Details zur Wassermühle

Wassermühle Werbelow
Landkreis Uckermark, Brandenburg
Lage und Geschichte der Getreidemühle
Die Wassermühle Werbelow befindet sich im
gleichnamigen Ort im nördlichen Bereich des
Landkreises
nach
Uckermark
Brietzig
am
Ortsausgang
(Mecklenburg-Vorpommern).
Das Betriebswasser erhielt die Mühle vom
Bach Beeke, der zwischen Nechlin und Nieden in die Ucker mündet.
Die Mühle wurde nach derzeitigem Wissen
erstmals im Jahr 1375 erwähnt und arbeitete
als Getreidemühle.
Das heutige Gebäude entstand um 1850 und
wurde vom Mühlenbesitzer Krüger ca. 1926
verklinkert. Ursprünglich gab es zwei Wasserräder, die durch eine Francis-Schachtturbine
mit liegender Welle ersetzt wurden.
Ursprünglich diente sie der Mehlherstellung,
später als Volkseigener Betrieb nur noch der
Herstellung von Futtermitteln.
Verlandeter und
zugewachsener
Mühlteich
Viele der ursprünglichen Maschinen und Anlagenteile wurden ca. 1981 demontiert. Der alte
Mühlteich ist mittlerweile verlandet und zur Mühle selbst fließt kein Wasser mehr.
Seit 2007 ist die Mühle im Eigentum von Bettina Husemann und Eberhard Neufink. Sie bemühen sich um den Erhalt und die Nutzung der denkmalgeschützten Mühle
Reste des ehemaligen Wehr- bzw.
Staubauwerks am
Mühlteich
Rundgang durch die Mühle
Der Rundgang beginnt auf dem Mahlboden und damit gleichzeitig an der Hauptwirkungsstätte des Müllers. Von hier aus wurde das Getreide als Rohware angenommen und zum Getreidespeicher aufgegeben, Mühlenprodukte, wie z. B. Mehl,
Schrot oder Kleie ausgeben, das Geschäftliche erledigt, die Mühle in Betrieb genommen
und die Arbeit der Zerkleinerungsmaschinen
eingestellt sowie kontrolliert.
Da von der eigentlichen Mühlentechnik fast
nur noch die Kraftübertragung und einige Behälter vorhanden sind, soll die Arbeit der Mühle auf dem Weg der Kraft erkundet werden.
Im Gegensatz zur Windmühle, in der die Kraft
von oben aus verteilt wird, findet sich die
„Quelle“ der Kraft bei einer Wassermühle in
der Regel im (Getriebe- bzw. Transmissions-)
Keller.
Die Mühle besitzt eine Francis-Schachtturbine
mit liegender Welle (Hersteller: F. Schichau –
Elbing (Ostpreußen), Abtlg. W. Tu., Typ III
V.H.S.K., Arb. No. 18211), die zum Antrieb
diente.
Waage auf dem Mahlboden
Transmissionskeller mit der
Haupttransmission
In der Zeit, als sie nur noch Futtermittel hergestellte, erfolgte ihre Außerbetriebnahme. Bis zu
diesem Zeitpunkt war die Haupttransmission über eine starre Scheibenkupplung mit der Turbinenwelle verbunden. Nach einem als irreparabel eingestuften Maschinenschaden wurde
leider, statt die Bolzen der Kupplung zu lösen, ein Stück aus der Turbinenwelle herausge-
schnitten und damit eine baldige Wiederinbetriebnahme der Wasserkraft sicher verhindert.
Die Wasserturbine ersetzte ein Wasserrad, dessen Holzwelle durch die Außenwand bis in
den Keller hineinreichte. Von der Radwelle gelangte die Kraft über ein mehrstufiges, möglicherweise gusseisernes, Vorgelege auf die Haupttransmission.
FrancisSchachtturbine
Typenschild am
Turbinendeckel
(kellerseitig)
Nach dem die Turbine außer Betrieb genommen worden war, erfolgte die Installation eines
Elektromotors (Hersteller: Elbtalwerk Heidenau EAG, Nr. 216368, Typ DK 862 Phas. 3, Dauernd 30 PS, 22 kW, 380 V, 46 A, cos ij 0,85, 730 U/min).
