19. Juni 2015 MINI-ICF-APP RATING für Aktivitäts

Kongress des Fachverband Sucht e.V.
17. - 19. Juni 2015
MINI-ICF-APP RATING
für Aktivitäts- und Partizipationsstörungen
bei Suchtkranken
Prä-Post Messung
Nutzen der ICF-Diagnostik in der Suchthilfe
 „Gemeinsame
Sprache“: Einheitliche, träger- und
berufsgruppenübergreifende Begrifflichkeiten ermöglichen ein gut
abgestimmtes Handeln zwischen Disziplinen, Institutionen und
Versorgungsbereichen
 Gerade im Suchtbereich sind Beeinträchtigungen besonders ausgeprägt :
Suchtkranke erreichen aufgrund besserer medizinischer und
psychosozialer Betreuung inzwischen ein höheres Lebensalter, leiden
jedoch häufig an zusätzlichen Erkrankungen
 Ermöglicht die Erfassung und Objektivierung des konkreten
Hilfebedarfs und erleichtert die Hilfe-Planung
 Eignet sich zur Zustandsdiagnostik sowie zur Kontrolle des Betreuungs-
und Behandlungsverlaufs (Prä-Post-Messung) sowie zum allgemeinen
Datenvergleich zwischen Gesundheitsbereichen
Der Mini-ICF-APP (Baron, Linden, Muschalla, 2009)
 Fremdbeurteilungsinstrument (Ratingverfahren) mit 13 Items zur
Beschreibung und Quantifizierung von Aktivitäts- und
Partizipationsstörungen – Lebensweltliche Funktionsfähigkeit
 Skalenniveau 0 (keine Beeinträchtigung) – 4 (vollständige
Beeinträchtigung)
 Beurteilt werden können Patientinnen und Patienten mit psychischen
Störungen aller Art: Suchtspezifisch einsetzbar
 Ermöglicht die (einfache) Erfassung des Hilfebedarfs in wesentlichen
Bereichen
 Seit März: Vereinsweite Einführung
Die 13 Rating-Dimensionen des Mini-ICF-APP
1. Fähigkeit zur Anpassung an Regeln und Routinen
Regeln, Termineinhaltung, Pünktlichkeit, Routinefähigkeit in
Organisationsabläufen
2. Fähigkeit zur Planung und Strukturierung von Aufgaben
Planung und zeitliche/inhaltliche Strukturierung bei der Arbeit,
Haushaltsführung oder Freizeit
3. Flexibilität und Umstellungsfähigkeit
Anpassung an wechselnde Situationen in unterschiedlichen
Lebensbereichen
4. Fachliche Kompetenz
Fähigkeit, Fach- und Lebenswissen gemäß den situativen
Rollenerwartungen einzusetzen
Die 13 Rating-Dimensionen des Mini-ICF-APP
5. Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit
Kontextbezogen Entscheidungen fällen, Urteile abgeben, Konsequenzen
verantworten
6. Durchhaltefähigkeit
Bei einer Tätigkeit ausdauernd ein durchgehendes Leistungsniveau
aufrechterhalten
7. Selbstbehauptungsfähigkeit
Auch in Konfliktsituationen für Überzeugungen einstehen ohne soziale
Normen zu verletzen
8. Kontaktfähigkeit zu Dritten
Kommunikationsfähigkeit und Wertschätzung gegenüber Nachbarn,
Kollegen oder in gesellschaftlichen Institutionen
9. Gruppenfähigkeit
In Gruppen sozial adäquates Verhalten zeigen, Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben
Die 13 Rating-Dimensionen des Mini-ICF-APP
10. Fähigkeit zu familiären bzw. intimen Beziehungen
Fähigkeit, vertrauensvolle Beziehungen aufrechtzuhalten,
emotionale Kompetenz
11. Fähigkeit zu Spontan-Aktivitäten
In Freizeit und Alltagsleben: Gestaltung von Freizeitaktivitäten,
Einkäufen, Kultur
12. Fähigkeit zur Selbstpflege
Waschen, Pflegen, Anziehen, gesunde Ernährung
13. Verkehrsfähigkeit
Mobilität, Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln
Stichprobe WWH (N=156)
Das Wolfgang-Winckler-Haus mit Entgiftungsstation und Übergangseinrichtung
ist ein Angebot für suchtmittelabhängige Frauen und Männer, die sich für erste
Schritte aus dem Drogenmilieu entschieden haben.
