KV-Blatt 01/2016 - Titelthema: Jahresrückblick 2015: Don`t look back

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Titelthema
Haben Sie sich auch etwas für das neue Jahr ­vorgenommen?
Im Hinblick auf gute Vorsätze gibt man sich heutzutage ja
allerlei Mühe, zumindest den Anschein zu wahren, als wolle
man nächstes Jahr alles irgendwie ein kleines bisschen besser machen. Aber Hand aufs Herz: Die groß angekündigten
Besuche im Fitnessstudio ebben dann auch gerne Mitte
Februar wieder ab, aus einer halben Schachtel Zigaretten
wird bis Sommer schnell wieder eine ganze, und die Vorgabe,
den Abwasch im kommenden Jahr immer „gleich nach dem
Essen“ zu erledigen, zerschellt spätestens nach dem Neujahrsnachtisch. Die KV-Blatt-Redaktion hat sich auch Vorsätze für das neue Jahr vorgenommen: Wie in all den ­Jahren
zuvor, wollen wir unsere Leserinnen und Leser über alle
Belange der kassenärztlichen Berufssphäre informieren, kontroversen Meinungen ein Forum bieten und auch gerne über
den Tellerrand gesundheitspolitischer Belange hinausblicken.
Doch bevor wir mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, in ein
neues spannendes Jahr 2016 starten, folgt an dieser Stelle der
traditionelle Rückblick auf die Highlights und Aufreger des
vergangenen Jahres. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen!
KV-Blatt 01.2016
Titelthema
KV-Blatt 01.2016
Jahresrückblick 2015
Don’t look back
in anger …
Jonitz und Wille machen das ­Rennen –
Gleich zu Beginn des neuen ­Jahres
kris­tallisierte sich heraus, dass in der
Ärzte­kammer Berlin (ÄKB) infolge der
Kammerwahlen im Dezember 2014
auch in den kommenden fünf Jahren
mehr oder minder alles beim Alten bleiben würde. Der Augenarzt Dr. Elmar
Wille, bis dato ­Vizepräsident der ÄKB,
sollte als Spitzenkandidat der ­Allianz
Berliner Ärzte die meisten persönlichen
Stimmen (945) für sich ­einholen. Für
den Marburger Bund konnte der amtierende Kammerpräsident Dr. Günther
Jonitz 890 persönliche Stimmen auf
sich vereinen. Beim Hartmannbund
verzeichnete der nieder­gelassene Facharzt Dietrich Banzer mit 140 Stimmen
das beste Ergebnis seiner Liste. Bei der
Hausärzteliste errang der Vorsitzende
des Hausärzte-Landesverbandes, Wolfgang Kreischer, mit 288 Stimmen das
beste ­Resultat. Ende Januar schließlich wählte die neu zusammengesetzte
Delegiertenversammlung Günther
Jonitz an die Spitze der Berliner Ärztekammer. Als sein Stellvertreter wurde
Elmar Wille im Amt bestätigt. Ein Wermutstropfen: Mit 38,5 % lag die Wahlbeteiligung sogar 0,4 % unter jener aus
dem Jahr 2010.
Foto: KV-Blatt-Archiv
Januar
Halbgötter auf dem Boulevard – Wenn
Ärzte auf Journalisten treffen, kann es
schon mal hoch hergehen: „Warum
wollen Boulevardzeitungen immer wissen, was Ärzte verdienen? Warum werden Ärzte in der Regenbogenpresse
häufig als raffgierige Porschefahrer dargestellt, die sich am liebsten auf dem
Golfplatz aufhalten?“ Diese und andere
Fragen kamen beim 18. KV-BlattMedien­workshop in ­Zusammenarbeit
mit dem „Berliner Kurier“ auf den Tisch
und wurden im Haus des Berliner Verlagsgebäudes teils kontrovers diskutiert. Eine Institution des „Kurier“ als
„Berlins ehrliche Boulevardzeitung“
(Selbstbeschreibung) ist der wöchentliche Serviceteil „Medizin – der große
Kurier-Ratgeber“. Die Service-Seite im
„Kurier“ erhebt für sich den Anspruch,
komplexe medizinische Themen für ein
Laienpublikum klar verständlich aufzu-
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Titelthema
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Foto: KV-Blatt-Archiv
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bereiten, und das auf wenigen Seiten
und mit großen Bildern – für die ärztlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Medienworkshop ein Husarenstück: „Kann man das denn einfach so
sagen? Kommt das denn auch richtig
beim Patienten an?“ Die Antwort der
Kurier-Redakteure: „Kann man, muss
man sogar. Und bloß kein Fachchinesisch!“ Gerade das „Runter­dampfen“
vieler Informationen auf den boulevardtypischen Stil (kurze Sätze, große Überschriften, viele Fakten) sei die wahre
Kunst: „Den Roman Budden­brooks kann
jeder schreiben – das ganze Buch in
zehn Zeilen zusammenfassen, das können nur wir“, so ein Kurier-Redakteur.
Klaus-Dieter Elstermann von Elster bildet in Namibia junge Nachwuchsmediziner aus.
