabitur. Einen Universitätsabschluss hatten 18%, weitere 26% einen (Fach)Hochschulabschluss.
Alleinerziehende Mütter hatten signifikant niedrigere Schulabschlüsse als
andere Mütter und waren signifikant häufiger arbeitslos.
•
Erwerbstätig waren ca. 62% (inkl. 10% Selbständige), erwerbslos knapp 17%.
Alleinerziehende hatten mit 42% einen mehr als zehnmal so hohen Anteil an
ALG-II-Bezieherinnen wie die anderen Mütter (4%). Damit waren drei von vier
Frauen, die „ALG II“ bezogen, alleinerziehend.
•
Wichtigste Elemente zur Unterstützung der Vereinbarkeit von Erwerbs- und
Privatleben (VEP) waren aus Sicht der Mütter ein „existenzsicherndes
Einkommen“ und „Kinderbetreuungszeiten, die sich leichter mit Arbeitszeiten
vereinbaren lassen“ (für jeweils 85% sehr wichtig).
•
Knapp zwei Drittel fühlten sich in familiären Angelegenheiten durch ihren
Partner „sehr gut“ bzw. „gut“ unterstützt. Interessant: Etwa 20% der
alleinerziehenden Mütter gaben ebenfalls an, einen Partner zu haben.
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KVL.MV ist ein Projekt des Landesfrauenrates MV e.V. und wird
gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV
.
•
Eltern und Schwiegereltern waren die wichtigste Quelle von Unterstützung im
sozialen Netz. Auf „Platz 2“ folgen überraschenderweise bereits Freundinnen
und Freunde, von denen sich Alleinerziehende noch einmal stärker unterstützt
fühlten als andere Mütter. Insgesamt fühlten sich Alleinerziehende durch ihr
soziales Netz genauso gut unterstützt wie andere Mütter.
•
Lediglich 17% waren aktuell in die Pflege von Angehörigen eingebunden, bei
weiteren 12% war es absehbar. Der Anteil stieg mit steigendem Alter der
Mütter auch nicht signifikant an. Bezahlte Dienstleistungen wurden von etwa
30% mehr oder weniger regelmäßig genutzt, signifikant häufiger bei Müttern
mit höherer Bildung.
•
Die größten Erschwernisse für die Vereinbarkeit waren wenig planbare
Arbeitszeiten, häufige Erkrankungen der Kinder und viele Überstunden. Pflege
war (noch) kein großes Thema, auch nicht bei den etwas älteren Müttern.
•
Dass nicht erwerbstätige Mütter mit Kindern bis 12 Jahren geringe Chancen
auf dem Arbeitsmarkt hätten, glaubten 84% der Frauen.
•
Knapp die Hälfte der erwerbstätigen Frauen hatten „Normalarbeitszeiten“, ein
Drittel arbeitete vollzeitnah (36-40 h/Woche), mehr als ein Viertel über 40h.
•
Die Größe der Unternehmen war untypisch für M-V mit überproportional vielen
größeren Betrieben. Etwa 80% der Frauen waren in den Branchen Bildung,
Dienstleistung, Öffentliche Verwaltung, Gesundheit und HoGa tätig.
•
Zwei Drittel der erwerbstätigen Frauen waren der Meinung, in ihren
Unternehmen ließen sich Arbeit und Privatleben „gut“ vereinbaren; in weiteren
15% sei es sogar „sehr gut“ möglich.
•
Etwa 56% befürchteten keine Probleme im Unternehmen bei Nutzung der
Elternzeit; ein Drittel rechnete damit, dass dies teilweise Nachteile brächte.
•
Von 15 zur Auswahl stehenden vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen in den
Unternehmen wurden am häufigsten angeboten: Teilzeitarbeit (von 79% der
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KVL.MV wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV.
Träger: Landesfrauenrat MV e.V.
Mütter genannt), Rücksicht auf Familien bei der Urlaubsplanung (71%) und
verbindliche Absprachen zur Elternzeit (67%).
•
Am seltensten angeboten (6%), jedoch am häufigsten gewünscht wurden
Zuschüsse zur Kinderbetreuung (97 Nennungen). Auf Platz 2 und 3 der
Wünsche folgten Einmahlzahlungen zur Geburt eines Kindes (75) sowie
Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten oder Notfällen (68).
•
Als größtes Hindernis für die Einführung weiterer vereinbarkeitsfreundlicher
Maßnahmen in den Unternehmen galten Arbeitszeiten, die aus betrieblichen
Gründen nicht ohne weiteres geändert werden könnten. Es folgten zu hohe
Kosten und ein zu großer personeller Aufwand.
•
Am seltensten als Hindernisse gesehen wurden fehlender Bedarf bei den
Beschäftigten, die fehlende Bereitschaft der Unternehmensleitung und
fehlendes Wissen der Unternehmensleitung über den Bedarf.
•
Die Mütter gaben umso mehr erschwerende Umstände für VEP an, je jünger
sie waren. Einen signifikanten Zusammenhang mit steigender Kinderzahl, dem
Status „alleinerziehend“ oder geringer Schulbildung gab es nicht. Allerdings
gaben „beschäftigte“ Mütter (erwerbstätig, in Ausbildung oder Studium) mehr
Erschwernisse an als arbeitslose Mütter, Hausfrauen oder Frauen in Elternzeit.
•
Es wurden mehr Erschwernisse angegeben, wenn die Unterstützung durch das
gesamte soziale Netz geringer war, je weniger sie sich vom Partner unterstützt
fühlten und wenn sie in die Pflege von Angehörigen eingebunden waren.
•
Je mehr Erschwernisse angegeben wurden, desto häufiger nahmen die Mütter
bezahlte Dienstleistungen in Anspruch.
•
Die Anzahl vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen in den Unternehmen stieg
mit der Unternehmensgröße. Je mehr Maßnahmen angeboten wurden, desto
besser schätzten die Frauen auch die VEP in ihren Unternehmen ein und
desto seltener befürchteten sie Nachteile bei Nutzung der Elternzeit.
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KVL.MV wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV.
Träger: Landesfrauenrat MV e.V.
•
Ein Zusammenhang zwischen der Zahl der Maßnahmen und der Branche
konnte nicht geprüft werden, da einige Branchen zu selten vertreten waren.
•
Die Zahl der genannten Hindernisse für VEP-Maßnahmen stieg
interessanterweise ebenfalls mit der Unternehmensgröße an. Der
Zusammenhang war allerdings nicht sehr stark; die mittlere Zahl der
genannten Hindernisse war in den Unternehmen mit 50-240 Beschäftigten am
höchsten (5,30) und sank bei den mit über 250 Beschäftigten leicht auf 5,03.
•
Je weniger Hindernisse für VEP-Maßnahmen die Frauen im Unternehmen
wahrnahmen, desto besser schätzten sie die VEP ein und desto weniger
Nachteile bei Nutzung der Elternzeit befürchteten sie (letztgenannter
Zusammenhang signifikant, aber schwach).
•
Die Unterstützung durch das soziale Netz wurde mit höherer Schulbildung
nicht besser, der Trend ging in die besagte Richtung, war jedoch nicht
signifikant. Auch die Unterstützung durch den Partner wurde mit steigender
Schulbildung nicht signifikant besser.
•
Nur die Unterstützung durch die Nachbarschaft korrelierte positiv mit höherer
Schulbildung, andere Teile (Eltern, Freundeskreis, andere Verwandte) nicht;
eine Erklärung hierfür fällt schwer.
•
Allerdings korrelierte die wahrgenommene Unterstützung durch den
Freundeskreis signifikant mit der Unterstützung durch alle anderen Teile des
sozialen Netzes. Dies könnte bedeuten: Je stärker ich mich von meinen
Freunden unterstützt fühle, desto mehr/bessere Freunde habe ich und desto
leichter fällt es mir auch, andere Quellen für soziale Unterstützung
„anzuzapfen“. Hier könnte ein versteckter Hinweis auf die Wichtigkeit von
sozialer Kompetenz liegen: Die Fähigkeit, Freundschaften zu pflegen und zu
nutzen. Dies könnte auch ein Ansatz sein, um Menschen bei der Bewältigung
von Vereinbarkeitsproblemen zu unterstützen.
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KVL.MV wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV.
Träger: Landesfrauenrat MV e.V.
KOMPETENZZENTRUM VEREINBARKEIT LEBEN IN MV
„Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in M-V“
Kurzzusammenfassung von Teil 3 der Studie („ExpertInneninterviews“)
Grundlage waren strukturierte Interviews mit 14 Expertinnen aus M-V aus der
gleichstellungspolitischen Arbeit, aus der Familienbildung und –beratung, aus Projekten zur
beruflichen Aus- und Weiterbildung von Frauen, zur Förderung des Wiedereinstiegs und zur
Begleitung von Existenzgründerinnen.
Veränderungen in der Arbeitswelt und in den familiären Strukturen erschweren den Frauen
die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben (VEP): Auf der einen Seite stehen unsichere
und atypische Beschäftigungsformen, verdichtete Arbeitsprozesse, unterschiedlich
vereinbarkeitsbewusste Unternehmen und Arbeitszeiten, die mit Kinderbetreuungszeiten nicht
zusammenpassen. Auf der anderen Seite finden sich mehr „echte“ und mehr „de facto“
Alleinerziehende, steigende (Einkommens)armut und noch weit verbreitete traditionelle
familiäre Rollenmuster. Trotz vieler Veränderungen möchten die meisten Mütter (Ausnahme:
Studentinnen) gerne in M-V bleiben. Grund sind meist die gute Kinderbetreuung und der
vorhandene Freundeskreis.
Professionelle Unterstützungsstrukturen sind vor allem denjenigen Frauen oft nicht bekannt,
die von ihnen am meisten profitieren würden: Junge und/oder alleinerziehende Mütter ohne
Abschluss und mit nur einem kleinen sozialen Netz. Häufig haben sie Hemmungen, Hilfe
anzunehmen. Wichtig ist es, die vorhandenen Angebote entsprechend bekannt(er) zu
machen, nicht nur online sondern auch in Papierform. Bei Bedarf sollten mobile Angebote
eingesetzt werden (Beratungsbus), vor allem im ländlichen Raum. Informationen über
Tagesmütter sollten von den Jugendämtern noch besser kommuniziert werden.
Arbeitszeiten und Kinderbetreuungszeiten passen sehr häufig nicht zusammen, hier sind
flexible Betreuungszeiten gefragt. Die Hortbetreuung sollte ausgeweitet werden, denn auch
Kinder ab der 4./5. Klasse brauchen eine geregelte Betreuung.
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gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes MV
.
Junge Männer sind in der Regel eher bereit, vermeintlich typische „Frauenaufgaben“ in der
Familie zu übernehmen. In der Arbeitswelt wird ihnen dieser Wechsel noch immer schwer
gemacht, da sie auf wenig Verständnis sowohl von den Unternehmensleitungen als auch von
den Kollegen stoßen und weil die Unternehmen ihre Arbeitsanforderungen noch immer vor
allem an Männern ausrichten (Flexibiliät, Mobilität, Erreichbarkeit). Vor allem Männer pendeln
häufig zur Arbeit oder arbeiten auswärts, was ihre Zeit mit/in der Familie verkürzt und viele
Frauen zu „de facto“ Alleinerziehenden macht. Neue Rollenmodelle sollten in den Familien
entwickelt und in den Unternehmen akzeptiert werden.
Die Vereinbarkeitsfreundlichkeit der Unternehmen entwickelt sich allmählich, es gibt
mittlerweile einige Betriebe mit Vorbildfunktion im Land. Unter anderem steckt dahinter der
Wunsch, Fachkräfte (auch und zum Teil gerade Frauen) ans Unternehmen zu binden.
Die größten Vereinbarkeitsprobleme haben Frauen mit durchschnittlicher Qualifikation, die in
prekären Beschäftigungsformen arbeiteten und häufig nur ein kleines soziales Netz nutzen
können. Sie haben nicht nur wenig Einkommen zur Verfügung sondern auch wenig freie Zeit
und daher vielfach praktisch kein Privatleben.
Für Existenzgründerinnen bzw. beruflich selbständige Mütter spielen sowohl die
Unterstützung durch das soziale Netz und den Partner als auch die Mobilität eine
entscheidende Rolle, letzteres vor allem im ländlichen Raum. Erfahrungen zeigen, dass die
Gründungswilligkeit zunimmt, wenn ein funktionierendes soziales Netz vorhanden ist. Die
konkreten Vereinbarkeitsprobleme Selbständiger sollten näher untersucht werden.
Vorläufiges Fazit
Eine Verbesserung der VEP kann nur im Zusammenwirken von Politik/Verwaltung,
Unternehmen und den Familien selbst erreicht werden. Mögliche Maßnahmen sind die oben
erwähnten flexiblen Kitaöffnungszeiten, verlängerte Behördenöffnungszeiten,
vereinbarkeitsbewusste Angebote der Unternehmen (u.a. finanzielle Zuschüsse) sowie das
Aushandeln neuer Rollenmodelle durch die Familien. Vor allem Männer müssen ihre Rolle als
„Familienernährer“ aufgeben zugunsten einer solidarischen Arbeitsteilung in der Familie.
Dadurch würden sie gleichzeitig das familiäre Engagement der Frauen aufwerten.
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Träger: Landesfrauenrat MV e.V.
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern
in Mecklenburg-Vorpommern
Studie im Auftrag des
Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in MV
Teil 2
PD Dr. Detlev Wahl
Universität Rostock
Dipl.-Psych. Thomas Höll
Kompetenzzentrum Vereinbarkeit Leben in MV
Rostock, März 2010
Heiligengeisthof 3
18055 Rostock
Tel./Fax: +49 (381) 375 8648
[email protected]
Träger: Landesfrauenrat MV e.V.
2
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Inhalt
1. Einleitung und Danksagung
Seite
3
2. Methodisches Vorgehen
Seite
4
3. Ergebnisse der Mütterbefragung
Seite
5
3.1 Soziodemographische Daten
Seite
5
3.2 Meinungen und Angaben zum Thema Vereinbarkeit
Seite
9
3.3 Vereinbarkeit im Unternehmen
Seite
23
4. Interviews mit Expertinnen
Seite
35
5. Anhang
Seite
54
5.1 Literaturverzeichnis
Seite
54
5.2 Fragebogen zur Mütterbefragung
Seite
58
5.3 Interviewleitfaden für die Gespräche mit den Expertinnen
Seite
66
5.4 Ergebnisse der statistischen Berechnungen
Seite
73
3
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
1.
Einleitung und Danksagung
Während im ersten Teil der Studie allgemeine Angaben zur sozialen Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern enthalten sind und die Geschäftsführenden
bzw. Personalverantwortlichen von Unternehmen zum Thema Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben befragt wurden, stehen nun im zweiten Teil die Aussagen der
Mütter selbst im Mittelpunkt und die Meinungen von Expertinnen1, die beruflich mit dieser
Zielgruppe arbeiten. Die Beleuchtung wichtiger Problemlagen aus drei Perspektiven erlaubt
auf der einen Seite eine Absicherung von Aussagen zu bestimmten Phänomenen und Prozessen, auf der anderen Seite ist es möglich, „weiße Flecken“ der einen Untersuchung durch
Erkenntnisse aus einer anderen zu füllen. An zahlreichen Stellen, wo sich Bezüge zwischen
den Studien bzw. Befragungen ergeben, machen Querverweise darauf aufmerksam.
Die Autoren bedanken sich bei den 251 Frauen, die bereit waren, an der Befragung teilzunehmen. Die Resonanz in dieser Größenordnung übertraf weit die Erwartungen und hat gezeigt, dass das Thema offenbar vielen Müttern wichtig war und ist. Neben den Angaben in
den Fragebogen erreichten uns auch zusätzliche Informationen, Meinungen und Hinweise,
die an geeigneten Stellen in den Text eingebunden wurden.
Ebenfalls zu großem Dank verpflichtet sind die Autoren den 14 Expertinnen, die – teilweise
über mehrere Stunden – bereitwillig Auskunft zu den Fragen gegeben haben. Dieses komprimierte Wissen war eine wertvolle Ergänzung zu den erhobenen Daten und hat auf viele
Zusammenhänge ein erklärendes Licht geworfen.
Viele Menschen gaben wertvolle Hinweise v.a. zur Gestaltung des Fragebogens und des
Interviewleitfadens; einen herzlichen Dank an Anja Röhrdanz, Karola Frömel, Katharina
Kunze, Lina Vollmer, Manuela Horstkotte und Dr. Sabine Kesting.
Ein besonderer Dank geht an Herrn Dominik Leiner aus München, Betreiber des kostenfreien Internetangebotes „ofb – Onlinefragebogen“, mit dessen Hilfe der Online-Fragebogen
erstellt werden konnte. Dieser hatte einen großen Anteil am Gelingen der Studie.2
Dr. Detlev Wahl,
Dipl.-Psych. Thomas Höll
Rostock, den 29. März 2010
1
Dass kein männlicher Experte befragt werden konnte, zeigt nur, dass kaum Männer in den betreffenden Berufsfeldern arbeiten.
2
Weitere Informationen unter www.soscisurvey.de.
4
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
2.
Methodisches Vorgehen
Um die Aussagen einer großen Anzahl von Personen möglichst schnell und genau erfassen
und auswerten zu können, bot sich ein Fragebogen an. Mit der Wahl dieses Instruments geht
zwar ein Verlust an differenzierterem Wissen einher (z.B. sind meist keine Antworten außerhalb der vorgegebenen Kategorien möglich), was jedoch angesichts der leichteren Auswertung und Interpretation in Kauf genommen wurde, da die personellen Ressourcen für zeitaufwendige Interviews nicht verfügbar waren.
Inhaltliche Grundlage für die Mütterbefragung war der Fragebogen für das Führungspersonal
von Unternehmen aus dem ersten Teil der Studie (siehe im Anhang dort). Die Fragen wurden auf die Perspektive der Mütter ausgerichtet, gegebenenfalls umformuliert, neu sortiert
oder entfernt. Eine erste Version des überarbeiteten Dokuments wurde vor der Befragung an
Expertinnen verschickt und auch durch Mütter aus der Zielgruppe ausgefüllt, um inhaltliche
und formale Schwächen sowie Verständnisprobleme zu beheben (Pretest). Die Anmerkungen und Vorschläge wurden eingearbeitet, bis eine endgültige Variante mit dem Umfang von
acht Seiten vorlag.3
Unter Nutzung eines kostenfreien Angebotes auf der Seite http://ofb.msd-media.de/ wurde
parallel eine Online-Fassung des Fragebogens erstellt, die inhaltlich völlig identisch mit der
Papier-Version war. Dieser Online-Fragebogen wurde ebenfalls von mehreren Müttern getestet, bevor die Befragung Ende Juli 2009 begann. Als Schlussdatum für die Teilnahme
wurde der 27. September 2009 festgelegt.
Die Zielgruppe wurde auf verschiedenen Wegen um ihre Teilnahme gebeten. Zunächst wurden E-Mails an Kolleginnen und Bekannte der Autoren verschickt (auch mit der Bitte um
Weiterleitung); sie erhielten den Fragebogen in drei Varianten:
•
als PDF-Dokument zum Ausdrucken, Ausfüllen „per Hand“ und zur postalischen
Rücksendung,
3
•
als Word-Dokument zum Ausfüllen am PC und zur Rücksendung per E-Mail
•
als Online-Fragebogen mit einem Link zur entsprechenden Seite.
Der Fragebogen befindet sich im Anhang dieser Studie.
5
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Eine ähnliche E-Mail erhielten auch zahlreiche MultiplikatorInnen in MecklenburgVorpommern, die beruflich Kontakt zu Müttern haben und sie für eine Teilnahme an der Befragung gewinnen konnten. Dabei handelte es sich z.B. um Projekte zur Modularen Qualifizierung in der Elternzeit sowie zum beruflichen Wiedereinstieg oder um Träger der Familienbildung und -beratung. Auch die Agenturen für Arbeit und die ArGen im Land wurden
einbezogen.
Ein dritter Weg führte über Veröffentlichungen in diversen Print- und Online-Medien. Die
Fragebogen standen bis Ende September 2009 zum Download auf der Internetseite des
Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in MV bereit, wo auch der Link zum OnlineFragebogen angegeben war. Hinweise auf die Studie – immer mit der Bitte um Teilnahme –
fanden sich darüber hinaus auf der Internetseite www.kita-portal-mv, in der Familienzeitschrift „Die Landknirpse“, im Newsletter der Familienbotschaft M-V, auf den Seiten
www.greifswald-netz.de und www.perspektive-wiedereinstieg.de.
Die Auswertung der Daten erfolgte mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS (Version 15.0).
Da die Zusammenfassung nicht (nur) für ein wissenschaftlich erfahrenes Publikum gedacht
ist, werden Rechenergebnisse der statistischen Verfahren nur kurz im Anhang wiedergegeben.
3.
Ergebnisse
3.1
Soziodemographische Daten
An der Befragung nahmen schließlich 251 Mütter aus Mecklenburg-Vorpommern teil, die
Kinder im Alter bis zu 12 Jahren hatten. 165 Frauen (66%) füllten den online-Fragebogen
aus; immerhin 68 Fragebogen (27%) wurden per Hand ausgefüllt und postalisch zurückgesandt – von Einzelpersonen, diversen Projekten (mit Müttern als Teilnehmerinnen) und in
einem Fall sogar von einem Unternehmen, dessen Mitarbeitende an der Befragung teilgenommen hatten; 18 Fragebogen (7%) kamen per Email. Der hohe Rücklauf per Brief und
Email war überraschend. Das Thema schien vielen Frauen wichtig genug zu sein, um Portokosten in Kauf zu nehmen.
•
Alter, Kinderzahl und Familienstand
Das Durchschnittsalter der Frauen lag bei 33,5 Jahren, die älteste war 51 Jahre alt, die
jüngste 20. Die meisten hatten ein oder zwei Kinder. Die Befunde spiegeln den allgemeinen
6
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Trend zur Ein-Kind-Familie wider. In M-V lebte 2008 z.B. in 64% aller Familien nur ein Kind,
zwei Kinder waren in 29,8% der Familien vorhanden, drei Kinder nur noch in 5%.4
Die meisten der befragten Frauen lebten in einer Ehe oder Partnerschaft. Der Anteil der alleinerziehenden Mütter in der Befragung entsprach fast dem in M-V (25,6%), während es im
Landesdurchschnitt mehr Ehen (59,7%) und weniger Lebensgemeinschaften (13,8%) gab.5
1 Kind
2 Kinder
3 und mehr Kinder
42
37
18
•
3
keine Angaben
alleinerziehend
Partnerschaft
29
23
Ehe
48
Familienstand und Kinderzahl der befragten Mütter
Übersicht 1:
Antworten in Prozent (gerundet)
Schulbildung und Berufsabschluss
Das Qualifikationsniveau der Teilnehmerinnen liegt über dem im Land, was sich sowohl in
den Schulabschlüssen als auch in der beruflichen Qualifikation niederschlägt. Über die Hälfte
der befragten Mütter hat die Berechtigung zum Studium an einer (Fach)Hochschule bzw.
