Schlüsselkompetenzen der Erzieherin_2016

Schlüsselkompetenzen der Erzieherin
(entnommen aus der Ausbildungskonzeption der Fachakademie für Sozialpädagogik Aschaffenburg)
Mit
den
im
Folgenden
angeführten
Schlüsselkompetenzen
sollen
die
fachlichen
Anforderungen an das Berufsbild der ErzieherIn beschrieben werden. Sie verdeutlichen die
Professionalität im beruflichen Handeln der ErzieherIn und sind daher gleichzeitig für das
Studium an der Fachakademie die wichtigsten Ausbildungsziele.
Unabhängig von diesen in der Ausbildung zu erwerbenden Schlüsselkompetenzen muss
eine Erzieherin jedoch bereits zu Beginn ihrer Ausbildung grundlegende persönliche
Fähigkeiten in folgenden Bereichen mitbringen:
Zuverlässigkeit in der Übernahme von Aufgaben und in der Einhaltung von Absprachen,
Belastbarkeit im Umgang mit Gruppen und mit schwierigen Kindern und Jugendlichen,
sowie in schwierigen Situationen,
Selbständigkeit und Engagement in der Wahrnehmung der Aufgaben.
Diese Persönlichkeitseigenschaften sind einerseits Voraussetzungen für die pädagogische
Arbeit, andererseits werden sie im Laufe der Ausbildung weiter entwickelt. Insofern sind sie
die Grundlage für das Erreichen der folgenden Schlüsselkompetenzen:
1. Fähigkeit Fachwissen in berufliches Handeln umzusetzen
2. Fähigkeit zur differenzierten Wahrnehmung
3. Fähigkeit zur Reflexion
4. Fähigkeit zum wertebewussten pädagogischen Handeln
5. Fähigkeit eigene Lernprozesse zu organisieren und Kinder und Jugendliche in ihren
Lernprozessen zu unterstützen
6. Fähigkeit zur professionellen Kommunikation
7. Fähigkeit im pädagogischen Team sowie mit anderen Partnern im Erziehungsprozess
zusammen zu arbeiten.
In der folgenden genaueren Beschreibung der einzelnen Kompetenzen ist stets die
Prozesshaftigkeit bewusst zu halten. Das heißt, dass sehr hohe Anforderungen ausgedrückt
sind, denen die Erzieherin nicht nur mit der Ausbildung, sondern auch mit zunehmender
Berufserfahrung immer besser gerecht werden kann.
© entnommen aus der Ausbildungskonzeption der Fachakademie für Sozialpädagogik Aschaffenburg
1. Fähigkeit Fachwissen in berufliches Handeln umzusetzen
Professionelles
pädagogisches
Handeln
erfolgt
vor
dem
Hintergrund
spezifischer
theoretischer wissenschaftlicher Erkenntnisse. Grundlage hierfür ist eine Unterscheidung von
Alltagstheorie und wissenschaftlicher Theorie, von der aus sozialpädagogische Situationen
analysiert werden, um ein geplantes methodisches Handeln zu konzipieren und zu
realisieren.
Erzieherinnen verfügen somit über die Fähigkeit, sich mit Theorien, die im
erzieherischen Kontext relevant sind, auseinanderzusetzen. Theorie wird hierbei als
Grundlage und Orientierungshilfe für eine umfassende Wahrnehmung und Erklärung
von pädagogischen Handlungssituationen verstanden.
Erzieherinnen gelingt es durch die Nutzung und Anwendung von unterschiedlichem
fachtheoretischem Wissen, das die Anwendung von bestimmten Techniken oder
Materialien einschließt, den vielfältigen Anforderungen in ihrem Beruf gerecht zu
werden und angemessene pädagogische Handlungsweisen zu entwickeln.
Erzieherinnen sind sich in einer medial geprägten Gesellschaft der pädagogischen
Bedeutung und Wirkungsweise verschiedener Medien bewusst und sie sind in der
Lage unterschiedliche Medien theoretisch begründet einzusetzen.
Durch
die Bereitschaft,
sich mit
den jeweiligen gesellschaftlich bedingten
theoretischen Strömungen in vielfältiger Weise kritisch auseinanderzusetzen, diese
zu hinterfragen und gegebenenfalls in das pädagogische Handeln zu übernehmen,
wird es Erzieherinnen möglich, auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren und
diesen gerecht zu werden.
2. Fähigkeit zur differenzierten Wahrnehmung
Wahrnehmung mit allen Sinnen ist ein komplexes, subjektives und damit individuelles
Geschehen. Hierbei kann zwischen sozialer Wahrnehmung und ästhetischer Wahrnehmung
unterschieden werden. Die soziale Wahrnehmung bezieht sich sowohl auf andere
(Fremdwahrnehmung), als auch auf sich selbst (Selbstwahrnehmung) in sozialen
Situationen.
© entnommen aus der Ausbildungskonzeption der Fachakademie für Sozialpädagogik Aschaffenburg

Die ErzieherIn kann sich selbst mit ihren eigenen Gefühlen, Einstellungen und
Werthaltungen in Beziehung zu anderen bewusst wahrnehmen und einschätzen.

