missiothek online Arbeitsblatt_missiothek_1403_Kulturelle_Identität_im_Christentum_1 Kulturelle Identität im Christentum Das Christentum war von Anfang an multikulturell und nicht ethnisch definiert. Dies wird in der Pfingsterzählung (Apg. 2), in der gesamten Apostelgeschichte und in den paulinischen Briefen verdeutlicht, die immer wieder auf interkulturelle Konflikte innerhalb der Gemeinden reagieren. In den folgenden Jahrhunderten bildeten sich jedoch unterschiedliche Modelle des Verhältnisses von Nation und Christentum. Vereinfacht lassen sich vier Modelle darstellen: Das orthodoxe Modell bestand in der nationalen Aneignung des Christentums, das sich als christliche „Kulturnation“ verstand. Von Äthiopien bis Russland entstanden Nationalkirchen, die ihre historische Sendung vor allem in der Bewahrung ihrer besonderen, nationalen und religiös kulturellen Identität sehen. Die Feier der Liturgie festigt diese Identität immer wieder. Diese Rolle übernehmen auch die Migrationsgemeinden der östlichen und orientalisch-orthodoxen Kirchen. Das katholische Modell entstand in einer imperialen Staatsnation, die verschiedene Völker umfasste. Hier wurde das Christentum zunächst als der gemeinsame Nenner über die nationalen Grenzen hinweg gesehen, später wurde die römische Kirche dann zur katholischen Weltkirche: Egal welcher Nationalität die Gläubigen sind, sie sind Teil der einen und einzigen, weltumspannenden Kirche, zusammengehalten durch die Institution. „Seelsorgestellen für anderssprachige Gläubige“ sind deshalb selbstverständlich. Das protestantische Modell Obwohl die Landeskirchen Kontakte pflegen, agieren sie völlig autonom; mit der Bildung von Nationalstaaten ging der Protestantismus auch Verbindungen mit nationalkulturellen Vorstellungen ein. Die Tochterkirchen, die weltweit durch Mission entstanden, waren deshalb auch nie integraler Bestandteil der Mutterkirche und wurden nach der Kolonialzeit unabhängig. Protestantische MigrantInnen finden also in ihrem Aufnahmeland niemals „ihre“ Kirche vor, sondern allenfalls verwandte Kirchen. Da aber im protestantischen Selbstverständnis nationale und kirchliche Identität sehr wichtig sind, gründen protestantische Migrantlnnen gern „Tochtergemeinden“ ihrer jeweiligen Heimatkirche. Sie verstehen sich als Gemeinden, die in der Fremde ihre „Herkunftsidentität“ zu bewahren suchen. Kontakte zwischen MigrantInnen und einheimischen Gemeinden gibt es kaum, man geht davon aus, dass jeder für sich sein will. Kirchliche Integration ist den Evangelischen Kirchen eher kein Anliegen. MISSIO.AT • Spannende Berichte, Bilder und viele Tipps, wie ihr die Arbeit Missios für die Ärmsten unterstützen könnt: Gleich informieren auf www.missio.at. missiothek 1403 missiothek online Arbeitsblatt_missiothek_1403_Kulturelle_Identität_im_Christentum_2 Das pentekostale Modell entwickelte sich im 20. Jahrhundert und lässt sich am besten unter dem Stichwort „glokalisiert“ beschreiben: „Pfingstliche“ Gemeinden sind stets lokal autonom und sozial inkulturiert, verstehen sich aber als Teil einer weltweiten Bewegung und verweigern jede national-kulturelle Festlegung, weil es in Christus keine Nationalitäten mehr gibt. Die Überlegungen machen deutlich, dass die orthodoxen und protestantischen Konstruktionen kirchlich-nationaler Identität sich relativ nahe sind. Die Migrationsströme des 20. Jahrhunderts stellen diese Modelle allerdings in Frage. Das katholische und das pentekostale Modell sind dagegen besser geeignet, kirchliche Identität und Einheit in einer globalisierten Welt zu beschreiben und zu leben. Aus: C. Währisch-Oblau, Migrationskirchen in Deutschland. Überlegungen zum Thema Identität, in: Zeitschrift für Mission, Themenheft Migration1-2/2005, Lembeck Verlag, S. 24ff zusammengefasst von Mag. Maria Schelkshorn-Magas in Werkmappe Weltkirche 139. MISSIO.AT • Spannende Berichte, Bilder und viele Tipps, wie ihr die Arbeit Missios für die Ärmsten unterstützen könnt: Gleich informieren auf www.missio.at. missiothek 1403
© Copyright 2024 ExpyDoc