Finanzierung des Tourismus in Deutschland Zwischen Haushaltskonsolidierung und Sicherung der Marktfähigkeit IHK-Tourismusausschuss München, 20. Oktober 2015 Dr. Mathias Feige, dwif-Consulting GmbH Berlin www.dwif.de / [email protected] Alle Bestandteile dieses Dokuments sind urheberrechtlich geschützt. © 2015 dwif-Consulting GmbH. Dieses Dokument ist Teil der Präsentation und ohne die mündliche Erläuterung unvollständig. Die Rahmenbedingungen für den Tourismus und damit für die Arbeit von Tourismusorganisationen verändern sich immer dynamischer 21.10.2015 1 Welche Rahmenbedingungen sind gemeint? 1. Veränderungen im Markt, 2. bei den Finanzen und 3. bei den rechtlichen Rahmenbedingungen 21.10.2015 Marktgetriebene Veränderungen (Auswahl): Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf Marketing und Vertrieb, Bedeutung und „Wert“ von Content, dialogische Kommunikation B2C, B2B, Veränderungen bei Nachfragern und im Angebot, immer kürzere Investitionszyklen, Bedeutungszunahme Marke, Innovation, Nachhaltigkeit, Qualität, Marktfähigkeit KMU, Ganzheitlichkeit, Regionalität... Veränderungen bei den Finanzen: Angespannte öffentliche Haushalte und die Frage nach der freiwilligen Aufgabe Tourismus sowie Veränderungen in der (EU-) Förderlandschaft Rechtliche Entwicklungen: v.a. im EU-Beihilfe-, Vergabe-, Steuerrecht und ihre immer konsequentere Anwendung 21.10.2015 2 Veränderungen der DMO-Aufgaben auf Regionsebene Marketing + Management Treiberfunktion Imagewerbung Regionalmarke Freizeit - Ausflüge - Übernachtungsreisen ganzheitliche Regionalmarketing Naturerbe Kulturerbe Destinationsentwicklung Nachhaltigkeit Bevölkerung - Betriebe - Beschäftigte - Besucher Mobilität Geschichten Emotionen Vertrieb Datenmanagement Digitalisierung Kommunikation Innovationen Produktentwicklung Soziale Netze Fachkräfte-, Azubigewinnung Qualität Projekte thematisch Partnerschaften Qualifizierung KMU-Kompetenz strategisch 21.10.2015 Rechtliche Rahmenbedingungen • Prüfpflicht aller Kommunen auf die Vereinbarkeit von Ausgleichszahlungen mit EU-Beihilferecht seit 29.11.2006 • Verpflichtung der Wirtschaftsprüfer zur Stellungnahme über den beihilferechtlichen Status für Jahresabschlüsse seit 2011 • verschärfte Prüfpflichten als Folge der Revision des EUBeihilferechts (1/2012 – 7/2014) • Zunahme von Konkurrentenklagen und Beschwerden nach geltendem EU-Vergaberecht • Deutliche Zunahme von Haftungs- und Rückstellungsfragestellungen - bemessen in Zeit und Geld • Einfluss des zukünftig geltenden EU-Vergaberechts (ab 4/2016) 21.10.2015 3 Die Frage nach künftig marktgerechten Aufgaben Strukturen Finanzierungen …ist vor dem Hintergrund der skizzierten Marktanforderungen + der beihilfe-, vergabeund steuerrechtlichen Rahmenbedingungen zu beantworten 21.10.2015 Komplexität der Finanzströme im System Tourismus: Das Beispiel Schleswig-Holstein DIHK BVCD BAG UaB DEHOGA DHV DTV DZT UST Förderung Bund FAG Kreisverbände TASH TVSH Land FAG TMO Lohn-/Einkommensteuer HBV Förderung DEHOGA SH Entgelt AG UaB Beiträge VCSH Beiträge IHK Förderung FAG Kreise LTO Ort Entgelt KA, Gebühren, Entgelt, Steuern Ausgaben © Homp, 2010/Tourismusverband Schleswig-Holstein Arbeitnehmer 1. Umsatzstufe UST Vorleistung Gast Betriebe Steuern Beiträge UST Lohn Betriebe FVA Beiträge FVA, Steuern, Entgelt, Beiträge 2. Umsatzstufe 4 Institutionelle Finanzflüsse im öffentlichen System Tourismus: Beispielregion Mitgliedsbeitrag 100 Mitgliedsbeitrag Landkreis Gemeinden 100 Tourismusverband/verein 100 100 Geschäftsbesorung für XY TourismusGmbH 100 50 Leistungsträger 50 Organisation YZ 50 Beihilferechtliche Behandlung der institutionellen Zuschüsse ? Umsatzsteuerliche Behandlung der institutionellen Zuschüsse ? 