News Steven Bell, BMO Global Asset Management: „In Europa werden sich die Unternehmensgewinne besser als in den USA entwickeln“ London, 16. Dezember 2015 – Die jüngste Berichtssaison dies- und jenseits des Atlantiks stand im Schatten der Notenbankpolitik. Dabei scheinen die Anleger den insgesamt enttäuschenden Unternehmensergebnissen wenig Aufmerksamkeit geschenkt zu haben. Es ist Zeit, dass sich das ändert, findet Steven Bell, Chefvolkswirt von BMO Global Asset Management. Denn die Aktienkurse dürften sich bald wieder an den Kennzahlen orientieren. Warum die Aussichten in den USA eher schlecht sind, während sich Europa weiter erholen dürften, erklärt er im Interview. Herr Bell, Sie glauben, dass europäische Aktien sich im kommenden Jahr besser entwickeln werden als der US-Markt. Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung? Steven Bell: In den vergangenen fünf Jahren haben sich US-Titel deutlich stärker entwickelt. Dieser Trend wurde vor allem durch die Unternehmensgewinne getrieben. Wir glauben, dass er sich im Laufe des nächsten Jahres umkehrt. Im Vergleich der weltweiten Märkte steht Europa besonders gut da. Auch wenn das Wirtschaftswachstum zurzeit auf einem ähnlichen Niveau wie in den USA liegt, befinden wir uns in einem früheren Stadium des Konjunkturzyklus. Die Unternehmen haben daher noch Potenzial, die Margen auszuweiten. Außerdem fallen die Zinsen, während sie in den USA steigen, und der Währungseffekt ist positiv. Europa hat also noch viel Luft nach oben, bis es zu den USA aufgeschlossen hat. Großbritannien ist eine Ausnahme – die wirtschaftliche Entwicklung dort ähnelt eher der amerikanischen als der auf dem Kontinent. Wie ist die Lage in den USA und Großbritannien – haben die Unternehmen dort ihr Potenzial vorerst ausgeschöpft? Bell: Ja, auf den Gesamtmarkt gesehen ist genau das der Fall. Um das zu verstehen, muss man eine etwas langfristigere Perspektive einnehmen. Die Margen der Unternehmen im S&P-500-Index haben zum Ende des vergangenen Jahres ihren Höhepunkt erreicht. Diese Daten reichen nur zurück bis 1990, aber sie sind eng verbunden mit denen aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Auf dieser Grundlage haben die Margen bereits gegen Ende 2011 ihre Höchststände erreicht und sind seitdem um über drei Prozentpunkte gefallen. Die Margen im S&P 500 folgen dieser Entwicklung tendenziell. Insgesamt liegen sie noch immer deutlich über dem historischen Durchschnitt. Für dieses hohe Niveau gibt es strukturelle Gründe, aber trotzdem dürften die Unternehmen nun unter Druck geraten. Welche Faktoren beeinflussen die Gewinnmargen der Unternehmen? Bell: In der Vergangenheit ist die Abgabenlast der Unternehmen gefallen und auch die Macht der Gewerkschaften wurde zurückgedrängt. Außerdem haben die US-Firmen in besonderem Maße von der Globalisierung profitiert. An diesen unterstützenden Faktoren dürfte sich wenig ändern, doch andere, wie etwa das niedrige Zinsniveau, könnten schwinden oder sich sogar ins Gegenteil verkehren. Im Zuge der graduellen Straffung der Geldpolitik durch die Federal Reserve dürften etwa die Zinsen auf Unternehmensanleihen ansteigen. Dieser Prozess wird viele Jahre dauern, denn die Unternehmen haben die Laufzeit ihrer Schulden in der vergangenen Dekade vorausschauend von neun auf derzeit 18 Jahre ausgeweitet. Dennoch wird sich die Entwicklung negativ auf die Margen auswirken. 