No. 106 - klartext

:KLARTEXT:
:106:
:where dark and light
don’t differ:
:ACHTUNG:
:OUT:
KRIEG DER SCHEINE
STAR WARS EPISODE VII – DER FEIGSTE FILM DER KINOGESCHICHTE
Absurditäten scheinen missliche aber essenzielle Begleiterscheinungen
unserer Überflussgesellschaft zu sein. Anders ist es nicht zu erklären, warum
in einigen Supermärkten geschälte und in Plastik und Styropor verpackte
Bananen verkauft werden. Mehr Dekadenz und Dummheit geht nicht. Die
Frucht wird ihrer perfekten natürlichen Verpackung entrissen, nur um mit diesem künstlichen Mist umhüllt zu werden. Wer das kauft, ist ein Idiot.
Im Galopp hat der siebte Teil der Star-Wars-Reihe
die Schallmauer von zwei Milliarden eingenommenen Dollar an den Kinokassen durchbrochen –
nach „Titanic“ und „Avatar“ als erst dritter Film
überhaupt. Dieser immense Erfolg überrascht
mäßig, immerhin war „Das Erwachen der Macht“
zweifelsohne der am sehnlichsten erwartete
Streifen der Kinogeschichte. Leider hat er sich
dann als feigster Streifen der Kinogeschichte entpuppt – und eigentlich auch als enttäuschendster.
Das war dann doch überraschend. Auch wenn die
hohen Erwartungen gar nicht erfüllt werden konnten.
Aber diese schlappe und größtenteils peinliche Vorstellung, wer hätte denn damit gerechnet? Was die
Technik angeht, ist Episode VII ein fast makelloser
Film, keine Frage, und reiht sich nahtlos in die am
Fließband produzierten Superheldenstreifen der jüngeren Vergangenheit ein. Leider auch, was die Seelenlosigkeit angeht. Nostalgie und Spezialeffekte – ob
analog oder digital – das ist einfach nicht genug. So
mischten sich auch schnell einige kritische Stimmen
in den großen Chor der schlichten Geister, die sich
vom schönen Schein und dem Hype dieses ziemlich
drögen Spektakels blenden ließen und stets leichtgläubig das für gut befinden, was gerade angesagt
ist. Auch die Massenmedien, die sich vorwiegend auf
die Aufzählung neu aufgestellter Zuschauerrekorde
konzentrierten, lobten den Streifen erwartungsgemäß
mittels leerer Phrasen, die so typisch für unsere langweilige Medienlandschaft geworden sind.
Auch wenn das in punkto Feigheit und Ideenlosigkeit
gar nicht zu toppen ist – vergessen wir für einen
Moment, dass diese siebte Episode eine dreiste Kopie
der vierten ist. Sonst bietet der Film leider herzlich
wenig hinter seiner blinkenden Fassade, dafür aber
vor allen Dingen profillose Neulinge, zum Teil ungeschickt in Szene gesetzte Altstars, eine Aneinander-
reihung von Actionsequenzen und das Gefühl, alles
schon einmal gesehen zu haben – nur jetzt ist es halt
größer und noch unschlüssiger. Denn selbst für einen
Science-Fiction-Film strotzt Episode VII nur so vor
Unstimmigkeiten. Da wird die Superwaffe der Schurken, die es in kleinerer Form bereits in zwei früheren
Episoden gab, zum dritten (!) Mal auf die altbewährte
Weise in die Luft gesprengt, der trainierte Bösewicht
von zwei Grünschnäbeln in Kampf lächerlich vorgeführt und verfügt die blasse Hauptdarstellerin in Nullkommanichts über mehr „Machtfähigkeit“ als der
labile Mann in Schwarz, der am Anfang locker einen
Laserstrahl zum Stillstand brachte. Das ist Unsinn im
Unsinn – auch Fantasiewelten müssen in sich stimmig sein.
Zudem leiden die Oberschurken offensichtlich unter ADHS, möchte der Zuschauer bei der geklonten
Goebbelsrede am liebsten vor Scham im Boden versinken und wird insgesamt ein flacher Teenie-Humor
präsentiert, den man selbst im neuen „Avengers-Teil“
peinlich gefunden hätte. Aber das schlimmste: Man
lässt eine der ikonischsten Figuren der gesamten
Filmgeschichte nicht so lächerlich abkratzen. Was für
ein Humbug, zack, runter von der Brücke, weg ist er.