Februar
GKV-VSG ante Portas – „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ titelte das KV-Blatt
im Februar melancholisch und nahm
die lautstarke Kritik vonseiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV)
am sog. GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (VSG) unter die Lupe. Die KBV kritisierte (und kritisiert immer noch) unter
anderem den durch das VSG möglichen
schleichenden Abbau der ärztlichen Freiberuflichkeit, eine zunehmende Ambulantisierung der Krankenhäuser sowie
eine Spaltung der Vertreterversammlungen. Der KBV-Vorsitzende, Andreas
Gassen, ließ im KV-Blatt-Interview dementsprechend keinen Zweifel daran,
dass ein Hauptaugenmerk zukünftiger
KBV-Politik auf der Verteidigung der
Freiberuflichkeit niedergelassener Ärzte
und Psychotherapeuten liege. Diese, so
der KBV-Chef gegenüber dem KV-Blatt,
sei „immer noch die beste Garantie für
eine hochwertige, wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung“.
Alte Ärzte – Der vielfach p
­ rophezeite
und teilweise bis zur Ermüdung
beschworene Demografische W
­ andel
macht auch vor den niedergelassenen
Ärzten und Psychotherapeuten nicht
halt. 1993 gab es insgesamt 9.099 aktive
Vertragsärzte mit einem Lebensalter
von 60 Jahren oder höher. Im Jahr 2013
betrug die Zahl der Vertragsärzte jenseits der 60 deutschlandweit bereits
31.645. Gemessen an der Gesamtzahl
aller niedergelassenen Ärzte macht dies
einen Anteil von 25,9 % aus. Ein gegenläufiger Trend ist momentan nicht in
Sicht: Statistiker der KBV gehen zum
jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass sich
das durchschnittliche Alter der aktiven
Niedergelassenen in den nächsten Jahren weiter erhöhen wird.
Einsatz in Namibia – Das ehemalige
Mitglied der Vertreterversammlung
der KV-Berlin, Klaus-Dieter Elstermann
von Elster, befindet sich seit Anfang
dieses Jahres in Namibia, um dort für
insgesamt drei Jahre beim Ausbau
des Gesundheitssystems ­mitzuhelfen.
Zusammen mit seiner Frau bildet der
Allgemeinmediziner im Auftrag der Universität Windhoek im Norden des südafrikanischen Landes junge Ärztinnen
und Ärzte aus. Bei seinem Besuch in
der KV-Blatt-Redaktion berichtete KlausDieter Elstermann von Elster, wie sich
seine Arbeit im ­Norden Namibias von
seiner bisherigen Arbeit in der eigenen
Berliner Praxis unterscheidet. So werden laut Elstermann von Elster in namibischen Kliniken mehr Aufgaben durch
das medizinische Hilfspersonal erledigt, als dies in Deutschland der Fall sei.
Dadurch würde das ärztliche Personal
enorm entlastet; viele Patienten würden
bereits im Warteraum kurz untersucht
und bei leichten Krankheiten durch
das Personal versorgt. Manche Patienten müssten gar keinen Arzt sehen.
Für Klaus-Dieter Elstermann von Elster
und seine Familie ist der Süden Afrikas
schon seit langem eine zweite Heimat.
Zwischen 1987 und 1989 hatte sich das
Berliner Arzt­ehepaar bereits als Entwicklungshelfer im Dienst des „Evangelischen Entwicklungsdienstes“ in Namibia engagiert. Nach ihrer Rückkehr nach
Berlin stand für die Elstermanns immer
fest, dass es eines Tages wieder zurück
nach Namibia gehen würde.
März
In Sachsen steht ein Telefon – Im März
berichteten wir über das „Service­
Telefon Terminvermittlung“ der
Kassen­ärztlichen Vereinigung Sachsen,
das von der Regionalgeschäftsstelle in
Leipzig aus betrieben wird. Zu diesem
Zweck reiste die Redaktion eigens per
Bahn nach Sachsen, um den Damen
und Herren bei der Terminvermittlung
von Facharztterminen auf die Finger zu
schauen. „Terminservicestellen … Facharzttermine“; alles Reizwörter, die Teile
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KV-Blatt 01.2016
„Bei Anruf Arzt“; nein, so einfach wird es
den sächsischen Patienten dann doch
nicht gemacht. Zunächst muss jeder
Anrufer nämlich eine automatische
Bandansage über sich ergehen lassen,
die Fakten schafft: Spezielle Terminwünsche gibt es nicht, personenbezogene
Daten werden erhoben und gespeichert, und eine Terminvermittlung ohne
vorliegende Überweisung ist sowieso
nicht drin. Alles aus Boshaftigkeit? Keineswegs, wie die KV-Sachsen betont:
Die Bandansage sei nach langen Beratungen mit dem Datenschutzbeauftragten der KV zustande gekommen. Auch
weiterhin gilt also: Facharzttermine gibt
es nicht wie eine Pizza, mal eben per
Anruf.
April
Wir sind dagegen! Dass der Protest der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung
gegen das GKV-VSG nicht im stillen
Kämmerlein vonstattengehen würde,
hatte man seitens der KBV ja bereits
zu Beginn des Jahres in aller Deutlichkeit verlautbaren lassen. Nun wurden
Nägel mit Köpfen gemacht: Lieferwagen mit ca. drei Meter hohen aufgeschnallten Plakatwänden wurden ins
Berliner Regierungsviertel geschickt,
um die Kritik der KBV an der geplanten
Verschärfung der Aufkaufpflicht ins
„Herz der Macht“ zu tragen, unter
anderem mit Slogans wie „Wir arbeiten
für Ihr Leben gern – solange man uns
noch lässt“.