Universität. Fast 90% verfügen über einen Berufsabschluss, allein 44,2% haben an einer
(Fach)Hochschule oder Universität studiert. In M-V hatten 2008 von allen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen (Beschäftigte am Arbeitsort, ohne Selbständige) 74,8%
einen beruflichen Abschluss, mit (Fach)Hochschul- und Universitätsabschluss waren 9,1%,
ohne Berufsabschluss lediglich 8,3% der Frauen.6
4
vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte: Bevölkerung, Haushalte und Familien
in Mecklenburg-Vorpommern (Mikrozensus) 2008,Teil 2 – Familien. Schwerin, 27. Juli 2009, S. 11
5
vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte: Bevölkerung, Haushalte und Familien in
Mecklenburg-Vorpommern (Mikrozensus) 2008,Teil 2 – Familien. Schwerin, 27. Juli 2009, S. 10
6
Errechnet nach: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte: Sozialversicherungspflichtig
Beschäftigte in Mecklenburg-Vorpommern am 30.06.2008, Schwerin, 05. Juni 2009, S. 16
7
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Bei diesem Vergleich muss allerdings berücksichtigt werden, dass in die Berechnung auf
Landesebene Frauen aller Altersgruppen einbezogen sind und nicht zwischen Müttern und
kinderlosen Frauen unterschieden wird. Bei der relativ hohen Qualifikation der befragten
Frauen muss auch in Betracht gezogen werden, dass sich mehrheitlich höher qualifizierte
Mütter an der Befragung beteiligten, da sie – so die Vermutung der Autoren – der Thematik
„Vereinbarkeit“ mehr Interesse entgegen bringen. Vielleicht hat auch die Art der Datenerhebung (Verschickung per Internet) die höher qualifizierten Frauen bevorzugt.
Schulabschluss (o.l.), Ausbildung (u.l.)
und (beruflicher) Status d. Mütter (o.r.)
0,4
kein Schulabschluss
2
8. Klasse der DDR
3
Hauptschule
6
Studium
0,4
4
berufliche Ausbildung
arbeitslos (ALG 1)
13
POS* DDR
13
22
Realschule
52
arbeitslos (ALG 2)
abhängig beschäftigt
6
Fachabitur
10
selbständig
47
Abitur
13
Elternzeit
6
Sonstiges
2
ungelernt
2
angelernt
2
Meisterin
29
14
7
Hausfrau
Facharbeiterin
Fachschule
26
18
2
FH/Hochschule
Universität
Sonstiges
*POS: Polytechnische Oberschule,
10-klassige Schulform in der DDR,
entspricht etwa dem Realschulabschluss
Übersicht 2:
Antworten in Prozent (gerundet)
Auffällig ist, dass Alleinerziehende signifikant häufiger eine geringe bzw. mittlere Schulbildung als andere Mütter haben, was durch die Befunde bereits vorliegender Studien nicht
bestätigt wird. Diese verweisen jedoch auf im Durchschnitt niedrigere berufliche Qualifikationen alleinerziehender Mütter7. Ungeachtet dessen liegt das Niveau der schulischen Abschlüsse der an der Befragung beteiligten alleinerziehenden Mütter über dem Durchschnitt,
da immerhin 80% die zehnklassige Schule (POS der DDR/Realschule) beendet haben bzw.
über ein Fachabitur/Abitur verfügen (Î Übersicht 2).
7
vgl. Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Alleinerziehende in Deutschland –
Potenziale, Lebenssituationen und Unterstützungsbedarfe, Berlin 2008, S. 9, Bundesministerium für Familien,
Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg. ): Alleinerziehen in Deutschland – Ressourcen und Risiken einer Lebensform (Dokumentation einer Fachtagung), Berlin 2001, S. 19, Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen
und Jugend (Hrsg.): Daten und Fakten zum Thema Alleinerziehende, Material für die Presse, Berlin, Mai 2009, S.
1
8
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Bildungsabschlüsse und Arbeitslosigkeit bei alleinerziehenden Müttern und
Müttern in einer Ehe oder Partnerschaft
kein Abschluss,
8. Klasse DDR,
Hauptschule,
20
3
POS der DDR,
Realschulabschluss
48
31
Fachabitur, Abitur
32
66
ALG-II-Bezug
42
4
Arbeitslosenquote
49
7
alleinerziehende Mütter
Mütter in einer Ehe/Partnerschaft
Übersicht 3:
Antworten in Prozent (gerundet).
Diese häufig konstatierte geringere berufliche Qualifikation hängt vermutlich damit zusammen, dass die Mutterschaft in der überwiegenden Mehrheit der Fälle (sieht man von den
Teenie-Müttern ab) nach Abschluss der Schulzeit eintritt. Erst dann werden berufliche Erstausbildung oder weiterführende Qualifizierungen für alleinerziehende Mütter zum Problem.
Auf dem Arbeitsmarkt haben Alleinerziehende oft geringere Chancen; in der vorliegenden
Studie waren sie signifikant häufiger arbeitslos als andere Mütter. Das hängt nicht nur mit der
vergleichsweise niedrigeren beruflichen Qualifikation zusammen, sondern vor allem damit,
dass sie zeitlich und räumlich weniger flexibel sind als Menschen in einer Partnerschaft.
All das führt zu einem hohen Maß an „sozialer Verwundbarkeit“8 Alleinerziehender. So sind
sie generell überrepräsentiert in der Gruppe der Menschen, die ausschließlich oder überwiegend von Transferzahlungen leben. Das zeigte auch die Befragung: 42% der alleinerziehenden Mütter beziehen Arbeitslosengeld II (ALG II, sog. „Hartz IV“), während es bei den anderen Müttern lediglich 4% sind. Damit ist das „Hartz-IV-Riskiko“ der Alleinerziehenden
zehnmal höher als bei den in einer Ehe oder Partnerschaft lebenden Müttern.
8
„Soziale Verwundbarkeit“ geht über Armut hinaus und beschreibt einen Zustand, in dem Individuen oder Gruppen von Menschen besonderen Risiken und Unsicherheiten ausgesetzt sind, die zu sozialem Abstieg, Ausgrenzung und Isolation führen können und eine den soziokulturellen Standards entsprechende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschweren oder unmöglich machen.
9
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
•
Beruflicher Status
Die teilnehmenden Mütter weisen in Bezug auf ihre berufliche Stellung eine große Streuung
auf. Die Mehrheit ist abhängig beschäftigt, die Zahlen im Land zeigen ein ähnliches Bild:
Arbeitnehmende hatten 2007 in M-V einen Anteil von 89,8% an den Erwerbstätigen, der der
Selbständigen betrug, ähnlich wie in der Befragung, lediglich 10,2%.9 Der Anteil der Arbeitslosen in der Befragung lag mit 16,7% (ALG-I und ALG II-Empfängerinnen) über der Arbeitslosigkeit auf Landesebene, die im Januar 2010 15,0% betrug. Der Anteil der ALG-IIEmpfänger/innen an allen Arbeitslosen in M-V war mit 65,3% wesentlich höher als der der
Empfänger/innen von ALG-I mit 34,7%.10
Zur Gruppe der Selbständigen auf Landesebene gehören insgesamt 76.500 Personen. Davon sind 27.000 Frauen, was einer weiblichen Selbständigenquote von 35,3% entspricht.11
3.2
•
Meinungen und Angaben zum Thema Vereinbarkeit
Wichtige Elemente für Vereinbarkeit
Welche Elemente den Frauen bezüglich einer guten Vereinbarkeit am wichtigsten sind, zeigt
Übersicht 4. Die Punkte „Arbeitsplatzsicherheit“, „Existenz sicherndes Einkommen“ und
„Pflege“ wurden vor allem deshalb mit zur Auswahl gestellt, weil sie in anderen Studien praktisch keine Rolle spielen; meist stehen dort Kinderbetreuung und Arbeitszeiten im Mittelpunkt. Das verwundert umso mehr, als sichere Arbeitsplätze und existenzsichernde Einkommen
Grundpfeiler
für
Kinderwunsch,
stabile
Partnerbeziehungen,
familiären
Zusammenhalt und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind.
Erwartungsgemäß sind für die meisten Mütter die „Sicherheit des Arbeitsplatzes“ und „Existenz sicherndes Einkommen“ sehr wichtig bzw. wichtig (jeweils 97%). Dabei spielt es keine
Rolle, welchen beruflichen Status die Frauen zur Zeit der Befragung hatten.
Überraschend ist die starke Zustimmung beim Punkt „Kinderbetreuung, die sich leichter mit
Arbeitszeiten vereinbaren lässt“. Offenbar kommt dieser Frage aus Sicht der Mütter eine
sehr große Bedeutung zu. Dabei geht es jedoch nicht nur um flexible Öffnungszeiten von
Kindereinrichtungen oder eine gute Kinderbetreuung durch Verwandte oder Bekannte. Ohne
Zweifel ist es dringend notwendig, die Öffnungszeiten an veränderte Bedingungen der Arbeitswelt anzupassen. Ebenso wichtig ist jedoch, diese Arbeitsbedingungen in Frage zu stellen und gegebenenfalls zu verändern, wenn sie Vereinbarkeit erschweren oder sogar das
9
vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Pressemeldung vom 13.03.2008, Schwerin
vgl. Bundesagentur für Arbeit-Regionaldirektion Nord: Der Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern, Kiel,
Presseinformation Nr. 06/2010
11
vgl. Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.):Statistisches Jahrbuch 2009,Schwerin 2009, S. 145
10
10
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Kindeswohl gefährden. Die Betreuung der Kinder ist für Mütter auch deshalb so wichtig, weil
davon ihre Erwerbsfähigkeit ebenso abhängt wie von ihren beruflichen Kompetenzen. Nur
wenn Arbeitszeiten und Betreuungszeiten vereinbarkeitsbewusst aufeinander abgestimmt
sind, können Mütter (zum Nutzen der Arbeitgebenden) mit hoher Motivation arbeiten, ihre
Karriere planen und Existenz sichernde Einkommen erzielen.
„Wie wichtig sind Ihnen folgende Elemente zur Unterstützung der Vereinbarkeit?“
sehr
wichtig
wichtig
weniger
wichtig
Kinderbetreuung, die sich leichter mit Arbeitszeiten vereinbaren lässt wussten Maßnahmen
85
12
2
Existenz sicherndes Einkommen
85
12
2
Sicherheit des Arbeitsplatzes
79
18
2
Engagement von Unternehmen und Einrichtungen für bessere Vereinbarkeit
69
28
1
Berücksichtigung der Pflege von Angehörigen
bei vereinbarkeitsbe
34
49
15
Übersicht 4:
Antworten in Prozent (gerundet),
fehlende zu 100:
keine Angaben
Auf Rang 4 in der Wichtigkeit folgt das „Engagement von Unternehmen/Einrichtungen für
bessere Vereinbarkeit“. Die etwas niedrigere Bewertung mag darin begründet liegen, dass
zum einen das dringend notwendige Engagement von Arbeitgebenden in diesem Handlungsfeld noch nicht genügend im Alltagsbewusstsein der Mütter verankert ist und zum anderen
eine vereinbarkeitsbewusste Unternehmenskultur und Personalpolitik bisher noch zu wenig
im Erwerbsleben der Frauen spürbar ist. Auch werden positive Beispiele, die sich in den
meist kleinen Betrieben Mecklenburg-Vorpommerns oft informell etablieren, noch zu wenig
kommuniziert und deshalb kaum zur Kenntnis genommen. Ferner ist davon auszugehen,
dass die Anzahl der Frauen, die Kinder bis zu einem Alter von 12 Jahren haben, aufgrund
der geschlechtsspezifischen Zusammensetzung und Altersstruktur der Belegschaften höchst
unterschiedlich ist und Vereinbarkeitsprobleme (ohnehin zumeist auf die Betreuung kleinerer
Kinder reduziert) in vielen Unternehmen kaum wahrgenommen werden.12
Da das Thema Pflege oft als sehr bedeutsam für die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben bezeichnet wird, war der starke Abfall in der Bewertung des Merkmals „Berücksichtigung der Pflege von Angehörigen bei vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen“ nicht zu erwar-
12
vgl. Wahl, D.: Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern (Teil 1 der Mütterstudie),
Rostock 2009, S. 77/78, (als Online-Publikation auf der Homepage des Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben
in MV (http://www.vereinbarkeit-leben-mv.de/) unter Veröffentlichungen des KVL.MV
11
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
ten. Obwohl auch hier insgesamt 82,9% der Mütter dieses Handlungsfeld für sehr wichtig
bzw. wichtig halten, hat es doch mit Abstand die geringsten Zustimmungswerte.
Da die Pflege von Angehörigen bei bisherigen Studien zur Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit,
Familie und Privatleben nur selten thematisiert wird, bleiben zunächst nur Vermutungen: Bei
einem Durchschnittsalter der befragten Mütter von 33,5 Jahren ist davon auszugehen, dass
deren Eltern noch nicht das Alter erreicht haben, bei dem in der Regel Pflege wahrscheinlicher wird. Der Anteil pflegender Mütter nahm zwar mit dem Alter leicht zu, der Zusammenhang wurde jedoch nicht signifikant.
Hinzu kommt, dass heutige Seniorinnen und Senioren deutlich gesünder sind als frühere
Generationen, was ein selbst bestimmtes Leben auch in hohem Alter ermöglicht. Es ist ferner zu vermuten, dass durch die Abwanderung junger Menschen die Generationen oft weit
voneinander entfernt leben. Familiäre Netzwerke, die gerade bei der Pflege von Angehörigen
wichtig sind, verlieren jedoch ab einer gewissen Entfernung ihre Funktionalität. Das dürfte
vor allem in ländlichen Räumen der Fall sein, in denen die Altersstruktur (wenige junge Menschen) und die fehlende Mobilität alter Menschen nur schwer zu kompensieren sind. Außerdem haben sich die Bedingungen für die häusliche Pflege durch den Wandel der Arbeitswelt
dramatisch verschlechtert. Die jüngere Generation ist daher gezwungen, andere Möglichkeiten für die Pflege und Betreuung alter Angehöriger zu suchen.
Dass die befragten Mütter die Pflege noch nicht so stark als Problem betrachten, mag auch
daran liegen, dass sie möglicherweise eine sehr enge Vorstellung von Pflege haben, die mit
starker Behinderung, Bettlägerigkeit und auf Seiten der Pflegenden mit hohem physischen
und psychischem Einsatz verbunden ist. Häufig brauchen Menschen jedoch bereits vor der
eigentlichen Pflegebedürftigkeit Unterstützung beim Einkauf, Wohnungsputz, Arztbesuch und
bei Behördengängen. Auch diese Leistungen, in der Regel von jüngeren Frauen erbracht,
sind bei der Analyse von Vereinbarkeitsproblemen in Rechnung zu stellen.
Insgesamt pflegen 17% der Frauen regelmäßig oder gelegentlich, bei weiteren 12% ist diese
Aufgabe absehbar (Î Übersicht 5); fast 30% sind also direkt oder indirekt von Pflege betroffen. Der Anteil pflegender Mütter nimmt zwar mit dem Alter leicht zu, der Zusammenhang
wird jedoch nicht signifikant – vermutlich, weil der Anstieg nicht konstant verläuft. Übersicht 5
zeigt, dass der Anteil der pflegenden Frauen erst in der Altersgruppe ab 40 Jahre merklich
zunimmt und die Zahl derjenigen, für die es absehbar ist, erreicht im Vergleich zu den 30-39jährigen in dieser Altersgruppe sogar fast den dreifachen Wert. Auch wenn die meisten jüngeren Frauen derzeit mit Pflege und Betreuung noch nicht konfrontiert sind, wird sich dies in
einigen Jahren wahrscheinlich ändern (Stichwort „Sandwich-Generation“). Schon deshalb
sollte das Thema in der Diskussion um Vereinbarkeit (auch in Unternehmen) stärker berücksichtigt werden.
12
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
„Sind Sie in die Betreuung/Pflege von
behinderten, chronisch kranken oder
älteren Angehörigen einbezogen?“
49
71
69
nein, nie
77
22
12
nein,
aber es ist absehbar
14
8
ja, manchmal
6
ja, regelmäßig
11
9
Gesamt
•
5
8
11
24
4
20-29 J. 30-39 J. 40-51 J.
(Alter der Mütter)
Übersicht 5:
Antworten in Prozent (gerundet).
Unterstützung durch den Partner oder die Partnerin
Auf den ersten Blick fällt auf, dass die Frauen sich bei der familiären Reproduktions- und
Sorgearbeit13 von ihren Partnern oder Partnerinnen relativ gut unterstützt fühlen – immerhin
79% von ihnen als sehr gut oder gut. Das Bildungsniveau der Frauen hat darauf allerdings
keinen Einfluss. Wie die Werte in Übersicht 6 zeigen, fühlen sich die Frauen unabhängig von
ihrer Schulbildung etwa gleich gut von ihren Partnern oder Partnerinnen unterstützt. Einige
Zahlen haben zum Teil jedoch eine geringe Aussagekraft, da nur wenige Frauen mit niedriger Schulbildung erfasst sind.
Die Antworten der Mütter können natürlich nur einen sehr vagen Eindruck vom wirklichen
Engagement der Partner/-innen vermitteln, da sie vom Anspruchsniveau der Frauen sowie
der konkreten innerfamiliären Arbeitsteilung und von den Möglichkeiten der Partner beeinflusst werden. Letztere werden nicht selten durch Fernpendeln, Auslandsarbeit, hohes Überstundenvolumen und andere Faktoren eingeschränkt.
13
Familiäre Reproduktions- und Sorgearbeit umfasst alle im Haushalt zu erledigenden Aufgaben (Wäsche, Putzen, Einkauf, Kochen, Bügeln, Reparaturen usw.) sowie alle Leistungen, die mit der Betreuung und Erziehung der
Kinder sowie der Betreuung und Pflege von kranken, behinderten oder alten Menschen verbunden sind.
13
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Wie empfinden Sie die
Unterstützung durch Ihren Partner/Ihre Partnerin
bei familiären Angelegenheiten?
sehr
gut
gut
mittelmäßig
weniger gut
gar
nicht
gut
gesamt
44
35
15
4
1
(33)
(33)
(11)
(22)
(0)
POS DDR, Realschule
44
32
14
5
5
Fachabitur, Abitur
45
37
15
3
0
kein Schulabschluss, Hauptschule, 8. Klasse DDR
Übersicht 6:
Antworten in Prozent (gerundet). Nur Mütter mit
Partner oder Partnerin.
(Wert in Klammern) = wenig
aussagekräftig, da nur kleine Stichprobe
Die insgesamt im Vergleich zu anderen Studien14 gute Bewertung der Unterstützung durch
den Partner oder die Partnerin15 könnte folgende Ursachen haben:
Die befragten Mütter gehören mehrheitlich einer Generation an, in der die traditionelle innerfamiliäre Arbeitsteilung (Familienernährermodell/Zuverdienstmodell) zunehmend in Frage
gestellt wird, da sie weder der starken Erwerbsneigung von Frauen noch ihrer hohen schulischen und beruflichen Qualifikation entspricht. Die Partner dürften der gleichen Generation
angehören, in der auch bei vielen Männern bereits ein Umdenken hinsichtlich dieser Rollenmuster zu verzeichnen ist.
Aufgrund des hohen Qualifikationsniveaus der Mütter ist zu vermuten, dass sowohl ihre
Chancen auf dem Arbeitsmarkt als auch ihre Erwerbsneigung über dem Durchschnitt liegen.
Die damit verbundenen beruflichen Ambitionen dürften Einfluss auf die Partnerwahl gehabt
haben. Daher ist anzunehmen, dass diese Frauen vor allem Partner/-innen gesucht haben,
die eher bereit sind, familiäre Reproduktions- und Sorgearbeit egalitärer aufzuteilen, was
beiden gleichzeitig Erwerbsarbeit ermöglicht.16 Es ist natürlich auch möglich, dass einige
14
vgl. u.a.: Wengler, A./Trappe, H./Schmitt, C.: Partnerschaftliche Arbeitsteilung und Elternschaft, Materialien zur
Bevölkerungswissenschaft, Heft 127/2008 (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Wiesbaden), Institut für
Demoskopie Allensbach: Vorwerk Familienstudie 2008. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage
in Deutschland, Allensbach am Bodensee 2008, IGS-Organisationsberatung GmbH: Väter zwischen Karriere und
Familie - Teil 2: Die Sicht der Mütter, Köln 2005 (http://www.igs-beratung.de/service/studien/)
15
Unabhängig von der realen Höhe der Unterstützungsleistungen innerhalb der familiären Reproduktions- und
Sorgearbeit kommt in verwandtschaftlichen Netzwerken dem Ehe- oder Lebenspartner die größte Bedeutung zu.
Vgl. Barth, S.: Soziale Netzwerke und soziale Unterstützung, S. 22, www.stephan-barth.de/sozialeunt.htm, Diewald, M.: Soziale Beziehungen: Verlust oder Liberalisierung? Soziale Unterstützung in informellen Netzwerken.
Berlin 1991,106.
16
Es liegen gegenwärtig noch keine umfassenden und empirisch abgesicherten Erkenntnisse zum Zusammenhang von Bildungsniveau und traditioneller bzw. egalitärer Arbeitsteilung in der Familie vor. Es deutet sich jedoch
an, dass es eine Korrelation zwischen hohem Bildungsniveau in mehr egalitären Formen der Arbeitsteilung gibt.
Vgl. hierzu auch: Wengler, A./Trappe, H./Schmitt, C.: Partnerschaftliche Arbeitsteilung und Elternschaft, Materialien zur Bevölkerungswissenschaft, Heft 127/2008 (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Wiesbaden), S. 27
14
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Mütter sich bei der Beantwortung der Frage weniger an der Realität, sondern mehr an der
„sozialen Erwünschtheit“ orientiert haben.
Schließlich sei erwähnt, dass nicht nur Männer noch stark traditionelle Vorstellungen von
innerfamiliärer Arbeitsteilung haben, sondern teilweise auch Frauen aus den unterschiedlichsten Gründen die Hilfe des Ehemannes/Partners nicht entbehren, sogar ablehnen oder
gelegentliche Unterstützungsleistungen überbewerten.
Interessanterweise hat fast jede fünfte alleinerziehende Mutter die Frage nach der Unterstützung in der Partnerschaft ebenfalls beantwortet. Vermutlich werden auch diese Frauen unterstützt, entweder von ihren ehemaligen oder von neuen Partnern, die jedoch nicht mehr
bzw. noch nicht zum Haushalt gehören. Solche Beziehungen sind bisher in Studien zur sozialen Situation Alleinerziehender kaum berücksichtigt worden. Der Befund wirft auch die Frage auf, wie genau der Begriff „alleinerziehend“ eigentlich ist und wie er von den Betroffenen
selbst verstanden wird.
•
Unterstützung durch das soziale Netz
Die Ergebnisse (Î Übersicht 7) zeigen deutlich die wichtige Rolle der Eltern im Hinblick auf
Unterstützungsleistungen und bestätigen damit die Befunde anderer Studien17. Insgesamt
geben 81,7% der Mütter an, dass sie durch eigene Eltern bzw. Schwiegereltern bei der Kinderbetreuung bzw. bei größeren Belastungen unterstützt werden. Die drei anderen Gruppen
werden seltener in Anspruch genommen.
trifft
voll zu
trifft
teilweise
zu
trifft
nicht
zu
eigene Eltern/Schwiegereltern
46
36
18
andere Verwandte
14
21
63
Freundinnen/Freunde/Bekannte
21
39
39
8
20
72
Von welchen Personen (außer Partner/in) erhalten Sie Unterstützung bei Kinderbetreuung/hohen Belastungen?
Nachbarinnen/Nachbarn
17
Übersicht 7:
Antworten in Prozent (gerundet).
Fehlende zu 100: keine
Angaben.
vgl. u.a. Lange, A./Lauterbach, W.: Wie nahe wohnen Enkel bei ihren Großeltern? Aspekte der Mehrgenerationenfamilie heute, Arbeitspapiere der Universität Konstanz, Nr. 24/1997, Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (Hrsg.): Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland.
Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft. Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen, Berlin 2005, Szydlik, M.: Lebenslange Solidarität? Generationenbeziehungen zwischen erwachsenen
Kindern und Eltern, Opladen 2000
15
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Der Wert bei anderen Verwandten ist relativ niedrig. In soziologischen Studien wird betont,
dass die Eltern-Kind-Beziehung eine besondere Nähe aufweist und wechselseitig sehr stark
verpflichtend wirkt. Eltern und Kinder unterstützen sich gegenseitig auch im Falle emotionaler Konflikte noch. Das ist bei anderen (vor allem entfernteren) Verwandten nicht so häufig
der Fall. Außerdem ist die räumliche Nähe von Eltern und Kindern meist größer als bei anderen Verwandten und wird von beiden Seiten vielfach auch angestrebt.
Bei der Bewertung verwandtschaftlicher Beziehungen muss auch berücksichtigt werden,
dass aufgrund des Geburtenrückganges und des Wandels familiärer Lebensformen zahlreiche früher zum Alltag gehörende Verwandte heute gar nicht mehr vorhanden sind und viele
junge Menschen die entsprechenden Verwandtschaftsbezeichnungen bereits nicht mehr
kennen.
Erwartungsgemäß sind Freundinnen, Freunde und Bekannte für die befragten Frauen die
zweitwichtigste Quelle für soziale Unterstützung. Zu ihnen bestehen oft enge emotionale
Bindungen, da sie anhand von Sympathie und wechselseitigen Unterstützungsmöglichkeiten
selbst ausgewählt wurden. Bei Enttäuschung können diese Bindungen auch leichter ohne
familiäre Konflikte wieder gelöst werden. In vielen Fällen ersetzen sie sogar zerfallende oder
nicht mehr funktionierende verwandtschaftliche Netzwerke.
Deutlich seltener wird die Nachbarschaft um Unterstützung gebeten, 72,1% der Mütter tun
dies überhaupt nicht. Dies gilt (mit einigen Unterschieden) sowohl für Städte als auch für den
ländlichen Raum und deckt sich mit anderen Studien zu sozialen Netzwerken. Rohr-Zänker
und Müller schrieben z.B. bereits 1998: „Sind also Kontakte und Beziehungen zu Nachbarn
Teil unseres Alltags, so haben sie doch eine nachrangige Bedeutung innerhalb der persönlichen Netzwerke. Als wichtige Kontaktgruppe stehen Nachbarn im Rang weit hinter Familie,
Verwandtschaft, Freunden und Bekannten“.18 Diese geringere Bedeutung von nachbarlichen
Beziehungen innerhalb der Netzwerke rührt daher, dass Nachbarschaft zunächst einmal
durch Siedlungsweise, Wohnsituation und Begegnungsmöglichkeiten vorgegeben ist, räumliche Nähe allein jedoch keine sozialen Bindungen mit Netzwerkqualität schafft. Bisweilen
werden jedoch Beziehungen zu besonders sympathischen und/oder nützlichen Bewohnerinnen oder Bewohnern des unmittelbaren Umfeldes geknüpft. Diese werden dann – obwohl sie
Nachbarn bleiben – zu Bekannten bzw. Freundinnen und Freunden und in das soziale Netz
integriert.
Frauen mit höherer Schulbildung schätzen die Unterstützung durch ihr soziales Netz tendenziell leicht besser ein als Frauen mit niedrigerer Bildung. Dieser Zusammenhang wird aber
nicht signifikant. Wird das soziale Netz nicht als ganzes betrachtet, sondern seine einzelnen
18
Rohr-Zänker, R./Müller, W.: Die Rolle von Nachbarschaften für die zukünftige Entwicklung von Stadtquartieren,
Arbeitspapiere des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Bonn, Nr. 6/1998, S. 16
16
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Bestandteile, so zeigt die Untersuchung folgende Zusammenhänge zwischen sozialer Unterstützung und Schulbildung: Nur die Unterstützung durch die Nachbarschaft korreliert signifikant mit der Bildung; je höher die Schulabschlüsse der Frauen, desto besser fühlten sie sich
von Nachbarn und Nachbarinnen unterstützt. Die Qualität der sozialen Unterstützung durch
Eltern und Schwiegereltern, andere Verwandte sowie den Freundeskreis weist dagegen keinen signifikanten Zusammenhang mit dem Bildungsniveau der Mütter auf. Eine Erklärung
dafür fällt schwer, da so gut wie keine Untersuchungen zu den Unterstützungsleistungen
einzelner Komponenten des sozialen Netzwerkes von Müttern über die Eltern und Großeltern hinaus vorliegen. Gleiches gilt übrigens auch für die Kinder. Den Autoren ist keine Studie bekannt, in der die Einbeziehung älterer Kinder in die familiäre Reproduktions- und Sorgearbeit thematisiert wird. Kindheit scheint stillschweigend nur noch als sozialer Schonraum
wahrgenommen zu werden.
Interessant sind jedoch die Zusammenhänge zwischen den genannten Personengruppen.
Besonders die Unterstützung durch den Freundeskreis soll erwähnt werden. Dieser Wert
korreliert als einziger signifikant positiv mit dem jeder anderen Personengruppe. Mit anderen
Worten: Wer sich durch den eigenen Freundeskreis gut unterstützt fühlt, empfindet auch die
Unterstützung durch andere Personen als größer. Hier könnte möglicherweise ein Hinweis
auf die wichtige Rolle sozialer Kompetenzen liegen. Die Unterstützung durch den Freundeskreis ist nicht so selbstverständlich wie die durch die Familie, sie muss – streng genommen –
„verdient“ werden, was ein hohes Element von wechselseitiger Hilfe/Zuwendung (Prinzip der
Reziprozität) einschließt. Aus den Daten ließe sich folgendes Fazit ableiten: Wer in der Lage
ist, Freundschaften aufzubauen und zu pflegen, verfügt offenbar über entwickelte soziale
Kompetenzen und ist daher in der Lage, Unterstützung auch aus anderen Quellen zu mobilisieren.
Die Befragung zeigt auch, dass Alleinerziehende sich insgesamt genauso gut durch ihr soziales Netz unterstützt fühlen wie andere Mütter; der Freundeskreis spielt für sie allerdings
eine signifikant größere Rolle. Da Alleinerziehende meist keine Partner/-in und damit auch
keinen Zugriff auf dessen/deren Verwandtschaft haben, suchen sie sich im Kreis von Freundinnen, Freunden und Bekannten Unterstützung; dies tun sie offenbar stärker als Frauen, die
in Partnerschaften leben.
Eine Erklärung für die von den Alleinerziehenden signalisierte gute Unterstützung durch ihr
soziales Netz könnte darin bestehen, dass die befragten Mütter über mehr wichtige Ressourcen (Bildung, berufliche Qualifikation, Einkommen) verfügen als der Durchschnitt. Untersuchungen zur Größe und Funktion von Netzwerken zeigen immer wieder, dass Menschen
mit geringen persönlichen Ressourcen stets auch kleine Netzwerke haben, die zumeist aus
17
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
unmittelbaren Verwandten bestehen.19 Das wurde auch in den Interviews mit den Expertinnen deutlich, die zum Teil mit den betreffenden alleinerziehenden Müttern arbeiten (Î Vgl.
Abschnitt 4: Soziales Netz, Unterstützung in der Auswertung der Interviews mit den Expertinnen).
•
Bezahlte Dienstleistungen
Gering verbreitet ist die Inanspruchnahme bezahlter Dienstleistungen, um die familiären Reproduktions- und Sorgearbeiten zu bewältigen. Das dürfte an DDR-spezifischen Normen und
Werten ebenso liegen wie an relativ niedrigen Einkommen sowie an Besonderheiten des
Arbeitsmarktes für haushaltsnahe Dienstleistungen.20
Obwohl Frauen immer weniger Zeit für Eigenarbeit im Haushalt haben (wegen hoher Anforderungen sowohl im Arbeitsleben als auch an die Freizeitgestaltung21), geben fast 71% der
Mütter an, nie haushaltsnahe Dienstleistungen zu nutzen, nur 12% nehmen sie täglich bzw.
mehrmals pro Woche in Anspruch.
„Wie oft nehmen Sie bezahlte Dienstleistungen in Anspruch für Betreuung
(außer Kita/Hort) oder Hausarbeit (z.B.
Tagesmutter, Putzhilfe, Pflegedienst)?“
Nutzung bezahlter Dienstleistungen; gesamt und
in Abhängigkeit vom Schulabschluss
71
nie
70
9
8
2
10
mehrmals/Jahr
mehrmals/Monat
mehrmals/Woche
täglich
6
6
Gesamt
19
18
kein Abschluss,
8. Klasse DDR,
Hauptschule
66
82
10
6
5
7
10
3
10
POS DDR,
Realschule
Fachabitur,
Abitur
Übersicht 8:
Angaben in Prozent (gerundet).
vgl. Friedrichs, J.: Einführung in die Stadtsoziologie, Hagen 1993, Abschnitt über Netzwerke, S. 165 und S. 167
Für ganz Deutschland wird konstatiert: „Ein regulärer Arbeitsmarkt für haushaltsnahe Dienstleistungen hat sich
bisher nicht entwickelt. Die Nachfrage wird vor allem über Schwarzarbeit befriedigt (ihr Anteil in Privathaushalten
wird auf bis zu 80% geschätzt) oder in Eigenarbeit erledigt“. Görner, R.: Agenturen für haushaltsnahe Dienstleistungen – ein Modellversuch im Saarland, Arbeitspapier herausgegeben von der Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin/Sankt Augustin, Nr. 167/2006, S. 6
21
vgl. ebenda, S. 13
20
18
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Da die Mütter nicht nach den Ursachen für die geringe Nutzung bezahlter Leistungen gefragt
wurden, können nur Vermutungen zu den Gründen angestellt werden:
Viele Familien in Mecklenburg-Vorpommern können sich wahrscheinlich haushaltsnahe
Dienstleistungen finanziell einfach nicht leisten, auch wenn sie ihnen die Vereinbarkeit erleichtern würden. Außerdem dürfte die Nutzung solcher Dienstleistungen bei vielen Menschen ein schlechtes Image haben. Sie gelten in Deutschland als Luxus für Reiche und viele
empfinden es als peinlich, Menschen für sich arbeiten zu lassen, da es den Anschein von
Ausbeutung erweckt.22 Dies gilt sicher in den östlichen Bundesländern, die nach wie vor eine
andere Sozial- und Einkommensstruktur aufweisen, in noch weitaus stärkerem Maße. Die
Inanspruchnahme von Dienstleistungen wird also wesentlich auch von sozio-kulturellen Faktoren mitbestimmt und hängt nicht nur vom Geld ab.23
Interessant ist jedoch, dass trotz der geringen Verbreitung ein signifikanter Zusammenhang
zwischen der Nutzung bezahlter Dienstleistungen und der Zahl der genannten Erschwernisse für Vereinbarkeit existiert (mehr dazu im nächsten Abschnitt). Man könnte die Daten folgendermaßen interpretieren: Je mehr Erschwernisse die Frauen angeben, desto öfter nutzen
sie bezahlte Dienstleistungen.
Es konnte auch ermittelt werden, dass Frauen mit höherer Schulbildung die Dienstleistungen
häufiger nutzen als Frauen mit niedrigen Schulabschlüssen. Der Grund dafür könnte sein,
dass Frauen mit höherer Bildung tendenziell besser verdienen und sich daher die Dienstleistungen – im wahrsten Sinne des Wortes – eher leisten können. Möglicherweise spielen jedoch auch unterschiedliche Einstellungen eine Rolle.
•
Erschwernisse für Vereinbarkeit
Wie die Zahlen in Übersicht 9 zeigen, erschweren „wenig planbare Arbeitszeiten“ den Müttern die Vereinbarkeit am meisten, gefolgt von „häufiger Erkrankung der Kinder“, „vielen Überstunden“ und „hohem Weiterbildungsaufwand“. Die ersten drei Punkte dürften eng zusammenhängen.
Sie spiegeln die Tatsache wider, dass die in der modernen Arbeitswelt geforderte Verfügbarkeit und Flexibilität für viele Mütter ein echtes Problem darstellt, vor allem für solche mit kleineren Kindern. Viele Frauen sind damit konfrontiert, dass die Öffnungszeiten der Kinderta-
22
vgl. ebenda, S. 15, ähnlich argumentieren Rump, J./Eilers, S.: Beschäftigungswirkungen der Vereinbarkeit von
Beruf und Familie - auch unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung, Mainz 2006 (Hrsg.: Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit Rheinland-Pfalz), S. 47f.
23
vgl. Geissler, B.: Haushalts-Dienstleistungen als informelle Erwerbsarbeit: neue Ungleichheit oder Ausdifferenzierung des Arbeitsmarkts? In: Arbeit. Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik,
Schwerpunktheft Arbeitsmarkt und Beschäftigung – Unsicherheit in sich globalisierenden Arbeitsgesellschaften,
Dortmund, Heft 3/2006; S. 5
19
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
gesstätten sich stark an traditionellen Normalarbeitsverhältnissen orientieren. Willkürlich
festgelegte Arbeitszeiten und Überstunden erschweren es außerdem, kurzfristig Eltern, andere Verwandte oder Bekannte für die Betreuung der Kinder zu gewinnen.
Welche Umstände erschweren Ihnen
persönlich manchmal die Vereinbarkeit?
trifft
voll zu
trifft
teilweise
zu
trifft
nicht
zu
1
wenig planbare Arbeitszeiten
22
34
38
2
häufige Erkrankungen des Kindes/der
Kinder
17
38
39
3
viele Überstunden
15
38
40
4
hoher Weiterbildungsaufwand
12
29
53
5
lange Arbeitswege
18
20
55
6
Kolleginnen/Kollegen haben wenig Verständnis für familiäre Probleme
10
27
55
7
Partner/-in muss pendeln
19
17
55
8
Betriebsleitung hat wenig Verständnis
für familiäre Probleme
14
22
56
9
Angst vor Arbeitsplatzverlust bei
Schwangerschaft/Elternzeit
15
18
60
10
keine/geringe Unterstützung durch Partner/-in
11
21
59
11
lange Wege wegen Kinderbetreuung
8
19
66
12
Ich bin alleinerziehend
22
4
71
13
Betreuung/Pflege von Angehörigen
4
11
77
Übersicht 9:
Antworten in Prozent (gerundet), nach Häufigkeit
sortiert. Fehlende zu 100:
keine Angaben/Sonstiges.
Vermutlich geht es bei den Punkten „wenig planbare Arbeitszeiten“ und „viele Überstunden“
um mehr als Kinderbetreuung. Familien brauchen nicht schlechthin einfach nur Zeit, sondern
vor allem planbare Zeit24, denn viele der anfallenden Aufgaben sind an einen zeitlichen
Rhythmus gebunden und können auch nicht beliebig an andere Personen delegiert werden.
Das gilt gerade für die Tätigkeiten, die Frauen im Rahmen der traditionellen innerfamiliären
24
vgl. zur Rolle der planbaren Zeit innerhalb von familienfreundlichen Arbeitszeitmustern: Bundesministerium für
Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Familienfreundliche Arbeitszeitmuster. Neue Wege zu Wachstum
und Beschäftigung, Berlin 2005, S. 6.
20
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Arbeitsteilung ausüben, die in der Regel eine geringe zeitliche Variabilität aufweisen.25 Während sich Reparaturen, Heimwerkerleistungen, Gartenarbeit und das Spiel mit den Kindern,
die häufig noch zu den Domänen des männlichen Engagements in der familiären Reproduktions- und Sorgearbeit gehören, in vielen Fällen durchaus zeitlich verschieben bzw. über
bezahlte Dienstleistungen erledigen lassen, bieten die Begleitung der Kinder zur Kindertagesstätte, die Erledigung der Hausaufgaben, das Zubereiten der Mahlzeiten, die tägliche
Pflege von Kleinkindern u.a.m. nur geringen zeitlichen Spielraum.
Dass „häufige Erkrankung der Kinder“ so oft als Erschwernis genannt wurde, bestätigt die
Ergebnisse des ersten Teils der Studie. Dort wurde gezeigt, dass es tatsächlich viele Arbeitsausfälle durch die Krankheit von Kindern gibt. Die befragten Unternehmensleitungen
nannten dieses Problem denn auch besonders häufig.26
Etwas überraschend ist, dass der „hohe Weiterbildungsaufwand“ so häufig genannt wurde
(etwa 41% antworteten mit „trifft voll zu“ oder „trifft teilweise zu“). Vielleicht hängt dies mit der
überdurchschnittlich hohen Bildung und beruflichen Qualifikation der befragten Mütter zusammen: Wer hoch gebildet ist, strebt vermutlich berufliche Positionen an (oder hat sie bereits erreicht), in denen ständige Weiterbildung gefordert ist. Das bedeutet offenbar auch,
dass ein großer Teil der „offiziellen“, also von den Unternehmen geforderten, Weiterbildung27
in der Freizeit stattfindet, oft sogar ergänzt durch selbst bestimmte, nicht institutionalisierte
und zertifizierte Formen der Weiterbildung zur Erweiterung berufsrelevanter Kompetenzen
(informelle Formen der Weiterbildung).
Da die meisten Mütter nicht alleinerziehend sind, rangiert dieser Punkt in Übersicht 9 auf
dem vorletzten Platz (71% fühlen sich davon nicht beeinträchtigt). Die Mütter, die es betrifft,
empfinden diesen Zustand jedoch für die Vereinbarkeit als sehr erschwerend (22% sagen:
„trifft voll zu“). Mit anderen Worten: So gut wie alle alleinerziehenden Mütter empfinden ihren
Status als sehr erschwerend für die Vereinbarkeit.
Die Pflege und Betreuung von Angehörigen hat auch bei dieser Frage keine große Bedeutung – 78% der Frauen fühlen sich davon gar nicht eingeschränkt.
Jüngere Mütter nannten mehr Erschwernisse als ältere; der Zusammenhang zwischen Alter
und Zahl der genannten Erschwernisse ist zwar schwach, aber signifikant. Dies mag an ihren
geringen Erfahrungen im „Familienmanagement“ liegen. Denkbar wäre auch, dass sie insgesamt mit mehr Unsicherheiten konfrontiert sind; vielleicht befinden sie sich noch in der Ausbildung, haben auf dem Arbeitsmarkt noch keinen Fuß gefasst oder verfügen nur über ein
25
vgl. Wengler, A./Trappe, H./Schmitt, Ch.: Partnerschaftliche Arbeitsteilung und Elternschaft, Materialien zur Be
völkerungswissenschaft, Heft 127/2008 (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Wiesbaden), S. 19 ff. u. S. 39
26
vgl. Wahl (2009), S. 59 und 82 ff.
27
Viele Unternehmen sind um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Weiterbildung in der Arbeitszeit und der
Freizeit bemüht, vgl. ebenda, S. 91
21
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
geringes Einkommen. Keinen signifikanten Zusammenhang gibt es hingegen zwischen der
Zahl der genannten Erschwernisse und dem Bildungsgrad. Das hängt möglicherweise damit
zusammen, dass die genannten Erschwernisse nicht typisch für bestimmte Branchen, Berufe
oder Personen sind, sondern universelle Erscheinungen, die mit der heutigen Arbeitswelt
bzw. mit der Existenz von Kindern schlechthin verbunden sind. Außerdem befähigt höhere
Bildung nicht unbedingt zum optimalen „Familienmanagement“ oder zum Aufbau und zur
Pflege sozialer Netze. Hier spielen soziale Kompetenzen und die Fähigkeit zur praktischen
Alltagsbewältigung eine viel größere Rolle.
Zusammenhang zwischen der Zahl der
Umstände, die die Vereinbarkeit erschweren und verschiedenen Faktoren
Zahl
Zahl der
der Umstände,
Umstände,
die
die die
die Vereinbarkeit
Vereinbarkeit
erschweren
erschweren
5,6
4,6
4,4
20-29 Jahre
30-39 Jahre
40-51 Jahre
Anzahl der
Kinder
4,8
4,7
5,6
4,4
1 Kind
2 Kinder
3 Kinder
>3 Kinder
Familienstand
Familienstand
5,3
4,8
4,6
alleinerziehend
Partnerschaft
Ehe
Bildungsstand
4,9
4,8
4,8
ohne/8. Kl./HS
POS/Realschule
Abitur/Fachabitur
Unterstützung
Unterstützung
durch
durch soziales
soziales
Netz*
Netz*
5,0
4,8
3,8
gering
mittel
hoch
Alter
Alter der
der Mütter*
Mütter*
*=
*= Korrelation
Korrelation signifikant
signifikant
(p<.05)
(p<.05)
Unterstützung
4,1
durch Partner/-in* 5,1
6,0
(4,4) n=9
(6,0) n=3
sehr gut
gut
mittelmäßig
weniger gut
gar nicht gut
Pflege/Betreuung
Pflege/Betreuung 6,2
von
von Angehörigen*
Angehörigen* 4,6
ja
nein
Übersicht 10:
Absolute Werte (gerundet).
(Wert in Klammern) = wenig aussagekräftig, da nur
kleine Stichprobe
22
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Ebenfalls keinen signifikanten Einfluss haben die Zahl der Kinder und der Status „alleinerziehend“. Das bedeutet: Wer mehr Kinder hat oder alleinerziehend ist, nannte nicht automatisch
auch mehr der angeführten Erschwernisse für Vereinbarkeit. Stattdessen kommt es darauf
an, wie viel soziale Unterstützung die Frauen erhalten. Sie nennen umso mehr Erschwernisse, je geringer sie sich insgesamt durch ihr soziales Netz bzw. konkret durch ihren Partner/ihre Partnerin unterstützt fühlen.
Dieser Zusammenhang betont die Bedeutung sozialer Unterstützung und zeigt, dass eine
objektiv schwierige Situation (alleinerziehend, viele Kinder) nicht automatisch zu größerer
Belastung führt, vorausgesetzt die Schwierigkeiten können mit Hilfe bewältigt werden. Dies
bedeutet, dass bei der Unterstützung bestimmter „Risikogruppen“ (z.B. Alleinerziehende,
kinderreiche Familien, armutsgefährdete Familien) deren soziales Umfeld berücksichtigt und
gegebenenfalls ebenso gestärkt werden sollte. Durch Stärkung ihrer sozialen Kompetenzen
könnten die Betreffenden außerdem befähigt werden, ihr soziales Netz zu vergrößern.
Obwohl die meisten Frauen keine Angehörigen pflegten, nannten diejenigen, die es taten,
mehr Erschwernisse für Vereinbarkeit als andere. Das mag als Hinweis dafür dienen, dass
die Pflege von Angehörigen trotzdem ein Faktor für Vereinbarkeit sein kann, auch wenn sie
in unserer Untersuchung (noch) nicht sehr verbreitet war.
•
Chancen erwerbsloser Mütter auf dem Arbeitsmarkt
Insgesamt 84% der Mütter sind der Meinung, nicht erwerbstätige Frauen mit Kindern bis zu
12 Jahren hätten geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Diese Einschätzung wird unabhängig vom Bildungsgrad getroffen.
trifft
voll zu
trifft
teilweise
zu
trifft
nicht
zu
… weil Unternehmen Ausfälle durch Erkrankungen der Kinder befürchten
82
17
1
… weil Mütter Arbeitszeiten wünschen, die
nicht zur Vorstellung der Unternehmen passen
65
34
1
… weil Mütter zeitlich und räumlich nur begrenzt verfügbar sind
68
29
3
„Mütter mit Kindern bis 12 Jahren, die
nicht erwerbstätig sind, haben geringe
Chancen auf dem Arbeitsmarkt, …“
Übersicht 11:
Antworten in Prozent (gerundet). Antworten der Mütter, die Frage 13 zuvor mit
„ja“ beantwortet hatten.