Durchtrennte
Verbindung
Turbinenwelle –
Transmission
Zugemauerte Durchführung für die
ehemalige Wasserradwelle
Lagerfundament mit Lagerplatte
eines Steinganges
An der Haupttransmission lässt sich die einstige Ausstattung der Mühle gut erkennen. Auf
zwei Lagerfundamenten sind deutlich sind die Lagerplatten zweier (Mühl-)Steingänge zu
erkennen, welche später durch Walzenstühle und Ausmahlmaschinen ersetzt wurden. In der
Decke zum Mahlboden sind die Löcher der Steinschrauben zu erkennen, die zum Ausrichten
des unteren fest liegenden Steins (Bodenstein) dienten. Während die beiden Mahlgänge
jeweils über ein gusseisernes Kegelgetriebe angetrieben wurden, erhielten die rechts
daneben angeordneten Walzenstühle ihre Antriebsenergie über Flachriementriebe von Riemenscheiben.
Von einer weiteren Riemenscheibe gelangt die Kraft bis unter das Dach auf den ehemaligen
Sichterboden.
Schüttgosse
Zuführung von der Schüttgosse zum
Annahmeelevator
Das angenommene Getreide gelangt von der Schüttgosse in den Annahmeelevator, welcher
das Getreide bis unter das Dach transportiert. Über dem Getreidesilo ist eine Förderschnecke angebracht, die das Getreide einer der vier Silozellen zuführt. Für die Entnahme des
Getreides aus der Förderschnecke muss an ihr einer der Schieber geöffnet werden.
Die Siloauslaufschnecke im Transmissionskeller bringt das Getreide zurück zum Annahmeelevator. Er befördert es nach dem Verstellen einer Rohrweiche (Klappkasten) zur Getreide-
reinigung. Es ist jedoch nicht möglich, gleichzeitig Getreide anzunehmen und dem Silo zu
entnehmen.
Kopf des Annahmeelevators
Oberer Teil des Getreidesilos
Siloaustragschnecke
Zurück auf dem Mahlboden – von den
Maschinen, die die Hauptarbeit der Mühle,
die Zerkleinerung, leisteten, sind nur noch
die Spuren auf dem Fußboden zu sehen.
Wie bereits beschrieben, arbeiteten hier zwei
Mahlgänge und daneben ein doppelter und
ein einfacher Walzenstuhl. Das Ergebnis der
in den Walzenstühlen erfolgten Zerkleinerung
wird über Elevatoren (Becherwerke) ganz
nach Oben transportiert und auf den Sichterboden in einer Siebmaschine ausgesiebt.
Die entstandenen Produkte werden als
Schrot, Grieß, Dunst und Mehl bezeichnet.
Schrot, Grieß und Dunst werden nach dem
Sichter automatisch der weiteren Ausmahlung
zugeführt und sammeln sich zu diesem Zweck
in speziell konstruierten Vorratsbehältern,
welche über den Stühlen und Gängen angeordnet waren. Da in mehreren Schritten zerkleinert wird, muss in den Behältern entweder
Ausmahlmaschine auf dem Mahlboden (1993)
durch Trennwände oder schichtweise Zuführung dafür gesorgt werden, dass die nacheinander entstehenden Fraktionen sich nicht untereinander mischen. Auf den Stühlen erfolgten ca. 5 bis 7 Schrotungen. Grieß und Dunst
wurden in 10 bis 15 Durchgängen (Passagen) auf den Gängen. Ausmahlmaschinen ersetzten sie später.
Behälterausläufe,
darunter befanden
sich Zerkleinerungsmaschinen
Bevor der Weg des ausgesiebten Mehls
weiter verfolgt wird, noch zwei Dinge zur
wasserseitigen Giebelwand. Von hier aus ließ
sich durch ein Handrad der Öffnungswinkel
der Leitschaufeln der Turbine verändern.
Somit konnte bei unterschiedlichem Kraftbedarf die Leistung der Mühle bzw. die optimale
Drehzahl eingestellt und durch Schließen des
Leitapparats die Mühle außer Betrieb genommen werden.
Ein Blick hinter der neben der Turbinenregelung gelegenen Tür gibt ein ganz anderes
Verständnis vom Begriff Wasser-Klosett.
