VG München: AufenthG, spätere Zustellung, Albaner

VG München, Beschluss v. 15.06.2015 – 11 S 15.30765
Titel:
VG München: AufenthG, spätere Zustellung, Albaner, Belastungsstörung,
Herkunftsland, auswärtiges Amt, Asylverfahrensgesetz, Rechtsquelle, Einzelrichterin,
Volkszugehörigkeit, Trauma, Asylantrag, Androhung der Abschiebung,
Asylanerkennung, ohne mündliche Verhandlung, Ausreiseaufforderung,
Zustellungsnachweis, Behördenakt, Aussetzung der Abschiebung, Rechtmäßigkeit
Normenketten:
AsylVfG §§ 3, 4
AufenthG § 60 VII
GG Art. 16a, 19 IV
§ 80 Abs. 5 VwGO
§ 77 Abs. 2 AsylVfG
§ 36 Abs. 4 AsylVfG
Art. 16 a GG
Schlagworte:
Kosovo, inländische Fluchtalternative, Posttraumatische Belastungsstörung, Zustellnachweis
Tenor
I.
Die Anträge werden abgelehnt.
II.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind kosovarische Staatsangehörige albanischer Volkszugehörigkeit.
Sie stellten am 13. April 2015 in Deutschland einen Asylantrag.
Bei der Anhörung beim Bundesamt ... (im Folgenden: Bundesamt) am 14. April 2015 gaben die
Antragsteller sinngemäß an, dass sie aus ... kämen. Sie seien dort von Serben beschimpft, bedroht und
geschlagen worden. Sie wären nicht zur Polizei gegangen, da sie nicht ernst genommen worden seien. Sie
hätten sich an eine Hilfsorganisation gewandt, die ihnen auch nicht habe helfen können. Sie hätten keine
finanzielle Möglichkeit gehabt wegzuziehen. In anderen Orten wäre es zu teuer. Sie hätten 2000 Euro vom
Vater für die Flucht erhalten. Die Antragstellerin habe ein Trauma bekommen. Im Kosovo hätten die Ärzte
ihr nicht helfen können. Sie habe Angst, dass sie im Kosovo nicht dieselbe Behandlung erfahre wie in
Deutschland. Es sei Verlass auf die Ärzte im Kosovo, sie hätten aber kein Geld um sie zu bezahlen. In
Deutschland gehe es ihr gesundheitlich besser.
Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom ... April 2015 die Anträge auf Zuerkennung der
Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung jeweils als offensichtlich unbegründet ab (Nummern 1 und
2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nummer 3), verneinte Abschiebungsverbote nach § 60
Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (Nummer 4) und forderte die Antragsteller unter Androhung der Abschiebung
nach Kosovo auf, Deutschland innerhalb einer Woche zu verlassen (Nummer 5). Auf die Begründung wird
verwiesen. Nach Angaben der Antragsteller haben sie den Bescheid am 18. Mai 2015 erhalten. Ein
Zustellnachweis befindet sich nicht in den Akten.
Die Antragsteller erhoben am 22. Mai 2015 Klage und beantragten,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Die Antragsgegnerin äußerte sich in der Sache nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag, die kraft Gesetzes (§ 75 AsylVfG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen
die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des
Bundesamtes nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, ist zulässig, da die Antragsteller behaupten, den
Bescheid am 18. Mai 2015 erhalten zu haben und die Antragsgegnerin keinen Zustellungsnachweis
vorgelegt hat.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (vgl. Art. 16 a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylVfG).
Gemäß Art. 16 a GG, § 36 Abs. 4 AsylVfG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im
Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz auch zu prüfen, ob das
Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung
bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG offensichtlich nicht besteht wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht - und ob diese Ablehnung weiterhin Bestand haben
kann (BVerfG, B.v. 2.5.1984 - 2 BvR 1413/83 - BVerfGE 67, 43 ff.). Offensichtlich unbegründet ist ein
Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16 a GG) und
die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (§ 30
Abs. 1 AsylVfG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S.v.
Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer
rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - BVerfGE 94,
166 ff.). Dies ist nach ständiger Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der
tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und bei einem solchen Sachverhalt
nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v.
5.2.1993 - 2 BvR 1294/92 - InfAuslR 1993, 196).
An der Rechtmäßigkeit der im vorliegenden Fall vom Bundesamt getroffenen Entscheidungen bestehen
keine derartigen ernstlichen Zweifel.
Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigter oder
als Flüchtling rechtfertigen würde, ist bei den Antragstellern nicht erkennbar.
Auf die Gründe des Bescheids wird verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Nach dem Bericht des Auswärtigen
Amtes vom 25.11.2014 gibt es in ... zwar ethisch motivierte Übergriffe, aber keine gezielten Repressionen.
Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sich innerhalb des Kosovo frei zu bewegen. Daher hätten die
Antragsteller in einen anderen Ort ziehen können, zumal sie von ihrem Vater 2000 Euro erhalten haben und
sich daher einen Umzug hätten leisten können.
Das Bundesamt hat auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylVfG) verneint.
Das Gericht nimmt insoweit auf die zutreffende Begründung im Bescheid des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs.
2 AsylVfG).
Zutreffend verneint wurde auch das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7
Satz 1 AufenthG. Es wird auf die Begründung im Bescheid des Bundesamts Bezug genommen (§ 77 Abs. 2
AsylVfG).
Ergänzend ist anzuführen, dass sich aus der geltend gemachten psychischen Erkrankung der
Antragstellerin kein Abschiebungsverbot ergibt.
Die vorgelegten Atteste zeigen im Übrigen höchstens auf, dass die Antragstellerin einer mittelfristigen
ambulanten fachärztlichen Psychotherapie und psychiatrischen Behandlung unter Einsatz der Medikamente
Citalopram und Quetiapin bedarf, um eine Verschlechterung des Gesundheitszustands zu verhindern. Nach
dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 25. November 2014 ist davon auszugehen, dass
diese Behandlung der Antragstellerin zur Verfügung steht (Lagebericht, S. 21 ff.). In ihrem Heimatort ...
befindet sich ein regionales Gesundheitszentrum zur Behandlung psychischer Erkrankungen. Freiwillige
Rückkehrer sowie Zurückgeführte können bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung unmittelbar nach
ihrer Ankunft kostenlos Hilfs- und Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen.
Vor diesem Hintergrund ist die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 59 AufenthG
erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).