Die Toten unterm Fernsehturm –
Nach einem endlos scheinenden
­Hickhack zwischen dem Betreiber
des „Körperwelten“-Museums am
Alexander­platz, Gunter von Hagens,
und der Bezirksverwaltung Berlin-Mitte
eröffnete die umstrittene Dauerausstellung von über 200 „plastinierten“
Leichen und Leichenteilen schließlich Ende März im Sockelgebäude des
Fernsehturms. Zuvor hatte man sich
monatelang unter anderem gestritten,
ob und in welchem Maße das Ausstellen von ­Leichenteilen mit dem Berliner
Bestattungsgesetz vereinbar sei. Ferner stand die Frage im Raum, inwiefern
ein „Plastinat“ überhaupt eine Leiche
sei. Nicht nur vonseiten der Senatsverwaltung wehte den „Körperwelten“Machern ein eisiger Wind entgegen –
die beiden großen christlichen Kirchen
sparten nicht mit Kritik: Vonseiten des
Erzbistums Berlin hieß es, die Ausstellung sei „ziemlich entsetzlich“, und der
Kollege vom Evangelischen Kirchenkreis, Superintendent Bertold Höcker,
vertrat den Standpunkt, dass die Darstellung der „Plastinate“ nicht „einem
von Ehrfurcht und Würde geprägten
Umgang mit Menschen, wie ihn
Christen vertreten“, entspreche. Sei es,
doch der Popularität der „Plastinaten“Ausstellung schien all der Zores keinen Schaden zugefügt zu haben. Ende
Oktober meldeten die Betreiber stolz
auf ihrer Internetseite, dass mittlerweile über 150.000 zahlende Besucher
das „Menschen Museum“ besucht
hätten.
Mai
Der Mann wird Arzt – Mit dem frechen
Slogan „Deutschland schaut den Landarzt – ich werde einer“ sowie einer lässig ins Gesicht geworfenen Kapuze
warb der Medizinstudent David Janke
im vergangenen Jahr deutschlandweit
als Teil der KBV-Kampagne „Lass Dich
nieder“ unter Medizinstudierenden für
die Karriere als niedergelassener Arzt.
Das KV-Blatt wollte wissen, wer sich
hinter dem breit vom Plakat herunter
lächelnden jungen Mann verbirgt und
wie er seinen Alltag zwischen Hörsaal,
Seminarraum und Bandkeller meistert.
Dabei gewährte der 23-Jährige einen Tag
lang Einblicke in das Leben eines Medizinstudenten und ließ zahllose Fragen
unseres Redakteurs über sich ergehen,
Foto: KV-Blatt-Archiv
der umfangreichen Kritik am im Sommer verabschiedeten GKV-VSG waren
und sind. Brauchen wir nicht, sagen
die einen. Viel zu viel Bürokratie, sagen
die anderen. Alles halb so wild, wie
sich die Redakteure vor Ort selbst
überzeugen konnten. Das im November 2014 gestartete Service-Telefon
wird zwar gut angenommen, von „glühenden Drähten“ kann jedoch keine
Rede sein. Dies bestätigte jüngst der
sächsische KV-Chef Dr. Klaus Heckemann in einer Pressemitteilung. Von
den 5.231 Anrufern, die 2015 die
Nummer des Servicetelefons wählten,
erfüllten lediglich 1.924 die Voraussetzungen, einen Facharzttermin vermittelt zu bekommen.
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soziale Schutzstandards oder Investitionen in Krankenhausketten oder Medizinische Versorgungszentren im Zuge
eines transatlantischen Abkommens
auszusehen hätten.
Niederlassung nicht ausgeschlossen: der Medizinstudent David Janke.
Fortsetzung von Seite 15­
inklusive eines abendlichen Besuchs im
Band-Proberaum auf dem Uni-Campus.
Dabei wurde deutlich, dass an Deutschlands Medizinischen Fakultäten eine
neue Generation von Medizinerinnen
und Medizinern heranwächst, die zwar
hochmotiviert auf ihren späteren Beruf
hinarbeiten, für die jedoch der „Job“
nicht alles im Leben sein wird. Sie wünschen sich eine größere Vereinbarung
von Familie und Beruf, mehr Freizeit
und kein „Abklappern“ von Überstunden bis zum Burn-out.
Juni
Ärztetag: Kritik an TTIP – Dass die verfasste deutsche Ärzteschaft auch jenseits von gesundheitspolitischen Themen etwas zu sagen hat, dürfte kein
Geheimnis sein. So nahm der Präsident
der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Frank
Ulrich Montgomery, die Eröffnung des
118. Deutschen Ärztetages in Frankfurt
am Main zum Anlass, um das geplante
Freihandelsabkommen „TTIP“ zwischen
der EU und den USA scharf zu kritisie-
ren. Montgomery warnte vor der historischen Kulisse der Frankfurter Pauls­
kirche unter anderem vor Einschnitten
bei den in Deutschland und Europa geltenden Sozialstandards. Die Ärzteschaft
wolle keine internationalen Schiedsstellen, bei denen nicht demokratisch legitimierte Rechtsanwälte aushandelten, wie
Monty, mach´s nochmal – Auf dem
Ärztetag in Frankfurt wurde BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery von den
Delegierten für weitere vier Jahre im
Amt bestätigt. Einen Gegenkandidaten
gab es nicht. Montgomery erhielt 161
der 230 abgegebenen gültigen Stimmen.