Als Gründe für ihre Meinung nannten die Frauen vor allem „Erkrankungen der Kinder“ (Î
Übersicht 9 und Fußnote 26). Die damit verbundenen Ausfallzeiten erschweren aus Sicht der
Mütter ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt; und sie stellen – wie in Teil 1 ersichtlich – für die
Unternehmen ein großes Problem dar. Letztere sind mit nicht planbaren personellen Ausfällen konfrontiert, die vor allem kleine Unternehmen und solche mit einem hohen Anteil an
23
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
jüngeren Frauen nicht kompensieren können.28 Die Mütter selbst gefährden dadurch eventuell ihre Beschäftigung, verzichten auf Karrieremöglichkeiten und nehmen finanzielle Einbußen in Kauf. Dazu kommt vielleicht noch das fehlende Verständnis bei Kolleginnen und Kollegen oder der Unternehmensleitung.
Die Mütter stecken hier in einer Sackgasse: Sie sind oft die einzigen, die ihre kranken Kinder
betreuen können, denn Kindertagesstätten nehmen erkrankte Kinder nicht auf. Verwandte
oder Bekannte können häufig nicht einspringen, weil sie selbst arbeiten und weil die Betreuung kranker Kinder eine ganz besondere Verantwortung fordert. Auch die Partner fallen
meistens aus, da sie vermutlich in der Regel mehr verdienen und Vollzeit arbeiten, was bei
Lohn- oder Gehaltseinbußen eine Rolle spielt. Außerdem sind Väter, die zur Betreuung ihrer
erkrankten Kinder freigestellt werden, im betrieblichen Alltag immer noch Exoten29 – obwohl
sich die Rollenbilder hier langsam ändern.
3.3
Vereinbarkeit im Unternehmen
Im folgenden Kapitel geht es um konkrete Probleme der Vereinbarkeit von erwerbstätigen
Müttern. Die Fragen wurden also nur von Frauen beantwortet, die abhängig beschäftigt oder
selbständig tätig waren.
•
Arbeitszeitgestaltung
Die erste Frage nach der Arbeitszeit ergab, dass die größte Gruppe der Frauen (etwas weniger als die Hälfte) im Rahmen so genannter Normalarbeitszeiten30 beschäftigt ist. Dieser
hohe Anteil kommt zustande, weil viele Frauen im öffentlichen Dienst und im Bildungswesen
tätig sind. Die zweitgrößte Kategorie wird durch die Mütter gebildet, die ihre Arbeitszeit frei
einteilen können, gefolgt von den in wechselnden Arbeitszeiten/Schichten tätigen Frauen31.
Freie Einteilung der Arbeitszeit dürfte in erster Linie bei selbständigen Frauen vorhanden
sein sowie im Bildungsbereich und zum Teil in Forschung und Entwicklung.
An der Wochenarbeitszeit lässt sich potenziell ablesen, wie stark die Mütter mit Problemen
der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben belastet sind. Natürlich spielen
28
Eine ausführliche Darstellung der damit verbundenen Probleme findet sich im Abschnitt 2.5.2 „Ausfallzeiten
durch die Pflege erkrankter Kinder“ im ersten Teil der Studie, vgl. Wahl (2009)
29
vgl. Wahl, D.: Abschlussstudie zum Projekt „Starke Väter – starke Kinder“ (Projektträger: IDB GmbH Rostock),
Rostock 2007, S. 27 (als Online-Publikation unter www.vereinbarkeit-leben-mv.de/)
30
Normalarbeitszeit umfasst einen 8-Stundentag sowie eine 40-Stunden-Woche, schließt Nacht-, Wochenendoder Schichtarbeit aus und erfolgt an Werktagen in der Regel zwischen 7.00 und 17.00 Uhr.
31
Insgesamt hat die Flexibilisierung der Arbeitszeiten in den letzten Jahren zu Ungunsten der Normalarbeitszeit
stetig zugenommen, vgl. dazu: Hans Böckler Stiftung (Hrsg.): Flexibilisierung. Arbeitszeiten ohne Grenzen,
Böckler Impuls, Düsseldorf, 8/2007, S. 6
24
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
dabei auch noch andere Faktoren eine Rolle, wie Anzahl und Alter der Kinder, Unterstützung
durch Partner oder Partnerin und durch weitere Personen.
Arbeitszeitgestaltung, Wochenarbeitszeit, Unternehmensgröße und Branchenverteilung
45 Normalarbeitszeiten*
4
< 18 h
18
9
18-25 h
250 und mehr
Unternehmensgröße
Branchenverteilung
14 Sonstiges
22
20 Dienstleistung
50-249
Wochenarbeitszeit
17 Ö. Verwaltg.
10-49
24
36-40 h
> 40 h
21 Bildungswesen
29
1-9 Beschäftigte
34
27
13 Gesundh.
25
31-35 h
2 Forschg./Entwicklg.
Arbeitszeitgestaltung
26-30 h
13
2 Handel
* regelmäßige Arbeitszeiten, z.B. Mo-Fr, ca. 8-16 Uhr
** Vertrauensarbeitszeit oder als Selbständige
12
8 Hotel/Gastro/Touris.
freie Zeiteinteilung**
Sonstiges
1 Handwerk
13
2 verarb./prod. Gew.
24
wechselnde AZ/Schicht
Übersicht 12:
Antworten in Prozent (gerundet). Nur erwerbstätige
Mütter.
Die wöchentliche Arbeitszeit ist darüber hinaus ein wichtiger Indikator dafür, wie das Arbeitskräftepotenzial von Frauen tatsächlich ausgelastet ist, eine Frage, die angesichts des demographischen Wandels und absehbaren Fachkräftemangels künftig von Interesse sein dürfte.
Bisher hat zwar in Deutschland die Erwerbsquote von Frauen zugenommen, nicht jedoch ihr
gesamtes Arbeitszeitvolumen. Das bedeutet, dass immer mehr Frauen in Teilzeit arbeiten
und damit – geht man von Normalarbeitsverhältnissen aus – unterbeschäftigt sind.
Die Zahlen zeigen, dass nur ca. 13% der 186 erwerbstätigen Mütter in „klassischer“ Teilzeitarbeit erwerbstätig sind (bis 25 h/Woche), die restlichen 87% dagegen vollzeitnah, in Vollzeit
oder darüber hinaus.32 Damit liegen die Werte für Beschäftigung in Vollzeit bzw. Vollzeitnähe
über dem Durchschnitt in Mecklenburg-Vorpommern und weit über dem Bundesdurchschnitt.
Die Ursachen dafür dürften sehr vielfältig sein: Einmal wird die relativ hohe Qualifikation der
befragten Mütter eine Rolle spielen, d.h. die Frauen werden eher in Berufen tätig sein, in
32
Es gibt unterschiedliche Auffassungen dazu, bei welcher Stundenzahl Vollzeitnähe beginnt. In vielen Quellen
wird von 25 und mehr Stunden ausgegangen. Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(Hrsg.): Familienfreundliche Maßnahmen im Handwerk, Berlin 2004, S. 12 und Stöbe-Blossey, S.: Arbeitszeit und
Kinderbetreuung – Passen Angebote und Elternwünsche zusammen? In: Das Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP),www.familienhandbuch.de/
25
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
denen geringfügige Beschäftigung oder „klassische“ Teilzeitarbeit wenig verbreitet ist. Zum
anderen fallen die in Mecklenburg-Vorpommern ohnehin sehr niedrigen Löhne und Gehälter
in den typischen Frauenberufen noch geringer aus. Viele Männer können darüber hinaus die
Rolle des „Familienernährers“ ohnehin nicht mehr ausfüllen – weil sie arbeitslos sind oder in
atypischen bzw. prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten. Natürlich ist auch denkbar,
dass die Frauen Freude an der beruflichen Tätigkeit haben und ihnen wirtschaftliche Unabhängigkeit wichtig ist. Welche Gründe für die hohe Wochenarbeitszeit auch verantwortlich
sind, sie erschwert potenziell die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben.
•
Betriebsgröße
Übersicht 12 zeigt die Größe der Unternehmen, in denen die Mütter arbeiteten. Etwa jede
fünfte von ihnen war in Großbetrieben mit über 250 Beschäftigten33 tätig, gefolgt von mittleren Unternehmen mit 23,8%. Der größte Teil der Mütter arbeitet in Kleinbetrieben (28,6%)
und Kleinstunternehmen (24,9%). Die Verteilung der Unternehmen auf die verschiedenen
Größenklassen ist für M-V sehr untypisch, da relativ viele größere und mittlere Betriebe als
Arbeitsstätten der Mütter vertreten sind. Diese Tatsache ist sicher nicht ohne Auswirkungen
auf die Beantwortung der nachfolgenden Fragen geblieben, da davon auszugehen ist, dass
in größeren Unternehmen Personalverantwortliche/Personalabteilungen sowie Betriebs- und
Personalräte vorhanden sind und bei größeren Belegschaften (vor allem solchen mit einem
höheren Frauenanteil) eine andere Wahrnehmung von Vereinbarkeitsproblemen und eine
Institutionalisierung entsprechender Maßnahmen bereits gegeben oder zumindest möglich
sind.34
•
Branchenverteilung
Im Hinblick auf die Branchenverteilung gibt es dagegen keine Überraschungen. (Î Übersicht 12). Die meisten Mütter sind in typischen „Frauenberufen“ tätig: Bildung, Dienstleistung,
Öffentliche Verwaltung und Gesundheitswesen (zusammen 71%). Vermutlich dominieren
deshalb auch die Normalarbeitszeiten (siehe oben), die z.B. in der öffentlichen Verwaltung
noch die Regel sein dürften. Es wäre aufschlussreich gewesen, mehr über die Verhältnisse
im produzierenden Gewerbe, im Handwerk oder – für M-V sehr wichtig – im Hotel- und Gaststättengewerbe zu erfahren. Leider sind in diesen Branchen nur wenige der befragten Frauen tätig. Daher war es auch nicht möglich zu untersuchen, ob die Branche eventuell Einfluss
33
zur Definition der Betriebsgrößenklassen der EU ab 1.1.2005 vgl. Amtsblatt der Europäischen Kommission (EU
L 124/36) vom 20.05.2003, Brüssel
34
In M-V weisen lediglich 1,9% der Betriebe mehr als 50 Beschäftigte auf, vgl. Statistische Amt MecklenburgVorpommern: Statistische Berichte: Unternehmen und Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern 2007, Schwerin,
10. April 2008, S. 6, ausführlich zu dieser Problematik vgl. Wahl (2009), S. 76 und 78
26
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
auf die Zahl vereinbarkeitsfreundlicher Maßnahmen in den Unternehmen oder auf die Gestaltung der Arbeitszeit hatte.
•
Gelebte Vereinbarkeit in den Unternehmen
Wo nach Hindernissen für Vereinbarkeit gefragt wird, sollte auch erfasst werden, was den
Müttern das Zusammenspiel von Erwerbs- und Privatleben eventuell erleichtert. Das Betriebsklima oder anders formuliert: die Unternehmenskultur, in der Vereinbarkeit entweder
gedeiht oder nicht, schien dafür ein passendes Merkmal zu sein. Abgesehen von konkreten
Maßnahmen ist auch das „gefühlte“ Vereinbarkeitsbewusstsein im Unternehmen ein wichtiger Hinweis, denn Menschen beurteilen ihr soziales Umfeld häufig „aus dem Bauch heraus“.
Bietet ein Unternehmen auf dem Papier zwar eine mitarbeitendenfreundliche Personalpolitik,
die von den Betreffenden jedoch nicht wahrgenommen wird, haben beide Seiten nichts gewonnen. Umgekehrt können auch kleine, vermeintlich unbedeutende Angebote in einem
Betrieb dafür sorgen, dass die Beschäftigten das Gefühl haben, Privat- und Erwerbsleben
gut vereinbaren zu können.
Auf die Frage, wie sich in ihrer jeweiligen Arbeitsstätte Arbeit und Privatleben vereinbaren
ließen, antworteten zwei Drittel der Mütter mit „gut“, weitere 15% mit „sehr gut“. Eine große
Mehrheit von 72% scheint sich also bezüglich der Vereinbarkeit in den Unternehmen wohl zu
fühlen. Lediglich 15% der Frauen antworteten mit „kaum“ oder „gar nicht“. Dies ist auf den
ersten Blick für die Unternehmen ein großes Lob und zunächst überraschend.
Wie gut lassen sich in
Ihrem Unternehmen/Ihrer
Einrichtung Arbeit und
Privatleben miteinander
vereinbaren?
sehr
gut
15
gut
67
kaum
13
gar
nicht
2
kann
ich
nicht
einschätzen
3
Übersicht 13:
Antworten in Prozent (gerundet).
Natürlich kann es sein, dass sich hier bereits der allmähliche Bewusstseinswandel in der
Wirtschaft hin zu mehr Vereinbarkeitsfreundlichkeit widerspiegelt – was auch die Expertinnen
im Interview angedeutet hatten (Î vgl. Abschnitt zur Familienfreundlichkeit von Unternehmenskultur und Personalpolitik). Möglich ist aber auch, dass das Bild etwas zum Positiven
verzerrt wird, weil überdurchschnittlich viele Frauen in größeren Unternehmen tätig sind (vielleicht zum Teil in den gleichen, das lässt sich aufgrund der zugesicherten Anonymität für die
Befragten nicht feststellen). Die Unternehmensgröße korreliert nämlich positiv mit der Zahl
der angebotenen vereinbarkeitsfreundlichen Maßnahmen, was nicht weiter überrascht, jedoch erwähnt werden soll: Je größer die Unternehmen, desto mehr Angebote machen sie
also ihren Mitarbeitenden. Ein weiterer Zusammenhang schließt den Kreis: Je mehr Maß-
27
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
nahmen in den Unternehmen laut Aussage der Mütter angeboten werden, desto besser
schätzen sie dort die Umsetzung von Vereinbarkeit ein (Î Übersicht 14).
Vereinbarkeitsbewusste
Maßnahmen
Hindernisse
für die Einführung der
Maßnahmen
1-9
5,0
4,2
10-49
4,8
4,9
50-249
6,2
5,3
mehr als 250
6,3
5,0
sehr gut
7,6
2,2
gut
5,9
5,0
kaum
3,2
5,9
gar nicht
2,3
6,5
Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen
und Hindernisse für deren Einführung
Betriebsgröße (Beschäftigenzahl)
Vereinbarkeitsfreundlichkeit im Unternehmen
Übersicht 14:
absolute Zahlen
Diese Aussage mag selbstverständlich erscheinen, aber sie zeigt immerhin, dass die „gefühlte“ Vereinbarkeitsfreundlichkeit (= Meinung der Frauen) und die „offizielle“ (= Zahl der Angebote) eng zusammenhängen – zumindest in dieser Untersuchung. Auch schätzen die Mütter
die Vereinbarkeitsfreundlichkeit in ihrem Unternehmen umso besser ein, je weniger hinderliche Umstände sie für vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen im Betrieb wahrnehmen.
•
Nachteile bei Nutzung der Elternzeit
Zusätzlich zur allgemeinen „gefühlten“ Vereinbarkeitsfreundlichkeit wurden die Mütter konkret gefragt, ob sie der Meinung seien, in ihrem Unternehmen bringe es Frauen Nachteile,
wenn sie in Elternzeit gehen. Hier sieht das Bild differenzierter aus, denn ein Drittel befürchtet immerhin teilweise Nachteile, 11% sagen sogar, dies träfe voll auf ihr Unternehmen zu.
Obwohl die Mehrheit von 56% keine Nachteile befürchtet, sind dies doch weniger als die
72%, die in ihrem Unternehmen Vereinbarkeit gut oder sogar sehr gut leben konnten. Wie
kommt dieser Unterschied zustande? Hier sind nur Vermutungen möglich:
28
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Vielleicht waren die meisten Frauen im Allgemeinen mit dem Betriebsklima zufrieden; eventuelle Nachteile bei Nutzung der Elternzeit schlugen dann bei der Gesamtbewertung möglicherweise nicht so stark zu Buche, wenn andere Voraussetzungen gegeben waren (flexible
Arbeitszeiten, Teilzeit, Rücksicht auf Urlaubsplanung). Vielleicht nahmen sie die Nachteile
der Elternzeit auch als „naturgegeben“ hin und brachten sie nicht mit der Atmosphäre im
Betrieb in Zusammenhang.
„In dem Unternehmen/der Einrichtung,
wo ich arbeite, bringt es Frauen Nachteile, wenn sie in Elternzeit gehen.“
trifft
voll zu
11
•
trifft
teilweise
zu
33
trifft
nicht
zu
56
Übersicht 15:
Antworten in Prozent (gerundet).
Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen und Wünsche im Unternehmen
Wie bereits erwähnt, hängt die wahrgenommene Vereinbarkeitsbewusstheit in den Unternehmen stark mit der Zahl der angebotenen Maßnahmen zusammen. Um diese zu erfassen,
wurde den Frauen eine Auswahl an fünfzehn gängigen Angeboten vorgegeben. Sie hatten
aber auch die Möglichkeit, sonstige Maßnahmen zu erwähnen (Beispiele: Eltern-KindZimmer, behördeneigene Kita). Darüber hinaus sollte untersucht werden, welche der nicht
vorhandenen Angebote am meisten gewünscht wurden. Die Ergebnisse sind zunächst wenig
überraschend35: Am meisten verbreitet sind Teilzeitarbeit, die Rücksicht auf Familien bei der
Urlaubsplanung und verbindliche Absprachen zur Elternzeit (Î Übersicht 16).
Ob Teilzeitarbeit tatsächlich eine vereinbarkeitsfreundliche Maßnahme ist, wird wohl immer
umstritten bleiben. Wenn sie eingeführt wird, um den Beschäftigten mehr Raum für die Organisation ihres Familien- und Privatlebens, zur Regeneration oder für Ehrenämter zu gewähren, hat sie sicher ihre Vorteile. Auf der anderen Seite kann die Etablierung von Teilzeitstellen ausschließlich betriebswirtschaftlichem Kalkül von Unternehmen entspringen, dann
wäre die Motivation für ihre Einführung eine völlig andere. Außerdem sind mit ihnen zwei
weitere Gefahren bzw. Nachteile verbunden: Erstens zieht Teilzeitarbeit immer auch ein
Teilzeitgehalt nach sich (und damit später auch eine „Teilzeitrente“). Zweitens bedeutet Teilzeit auf dem Papier nicht unbedingt, dass tatsächlich weniger gearbeitet wird (was die häufige Nennung von „Überstunden“ als Vereinbarkeitshindernis nahe legt (Î Übersicht 9). Teilzeit ist nicht gleich Teilzeit und ist nicht automatisch vereinbarkeitsbewusst. Drittens
schließlich bedeutet Teilzeit in vielen Fällen einen Ausschluss von betrieblichen Aufstiegschancen, die in der Regel jenen vorbehalten sind, die Vollzeitstellen innehaben.
35
vgl. hierzu auch den 1. Teil der Studie: Wahl (2009), S. 91
29
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Welche vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen gibt es bereits in Ihrem Unternehmen?
vorhanden
nicht
vorhanden
weiß
nicht
1
Teilzeit
79
16
5
2
Rücksicht auf Familien mit Kindern bei
der Urlaubsplanung
71
20
9
3
verbindliche Absprachen zur Elternzeit
(Kontakte, Rückkehr usw.)
66
13
21
4
Wechsel Vollzeit ÅÆ Teilzeit möglich
63
22
15
5
Gleitzeit
59
37
4
6
Arbeitszeitkonten
51
38
11
7
ausgewogenes Verhältnis von Weiterbildungen in u. außerhalb d. Arbeitszeit
49
33
18
8
Teile meiner Arbeit kann ich zu Hause
erledigen
35
63
2
9
unbezahlte Freistellung bei familiären
Problemen
32
26
42
10
Vertrauensarbeitszeit
27
52
20
11
Einmalzahlung bei Geburt eines Kindes
und/oder betriebliche Kinderzulagen
13
74
13
12
organisator. Unterstützung bei Kinderbetreuung (Belegplätze, Betriebskita, …)
13
77
10
13
Unterstützung der Kinderbetreuung in
Randzeiten oder Notfällen
12
81
7
14
zinsgünstige oder zinslose Darlehen des
Betriebes in familiären Notsituationen
7
66
27
15
betriebliche Zuschüsse zur Kinderbetreuung
6
89
5
Übersicht 16:
Antworten in Prozent (gerundet), nach Häufigkeit
sortiert.
Dass auf Familien häufig Rücksicht bei der Urlaubsplanung genommen wird, deckt sich mit
anderen Umfragen zum Thema.36 Erfreulich ist die offenbar weite Verbreitung von konkreten
Absprachen zur Elternzeit. Da ausnahmslos Mütter befragt wurden, ist zu vermuten, dass
diese hierbei aus eigener Erfahrung sprechen und die Absprachen tatsächlich erlebt haben.
Es wäre interessant zu erfahren, wie die Organisation der Elternzeit konkret aussieht. Sind
es einfache Zusagen für einen bestimmten Wiedereinstiegstermin? Gibt es Planungsgespräche vor der Auszeit, währenddessen und nach der Rückkehr? Hält das Unternehmen aktiv
36
vgl. Wahl (2009), S. 91 und Wahl (2007), S. 39
30
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Kontakt zu den Frauen in Elternzeit (durch zeitlich begrenzte Arbeitsangebote, Einladungen
zu Betriebsfeiern, durch Weiterbildung oder Patenschaften/Mentoring)? Können die Frauen
schrittweise in den Beruf zurückkehren – also zunächst mit verminderter Stundenzahl? All
diese Fragen müssen zunächst offen bleiben und sind weiterführenden Untersuchungen
vorbehalten.
Am Ende der Liste der angebotenen Maßnahmen stehen vor allem finanzielle Hilfen und
Unterstützung der Kinderbetreuung durch das Unternehmen. Diese Maßnamen rangieren
dafür auf den „Wunschzetteln“ der Mütter an erster Stelle (siehe unten).
An dieser Stelle sei noch einmal an die Antworten auf die Frage nach den wichtigsten Elementen zur Unterstützung der Vereinbarkeit erinnert. Dort waren die Punkte „Existenz sicherndes Einkommen“ und „Kinderbetreuung, die sich leichter mit Arbeitszeiten vereinbaren
lässt“ für die Mütter am wichtigsten (Î Übersicht 4). Stark vereinfachend könnte formuliert
werden: Die beiden wichtigsten Punkte für die Mütter sind finanzielle Sicherheit und eine
gesicherte, planbare Kinderbetreuung. Die finanzielle Seite ist nicht allein nur eine Frage der
Höhe von Löhnen oder Gehältern, sondern wird auch durch die in der Übersicht 16 aufgeführten Elemente berührt, wobei geldwerte Leistungen der Unternehmen hier noch nicht einmal enthalten sind. Positive Beispiele gibt es zwar, insgesamt sind jedoch Maßnahmen zur
finanziellen Unterstützung von Familien in Mecklenburg-Vorpommern noch stark unterentwickelt. Ähnliches gilt für Bemühungen von Unternehmen, einen eigenständigen Beitrag zur
Betreuung von Kindern der Beschäftigten zu leisten, der entweder die Angebote entsprechender Einrichtungen ergänzt oder Unterstützung in Ausnahmesituationen gewährt: Interessant sind auch die bei einzelnen Vereinbarkeitselementen hohen Nennungen in der Rubrik „weiß nicht“. Hier ist zu vermuten, dass entweder bestehende Angebote genereller Art
nicht entsprechend kommuniziert wurden oder es sich um mehr informelle Einzelfalllösungen
handelt, was in beiden Fällen dazu führt, dass sie von der Belegschaft nicht oder nur begrenzt wahrgenommen werden. Dass diese Elemente einer familienfreundlichen Unternehmenskultur im Bewusstsein der Mütter durchaus eine große Rolle spielen, zeigt die in Übersicht 17 enthaltene „Wunschliste“. Hier werden die Zuschüsse zur Kinderbetreuung mit
Abstand am häufigsten genannt, nämlich von 97 Frauen (zur Beachtung: es handelt sich hier
um absolute Werte und nicht um Prozentzahlen!). Danach folgen „Einmalzahlung bei Geburt
eines Kindes und/oder betriebliche Kinderzulagen“37 sowie die „Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten und Notfällen“.