Nein, solche Helden treten gefälligst anders ab und
werden nicht beiläufig von Milchbärten mit Großvaterkomplex durchbohrt.
Die geschmähten Episoden I-III brachten wenigstens
frischen Wind in den Sternenkrieg, ob man sie jetzt
mochte oder nicht. Episode VII ist aber einfach nur
feige und beschränkt und ein Beweis dafür, dass ein
ziemlich hohler Film heutzutage immens erfolgreich
sein kann – Hauptsache es macht andauernd bumm
und das Marketing stimmt. Marvel lässt grüßen – in
diesem Sinne: Disneyland can wait!
von Karl-Hendrik Tittel ([email protected])
EINGESCHWEISSTE NATUR
WARTEN AM LAUFENDEN BAND
Während die großen Publikumserfolge wie „Game of Thrones“ oder „The Walking Dead“ zum Teil deutlich nachlassen, drängen immer neue, aufwendig
produzierte Serien auf den Markt – einige sogar mit frischen Ideen. Aber egal
ob Platzhirsche oder junge Wilde, diese bescheuerten Pausen innerhalb einer
Staffel sind totaler Kokolores. Eine Staffel hat gefälligst am Stück zu laufen –
das Warten auf die jeweils nächste Folge ist schon beschwerlich genug.
DER KUNDE IST SKEPTISCH
Konten, die keine Zinsen einbringen, dafür aber unverhältnismäßig hohe Überziehungszinsen bedeuten auf der einen Seite und deutlich gestiegene Kontoführungsgebühren sowie üppige Gehälter für die Führungsebene auf der anderen: Immer mehr Kunden beäugen renommierte Geldinstitute mit Argwohn
und latentem Misstrauen. Besonders den sogenannten öffentlich-rechtlichen
Kreditinstituten wird immer mehr Skepsis entgegengebracht …
:IN:
NORDISCHE PERLE
Der Himmel über der zweitgrößten Stadt Deutschlands ist zwar häufig grau,
aber trotzdem ist Hamburg für viele Menschen das Sehnsuchtsziel unter den
deutschen Metropolen. Einer aktuellen Studie nach würde fast jeder Sechste
der Befragten am liebsten in der Hansestadt leben. Zur Auswahl standen die
14 deutschen Städte mit mehr als einer halben Million Einwohner.
EISKALTE ALTERNATIVE
Tiefkühlkost ist oftmals wesentlich besser als ihr Ruf – zumindest wenn es
sich um unverarbeitete Lebensmittel wie direkt nach der Ernte eingefrorenes
Gemüse handelt. Denn durch flottes Frosten wird das Produkt schonend haltbar gemacht. So enthält Tiefkühlgemüse häufig fast ebenso viele Vitamine
wie frisches und ist zudem auch nicht wesentlich klimaschädlicher als Dosenprodukte.
ERSCHÜTTERUNG DER RAUMZEIT
Gravitationswellen: Klingt eher nach einer Technologie aus Star Trek als nach
einem physikalischen Phänomen, oder? Bereits vor rund 100 Jahren hatte
Einstein solche Verzerrungen der Raumzeit postuliert – nun sind Signale von
Gravitationswellen tatsächlich erstmals gemessen worden. Vom Alltag der
Menschen ist diese Entdeckung freilich Lichtjahre entfernt, nichtsdestotrotz
ist sie eine epochale Sensation, möglicherweise der Anfang einer ganz neuen
Wissenschaftsära und eines völlig neuen Zugangs zum Universum.
:SEHEN:
Dieser epische Sandalenfilm erzählt die Geschichte der biblischen
Auferstehung aus der Sicht eines
Nicht-Gläubigen. Der mächtige
römische Militärtribun Clavius und
sein Berater Lucius werden damit
beauftragt, das Rätsel um die Geschehnisse nach der Kreuzigung
Jesu Christi zu lösen. Sie sollen die
Gerüchte um den auferstandenen
Messias widerlegen und damit
einen Aufstand in Jerusalem verhindern. Ab dem 17. März im Kino.
xx Life das Stadtmagazin Nummer 195 - Februar 2016
www.klar-text.org
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