PD DDr. Franz Winter Buddhistischer Terrorismus?

PD DDr. Franz Winter
Franz Winter, geboren in Graz, ist promovierter Klassischer Philologe (1999) und Religionswissenschaftler
(2005 sub auspiciis).
Nach Studien- und Forschungsaufenthalten in Graz,
Wien, Salzburg, Rom, Kyoto und Tokyo hat er sich 2010
an der Universität Wien für das Fach Religionswissenschaft habilitiert und ist Privatdozent am dortigen Institut
sowie Mitarbeiter der Bundesstelle für Sektenfragen.
Seine Forschungsschwerpunkte sind die Spätantike und
Religionsgeschichte, Kulturkontakte zwischen Asien und
Europa von der Antike bis heute, Buddhismus im Westen
und neureligiöse Bewegungen.
Publikationen (Auswahl)
* Hermes und Buddha. Die neureligiöse Bewegung
Kōfuku no kagaku in Japan (Religionen Asiens der Gegenwart/Studies in Modern Asian Religions, edited by
Monika Schrimpf and Michael Pye), LIT: Münster 2012.
* Von Geistern, Dämonen und vom Ende der Welt. Religiöse Themen in der Manga-Literatur (EZW-Texte 222),
Berlin: EZW 2012.
* A Greek God in a Japanese New Religion: On Hermes
in Kofuku no kagaku, Numen 60, 4, 2013, 420-446.
* Variationen des Buddhismus. Streiflichter auf die bunte
Welt der Neureligionen in Japan, Religionen unterwegs
19, 2, 2013, 4-10.
weitere Informationen auf
http://homepage.univie.ac.at/franz.winter/index.html
Buddhistischer Terrorismus?
Der Aum Shinrikyō Vorfall in Japan.
Vor 20 Jahren, im März 1995, wurde von Mitgliedern einer
religiösen Gemeinschaft im U-Bahnnetz der Millionenmetropole Tokyo ein Giftgasanschlag ausgeführt. Der „Aum
Shinrikyō-Vorfall“ (jap. Aum Shinrikyō jiken, nach der
Selbstbezeichnung der 1986 gegründeten Gemeinschaft)
gilt als traumatisches Ereignis in der jüngeren Religionsgeschichte Japans und bestimmt bis heute weite Strecken
der Diskussion und Wahrnehmung von Religion und Religionsgemeinschaften in Japan.
Neben der Auseinandersetzung mit gruppenspezifischen
Mechanismen und der problematischen Psychostruktur
des Gründers und Leiters, Asahara Shōkō, war und ist die
Frage nach der Begründung für die Gewaltakte (von denen es mehrere gab) ein wichtiges Thema. Ein oft vernachlässigter Aspekt in diesem Zusammenhang ist der
Selbstanspruch der Aum Shinrikyō, eigentlich der buddhistischen Tradition zugerechnet zu werden. Asahara bezog
sich auf unterschiedliche buddhistische Konzepte, insbesondere der tibetischen Tradition, die er für seine Vorstellungen instrumentalisierte, beispielsweise die Vorstellung
vom endzeitlichen Kampf um das Reich Shambhala, wie
es im Kālacakra-tantra formuliert wurde.
Der Vortrag wird die Entstehung der Gemeinschaft, eingebettet in die Religionskultur Japans der zweiten Hälfte des
20. Jahrhunderts, und die Bezüge auf den Buddhismus
einer näheren Analyse unterziehen. Darüber hinaus wird
die Frage nach Instrumentalisierung und maximaler
Pervertierung religiöser Argumentationsfiguren thematisiert werden, ein Vorgang, der sich in unterschiedlichen
religiösen Kontexten immer wieder beobachten lässt.
Franz Winter
Zum Semesterthema
„Extrema se tangunt“. Radikalismen tendieren zum Kippen in
entgegengesetzte Pole. Anziehung und Abstoßung scheinen
rätselhaft verwandt. Der berauschende „Erlebnis“spiegel im
Blut der Gewalttäter bleibt konstant unter beliebig abwechselnden Vorzeichen. Kriterien für die Authentizität einer Religion sind also eher „Identitätsfindungen zwischen“ inhaltlich und
geschichtlich angrenzenden Traditionen - also ein Tragen
zwie- oder mehrfacher Lasten, ohne Abschottung vom Einen
zugunsten der Vereinfachung des Anderen. Fanatismen als
sich potenzierende Fixierungen schaffen Gegensätze, Parteiungen am Sportplatz, Spaltungen und Zusammenstöße am
Schlachtfeld.
