Strategie der Hochschule Hannover zum Umgang mit geistigem Eigentum (IP- Strategie) Prolog Die Förderung des Wissens- und Technologietransfers sowie von Unternehmensgründungen aus der Hochschule heraus ist in § 3 Absatz 1 Nr. 4 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes verankert. Auf dieser Grundlage baut die Hochschule Hannover den Bereich der Forschung und Entwicklung weiterhin intensiv aus, um die Vernetzung mit Wirtschaft, Wissenschaft und Öffentlichkeit zu intensivieren. Anwendungsorientierte Forschung sowie ein aktiver Wissens- und Technologietransfer ist an der Hochschule Hannover zwingend erforderlich für die Aktualisierung der Lehre im Hinblick auf den schnellen wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt. Die Forschung an der Hochschule ist gekennzeichnet durch Qualität, Praxisnähe und orientiert sich an konkreten Berufsfeldern und Fragestellungen der Praxis. In diesem Zusammenhang kommt dem sorgfältigen Umgang mit den Erfindungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern insbesondere seit der Novellierung des § 42 des Arbeitnehmererfindergesetzes und der damit verbundenen Abschaffung des sogenannten Hochschullehrerprivilegs eine wichtige Funktion zu. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Hochschule Hannover erarbeiten neue Erkenntnisse zu Mensch, Natur und Technik. Auf der Grundlage ihrer Erfindungen entstehen technologische Innovationen, die volkswirtschaftlichen Mehrwert schaffen und die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland sichern. Im Bewusstsein dieser Verantwortung und in Wahrnehmung ihrer hochschulrechtlichen Aufgabe, den Wissens- und Technologietransfer zu fördern, erkennt die Hochschule Hannover den verantwortungsbewussten Umgang mit Geistigem Eigentum als besondere Aufgabe an. Die Hochschule Hannover hat sich zum Ziel gesetzt, die Verwertung ihrer wissenschaftlichen Erkenntnisse voran zu treiben. Dabei wird sie seit mehreren Jahren aktiv durch die Technologietransferorganisation, die MBM ScienceBridge GmbH, Göttingen, unterstützt. IP-Strategie der Hochschule Hannover 1/7 Ziele der IP-Strategie In Übereinstimmung mit der Empfehlung der Europäischen Kommission1 strebt die Hochschule Hannover mit der vorliegenden IP-Strategie die folgenden Ziele an: Die Hochschule ist bestrebt, die im Rahmen der Forschungsaktivitäten entstehenden wirtschaftlich verwertbaren Forschungsergebnisse durch geeignete Maßnahmen bestmöglich zu sichern und die Anzahl der auf sie angemeldeten gewerblichen Schutzrechte langfristig zu steigern. Die Hochschule Hannover will durch eine hohe Professionalität im Umgang mit Schutzrechten und deren Verwertung (Transparenz, klare und verbindliche Regelungen in den Verträgen) sowohl bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Hochschule ihre Attraktivität als Arbeitgeber, Ausbildungs- und Forschungsort erhöhen als auch eine hohe Anerkennung bei externen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Forschungspartnern erreichen. Der Ausbau bereits bestehender nationaler und internationaler Kooperationen mit wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Forschungspartnern zu nachhaltigen, strategischen Partnerschaften und Allianzen steht im Fokus, um bereits bestehende Forschungsschwerpunkte zu stärken sowie neue Forschungsthemen zu definieren. Die Hochschule Hannover strebt langfristig die Erzielung von finanziellen Rückflüssen aus den Patent- und Verwertungsaktivitäten an, insbesondere auch zur Refinanzierung der anfallenden Patentierungskosten. Es ist langfristiges Ziel der Hochschule, attraktive Schutzrechtsportfolios aufzubauen, die durch Lizenzierung auch nachhaltige Erlöse für die Hochschule erwirtschaften. Die Hochschule Hannover unterstützt die Gründung von Firmen („Spin-offs“) aus der Hochschule auf der Basis von an der Hochschule erarbeiteten Forschungs- und Entwicklungsergebnissen, um die Umsetzung solcher Ergebnisse in marktreife Produkte und damit die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen voranzutreiben. 