Der Hamburger Radiologe bekleidet das
Amt seit 2011. Er folgte damals auf den
verstorbenen Prof. Jörg-Dietrich Hoppe.
Ebenfalls im Amt bestätigt wurden die
BÄK-Vizepräsidentin Dr. Martina Wenker mit 221 von 245 Stimmen sowie
Vizepräsident Dr. Max Kaplan mit 203
von 233 Stimmen.
Stifterpreis an Jenny de la Torre – In Berlin ist sie seit vielen Jahren als die „Ärztin der Armen“ bekannt und behandelt
in ihrem Gesundheitszentrum in der
Pflugstraße in Mitte mit der Hilfe von
9 hauptamtlichen und 22 ehrenamtlichen Mitarbeitern jene Menschen, die
im Jargon der Sozialarbeiter als „nicht
Foto: KV-Blatt-Archiv
Foto: KV-Blatt-Archiv
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wartezimmerfähig“ bezeichnet werden:
alkohol- oder drogenabhängige Menschen, wohnungslose Patienten mit psychischen Erkrankungen, die sich in keine
„normale“ Arztpraxis trauen würden. Für
ihr Engagement wurde Jenny de la Torre
vom Bundesverband Deutscher Stiftungen mit dem Deutschen Stifterpreis
2015 ausgezeichnet. Der Preis wurde ihr
am 8. Mai im Rahmen des Deutschen
Stiftungstages in Karlsruhe verliehen.
Juli
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Haben Sie noch Fragen? – Als Arzt
stellen Sie diese Frage ­wahrscheinlich
so häufig, dass Sie sie gar nicht mehr
bewusst wahrnehmen. Ihr Patient
wurde von Ihnen über eine bevorstehende Therapie umfassend aufgeklärt –
und schweigt, weil er zu viel gehört oder
das Gesagte nicht verstanden hat. Das
KV-Blatt wollte von der Medizinsoziologin Prof. Dr. Nicole Ernstmann wissen,
wie die Arzt-Patienten-Kommunikation
im Praxisalltag gelingen könnte. Lange
Zeit spielten kommunikative Fähigkeiten
für Ärzte lediglich eine Nebenrolle, das
ändere sich mit der jüngeren Generation der Mediziner, so Ernstmann.
Es gehöre zur ärztlichen Kompetenz,
das Gespräch mit dem Patienten zu lenken und in seiner Dauer zu begrenzen;
ein als gut empfundenes Gespräch
müsse nicht zwingend lang sein, wich-
tig sei, dass der Arzt die Sprache spreche, die der Patient verstehe. Dazu sei
es auch hilfreich, das medizinische
Vokabular anzureichern um Worte aus
der Alltagssprache. Ernstmann plädierte dafür, dass das Erlernen kommunikativer Fähigkeiten Teil des Medizinstudiums werde, schließlich würden die
meisten künftigen Ärztinnen viel Zeit in
einer Sprechstunde verbringen.
Sag zum Abschied leise Servus – Unter
warmem Applaus der Vertreterversammlung (VV) der KV Berlin wurde
der langjährige leitende Redakteur des
KV-Blattes, Reinhold Schlitt, verabschiedet. Die Vorsitzende der VV, Dr. Margret
Stennes, würdigte den scheidenden
Ihre Medizinrechtspraxis
Rechtsanwälte
Dr. rer. medic. Dr. jur. Simon Alexander Lück
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Dr. jur. Ronny Hildebrandt
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Sebastian Witt
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Dr. jur. Dirk Webel, LL.M.
Weitere Verstärkung für unsere Medizinrechtspraxis in Berlin
Wir freuen uns, dass sich Frau Prof. Dr. jur. Roswitha Svensson zum
01.01.2016 unserer Sozietät anschließen und unser Medizinrechtsteam am
Berliner Standort verstärken wird. Frau Prof. Dr. jur. Svensson berät seit
1995 ausschließlich niedergelassene Ärzte/Psychotherapeuten und andere
Leistungserbringer, die in der ambulanten Versorgung tätig sind, sowie ärztliche und psychotherapeutische Berufsverbände und Netzwerke.
Frau Prof. Dr. jur. Svensson berät schwerpunktmäßig in den Bereichen Vertragsarztrecht, Praxiskauf und -verkauf, Zulassungen und Ermächtigungen
sowie Vertragsgestaltung für ärztliche und psychotherapeutische Kooperationen.
Wir beraten und vertreten Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten
und Medizinische Versorgungszentren.
