4701.00675/1000/9.2012 Patienteninformationsbroschüre nach Halswirbelsäulenoperationen Diese Broschüre enthält wichtige Informationen und Tipps: I. II. lll. Theoretische Hintergründe Haltung und Bewegung im Alltag Heimprogramm 1 I. Theoretische Hintergründe Operationen der Halswirbelsäule Ein Bandscheibenvorfall (Diskushernie) im Bereich der Halswirbelsäule ist eine häufige Erkrankung im mittleren Lebensabschnitt, kann jedoch in jedem Lebensalter auftreten. Dabei tritt der weiche Kern der Bandscheibe (Nucleus pulposus) durch den harten Faserring (Anulus fibrosus) und drückt auf die Nervenwurzeln der Halswirbelsäule oder sogar auf das Rückenmark. Zusätzlich können Verschiebungen der Wirbelsäule und Knochenvorsprünge durch degenerative Veränderungen diese Situation verschlechtern. Häufigste Symptome sind Nacken- und Kopfschmerzen, oft begleitet von ausstrahlenden Schmerzen in den Arm. In vielen Fällen können die Beschwerden durch konservative Behandlungsstrategien wie zum Beispiel vorübergehende Schmerzmittelbehandlung, physikalische bzw. physiotherapeutische Behandlungen oder aber auch durch gezielte Spritzen (Injektionen/Infiltrationen) erfolgreich behandelt werden. Es können neben den Schmerzen auch Gefühlsstörungen oder Lähmungen auftreten. Durch Druck auf das Rückenmark kann sogar eine Querschnittslähmung drohen. In diesen Fällen oder bei Schmerzpersistenz trotz adäquater konservativer Massnahmen ist meist eine Operation unumgänglich. Das Ziel einer Operation ist zum einen die Schmerzlinderung, der Schutz des Rückenmarkes und der Nerven und somit ein Verhindern von Lähmungen und Gefühlsstörungen. Weitere Gründe sind, die Stabilität der Wirbelsäule wiederherzustellen oder eine Korrektur der Haltungsfehler durchzuführen. Bei der Operation wird der eingeklemmte Nerv vom Druck durch das Bandscheibengewebe befreit. Oft ist es nötig, die überstehenden Knochen-/Knorpelanteile der Wirbelkörper und Wirbelgelenke mikrochirurgisch abzutragen. Ein künstlicher Bandscheibenersatz – evtl. mit einer Platte oder Stabilisierungsstäben – sorgt dabei dafür, dass die Höhe der Wirbelsäule erhalten bleibt und stabilisiert gleichzeitig die Wirbelsäule. Unsere Chirurgen wählen für Sie die individuell beste Behandlungsoption und Operationsmethode aus und führen diese mit modernsten Operationstechniken durch. Die Operation ist nur ein Teil der gesamten Therapie. Ein mindestens ebenso wichtiger Teil der Behandlung ist Ihre Disziplin nach der Operation. Das KSA-Team der Physiotherapie wird Ihnen nach der Operation die entsprechenden Instruktionen geben und falls nötig physiotherapeutische Massnahmen durchführen. Dadurch sollen Rückfälle vermieden und ein möglichst rascher Wiedereinstieg in Ihren gewohnten Alltag erleichtert werden. Diese Broschüre soll Sie neben den Instruktionen durch die Kollegen der Physiotherapie und der Pflege während Ihrer Genesung als zusätzliche Unterstützung begleiten. 2 Verschiedene Halskragen Weicher Halskragen Harter Halskragen Je nach durchgeführter Operation entscheidet der Chirurg, ob und wie lange Sie einen Halskragen benötigen und welcher für Sie geeignet ist. Im Allgemeinen müssen Sie bis zur Röntgenkontrolle am Tag nach der Operation den harten Halskragen tragen. Danach benötigen Sie in der Regel einen weichen Halskragen und dieser begleitet Sie bis ca. 2 Wochen nach der Operation. Zur Körperflege ist es erlaubt, den Kragen jeweils abzuziehen. Gilt für Ihre Nachbehandlung etwas Anderes, wird Ihnen dies durch Ihren Arzt, das Pflegepersonal oder Ihren Physiotherapeuten mitgeteilt. 