1 „Empfehlung der Kommission zum Umgang mit geistigem Eigentum bei Wissenstransfertätigkeiten und für einen Praxiskodex an Hochschulen und andere öffentliche Forschungseinrichtungen“ vom 10.04.2008, K(2008)1329 IP-Strategie der Hochschule Hannover 2/7 Die IP- Strategie ist als wichtiger Baustein einerseits eingebettet in die übergeordneten Ziele der Hochschule sowie andererseits in die hochschulweite Forschungsstrategie, dessen Kernpunkte die grundlegende Förderung individueller Forschung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern als wesentliche Keimzelle der Forschungsaktivitäten, strukturelle Förderung ausgewiesener Schwerpunktthemen zur notwendigen Profilierung der Hochschule Hannover in der Wissenschaftswelt sowie der Aufbau einer strukturierten Graduiertenförderung zur Nachwuchsförderung in der Hochschule Hannover sind. Zur Umsetzung der vorgenannten Ziele hat die Hochschule Hannover das folgende Verfahren für den Umgang mit dem geistigen Eigentum entwickelt. Erfindungen an Hochschulen Jede Erfindung, die ein Hochschulbeschäftigter (auch Hilfskräfte mit Anstellungsvertrag) in dienstlicher Eigenschaft gemacht hat, ist vom Erfinder dem Dienstherrn unverzüglich schriftlich zu melden. Mit der Abschaffung des sogenannten „Hochschullehrerprivilegs“ werden alle an einer Hochschule Beschäftigten gleich behandelt, für sie gelten grundsätzlich die allgemeinen Bestimmungen des Arbeitnehmererfindergesetzes. Eine Diensterfindung im Sinne des § 4 Absatz 2 des Arbeitnehmererfindergesetzes liegt vor, wenn: die Erfindung aus der dem Arbeitnehmer an der Hochschule obliegenden Tätigkeit (Aufgabenerfindung) entstanden ist oder sie maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten der Anstellung beruht bzw. sie thematisch auf dem Arbeitsgebiet der Anstellung liegt (Erfahrungserfindung). Dabei ist es unerheblich, ob die Erfindung in der Freizeit oder in Nebentätigkeit entstanden ist. Eine freie Erfindung liegt hingegen vor, wenn die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind und die Erfindung in keinem sachlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers steht. Auch freie Erfindungen unterliegen der Mitteilungspflicht. IP-Strategie der Hochschule Hannover 3/7 Meldung einer Erfindung Die Meldung einer Erfindung ist unter Einreichung des auf der Homepage des Justiziariates erhältlichen Formblattes „Erfindungsmeldung“ an das Justiziariat der Hochschule zu richten. Allgemeine Erläuterungen zur Erfindungsmeldung sind dem Formblatt angefügt. Die Erfindungsmeldung ist von allen Erfindern zu unterschreiben und in Schriftform einzureichen. Ansprechpartner im Zusammenhang mit geistigem Eigentum ist das Justiziariat der Hochschule, das einerseits eine beratende Funktion gegenüber den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Hochschule übernimmt und anderseits die Zusammenarbeit mit der Technologietransferorganisation koordiniert. Im Justiziariat erfolgt zudem eine formale Erstprüfung, unter anderem in Bezug auf Vollständigkeit und auf Rechte Dritter. Sofern die Hochschule über die Rechte einer Erfindung verfügen kann, prüft die Hochschule innerhalb einer Frist von 4 Monaten, ob sie die Erfindung in Anspruch nimmt und die Schutzrechtsanmeldung auf ihre Kosten vornimmt oder ob sie die Erfindung frei gibt. Die Inanspruchnahme gilt nach § 6 Absatz 2 des Arbeitnehmererfindergesetzes als erklärt, wenn der Arbeitgeber die Diensterfindung nicht bis zum Ablauf von 4 Monaten nach Eingang der ordnungsgemäßen Meldung gegenüber dem Arbeitnehmer durch Erklärung in Textform freigibt. Die Erfinderinnen und Erfinder erhalten weiterhin eine förmliche Inanspruchnahmeerklärung oder, falls die Hochschule die Erfindung nicht in Anspruch nehmen möchte, ein Freigabeschreiben durch die Hochschule. Im Falle einer Inanspruchnahme durch die Hochschule stellt diese die Anmeldung eines Schutzrechtes zu ihren Lasten sicher. Die Hochschule meldet die Erfindung im eigenen Namen und auf eigene Kosten zum Schutzrecht an und betreibt die Verwertung. Dem Erfinder bleibt ein nicht ausschließliches Recht zur Nutzung seiner Diensterfindung im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit. IP-Strategie der Hochschule Hannover 4/7 