Am meisten Energie mit 41 % Erbsen

16 • F E L D & S T A L L
Mittwoch, 25. November 2015
N A C H R I C H TE N
FÜ TTE R U N G : Nährwert von Getreide-Erbsen-Mischungen selber schätzen
Die Trockenheit im
Norden hat ein Ende
Am meisten Energie mit 41% Erbsen
Mit Schnee bis in die Niederungen hat die Schweiz am Wochenende den ersten Wintereinbruch dieser Saison erlebt.
Während die Flocken im Flachland nur wenige Spuren hinterliessen, fielen in den Voralpen
und im Unterwallis innert 24
Stunden bis zu 30 cm Schnee.
Auf dem Säntis (2500 Meter)
schneite es seit Freitag insgesamt sogar fast 50 cm. Mit den
Niederschlägen ist die lange
Trockenzeit in der Schweiz definitiv vorbei. Seit Donnerstagabend fiel an manchen Orten
mehr Niederschlag als im gesamten November. Im Tessin
und in Südbünden ist die Waldbrandgefahr mit Höchsttemperaturen bis zu 11 Grad weiterhin nicht gebannt. Mit Ausnahme der Leventina ist im gesamten Tessin generell kein Feuer
im Freien erlaubt, wie auf der
Gefahren-Webseite des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) zu
sehen ist. Es herrscht erhebliche
bis grosse Waldbrandgefahr.
Das Gleiche gilt für die südlichsten Ecken des Kantons
Graubünden. sda
Wetterkatastrophen
nehmen weltweit zu
Getreide-Erbsen-Mischungen werden immer
häufiger angebaut, weil
sie ackerbauliche Vorteile
bieten. Im Gegensatz zu
den Reinkulturen kann
man ihren Nährwert aber
nirgends nachschlagen.
Er muss geschätzt werden.
nicht ausreichend. Das Verhältnis RP/NEL lag jeweils unter
dem Bedarf (18 g/MJ für Galtkühe, 20 g/MJ für Kühe während der Laktation). Der höchste Energiewert erzielte eine Mischung, die bei der Ernte zu
41 % aus Erbsen bestand. Hier
ist jedoch zu erwähnen, dass
dieser Gehalt mit einer hohen
Saatdichte der Erbsen von
75 kg/ha erzielt wurde, die mit
einem erheblichen Lagerrisiko
einhergeht. Aufgrund der guten
Bedingungen im Jahr 2013 lagerte diese Kultur jedoch nicht.
YVES ARRIGO*
Wie lässt sich der Nährwert von
Mischungen aus Grüngetreide
und Erbsen schätzen? Zur Beantwortung dieser Frage wurde
bei Agroscope Posieux FR eine
Versuchsreihe
durchgeführt.
Dafür baute die Forschungsanstalt von 2012 bis 2013 fünf Mischungen und die drei Einzelkomponenten Triticale, Hafer
und Futtererbsen an. Das Futter
wurde zum Zeitpunkt der
Milchreife des Hafers und der
Teigreife der Triticale siliert. Mit
Schafen führte Agroscope Versuche zur Bestimmung der Verdaulichkeit der organischen
Substanz (vOS) und mit Kühen
zur Abbaubarkeit des Rohproteins (aRP) durch.
Lagerrisiko besteht
Zusammensetzung nötig
Die Kultur im Jahr 2013 mit 41 % Erbsen zwei Wochen vor der Ernte. (Bild: Yves Arrigo)
EIGENSCHAFTEN DER MISCHUNGEN
Mischung 1 Mischung 2 Mischung 3 Mischung 4 Mischung 5
2012
2012
2012
2013
2013
Triticale
Triamant
2013
Hafer
Willsand
2013
Futtererbse
Arkta
2013
Gesäte Menge, kg/ha
Triticale
90
90
90
90
90
160
Hafer
40
30
20
40
40
130
Erbsen
30
160
40
50
50
75
Botanische Zusammensetzung bei der Ernte in %
% Triticale
74
81
81
60
35
100
% Hafer
17
9
5
27
24
100
% Erbsen
9
100
10
14
13
41
Ertrag in Trockensubstanz (TS) in kg/ha
kg TS/ha
9000
5298*
9905
8790
10 085
7766
6813
7110
Nährwerte pro kg Trockensubstanz
NEL, MJ
5,3
5,6
5,0
4,9
4,9
6,4
5,3
4,5
NEV, MJ
5,2
5,6
4,8
4,7
4,6
6,6
5,2
4,1
APDE, g
77
71
74
70
62
74
65
54
APDN, g
57
98
60
54
42
42
39
32
RP/NEL
16,5
18,4
23,8
16,9
14,9
12,3
10,9
11,1
* Teilernte, vermodertes Pflanzenmaterial wurde auf dem Feld belassen. NEL Nettoenergie Milch; NEV Nettoenergie Fleisch; APDE
aus verfügbarer Energie synthetisiertes absorbierbares Protein im Darm; APDN aus abbaubarem Rohprotein synthetisiertes absorbierbares Protein im Darm. RP/NEL Verhältnis Rohprotein pro NEL.