Der Kraft folgend geht der Weg des Besuchs
der Mühle bis unter das Dach auf den Sichterboden.
Auf dem Sichterboden fällt zunächst die große
Freifläche auf. Sie diente als Lager für gesacktes Getreide. Die gefüllten Säcke wurden
über eine von der Transmission angetriebe-
Gestänge zur Klappenregulierung an der Turbine
nen Seilwinde am Gebäude außen heraufgezogen. Die Ansteuerung der Winde erfolgte von der Tür über einen Seilzug, durch welchen
der Antriebsriemen der Winde gespannt wurde. Das Lastenseil lief von der Winde über eine
Umlenkrolle über eine nicht mehr vorhandene Gaube nach außen.
Sicherboden
Einlaufbereich
von der Schüttgosse zur Förderschnecke
Das eingelagerte Getreide ließ sich auf kurzem Wege der Vermahlung bzw. dem Silo zuführen, in dem es in die Schüttgosse im Bereich der Sacklagerfläche gegeben wurde. Unter
dem Boden verläuft eine Förderschnecke, die das Getreide bis zum Annahmeelevator transportiert. Am Kopf des Annahmeelevators lässt sich durch Betätigen eines Klappkastens und
Verstellen der verschiedenen Schieber über dem Silo bestimmen, wohin das angenommene
Getreide gelangen soll. Nach links in die Siloeintragschnecke geleitet, gerät es in eine der
Silozellen, durch den rechten Auslauf nach unten in die nicht mehr vorhandene Reinigung.
Aufhängepunkte
eines Plansichters
Namensgebend für diesen Boden ist eine Maschine, von der die Spuren ihrer Aufhängung in
der Dachkonstruktion noch zu sehen sind. Es handelte sich hier um einen Plansichter, der
das auf dem Mahlboden zerkleinerte und mittels Elevator nach oben transportierte Getreide
aussiebt (sichtet). Der Sichter besteht aus mehreren Stapeln verschieden feiner Siebe, die in
einem Joch aus Holz oder Eisen sicher verspannt sind. Dieses Joch, freischwingend aufgehängt an Peddigrohrstäben, führt bedingt durch ein rotierendes Schwunggewicht eine horizontal kreisende Bewegung aus. Hierbei bewegen sich ca. 1,5 t Masse rund 250 mal pro
Minute im Kreis. Im Innern separierten die einzelnen Siebe das Mahlgut in die Produkte
Schrot, Grieß, Dunst und Mehl. Über kurze Stoffschläuche, die die Verbindung zwischen der
kreisenden Maschine und den Auslaufkästen am Boden herstellen, gelangen die einzelnen
Fraktionen auf den Weg zur weiteren Verarbeitung.
Die entsprechende Verteilung erfolgte einen
Boden tiefer, dem Rohrboden. Erwähnenswert
sind noch zwei weitere Details: Zum einen
diese Wanddurchführung an der Hofseite. An
dieser Stelle führte das Ende einer Vorgelegewelle nach Außen, an der eine Seilscheibe
montiert war. Schaut man parallel zur Mühlenwand in Richtung Stall, so ist eine zugemauerte Öffnung im Drempel zu erkennen.
Dahinter befand sich die Gegenscheibe, über
welche die Wasserkraft im Stall zum Häckseln
von Stroh und vermutlich auch zum Dreschen
genutzt wurde. Solche Seiltriebe, im Außenbereich meist mit Stahlseilen betrieben, waren
weit verbreitet, um Kraft über lange Strecken
zu transportieren.
Siebe aus den Plansichtern
Als Zweites ist fällt die ungewöhnliche Häufung von Aufzugswinden auf. Die obere Winde
diente dem Sacktransport außerhalb des Gebäudes, die zweite Winde wurde vermutlich erst
sehr viel später zusammen mit dem Bremsfahrstuhl eingebaut. Die Art und Qualität der Ausführung lässt den Schluss zu, das der Einbau nach 1945 erfolgte. Aufgrund fehlender Sicherungseinrichtungen und den zahlreichen teils tödlichen Unfällen mit diesen Lastenaufzügen
sind diese seit über 50 Jahren verboten. Natürlich hielt sich lange Zeit niemand daran - bis
etwas passierte.