Die ErzieherIn ist in der Lage, soziale Situationen differenziert und umfassend
wahrzunehmen und dabei Motive und Beziehungsstrukturen der Beteiligten zu
reflektieren.

Die ErzieherIn ist fähig gezielte Verhaltensbeobachtungen durchzuführen und
Datensammlungen anzufertigen und sie als Grundlage methodischen Handelns für
die Erziehungs- und Bildungsarbeit für den Einzelnen wie für die Gruppe zu nutzen.
Die ästhetische Wahrnehmung ist die Wahrnehmung der dinglichen Umwelt. Sie ist ein
aktiver Vorgang und bezieht alle Sinne ein. Die Wahrnehmungsfähigkeit hängt dabei von der
Wahrnehmungseinstellung und dem Wahrnehmungsbewusstsein ab. In diesem Sinne muss
die Erzieherin auch im Bereich der ästhetischen Wahrnehmung (sinnlich-dingliche
Wahrnehmung) besondere Kompetenzen aufweisen.

Die ErzieherIn ist sich der Bedeutung der aktiven Wahrnehmung mit allen Sinnen für
das Erleben von Welt sowohl für Kinder als auch für Jugendliche und Erwachsene
bewusst.

Die ErzieherIn kann selbst differenziert und sensibel wahrnehmen und betrachtet die
Wahrnehmung als wesentlichen Teil ihrer Erlebnisfähigkeit.

Die ErzieherIn ist in der Lage die Wahrnehmungsbereiche mit Kindern und
Jugendlichen zu entdecken und die Wahrnehmungsfreude und die damit verbundene
Wahrnehmungsfähigkeit bei Kindern und Jugendlichen zu fördern.
3. Fähigkeit zur Reflexion
Von ErzieherInnen wird gefordert, dass sie pädagogische Handlungsprozesse gestalten.
Sozialpädagogische Arbeitsfelder bieten dafür einen breiten Raum in komplexen Systemen.
Zur Bewältigung dieser sich ständig verändernden Anforderungen ist kontinuierliche
Überprüfung notwendig. Die Erzieherin ist in der Lage diesen Prozess durch Reflexion als
prüfendes und vergleichendes Nachdenken auf drei Ebenen zu vollziehen:
© entnommen aus der Ausbildungskonzeption der Fachakademie für Sozialpädagogik Aschaffenburg

der Ebene der persönlichen Erlebens und Handelns

der Ebene des sozialen und institutionellen Zusammenhangs

der Ebene der Erziehung und Bildungsinhalte.
Daher kommt im Kontext der Schlüsselkompetenzen der Fähigkeit zur Reflexion eine
tragende Bedeutung zu.
4. Fähigkeit zum wertebewussten pädagogischen Handeln
Die ErzieherIn hat in ihrem beruflichen Handeln einen großen Einfluss auf die Entwicklung
von Kindern und Jugendlichen. Mit den Erwartungen, die sie an sie richtet und mit den
Grenzen, die sie ihnen setzt, stellt sie wesentliche Werte und Normen für die
Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen auf. Mit ihrem Verhalten ist sie ein
Modell, an dem sich die Mitglieder ihrer Gruppe langfristig orientieren. Die ErzieherIn ist sich
dieser hohen Verantwortung bewusst und entwickelt für ihr berufliches Selbstverständnis
einen „pädagogischen Ethos“. Dies heißt im einzelnen:

Die ErzieherIn ist sich ihrer eigenen Werte und Normen und deren Einfluss auf ihr
pädagogisches Handeln bewusst.

Die ErzieherIn ist willens und in der Lage ihr berufliches Handeln der ethischen
Reflektion zu unterziehen.

Sie zeigt gegenüber Kindern, Jugendlichen und Eltern hohe Wertschätzung und
begegnet ihnen mit Respekt und Höflichkeit.

Sie distanziert sich von Vorurteilen und begegnet allen Kindern, Jugendlichen und
Eltern unvoreingenommen und offen.

Sie ist gegenüber einer religiösen Deutung von Werten offen. Sie ist in der Lage
Kindern und Jugendlichen ethische / religiöse Werte unserer Kultur zu vermitteln.
Damit gehen die Anforderungen an das berufliche Handeln der ErzieherIn weit über die
Anforderungen eines gesellschaftlich akzeptierten Alltagsverhaltens hinaus. Es muss dem
Wertebewusstsein und dem Menschenbild unserer Kultur und Gesellschaft entsprechen und
vor diesem Hintergrund begründbar sein.
© entnommen aus der Ausbildungskonzeption der Fachakademie für Sozialpädagogik Aschaffenburg
5. Fähigkeit eigene Lernprozesse zu organisieren und Kinder und Jugendliche
in ihren Lernprozessen zu unterstützen
Erzieherinnen handeln in beruflichen Feldern, die im Wesentlichen offen gestaltet sind und
von den Erzieherinnen die Bereitschaft für „lebenslanges Lernen“ abverlangen. Auch vor
dem Hintergrund einer „globalisierten Wissensgesellschaft“ in die Kinder und Jugendliche
hineinwachsen, steht das berufliche Handeln von Erzieherinnen täglich mit Lernen im
Zusammenhang.