37
zur großen Bedeutung betrieblicher finanzieller Unterstützung vgl. ebenda, S. 39/40
31
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Welche der nicht vorhandenen vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen wünschen Sie sich?
Zahl
der
Nennungen
1
betriebliche Zuschüsse zur Kinderbetreuung
97
2
Einmalzahlung bei Geburt eines Kindes und/oder betriebliche Kinderzulagen
75
3
Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten oder
Notfällen
68
4
unbezahlte Freistellung bei familiären Problemen
53
5
organisatorische Unterstützung bei Kinderbetreuung (Belegplätze, Betriebskita, …)
53
6
Teile meiner Arbeit kann ich zu Hause erledigen
47
7
Vertrauensarbeitszeit
41
8
Rücksicht auf Familien mit Kindern bei der Urlaubsplanung
40
9
Wechsel Vollzeit Å Æ Teilzeit möglich
40
10
Ausgewogenes Verhältnis von Weiterbildungen in und
außerhalb der Arbeitszeit
39
11
Gleitzeit
34
12
Arbeitszeitkonten
32
13
zinsgünstige oder zinslose Darlehen des Betriebes in
familiären Notsituationen
29
14
Teilzeit
28
15
verbindliche Absprachen zur Elternzeit (Kontakte, Rückkehr usw.)
26
Übersicht 17:
Antworten absolut, nach
Häufigkeit sortiert.
Anmerkung:
Die Zahl der absoluten
Nennungen erschien aussagekräftiger als Prozentwerte, da die Frage zum
Teil sehr lückenhaft von
den Frauen beantwortet
wurde.
Als vereinfachte Zusammenfassung könnte formuliert werden: Unternehmen kommen den
Müttern bei der Gestaltung der Arbeitszeit entgegen (wozu Urlaubsplanung und Absprachen
zur Elternzeit im weitesten Sinne ja auch zählen). Diese Maßnahmen sind zwar hilfreich,
können jedoch ohne viel zusätzlichen Aufwand von Seiten des Unternehmens gewährleistet
werden und sind zum Teil vielleicht sogar gesetzlich vorgeschrieben (z.B. Teilzeit). Sie gewähren den Frauen einen gewissen zeitlichen Spielraum, um Arbeit und Privatleben besser
aufeinander abstimmen zu können. Was sich die Frauen in der vorliegenden Untersuchung
zusätzlich wünschen – das „i-Tüpfelchen“ sozusagen – ist aktive finanzielle und organisatorische Unterstützung, vor allem für die Absicherung der Kinderbetreuung.
32
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
•
Hindernisse für die Einführung (weiterer) vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen
Der letzte Punkt des Fragebogens betrifft mögliche Umstände, die aus Sicht der Mütter verhindern, dass vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen im Unternehmen eingeführt werden.
Wieder wurde eine Liste von möglichen Gründen vorgegeben sowie die Option, sonstige
Angaben machen zu können (Beispiele: Befürchtung, dass großzügige Maßnahmen von
nicht Berechtigten genutzt werden; Beschäftigte haben Angst vor Arbeitsplatzverlust und
trauen sich daher nicht, Ansprüche zu stellen; Steuervorteile sind zu wenig bekannt). Übersicht 18 zeigt die Ergebnisse:
Welche Umstände können verhindern,
dass vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Ihrem Unternehmen … eingeführt werden?
trifft
voll zu
trifft
teilweise
zu
trifft
nicht
zu
1
zu hohe Kosten
26
48
26
2
zu hoher personeller Aufwand
23
49
28
3
familiäre Angelegenheiten gelten im Unternehmen als Privatsache
23
48
29
4
Arbeitszeiten können nicht … geändert
werden (Anforderungen d. Arbeitsplatzes)
27
44
29
5
Vereinbarkeitsprobleme können nicht
offen angesprochen werden
15
43
42
6
Unternehmen kennt wahrscheinlich den
Bedarf der Beschäftigten nicht
18
40
42
7
fehlende Bereitschaft bei Unternehmensleitung
15
39
46
8
fehlender Bedarf bei Beschäftigten
7
35
58
Übersicht 18:
Antworten in Prozent (gerundet), nach Häufigkeit
sortiert. Nur erwerbstätige
Mütter.
Zunächst ist auffällig, dass die wenigsten Frauen der Meinung sind, es gebe keinen Bedarf
für (weitere) Maßnahmen. Auch dass die Unternehmensleitung den Bedarf nicht kenne oder
nicht bereit zu Änderungen sei, stehen nicht im Vordergrund. Am häufigsten genannt werden
der zu hohe finanzielle und personelle Aufwand sowie das Phänomen, dass Arbeitszeiten
aufgrund bestimmter Anforderungen einfach nicht geändert werden könnten. Ebenfalls relativ
häufig kreuzten die Mütter an, dass familiäre Angelegenheiten im Unternehmen als Privatsache gelten würden.
Schaut man sich die Meinungen der Mütter an, sind offenbar viele von ihnen der Ansicht,
dass vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen teuer und aufwändig seien und vor allem deshalb
nicht so leicht eingeführt werden könnten, weil eben die wichtigsten Ressourcen fehlen: Geld
33
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
und Personal38. Es wäre interessant, die Entstehung dieser Vorstellungen zu untersuchen
und ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen. Unternehmen, die eine vereinbarkeitsbewusste Personalpolitik verfolgen, berichten oft, dass die Grundlage dafür meist eine bestimmte Einstellung sei und nicht so sehr Geld oder Personal. Es ist zwar richtig, dass auch finanzielle Angebote zu einer familienfreundlichen Personalpolitik gehören, doch darüber hinaus sind es
sehr häufig die vermeintlich kleinen (und häufig kostenlosen) Maßnahmen, die die Unternehmenskultur prägen: Bei Teamberatungen und beim Leisten von Überstunden auf die Öffnungszeiten der Kita achten; der Kontakt zu den Mitarbeitenden während der Elternzeit; die
kostenlose Nutzung des Firmentransporters für private Umzüge u.a.m.
Ein überraschendes Ergebnis der Studie ist, dass die Frauen aus größeren Betrieben zwar
mehr vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen nennen (Î Übersicht 14), aber gleichzeitig auch
mehr Hindernisse für die Einführung solcher Maßnahmen wahrnehmen. Auch wenn der Zusammenhang sehr schwach ist, deutet er vielleicht doch an, dass Vereinbarkeit in kleineren
Betrieben eventuell etwas leichter umzusetzen ist, weil dem nicht so viele Hindernisse entgegenstehen. Kleinere Unternehmen haben flache Hierarchien, geringere bürokratische
Hürden, weisen außerdem eine größere Kommunikationsdichte der Belegschaft auf und bieten mehr Möglichkeiten zur raschen informellen Lösung (auch Einzelfalllösung) von Vereinbarkeitsproblemen. Das könnte für Mecklenburg-Vorpommern mit seinen vorwiegend kleinen
und mittleren Unternehmen ein hoffnungsvolles Zeichen sein.
Vielleicht zeigen die in der vorliegenden Studie präsentierten Aussagen und Wahrnehmungen der Mütter, wo in den Unternehmen noch Handlungsbedarf vorhanden ist und wo eine
Diskussion über Durchführbarkeit, Nutzen und Kosten einzelner Maßnahmen, die bislang
kaum in der Optik des Führungspersonals sind, sinnvoll wäre. Dadurch könnte auch ein Beitrag zur Überwindung der immer noch vorhandenen Einengung vereinbarkeitsbewusster
Maßnahmen auf Arbeitszeitarrangements erfolgen und ein Bewusstsein dafür erzeugt werden, dass familienfreundliche Unternehmenskultur und Personalpolitik keinesfalls immer kosten- oder personalaufwendig sein müssen.
Der Rest des Weges hin zu einem größeren Vereinbarkeitsbewusstsein in Unternehmen
sollte dann nicht mehr so steinig sein. Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass es
offenbar noch Bedarf an weiteren vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen gibt und sich die
Unternehmensleitungen – sogar nach Meinung der Frauen – dessen zumindest zum Teil
bewusst sind. Besser noch: Sie sind offenbar auch bereit zu Veränderungen. Das bestätigt
die Meinung einiger der interviewten Expertinnen, die in den Unternehmen allmählich mehr
38
Finanzielle Belastungen und personeller Aufwand für vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen spielten auch bei
der Unternehmensbefragung im ersten Teil der Mütterstudie die größte Rolle. Darüber hinaus wurde mangelnder
Bedarf aufgrund der Alterstruktur der Belegschaft konstatiert, vgl. Wahl (2009), S. 94
34
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Offenheit für Vereinbarkeitsthemen erkennen konnten. Vielleicht bedarf es noch einiger Impulse und mehr Aufklärungsarbeit, um diesen Prozess zu unterstützen, aber ein Anfang
scheint gemacht.
Die Autoren der vorliegenden Studie hoffen, dass sie ein Stück zu diesem Prozess beitragen
können.
35
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
4.
•
Interviews mit Expertinnen
Methodisches Vorgehen
Da die umfangreichen Erfahrungen der Expertinnen einen großen Erkenntnisgewinn erwarten ließen, erschien für deren Befragung ein halbstrukturiertes Interview am besten geeignet.
Auf diese Art konnten einerseits die interessierenden Themen vorgegeben werden (was eine
Auswertung erleichterte), andererseits blieb aber durch die große Anzahl der offen gestellten
Fragen genügend Raum für neue und unerwartete Antworten. Die Interviewfragen wurden in
einem ersten Entwurf so ausgewählt, dass sie einen engen Bezug zu den anderen zwei Befragungen (des Führungspersonals der Unternehmen39 und der Mütter) aufwiesen. Eine erste Version des Leitfadens40 wurde zu Beginn der Untersuchung in einem Interview mit einer
Expertin getestet. Nach kleinen Änderungen konnten auch die anderen Gespräche stattfinden.
Die Interviewpartnerinnen wurden nach folgenden Kriterien ausgewählt:
1. Kompetenz: Sie sollten mit der Zielgruppe (Mütter mit Kindern bis zu zwölf Jahren) beruflich in regelmäßigem Kontakt stehen (z.B. durch Beratung, Betreuung, Weiterbildung) und
generelle Aussagen zu deren Situation machen können. Außerdem wurden unterschiedliche
berufliche Zugänge der Expertinnen zum Thema Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie
und Privatleben angestrebt, um ein möglichst breites Spektrum an Erkenntnissen zu gewinnen.
2. Regionale Streuung: Es sollten Expertinnen in unterschiedlichen Regionen des Landes
M-V einbezogen und dabei sowohl ländliche als auch urbane Gebiete berücksichtigt werden.
3. Anzahl: Die Anzahl sollte groß genug sein, um allgemeingültige Aussagen zu bestimmten
Problemlagen treffen zu können. Gleichzeitig ergaben sich aufgrund geringer personeller
und finanzieller Ressourcen Begrenzungen hinsichtlich der Anzahl der Interviews. Durchgeführt wurden im August und September 2009 schließlich 14 Interviews mit Expertinnen aus
allen vier Planungsregionen des Landes.
39
40
Zu den Ergebnissen der Befragung in den Unternehmen vgl. Wahl (2009).
Der Interviewleitfaden befindet sich im Anhang dieser Studie.
36
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Allgemeine Situation
Frage: Bezogen auf Ihr Arbeitsgebiet und Ihre Erfahrungen: Wo liegen Ihrer Meinung
nach die größten Herausforderungen von Müttern mit Kindern bis zu 12 Jahren?
Viele Interviewpartnerinnen hoben hervor, dass nicht die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit,
Familie und Privatleben schlechthin Probleme für die Mütter verursache, sondern dass der
Wandel in der Arbeitswelt bzw. in den familiären Strukturen diese Vereinbarkeit erschwere.
Der Wandel in der Arbeitswelt zeige sich vor allem durch folgende Entwicklungen:
•
Beschäftigungsverhältnisse würden immer unsicherer;
•
Normalarbeitsverhältnisse41 würden seltener;
•
Arbeitsprozesse würden verdichtet, während gleichzeitig Personal reduziert würde
(immer mehr Arbeit für immer weniger Menschen);
•
Arbeitszeiten passen nicht mehr mit Öffnungszeiten von Kindertagesstätten zusammen;
•
die Familienfreundlichkeit der Unternehmen sei sehr unterschiedlich ausgeprägt, was
jedoch nicht an der Größe der Betriebe festgemacht werden könne.
Im Hinblick auf den Wandel familiärer Strukturen wurde vor allem auf alleinerziehende Mütter
verwiesen. Deren Lage sei häufig in Bezug auf Einkommen und soziale Unterstützung sehr
prekär. Ähnliches gelte auch für Mütter unter 20 Jahren, die oft keine bzw. keine abgeschlossene berufliche Ausbildung hätten und deshalb auf dem Arbeitsmarkt eine besondere
Problemgruppe bildeten.
Betont wurde ferner, dass es neben den tatsächlich allein lebenden Müttern auch viele Frauen gebe, die de facto alleinerziehend seien: Da viele (Ehe)Partner fernpendelten42 bzw. vollständig in anderen Regionen beschäftigt seien, stünden deren Frauen zumindest im Hinblick
auf Zeit“armut“ vor ähnlichen Problemen wie allein erziehende Mütter.
Aufschlussreich war auch der Hinweis darauf, dass Mütter aus einem sozial schwierigen Umfeld sehr oft noch zu wenig von Unterstützungsangeboten einschlägiger Projekte erreicht
würden bzw. diese nutzten. Gleiches gelte für Angebote der Familienbildung und -beratung.
Erwähnt wurde, dass Mütter unter 20 Jahren (so genannte Teenie-Mütter) vor besonderen
Herausforderungen stünden. Das gelte vor allem dann, wenn sie aus einem sozial schwieri-
41
Normalarbeitsverhältnis: Arbeitsverhältnis, das durch Vollzeitbeschäftigung, normale Arbeitszeit, Existenz sicherndes Erwerbseinkommen, Sozialversicherungspflichtigkeit und hohe Verrechtlichung gekennzeichnet ist.
42
Fernpendler/innen sind offiziell jene Erwerbstätigen, die bei der Fahrt vom Wohnort zur Arbeitsstätte die Grenze des Bundeslandes überschreiten. Ungeachtet dessen haben viele Pendler/innen, die innerhalb von Mecklenburg-Vorpommern ihren Arbeitsplatz erreichen müssen, oftmals längere Anfahrtswege als Fernpendler/innen.
37
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
gen Umfeld kämen, keinen oder einen geringen Schulabschluss aufwiesen, über keine berufliche Ausbildung und über keine zuverlässigen familiären Netzwerke verfügten.
Die Rolle der Männer/Väter in der familiären Reproduktionsarbeit und bei der Kinderbetreuung wurde unterschiedlich bewertet. Es herrschte jedoch die Meinung vor, dass traditionelle
familiäre Rollenbilder nach wie vor eine große Bedeutung hätten. Sie würden auch weiterhin
verfestigt, da
•
Frauen oft Teilzeit arbeiten und relativ wenig verdienen,
•
die Unternehmen ihre Einstellungspolitik an den alten Rollenbildern ausrichten und
•
überkommene Formen geschlechtsspezifischer Sozialisation weiterhin existieren.
Deshalb sei es eine Herausforderung für viele Mütter, familiäres Engagement von ihren
Partnern einzufordern. Das gelte umso mehr, je kleiner bzw. unzuverlässiger die sozialen
Netzwerke der Mütter seien.
Betont wurde weiterhin, dass viele erwerbstätige Mütter sich selbst unter beträchtlichen
Druck setzten, weil sie sowohl den Anforderungen im Beruf genügen als auch eine gute Mutter sowie Partnerin/Ehefrau sein wollten. Abgesehen davon, dass viele Familien sich haushaltsnahe Dienstleistungen finanziell gar nicht leisten könnten, würden diese in den neuen
Bundesländern immer noch als Statussymbol einer sozialen Gruppe gelten, mit der sich die
meisten Menschen nicht identifizieren könnten.
Ein „Dauerbrenner“ in den Interviews war das Thema „Kinderbetreuung“. Deren Qualität
wurde zum Teil bemängelt (Qualifikation der Erzieherinnen, Betreuungsschlüssel), vor allem
jedoch seien die Betreuungszeiten häufig nicht mit den Arbeitszeiten und den Anforderungen
der Unternehmen vereinbar. Dabei ging es nicht nur um die Betreuung von Vorschulkindern,
sondern auch um die Öffnungszeiten von Schulhorten im normalen Alltagsbetrieb sowie
während der Schulferien. Für Kinder ab der 4./5. Klasse gebe es hier eine „Betreuungslücke“, da für sie ein Verbleiben im Hort nicht mehr gegeben sei, ältere Kinder jedoch auch
Betreuung benötigten.
Eine weitere große Herausforderung für Mütter bestehe in der völligen Umstellung des Alltagslebens nach der Geburt des ersten Kindes, beim Wiedereinstieg in Erwerbsarbeit nach
der Elternzeit und bei der Einschulung eines Kindes.
Die Pflege und Betreuung hoch betagter Angehöriger spielt nach Auffassung einiger Expertinnen derzeit noch keine Rolle bei der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben.
38
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Frage: Vor welchen Herausforderungen stehen besonders junge Mütter unter 20? (z.B.
Chancen auf dem Arbeitsmarkt, Kindererziehung, soziales Netz etc.)
Junge Mütter stünden prinzipiell vor den gleichen Herausforderungen wie andere Mütter
auch. In der Regel befänden sie sich jedoch bei der Geburt ihres ersten Kindes noch in der
Ausbildung (Schule, Berufsausbildung) oder seien völlig ohne berufliche Qualifikation. Hinzu
komme, dass sie selbst noch Defizite in der Persönlichkeitsentwicklung aufweisen würden
und häufig aus einem schwierigen sozialen Umfeld kämen. Dadurch seien ihre Chancen, in
Erwerbsarbeit vermittelt zu werden, wesentlich geringer als bei Müttern mit entsprechenden
Qualifikationen und Berufserfahrung.
Ihre (Schul)Ausbildung könnten diese jungen Mütter meist nur unter äußerster Kraftanstrengung und mit familiärer und professioneller Unterstützung nachholen. Diese Unterstützung
sei jedoch häufig nicht vorhanden oder würde nicht bzw. nur zögerlich angenommen. Die
sozialen Netzwerke vieler Mütter seien äußerst klein, nicht selten seien sie sozial isoliert. Die
Eltern dieser Mütter seien meistens auch noch relativ jung und erwerbstätig, stünden also für
Kinderbetreuung und Unterstützung in der Hausarbeit schon aus Zeitgründen nur bedingt zur
Verfügung. Oftmals entfalle Hilfe von dieser Seite auch durch die Zerrüttung der Familien
oder dadurch, dass die jungen Mütter mit ihren Eltern zerstritten seien. Für einen Freundeskreis sei in der Regel wenig Zeit, da sich das Alltagsleben weitgehend um die Kinder drehe.
Viele junge Mütter lebten außerdem ohne Partner oder Ehemann.
Professionelle Unterstützungsstrukturen, die das Fehlen persönlicher Netzwerke kompensieren könnten, würden darüber hinaus von alleine kaum genutzt. Oftmals fehlten die Informationen über entsprechende Angebote oder es bestünden Hemmungen, diese anzunehmen.
Einige Mütter seien auch mit der Strukturierung und finanziellen Absicherung ihres Alltages
überfordert und ließen sich auf die professionelle Unterstützung gar nicht erst ein.
Bezüglich der Anzahl und der Erreichbarkeit solcher Angebote herrschten außerdem z. T.
beträchtliche Unterschiede zwischen Oberzentren wie Rostock und dünn besiedelten, besonders strukturschwachen ländlichen Räumen. In letzteren sei es vor allem eine Frage der
Mobilität, ob die Angebote überhaupt wahrgenommen werden könnten. Das gelte auch für
die berufliche Ausbildung, bei der häufig die Berufsschule und der ausbildende Betrieb weit
auseinander liegen würden.
Frage: Wie bringen sich nach Ihrer Beobachtung die Männer/Väter in ihren Familien
ein? (z.B. Unterstützung bei familiären Tätigkeiten, Verantwortungsübernahme bei Kinderbetreuung)
Wie bereits erwähnt, wurde die Rolle der Männer in der familiären Reproduktionsarbeit und
Kinderbetreuung von den Expertinnen unterschiedlich bewertet. In den Erfahrungen der
Frauen spiegelt sich ein breites Spektrum männlicher Verhaltensmuster wider, in dem jedoch
39
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
nach wie vor traditionelle Einstellungen vom „Mann als Ernährer“ eine große Rolle spielen.
Einige Expertinnen vertraten die Ansicht, dass jüngere Männer in der Regel eher bereit seien, Tätigkeiten zu übernehmen, die der „klassischen“ geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung
in der Familie nicht entsprechen (Generationenproblem). Wie weit ein solches Engagement
reicht, hänge jedoch nicht allein vom Alter ab, sondern werde auch durch die berufliche Situation der Männer bestimmt. Häufig würden diese zur Arbeit pendeln, müssten lange Arbeitszeiten (einschließlich Überstunden) in Kauf nehmen oder gar eine längere auswärtige Tätigkeit annehmen (oft im Rahmen von Zeitarbeit oder z. B. Arbeitsverhältnisse in
skandinavischen Ländern).
Hervorgehoben wurde auch der Eindruck, dass Männer sich zwar insgesamt stärker an
Hausarbeit und Kinderbetreuung beteiligten, dieses Engagement jedoch oft selektiv erfolge.
Während die Frauen in der Regel die zeitraubenden, weniger „prestigeträchtigen“ Routinearbeiten übernehmen würden, spielten die Väter mit den Kindern (eine Interviewpartnerin
sprach sogar davon, dass sich Väter bisweilen „hinter den Kindern verstecken“, eine andere
verwendete den Begriff „Spieleväter“) oder würden Aufgaben übernehmen, die stark an die
jeweiligen Hobbys (z. B. Heimwerkern, Kochen) gekoppelt seien.
Vätern, die sich mehr in der Familie engagierten oder in Elterzeit gehen wollten, werde es in
der Arbeitswelt oft schwer gemacht, diesen Wunsch umzusetzen. Die Anforderungen an zeitliche Flexibilität, an Verfügbarkeit und Mobilität seien in vielen Unternehmen immer noch mit
der „Arbeitskraft Mann“ und seiner Funktion als Familienernährer verbunden.
Diese „neuen Männer“ würden häufig auch bei den eigenen Arbeitskollegen auf Unverständnis stoßen. Die traditionellen Vorstellungen von Geschlechterrollen würden auch dazu beitragen, dass sich nur sehr wenige Männer an Maßnahmen der Familienbildung und beratung oder an Eltern-Kind-Gruppen beteiligen. Das gelte auch für Väter in der Elternzeit.
Insgesamt stellte sich heraus, dass zu diesem Thema ein großer Gesprächsbedarf bei den in
den Projekten betreuten Müttern existierte.