1 Was bedeuten diese Trends kurzfristig für die Unternehmensergebnisse 2016? Bell: Wenn man von den Faktoren Energie und Rohstoffe absieht und auch den Effekt des USDollars beiseitelässt, erwarten wir, dass die Kerngewinnmargen im nächsten Jahr um ein bis zwei Prozent fallen. Angesichts eines Umsatzwachstums im niedrigen einstelligen Bereich dürften sich auch die Gewinne nur mit Mühe und Not positiv entwickeln. Ich wäre vorsichtig, Öl- und Rohstoffpreise vorauszusagen. Aber wenn wir von einem konstanten Niveau ausgehen oder uns an den Future-Kurven orientieren, dürften sie im Jahresschnitt 2016 deutlich niedriger liegen als 2015. Ähnliches gilt auch für den Dollar. Wir erwarten zwar keine weitere Aufwertung, die das Problem eher verschärfen würde. Aber insgesamt sprechen diese Faktoren dafür, dass die Gewinne 2016 im Vergleich zum Vorjahr fallen werden. Andere Analysten sind da eher positiv gestimmt. Bell: Man muss solche Voraussagen zu lesen wissen. Es gibt unter Analysten eine Tendenz mit optimistischen Erwartungen in die jeweilige Gewinnsaison zu gehen. Diese werden dann routinemäßig zurückgeschraubt, je näher die Ergebnisse rücken. Dadurch haben Unternehmen die Möglichkeit, Gewinne zu vermelden, die leicht über den Erwartungen liegen. So haben die meisten Unternehmen im S&P 500 vor den Zahlen des dritten Quartals 2015 in jedem einzelnen Quartal die Erwartungen geschlagen. Trotzdem sind die Gewinne im Jahresvergleich um vier Prozent gefallen. Auch die aktuellen positiven Erwartungen sind Teil dieser Routine. Sollten Anleger die USA jetzt also meiden? Bell: Soweit würde ich nicht gehen. Die USA bleiben global gesehen der sichere Hafen. Dass andere Märkte sich stärker entwickeln könnten, ändert daran wenig. Aber es ist wahrscheinlich, dass auf die vergangenen fünf fetten Jahre nun erst einmal einige magere Jahre folgen. Wir haben über Europa und vor allem über die USA gesprochen. Was ist mit dem Rest der Welt? Bell: Ich denke, dass nicht nur Europa sich besser als die USA entwickeln wird. Die Schwellenländer sind eine heterogene Gruppe und lassen sich nicht ohne Weiteres über einen Kamm scheren. Allerdings leiden sie derzeit unter dem anhaltendem Pessimismus der Marktteilnehmer. Daher dürfte es hier einige positive Überraschungen geben, auch wenn die Volatilität hoch bleiben wird. Man sagt ja, dass die Welt sich einen Schnupfen holt, wenn die USA niesen. Ich denke, diesmal dürfte es anders kommen. Medienkontakt: Stefanie Henn, Köln, [email protected], +49 (0) 221 912 887 15 Richard Janes, London, [email protected], +44 (0) 20 7011 4298 Über BMO Global Asset Management BMO Global Asset Management ist ein globaler Investmentmanager, der Kunden auf fünf Kontinenten über 27 Niederlassungen in 14 Ländern einen herausragenden Service bietet. Einschließlich der in Portfolios mit und ohne Verwaltungsmandat betreuten Anlagen verwaltete BMO Global Asset Management per 31. Juli 2015 ein Vermögen von über 244 Milliarden US-Dollar. Die Organisation stützt sich auf vier multidisziplinäre Teams an den Firmensitzen in Toronto, Chicago/Milwaukee, London und Hongkong. Diese werden durch ein Netzwerk von BoutiqueManagern von Weltformat an strategischen Standorten in aller Welt ergänzt. Hierzu zählen unter anderem BMO Real Estate Partners, LGM Investments, Monegy Inc., Pyrford International Ltd. und Taplin, Canida & Habacht, LLC. Mit Aktivitäten in ganz Nordamerika und Europa sowie in Abu Dhabi, Mumbai, Peking, Schanghai, Hongkong, Melbourne und Sydney wurde BMO Global Asset Management von Pension & Investments als einer der 100 größten Vermögensverwalter der Welt anerkannt. Diese Beurteilung stützt sich auf das insgesamt verwaltete Vermögen per 31. Dezember 2014. Das Unternehmen ist Unterzeichner der von den Vereinten Nationen unterstützten Initiative 2 Principles for Responsible Investment (UNPRI, Grundsätze für verantwortungsbewusste Investments). BMO Global Asset Management ist ein Teil der BMO Financial Group (NYSE: BMO), einer breit diversifizierten Finanzdienstleistungsorganisation mit einer Bilanzsumme von 672 Milliarden Kanadischen Dollar per 31. Juli 2015 und über 47.000 Mitarbeitern. 3
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