Patentanmeldung Die Technologietransferorganisation gibt eine Empfehlung hinsichtlich der Inanspruchnahme der Erfindung ab, auf deren Grundlage die Hochschule in Abstimmung mit dem Erfinder die Entscheidung trifft, ob eine Erfindung zum Patent angemeldet wird. Die Entscheidung über eine Anmeldung erfolgt auf der Grundlage verschiedener Parameter wie zum Beispiel Neuheit, erfinderische Höhe, kommerzielles Potential, Verpflichtungen gegenüber Dritten, Rechte Dritter sowie weiterer möglicherweise relevanter Faktoren. Eine Schutzrechtsanmeldung findet in der Regel nur bei positiver Bewertung der Verwertungsaussichten statt. Verwertung der Erfindung Die Entscheidung über die kommerzielle Verwertung schutzrechtlich gesicherter Ergebnisse trifft die Hochschule nach eigenem Ermessen in enger Abstimmung mit der Technologietransferorganisation und den Erfindern. Die Technologietransferorganisation koordiniert alle wichtigen Prozesse und entwickelt die optimale Verwertungsstrategie unter Würdigung der Interessen der Hochschule, der Erfinder und dem Nutzen für die Gesellschaft. Sie beauftragt den Patentanwalt mit der Ausarbeitung und Einreichung der Patentanmeldung und handelt die Verwertungsverträge mit Dritten in enger Abstimmung mit dem Justiziariat aus. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Hochschule leisten bei der Verwertung der Erfindungen einen wichtigen Beitrag, indem sie durch ihr Fachwissen aktiv in die Entscheidungen und Prozesse eingebunden sind. In Fällen, in denen die Erfindung Bestandteil einer Vereinbarung mit Dritten ist (zum Beispiel mit öffentlichen oder privaten Mittelgebern), berücksichtigt das Justiziariat die Bestimmungen dieser Vereinbarung. Geben Forschungskooperationen mit wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Vertragspartnern bzw. Forschungs- und Entwicklungsaufträgen bereits Hinweise auf mögliche Erfindungen, werden in den entsprechenden Vereinbarungen zur Vermeidung späterer Konflikte von vornherein Regelungen zu dem Umgang mit gewerblichen IP-Strategie der Hochschule Hannover 5/7 Schutzrechten ( Altschutzrechte, Neuschutzrechte) getroffen. Dabei findet das EUBeihilferecht zur Vermeidung von unzulässigen Subventionen der Industrie Berücksichtigung. Sofern Anmeldung, Verwertung und Nutzung von gewerblichen Schutzrechten nicht bereits durch konkrete Bestimmungen seitens eines Projektträgers vorgegeben sind, ist Ziel der Hochschule, so weit wie möglich Eigentümer ihrer Erfindungen und Schutzrechte zu bleiben und vermarktungsfähige Erfindungen selbst zum Patent anzumelden. Hierdurch werden attraktive Schutzrechtsportfolios aufgebaut, die durch Lizenzierung auch nachhaltige Erlöse für die Hochschule erwirtschaften. Der Verkauf des Schutzrechts sollte nur in sachlich gerechtfertigten Konstellationen unter Würdigung aller Interessen erfolgen. In diesem Fall ist hier die Einräumung eines nicht ausschließlichen Nutzungsrechts für Forschung und Lehre zu vereinbaren, um die eigene Forschung weiter betreiben zu können. Gewinnbeteiligung Die Einnahmen aus der Verwertung einer Erfindung teilt die Hochschule Hannover mit dem bzw. den betreffenden Erfinder/n nach Maßgabe der Bestimmungen des Arbeitnehmererfindergesetzes. Danach hat der Erfinder im Falle einer Verwertung nach § 42 Absatz 4 des Arbeitnehmererfindergesetzes einen Anspruch auf eine Erfindervergütung in Höhe von 30 % der Bruttoverwertungseinnahmen. Aus den übrigen Erlösen geht nach Abzug der Kosten in der Regel ein weiterer signifikanter Anteil an die beteiligten Organisationseinheiten. Freigabe von Erfindungen Für den Fall, dass die Hochschule in Abstimmung mit der Technologietransferorganisation IP-Strategie der Hochschule Hannover 6/7 die Entscheidung trifft, eine Erfindung nicht zum Patent anzumelden, eine Anmeldung vor Erteilung eines Patents zurückzuziehen oder eine Patentanmeldung ganz oder teilweise nicht aufrechtzuerhalten wird die Erfindung an den Erfinder freigegeben. Der Erfinder kann in diesem Fall frei über die Erfindung verfügen und sie verwerten. IP-Strategie der Hochschule Hannover 7/7
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