„Et altera pars“ war immer schon Prinzip der religiösen Versöhnung und des politischen Rechtsstaates, ein „sensus
communis“ und „bonum commune“ stets Richtlinie ausgeglichener ethischer Pragmatik. In gewisser Hinsicht scheint also
diese Toleranz ein ergänzender Kompromiss halber Wahrheiten, ein Relativismus. Das stimmt jedoch nur für das ängstliche sich Anklammern und Festhalten von innen verzogener
(Narzissmus) oder von außen geschädigter Personenkerne,
die sich nur mit potenzierten Doppelgängern ihrer selbst abgeben und begnügen können und eben dann leicht - ohne
Beziehungsausgleich und Gleichgewicht - hilflos in die Netze
ihrer Gegenseite geraten. Gewalttäter sind meist partnerschaftsunfähige Schwächlinge in Haufen, Parteien, Kartellen,
Korporationen. Und Arbeitsscheue gehen dann meist auf die
Suche nach Arbeitslosen (K. Kraus), die dann zu allem fähig
und für nichts brauchbar sind - es sei denn als Handlanger für
eine kämpfende Masse (E. Canetti).
Eine Kirche, die nicht aller Mutter ist, gerät zur Sekte: zeitlos
und ortlos, semper eadem - in autistischer Geschlossenheit,
misstrauisch und verdächtigend, wehleidig und gereizt, eitel
und ehrgeizig. Sie hat an der Spitze zumeist traumatisierte
Führer. Öffnung für krisengezeichnetes Wachstum in Zeit und
Raum bedeutet jedoch Bereitschaft zur auch schmerzhaften
Verkraftung von Verschiedenem, bewährte Freiheit zum anderen und damit zur ausgeglichenen Selbständigkeit. Maß und
Mitte schaffen ihr dieses Schwergewicht eines Reichwerdens
für alle gegenüber einem enthobenen Reichbleiben in Isolation.
Petrus Bsteh
Vorschau auf das Wintersemester 2015/16
SCHAMANISMUS ALS RELIGIÖSES
PHÄNOMEN
VOM SEGEN UND FLUCH MYSTISCHER KRÄFTE
Donnerstag, 22.10.2015
„Heilige Ahnen“?
Grundzüge afrikanischer traditioneller Religiosität
Univ. Prof. DDr. Claude Ozancom, Bonn
Dienstag, 10.11.2015
Magie, Prophetie und die biblische Botschaft Dämonische Besessenheit und der einfache
Glaube als Weg zur Befreiung
Univ. Prof. em. Dr. Siegfried Kreuzer, Wuppertal
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Seine Vision einer echt asiatischen Kirche kann
„als eine Lampe verstanden werden, die einen Raum
beleuchtet, so dass die Gläubigen aller Religionen im
Licht dieser Lampe ihre eigenen befreienden Bestrebungen deutlicher artikulieren können (…)“
Aloysius Pieris (geb. 1934) in: Wegbereiter des interreligiösen Dialogs, Petrus Bsteh, Brigitte Proksch (Hg.), 2012,
S. 307.
AGORA
Das Bildungsprogramm des
FORUM FÜR WELTRELIGIONEN
zum interreligiösen Dialog
Die Anspielung auf den Versuch des Paulus, in
der Öffentlichkeit der Agora Athens auf dem
Areopag das Evangelium zu verkünden, ruft
sowohl die Dringlichkeit als auch die Schwierigkeit der Aufgabe, die christliche Botschaft im
jeweiligen Kontext der Zeit darzustellen, ins
Bewusstsein.
Im Jahr 2015 sind es 50 Jahre seit der Veröffentlichung von Nostra Aetate, jenem Konzilsdokument, das den Weg der katholischen Kirche für den Dialog mit den Religionen öffnete
und ihn auftrug. Dabei soll die christliche Ökumene ihre Identität unter den abrahamitischen
Monotheismen neu entdecken.
Zugleich gehören die fruchtbare Begegnung mit
den fernöstlichen Sinngebungstraditionen und
die konstruktive Auseinandersetzung mit postreligiösen Atheismen ebenso zu den Aufgaben
der Zeit wie das Bedenken der Wurzeln der
Religiosität in den Naturkulten.
PD. DDr. Franz Winter, Wien
Buddhistischer Terrorismus?
Der Aum Shinrikyō Vorfall in Japan
AGORA
Dienstag, 09.06.2015
18.30 - ca. 20:00h
Ort: Vortragssaal des Otto-Mauer-Zentrums
Währingerstr. 2-4
1090 Wien
A-1130 Wien, Fasangarteng. 101/Obj.7
Telefon 01/317 84 70 (Fax: DW 33)
E-Mail: [email protected]
www.weltreligionen.at
In Kooperation mit dem Katholischen
AkademikerInnenverband
Eintritt frei, Spende erbeten