Frage: Welche Veränderungen konnten Sie in den letzten Jahren beobachten? Was
wird sich Ihrer Meinung nach in Zukunft ändern? (z.B. Alter der Erstgebärenden, Zahl der
Alleinerziehenden, Qualität der schulischen und beruflichen Ausbildung, Wegzug aus M-V,
Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse, Vereinbarkeit Erwerbs- und Privatleben)
Bei der Frage nach Veränderungen in den letzten Jahren wurde auf die zunehmende Verarmung der Mütter hingewiesen, die sich in einer prekären finanziellen Lage bis hin zur Teilnahme an der Rostocker Tafel äußerte. Konstatiert wurde ferner ein Anstieg atypischer und
40
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
unsicherer Beschäftigungsformen43, die die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und
Privatleben erschwerten.
Angesprochen wurde auch die stärkere Integration von Frauen in den Niedriglohnsektor und
die Tatsache, dass arbeitsmarktpolitische Maßnahmen immer weniger zu einer Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt führten bzw. dem Wunsch von Frauen nach beruflicher
Veränderung Rechnung tragen würden.
Trotz dieser Tendenzen wolle die Mehrzahl der Mütter an ihrem Heimatort bzw. in Mecklenburg-Vorpommern bleiben. Gründe für diese „Heimatverbundenheit“ seien vor allem die vertraute Umgebung, gute Kinderbetreuungsmöglichkeiten und der Freundeskreis vor Ort (eine
Ausnahme seien Studentinnen, die allerdings in der Regel noch keine Kinder hätten). Demgegenüber stehe der Zwang zur höheren Mobilität bei den Männern („Ernährerrolle“), die
durch Pendeln, vermeintlich ständige Verfügbarkeit für den Betrieb oder Arbeiten im Ausland
für familiäre Belange oft kaum oder gar nicht erreichbar seien.
Weitere Entwicklungen betrafen laut Aussage der Expertinnen vor allem die Zunahme der
Zahl alleinerziehender Mütter, einen Anstieg der Zahl unverheirateter Mütter sowie die wachsende Instabilität von Familien und Partnerbeziehungen. Beim Alter der erstgebärenden
Frauen gebe es zudem deutliche Unterschiede zwischen Städten (Erhöhung des Alters) und
ländlichem Raum (Absenkung des Alters bis hin zur Teenie-Mutter). Auch ein Schichtunterschied sei zu beobachten: Frauen aus der Mittelschicht bekämen ihr erstes Kind tendenziell
später, Frauen aus der Unterschicht vergleichsweise früher. In einigen Interviews wurde ferner die Meinung geäußert, dass unabhängig von diesen Entwicklungen insgesamt wieder
mehr Kinder geboren würden und zwar auch bei Erwerbstätigen sowie in sozialen Gruppen
mit höherem Bildungsniveau. Diese Tendenz könne sich angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Krise jedoch auch wieder abschwächen44.
Im Hinblick auf mögliche Entwicklungen des Bildungswesens wurde betont, dass mit einem
erhöhten Druck auf die Schulen zu rechnen sei, die angesichts spezifischer Bildungsbedarfe
eines sich rasch wandelnden Arbeitsmarktes ihre Qualität, Ausstattung und Angebotsstruktur
verändern müssten.
43
Atypische Beschäftigung: Beschäftigungsformen, die durch prekäre Arbeitsbedingungen, ungeregelte Arbeitszeiten, niedrige Erwerbseinkommen, fehlende Planbarkeit des Lebens und geringe Verrechtlichung charakterisiert
werden. Beispiele: unfreiwillige Teilzeit, Praktikum als Ersatz für regulär Beschäftigte, Befristungen, Leiharbeit,
Fernpendler/innen, Schichtdienst, zahllose Überstunden (z. T. ohne Ausgleich), Arbeit auf Abruf, Saisonarbeit,
Arbeit im Niedriglohnbereich, Aufstocker usw.
44
Im Jahr 2008 hat es in Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich einen leichten Anstieg der Geburten gegeben,
der oftmals mit der Neuregelung von Elternzeit und Elterngeld in Verbindung gebracht wird. Die Frage ist, ob sich
daraus ein längerfristiger Trend ableiten lässt, oder ob viele Paare den Kinderwunsch nur zeitlich vorverlegt haben, ohne allerdings die Erhöhung der Anzahl der Kinder pro Familie zu beabsichtigen. Außerdem wurden Ausmaß und soziale Konsequenzen der Wirtschafts- und Finanzkrise erst Ende 2008 in ersten Konturen sichtbar.
41
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Welche konkreten Veränderungen würden den Frauen Ihrer Meinung nach weiterhelfen? (Von Seiten a) der Politik, b) der Verwaltung, c) der Betroffenen, d) der Wirtschaft/der
Unternehmen)
Im Hinblick auf mögliche Verbesserungen der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und
Privatleben wurde das notwendige Zusammenwirken von familienorientierter Politik, Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung sowie der Arbeitgebenden und einem verantwortungsbewussten Handeln der Familien selbst hervorgehoben. Eine Interviewpartnerin betonte, es
sei schwer, pauschale Lösungen anzubieten, da sowohl die Arbeitswelt als auch die Familien
starke Differenzierungen aufweisen würden und sich stetig veränderten. Dies müsse bei gesetzlichen Regelungen und der Etablierung von Unterstützungsstrukturen berücksichtigt
werden.
Einigkeit bestand darin, die Öffnungszeiten von Kindertagesstätten den Erfordernissen der
Erwerbsarbeit anzupassen. Auch sollten Unternehmen ihre vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen nicht nur verstärken, sondern auch erweitern (u. a. durch finanzielle Zuschüsse und
geldwerte Leistungen für Familien). Gewünscht wurden neben den erwähnten Öffnungszeiten von Kindertagesstätten und Schulhorten auch neue Arbeitszeitarrangements, die den
Ausbau von Gleitzeit und Vertrauensarbeitszeit ebenso beinhalten wie Jobsharing und eine
flexiblere Gestaltung der Teilzeitarbeit.
Betont wurde auch, dass viele Frauen zu so niedrigen Löhnen und Gehältern arbeiten (müssen), dass sie in ihrer beruflichen Tätigkeit kaum einen Sinn und in einer eventuellen Existenzgründung ein untragbares Risiko sehen würden. Daher sei für sie der Bezug von Arbeitslosengeld II (ALG II, sog. „Hartz IV“) oft die bessere Alternative, die ihnen zudem mehr Zeit
für Familie und Privatleben lassen würde, als eine schlecht bezahlte berufliche Tätigkeit,
häufig noch unter prekären Arbeitsbedingungen (Arbeit auf Abruf, unangekündigter Schichtwechsel, Überstunden etc.). Letzteres spiele vor allem in der Tourismusbranche, in der Gastronomie sowie im Pflegebereich eine Rolle.
Angesprochen wurde auch der Schritt von Müttern in die berufliche Selbständigkeit, der bisher eine gängige Option gewesen sei, um aus Arbeitslosigkeit herauszukommen bzw. einer
drohenden Entlassung zu entgehen. Nach Meinung der Expertinnen hätten sich Gründungswilligkeit und Erfolgsquote von Müttern in den letzten zwei Jahren rückläufig entwickelt. Das
gelte vor allem für den ländlichen Raum außerhalb des „Speckgürtels“ städtischer Oberzentren45. Charakteristisch für diese Regionen sei ein zum Teil dramatischer Rückbau des Öffent-
45
Oberzentren sind zentrale Orte, die wichtige Funktionen für die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und
Dienstleistungen haben und eine weit über dem Durchschnitt liegende ökonomische, soziale und kulturelle Infrastruktur aufweisen. Oberzentren in Mecklenburg-Vorpommern sind: Rostock, Schwerin, Neubrandenburg und
Stralsund/Greifswald. Die letztgenannten Städte bilden zusammen ein Oberzentrum.
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
lichen Personennahverkehrs (ÖPNV), der vor allem die Frauen zur Immobilität verurteile.
Unabhängig davon, dass zahlreiche Familien über kein Auto verfügten, stünde ein vorhandenes Kraftfahrzeug zumeist den Männern zur Verfügung, die den größten Anteil an den
Pendelnden stellten und in der Regel mehr verdienten als die Frauen.
Diese Immobilität treffe nicht nur Frauen, die eine abhängige Beschäftigung suchten bzw.
ausübten, sondern auch potenzielle Gründerinnen, die selbst die beste Geschäftsidee in
ihrem Heimatdorf nicht gewinnbringend umsetzen könnten. Hinzu komme, dass viele Familien im ländlichen Raum zwar über wenig Einkommen verfügten, jedoch eine (oft alte und ererbte) Immobilie besitzen würden und somit keine Kosten durch Miete entstünden. In einigen
Fällen seien dadurch sogar kleine landwirtschaftliche Aktivitäten möglich, deren Erträge das
Familienbudget entlasteten. Daher werde häufig ein Umzug strikt abgelehnt, was von Außenstehenden bisweilen als Mobilitätsunwilligkeit interpretiert werde.
Außerdem seien Unterstützungsangebote für Existenzgründer/-innen im ländlichen Raum
nicht sehr umfangreich und inzwischen auch mit Kosten für Weiterbildung und Coaching verbunden, die viele potenzielle Teilnehmer/-innen nicht aufbringen könnten. Das gelte umso
mehr, als Existenzgründer/-innen mit ALG-II-Bezug lediglich ein Einstiegsgeld beantragen
könnten, dessen Gewährung im Ermessen des jeweiligen Fall-Managers liege. Bei ALG-IBezug bestehe hingegen – bei entsprechenden Voraussetzungen – ein Rechtsanspruch auf
die Zahlung eines Gründungszuschusses, der wesentlich bessere Konditionen für den Start
in die Selbständigkeit biete. Außerdem müssten alle Personen, die ALG II erhalten, ihre Bedürftigkeit ohnehin nachweisen, woraus zu schließen sei, dass sie über keine für die Gründung relevanten Rücklagen verfügten.
Im Hinblick auf vereinbarkeitsfreundliche Maßnahmen der öffentlichen Verwaltungen wurde
die Verlängerung der Öffnungszeiten von Behörden angesprochen. Da viele Beschäftigte
fernpendeln müssten und Arbeitgebende oft hohe zeitliche Verfügbarkeit einforderten, sei ein
Behördenbesuch häufig nicht möglich. Eine spürbare Entlastung könne auch darin liegen,
Verwaltungsvorgänge online im Internet anzubieten und nicht mehr an das persönliche Erscheinen der Klienten zu binden.
Einige Hinweise erfolgten auch in Bezug auf die Familienpolitik des Staates. Hier wurde vor
allem betont, dass Leistungen für Kinder diesen direkt (z.B. durch Investitionen) zugute
kommen und nicht erst an die Eltern ausgezahlt werden sollten.
Im Pflegebereich wurden für die dringend erforderliche Personalaufstockung mehr finanzielle
Mittel gefordert, was die gegenwärtigen prekären Arbeitsbedingungen reduzieren könnte.
Weitere in den Interviews geäußerte Vorschläge reichten vom Rechtsanspruch auf einen
Platz in der Kindertagesstätte ab dem 1. Lebensjahr bis hin zur steuerlichen Entlastung von
Unternehmen, die Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben anbieten.
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Arbeit, Beruf, Ausbildung, Wiedereinstieg
Frage: Wie sind Ihrer Erfahrung nach die Chancen von arbeitslosen Müttern mit Kindern bis 12 Jahre, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen?
Im Hinblick auf die Vereinbarkeitsfreundlichkeit von Unternehmen und die Chancen arbeitsloser Mütter auf dem ersten Arbeitsmarkt könne es nach Ansicht einiger Gesprächspartnerinnen keine pauschalen Bewertungen geben. Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in Unternehmen seien nach wie vor unterschiedlich stark verbreitet. In vielen Bereichen sei
hochqualifiziertes (auch weibliches) Fachpersonal stark gefragt und Kinder seien dabei kein
Hindernis für die Einstellung. Die Betriebsleitungen seien vielmehr bestrebt, diese Fachkräfte
auch durch vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen zu binden.
Anders sei die Situation für gering qualifizierte Frauen, die häufig in Branchen mit hohen Anforderungen an die Flexibilität arbeiteten (Call-Center, Gebäudereinigung, Einzelhandel,
Gastronomie, Hotelbetrieb), die außerdem durch eine größere Austauschbarkeit der Arbeitskräfte gekennzeichnet seien. Diese Tendenz gelte generell auch für Männer, wirke aber bei
Frauen ungleich stärker, da sie aufgrund der traditionellen familiären Arbeitsteilung oder als
Alleinerziehende zeitlich und räumlich nicht so flexibel seien.
Viele (meist männliche) Unternehmensleitungen würden familiäre Reproduktionsarbeit und
Kinderbetreuung zudem generell als „Frauensache“ ansehen und den Müttern ohnehin eine
geringere Verfügbarkeit unterstellen. Eine große Rolle spiele dabei die mögliche Erkrankung
gerade kleinerer Kinder. Ohne entsprechende vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen in den
Unternehmen sei es für arbeitslose Frauen mit Familie häufig sehr schwer, auf dem ersten
Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Frage: Wann klappt es Ihrer Erfahrung nach (in der Regel)? Welche Faktoren spielen
da zusammen?
Nach Meinung einiger Expertinnen würden die Chancen der Integration arbeitsloser Mütter
mit Kindern bis zu 12 Jahren in Erwerbsarbeit nicht nur von einem Faktor abhängen, sondern
von einer Mischung aus persönlichen, familiären und unternehmenspezifischen Elementen.
Zu den persönlichen Elementen gehörten vor allem fachliche und soziale Kompe- tenzen/Qualifikationen einschließlich der Berufserfahrung, die die Mütter einbringen. Dane- ben
spiele das familiäre Netzwerk eine entscheidende Rolle (Verfügbarkeit des Partners/Ehemannes, der Großeltern, anderer Verwandter und der Freunde/Freundinnen).
Die unternehmensspezifischen Elemente seien vielfältig: So wurde erwähnt, dass manche
Unternehmen gerne Mütter einstellten, um deren im Familien“management“ erworbenen
sozialen Kompetenzen zu nutzen. Andere bevorzugten Mütter mit älteren Kindern, die weniger Betreuung erforderten und in der Regel seltener krank seien als Kinder im Vorschulalter.
44
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Auch der „Seltenheitswert“ des Berufes oder spezieller Qualifikationen spiele eine beträchtliche Rolle. Die beliebige Austauschbarkeit bei Arbeitsplätzen mit geringen Anforderungen
verschlechtere jedoch die Einstellungschancen von Müttern.
Ebenfalls von Bedeutung für die Beschäftigungsstrategie könne die positive Einstellung von
Unternehmensführungen und Personalverantwortlichen zur Vereinbarkeit sein. Häufig speise
diese sich aus persönlichen familiären Erfahrungen.
Frage: Wenn Sie Aussagen dazu machen können – für wie familienfreundlich halten
Sie zurzeit die Unternehmenskultur und die Personalpolitik in der freien Wirtschaft
und/oder im öffentlichen Dienst?
Hier biete sich nach Auffassung der Expertinnen ein sehr differenziertes Bild. Vereinbarkeitsfreundlichkeit sei dort am weitesten entwickelt bzw. lasse sich am besten etablieren, wo Unternehmen hoch qualifiziertes Stammpersonal langfristig binden wollen. Eine gewisse Bedeutung habe auch die Betriebsgröße; kleinere Betrieben könnten z.B. den Ausfall von
Müttern durch Elternzeit oder Krankheit nicht so gut kompensieren wie Unternehmen mit
größeren Belegschaften.
Einige Interviewpartnerinnen waren der Auffassung, dass es inzwischen mehr vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen gebe als einige Jahre zuvor und dass inzwischen durchaus Unternehmen mit einer Vorbildfunktion existierten. Eine Reihe von Betrieben würde außerdem
vereinbarkeitsfreundliche Maßnahmen einführen, diese aber wenig kommunizieren, sodass
sie von außen kaum wahrgenommen würden.
Angemerkt wurde, dass manche junge (meist männliche) „Karrieretypen“ in den Chefetagen
wenig Verständnis für die Probleme von Müttern hätten, dies sich jedoch häufig dann änderte, wenn sie selbst Väter würden. In dem Zusammenhang wurde auch betont, dass vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen eine gewisse Breite aufweisen sollten und nicht auf „Kleinkinderfreundlichkeit“ reduziert werden dürften.
Der öffentliche Dienst biete vergleichsweise gute Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben für Mütter; obwohl auch hier noch einige Wünsche offen
blieben (und eine Expertin ihn als „schwerfällig“ im Hinblick auf Veränderungen bezeichnete),
weise er immer noch eine hohe Anzahl von Normalarbeitsverhältnissen auf, die neben planbaren Arbeitszeiten und einer relativ hohen Beschäftigungsstabilität auch eine angemessene
Vergütung einschließen würden.
Frage: Beobachten Sie, dass manche Unternehmen bevorzugt Frauen bzw. Männer
einstellen und wenn ja, mit welcher Begründung?
Umfassende Antworten auf diese Frage konnten von den Expertinnen nicht gegeben werden, weil sie vermutlich in ihrer alltäglichen Arbeit kaum eine Rolle gespielt haben wird und
45
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
sich außerdem das Einstellungsverhalten von Unternehmen der direkten Beobachtung durch
Arbeitnehmende entzieht. Vor allem jene Interviewpartnerinnen, die mit Unternehmen zusammenarbeiten, konnten hier einige persönliche Erfahrungen einbringen.
Wenn bevorzugt Frauen oder Männer eingestellt würden, habe das nicht immer etwas mit
familiären Verpflichtungen von Müttern oder einer vermeintlichen „Rund-um-die-UhrVerfügbarkeit“ von Männern/Vätern zu tun. Gründe seien oft anderer Natur, z.B. die Suche
nach Teilzeitkräften, das lokal bestehende Arbeitskräfteangebot oder bestimmte nachgefragte Qualifikationen. Letztere seien aufgrund der horizontalen Segregation46 des Arbeitsmarktes häufig sehr ungleich auf Frauen und Männer verteilt (Beispiel: Friseur/-in, Grundschullehrer/-in, Altenpfleger/-in usw.).
Ungeachtet dessen würden Unternehmen oft „hinter vorgehaltener Hand“ zugeben, dass sie
bevorzugt Männer einstellen, wenn sie die Wahl haben. Dabei würde selbst ein dreifacher
Vater einer dreifachen Mutter vorgezogen, weil Kinderbetreuung in einem sehr weiten Sinne
(inklusive Elternzeit und Betreuung im Krankheitsfall) immer noch als Frauensache gelte. Die
Unternehmen gingen davon aus, dass neue Anforderungen an zeitliche Flexibilität und räumliche Mobilität am einfachsten mit Männern durchzusetzen seien.
Frage: Wie verläuft Ihrer Erfahrung nach der Wiedereinstieg ins Berufsleben von Müttern nach der Elternzeit? Was läuft innerhalb kurzer Zeit recht gut? Was sind typische
„Stolpersteine“?
Beim Wiedereinstieg in Erwerbsarbeit nach der Elternzeit komme es nach Meinung der Expertinnen gerade bei längerer Abwesenheit zu einer tatsächlichen oder vermeintlichen Entwertung beruflicher Qualifikationen. Die Frauen hätten zu dieser Zeit häufig andere Vorstellungen von Arbeitszeiten und -inhalten als die Arbeitgebenden. Sowohl die Mütter als auch
die Unternehmen müssten akzeptieren, dass die Frauen nach dem Wiedereinstieg nicht
mehr so flexibel und mobil sein könnten – und zwar unabhängig vom familiären Engagement
des Partners und vorhandener Netzwerke. Daraus resultierten oft Konflikte oder ein ungewolltes Ausweichen der Mütter auf Teilzeitarbeit bzw. in neue prekäre Arbeitsverhältnisse.
Die Expertinnen waren sich darin einig, dass eine rechtzeitige Vorbereitung die Basis für
einen weitgehend harmonischen Wiedereinstieg sei, der beide Seiten zufrieden stelle. Die
Vorbereitung solle bereits vor Antritt der Elternzeit durch vertrauensvolle Gespräche begin-
46 Horizontale Segregation der Erwerbsarbeit bezeichnet die historisch gewachsene und durch spezifisch weibliche und männliche Sozialisationsmuster und Berufswahlpräferenzen relativ verfestigte ungleiche Verteilung der
Geschlechter auf verschiedene Branchen, Berufsfelder und Tätigkeiten, die mit unterschiedlichen Einkünften,
Aufstiegsmöglichkeiten und gesellschaftlichen Bewertungen verbunden sind. Von segregierten Berufen und Tätigkeiten wird dann gesprochen, wenn der Frauen- bzw. Männeranteil unter 30% liegt, von Frauen- oder Männerdomänen dagegen bei einem jeweiligen Anteil von über 85%. Die geschlechtsspezifische Segregation gilt für
abhängige Beschäftigung und selbständige Tätigkeit gleichermaßen.
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
nen und durch kontinuierliche Kontakte während der Abwesenheit fortgesetzt werden (Einladungen zu Betriebsfeiern, informelle Gespräche, Teilnahme an Weiterbildung, Übernahme
kleiner Arbeitsaufgaben etc.)
Stolpersteine seien die häufige Erkrankung von Kindern in den ersten Monaten nach dem
Wiedereinstieg, dessen zeitliches Zusammenfallen mit den Kita-Schließzeiten in der Sommerpause sowie unregelmäßige Arbeitszeiten und befristete Arbeitsverträge.
Soziales Netz, Unterstützung
Frage: Was wissen Sie über das soziale Netz Ihrer „Kundinnen“? Woher bekommen
diese Unterstützung?
Viele der befragten Expertinnen arbeiteten mit Frauen, die mehr oder weniger starke soziale
Probleme aufweisen, die dann in den Interviews auch eine größere Rolle spielten. Dazu gehörten vor allem alleinerziehende Mütter sowie solche, die de facto alleinerziehend sind, da
ihre Partner durch Fernpendeln, auswärtige Beschäftigung oder auch durch Einsitzen im
Strafvollzug kaum oder gar nicht als Unterstützung zur Verfügung stehen. Auch arbeitslose
Männer, die mehr freie Zeit hätten, beteiligten sich oft nicht an der familiären Reproduktionsarbeit bzw. nur selektiv, sporadisch oder unzuverlässig.
Die sozialen Netzwerke dieser Frauen seien denkbar klein und beschränkten sich häufig auf
die eigenen Eltern. Manchmal seien auch die Eltern des Partners, von dem sie sich getrennt
hätten, einbezogen, da sie dennoch ihre Rolle als Großeltern wahrnehmen wollten. Die weitere Verwandtschaft oder Freunde fielen kaum ins Gewicht und lebten oft zu weit entfernt,
um Unterstützung leisten zu können. In den Fällen, in denen die Herkunftsfamilien der Mütter
zerrüttet seien und diese z. T. bereits im Kindesalter in Heimen lebten, bestünde oft gar kein
familiäres Netzwerk.
Die Stärke nachbarschaftlicher Hilfe hänge von der jeweiIigen „Verwurzelung“ der Mütter in
einer ländliche Siedlung oder einem städtischen Kietz ab. Neu Hinzugezogene hätten oft
größere Schwierigkeiten, nachbarschaftliche Unterstützung zu mobilisieren.
Es wurde jedoch auch hervorgehoben, dass sich die Wirkung von Unterstützung nicht allein
an der Größe sozialer Netzwerke festmachen lasse. Entscheidend seien Kontinuität und Zuverlässigkeit. So sei es z. B. bei der Betreuung von Kindern nicht günstig, wenn diese in einem großen und wechselnden Personenkreis ständig „herumgereicht“ würden.