Fachanwalt für Medizinrecht
Dietrich Freyberger
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Standort Bonn
Uta Höck
Rankestraße 8 · 10789 Berlin
Telefon (030) 226 336-0
Telefax (030) 226 336-50
[email protected]
Friedensplatz 1 · 53111 Bonn
Telefon (0228) 983 91-0
Telefax (0228) 630 28-3
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Titelthema
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Foto: KV-Blatt-Archiv
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Der langjährige leitende Redakteur des KV-Blatts, Reinhold Schlitt, wurde von den Mitgliedern der Vertreterversammlung verabschiedet.
Fortsetzung von Seite 17­
Schlitt als engagierten Journalisten,
der bei aller Schärfe im Ton stets das
Maß zu wahren wusste und sich nie zu
unfairen Praktiken hinreißen ließ. Die
bitteren Umstände seines Abschieds
wurden Herrn Schlitt durch ein besonderes Geschenk der VV versüßt: Eine
Dampflokomotive in Modellbahngröße
spielte auf seine Eisenbahnleidenschaft
an, tatsächlich fährt er mit einer Bahncard 100 durch die Republik. Reinhold
Schlitt zeigte sich aufgeräumt bei seinem letzten offiziellen Termin in der KV
und wünschte den Delegierten der VV
eine „ruhigere Zukunft“ im Vergleich zu
den gegenwärtigen Turbulenzen. Mittlerweile im Hessischen beheimatet,
wird er die Entwicklungen in „­ seiner“
alten KV wachen Auges verfolgen. Ein
herzliches „Dankeschön“ auch von
der Redaktion für die gemeinsam verbrachte Zeit!
Running on empty – Eine schöne Tradition ist der Berliner Firmenlauf durch
den Tiergarten. 2015 gingen aus der
KV Berlin 124 Teilnehmerinnen auf die
sechs Kilometer lange Strecke, l­aufend,
walkend oder skatend. Das milde Wetter machte das Ereignis für alle Beteiligten zum Erlebnis, im Vorfeld sah
man so manche KV-Verwaltungskraft
mit einem niedergelassenen Vertragsarzt über die richtige Renneinteilung
fachsimpeln, jeweils im schneeweißen
Funktionsshirt mit dem rot leuchtenden
KV-Logo. Die Kolleginnen der Abteilung
Öffentlichkeitsarbeit versorgten „ihre“
Läufer am Stand mit Bananen, Saft und
Wasser und förderten dergestalt den
Prozess der Teambildung innerhalb der
KV kolossal. Der leidende Redakteur des
KV-Blattes war an jenem lauen Sommerabend als Fotograf an der Strecke und
zeigte sich von der Stimmung unter den
12.000 Laufen­den so hingerissen, dass
er seine Teilnahme am Firmenlauf 2016
zur höchsten Priorität erklärte. Er kann
sich ja vertrauensvoll zu Trainingszwecken an die Marathonis innerhalb der KV
wenden.
(bzfo), von der Arbeit mit Extremtraumatisierten unter erschwerten Bedingungen. Es fehle hier an allem, an Geld,
an Zeit, an Material und auch an qualifizierten Kolleginnen. Arbeit gebe es hingegen im Überfluss für die Therapeuten,
die sehr viel mehr Patienten abweisen
müssten, als sie behandeln könnten.
Das bzfo, 1992 im Zuge des Krieges im
zerfallenden Jugoslawien gegründet, hat
seine Räumlichkeiten auf dem Gelände
des alten Krankenhauses Moabit, das
auch das zu trauriger Berühmtheit
gelangte Landesamt für Gesundheit und
Soziales (LAGeSo), das für die Registrierung der Asylsuchenden zuständig ist,
beherbergt. So nah beieinander liegen
mitunter Chaos und Caritas.
August
Psychotherapie mit Flüchtlingen – Im
Sommer ging der Senat noch von
25.000 Flüchtlingen aus, die es 2015 in
Berlin unterzubringen gelte. Die Realität hat diese Zahl längst zur Makulatur werden lassen. Die Bundespsychotherapeutenkammer schätzt, dass
mindestens 40 % der Asylsuchenden
unter einer posttraumatischen Belas­
tungsstörung leiden und dringend psychotherapeutischer Hilfe bedürfen. Im
Gespräch mit dem KV-Blatt berichteten
Dr. Mechtild Wenk-Ansohn und Simone
Wasmer, Psychotherapeutinnen am
Behandlungszentrum für Folteropfer
Impflücken sind Wissenslücken – Es
ist immer besser, Krankheiten gar nicht
erst ausbrechen zu lassen, als sie aufwendig zu behandeln; Impfungen
sind Teil der Prävention. In einem viel
beachteten KV-Pressegespräch vor der
versammelten Journaille stellten KVImpfexperten auf die Bedeutung einer
umfassenden Berichterstattung über
Impfungen und ihren Sinn ab, gerade
vor dem Hintergrund der im Sommer 2015 grassierenden Masernwelle.
Dabei ging es weniger um die geringe
Zahl eingefleischter Impfgegner, sondern um die zahllosen Impfmuffel, die
in ihrer Lethargie aufgerüttelt werden
Titelthema
KV-Blatt 01.2016
sollten. Durch die beengten Lebensverhältnisse in der Großstadt verbreiteten
sich Krankheitserreger sehr viel schneller als auf dem Land, hob ­Stephan
Bernhardt, Mitglied im Berliner Impfbeirat, hervor. Allerdings stünden in
Berlin den impfenden Ärzten auch
bürokratische Hürden im Weg, wie KVVorstand Burkhard Bratzke, seines Zeichens niedergelassener Dermatologe
in Moabit, lamentierte; so dürften Kinderärzte nur Kinder impfen und Frauen­
ärzte nur Frauen, egal welche Erreger
gerade kursierten und ein konzertiertes
Vorgehen der Ärzteschaft erforderten.
