Versicherungen, Verbraucherschutz und der Google

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Vergleichsportale; Politik; 2.12.2015
Versicherungen, Verbraucherschutz und der Google-AppleAlgorithmus
Die Fraktion
von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag hat Material zur Arbeitsweise von Vergleichs- und Bewertungsportalen im Internet gesammelt.
Foto: jarmoluk/Pixabay
Kaufen Apple-Nutzer am teuersten? Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag hat
Material zur Arbeitsweise von Vergleichs- und Bewertungsportalen im Internet gesammelt. Diese
seien häufig weniger objektiv und unabhängig als Verbraucher annehmen. Vor allem seien die
Anbieter kaum transparent. Nun wollen die Grünen von der Bundesregierung erfahren, wie sie
auch bei Geld- und Versicherungsportalen mehr Fairness gegenüber den Verbrauchern
sicherstellen will. Übersehen haben die Grünen, dass die EU-Versicherungsaufsicht bereits
Daumenschrauben für intransparente Portale plant.
Die Verbraucherkommission Baden-Württemberg forderte in einer Pressemitteilung im Oktober ein
Bundesgesetz, das einen Rahmen für Vergleichsrechner im Internet schafft. Deren Forderung: „eine
vollständige Transparenz der Portale, die beanspruchen, Transparenz im Markt der Versicherungen, der
Strom-, Gas- oder Handytarife oder der Finanz- und Altersvorsorgeprodukte zu schaffen“. Die
Kernforderungen der Kommission:

Vor einem Produktvergleich informiert das Portal über am Vergleich teilnehmende und nicht
teilnehmende Anbieter.

Ebenfalls vor dem Start informiert das Portal über sein Geschäftsmodell und die Provisionen, die
es für Vertragsabschlüsse erhält.

Das Portal listet auch Tarife, die man nicht über das Portal abschließen kann, für die es also
keine Maklerprovision erhält.

Die Vergleichsrechner unterlassen Werbung mit einem kostenlosen Vergleich, denn die Kosten
(Maklerprovisionen) sind im Preis für die Police enthalten.
-2-
YouGov: Menschen glauben Maschinen inzwischen mehr als anderen
Menschen
Laut einer Studie der Meinungsforscher von YouGov halten 55 Prozent der Nutzer Online-Portale für
unabhängiger als ihren Bankmann oder die Versicherungsfrau am Wohnzimmertisch. Laut YouGov
haben Verbraucher bei den Portalen das Gefühl, dass sie ihnen mehr Kontrolle über ihre
Kaufentscheidung ermöglichen. Wenn das so stimmt, dann glaubten die Käufer schon jetzt einer
Maschine mehr als dem Menschen, der ihnen als Verkäufer im wirklich wahren Leben in einem realen
Laden gegenübersteht.
Jeder Zweite denkt, dass er durch Plattformen wie Check24 oder Verivox günstigere Preise und
Konditionen erhält als bei den Anbietern direkt. Knapp die Hälfte der von YouGov befragten
Verbraucher sagen, dass Vergleichsportale ihnen klarmachen, worauf sie beim Kauf von Finanz- und
Versicherungsprodukten achten müssen. Viele Portale finanzieren sich über Provisionen und bewerten
nur diejenigen Anbieter, die ihnen Provisionen zahlen.
Grüne Bundestagsfraktion will Transparenz bei Portalen
Nicht ersichtlich seien für die Verbraucher die Kriterien für Algorithmen, die hinter der Nutzeroberfläche
am Bildschirm anhand voreingestellter Präferenzen der Kunden die günstigsten auf dem Markt Produkte
herausfiltern. Wie kann man Kunden-Vergleichsportale transparenter machen? Was trägt die
Bundesregierung hierzu bei? Das wollen Bündnis 90/Die Grünen von der Regierung erfahren. Die
Grüne Bundestagsfraktion kommt in ihrer Kleinen Anfrage an die Exekutive zu dem Schluss, dass
Vergleichsportale aller Art und aller Branchen, etwa bei Reise-, Dienstleistungs- oder
Versicherungsvermittlung nicht transparent sind.
Die Grünen fragen, wie die Bundesregierung bei wenig verbraucherfreundlichen Portalen gegensteuern
will. Eine neutrale Verbraucherinformation sei meist nicht das Geschäftsziel der Portale, auch wenn
viele Verbraucher dies annehmen. Problematisch werde es, wenn suggeriert wird, dass es sich um
neutrale Verbraucherinformation handle, jedoch wie im Falle einer Stiftung-Warentest-Untersuchung
„nur vier von elf Stromtarifrechnern“ verlässliche Zahlen zu Stromkosten liefern.
Gekaufte Bewertungen
Außerdem würden neben Bewertungskriterien der Portalanbieter immer öfter auch persönliche
Erfahrungen von bestehenden Kunden Produktratings einbezogen, so genannte user-generated
reviews. Die quantitative Forschung habe gezeigt, dass den Bewertungen anderer Verbraucher einen
hohen Stellenwert beimessen. Laut TNS Infratest verlassen sich 80 Prozent der Internet-Shopper auf
die positiven Bewertungen anderer Kunden.
-3Dies wüssten auch die Anbieter der Portale zu missbrauchen: durch gekaufte positive Bewertungen
können negative Bewertungen ausgeglichen und das Ranking verbessert werden; der Kleinen anfrage
der Grünen zufolge eine gängige Methode im App Marketing. Für Verbraucherinnen und Verbraucher
seien echte und gefälschte Kommentare und Bewertungen nicht zu unterscheiden.
Zahlungsbereitschaft des Kunden kann man messen
Verunsichert würden Verbraucher auch durch ständige Preissprünge im Internet , so genannten
dynamischen Preisen: Auf Basis von Big Data lasse sich die Zahlungsbereitschaft und das
Kaufverhalten einzelner Verbraucher zunehmend präzise vorhersagen. Es werde von den Portalen
versucht zu ermitteln, welches der höchstmögliche Preis ist, den einzelne Konsumenten für bestimmte
Produkte bereit sind zu bezahlen. Dies führe dazu, dass es schon jetzt passieren könne, dass zwei
Verbraucher beim selben Anbieter, zum selben Zeitpunkt dasselbe Produkt zu unterschiedlichen
Preisen angeboten bekommen.
Vor allem Nutzer teurerer Apple-Geräte werde oft ein höherer Preis angeboten als etwa einem
Windows-PC-Nutzer. Beweisbar ist die vorstehende These noch nicht, aber es gibt Anhaltspunkte für
Preisaufschläge bei Nutzern teurerer Endgeräte. Weil die Geräte mit der Suchanfrage auch ihren
Standort und ihre Marke und Modellversion übermitteln. Aus diesem großen Datenschatz statt
Datenschutz ließen sich Algorithmen (analytische Befehls- und Prüfketen) erstellen, die die Preise
nutzerabhängig gestalten.
Übersehen haben die Grünen in ihrer Kleinen Anfrage an die Regierung ein Argument: Dass nämlich
die EU-Versicherungsaufsicht bereits Daumenschrauben für intransparente Portale plant. Der
Versicherungsbote berichtete.
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Quelle: Bundestag
Autor: Markus Rieksmeier