Vortrag von Frau Prof. Petra Warschburger

Adipositas ist Norm


Adipositas und
Stigmatisierung


Prof. Dr. P. Warschburger
Department Psychologie, Beratungspsychologie
2014 weltweit: 1,9 Mrd. Erwachsene übergewichtig (39%);
600 Millionen adipös (13%)
in Deutschland 19 Mio. Menschen von ÜG betroffen
 ♀: 29% ÜG; 23,9% O; ♂: 43% ÜG; 23,3% O
 1,7 Mio. Kinder (750.000 adipös)
zwischen 1980 und 2013: Anstieg um 25,7% bei den
Erwachsenen und 47,1% bei den Kindern
 von 851 Millionen auf 2,1Mrd. (Ng et al., 2014)
Adipositas weltweit – Kinder
Adipositas weltweit - Erwachsene
Ng et al., 2014
2006: Übergewicht ist weltweit häufiger als Untergewicht
♂
♂
♀
♀
Ng et al., 2014
1
… Wunsch
Begriffe
Körperliche
Unzulänglichkeit,
ethnische
Zugehörigkeit,
Geschlecht,
Gewicht, …
Stigma
physisches, psychisches
oder soziales
Merkmal, durch das
sich eine Person von
anderen (negativ)
unterscheidet
Durchschnittsmaße Frauen Deutschland:
30-35 Jahre: 1,67 m; 65,8kg; BMI 23,5
35-40 Jahre: 1,67 m; 67,1 kg; BMI 24
Person gehört
zu dieser
Gruppe
Stigmatisierung
Diskriminierung
Kate Moss (41)
1,69 m
49 kg
BMI 17,2
Heidi Klum (42)
1,76 m
56 Kilo
BMI 18,1
Alessandra Ambrosio (33)
1,76 m
51 kg
BMI 16,5
Bekommt keinen behaviorale Umsetzung
Job, unzureichende
der Vorurteile
(ärztliche)
Behandlung,
verweigerte Hilfe, …
modifiziert nach Corrigan & Larson, 2008;
mit Ergänzung nach Corrigan, Larson & Rüsch, 2009
Grad der Zustimmung
Stigmatisierungseinstellungen
in der Bevölkerung
5
Stereotype
verfestigte,
verallgemeinerte oder
vereinfachte Annahmen
über Mitglieder einer
Gruppe
Diese
Personen sind
auch faul, dumm,
etc.
Vorurteil
Integration von
Stereotypen in die
eigenen Einstellungen
Ich bin der
Überzeugung,
dass …
6
Soziale Ablehnung
Mittelwerte „Fat Phobia Scale“
4
6
3
5
2
4
1
3
1961
2001
2
1
Vignette einer normalgewichtigen Person
Sikorski et al., 2012; N = 3003
Vignette einer übergewichtigen Person
7
Latner & Stunkard, 2001
2
Viele „Täter“
Viele „Formen“
Soziale Ausgrenzung
Familienmitglieder
Freunde / Peers
„Täter“
Angestarrt werden
Körperliche Attacken
Medien
Lehrer
Formen der
Stigmatisierung
Gesundheitsexperten
Negative
Voreinstellungen
Physische Barrieren
(Ärzte, Krankenschwestern,
Psychologen,
Medizinstudenten,
Fitnessexperten,
Ernährungsberater)
Beziehungspartner
Arbeitgeber / Kollegen
Beleidigende verbale
Kommentare
9
Puhl & Heuer, 2009; Puhl & Latner, 2007
Viele „Täter“
Familienmitglieder
• 34-72% erleben dies
• verbale Diskriminierung
• weniger Unterstützung
Medien
• dumm, unattraktiv, hässlich,
ekelhaft, naiv, unverantwortlich,
faul, gefräßig, ohne Manieren,
traurig
• seltene Darstellung
• Eigenverantwortlichkeit und
Kontrollierbarkeit des Gewichts
Gesundheitsexperten
• 21-69% erleben dies
• 30-73% der Ärzte negative
Einstellungen wie abstoßend,
unattraktiv, dumm, nichtsnutzig,
maßlos, schlampig, faul,
• 25-50% der Ärzte als wenig motiviert
und non-compliant; internale
Verantwortungszuschreibung
Puhl & Heuer, 2009; Puhl & Latner, 2007
10
Puhl & Heuer, 2009; Puhl & Latner, 2007
„Täter“
Freunde / Peers
• 60% erleben dies
• Negative Attribute wie gemein,
dumm, hässlich, schlampig,
unglücklich, faul, dreckig,
Betrüger/Lügner, gefühlslos,
ungeduldig, geringer Selbstwert,
(sexuell) unattraktiv
• als Freunde weniger präferiert
Beziehungspartner
• Frauen weniger
sexuell attraktiv,
herzlich, geschickt,
zugänglich
• seltener verheiratet
Arbeitgeber / Kollegen
