Immer überspitzt, aber nie überdreht

Freitag, 28. September 2012
Stadt Schaffhausen 17
Immer überspitzt, aber nie überdreht
Simon Enzlers neues ­Pro-
g­ ramm «vestolis» begeistert
das Publikum im fast aus­
verkauften Stadttheater.
von Karl Hotz
Kaum etwas ist schwieriger, als im
­Kabarett die Grenzen zu kennen, denn
der Grat zwischen gekonnter Über­
spitzung von Alltagssituationen und
Plattitüden ist schmal. Der Appenzeller
Simon Enzler hat am Mittwoch im
Stadttheater mit seinem neuen Programm «vestolis» einmal mehr bewiesen, dass er diese Grenze praktisch immer trifft. Man schmunzelt, man lacht
und gerät zugleich immer wieder ins
Nachdenken, weil Enzler – bis hin zum
Leben nach dem Tod – Fragen aufgreift, die einen auch beschäftigen.
Vom Telefon eines Politikers, der
einen Oligarchen mit allen (Schmier-)
Mitteln zum Bau einer Grosssägerei
überreden will, über eine Art Ablasshandel mit dem heiligen Antonius von
Padua, der gefälligst einen verlorenen
Schlüsselbund wiederfinden soll, bis
zur genauen Analyse der Psyche vieler
Leserbriefschreiber – Enzler deckt ein
bemerkenswert breites Spektrum ab.
Was als normale Erörterung eines Problems beginnt, wird immer mehr überspitzt bis knapp an die Grenze der Absurdität. Manchmal haben die Nummern fast philosophische Tiefe, wenn
Enzler etwa darüber nachdenkt, wie der
Hype rund um echte oder vermeintliche
Katastrophen funktioniert, oder die Klimahysterie benutzt, um akribisch auszurechnen, wie viele Autofahrten er
unternehmen darf, bis er gleich viel Klimaschäden anrichtet wie die furzenden
30 Kühe seines Nachbarn.
Immer wieder fragt man sich dabei,
ob Sprachspielereien mit Halbsätzen,
mit halb ausgesprochenen Wörtern, ob
der Dialog mit den Zuschauern in der
ersten Reihe denn das Resultat gezielter Vorbereitung sind und wie viel
spontan aus dem Augenblick heraus
Drei Städte
Hilfsprojekte
in Isenthal (Uri)
und Burkina Faso
Die Städte Schaffhausen, Winterthur
und St. Gallen arbeiten seit Jahren bei
der Auswahl sowie der Finanzierung
von Inland- und Auslandhilfeprojekten
zusammen. Das Auslandhilfeprojekt
wird gemeinsam mit 240 000 Franken
unterstützt, das Inlandhilfeprojekt mit
insgesamt 80 000 Franken. Die Beiträge
der einzelnen Städte werden nach ihrer
Grösse aufgeteilt: Winterthur finanziert 45 Prozent, St. Gallen 35 Prozent,
Schaffhausen 20 Prozent.
Isenthal ist die Gemeinde mit der
mit Abstand niedrigsten Direkten Bundessteuer pro Kopf im Kanton Uri. Die
im Jahr 1978 in Betrieb genommene
Turnhalle in Isenthal ist in die Jahre
gekommen. Die Heizung muss dringend ersetzt werden. In diesem Zusammenhang müssen weitere wärmetechnische Sanierungsmassnahmen wie
neue Fenster und Aussenisolationen
vorgenommen werden.
Ziel des Projekts in Burkina Faso
ist die Verbesserung der Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung durch
einen besseren Zugang zu sauberem
Trinkwasser und eine bessere Siedlungshygiene, unter anderem durch die
Einführung eines Abfallentsorgungssystems und den Bau von Latrinen. Das
Projekt unterstützt Gemeinden und lokale Akteure bei einer effizienten Wasserbewirtschaftung. Helvetas setzt die
Kleinprojekte nicht selber um, sondern
unterstützt die lokalen Akteure bei
ihren Aufgaben. Damit ist ein nachhaltiger Kompetenztransfer an die lokalen
Akteure gewährleistet. (Mitg.)
Simon Enzler am Mittwoch auf der Bühne des Stadttheaters. Nachgefragt
«Frohgemut zur
Schlachtbank»
Bild Selwyn Hoffmann
Enzler: Ich improvisiere äusserst selten. Pro Abend vielleicht zwei Sätze.