Zuspruch und Hilfe von Kollegen und Kolleginnen spielten nur dort eine Rolle, wo die Frauen
in einem Arbeitsverhältnis stehen würden. Nachbarschaftshilfe sei im ländlichen Raum in der
Regel leichter zu organisieren als in der Anonymität der städtischen Zentren. Diese würden
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
dafür ein dichteres Netz von Ämtern und Vereinen aufweisen, deren Angebote das soziale
Netzwerk ergänzen könnten.
Von großer Bedeutung für viele dieser Frauen seien die Angebote von Familienbildungs- und
-beratungsstätten oder von Projekten, die sie bei der Integration in den ersten Arbeitsmarkt
unterstützen wollen. Dort könnten sie notwendige Qualifikationen erwerben und den informellen Austausches mit anderen Müttern pflegen – häufig sei dies die Grundlage für neue
Bekanntschaften und eine Erweiterung des persönlichen sozialen Netzes. Günstig dafür seien ein nicht zu großer Altersunterschied und die Betroffenheit von ähnlichen Problemlagen.
Dieser Austausch erhöhe nach Ansicht einiger Expertinnen auch das Selbstbewusstsein der
Mütter. Das gelte nicht nur für die Annäherung an eine neue Beschäftigung, sondern auch
für das Durchsetzungsvermögen im privaten Bereich, das in einigen Fällen sogar zur Trennung von Partnern geführt habe, deren Persönlichkeitsentwicklung nicht mit den Erfordernissen familiärer Lebensführung in Einklang gestanden habe.
In Zusammenhang mit diesen positiven Effekten ist es bedauerlich, dass viele Mütter mit
Unterstützungsbedarf keine Kenntnis von entsprechenden Angeboten haben bzw. aus den
unterschiedlichsten Gründen nicht den Weg dahin finden. Dass diese Angebote auch stärker
(und vielleicht anders) kommuniziert werden müssen, sahen einige Expertinnen selbst und
setzen auf eine engere Zusammenarbeit von Familienbildung und -beratung mit Schulen,
Kindertageseinrichtungen und zum Teil auch mit Unternehmen.
Eine besondere Rolle spiele das soziale Netz bei Existenzgründerinnen. Hier würden Alleinerziehende ohne kompensatorische Netzwerke ein sehr hohes Risiko tragen. Aus der Arbeit
mit Gründerinnen könne man den Schluss ziehen, dass die Gründungswilligkeit zunehme,
wenn ein funktionierendes soziales Netz vorhanden sei, in dem der Partner durch moralische
und materielle Unterstützung eine wichtige Rolle spiele. Verfügt er über ein angemessenes
Erwerbseinkommen, gebe das der Frau mehr Spielraum für das Familienmanagement, Anfängliche Misserfolge in der beruflichen Selbständigkeit der Frauen könnten so kompensiert
werden. Unter Umständen erlaube ihnen das den Wechsel in selbständige Tätigkeit im Zuverdienst; familienbezogen betrachtet habe dies die gleiche Funktion wie Teilzeitarbeit in
anhängiger Beschäftigung.
Auch arbeitslose Partner hätten prinzipiell eine große Bedeutung für das Netzwerk von
Gründerinnen. Wenn die arbeitslosen Männer jedoch noch sehr in traditionellen Geschlechterrollen, vor allem der männlichen „Ernährerrolle“, verhaftet seien, hätten sie oft Schwierigkeiten, mit dem neuen Status der Frau und dem sich eventuell einstellenden geschäftlichen
Erfolg umzugehen.
Existenzgründerinnen ohne familiäre Verpflichtungen gingen offenbar spontaner und „unbekümmerter“ an ihr Vorhaben und seien eher bereit, ein geschäftliches Risiko zu tragen.
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Frage: Welche Mütter haben besondere Schwierigkeiten, Unterstützung zu finden?
Einige Expertinnen betonen, dass die Unterstützungsstrukturen (Jugendämter, Familienbildungs und -beratungsstellen, zahlreiche Projekte) ihre Angebote prinzipiell an alle Mütter
(und Väter) richten. Die Hilfe würde jedoch in der Regel von Müttern (seltener auch von Vätern) angenommen, die erwerbstätig seinen, über ausreichende soziale Netzwerke verfügten
und die mit professioneller Hilfe ihre Familienkompetenzen erweitern oder ein Forum zur
Diskussion familiärer Probleme finden wollen. Mit anderen Worten: Es würden vor allem die
Menschen erreicht, die über genügend eigene Ressourcen verfügten. Gering qualifizierte
Mütter aus sozial schwierigem Umfeld (vor allem Alleinerziehende innerhalb dieser Gruppe),
die ohnehin kaum über Unterstützung auf der privaten Ebene verfügten, würden über diese
Angebote oft nicht erreicht bzw. hätten Hemmungen, sie anzunehmen. Dabei spielen auch
tatsächlich oder vermeintlich schlechte Erfahrungen mit Behörden eine Rolle („Das Jugendamt nimmt die Kinder weg“). Einige Mütter würden auch deshalb keinen Zugang finden, weil
die angebotenen Dienstleistungen für sie neu seien oder weil sie sich scheuten, über Defizite
ihrer Herkunftsfamilie und fehlende Berufs- und Familienkompetenzen bei sich selbst offen
zu sprechen. Hinzu komme, dass diese Mütter oft kaum Kontakt zu Umgebungen hätten, in
denen besagte Angebote kommuniziert werden. Vor allem im ländlichen Raum sei es besonders schwierig, Zugang zu Frauen zu finden, die längere Zeit zu Hause gewesen seien.
Frage: Welche Unterstützungsstrukturen ließen sich, abgeleitet aus Ihren Erfahrungen
(schnell und unkompliziert) legen oder verknüpfen, um den Müttern zu helfen?
Die Erreichbarkeit bestimmter Gruppen von Müttern war für die meisten Expertinnen eine
zentrale Frage. Ihr Vorschlag beinhaltete daher vor allem die Erstellung von Materialien, die
den Müttern eine Übersicht über vorhandene Angebote von Behörden, Vereinen und Projekten bieten würden47. Auch Handreichungen für Behördenwege, Antragstellung und notwendige Unterlagen wurden vorgeschlagen. Diese Materialien sollten möglichst in Papierform und
nicht nur als Online-Angebot vorliegen. Mit ihrer Zusammenstellung könnten freie Träger
beauftragt werden, die einen besonders engen Kontakt zu den betreffenden Müttern anstrebten oder bereits hätten.
Die Informationen über die Tagesmütter in den einzelnen Regionen seien verbesserungsbedürftig; in erster Linie sei dies Aufgabe der Jugendämter. Dabei gehe es vor allem auch um
Alternativen bei der Wahl der Tagesmutter, die für die Mütter nur bei ausreichend Information
47
Erste Ansätze dazu finden sich in Mecklenburg-Vorpommern im 2008 vom Lokalen Bündnis für Familie der
Hansestadt Rostock erstellten „Wegweiser für Frauen, Männer und Familien“ sowie in den Familienzeitschriften
des Bundeslandes "Landknirpse", "Kleine Räuberpost", "Wribbel" und "Allerlei Murkelei".
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
gegeben sei. Hier wurde exemplarisch die Familienzeitschrift „Landknirpse“ erwähnt, die für
ihre Leser/innen eine Liste aller Tagesmütter in ihrem Verbreitungsgebiet veröffentlicht habe.
Als weitere wichtige Maßnahme wurde von den Interviewpartnerinnen vorgeschlagen, die
Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen zu verlängern und damit veränderten
Arbeitszeitanforderungen der Unternehmen Rechnung zu tragen. Zu denken wäre dabei an
Zuschüsse für Kindertagesstätten, damit diese auch Öffnungszeiten abdecken könnten, die
nicht so stark nachgefragt, aber trotzdem notwendig seien.
Frage: Wie unterscheiden sich Ihrer Meinung nach die Unterstützungsstrukturen speziell junger Mütter auf dem Land und in der Stadt?
Eine Interviewpartnerin wies darauf hin, dass sowohl der ländliche Raum als auch die städtischen Zentren keine homogenen Gebilde darstellten, sondern gerade in diesem Bundesland
starke Disparitäten aufweisen würden. Die Unterschiede zwischen prosperierenden Räumen
und strukturschwachen Gebieten kämen z.B. in einem deutlichen West-Ost-Gefälle zum
Ausdruck.
Mehrheitlich wurde betont, dass Familienbildungs- und beratungsstellen sowie Stätten der
beruflichen Weiterbildung auf dem Lande häufig schwierig erreichbar seien. Junge Mütter
seien auf den Bus oder das familieneigene Auto (soweit vorhanden oder nicht vom Partner/Ehemann zu beruflichen Zwecken genutzt) angewiesen, um diese zu erreichen. Eine
Alternative wären mobile Beratungsstellen (Beratungsbus), deren Einsatz jedoch nur bei
entsprechender Nachfrage sinnvoll sei. Allerdings sei es im ländlichen Raum in der Regel
leichter, nachbarschaftliche Hilfe zu gewinnen als in der Anonymität der Großstadt. Dies
hänge natürlich auch vom Persönlichkeitstyp der jungen Mutter ab und von ihrer Bereitschaft, auf andere zuzugehen.
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Privatleben, Partnerschaft
Frage: Welche Teile des Privatlebens lassen sich Ihrer Erfahrung nach für Mütter mit
Kindern bis 12 Jahren besonders schwer mit Berufsleben/Ausbildung/Studium vereinbaren? (z. B. Freizeit, Hobbies, Kultur, Sport, Ehrenamt, Kindererziehung etc.)
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Kenntnisse der Gesprächspartnerinnen zum Privatleben (speziell zur Partnerschaft) der Mütter geringer waren als zu anderen Bereichen. So
wurde in den Interviews mehrfach betont, dass es relativ lange dauere, bis sich die Mütter zu
solchen Problemen äußerten. In der Regel müsse erst eine Vertrauensbasis geschaffen
werden, wie sie am ehesten noch in Projektarbeit oder in der Familienbildung und -beratung
entstehe; dort könnten persönliche Beziehungen über längere Zeit hinweg aufgebaut werden
und zum Teil sei es aus inhaltlichen Gründen (z.B. als Basis für Coaching) notwendig, auch
auf die individuelle Situation der Mütter einzugehen.
Es seien kaum pauschale Aussagen möglich, weil sowohl die Persönlichkeit der Mütter (und
ihrer jeweiligen Partner) als auch ihre familiäre und berufliche Situation sehr unterschiedlich
seien. Ganz grob ließen sich jedoch drei Gruppen von Müttern unterscheiden:
1. Mütter mit geringer schulischer und beruflicher Qualifikation und kaum Erfahrung auf
dem Arbeitsmarkt würden häufig resignieren und versuchen, über den Status als
Hausfrau und Mutter eine neue Identität zu erreichen. Sie kämen oft aus sozial
schwachen Schichten, verfügten kaum über zuverlässige soziale Netze, seien häufig
von Armut betroffen und stellten einen großen Teil der Alleinerziehenden. Sie würden
zwar weniger unter „Zeitarmut“ leiden, könnten aber durch ihre prekäre Einkommenssituation kaum am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben. Ihre Chancen
auf dem ersten Arbeitsmarkt seien sehr gering. Ohne professionelle Unterstützung
von außen würden ihre sozialen Probleme sich weiter verfestigen.
2. Erwerbstätige Mütter mit durchschnittlicher schulischer und beruflicher Qualifikation.
Diese arbeiteten oft in Berufen mit zum Teil niedriger Entlohnung, hoher Fluktuation
und atypischen Beschäftigungsformen. Ihre sozialen Netze seien sehr unterschiedlich
ausgebildet und im Fall von Alleinerziehenden eher klein. Diese Gruppe habe die
größten Probleme mit der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben.
Zu ihren eher bescheidenen Einkünften komme der Mangel an Zeit (vor allem als Alleinerziehende). Ihr Beruf verlange von ihnen, zeitlich flexibel und häufig verfügbar zu
sein. Alle weiteren Aktivitäten konzentrierten sich dann auf das Familienmanagement,
sodass Sport, Kultur, Hobbys und Muße zu kurz kämen. Haushaltsnahe Dienstleistungen könnten sich die meisten Familien finanziell nicht leisten. Diese Frauen hätten
vielfach praktisch kein Privatleben.
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
3. Mütter mit einer durchschnittlichen oder höheren schulischen und beruflichen Qualifikation, denen es gelungen sei, bei vereinbarkeitsbewussten Arbeitgebenden Fuß zu
fassen und die über existenzsichernde Einkommen verfügten.
Auch diese Mütter wendeten viel Zeit für das Management der Familie auf; sie hätten
jedoch mehr Zeit für Bereiche außerhalb des Arbeitslebens. Dank vergleichsweise
hoher Einkommen könnten sie sich auch haushaltsnahe Dienstleistungen leisten. Ihre
sozialen Netze seien eher größer und umfassten auch Freundinnen, Bekannte und
Kolleginnen/Kollegen. Offizielle Unterstützungsangebote seien ihnen in der Regel bekannt und sie nutzten Veranstaltungen von Trägern der Familienbildung und beratung, um ihre familienbezogenen Kompetenzen zu erweitern und zu vertiefen.
Die Einteilung in diese drei Gruppen lässt natürlich fließende Übergänge und bestimmte
Konstellationen unberücksichtigt (z.B. Mann dauerarbeitslos, Frau in Erwerbsarbeit). Entscheidend sei auch die Persönlichkeit der einzelnen Mütter im Hinblick auf ihre beruflichen
Perspektiven sowie ihre Fähigkeit, die Vereinbarkeit zu managen und die dafür erforderlichen sozialen Netze zu knüpfen und zu pflegen.
Frage: Wo sind konkret die Reibungspunkte? (z.B. Fahrzeiten ÖPNV, lange Arbeitszeiten, desinteressierter Chef, Veränderungsbedarf der Frauen nicht formuliert)
Die Expertinnen wiesen noch einmal auf die Notwendigkeit der eigenen Mobilität vor allem
im ländlichen Raum hin. Fahrten zum Arbeitsort ließen die Zeit der Abwesenheit von Haushalt und Familie beträchtlich anwachsen. In den Städten sei die Situation durch den guten
Ausbau des ÖPNV und die vergleichsweise hohe Verkehrsfrequenz wesentlich entspannter.
Genannt wurde hier ausdrücklich die Hansestadt Rostock (eine Ausnahme bildeten lediglich
die Stadtteile Schmarl und Groß Klein, die nur über Buslinien, nicht jedoch über eine Straßenbahnanbindung verfügen).
Ein weiterer Reibungspunkt sei die am Arbeitsplatz geforderte hohe zeitliche Verfügbarkeit,
die mit den Anforderungen an das Familienleben kollidiere. Arbeitgebende würden den durch
Wettbewerb und/oder Personalabbau bedingten Druck an die Beschäftigten weitergeben.
Dadurch würden diese häufig eigene Bedürfnisse zurückstellen, weil die verbleibende Zeit
ausschließlich der Aufrechterhaltung des Familien“betriebes“ vorbehalten bleibe.
Frage: Wünschen sich die Mütter häufig eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und
Privatleben? (Sprechen sie den Wunsch auch aus?)
Nach Auffassung der Interviewpartnerinnen strebten die Mütter generell eine bessere Vereinbarkeit an. Das äußere sich z.B. in dem einfachen Wunsch, einmal Zeit für sich selbst und
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
für die eigenen Bedürfnisse zu haben (z. B. ins Kino zu gehen, sich mit anderen Frauen zu
einem „Tupperware-Abend“ zu treffen).
Leider würden viele Frauen diesen Wunsch nicht aussprechen und stattdessen in Resignation und Hoffnungslosigkeit verharren. Oft gelinge es ihnen in der Projektarbeit über den Erfahrungsaustausch und positive Beispiele, sich der eigenen Wünsche bewusst zu werden
und sie zu artikulieren. Auch Selbstorganisation und Durchsetzungsfähigkeit könnten dadurch gestärkt werden.
Frage: Wie sehen Sie die Rolle der Männer/Väter bei der Vereinbarkeit von Erwerbsund Privatleben (Wie sollten sie sich einbringen?)
Nach Ansicht der meisten Interviewpartnerinnen seien die traditionellen Geschlechterrollen
noch relativ fest im Familienleben verankert. Veränderung sei zwar auch von äußeren Bedingungen abhängig (Männlichkeitsbild in der Gesellschaft, Ausrichten der Arbeitswelt an
typisch männlichen Erwerbsbiographien etc.), in erster Linie sei diese Aufgabe jedoch in den
Familien selbst zu leisten. Gespräche und das Aushandeln der Rollen zwischen den Beteiligten seien dafür entscheidend, was in vielen Familien jedoch nicht geschehe. Häufig würden
Frauen zwar darüber „nörgeln“, dass ihre Männer sich nicht an der Hausarbeit beteiligten;
ihre Wünsche würden sie jedoch nicht aussprechen sondern stattdessen vieles selbst erledigen. Einige Mütter müssten außerdem lernen, ihre „Macht“ in diesem Bereich abzugeben
bzw. zu teilen.
Die Männer hingegen müssten ihre Rolle als bloßer „Familienernährer“ aufgeben, die sich
durch die Veränderungen in der Arbeitswelt ohnehin langsam auflöse. Laut den Expertinnen
gehe es den Müttern nicht darum, dass die Männer die bisher von Frauen erbrachten Leistungen übernehmen sollen, sondern dass sie ihren Part in einer innerfamiliären Arbeitsteilung spielten. Diese Arbeitsteilung solle einen solidarischen Zuschnitt haben und damit mehr
als das gelegentliche Spielen mit den Kindern beinhalten. Das umfasse auch die verstärkte
Inanspruchnahme von Elternzeit durch die Väter.
Interessant war auch der von vielen Müttern vorgetragene Wunsch nach mehr gemeinsamer
Zeit, nach „Familienzeit“48.
48
Diese Forderung ist nach Auffassung der Autoren dieser Studie in der bisherigen Debatte um Vereinbarkeit von
Erwerbsarbeit, Familie und Privatleben viel zu wenig thematisiert worden. Die Organisation des Familienlebens
umfasst eben mehr als nur Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu finden (und sie ggf. in einem Netzwerk „herumzureichen“) oder zwischen zeitlich versetzten Schichten der Partner den Einkauf zu organisieren. Familie braucht
immer auch gemeinsam verbrachte Zeit für gemeinsames Erleben.
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Frage: Wie beeinflussen sich Ihrer Erfahrung nach familiäre Belastungen (Kinderbetreuung, Haushaltsführung, Behördengänge etc.) und Partnerschaft?
Die Expertinnen betonten, dass es nach ihrer Erfahrung einen engen Zusammenhang zwischen alltäglicher Überforderung und der Belastung oder gar Beendigung von Partnerschaften gebe. Die hohe Belastung vieler Mütter resultiere in erster Linie daraus, dass ihre Partner
entweder eine solidarische innerfamiliäre Arbeitsteilung nicht wollten oder sich aus beruflichen Gründen hier nicht stärker engagieren könnten.
Für die „psychische Befindlichkeit“ der Mütter und die Anerkennung ihrer außerhalb der Erwerbsarbeit erbrachten Leistungen sei es wichtig, dass die Tätigkeitsfelder ausgewogen
sind. Wenn Männer häufiger jene Tätigkeiten übernehmen würden, für die traditionsgemäß
Frauen „zuständig“ sind (Putzen, Waschen, Einkauf, Kinderbetreuung etc.), würden sie das
familiäre Engagement der Frauen dadurch aufwerten; denn dann wären es nicht mehr die
kaum wahrgenommenen und gering bewerteten Routinearbeiten von Frauen.
Umgekehrt würden Frauen oft Behördengänge und ähnliche Aktivitäten, die zur „Außenvertretung“ der Familie gehörten, gerne selbst übernehmen, weil ihnen das ein Gefühl von Unabhängigkeit und eigenen Kompetenzen gebe (eine Interviewpartnerin: „Sie wollen mehr als
nur „Puttchen“ sein“).
Bei dieser Frage hoben die Interviewpartnerinnen noch hervor, dass hohe Belastungen häufig Trennungen nach sich ziehen würden, was dazu führe, dass viele Kinder „ganz viele Papas nacheinander“ hätten. Belastend für die Beziehungen seien aber nicht nur Ungleichgewichte in der innerfamiliären Arbeitsteilung, sondern auch die oft prekäre finanzielle Lage der
Familien, die ständige Sorge und ein hohes Frustrationspotenzial nach sich ziehen würde.
Wichtig für gute und stabile Partnerbeziehungen sei daher die Fähigkeit, bei Problemen und
familiären Krisen miteinander reden zu können bzw. zu wollen.
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
5.
Anhang
5.1
Literaturverzeichnis
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Wirtschaft und Gesellschaft. Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen, Berlin 2005
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Mütter und Beruf.