• 25 – 54% erleben dies
• weniger gewissenhaft,
emotional instabiler,
weniger extravertiert
Betroffene Lebensbereiche
Lehrer
• mind. 32% erleben dies
• mangelnde
Willensstärke, geringere
Leistungen, weniger
soziale, kognitive,
physische und
kooperative Fertigkeiten
• unterschiedliche
Bewertung und
Behandlung von
Schülern
Medien
Alltägliche
Lebensbereiche
Gesundheitswesen
Stigma
Beruf
Bildung
Interpersonelle
Beziehungen
11
12
Puhl & Heuer, 2009; Puhl & Latner, 2007
3
Anteil Filme mit ungesundem Essverhalten: 55% gesüßte Getränke, 60% übergroße Portionen, 75% ungesunde Snacks 15% Fastfood, 25% Markennahrungsmittel
Anteil Segmente mit ungesundem Essverhalten : 51%ungesunde Snacks, 26% übergroße Portionen, 19% gesüßte Getränke Betroffene Lebensbereiche
Häufigkeit von (un)gesundem Ernährungsverhalten und physischer Aktivität • Medien
Gesundheitswesen
• Schlechtere Versorgung:
weniger Geduld und
Empathie, geringerer
Wunsch zu helfen;
zeitverschwendend, nutzlos
und nervig, weniger Zeit
• Patienten: geringere
Zufriedenheit mit
Behandlung; 68% seltenere
Inanspruchnahme von
Vorsorgeuntersuchungen
Beruf
• seltener Einstellung &
höhere Arbeitslosigkeit,
bis zu 24% weniger
Gehalt, geringe
Aufstiegschancen,
schlechtere Bewertung,
gewichtsbezogene
Kündigung
Alltägliche
Lebensbereiche
• zu enge Sitzmöbel
• mangelnde
Kundenberatung im
Einzelhandel
• geringere Chancen bei
Wohnungsvermittlung
Stigma
20 Kinderfilme
(jeweils Top 4 in den Jahren 2006‐2010)
Einteilung in 10‐Minuten‐
Sequenzen
verstärken
KiGGS-Studie
Sichtbarkeit
Verantwortungszuschreibung
/ erlebte Kontrollierbarkeit
Peer-Probleme
geringer Selbstwert
negatives Körperbild
auffälliges Essverhalten / BE
Meiden körperlicher Aktivität
psychische Störungen
Schlaflosigkeit
Suizidgedanken und –versuche
akademische Misserfolge
Außenseiterposition
Meiden der Schule
Sozialer Rückzug
OR = 2,95***
%
Soziale Akzeptanz?
Einzel- vs. Gruppentäter?
Psycho-soziale
Folgen für Täter
X
wie: negatives Selbstwertgefühl, Ablehnung durch
peers, Delinquenz …
• weit verbreitet
OR = 2.61***
OR = 2,29***
OR = 1,53*
30
25
Psycho-soziale
Folgen für Opfer
95% der Filme mind. eine ungesunde Szene
90% der Filme mind. eine gesunde Szene
Throop et al., 2014
35
Diskriminierung
33,2% der Segmente ungesund
17,6 % der Segmente gesund
Bewertung eines Gesamtabschnitts als gesund, ungesund, neutral
Modell
Stigmatisierung
24,9% der Segmente beinhalteten gewichtsbezogene Stigma, davon 94% gegen Übergewichtige 13
Puhl & Heuer, 2009; Puhl & Latner, 2007
Stigma
70% des Filme zeigen gewichtsgezogene Stigma gegen Übergewichtige (20% gegen Untergewichtige )
Häufigkeit von Gewichtsstigma
Bildung
• geringe Chance auf
bessere Bildung /
geringerer Bildungsstatus
• schlechtere
Einschätzung/Benotung
seltener Aufnahme auf das
College
Interpersonelle Beziehungen
• geringe Chancen bei Partnersuche
• geringere Beziehungszufriedenheit
(Partnerschaft und Familie)
• geringere Unterstützung
• höhere Einsamkeit
Physische Aktivität: in 95% der Filme und 51% der Segmente Sitzende Aktivitäten
Filme insgesamt : 40% TV, 35% Computer, 20% Videospiele Segmente insgesamt: 21% TV, 14% Computer, 10% Videospiele
OR = 1. 52***
OR = 1,50*
Normalgewicht
Übergewicht
Adipositas
20
15
10
5
0
Gesamt
Jungen
Mädchen
• sozialer Konsens
• teils nicht illegal
Krause, Kleiber & Lampert, 2014
* p < .05, ** p < .01; *** p < .001
4
Internalisierung des
Gewichtsstigmas