3 II. Haltung und Bewegung im Alltag Die richtige Haltung Aufrichtung der gesamten Wirbelsäule Halswirbelsäule (7 Wirbel) Brustwirbelsäule (12 Wirbel) Um eine optimale Position der Halswirbelsäule zu erhalten, muss die gesamte Wirbelsäule inklusive des Beckens in die Haltungsschulung einbezogen werden. Die richtige Einstellung der Wirbelsäule startet von unten nach oben. Lendenwirbelsäule (5 Wirbel) Kreuzbein (Sacrum) Steissbein Zahnradmodell nach Dr. med. Alois Brügger 4 So finden Sie die korrekte Haltung im Sitzen ✔ Das Becken soll sich stabil auf der Unterlage befinden. Ist es zu weit nach hinten gekippt, so stellt sich die gesamte Wirbelsäule darüber rund ein. Ist es zu sehr nach vorne gekippt, so ergibt sich ein Hohlkreuz. ✔ Sie finden die optimale Position des Beckens, wenn Sie direkt auf den Sitzbeinhöckern sitzen (Ihr Therapeut zeigt Ihnen, wie Sie diese finden können). Nun kann die normale Aufrichtung nach oben weiterlaufen, so dass sich der Kopf gerade auf dem obersten Halswirbel ausrichten kann. Vorgehen: 1. Setzen Sie sich auf eine stabile Unterlage 2. Richten Sie ihr Becken auf 3. Stellen Sie sich vor, Sie möchten sich gross machen, das Brustbein geht leicht nach vorne oben und der Nacken macht sich lang (als Hilfe können Sie mit den Augen nach unten schauen). ➦ Der Kopf hat nun eine optimale Stellung auf der Wirbelsäule und kann ohne viel Muskelaktivität gehalten werden. Korrekte Sitzhaltung Achten Sie auf Bodenkontakt, auf eine gute Sitzfläche und auf einen lockeren Schultergürtel! Varianten " Wichtig ist, dass Sie die gesamte Wirbelsäule richtig belasten! " Wichtig ist, dass Sie die Sitzposition häufig wechseln! 5 Korrekte Lagerung im Bett bis zum Kontrolltermin bei Ihrem Operateur Rückenlage Seitenlage " Wichtig ist, dass die gesamte Wirbelsäule die natürliche Form behält! " Hohlräume sollten mit weichen Kissen ausgefüllt werden, damit Ihr Nacken bequem liegt! Rutschen im Bett In Rückenlage nach rechts/links In Seitenlage nach vorne/hinten 1. Bauch anspannen 2. Druck unter Füssen und Ellbogen aufbauen 3. Gesäss leicht anheben 4. In kleinen Schritten rutschen 1. Bauch anspannen 2. Druck unter Hand und Beinen aufbauen 3. Gesäss leicht anheben 4. In kleinen Schritten rutschen 6 Transfer aus und ins Bett Drehen im Bett Aus der Seitenlage in den Sitz Aus dem Sitz in den Stand 7 Transfer auf den Boden Aus dem Stand in den Vierfüsslerstand So können Sie ohne Probleme auf den Boden gelangen, um etwas aufzuwischen oder etwas aufzuheben, ohne sich selber zu gefährden. " Wichtig ist, dass Sie die Hände auf den Oberschenkeln abstützen! 8 Mögliche Bewegungen der umliegenden Gelenke Schulterkreisen, um die Nackenmuskulatur zu entspannen Beckenkippung, um den unteren Teil der Wirbelsäule zu bewegen Dynamisches Stehen Langes Stehen ermüdet die Muskulatur und führt zu Fehlhaltungen. Dies kann durch kleine Übungen einfach vermieden werden. Kleine Gewichtsverlagerungen rechts/links 9 Kleine Gewichtsverlagerungen nach vorne/hinten Entlastung im Sitzen und im Stand Entlastung kann einerseits durch eine äussere Stabilisation oder durch das Abgeben des Armgewichtes erlangt werden. Abstützen des Kopfes im Sitzen Das Kopfgewicht kann so an die Hände abgegeben werden Armgewicht im Sitzen abgeben So entsteht kein Zug an der Nackenmuskulatur 10 Arme am Körper abstützen Arme aufstützen oder in der Hosen- /Jackentasche versorgen Weitere Tipps im Alltag Verschiedene Varianten zum Anziehen von Socken und Schuhen Sicherer Halt ist wichtig! Zähne putzen In Schrittstellung stehen und mit einer Hand am Lavabo abstützen. Zum Spülen des Mundes ein Glas mit Wasser benutzen. 