Jeder noch so abgehackte Satz ist sehr
bewusst gesetzt. Es soll so wirken, dass
die Geschichten im Moment entstehen.
Fallen Ihnen die Nummern für ein
neues Programm leicht ein, oder
­müssen Sie eher suchen?
Simon Enzler: Die Themen sind in der
Regel schnell definiert. Manchmal
trage ich einige davon vor mir her, die
meisten jedoch kommen mir im
­Moment des Schreibens in den Sinn.
Ein Programm entsteht immer in einer
eng begrenzten Zeit von rund vier
­Monaten.
Sie überspitzen die Themen gekonnt
und drehen sie ins leicht Absurde, ohne
dabei plump zu werden. Ist das Ihre
Denkweise nur in Ihren Programmen
oder auch im Alltag?
Enzler: Der Alltag ist manchmal so absurd, dass ich mich als Zuschauer
wähne. So kann ich also getrost «normal», aber aufmerksam durchs Leben
gehen und mich gleichzeitig immer fragen, ob sich dieses oder jenes vielleicht
für die Bühne eignet.
Ihre Texte wirken oft improvisiert. Sie
streuen Nebensätze ein, machen
­Andeutungen nicht fertig. Ist das einstudiert, oder improvisieren Sie?
Wie alle guten Kabarettisten drehen
Sie Ihre Pointen immer ein wenig ins
Philosophische, damit man zwar lacht,
aber auch nachdenken muss. Sehen Sie
entsteht. Es kommt alles so natürlich,
so spontan daher, dass man Improvisation vermutet. Aber wahrscheinlich ist
es nichts als akribische Sprachkunst,
an der jede Einzelheit geschliffen
wurde, bis alles stimmt. Der virtuose
Umgang mit der Sprache wird unterstützt durch immer wieder variierende
Modulation von beiläufig hingeworfenen, fast geflüsterten Nebensätzen bis
hin zu polterndem Fluchen, etwa über
die Dummheit der bereits erwähnten
Leserbriefschreiber, die Enzler, zumindest in seinem Programm, derart auf
die Palme treiben können, dass er seine
Wut hinausschreien muss.
Begleitet oder besser gesagt ergänzt wird Enzler vom Musiker Daniel
Ziegler – er war im Sommer zusammen
mit ihm in den «Töfflibuebe» im Schweizer Fernsehen zu sehen –, der mit
­seinen Gitarren, etlichen Hilfsmitteln
bis hin zu einer Motorsäge und halb
leeren Bierflaschen, harmonische
Musik­stücke zusammensampelt. Dabei
­brilliert Ziegler mit unglaublicher
­Präzision, mit der er verschiedenste
Stimmen perfekt zusammenmischt.
sich als eine Art fröhlichen
Philosophen?
Enzler: Nein. Die Grundstimmung der
Bühnenfigur ist ja eher düster. Und
wenn sie mal lacht, dann ist es eigentlich schon nicht mehr lustig. Ich würde
eher sagen, dass ich Widersprüche und
menschliche Abgründe lustvoll und
frohgemut zur Schlachtbank führe.
Ganz konkret zum Programm: Hassen
Sie Leserbriefschreiber wirklich?
Enzler: Nein. Ich hasse nicht die Leserbriefschreiber, aber ihre Argumente
können mich manchmal tatsächlich
schaurig verzücken. Nur weil man eine
Meinung hat, muss man sie noch lange
nicht veröffentlichen. Die perverse
Fortsetzung des Leserbriefes ist der
Blog, da würde ich jeweils am liebsten
#%*~¥!!!... Aber das kommt dann im
nächsten Programm.
Interview Karl Hotz
Raphaël Rohner und Simon
Stocker treten sechs bisherige
Grossstadträte nicht
mehr an.
von robin blanck
Wenn am 28. Oktober die Mitglieder des
Grossen Stadtrates für die kommenden
vier Jahre gewählt werden, tritt die
überwiegende Mehrheit der bisherigen
Amtsinhaber nochmals an. Zunächst
sind es natürlich die beiden in den Stadtrat gewählten Politiker ­Simon Stocker
(AL) und Raphaël ­Rohner (FDP), die
nicht mehr zur Verfügung stehen. Doch
es gibt auch Rücktritte von zum Teil
langjährigen Grossstadträten zu vermelden. Landwirt Ernst Spengler (SVP)
gehörte dem Grossen Stadtrat am längsten von ­allen Zurücktretenden an: Seit
1990 politisierte er für seine Partei und
verzichtet nun auf eine erneute Kandidatur. Immerhin seit 1994 war Kurt Zubler (SP), Archäologe und IntegresChef, Ratsmitglied und hat dabei zahlreiche Kommissionen geführt, so präsidiert er etwa derzeit auch die Fachkommission für Soziales, Bildung, Betreuung, Kultur und Sport, und damit eine
von drei ständigen Kommission des
Grossen Stadtrates.