Selbststigmatisierung
noch bedeutsamer zur Erklärung der psychosozialen
Belastung
Selbststigmatisierung
Unterschiede im Ausmaß, in dem erfahrene
Stigmatisierung wahrgenommen und zu negativen
Effekten führt
Stereotype
Internalisierung = Aneignen der erfahrenen
Gewichtsstigmata und Anwenden auf die eigene
Person
Awareness
Agreement
Application
gesellschaftliches
Stigma
17
modifiziert nach Corrigan & Watson, 2002;
mit Ergänzung nach Corrigan, Larson & Rüsch, 2009
18
n = 37
BMI = 20.70
Stigma = Ursache für Adipositas?
%
80
Normalgewichtige
Adipöse
60
Bevorzugter
Spielkamerad?
40
20
0
dünn
84 Kinder
n = 48
BMI = 15.43
normal
dick
ausgewählte Figur
BMI-Effekt: X2(2)= 5.78, p = .05
Geschichten zu Charakteren mit
verschiedenen Kompetenzen &
Eigenschaften (positiv und negativ)
Zuordnung der beschriebenen
Hauptfiguren zu Bildern
• Obesity-Bias:
- positive Attributionen überwiegend
durchschnittlichen und dünnen Figuren
zugeordnet
- negative Attributionen überwiegend
übergewichtigen Figuren zugeordnet
• kein Einfluß des Gewichtsstatus
20
Kornilaki, 2014
5
Weight teasing führt zu
Adipositas!
Wirkungswege von Diskriminierung
Diskriminierung
- Alter
- Geschlecht
- wahrgenommenes
Gewicht
- Internalisierung des
Gewichtstigmas
= Stressor
Personal Factors
Body satisfaction (F, M) (protective)
Weight concerns (F, M)
Depressive symptoms (F)
Socio-environmental Factors
Parental weight concerns & behaviors (F, M)
Weight-related teasing
Weight-related
teasing(F)
(F)1.66/Parents perceived as being overweight (F)
Peer dieting behaviors (M)
Overweight Incidence
(at 10-year follow-up)
kognitiv
strukturelle
Effekte
physiologisch
Behavioral Factors
Breakfast frequency (F) (protective)
Dinner frequency (F) (protective)
Lunch and Dinner frequency (M)
Unhealthy weight control behaviors (F, M)
Extreme weight control behaviors (F, M)
Dieting (M)
Binge Eating (F, M)
emotional
Gesundheitsverhalten
soziale
Unterstützung
Wechselwirkungen
Gewichtzunahme /
Gewichthalten
Quick et al., 2013
intergenerative
Effekte
modifiziert nach Brewis, 2014;
Tamiyana, 2014
Positive Modelle


America's Next Top Model
2008
Konfektionsgröße 42
Vielen Dank für
Ihre Aufmerksamkeit!
Kontakt: [email protected]
Whitney Thompson
6