21.10.2015 „Finanzierungquelle“ Effizienzsteigerung Beispiel: Erhöhung der Wirtschaftlichkeit lokaler Tourismusorganisationen (Hessen) 2013 Weitere Einsparungen Einsparungen & Reduzierungen EffizienzErhöhung Outsourcing & neue Verträge Bereits ergriffen Geplant 65% 45% (37%) (39%) Keine weiteren möglich Einnahmenerhöhung aus Printversand, Messeständen, Sponsoring & Buchungen Energieeffizienz, neuer Technikeinsatz Personelle Synergien 40% (37%) Quelle: dwif 2013, Befragung der lokalen Tourismusorganisationen in Hessen (n=36) (x) = Werte über alle Barometer-Bundesländer 21.10.2015 5 Finanzierungsquellen für den öffentlichen Tourismus auf Ortsebene Fördermittel, Eigenmittel Kommune, (Kommunal-) Darlehen, Sponsoring, Crowdfunding…. Freiwillige Finanzierungsmodelle Pflichtabgaben (gesetzlich geregelt) „Fonds“Modell Kurtaxe Fremdenverkehrsabgabe „Umlage“Modell „Pool“Modell Quelle: Bettensteuer, Kulturförderabgabe Tourismusgesetz dwif 2013 21.10.2015 Crowdfunding-Plattform der Thüringer Tourismus GmbH 21.10.2015 6 Finanzierungsquellen für den öffentlichen Tourismus auf Ortsebene Fördermittel, Eigenmittel Kommune, (Kommunal-) Darlehen, Sponsoring, Crowdfunding…. Freiwillige Finanzierungsmodelle Mögliche Pflichtabgaben (gesetzlich geregelt) Kurtaxe „Fonds“Modell Fremdenverkehrsabgabe „Umlage“Modell Bettensteuer, Kulturförderabgabe „Pool“Modell Tourismusgesetz dwif 2013 Quelle: 21.10.2015 Beispiel Fondsmodell: Nürnberger Tourismusfonds (zeitlich befristete) Erhöhung der Mitgliedsbeiträge + zusätzliche Zuschüsse der Stadt Nürnberg Bezeichnung bis 2009 in € pro Jahr 2010-2012 in € pro Jahr Davon für 2010 bis 2012 als Sonderbudget für den Tourismusfonds Bis zu 24 Zimmer 86,00 516,00 5/6 25 bis 49 Zimmer 171,00 1.026,00 5/6 50 bis 149 Zimmer 426,00 2.556,00 5/6 ab 150 Zimmer 570,00 3.420,00 5/6 8,60 (mind. 86,00) 17,20 (mind. 172,00) 1/2 Gastronomie: pro Arbeitnehmer pro Jahr Quelle: Verkehrsverein Nürnberg e. V. 7 Beispiel Umlagemodell: Rostocker Marketingumlage Direkte Leistungen der Rostocker Marketingumlage an die touristischen Betriebe und Leistungsträger je nach gekauftem Leistungspaket Bildeintrag in Gastgeberverzeichnis Sales-Guide-Listeneintrag Integration in Online-Buchungsmaschine Auslage von Broschüren Sonstige Rabatte … • • • • • • Quelle: Verkehrsverein Nürnberg e. V. Beispiel Poolmodell: Hamburg Meeting- und Incentive-Pool Hamburg Tourismus GmbH (HHT) + Hamburg Meeting- und Incentive-Pool Definition jährlicher gemeinsamer Marketingmaßnahmen, Kosten und Finanzierungsschlüssel Gemeinsame Finanzierung Messen, einzelne Quellmarktaktivitäten etc. Klar definierte Profiteure, Aktivitäten, Finanzierung 21.10.2015 8 Erfolgsfaktoren für die Akzeptanz freiwilliger Instrumente 1. Einfach und praktikabel: unbürokratisch, unkompliziert, keine neuen Rechtspersonen 2. Planbar und kalkulierbar: Verlässlichkeit für den kommunalen Haushalt 3. Förderrechtlich unbedenklich: kein Widerspruch zu staatlicher