Fußbodenöffnungen,
darüber befanden
sich Sichterauslasskästen
Rohrboden
Auf dem Rohrboden ist eine weitere Lagerfläche für gesackte Ware zu finden. Hier lagerten
bis zur Auslieferung die fertig verwogenen Kundenpartien. Vom Sackboden wurde die Ware
mittels Sackkarre bis kurz vor die Luke gebracht und anschließend zur Verladung auf einen
Wagen auf eine nach außen führende Sackrutsche gegeben. Unterhalb des Sichters sind
noch Teile des Rohrbaus zu erkennen. Eine Mehlsammelschnecke transportierte permanent
das anfallende Mehl in die Mischmaschine. Über diverse Klappkästen wurde jede Fraktion
ihrer weiteren Verarbeitung, also dem entsprechenden Behälter über Stuhl oder Gang zugeführt. Auch die nach dem Mahlen anfallende Kleie wurde hier unterhalb des Sichters abgesackt. Als Zeugnis für die letzte Nutzung der Mühle als Mischfutterwerk ist die Ansammlung
der verschiedenen Mischmaschinen auf diesem Boden zu sehen. Sogar ein Rezept, welches
dem Müller das genaue Mischungsverhältnis
der einzelnen Zutaten angab, war hier noch
zu finden. Die vier Kammern der nachträglich
installierten liegenden
Mischmaschine sollen exemplarisch als begehbarer Raum in die zukünftige Nutzung mit
einbezogen werden.
Die stehende Mischmaschine besteht aus
einem zylindrischen hölzernen Mantel, innen
dreht sich genau in der Mitte der Maschine
eine senkrechte Schnecke (archimedische
Schraube). Sie hat unten einen kleineren
Durchmesser als oben und hebt das eingefüllte Mehl in der Mitte an, oben bildet sich ein
Kegel und das Mehl rutscht an der glatten
Holzaußenwand wieder langsam nach unten.
Um die Mischwirkung zu verbessern, wird
immer abwechselnd ein helles und ein dunkles Mehl aufgeschüttet.
Aufzugswinde des Bremsfahrstuhls (o.), Stehende Mischmaschinen (u.)
Nach 30 bis 40 Minuten ist das Mehl fertig gemischt und kann nun auf dem Transmissionsboden abgesackt und verwogen werden.
Liegende Mischmaschinen bestehen aus einem Behälter, dem Mischwerk, dem Mehlelevator
und einer Verteilerschnecke über dem Behälter. Das Mischwerk gibt es in verschiedenartiger
Ausführung als Austragwalzen, Kippwalzen/Kippbalken oder Mischpaddeln/Mischhaspeln.
Diese Mischwerkzeuge geben das Mehl in eine im unteren Bereich der Maschine
angeordnete Sammelschnecke. Diese fördert das Mehl zum Mehlelevator, der es von oben
wieder in den Behälter befördert. Für eine gleichmäßige Durchmischung sollte das Mehl zwei
Mal umlaufen.
Behälterboden
Markant sind auf diesem Boden die großen Holzbehälter, welche über den Zerkleinerungsmaschinen angeordnet sind/waren. Diese Behälter sind in zwei oder mehrere Abteile unterteilt, in welchen sich die von der Siebmaschine getrennten Fraktionen bis zur weiteren Verarbeitung ansammelten. Sehr mühlentypisch ist die möglichst optimale Raumausnutzung,
wie diese Kammer hinter dem Schrotbehälter zeigt. Der Verschlag macht den Raum zwischen Außenwand und Behälter als staubfreien Aufbewahrungsort für Verbrauchs- und Reparaturmaterialien und Werkzeug nutzbar. Als Fragment der Reinigung ist der Druckfilter
verblieben. Über die hölzerne Druckleitung blies ein in die Schälmaschine integrierter Lüfter
die beim Schälen anfallende Kleie in den oberen Filterkasten. Durch die feinen Maschen des
Filterstoffs konnte die Druckluft entweichen, während die Kleieteilchen in den Unterkasten
des Filters fielen und dort direkt abgesackt werden konnten. Ähnliche Druckfilter gehören zu
Aspirateuren und Bürstmaschinen, von denen auch feine Stäube mittels Lüfter abgesaugt
werden.