R 3 Anfechtung I. Einstiegsfall Karin Käufer bestellt "Sneaker" beim

Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
R 3 Anfechtung
I. Einstiegsfall
Karin Käufer bestellt "Sneaker" beim
Versandhaus "Sport-Schiller". Als die
Ware eintrifft stellt sie fest, dass es sich
bei Sneakern um Turnschuhe und nicht
um Strumpfhosen handelt, die auf dem
Prospekt auch abgebildet waren.
Muss K die Schuhe abnehmen und
bezahlen?
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Die Anfechtung
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
II. Grundsatz - Fehlerhafte Willenserklärung
Der eigentliche Grundsatz lautet: "Pacta sunt servanda". Also muss
Karin den Kaufvertrag erfüllen.
Die WE ist aber fehlerhaft, zwar sind Handlungswille und
Erklärungsbewußtsein vorhanden, aber der Geschäftswille ist nicht
gegeben.
§ 119 gibt eine Möglichkeit, vom Vertrag mit allen seinen Pflichten
wieder loszukommen.
Führe eine Normenanalyse des § 119 durch!
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
III. Normenanalyse §119
§ 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums
(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im
Irrtume war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht
abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen
ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger
Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über
solche Eigenschaften der Person oder Sache, die im Verkehr als
wesentlich angesehen werden.
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
III. Normenanalyse §119
§ 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums
(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im
Irrtume war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht
abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen
ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger
Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über
solche Eigenschaften der Person oder Sache, die im Verkehr als
wesentlich angesehen werden.
Zeichne eine Lösungsskizze des §119!
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
III. Normenanalyse §119
Inhaltsirrtum
Erklärungsirrtum
Irrtum über
verkehrswesentliche Eigenschaft
Anfechtung möglich
Die Rechtsfolge zeigt, dass die Anfechtung möglich ist! Die
Anfechtungserklärung wird in § 143 beschrieben.
Dass eine Anfechtung möglich ist, bedeutet noch nicht, dass es eine
Wirkung entfaltet. Lese § 121!
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
III. Normenanalyse §119
Erklärung der Anfechtung (WE)
unverzüglich
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
erste WE unwirksam (ex tunc)
SE auf negatives Interesse
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
IV. Ausgleich für das Recht des Anfechtens
Es wäre sicherlich nicht richtig, wenn der Anfechtungsgegner, nun
nicht seinen Schaden ersetzt bekäme, den er erleidet, weil er auf die
Erfüllung des Vertrages vertraut.
§ 122 gibt dann auch den Anspruch auf Schadensersatz SE,
allerdings nur auf das negative Interesse des Vertragspartners
begrenzt.
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
IV. Ausgleich für das Recht des Anfechtens
Beispiel 1:
V vekauft dem K eines von 10 gleichen Fahrrädern aus seinem
Laden,
Einkaufspreis 100,00 EUR
Verkaufspreis 200,00 EUR.
K ficht erfolgreich den Vertrag an. V hat keinen Schaden, der
entgangene Gewinn stellt keinen Schaden dar, der über das negative
Interesse hinausgeht. V soll so gestellt werden, als hätte er von dem
Vertrag nie etwas gewußt.
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
IV. Ausgleich für das Recht des Anfechtens
Beispiel 2:
V vekauft dem K eines von 10 gleichen Fahrrädern aus seinem
Laden,
Einkaufspreis 100,00 EUR
Verkaufspreis 200,00 EUR.
V schickt dem K das Fahrrad mit einer Spedition, Kosten 30 EUR.
K ficht erfolgreich den Vertrag an. V hat einen Schaden von 30 EUR,
denn hätte er von dem Vertrag nie etwas gewusst, dann hätte er ein
Vermögen, das 30 EUR mehr wäre. Diesen Schaden hat K zu
ersetzen.
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
IV. Ausgleich für das Recht des Anfechtens
Beispiel 3:
V vekauft dem K den einzigen Korb Pilze, den er im Laden hat. Ein
anderer Kunde hätte die Pilze auch gerne gekauft, K schnappt sie
ihm aber vor der Nase weg.
Einkaufspreis 50,00 EUR
Verkaufspreis 100,00 EUR.
