Die Weisheit der Träumer

       Spiritualität
Die Weisheit der Träumer
Text: Roman K atzer
Castillejos Rechenschaft über seine Erfahrungen abgelegt – ein faszinierender und zugleich mysteriöser Erfahrungsbericht, der Einblick in eine alte mexikanische
Tradition vermittelt.
Illustration: ©Devam Will, Fotos: ©wallpaperswiki.com
Der mexikanische Psychologe Carlos Jesus Castillejos
wurde vor mehr als 30 Jahren in eine Tradition initiiert,
die den von Carlos Castaneda vermittelten „Lehren des
Don Juan“ ähnelt. In „Der Ursprung der Schlange“ hat
C
arlos Jesus Castillejos lehrt vor
allem die Kunst des Träumens,
eine uralte Technik der mexikanischen Schamanen, bei der
man sich im Traum bewusst
wird und mit dem Traumkörper andere
Welten bereist. Mithilfe dieser Technik
wurden über die Jahrtausende hingweg
die Grenzen unseres Bewusstseins ausgelotet und eine Art Landkarte aller uns
zugänglichen Welten erstellt. Außerdem
wurde ein Verhaltenskodex, genannt die
„Regel“, ersonnen, der nicht nur sichere
Reisen gewährleistet, sondern auch für
ein besseres Leben in dieser Welt garantiert.
Mehr oder anders als bei Castaneda legen Castillejos und seine Lehrer besonderen Wert auf den Kontakt mit der Natur
und ihren Geistern, auf Dankbarkeit und
Opferbereitschaft sowie auf Rituale und
Zeremonien. Mancher mag sich fragen,
ob wir es tatsächlich mit derselben Lehre zu tun haben. Ich denke, dass es zwei
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verschiedene authentische Linien oder
Schulen derselben Tradition sind, nicht
nur aufgrund von Castillejos detaillierten
Schriften, sondern auch aufgrund der
traditionellen Verquickung von Maya und
Tolteken.
Castillejos Lehrer führen ihn am Ende
seines Buches zur berühmten Pyramide
in Chichen Itza, welche die meisten von
uns als prototypische Maya-Pyramide
kennen. Dabei ist dieses Bauwerk und
der Komplex von Chichen Itza eben nicht
mayanisch, sondern toltekisch – die Pyramide ist z.B. der exakte Nachbau des
toltekischen Zentralheiligtums in Tula.
Und Historiker sprechen schon lange von
einer maya-toltekischen Kultur, der „Liga
von Mayapan“, die hier vor mehr als 1000
Jahren ihre Blütezeit gehabt hat.
Wichtig zu bemerken ist, dass es sich
bei den Tolteken offensichtlich nicht um
ein Volk handelte, sondern vielmehr um
einen Bund von Schamanen und Zauberern, Heilern und Wissenden, die damals
über ganz Mittelamerika verbreitet waren. Natürlich haben sich in historischer
Zeit verschiedene Schulen gebildet,
die oft nur lose miteinander in Kontakt
standen wie etwa die Schulen, zu denen
Castaneda und Castillejos gehören.
Gemeinsam ist beiden Linien die Kunst
des Träumens als Bemeisterung des Bewusstseins und die Kunst des Pirschens
als Bemeisterung des Verhaltens. Zur
letzteren gehört auch die sogenannte
„Rekapitulation des Lebens“, eine Art
Erinnerungstechnik, in der das eigene
Leben energetisch „durchforstet“ wird.
Mehr als Castaneda legt Castillejos aber
auch besonderen Wert auf bestimmte
„Positionen der Absicht“, das sind durch
Statuen und Abbildungen überlieferte
Körperhaltungen, die einen quasi automatisch in andere Bewusstseinszustände versetzen – eine Technik, die an die
Arbeit von Felicitas Goodman erinnert,
die ebenfalls mithilfe der Imitation solcher Haltungen Trancezustände induzierte.
Wer sich einen persönlichen Eindruck
verschaffen und auf einen Selbstfindungstrip gehen möchte, kann das im
September in Frankfurt tun, wo Carlos Jesus Castillejos unter dem Titel „Die Weisheit der Träumer“ einen Vortrag halten
und ein Wochenend-Seminar veranstalten wird.
Veranstaltungstipps:
Vortrag am 4.09.15.
Frankfurt, Haus der Jugend
Workshop am 5.–6.09.15
Frankfurt, Hotel Alexander am Zoo
Infos und Anmeldung:
www.frankfurter-ring.de
Buchtipp:
Carlos Jesus Castillejos
Der Ursprung
der Schlange
140 Seiten, € 14,90
ISBN 978-3-939972-06-8
Veth-Verlag