September
Flüchtlinge in Berlin nicht klar kam (und
weiterhin nicht klar kommt), verkündet
sichtlich gelöst, gemeinsam mit dem
KV-Vorstandsmitglied Burkhard Bratzke,
das Förderprogramm zur Assistierten
Reproduktion. Das Land Berlin will
damit ungewollt kinderlosen Paaren bei
den Kosten für reproduktionsmedizinische Leistungen unter die Arme greifen, bezuschusst werden der zweite und
dritte Versuch mit 50 % des Eigenanteils. Das Förderverfahren beginnt mit
einem Antrag an die KV Berlin, die die
Voraussetzungen prüft und mit einem
vorläufigen Bewilligungsbescheid entscheidet. Gefördert werden Ehepaare
mit Hauptwohnsitz in Berlin, bei denen
ein hinreichender Erfolg der einzuleitenden reproduktionsmedizinischen Maßnahmen zu erwarten ist; die Frau darf
dabei nicht älter als 40, der Mann nicht
älter als 50 Jahre sein.
Ich will ein Kind von Dir – Endlich mal
gute Nachrichten aus dem Hause Czaja.
Der Senator für Gesundheit und Soziales, den ganzen Sommer über arg
gebeutelt, weil seine Verwaltung mit
der Registrierung und Versorgung der
Berlin Masurenallee – Es sind die behutsamen Veränderungen, die das gestalterische und inhaltliche Gesicht des
KV-Blattes prägen. So gibt es eine neue
Rubrik namens „Kunst und Kultur“,
schließlich wollen die Berliner Vertrags­
ärzte und -psychotherapeuten nicht nur
ihre Abrechnungsunterlagen, Konto­
auszüge und Steuerbescheide lesen.
Den Anfang machte ein Portrait Alfred
Döblins (1878–1957), der Anfang der
1930er-Jahre am Kaiserdamm in Charlottenburg als niedergelassener Neurologe praktizierte, einen Steinwurf vom
Gebäude der KV entfernt. 1929 hatte
er seinen berühmten Roman „Berlin
Alexanderplatz“ veröffentlicht, der den
aus dem Gefängnis entlassenen Transportarbeiter Franz Biberkopf in seinem
Kampf, ein ehrliches Leben zu führen,
begleitet. Die Wahl des Themas und
des kriminellen Milieus begründete der
Autor Döblin ausdrücklich mit seinen
Erfahrungen als Arzt, als Neurologe sah
er die Gesellschaft als eine Ansammlung von Neurotikern. In seinem
Roman wechselt er virtuos die Sprach­
ebenen, spricht neben dem Jargon der
Halbwelt und den Kommandos der
Reklame auch die nüchterne Diktion der
Sektionsprotokolle. Gelernt ist gelernt.
Foto: KV-Blatt-Archiv
GKV-VSG en détail – Die Arbeiten am
GKV-Versorgungsstärkungsgesetz
bestimmten die gesundheitspolitische
Agenda der vergangenen Monate, nach
seiner Verabschiedung galt es, das
umstrittene Gesetz zu lesen und auf
seine Konsequenzen für die niedergelassenen Ärzte zu prüfen. Der zuständige
KV-Jurist Wolfgang Pütz, Hauptabteilungsleiter Zulassung, erklärte in seiner
Exegese für das KV-Blatt den in der Einzelpraxis freiberuflich tätigen Vertragsarzt zur aussterbenden Spezies, während Medizinische Versorgungszentren
(MVZ) schamlos bevorzugt würden.
Der vehement befehdete Aufkauf statistisch überzähliger Arztsitze durch die
KVen ist nun eine „Soll“- und nicht länger mehr eine „Kann“-Regelung, daran
ändert auch die Anhebung der Überversorgungsgrenze eines Bezirks von
110 % auf 140 % nichts. Ob nun gerade
im boomenden Berlin reihenweise Praxen geschlossen werden müssen, weil
sie im Falle des Ausscheidens des Inhabers nicht nachbesetzt werden dürfen?
Es wird noch reichlich Wasser die Spree
hinabfließen, die Metropole wächst kontinuierlich, die zuziehenden Menschen
im Ballungsraum werden künftig eher
mehr denn weniger Ärzte und Psychotherapeuten benötigen.
Dr. Mechtild Wenk-Ansohn und Simone Wasmer behandeln traumatisierte Asylsuchende
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Fortsetzung von Seite 19­
Oktober
Angeimpft – Sommer und Herbst 2015
standen ganz im Zeichen der Asylsuchenden, die zu Abertausenden nach
Berlin kamen. Neben der Erstregistrierung und anschließenden Unterbringung wurde in der Presse von Beginn
an auch über ihre medizinische Versorgung diskutiert. Gemeinsam mit dem
Landesamt für Gesundheit und Soziales
(LAGeSo) konzipierte die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin eine Zentrale Impfstelle für Asylbewerber, die
Ende September schließlich in einer
alten Klinik auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses Moabit ihren
Betrieb aufnahm. Die Vorstandsvorsitzende der KV, Dr. Angelika Prehn, ließ
es sich nicht nehmen, beim „Animpfen“ in der ersten Schicht dabei zu sein.