Förderprogramme 4. Transparent: Mitteleinnahme & -verteilung durch gemeinsames Gremium Gemeinde – Private 5. Akzeptanz fördernd: keine negativen steuerlichen Effekte, Minimierung Trittbrettfahrer Quelle: LTV Sachsen, Handreichung freiwilliger Finanzierungsmodelle 21.10.2015 Freiwillige Modelle eignen sich für die Finanzierung (zusätzlicher) Marketingmaßnahmen, aber nicht für Basisaufgaben (Infrastruktur etc.) 21.10.2015 9 Die Kommunen, die ihren Auftrag zur Erbringung touristischer Dienstleistungen durch Dritte nicht ausgeschrieben haben, dürfen künftig nicht mehr als 20% (bisher: 10%) Umsatz mit Dritten machen. Dann muss die Organisation eine öffentliche Einrichtung sein „Inhouse“ 21.10.2015 Wenn die Tourismusorganisationen künftig nicht mehr als 20% Umsatz mit Dritten machen dürfen: Neue Modelle zur Einbindung der „Privaten“ und ihr Geld 21.10.2015 10 Finanzierungsquellen für den öffentlichen Tourismus auf Ortsebene Fördermittel, Eigenmittel Kommune, (Kommunal-) Darlehen, Sponsoring, Crowdfunding…. Freiwillige Finanzierungsmodelle Mögliche Pflichtabgaben (gesetzlich geregelt) Kurtaxe „Fonds“Modell Fremdenverkehrsabgabe „Umlage“Modell Bettensteuer, Kulturförderabgabe „Pool“Modell Quelle: Tourismusgesetz dwif 2013 21.10.2015 Regelungen zur Kurtaxe in den Bundesländern Wer darf wo erheben? Prädikatisierte Gemeinden Öffnung für alle Gemeinden Öffnung für alle Gemeinden (geplant; als „Gästebeitrag“) Quelle: dwif 2015 auf Basis der Kommunalabgabengesetze der Länder 21.10.2015 11 Regelungen zur Fremdenverkehrs- (Tourismus-) Abgabe in den Bundesländern Wer darf wo erheben? Prädikatisierte Gemeinden Prädikatisierte Gemeinden sowie weitere Gemeinden (Zahl der Übernachtungen übersteigt die Einwohnerzahl um das Siebenfache ) Öffnung für alle Gemeinden Keine Fremdenverkehrsabgabe Quelle: dwif 2015 auf Basis der Kommunalabgabengesetze der Länder * Gesetzesentwurf liegt vor 21.10.2015 Gesetzesentwurf Rheinland- Pfalz 21.10.2015 12 Erfolgsfaktoren für die Einführung einer Fremdenverkehrsabgabe 01 02 Individualisieren Regionalisieren Hebesätze gemäß Umsatzverteilung Quelle: „Zonierung“ nach touristischer Relevanz 03 04 Integrieren Absichern Erhebungsgerechtigkeit, Mitspracherecht Rechtssicherheit der Abgabe gewährleisten dwif 2015 Tourismusgesetz 21.10.2015 13 „Tourismusgesetz“ Sachsen • Bildung wettbewerbsfähiger Destinationen bis 2020 • Kriterien für eine Destination Quelle: Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Sachsen 2011 21.10.2015 Tourismusgesetz – Modell Tirol Aufenthaltsabgabe Gast Destinationen pro Übernachtung in Abhängigkeit vom Übernachtungspreis (Prinzip Kurtaxe) erheben Abgabe leitet weiter Kommunen (prinzipiell alle, Schwellenwert bei der touristischen Bedeutung prüfen, (behalten Overhead) Verständigung über die Mittelverwendung Land leiten weiter erheben Abgabe (formuliert Kriterien, behält Overhead) leitet weiter leitet weiter Tourismusabgabe Kommunen Kommunen (von Unternehmen zu zahlen) ohne Anschluss an eine “LTO“/ Destination mit Anschluss an eine „LTO“/ Destination direkte Profiteure & indirekte Profiteure (fixer Prozentwert des Umsatzes mit Maximalbeträgen) Verständigung über die Mittelverwendung 21.10.2015 Quelle: Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Sachsen 2011 21.10.2015 14
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