Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode –1– Drucksache 18/XXXX Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (Einzelplan 12) 37 BMVI entscheidet weiterhin ohne aktualisierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen über Bauvorhaben Kat. B (Kapitel 1203) 37.0 Das BMVI führte Neu- und Ausbauvorhaben an Bundeswasserstraßen fort, ohne zugehörige Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen aktualisiert zu haben. Bereits im Jahr 2012 hatte der Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages das BMVI aufgefordert, bei wesentlich veränderten Rahmenbedingungen oder Prognosen die Wirtschaftlichkeit der Baumaßnahmen zu kontrollieren, bevor es die Fortführung beschließt. Aktuelle Prüfungserkenntnisse des Bundesrechnungshofes zeigen, dass das BMVI nach wie vor ohne aktualisierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen entscheidet, ob es Bauvorhaben weiterführt. 37.1 Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses Der Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages forderte das BMVI im Jahr 2012 auf, „künftig bei wesentlich veränderten Rahmenbedingungen oder Prognosen die Wirtschaftlichkeit von Baumaßnahmen zu kontrollieren. Eine Fortführung muss es von dem Ergebnis dieser Untersuchungen abhängig machen.“ Der Beschluss beruhte auf einem Bericht des Bundesrechnungshofes über den Bau eines Schiffshebewerkes. Das BMVI hatte den Bau fortgeführt, obwohl nach neueren Prognosen mit deutlich weniger Verkehr zu rechnen war. Dadurch bestanden starke Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Baumaßnahme. Ob die Wirtschaftlichkeit weiterhin gesichert war, hatte das BMVI entgegen der Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung nicht untersucht. Erneute Feststellungen des Bundesrechnungshofes Auch nach dem Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses führte das BMVI andere Bauvorhaben bei wesentlich veränderten Rahmenbedingungen ohne fundierten Nachweis der Wirtschaftlichkeit fort. So stimmte das BMVI im Mai 2014 der Verdoppelung der Kosten eines Ausbauvorhabens in dreistelliger Millionenhöhe zu und wies diese im Haushalt 2015 aus. Die Wirtschaftlichkeit schätzte das BMVI ab, ohne die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung aus dem Jahr 2004 mit allen veränderten Rahmenbedingungen zu aktualisieren. Zunächst gab es an, es werde dies bei der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans 2015 (BVWP) nachholen. Auf Grundlage der aktuellen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung werde es anschließend das Ausbauvorhaben in ein Verhältnis zu den übrigen Bauvorhaben des BVWP setzen. Eine solche Priorisierung ist aufgrund knapper finanzieller und personeller Ressourcen für die Bundeswasserstraßen erforderlich. Später entschied das BMVI, die Wirtschaftlichkeit des Ausbauvorhabens nicht mehr zu untersuchen. 37.2 Der Bundesrechnungshof hat kritisiert, dass das BMVI weiterhin nicht angemessen auf geänderte Rahmenbedingungen oder Prognosen für Bauvorhaben an Bundeswasserstraßen reagiert. Nach wie vor ist nicht sichergestellt, dass aktualisierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen die Grundlage für die Entscheidung über die Fortführung sind. So verfügte das BMVI auch im Falle des Ausbauvorhabens über keinen belastbaren Nachweis der Wirt- Drucksache 18/XXXX –2– Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode schaftlichkeit, als es die Mehrkosten genehmigte. Damit war es nicht in der Lage, fundiert und unter Berücksichtigung aller eingetretenen Veränderungen über die Fortführung zu entscheiden. Entsprechende Vorgaben des Rechnungsprüfungsausschusses beachtet es damit nicht. Nach Ansicht des Bundesrechnungshofes beeinflussen die veränderten Rahmenbedingungen die Wirtschaftlichkeit des Ausbauvorhabens erheblich. Der Bundesrechnungshof hat das BMVI aufgefordert, die Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung einzuhalten und den Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses zu beachten. 37.3 In seiner Stellungnahme hat das BMVI vorgetragen, es habe bei Genehmigung des Nachtrages für die Mehr-kosten „qualitative Aussagen“ zur Wirtschaftlichkeit getroffen. Hierzu habe es in der Genehmigung ausgeführt: „Insgesamt sollte sich ein Nutzen ergeben, der auch mit den deutlich erhöhten Investitionskosten zu einer wesentlichen volkswirtschaftlichen Rendite in Form des Nutzen-Kosten-Verhältnisses führt, die die Genehmigung dieses Nachtrags rechtfertigt“. Das BMVI hat in Aussicht gestellt, die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für das Ausbauvorhaben nun doch zu aktualisieren. Das Ausbauvorhaben als solches will es aber nicht innerhalb des BVWP neu priorisieren. 37.4 Der Bundesrechnungshof erkennt zwar die Bereitschaft des BMVI an, die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung jetzt doch nachträglich zu aktualisieren. Das ändert aber nichts daran, dass das BMVI erneut gegen das Haushaltsrecht und den Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses verstoßen hat. Denn bei Genehmigung der Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe lag keine fundierte aktualisierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vor. Der Bundesrechnungshof hält die „qualitativen Aussagen“ des BMVI nicht für ausreichend, um als Grundlage für eine Entscheidung über die Fortführung zu begründen. Das BMVI hat lediglich vage abgeschätzt, wie sich das elf Jahre zuvor errechnete Nutzen-Kosten-Verhältnis des Ausbauvorhabens geändert haben könnte. Im Übrigen muss das BMVI die aktualisierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung auch dafür nutzen, das Ausbauvorhaben im Rahmen des BVWP sachgerecht zu priorisieren. Das ist aufgrund der knappen, für die Bundeswasserstraßen verfügbaren Ressourcen unerläßlich. Der Bundesrechnungshof erwartet, dass das BMVI bei allen Bauvorhaben die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen aktualisiert, wenn sich Rahmenbedingungen wesentlich geändert haben. Er wird bei seinen weiteren Prüfungsaktivitäten auch im Blick behalten, ob das BMVI den Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses nunmehr beachtet.
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