Durchschnittsalter: 35,8
Geschlecht: W (19,2%) M (80,8%)
Hauptsubstanzen:
Opioide: 61,5%
Kokain: 10,3%
Cannabis: 13,5%
Multipler Substanzgebrauch: 8,3%
Alkohol: 6,4%
Arbeit in 2013: 23,7%
Beeinträchtigungen im WWH
Mini-ICF Durchschnittswerte
Familiäre und intime Beziehungen
1,9
Flexibilität und…
1,9
Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit
1,9
Durchhaltefähigkeit
1,8
Spontan-Aktivitäten
1,8
Strukturierung von Aufgaben
1,7
Selbstbehauptungsfähigkeit
1,7
Anwendung fachlicher Kompetenzen
1,6
Kontaktfähigkeit zu Dritten
1,5
Gruppenfähigkeit
1,5
Selbstpflege
0=keine
1=leichte
2=mittelgradige
3=schwere
4= vollständige
1,4
Anpassung an Regeln und Routinen
1,3
Verkehrsfähigkeit
0,7
0
0,2 0,4 0,6 0,8
1
1,2
1,4
1,6 1,8
2
Vergleich mit einer Testgruppe, bestehend aus Patientinnen und
Patienten der Depressionsabteilung des Reha-Zentrums Seehof der DRV
(N=213)
0,7
Familiäre und intime Beziehungen
1,9
1,6
Flexibilität
1,1
Durchhaltefähigkeit
1,8
1,0
Spontan-Aktivitäten
1,8
1,1
Strukturierung von Aufgaben
1,7
1,0
Selbstbehauptungsfähigkeit
1,7
0,7
Fachliche Kompetenzen
0,2
Selbstpflege
0,4
Verkehrsfähigkeit
0
1,5
1,4
0,5
Anpassung an Regeln und Routinen
WWH (N=156)
1,5
0,8
Gruppenfähigkeit
Vergleichsgruppe (N=213)
1,6
0,9
Kontaktfähigkeit zu Dritten
1,9
0,5
1,3
0,7
1
1,5
2
ICF AT 50-Psych:
Die 6 identifizierten Faktoren des ICF AT-50 Psych lauten:
Faktor 1: Anforderungen erfüllen
Faktor 2: Soziale Beziehungen und Aktivitäten
Faktor 3: Verbale Kompetenz
Faktor 4: Fitness und Wohlbefinden
Faktor 5: Nähe in Beziehungen
Faktor 6: Soziale Rücksichtnahme
Fremd vs. Selbstrating im WWH
2,50
2,00
1,7
1,50
1,00
0,50
0,00
1,0
1,9
1,5
1,7
1,5
1,2
1,2
0,9
0,6
1,4
1,0
Selbstrating
Fremdrating
Vergleich Hauptsubstanzen
Anpassung an Regeln und Routinen
Strukturierung von Aufgaben
Flexibilität und Umstellungsfähigkeit
Anwendung fachlicher Kompetenzen
Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit
Durchhaltefähigkeit
Cannabis N=21
Selbstbehauptungsfähigkeit
Opioide N=96
Kontaktfähigkeit zu Dritten
Kokain N=16
Gruppenfähigkeit
Familiäre und intime Beziehungen
Spontan-Aktivitäten
Selbstpflege
Verkehrsfähigkeit
0
0,5
1
1,5
2
2,5
Berufstätigkeit in 2013
Anpassung an Regeln und Routinen
1,4
1,1
Planung und Strukturierung von…
1,78
1,6
Flexibilität und Umstellungsfähigkeit
1,89
1,7
Anwendung fachlicher Kompetenzen
1,67
1,2
Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit
1,97
1,6
Durchhaltefähigkeit
1,5
Selbstbehauptungsfähigkeit
1,5
Kontaktfähigkeit zu Dritten
1,4
1,82
1,7
Nicht berufstätig in 2013
Berufstätig in 2013
1,57
1,54
1,6
Gruppenfähigkeit
Familiäre und intime Beziehungen
1,8
Spontan-Aktivitäten
1,5
Selbstpflege
1,2
Verkehrsfähigkeit
0,4
0
0,5
1,97
1,9
1,47
0,77
1
1,5
2
2,5
Klientel des Betreuten Einzelwohnens
Durchschnittsalter: 56,4
Geschlecht: W (28,6%); M (71,4%)
Hauptsubstanzen:
Alkohol: 81,82%
Opioide: 18,18
Lebensunterhalt:
SGB XII: 54,54 %
SGB II: 18,18
Rente: 27,28%
Verlaufsmessung Betreutes Wohnen für Menschen
mit alkoholbedingten Folgeerkrankungen (N=22)
1,5
1,5
Anpassung an Regeln und Routinen
2,1
2,1
Planung u. Strukturierung von Aufgaben
2,3
2,4
Flexibilität und Umstellungsfähigkeit
2,2
2,3
Anwendung fachlicher Kompetenzen
2,4
2,5
Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit
Durchhaltefähigkeit
2,0
1,7
t2
2,3
2,4
Selbstbehauptungsfähigkeit
1,9
Kontaktfähigkeit zu Dritten
2,1
2,3
Gruppenfähigkeit
2,1
Familiäre und intime Beziehungen
t1
2,6
2,4
2,1
2,2
Spontan-Aktivitäten
1,8
1,9
Selbstpflege
1,6
1,6
Verkehrsfähigkeit
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
Verlaufsmessung Betreutes Wohnen für Menschen mit
alkoholbedingten Folgeerkrankungen (N=22)
Ergebnisse:
 Das Fähigkeits- und Funktionsniveau konnte gehalten und in einzelnen
Bereichen verbessert werden.
 Leichte Verbesserungen in 11 von 13 Bereichen des Mini-ICF
 Lediglich in den Bereichen „Durchhaltefähigkeit“ und „Verkehrsfähigkeit“ sind
die Beeinträchtigungen im Zeitverlauf höher.
 Statistisch signifikante Verbesserungen lassen sich im Bereich soziale
Aktivitäten feststellen („Gruppenfähigkeit“, „Kontaktfähigkeit zu
Dritten“ und „Familiäre und intime Beziehungen“).
 Zeitspanne zwischen t1 und t2: 108 Tage (Durchschnitt)
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit
Joachim Messer
Diplom Psychologe
Wolfgang-Winckler-Haus