Weisheit (Kohelet) - EKHN

Examensvorbereitung AT – Weisheit (Kohelet)
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Weisheit (Kohelet)
Weisheit, Krise der Weisheit?, Charakteristik, Texte, Entwicklungen, Weisheitskonzepte,
Weisheitliche Literatur.
Quelle: Markus Witte, Schriften, in: Gertz, Grundinformation AT.
1. Bibelkundliche Erschließung
1
Prolog
1
Einleitung (Reflexion über die stete Wiederkehr desselben)
1-2
'Königstravestie' (der königliche Kohelet auf Weisheitssuche)
3
Reflexionen über die Zeit
3-6
Reflexionen über soziale und ökonomische Kontexte des Menschen
7-8
Reflexionen über das für den Menschen wahrhaft Gute
8-10 Reflexionen über die Leistungsfähigkeit der Weisheit
11-12 Schluss
12 Epilog mit Informationen über den Weisheitslehrer Kohelet
Kohelet kommt von qahal 'Versammlung' und bedeutet Versammlungsleiter.
Thema (in der Einleitung genannt): Frage nach dem Menschen im Horizont der von Gott gesetzten
Schöpfung. Leitsatz: Es ist alles vergänglich (haebael). Ausgangsfrage: Was hat der Mensch für
Gewinn von all seiner Mühe?
Der hier zum Gegenstand der Reflexion gewordene Mensch ist der Mensch, dem die Welt ein
Rätsel, die Existenz eine Krise und Gott in die Ferne gerückt ist.
Buch ist eine Sammlung von poetischen Sentenzen, wie in der altorientalischen Literatur üblich.
Reflexion besteht meist aus vier Schritten: 1. Frage zum Wesen des Menschen, 2. Verknüpfung mit
eigenen Beobachtungen in Natur und Kultur, 3. Gegenüberstellung mit traditionellen
Weisheitssätzen, 4. thetisch, oft als Negation formulierte Schlussfolgerung.
2. Literar- und forschungsgeschichtliche Problemanzeige
2.1 Das Koheletbuch im Rahmen der Geschichte der atl. Weisheit
Setzt sich kritisch mit der traditionellen Weisheit auseinander. Die Vorstellung, mit Weisheit das
Leben bewältigen zu können, findet ihre Grenze an den von Gott gesetzten Zeiten. Realistische
Weisheit bedeutet, die gesamte Wirklichkeit, helle und dunkle Zeiten, als von Gott gegeben
anzunehmen und die Grenzen der Erkenntnis zu akzeptieren.
Da man von der unverfügbaren Gegenwart abhängig ist und die Zukunft nicht vorausplanen kann,
soll man das Leben genießen.
2.2 Die Frage nach dem literarischen Charakter:
Kohelet ist hinsichtlich seiner Entstehung und Gesamtinterpretation eines der rätselhaftesten
Bücher des AT. Es hat keine literaturgeschichtlichen Analogien im AT, kritisiert
Grundüberzeugungen der Weisheit, ist distanziert zur geschichtlichen und prophetischen
Überlieferung des AT, ist vorderorientalischen und griechischen Weisheitstexten nahe. 1-3 sind ein
planvoll angelegtes Traktat, die anderen Kapitel eher assoziativ zusammengefügte Spruchgruppen.
Trotzdem vertritt die aktuelle Forschung mehrheitlich die These von der literarischen Integrität
Kohelets (abgesehen von den beiden Epilogen in 12).
Examensvorbereitung AT – Weisheit (Kohelet)
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3 Entstehung des Koheletbuchs
- Form: Kombiniert in einmaliger Weise Gattungen der Weisheit zu ausgedehnten Reflexionen in
der 1.P.Sg., die den Charakter von Traktaten annehmen. Gattungsmäßig bildet das Buch eine Lehre
(trotz Fehlen der Lehreröffnungs- und Aufmerksamkeitsruf- Formel). Durch Angaben in 1,1 ist es
eine Lebenslehre. Parallelen: altägyptische Lehren und Gnomik.
- Komposition und Redaktion: Beeinflussung durchs Persische und Aramäische, hellenistische
Einflüsse → Mitte 3.Jh. v. Später doppelte sekundäre Rahmung.
- Situation und Funktion: Buch reflektiert unter Einfluss des Hellenismus das Verhältnis zwischen
eigener Erfahrung und traditioneller, optimistischer Weisheit. Autor war vmtl Schriftgelehrter, der
junge Jerusalemer Oberschichtsmänner unterrichtete. Ziel: Anleitung zum gelingenden Leben.
Ausgangspunkt: gesellschaftliche und wirtschaftliche Umbrüche durch den Hellenismus.
4 Theologie des Koheletbuchs
Charakteristisch ist der anthropologische Ausgangspunkt: Reflexionen über den Menschen führen
zu Reflexionen über Gott. Eigentliche Theologie ist Schöpfungstheologie. Heilsgeschichte wird
nicht erwähnt. Mensch und Welt erscheinen als letztlich nicht ergründbares, wohl aber sinnvoll
geordnetes Werk Gottes. Wird als ambivalent erlebt. Gottesbezeichnung durchgehend Elohim,
nicht Jhwh. Handeln Gottes ist für den Menschen unberechenbar, aber Gott handelt nicht
ungerecht. Das Problem ist die Ungerechtigkeit der Menschen.
Aus all diesen Gründen rät Koh zur Furcht Gottes und zum Genuss des Augenblicks.
Welt ist dem Tod geweiht, der eine absolute Grenze darstellt.
Glücksmomente erkennt Kohelet in der bewussten Wahrnehmung des Alltags.
5 Wirkungsgeschichte
Aufnahme Kohs in den Kanon war noch im 1./2. Jh.n.Chr. (!) umstritten. NT zitiert es nie.