Überhaupt büsst die SP im Hinblick
auf die kommende Legislatur am meisten Köpfe ein: Mit Andres Bächtold,
seit 1995 im Rat, verliert die Partei
Sara Ladina Studer
Geboren am 24. September, 0.44 Uhr
Gewicht: 3700 Gramm
Grösse: 51 Zentimeter
Die glücklichen Eltern:
Sabine und Michael Studer mit
Moritz aus Schaffhausen
Sara Ladina kam nach einer etwas
anstrengenden Geburt mitten in
der Nacht auf die Welt. «Um 22 Uhr
war sie fast schon da, überlegte es
sich aber nochmals anders», erzählt Mutter Sabina Studer. Danach
war ein Kaiserschnitt nötig. Mit
dem Töchterchen und dem 16
­Monate alten Moritz Laurin ist die
­Familienplanung abgeschlossen.
Beide Kinder tragen einen zweiten,
bündnerischen Vornamen, der auf
die Verbundenheit der Eltern mit
den Bergen und besonders dem
Wintersport hinweist. Wurzeln
­haben die Eltern keine im Bünderland. Als erstes Geschenk erhielt
Sara einen Plüschhasen vom
Grossmami. Dieser wacht jetzt,
während die Kleine schläft. (brr)
Ausgehtipp
E Freitag, 28. September
Bewährte Köpfe, die nicht mehr
für den Grossen Stadtrat antreten
Neben den Neu-Stadträten
Chnopf der Woche
nicht nur einen erfahrenen Politiker,
sondern auch ihren Parteipräsidenten,
sodass die Stadt-Sektion auch intern
eine Nachfolgeregelung finden muss.
Für die SVP mindestens so empfindlich dürfte der Rücktritt von Josef
Eugster sein: Seit 1996 war der Unternehmer im Grossen Stadtrat, in der zu
Ende gehenden Legislatur war er
­Präsident der SVP/EDU-Fraktion und
stand auch der zweiten wichtigen Kommission, der Fachkommission für Bau,
Planung, Verkehr, Umwelt und Sicherheit, vor. Ebenso kein weiteres Engagement im Grossen Stadtrat wird es von
Lehrer Beat Steinacher (SP) und Juristin Christine Thommen (FDP) geben:
Thommen übernimmt ab 1. Januar 2013
die im Aufbau befindliche Kinder- und
Erwachsenenschutzbehörde.
Popsongs
Eigentlich heisst er Domi Schreiber, doch auf der Bühne nennt er
sich MyKungFu. Er kommt ­diesen
Abend ins TapTab. Der Winterthurer Singer/Songwriter präsentiert sein aktuelles Album «Repeat
Spacer» und spielt kluge und herzerwärmende Popsongs, die Ohrwurm-Potenzial haben. Support
erhält er von der Schaffhauser
Band Workers Gold, die ein
­variantenreiches Programm mit
einer Mischung aus Folk-, Singer/
Songwriter- und Rock-Musik
­präsentiert. Für die Afterparty
sorgt DJ Lipansky.
Anlass: «MyKungFu»
Ort: Schaffhausen, TapTab
Zeit: 21 Uhr
Beat
Steinacher
(SP)
Kurt Zubler
(SP)
Andres
Bächtold
(SP)
Christine
Thommen
(FDP)
Ernst
Spengler
(SVP)
Sepp
Eugster
(SVP)
SMS-Umfrage
Frage der Woche:
Finden Sie die Entlassung
Christoph Mörgelis
gerechtfertigt?
So funktioniert es: SMS mit dem Betreff
SNFRAGE A für Ja oder SNFRAGE B für
Nein an die Nummer 9889 schicken
(50 Rappen pro SMS).