Der seinerzeitige Plan sah vor, an fünf
Tagen in der Woche jeweils bis zu 150
Asylsuchende zu impfen. Die KV Berlin
hatte unter den Berliner Vertragsärzten
zur Mitarbeit in der Impfstelle aufgerufen, die erbrachten medizinischen
Leistungen werden über den sogenannten „Grünen Schein“ abgerechnet. Die
Asylsuchenden sollten möglichst direkt
nach ihrer Registrierung die Schutzimpfungen erhalten, noch bevor sie auf ihre
Unterkünfte verteilt werden.
Geschlecht im Kopf – In Berlin nimmt
so vieles seinen Anfang, so auch die
medizinische Behandlung (heute) sogenannter Transidenter vor rund 100 Jahren, also Menschen, die nicht in ihrem
Geburtsgeschlecht und der damit vorgegebenen Rolle leben können oder wollen. Das KV-Blatt wollte von einem niedergelassenen Arzt, einer Gutachterin
für die Krankenkassen und einer Beraterin in einer Unterstützungseinrichtung
trans­identer Personen w
­ issen, wie der
Prozess eines somatischen Geschlechtswechsels aussieht. Bevor die Medizin
mit hormonellen und gegebenenfalls
chirurgischen Mitteln den Körper der
Patienten verändert – und darüber auch
die Seele therapiert –, wird in einem
umfangreichen Begutachtungsverfahren
geprüft, ob eine behandlungswürdige
Transidentität vorliegt, die ins Leistungsspektrum der GKV fällt. Das Miteinander
der internistischen, sozialen, endokrinologischen, sexualmedizinischen, psychologischen und rechtlichen Dimensionen mache eine oft über Jahre gehende
Therapie einer Transidentität so komplex
wie herausfordernd, wie der Allgemeinmediziner Dr. Christoph Schuler erklärte;
jeder Kollege müsse sich in Abwägung
seiner Ressourcen fragen, ob er sich der
Dynamik eines solchen Prozesses aussetzen wolle und könne.
November
Vermittlungsauftrag – Es hilft nichts, die
Augen vor der Realität zu verschließen:
Die Kassenärztlichen Vereinigungen
stehen mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz in der Pflicht, ab Januar
2016 sogenannte ­Terminservicestellen
einzurichten, um Patienten binnen vier
Wochen einen Termin beim Facharzt zu
besorgen (siehe auch den neuen § 75
Absatz 1 a SGB V). Norbert Schein, bei
der KV Berlin Hauptabteilungsleiter
Verträge und Recht, analysierte für das
KV-Blatt diese Leis­tungsverpflichtung,
die von etlichen gesundheitspolitischen
Interessenvertretern im Vorfeld als
„überflüssig“ und als „Verlust der freien
Arztwahl“ charakterisiert wurde.
Er kam zu dem Ergebnis, dass es im
Interesse der KVen liege, diese Facharzttermine (falls überhaupt nachgefragt
und nicht durch die Patien­ten selbst
organisiert) zu garantieren, da ansons­
ten die legalisierte Abwanderung der
Patienten ins Krankenhaus (und damit
ein Verschwinden aus dem ambulanten
Honorartopf) drohe. Wie die einzelnen
KVen diesem Versorgungsauftrag nachkommen und ihre Mitglieder einbeziehen, hat der Gesetzgeber nicht definiert;
jede KV wird zu prüfen haben, ob sie zu
einer telefonischen, einer webbasierten
oder einer hybriden Lösung greifen wird.
Danke fürs Impfen – An sich ist Impfen
nichts Besonderes, die Immunisierung
der Patienten mit einer Spritze gehört
zum Standard einer ärztlichen Praxis. Keineswegs standardisiert verläuft
das Impfen in der Zentralen Impfstelle
für Asylbewerber, einem Projekt der KV
Berlin und des LAGeSo. Die meisten
Asylsuchenden, die in der Turmstraße
gegen Masern, Mumps und Röteln
sowie gegen Tetanus und Diphtherie
geimpft werden sollen, sprechen kein
Deutsch; die Aufklärung über die vorzunehmende Prozedur erfolgt in der Muttersprache durch Sprachmittler.
Die Menschen, nach wochenlanger
Flucht erschöpft, zeigen sich zutiefst
dankbar über diesen Akt der medizinischen Versorgung, die sie als Zeichen
des Ankommens im Gelobten Deutschland werten. Das war zumindest der
Eindruck, den das KV-Blatt vor Ort für
eine Reportage gewonnen hatte. Der
Artikel rief bei der Leserschaft des KVBlattes zum Teil empörte Reaktionen
hervor: Eine Leserin warf der Autorin
vor, das Leid der Flüchtlinge zu ignorieren und das Tun der impfenden
Ärzte über Gebühr zu heroisieren; ein
Leser monierte, dass der Text mit keinem Wort das üppige Honorar der impfenden Ärzte erwähne und die ehrenamtliche medizinische Versorgung der
Flüchtlinge vor dem LAGeSo unterschlage.