Realitäten und Perspektiven (Monitor Familienforschung Ausgabe Nr. 4) Berlin 2005
Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend
(Hrsg.):Familienfreundliche Arbeitszeitmuster . Neue Wege zu Wachstum und Beschäftigung, Berlin 2005, S. 6
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): 20-jährige Frauen
und Männer heute. Lebensentwürfe, Rollenbilder, Einstellungen zur Gleichstellung, Berlin
2007
Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Alleinerziehende
in Deutschland –Potenziale, Lebenssituationen und Unterstützungsbedarfe, Berlin 2008
Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Daten und Fakten
zum Thema Alleinerziehende, Material für die Presse, Berlin, Mai 2009
55
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
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Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.): Kinderwunsch und Familiengründung bei Frauen und Männern mit Hochschulabschluss. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung, Köln 2005
DGB Index Gute Arbeit GmbH (Hrsg.): Work-Life-Balance 2007 – Der Report. Wie die
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informellen Netzwerken. Berlin 1991
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Unsicherheit in sich globalisierenden Arbeitsgesellschaften, Dortmund Jg.15/ Heft 3/2006
Geißler, R.: Die Sozialstruktur Deutschlands, Wiesbaden 2002
Gelbrich, Götz: Statistik für Anwender, Shaker Verlag, Aachen 1998
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Müttern, die nach einer Familienpause in den Beruf zurück gekehrt sind, Bensheim 2007
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
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Lange, A./Lauterbach, W.: Wie nahe wohnen Enkel bei ihren Großeltern? Aspekte der
Mehrgenerationenfamilie heute, Arbeitspapiere der Universität Konstanz, Nr. 24/1997
Luef, Ch.: Für und Wider Elternschaft. Was den Kinderwunsch von Männern und Frauen
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Robert Bosch Stiftung GmbH (Hrsg.: Kinderwünsche in Deutschland. Konsequenzen für
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Rohr-Zänker, R./Müller, W.: Die Rolle von Nachbarschaften für die zukünftige Entwicklung von Stadtquartieren, Arbeitspapiere des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Bonn, Nr. 6/1998
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Schneider, N. F/Krüger. D./Lasch, V. et al.: Alleinerziehen. Vielfalt und Dynamik einer
Lebensform, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
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Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Pressemeldung vom 13.03.2008, Schwerin
Statistische Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte: Unternehmen und Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern 2007, Schwerin, 10. April 2008
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Schwerin, 27. Juli 2009
Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern: Statistische Berichte: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Mecklenburg-Vorpommern am 30.06.2008, Schwerin, 05. Juni
2009
Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch 2009,
Schwerin 2009
Stöbe-Blossey, S.: Arbeitszeit und Kinderbetreuung: Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in NRW – gefördert durch die Hans-Böckler-Stiftung, IAT-Report, Gelsenkirchen
1/2004
Stöbe-Blossey, S.: Bedarfsorientierte Kinderbetreuung. Teil 1: Arbeitszeit und Infrastruktur. Vorläufige Auswertung einer Befragung von Müttern mit Kindern unter 14 Jahren (Arbeitspapier), Gelsenkirschen 2004
Stöbe-Blossey, S.: Arbeitszeit und Kinderbetreuung - Passen Angebote und Elternwünsche zusammen? In: Das Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik
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Verein Deutscher Ingenieure e.V. (Hrsg.): VDI-Bericht: Ingenieurinnen und Ingenieure im
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57
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
•
•
•
•
Wahl, D.: Abschlussstudie zum Projekt „Starke Väter – starke Kinder“ (Projektträger: IDB
GmbH Rostock), Rostock 2007 (als Online-Publikation unter www.vereinbarkeit-lebenmv.de/)
Wahl, D.: Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern. Studie
im Auftrag des Kompetenzzentrums Vereinbarkeit Leben in MV, Teil 1, Rostock 2009, als
Online-Publikation unter www.vereinbarkeit-leben-mv.de/
Wengler, A./Trappe, H./Schmitt, Ch.: Partnerschaftliche Arbeitsteilung und Elternschaft,
Materialien zur Bevölkerungswissenschaft, Heft 127/2008 (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung Wiesbaden)
Zentrum für Familie und Alleinerziehende e.V. und Lehrstuhl für Arbeits-, Betriebs- & Organisationspsychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena (Hrsg.): Die Jenaer Unternehmensbefragung 2005 (Abschlussbericht), Jena 2005
58
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
•
5.2 Fragebogen zur Mütterbefragung
Fragebogen zur Studie
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern
in Mecklenburg-Vorpommern
(Teil 2: Mütterbefragung)
KVL.MV
Kompetenzzentrum Vereinbarkeit Leben in MV
Herrn Thomas Höll
Heiligengeisthof 3
18055 Rostock
Tel.: 0381/ 3757700
Fax: 0381/ 3758648
E-Mail: [email protected]
www.vereinbarkeit-leben-mv.de
59
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Fragen zur Person
Jahre
1. Wie alt sind Sie:
2. Wie viele Kinder haben Sie und wie alt sind diese (in Jahren)?
1. Kind/Alter:
2. Kind/Alter:
5. Kind/Alter:
mehr als 5 Kinder
3. Kind/Alter:
4. Kind/Alter:
3. Leben Sie
† allein(erziehend)
† in einer Partnerschaft
† in einer Ehe
4. Geben Sie bitte Ihren höchsten schulischen Abschluss an
† kein Schulabschluss
† Hauptschulabschluss
† Realschulabschluss
† Abitur
† 8. Klasse des Schulsystems der DDR
† POS der DDR (10. Klasse)
† Fachabitur
† Sonstiges:
5. Geben Sie bitte Ihre höchste berufliche Qualifikation an
† ungelernt
† Facharbeiterabschluss
† Fachschulabschluss
† Universität
† angelernt
† Meisterabschluss
† Fachhochschul- bzw. Hochschulabschluss
† Sonstiges:
6. Sind Sie zum Zeitpunkt der Befragung
† im Studium (Universität, (Fach)Hochschule)
† arbeitslos (Arbeitslosengeld I)
† arbeitslos ohne Leistungsbezug
† selbständig tätig (Gewerbe, freiberuflich)
† in Elternzeit
† in beruflicher Ausbildung
† arbeitslos (Arbeitslosengeld II bzw. Hartz IV)
† abhängig beschäftigt (z.B. Arbeiterin,
†
†
Angestellte, Beamtin)
Sozialhilfeempfängerin
Hausfrau
60
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Meinungen und Angaben zum Thema Vereinbarkeit
Begriffserläuterungen:
Im folgenden wird an vielen Stellen der Begriff „Vereinbarkeit“ verwendet.
Dabei geht es stets um die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und
Privatleben. Mit „Erwerbsarbeit“ ist auch die Suche nach Arbeit gemeint!
„Vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen“ sind alle Aktivitäten und Regelungen in Unternehmen und Einrichtungen, die die Vereinbarkeit unterstützen.
7. Wie wichtig sind Ihnen folgende Kriterien zur Unterstützung der Vereinbarkeit
(z.B. für Familiengründung/Kinderwunsch)?
sehr wichtig
wichtig
weniger
wichtig
Berücksichtigung der Pflege von Angehörigen bei
vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen
Kinderbetreuung, die sich leichter mit Arbeitszeiten vereinbaren lässt
Engagement von Unternehmen/Einrichtungen für
bessere Vereinbarkeit
†
†
†
†
†
†
†
†
†
Sicherheit des Arbeitsplatzes
†
†
†
†
†
†
existenzsicherndes Einkommen
8. Wie empfinden Sie die Unterstützung durch Ihren Partner bei familiären Angelegenheiten
(z.B. Hausarbeit, Kindererziehung und –betreuung, Pflege von Angehörigen)?
† sehr gut
† gut
† mittelmäßig
† weniger gut
† gar nicht gut
9. Von welchen Personen in Ihrem Umfeld (außer Partner/Ehemann) erhalten Sie
Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder bei hohen Belastungen?
eigene Eltern/Schwiegereltern
andere Verwandte
Freundinnen/Freunde/Bekannte
Nachbarn
trifft voll zu
trifft teilweise
zu
trifft nicht zu
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
61
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
10. Sind Sie in die Betreuung/Pflege von behinderten, chronisch kranken oder älteren
gehörigen einbezogen?
† ja, regelmäßig † ja, manchmal
† nein
An-
† zurzeit nicht, es könnte aber in den
nächsten fünf Jahren der Fall sein
11. Wie oft nehmen Sie für Betreuung oder Hausarbeit bezahlte Dienstleistungen in Anspruch
(z.B. Tagesmutter, Putzhilfe)?
† täglich † mehrmals/Woche
† mehrmals/Monat
† mehrmals/Jahr
† nie
12. Welche Umstände erschweren Ihnen persönlich manchmal die Vereinbarkeit?
wenig planbare Arbeitszeiten
viele Überstunden
lange Arbeitswege
lange Wege wegen Kinderbetreuung
Partner/Ehemann muss pendeln
hoher Weiterbildungsaufwand
ich bin allein erziehend
keine/geringe Unterstützung durch Ehemann/Partner
Betriebsleitung hat wenig Verständnis für familiäre
Probleme
Kolleginnen/Kollegen haben wenig Verständnis für
familiäre Probleme
Angst vor Arbeitsplatzverlust bei Schwangerschaft/Elternzeit
häufige Erkrankungen des Kindes/der Kinder
Betreuung/Pflege von Angehörigen
Sonstiges:
trifft voll zu
trifft teilweise
zu
trifft nicht zu
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
62
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
13. Haben Ihrer Meinung nach Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren, die nicht erwerbstätig sind,
geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt?
† ja
† nein
Wenn ja, warum ist das Ihrer Meinung nach so?
trifft voll zu
trifft teilweise
zu
trifft nicht zu
†
†
†
†
†
†
†
†
†
weil Unternehmen Ausfälle durch Erkrankungen
der Kinder befürchten
weil Mütter Arbeitszeiten wünschen, die nicht mit
Vorstellungen der Unternehmen übereinstimmen
weil Mütter zeitlich und räumlich nur begrenzt
verfügbar sind
Sonstiges:
Vereinbarkeit in „Ihrem“ Unternehmen
Die Fragen 14 bis 21 betreffen die Vereinbarkeit an Ihrem Arbeitsplatz. Bitte
beantworten Sie diese daher nur, wenn Sie zurzeit in Beschäftigung sind
oder Ihre Beschäftigung lediglich durch Elternzeit unterbrochen haben.
14. Wie sieht die Gestaltung Ihrer Arbeitszeiten aus?
† „Normalarbeitszeit“*
(* regelmäßige Arbeitszeiten:
z.B. Mo-Fr, 8-16 Uhr)
† wechselnde Arbeitszeiten/Schichtbetrieb
† freie Zeiteinteilung
(z.B. Vertrauensarbeitszeit oder als Selbständige)
15. Wie viele Stunden pro Woche arbeiten Sie in der Regel?
† unter 18
† 31 bis 35
† 18 bis 25
† 36 bis 40
† 26 bis 30
† über 40
63
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
16. Wie viele Beschäftigte hat das Unternehmen, in dem Sie arbeiten?
† 1 bis 9
† 10 bis 49
† 50 bis 249
† mehr als 250
17. Zu welcher Branche gehört das Unternehmen, in dem Sie arbeiten?
† verarbeitendes/produzierendes Gewerbe
† Gastronomie, Hotellerie, Tourismus
† Forschung/Entwicklung
† Bildungswesen
† andere Dienstleistungen
† Handwerk
† Einzelhandel/Großhandel
† Gesundheitswesen
† öffentliche Verwaltung
† Sonstiges:
18. Wie gut lassen sich in Ihrem Unternehmen/Ihrer Einrichtung
Arbeit und Privatleben miteinander vereinbaren?
† sehr gut
† gut
† kann ich nicht einschätzen
† kaum
† gar nicht
19. Wie stark trifft folgende Aussage Ihrer Meinung nach zu: „In dem Unternehmen/der
richtung, wo ich arbeite, bringt es Frauen Nachteile, wenn sie in Elternzeit gehen.“?
† trifft voll zu
† trifft teilweise zu
† trifft nicht zu
Ein-
64
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
19. Welche vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen gibt es bereits in dem Unternehmen/
der Einrichtung, wo Sie arbeiten? Welche Maßnahmen wünschen Sie sich?
Maßnahme vorhanden?
ja
nein
weiß
nicht
vereinbarkeitsbewusste Maßnahme
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
organisatorische Unterstützung bei Kinder-
†
†
†
Unterstützung der Kinderbetreuung in Randzeiten
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
ausgewogenes Verhältnis von Weiterbildungen in
†
†
†
Einmalzahlung bei Geburt eines Kindes und/oder
†
†
†
†
†
†
†
†
†
Teilzeit
Gleitzeit
Arbeitszeitkonten
Vertrauensarbeitszeit
verbindliche Absprachen zur Elternzeit (Kontakte,
Rückkehr usw.)
Wechsel Vollzeit Å Æ Teilzeit möglich
betreuung (z. B. Betriebskita, Belegplätze u.ä.)
(außerhalb der Kita-Öffnungszeiten) oder Notfällen
Teile meiner Arbeit kann ich zu Hause erledigen
Rücksicht auf Familien mit Kindern bei Urlaubsplan
unbezahlte Freistellungen bei familiären Problemen
und außerhalb der Arbeitszeit
betriebliche Kinderzulagen
betriebliche Zuschüsse zur Kinderbetreuung
zinsgünstige oder zinslose Darlehen seitens des
Betriebes in persönlichen/familiären Notsituationen
Sonstiges:
Maßnahme nicht vorhanden bzw. „weiß nicht“,
aber ich wünsche sie
mir
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
65
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
20. Viele Umstände können verhindern, dass vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen eingeführt
werden. Welche davon treffen auf Ihr Unternehmen/Ihre Einrichtung zu und welche nicht?
fehlende Bereitschaft bei Unternehmensleitung
familiäre Angelegenheiten gelten im Unternehmen als
Privatsache
Vereinbarkeitsprobleme können nicht offen angesprochen werden
Arbeitszeiten können nicht ohne weiteres geändert
werden (wg. Anforderungen des Arbeitsplatzes)
zu hohe Kosten
zu hoher personeller Aufwand
Unternehmen kennt wahrscheinlich den Bedarf der
Beschäftigten nicht
fehlender Bedarf bei den Beschäftigten
trifft voll zu
trifft teilweise
zu
trifft nicht zu
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
†
Sonstiges:
Wir danken Ihnen herzlich für die Mitarbeit
66
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
5.3
Interviewleitfaden für die Gespräche mit den Expertinnen
Datum
2009
Interviewer/in
Interview mit † Frau † Herrn
Institution
Anschrift
Telefon
(03
)
E-Mail
Homepage
@
www.
1. Expertinnen und Experten
Sagen Sie uns bitte kurz etwas dazu, ...
a) was Ihre Aufgaben hier sind (ggf. die Beratungsangebote) und
b) für welche Zielgruppe das Angebot vor allem gedacht ist?
67
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
2. Allgemeine Situation
Bezogen auf Ihr Arbeitsgebiet und Ihre Erfahrungen: Wo liegen Ihrer Meinung
nach die größten Herausforderungen von Müttern mit Kindern bis zu 12 Jahren?
Vor welchen Herausforderungen stehen besonders junge Mütter unter 20?
(z.B. Chancen auf dem Arbeitsmarkt; Kindererziehung; soziales Netz etc.)
Wie bringen sich nach Ihrer Beobachtung die Männer/Väter in ihren Familien
ein? (z.B. Unterstützung bei familiären Tätigkeiten, Verantwortungsübernahme bei
Kinderbetreuung)
68
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Welche Entwicklungen konnten Sie in den letzten Jahren beobachten? Was
wird sich Ihrer Meinung nach in Zukunft ändern? (z.B. Alter d. Erstgebärenden,
Zahl d. Alleinerziehenden, Qualität d. schul. + Berufsausbildung, Wegzug aus M-V,
Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse, Vereinbarkeit Erwerbs- + Privatleben)
Welche konkreten Veränderungen würden den Frauen Ihrer Meinung nach weiterhelfen? Von Seiten ...
a) der Politik,
b) der Verwaltung,
c) der Betroffenen
d) der Wirtschaft/der Unternehmen?
69
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
3. Arbeit, Beruf, Ausbildung, Wiedereinstieg
Wie sind Ihrer Erfahrung nach die Chancen von arbeitslosen Müttern mit Kindern bis 12 Jahre, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen?
Wann klappt es Ihrer Erfahrung nach (in der Regel)? Welche Faktoren spielen
da zusammen?
Wenn Sie Aussagen dazu machen können – für wie familienfreundlich halten
Sie zurzeit die Unternehmenskultur und die Personalpolitik in der freien Wirtschaft und/oder im öffentlichen Dienst?
70
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Beobachten Sie, dass manche Unternehmen bevorzugt Frauen bzw. Männer
einstellen und wenn ja, mit welcher Begründung?
Wie verläuft Ihrer Erfahrung nach der Wiedereinstieg ins Berufsleben von Müttern nach der Elternzeit? Was läuft innerhalb kurzer Zeit recht gut? Was sind
typische „Stolpersteine“?
4. Soziales Netz, Unterstützung
Was wissen Sie über das soziale Netz Ihrer „Kundinnen“? Woher bekommen
diese Unterstützung?
71
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Welche Mütter haben besondere Schwierigkeiten, Unterstützung zu finden?
Welche Unterstützungsstrukturen ließen sich, abgeleitet aus Ihren Erfahrungen
(schnell und unkompliziert) legen oder verknüpfen, um den Müttern zu helfen?
Wie unterscheiden sich Ihrer Meinung nach die Unterstützungsstrukturen speziell junger Mütter auf dem Land und in der Stadt?
5. Privatleben, Partnerschaft
Welche Teile des Privatlebens lassen sich Ihrer Erfahrung nach für Mütter mit
Kindern bis 12 Jahren besonders schwer mit Berufsleben/Ausbildung/Studium
vereinbaren? (z.B. Freizeit, Hobbies, Kultur, Sport, Ehrenamt, Kindererziehung etc.)
Wo sind konkret die Reibungspunkte? (z.B. Fahrzeiten ÖPNV, lange Arbeitszeiten, desinteressierter Chef, Veränderungsbedarf der Frauen nicht formuliert)
72
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Wünschen sich die Mütter häufig eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und
Privatleben? (Sprechen Sie den Wunsch auch aus?)
Wie sehen Sie die Rolle der Männer/Väter bei der Vereinbarkeit von Erwerbsund Privatleben (Wie sollten sie sich einbringen?)
Wie beeinflussen sich Ihrer Erfahrung nach familiäre Belastungen (Kinderbetreuung, Haushaltsführung, Behördengänge etc.) und Partnerschaft?
73
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
5.4
Ergebnisse der Statistischen Berechnungen
Vorbemerkung:
Bis auf einige Ausnahmen sind die meisten der gefundenen Effekte klein (z.B. r = +.18).
Wichtig zum Verständnis der Daten ist außerdem, dass aus einem signifikanten Zusammenhang zwischen zwei Größen (Korrelation) nicht automatisch folgt, dass die eine Größe die
andere verursacht (Kausalität)!
Ergebnis / Aussage
Test, Teststatistik und Signifikanzniveau
Alleinerziehende Mütter haben niedrigere
Schulabschlüsse als Mütter in einer Ehe oder
Partnerschaft.
Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest.
Χ2 (2, 250) = 29,76
p < .01** (1-seitig)
Alleinerziehende Mütter sind häufiger arbeitslos (Quote: 49%) als Mütter in einer Ehe (8%)
oder Partnerschaft (6%).
Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest.
Χ2 (2, 251) = 55,76
p < .01** (1-seitig)
Der Anteil der Mütter, die Angehörige pflegen,
steigt mit dem Alter nicht signifikant an.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 246, r = +.07, p = .13 (1-seitig)
Frauen mit hohem Schulabschluss erhalten
von ihren Partnern genauso viel Unterstützung wie Frauen mit niedrigem Abschluss.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 203, r = +.07, p = .17 (1-seitig)
Frauen mit hohem Schulabschluss erhalten
von ihrem sozialen Netz genauso viel Unterstützung wie Frauen mit niedrigem Abschluss.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 250, r = +.10, p = .06 (1-seitig)
Frauen mit hohem Schulabschluss erhalten
von ihrer Nachbarschaft mehr Unterstützung
als Frauen mit niedrigem Abschluss.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 248, r = +.18, p < .01** (1-seitig)
Frauen, die aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis viel Unterstützung erhalten, bekommen diese auch eher von anderen Personen.
Î Übersicht 19
Eltern,
Schwiegereltern
andere
Verwandte
Freundes- und
Bekanntenkreis
Nachbarschaft
+1.0
+.26**
+.14*
+.04
andere Verwandte
+.26**
+1.0
+.25**
+.09
Freundes- und Bekanntenkreis
+.14*
+.25**
+1.0
+.33**
Nachbarschaft
+.04
+.09
+.33**
+.1.0
Korrelationen der sozialen
Unterstützung durch verschiedene Personengruppen
Eltern, Schwiegereltern
Übersicht 19:
Bivariate Korrelationen
nach Spearman, Signifikanzen 1-seitig;
* p < .05; ** p < .01;
N von 246 bis 251
74
Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Ergebnis / Aussage
Test, Teststatistik und Signifikanzniveau
Alleinerziehende Mütter erhalten von ihrem
sozialen Netz genauso viel Unterstützung wie
Mütter in einer Ehe oder Partnerschaft.
Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest.
Χ2 (2, 246) = 1,75
p = .42 (2-seitig)
Alleinerziehende Mütter erhalten aus ihrem
Freundeskreis mehr Unterstützung als Mütter
in einer Ehe oder Partnerschaft.
Mann-Whitney-Test.
N = 249, p = .03* (2-seitig)
Je mehr Erschwernisse für Vereinbarkeit die
Frauen nennen, desto häufiger nutzen sie
bezahlte Dienstleistungen (z.B. Tagesmutter).
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 249, r = +.16, p < .05* (2-seitig)
Frauen mit hohem Schulabschluss nutzen
häufiger bezahlte Dienstleistungen als Frauen
mit niedrigem Abschluss.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 248, r = +.14, p < .05* (1-seitig)
Je jünger die Frauen sind, desto mehr Erschwernisse für Vereinbarkeit nennen sie.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 246, r = -.12, p < .05* (1-seitig)
Frauen mit hohem Schulabschluss nennen
genauso viele Erschwernisse für Vereinbarkeit wie Frauen mit niedrigem Abschluss.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 250, r = +.04, p = .26 (1-seitig)
Die Zahl der Erschwernisse für Vereinbarkeit,
die die Frauen nennen, ist unabhängig von
der Kinderzahl.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 245, r = +.05, p = .22 (1-seitig)
Alleinerziehende Frauen nennen genauso
viele Erschwernisse für Vereinbarkeit wie
Frauen in einer Ehe oder Partnerschaft.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 251, r = +.07, p = .14 (1-seitig)
Frauen nennen mehr Erschwernisse für Vereinbarkeit, je weniger Unterstützung sie von
ihrem sozialen Netz insgesamt erhalten.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 251, r = -.12, p < .05* (1-seitig)
Frauen nennen mehr Erschwernisse für Vereinbarkeit, je weniger Unterstützung sie von
ihrem Partner erhalten.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 204, r = -.13, p < .05* (1-seitig)
Frauen, die Angehörige pflegen, nennen mehr
Erschwernisse für Vereinbarkeit als Frauen,
die nicht pflegen.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 249, r = +.14, p < .05* (1-seitig)
Anmerkung:
Die Items „Pflege“ und „keine/geringe Unterstützung durch Partner“ gehören zur Liste der Erschwernisse. Um bei den letzten beiden Korrelationen („Unterstützung durch Partner“ und „Pflege“) jeweils
einen Zirkelschluss zu vermeiden – Mütter, die pflegen, nennen dies natürlich auch als erschwerenden Umstand –, wurden die Items bei der Rechnung herausgelassen. Die Korrelationen wurden trotzdem signifikant.
Das bedeutet: „Geringe Unterstützung durch den Partner“ und „Pflege“ sind für sich genommen schon
erschwerend. Sie führen außerdem dazu, dass auch andere Umstände als erschwerend für die Vereinbarkeit empfunden werden.
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Die Situation von erwerbsfähigen Müttern in Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2
Ergebnis / Aussage
Test, Teststatistik und Signifikanzniveau
Frauen mit hohem Schulabschluss antworten
auf Frage 13 (Chancen auf dem Arbeitsmarkt)
ähnlich wie Frauen mit niedrigem Abschluss.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 249, r = -.02, p = .37 (1-seitig)
Größere Unternehmen bieten mehr vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen an als kleinere.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 178, r = +.24, p < .01** (1-seitig)
Je mehr vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen
Unternehmen anbieten, desto besser schätzen
Frauen dort die „gefühlte“ Vereinbarkeit ein.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 171, r = +.45, p < .01** (1-seitig)
Je weniger Hindernisse es für vereinbarkeitsbewusste Maßnahmen im Unternehmen gibt,
desto besser die „gefühlte“ Vereinbarkeit.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 168, r = -.41, p < .01** (1-seitig)
In größeren Unternehmen gibt es mehr Hindernisse für die Einführung vereinbarkeitsbewusster Maßnahmen als in kleineren.
Bivariate Korrelation nach Spearman.
N = 175, r = +.13, p < .05* (1-seitig)
Die Wichtigkeit bestimmter Elemente für Vereinbarkeit ist unabhängig vom beruflichen
Status der Frauen.
Î Übersicht 20
Korrelationen zwischen dem beruflichem Status
(Gruppe 1 vs. Gruppe 2) und der Wichtigkeit bestimmter Elemente.
Berücksichtigung der Pflege von Angehörigen bei vereinbarkeitsbewussten Maßnahmen
Kinderbetreuung, die sich leichter mit Arbeitszeiten vereinbaren lässt
Engagement von Unternehmen/Einrichtungen für bessere
Vereinbarkeit
Korrelationskoeffizient r
-.06
.01
-.05
Sicherheit des Arbeitsplatzes
.02
existenzsicherndes Einkommen
.06
Übersicht 20:
Bivariate Korrelationen
nach Spearman.
N von 246 bis 250
Einteilung der Gruppen:
Gruppe 1: Studium, Ausbildung, abhängig beschäftigt,
selbständig
Gruppe 2: arbeitslos, Hausfrau, Elternzeit