Quelle: Agroscope
Die Schätzung der vOS und
der aRP durch Gewichtung der
botanischen Zusammensetzung
zum Zeitpunkt der Ernte ist ein
guter Ansatz, solange Getreide
die Mischung dominiert (mehr
als 60 %). Bei einer Mischung
mit 41 % Erbsen wurden die
Energiewerte um 0,8 MJ NEL/
kg TS unterschätzt.
Verfügt man über die botanischen Analysen, ist es möglich,
die Nährwerte der Mischungen
zu schätzen (Kasten). Die
Schätzung ist umso realistischer, je stärker eine bestimmte
Pflanzenart die Mischung dominiert.
In einem UNO-Bericht werden
für den Zeitraum 2005 bis 2014
im Schnitt jährlich 335 Wetterkatastrophen aufgelistet. Das ist
ein Anstieg um 14 Prozent im
Vergleich zu den Jahren 1995
bis 2004 und fast eine Verdoppelung gegenüber den 10 vorausgegangenen Jahren. In den
vergangenen 20 Jahren handelte es sich laut der UNO bei fast
jeder zweiten Wetterkatastrophe (47 Prozent) um Überschwemmungen, die vor allem
in asiatischen Ländern grosse
Schäden anrichteten. Mehr als
2,3 Milliarden Menschen waren
betroffen. sda
Die botanischen Zusammensetzungen der Mischungen bei
der Ernte entsprachen generell
nicht den Erwartungen zum
Zeitpunkt der Aussaat, da das
Klima von der Aussaat an eine
entscheidende Rolle spielt. Die
Trockensubstanzerträge
der
Mischungen lagen zwischen 7,8
und 10,1 t/ha und waren höher
als die der Reinkulturen. Die
Nährwerte waren allgemein bescheiden (siehe Tabelle) und
hingen von der botanischen Zusammensetzung bei der Ernte
ab. Die Proteingehalte (RP) der
Silagen waren – bezogen auf
den Energiegehalt (NEL) –
NachhaltigkeitsLabel im Weinbau
B I O D IV E R S I TÄ T: Die Landwirtschaft leistet einen wesentlichen Beitrag zur Vielfalt auf den Feldern
Der Schweizerische Verband
für eine nachhaltige Entwicklung im Weinbau, Vitiswiss, integriert seine Grundsätze in die
Anforderungen für das Vinatura-Label und verstärkt damit
sein Engagement für Nachhaltigkeit in der Traubenproduktion und in der Weinbereitung.
Rund 140 Winzer haben dieses
Konzept bisher übernommen,
und mit dem Jahrgang 2014 werden erstmals Schweizer Weine
mit dem Vermerk «Vinatura
Nachhaltige Entwicklung» auf
den Markt kommen. Vitiswiss
ist die Branchenorganisation
für die Ausarbeitung der Anforderungen für den ÖLN. lid
Forschungspreis für
kurzstrohiges Tef
Der diesjährige Forschungspreis des Schweizerischen Forums für internationale Agrarforschung (Sfiar) wird an Zerihun Tadele von der Universität
Bern und sein Team verliehen.
Er hat mit modernen genetischen, molekularen und genomischen Analysen neue TefPflanzen züchten können. Tef
ist ein hirseähnliches Getreide
und äthiopisches Grundnahrungsmittel. Die Neuzüchtungen haben kürzere Halmen und
eine bessere Resistenz gegen
Trockenheit. Sie wurden in
Äthiopien mit lokalen Sorten
gekreuzt und sollen nach der
Zulassung den äthiopischen
Kleinbauern zur Verfügung gestellt werden. sum
*Der Autor arbeitet bei Agroscope.
