Zeitnot bekamen wir auf dem Weg zur Gersbacher Mühle, unterschätzt hatten wir die Entfernung, die Serpentinen, die Höhe mit atemberaubenden Blicken auf die Schweizer Alpen und das Versagen des Navis. Eine Mühle gibt es nicht mehr, dafür aber einen pfiffigen Gastgeber, der in 800 m Höhe 22 sein eigenes Refugium aufgebaut hat, in einem Bergdorf mit 700 Seelen und ohne Netz. Einsamkeit. Ruhe - aber nur solange, wie die Glockenklänge der anliegenden Kirche zum Gebet rufen, ein Motorradschrauber seine Runde dreht, oder der Rasendrescher die Wiesen fegt. Zeitlos aufgehoben fühlen wir uns im Gartenambiente und genießen ein Stück Schwarzwälder, die aus gebratenem Speck, Rote Beete-, Meerrettich-Frischkäse und Zichorienbrot besteht. Erstaunen unsererseits. Wenn wir auch in einem zertifizierten Natur- parkhotel saßen, so zählt sich Martin Buchleither noch lange nicht zu den grünen Wirten, dafür ist er viel zu umtriebig und schraubt ständig an neuen kreativen Ideen herum. So hat er kürzlich für die vordere Winterterrasse Pflastersteine aus dem abgerissenen Stuttgarter Bahnhof gekauft, vertreibt erfolgreich Schnaps-Pfiflis, baut Altes Gefundenes zu neuen Funktionen um, wie z.B. die Harke an der Theke, die als Glashalter dient. Es gibt eine Männertoilette für Trennbares und eine Musikbox, die noch Rita Pavone kennt: Mit 17 hat man noch Träume... Auch die Zimmer fallen aus dem Rahmen, wo selbst die Rahmen keine Inhalte haben. Kuschelzimmer mit Whirlpool, Bäder aus Naturstein, gefühlvoll individuell eingerichtet mit originellen Namen. Im Garten romantische Moonlight-Farbspielleuchten. Die Speisekarte, ebenfalls ausgefallen durch Wortspielereien, wie: Zum Löffeln, fast ohne Gräten (Fisch), garantiert ohne Gräten (Fleisch), aus dem Stall, von der Weide, Grünzeug, wildes Durcheinander, Band-Nudeln oder Wurstsalat nackig, aber auch durch Gerichte wie Kuttelsuppe und Oxenbacken für Feinschmecker. Egal wo man hinschaut die Witzigkeit des Wirts kommt überall durch. In der Küche steht Sohn Dominik, gelernt bei Sterneköchen, perfektionistisch ambitioniert, an seiner Seite Schwester Julia, ebenfalls gelernt in Sternerestaurants, wobei sie sich auf die Weinberatung konzentriert. Leider können wir nicht zum Abendessen bleiben, der Weg ins Tal und nach Freiburg ist lang. Die Mühle, von den Eltern geerbt an den Kindern weitergegeben, war im Mahlbetrieb von 1758 bis 1919, danach elterliches Café mit Pension, seit 1985 Übernahme von Renate und Martin, seit 1996 zum Landhotel umgebaut und nun auf dem Weg zu den Sternen, durch die Kinder. Garantiert! Respekt! Alles richtig gemacht. Ausgezeichnet durch: Guide Michelin, Varta Führer, Schlummer & Schlemmer Atlas, Gusto und Gault Millau. Weitere Info unter: www.muehle.de Text und Fotos © Hessel-Kommunikation 23
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