K ficht erfolgreich den Vertrag an. V hat einen Schaden von 50 EUR,
wenn er von dem ersten Vertrag nichts erfahren hätte, dann hätte er
sicherlich die Pilze verkaufen können (was V beweisen muss!), nun
bringt V die Pilze zurück...
[dieser Fall ist sehr konstruiert, wir wissen nicht, wie die Gerichte in
diesem Fall wirklich entscheiden würden...]
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
V. Der Bote ist schuld...
Beispiel 4:
K gibt seinem Angestellten B einen Bestellzettel, den er bei G
abgeben soll, um 100 kg Mehl zu bestellen.
Der B geht aber aus Versehen nicht zu G, sondern zu V, der den
Vertrag gerne annimmt.
Ob K hier anfechten kann ergibt sich aus §120 (Lesen!).
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
V. Na, na na ...
Beispiel 5:
Der Bankangestellte B täuscht den ahnungslosen K zum Abschluss
eines Kreditvertrages, den er häute noch abschließen müsse, da am
nächsten Tag die Zinsen um mehrere Prozentpunkte steigen würden.
Beispiel 6:
Wie 5, aber diesmal droht B dem K, wenn er den Kredit nicht nehme,
würde er dafür sorgen, dass seine Kreditlinie gestrichen werde...
Löse diese Fälle unter Zuhilfenahme des §123! Wann muss die
Anfechtungserklärung in diesem Fall erfolgen?
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
V. Na, na na ...
Beispiel 7:
A verkauft im Auftrag der Bank B Mietwohnungen, die zu
Eigentumswohnungen umgewandelt werden, an den Mieter M. Neben
dem Kaufvertrag schließt A gleich für B die Kreditverträge mit ab,
wofür er eine Provision erhält. Allerdings täuscht A den
ahnungslosen M über den Wert der Immobilie, indem er ihnen
erzählt, dass alles im Haus vorher noch generalsaniert werde, was
nicht stimmt...
Kann M den Kreditvertrag anfechten? Lies dazu §123 II
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
VI. Irren ist menschlich ...
Wer sich einfach nur irrt, kommt eigentlich vom Vertrag nicht los.
Wenn man sich allerdings in einer verkehrswesentlichen Eigenschaft
irrt, so kann man die WE doch anfechten.
Eigenschaften sind alle wertbildenden Faktoren, aber nicht das
Ergebnis dieser Wertbildung (Keine Anfechtung, weil man sich im
Preis geirrt hat!)
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
VII. Und was ist mit dem Abstraktionsprinzip ...
Wird eine WE erfolgreich angefochten, hat es den Vertrag nie
gegeben, man tut jedenfalls so!
Sind damit alle Verträge ex tunc (von Anfang an) hinfällig?
Wenn nein, wie erfolgt ein Ausgleich diese doch wohl
ungerechtfertigten Bereicherung? Lese §812 !
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Anfechtung
VII. Und was ist mit dem Abstraktionsprinzip ...
§ 812 Herausgabeanspruch bei Ungerechtfertigter Bereicherung
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf
desssen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur
Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann,
wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer
Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg
nicht eintritt.
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Sonstiges
VIII. Was sonst noch alles wichtig sein könnte...
Aufstellung, wann man an einen Antrag nicht gebunden ist:
- wenn die Bindung ausgeschlossen ist (solange Vorrat reicht), sog.
Freizeichnungsklauseln
- rechtzeitiger Widerruf (§130)
- unter Anwesenden nicht sofort angenommen wird (§147 I)
- unter Abensenden die Frist verstrichen ist, nach der man
üblicherweise mit einer Annahme rechnen muss
- wenn der Antragende eine Frist setzt (§148)
- Abänderung des Antrages (= neuer Antrag) (§150)
- wenn er abgelehnt wird (§146)
auch Schaufenster, Zeitungsanzeigen, Werbeblätter (sog. "invitatio
ad offerendum")
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]
Schiller-Gymnasium Hof
Manuel Friedrich StR
Die Anfechtung
R 3 Sonstiges
VIII. Was sonst noch alles wichtig sein könnte...
Ein Vertrag kommt nicht zustande,
wenn die beiden WE nicht übereinstimmen:
- offener Einigungsmangel (§154), daher oft
sog. Salvatorische Klausel
- versteckter Einigungmangel (§155, aber hier gilt auch §157!!)
© 2005 Manuel Friedrich - eMail: [email protected]