11 Bügeln Hüftbreit stehen und Bügelbrett so hoch einstellen, dass Ihr Rücken gerade ist Staubsaugen/Fegen In Schrittstellung stehen, Saugrohr/Besen möglichst so einstellen, dass Ihr Rücken bei der Aktivität gerade ist Aufwischen In die Hocke gehen und körpernah wischen 12 Korrektes Bücken/ Heben/ Tragen Bücken Gesäss geht nach hinten unten, dabei bleiben die Knie an Ort und Stelle, so bleibt der Schwerpunkt immer über den Füssen Heben Tragen Gewichte seitlich tragen Sofern keine anderen Abmachungen getroffen werden, ist das Tragen von Gegenständen, welche über 1 kg wiegen, erst nach dem Kontrolltermin beim Operateur erlaubt. Gegenstände immer körpernah tragen! Gewichte immer gleichmässig auf beide Seiten verteilen 13 Auto fahren In der Regel dürfen Sie bis zur ersten Kontrolle beim Operateur nicht selbst Auto fahren. Gilt in Ihrer Nachbehandlung etwas Anderes, wird Ihnen dies durch Ihren Arzt, das Pflegepersonal oder Ihren Physiotherapeuten mitgeteilt. Da das Fahren in einem Auto immer auch mit kleinsten Erschütterungen verbunden ist, empfehlen wir auch nicht, dass Sie kurz nach der Operation als Beifahrer lange unterwegs sind. Il. Heimprogramm Die muskuläre Stabilisation des Rumpfes Das Erlernen der muskulären Stabilisation ist nach einer Wirbelsäulenoperation sehr wichtig. Durch angepasste Muskelaktivität kann die Wirbelsäule wie in einem Korsett gestützt werden. So kann die Heilung gut ablaufen und weitere Schäden können so vermieden werden. Begriffserklärung: Grundspannung Mm. Multifidi M. Transversus abdominis Kreuzbein Schambein Beckenbodenmuskulatur Eine muskuläre Stabilisation der Wirbelsäule bedeutet: Anspannung des M. Transversus abdominis und der Mm. Multifidi (tiefe Bauch-/Rückenmuskeln und wichtige Stabilisatoren) in verschiedenen Ausgangsstellungen wie z.B. Sitz/Stand und später auch bei Alltagsaktivitäten, z.B. Heben/Tragen. 14 Üben der Grundspannung Vorstellungsmöglichkeiten zur Aktivierung der Grundspannung: – Bauchnabel Richtung Steissbein ziehen – Die seitlichen Beckenknochen zusammenziehen – Reissverschluss schliessen bei enger Hose Zur Kontrolle können Sie mit 2 Fingern Ihre Beckenknochen aufsuchen. Dann wandern Sie mit Ihren Fingerspitzen ein paar Zentimeter in Richtung Bauchnabel. Dort in der Tiefe (leichten Druck mit den Fingerspitzen ausüben) sollten Sie eine Anspannung spüren. Übungshäufigkeit: – Stündlich 3x10 Sekunden die Spannung halten – vor Bewegungsübergängen (z.B. vom Liegen zum Sitzen, vom Sitzen zum Stehen) und bei Bewegung sollten Sie die Spannung aufbauen und halten Achtung! – Bei der Anspannung darf keine Bewegung in der Lendenwirbelsäule stattfinden – langsame, sanfte Anspannung und Entspannung – regelmässige, tiefe Atemzüge 15 Datum der Operation: Präoperative Diagnose: ❑ Mikrotechnische Diskektomie ❑ Dekompressive Interlaminotomie ❑ Dekompressive Laminektomie Zusätzliche Stabilisation (❑ transpedikuläre Schrauben, ❑ Cages, ❑ dynamisch) ❑ Implantation Bandscheiben-Prothese Postoperative Instabilität: ❑ ja ❑ nein ❑ Besonderes ❑ Hilfsmittel Verordnender Arzt: Name des Therapeuten: Neurochirurgische Klinik Prof. Dr. med. J. Fandino, Chefarzt Tellstrasse 5001 Aarau Telefon +41 (0)62 838 66 90 Telefax +41 (0)62 838 66 29 [email protected] www.ksa.ch 2 4701.00675/1000/9.2012 Physiotherapie Team Neurochirurgie Simone Lagler, Teamleiterin Tellstrasse 5001 Aarau Telefon +41 (0)62 838 46 85 Telefax +41 (0)62 838 43 29 www.ksa.ch
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