Kulturelle Identität im Christentum

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Kulturelle Identität im Christentum
Das Christentum war von Anfang an multikulturell und nicht ethnisch definiert.
Dies wird in der Pfingsterzählung (Apg. 2), in der gesamten Apostelgeschichte
und in den paulinischen Briefen verdeutlicht, die immer wieder auf interkulturelle
Konflikte innerhalb der Gemeinden reagieren.
In den folgenden Jahrhunderten bildeten sich jedoch unterschiedliche
Modelle des Verhältnisses von Nation und Christentum. Vereinfacht lassen sich
vier Modelle darstellen:
Das orthodoxe Modell
bestand in der nationalen Aneignung des Christentums, das sich als christliche „Kulturnation“ verstand. Von Äthiopien bis Russland entstanden Nationalkirchen, die ihre historische Sendung vor allem in der Bewahrung ihrer besonderen,
nationalen und religiös kulturellen Identität sehen. Die Feier der Liturgie festigt
diese Identität immer wieder. Diese Rolle übernehmen auch die Migrationsgemeinden der östlichen und orientalisch-orthodoxen Kirchen.
Das katholische Modell
entstand in einer imperialen Staatsnation, die verschiedene Völker umfasste.
Hier wurde das Christentum zunächst als der gemeinsame Nenner über die
nationalen Grenzen hinweg gesehen, später wurde die römische Kirche dann zur
katholischen Weltkirche: Egal welcher Nationalität die Gläubigen sind, sie sind
Teil der einen und einzigen, weltumspannenden Kirche, zusammengehalten durch
die Institution. „Seelsorgestellen für anderssprachige Gläubige“ sind deshalb selbstverständlich.
Das protestantische Modell
Obwohl die Landeskirchen Kontakte pflegen, agieren sie völlig autonom;
mit der Bildung von Nationalstaaten ging der Protestantismus auch Verbindungen
mit nationalkulturellen Vorstellungen ein. Die Tochterkirchen, die weltweit durch
Mission entstanden, waren deshalb auch nie integraler Bestandteil der Mutterkirche und wurden nach der Kolonialzeit unabhängig. Protestantische MigrantInnen
finden also in ihrem Aufnahmeland niemals „ihre“ Kirche vor, sondern allenfalls
verwandte Kirchen. Da aber im protestantischen Selbstverständnis nationale und
kirchliche Identität sehr wichtig sind, gründen protestantische Migrantlnnen gern
„Tochtergemeinden“ ihrer jeweiligen Heimatkirche. Sie verstehen sich als Gemeinden, die in der Fremde ihre „Herkunftsidentität“ zu bewahren suchen. Kontakte
zwischen MigrantInnen und einheimischen Gemeinden gibt es kaum, man geht
davon aus, dass jeder für sich sein will. Kirchliche Integration ist den Evangelischen Kirchen eher kein Anliegen.
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Das pentekostale Modell
entwickelte sich im 20. Jahrhundert und lässt sich am besten unter dem
Stichwort „glokalisiert“ beschreiben: „Pfingstliche“ Gemeinden sind stets lokal
autonom und sozial inkulturiert, verstehen sich aber als Teil einer weltweiten
Bewegung und verweigern jede national-kulturelle Festlegung, weil es in Christus keine Nationalitäten mehr gibt. Die Überlegungen machen deutlich, dass die
orthodoxen und protestantischen Konstruktionen kirchlich-nationaler Identität
sich relativ nahe sind. Die Migrationsströme des 20. Jahrhunderts stellen diese
Modelle allerdings in Frage. Das katholische und das pentekostale Modell sind
dagegen besser geeignet, kirchliche Identität und Einheit in einer globalisierten
Welt zu beschreiben und zu leben.
Aus: C. Währisch-Oblau, Migrationskirchen in Deutschland. Überlegungen zum Thema
Identität, in: Zeitschrift für Mission, Themenheft Migration1-2/2005, Lembeck Verlag, S. 24ff
zusammengefasst von Mag. Maria Schelkshorn-Magas in Werkmappe Weltkirche 139.
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