Schluss jetzt – Eine Epidemie beginnt
von selbst, ihr Ende muss offiziell verkündet werden. Von Oktober 2014 bis
August 2015 kam es in Berlin zum
größten Masernausbruch seit Einführung der Meldepflicht im Infektionsschutzgesetz (IfSG). Insgesamt
erkrankten 1.359 Personen; der letzte
Erkrankungsfall, der diesem Ausbruch
zugeordnet werden konnte, wurde am
20. August 2015 gemeldet.
Das Landesamt für Gesundheit und
Soziales (LAGeSo) hatte danach den
Masernausbruch für Berlin offiziell für
beendet erklärt. Die Masernfälle traten
im IV. Quartal 2014 zunächst in Einrichtungen für Asylsuchende auf, ab Januar
2015 griff die Epidemie auf die Berliner
Bevölkerung über, genauer gesagt auf
Titelthema
KV-Blatt 01.2016
ungeimpfte Männer und Frauen. Dass
mit den Masern, die beim RKI meldepflichtig sind, nicht zu spaßen ist, zeigt,
dass an dieser vermeintlichen Kinderkrankheit ein Kleinkind, das an einer
zuvor nicht erkannten Herzerkrankung
litt, starb. Dieses Kind hätte durch eine
Impfung oder durch eine Herdenimmunität der Bevölkerung (Impfrate
bei Masern > 95 %) geschützt werden
­können.
ISSN 0945-2389
62. Jahrgang
Blatt
Mitteilungsblatt der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin
Masurenallee 6 A | 14057 Berlin
12
15
Dez
sitions-Prophylaxe (PrEP) nichts wissen wolle. Angesichts leicht steigender
HIV-Neudiagnosen in Deutschland
müsse die Aufklärung über Übertragungswege des Virus mit der Realität der Sorglosigkeit, des Drogenkonsums und riskanter Sexualpraktiken
junger Menschen abgeglichen werden.
Wird das KV-Blatt im Jahr 2030 den
Sieg der Medizin über Aids verkünden,
wie es sich die WHO auf ihre Fahnen
geschrieben hat?
Zum Welt-Aids-Tag in Berlin
Dezember
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Aids vor dem Aus? – Zum Welt-AidsTag am 1. Dezember widmete das KVBlatt dem Thema HIV und Aids eine
umfangreiche Titelgeschichte. Dabei
kamen Spezialisten aus den HIVSchwerpunktpraxen der Stadt zu Wort,
die ihre infizierten Patienten zum Teil
seit Jahren ambulant begleiten. Sie
erklärten unisono eine HIV-Infektion
für gut behandelbar, so denn die Therapie möglichst früh nach der Diagnosestellung begänne. Die strikten
Regime vergangener Jahre mit zwölf
und mehr Tabletten pro Tag gehörten
der Vergangenheit an, heute genüge
eine Pille, um die Aids definierenden
Erkrankungen zu kontrollieren resp.
gar nicht erst ausbrechen zu lassen.
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HIV – Eine gut
behandelbare Infektion
KV-Seminarangebot 2016
Neues AU-Formular jetzt bestellen
Dr. Jörg Gölz, ausgewiesener Fachmann der HIV-Behandlung, wagte in
einem Gastbeitrag die Prognose, Aids
sei in sieben bis zwölf Jahren heilbar;
die Forschung in dieser Richtung setze
auf die Stammzellenforschung und die
Gentherapie. Schlechte Noten stellten die Praktiker der medial vermittelten HIV-Prävention aus, die nach
wie vor stur auf das Kondom setze und
von der medikamentösen Prä-Expo-
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Fachanwältin für Medizinrecht
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fon +49 (0) 30 – 887 10 89 10
e-mail
[email protected]
Neuer „Gelber Schein“ – Erste Hilfe
für alle Formularallergiker: Das Jahr
2015 endete mit einem willkommenen
Hinweis auf weniger Bürokratie in der
Arztpraxis, meldeten erinnernd die KBV
sowie die KV Berlin. Der Auszahlschein
für das Krankengeld wurde in die klassische Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung, auch „Gelber Schein“ genannt,
integriert.
Auf dem überarbeiteten Muster 1 attes­
tieren Ärzte ab Januar 2016 sowohl
eine AU während der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber als auch
während der Krankengeldzahlung
durch die Krankenkasse. Die Bescheinigung ist bundesweit einheitlich, kann
am Rechner ausgefüllt oder als Blankoformular gedruckt werden. Patienten
bekommen neuerdings einen Durchschlag; sie sind gegenüber ihrer Krankenkasse für einen lückenlosen Nachweis ihrer Arbeitsunfähigkeit (AU)
verantwortlich. Vertragsärzte ihrerseits
sind dergestalt vor möglichen Schadensersatzansprüchen ­abgesichert.
Bleibt nur zu hoffen, dass sich die niedergelassenen Kollegen rechtzeitig
mit den neuen Formularen eingedeckt
haben, da die alten AU-Vordrucke mit
Ablauf des Jahres 2015 ihre Gültigkeit
verloren haben.
Andrea Bronstering,
Dr. Christian Klotz
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