Erzieherinnen wissen um ihr eigenes Lernverhalten und reflektieren dies im Umgang
mit den verschiedenen Ziel- und Lerngruppen.

Erzieherinnen beziehen aktuelle Erkenntnisse über Inhalte und Methoden des
Lernens in ihre pädagogische Arbeit ein. Ausgehend von der jeweiligen Situation der
Zielgruppe können Sie unterschiedliche Lernarrangements gestalten.

Erzieherinnen begreifen kindliche Neugierde und Offenheit als zentrale Grundhaltung
menschlichen Lernens. Sie unterstützen diese Grundhaltungen und die damit
verbundenen Selbstbildungsprozesse im pädagogischen Alltag. Darüber hinaus
können sie Prozesse anleiten, die Kindern und Jugendlichen helfen Lernen zu lernen.
6. Fähigkeit zur professionellen Kommunikation
Pädagogisches Handeln ist soziale Kommunikation und Interaktion in vielfältigen Bereichen
des erzieherischen Alltags, sowohl in der Begegnung mit Kindernund mit Eltern als auch im
Team oder in der Öffentlichkeit. Insofern verfügt eine Erzieherin über eine kommunikative
Kompetenz, die es ihr ermöglicht

das
eigene
kommunikative
Verhalten
mit
Hilfe
von
theoretischen
Kommunikationsmodellen zu reflektieren,

Alltagskommunikation von professioneller Kommunikation zu unterscheiden und
abzugrenzen und damit der Kontextbezogenheit von Kommunikation gerecht zu
werden,

erzieherisch wirkungsvolle Beziehungen zu gestalten, die von Empathie und der
Balance von Nähe und Distanz gekennzeichnet sind,

vielfältige berufliche Kommunikationsanlässe zu gestalten, zu moderieren und auf
ihre Wirksamkeit hin zu reflektieren,
© entnommen aus der Ausbildungskonzeption der Fachakademie für Sozialpädagogik Aschaffenburg

die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Kommunikation durch den Einsatz
professioneller Gesprächstechniken zu erhöhen,

Sprache und nichtsprachliche Kommunikationsformen bewusst zur Gestaltung
erzieherischer Wirklichkeit einzusetzen,

möglichen Kommunikationsstörungen vorzubeugen bzw. diese aktiv und
lösungsorientiert anzugehen,

ein kommunikatives Vorbild darzustellen.
7. Fähigkeit im pädagogischen Team sowie mit anderen Partnern im
Erziehungsprozess zusammen zu arbeiten.
Sozialpädagogische
Arbeit
heißt
grundsätzlich
auch
Zusammenarbeit
in
einem
pädagogischen Team. Die Qualität der Teamarbeit hat einen direkten Einfluss auf die
Qualität der pädagogischen Arbeit mit der Zielgruppe.
ErzieherInnen sind in der Lage

die pädagogische Arbeit gemeinsam mit den Teammitgliedern zu planen und dabei
eigene Sichtweisen der gemeinsamen Konzeption ein- und unterzuordnen,

besondere Situationen oder Probleme bezüglich der Zielgruppe oder einzelner
Mitglieder der Zielgruppe im Sinne einer kollegialen Beratung im Team zu analysieren
und zu bearbeiten,

Auswirkungen und Ergebnisse der pädagogischen Arbeit sowie das eigene
Erziehungsverhalten im Team zu reflektieren,

sachliche Kritik zu geben und anzunehmen und dabei Sach- und Beziehungsebene
zu unterscheiden,
Konflikte als wesentliche Elemente der Zusammenarbeit zu erkennen, sich diesen zu stellen
und gemeinsam mit den Teammitgliedern eine Lösung zu suchen. Andere Partner im
Erziehungsprozess sind vor allem Eltern, Lehrkräfte sowie andere Fachdienste. Aufbauend
auf einem differenzierten Konzept ihrer eigenen Berufsrolle sind ErzieherInnen in der Lage

mit den Eltern als Erziehungspartner eine kontinuierliche Kommunikation und
Kooperation aufzubauen,

für besondere Aufgaben und Problemstellungen sowohl von innen als auch von
außen Kooperationspartner zu gewinnen,

in der Zusammenarbeit mit internen und externen Partnern ihre Kompetenz als
Erzieherin in selbstbewusster Weise einzubringen und zu vertreten.
© entnommen aus der Ausbildungskonzeption der Fachakademie für Sozialpädagogik Aschaffenburg