BOTANISCHE ANALYSE
Mehrere Proben in einem
Plastiksack sammeln. Pflanzen umgehend sortieren und
wiegen. Das Gewicht pro Art
bestimmen und durch das
Gesamtgewicht aller Pflanzen dividieren. Die Tabellenwerte mit den zu den Arten
gehörigen Gehalten multiplizieren. Das Ergebnis
bleibt eine Schätzung. ya
Biodiversität hat viele Gesichter
Biodiversität ist ein heissdiskutiertes Thema. Drei
Praktiker zeigen, dass sich
Biodiversität und Produktivität nicht beissen.
mer wieder ändere (Baumabstand). Gerade bei fixen Anlagen wie den Obstbäumen ist
dies eine Herausforderung.
Gesund und nachhaltig
ANJA TSCHANNEN
Biodiversität heisst nicht einfach Blumenwiese und viele Insekten. Biodiversität umfasst einerseits die Vielfalt der Arten
und andererseits die genetische
Vielfalt innerhalb dieser Arten.
Dazu kommt die Vielfalt der Lebensräume und Prozesse im
Ökosystem. Deshalb hat Biodiversität sehr viel verschiedene
Facetten und somit auch verschiedene Ansatzpunkte, um sie
zu fördern.
Gute Produkte möglich
An der Fachtagung «Landwirtschaftliche Vielfalt und Biodiversität» der Schweizerischen
Kommision für die Erhaltung
von Kulturpflanzen (SKEK)
ging es um die Frage: Wie kann
die Landwirtschaft zur Erhaltung der Artenvielfalt beitragen? Dass sich Biodiversität
und Produktivität nicht im Weg
stehen, zeigen gleich drei Praktiker auf (siehe Infokasten).
«Man kann auch auf Biodiversitätsflächen gute Produkte herstellen», so Landwirt Urs Amrein aus Hildisrieden LU.
Hauptsächlich auf die Biodiversität zu setzen, sei jedoch heikel, da sich in den Gesetzen im-
Der Ribelmais ist eine wertvolle Kulturpflanze, die nun wieder aktiv genutzt wird. (Bilder: Anja Tschannen)
Auf Biodiversitätsflächen gewonnene Früchte veredeln.
H A N S O P P L IG E R
JEAN-MARC GENEVAY
U R S A M R E IN
Auf dem Teller
Bei dem Obst
Auf dem Feld
Durch das
Rheintaler
RibelmaisProjekt wurden über 60
Herkünfte
von Ribelmais erfasst
und in einer Datenbank abgelegt. «Um Pflanzen von
der Genbank aufs Feld zu
bringen, muss man sie den
Leuten wieder schmackhaft
machen.» Aus dem Speisemais entstehen mittlerweile
viele Produkte. ats
500 Hochstammbäume stehen
auf
den
7,5 ha direkt
um den Betrieb von Urs
Amrein
in
Hildisrieden LU. Dabei handelt es sich zu einem grossen
Teil um alte schützenswerte
Sorten, aber auch gängige
Sorten sind anzutreffen. Die
Früchte werden unter anderem zu sortenreinen Säften
verarbeitet. ats
Auf 40 Hektaren
im
waadtländischen Bassins werden
15 verschiedene
Aroma- und Medizinalpflanzen angebaut.
Sie kommen zu unterschiedlichen Zeiten in Blüte und
werden teilweise auf dem
Feld abgesamt und direkt
weitervermehrt. In der eigenen Destillerie entstehen
ätherische Öle. ats
Flexibler gestaltet sich die Arbeit mit ein- oder mehrjährigen
Pflanzen. Jean-Marc Genevay
aus Bassins VD hat seinen Betrieb auf Arznei- und Heilpflanzen spezialisiert. Während der
ganzen Vegetationszeit blühen
die unterschiedlichsten Kulturen und Pflanzensorten auf seinen Feldern und bieten so anderen Lebewesen Nahrungsquellen und Lebensräume. Aus diesen Pflanzen entstehen später
einmal ätherische Öle, die in
der Kosmetik- und Gesundheitsbranche zum Einsatz kommen.
Biodiversität verkaufen
Auch Hans Oppliger, Geschäftsführer
des
Vereins
Rheintaler Ribelmais, vertritt
die Meinung, dass man Biodiversität den Kunden direkt verkaufen soll. Er wählt dabei den
Weg über den Teller. Wenn die
Konsumenten Appetit auf Abwechslung von unterschiedlichen Gemüse- und Getreidesorten bekommen, hat das Auswirkungen auf die Biodiversität,
die auf den Feldern kultiviert
wird. So ist es auch mit dem
Speisemais, der im Rheintal seine Renaissance erlebt und viele
neue Produkte mit sich bringt.