Wiederholungs- und Vertiefungsfragen zum Kommunalrecht zur

Öffentliches Recht – Kommunalrecht
Antworten zu Extra-Fragen_____
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Wiederholungs- und Vertiefungsfragen zum Kommunalrecht
zur eigenständigen Bearbeitung
Antworten
Kommunale Aufgaben
1. Was versteht man unter Aufgabenmonismus? Worin liegen die Auswirkungen?
Während in anderen Ländern zum Teil noch zwischen Aufgaben im übertragenen und Aufgaben
im eigenen Wirkungskreis unterschieden wird (Aufgabendualismus), stellen Art. 78 II LV und § 2
GO klar, dass die Gemeinden alleinige und eigenverantwortliche Träger der öffentlichen
Verwaltung in ihrem Gebiet sind. Die Auswirkungen bestehen insbesondere darin, dass der
Landesgesetzgeber den Gemeinden nur Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen
kann, bei denen die Gemeinde keiner vollen Kontrolle bzgl. der Zweckmäßigkeit unterliegt.
2. Welche vier Aufgabentypen gilt es zu unterscheiden?
vgl. Übersicht „Einteilung gemeindlicher Aufgaben“
3. Welche Art der Aufsicht besteht hier jeweils?
vgl. Übersicht „Kommunal- und Fachaufsichtsbehörden in NRW“
4. Welche Besonderheit besteht bei der Qualifizierung der Maßnahme der Beanstandung nach
§ 122 I 1 GO?
Obwohl Maßnahmen der allg. Aufsicht grundsätzlich als VA zu qualifizieren sind, ist die h.M. der
Ansicht, dass dies für die Beanstandung nach § 122 I 1 GO nicht gilt, da es hier an einer
abschließenden Regelung fehle, vgl. dazu Fall 4.
5. Wieso hat die Ersatzvornahme nach § 123 II GO im Regelfall eine Doppelwirkung?
Die Ersatzvornahme ist zum einen ein VA gegenüber der Gemeinde; zum anderen wird eine
Handlung der Gemeinde ersatzweise vorgenommen (im Regelfall gegenüber dem Bürger). Bei
dieser Handlung kann es sich um einen VA, einen Realakt, einen Normerlass, eine zivilrechtliche
oder öffentlich-rechtliche Willenserklärung handeln.
6. Sind Weisungen der Sonderaufsicht nach § 119 II GO als für die Gemeinde angreifbare
Verwaltungsakte anzusehen? Was gilt für Maßnahmen der Fachaufsicht?
Sonderaufsicht: Hier ist extrem streitig, ob Weisungen als VA anzusehen sind. Dies wird zum Teil
abgelehnt, da es sich hierbei um Aufgaben des alten sog. übertragenen Wirkungskreises handeln
soll (alte Auftragsangelegenheiten). Nach einer anderen Ansicht soll dann ein VA vorliegen, wenn
das Weisungsrecht überschritten wird. Nach einer dritten Ansicht handelt es sich bei den
Pflichtaufgaben nach Weisung um einen Aufgabentyp sui generis. Ein VA liege dann vor, wenn
das Weisungsrecht begrenzt sei, was allerdings bei den Pflichtaufgaben nahezu immer der Fall ist.
Die h.M. schließlich möchte die Pflichtaufgaben als Selbstverwaltungsaufgaben behandeln oder
sie zumindest solchen gleichstellen, so dass immer ein VA gegeben ist.1
Fachaufsicht: Da es sich hier um Auftragsangelegenheiten handelt, bei denen das Weisungsrecht
grds. unbegrenzt ist, geht die h.M. davon aus, dass mangels Außenwirkung kein VA gegeben ist.
Nach a.A. soll immer ein VA gegeben sein oder zumindest wieder dann, wenn das Weisungsrecht
überschritten wird, weil de facto in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde eingegriffen wird.
1
vgl. dazu: Hemmer/Wüst/Christensen Kommunalrecht NRW Rn. 131 ff m.w.N.
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Öffentliche Einrichtungen
1. Was ist beim Prüfungspunkt Klageart bei den sog. Stadthallenfällen zu beachten?
Ist - auch bei privat-rechtlicher Ausgestaltung - Träger der Einrichtung Stadthalle die Gemeinde,
ist die Verpflichtungsklage zu wählen. Ist bei privat-rechtlicher Ausgestaltung Träger der
Einrichtung ein Dritter, so ist die allg. Leistungsklage auf Verschaffung der Zulassung die richtige
Klageart. Vgl. dazu Fall 2.
2. Ist der Begriff des öffentlichen Bedürfnisses i.R.d. § 9 GO voll gerichtlich überprüfbar?
Streitig. Nach Ansicht des OVG Münster (NVwZ 1987, 727) besteht ein (kommunalpolitischer)
Beurteilungsspielraum, der nicht voller gerichtlicher Kontrolle unterliegt, vgl. dazu Fall 5 VwR AT.
Kommunalverfassungsrecht
1. Ist § 31 VI GO analog anzuwenden für den Fall, dass ein Ratsmitglied zu Unrecht
ausgeschlossen wird?
Dies wird von der h.M. zu Recht abgelehnt, da zum einen nicht ausgeschlossen werden kann,
dass das Ratsmitglied in der Beratung an der Entstehung anderer Mehrheiten beteiligt gewesen
wäre, zum anderen droht hier eine eklatante Missbrauchsgefahr. Daher sind solche Beschlüsse
nach h.M. immer unwirksam.
2. Schließt § 31 VI GO die Anwendung des § 54 II GO aus?
Streitig. Wohl überwiegend wird vertreten, dass der Bürgermeister dann kein Recht habe zu
beanstanden, wenn die Mitwirkung des Ratsmitglieds gem. § 31 VI GO unerheblich war.
3. Wieso ist die Verfassungsmäßigkeit des § 32 GO problematisch?
Fraglich ist die Norm in Bezug auf Rechtsanwälte, die Ratsmitglieder sind. Insofern könnte die
Frage auftauchen, ob § 32 GO einen verhältnismäßigen Eingriff in Art. 12 I GG etwa bei einem
Fachanwalt für Verwaltungsrecht darstellt. Die ganz überwiegende Ansicht nimmt keine
Verletzung von Art. 12 I GG an, da das Vertretungsverbot angemessen ist, um
Interessenkonflikte auszuschließen.
Allerdings ist zu differenzieren: § 32 GO selbst stellt nach h.M. schon mangels berufsregelnder
Tendenz keinen Eingriff in Art. 12 I GG dar (vgl. Rehn/Cronauge § 32 Anm. 2 ff). Wird der RA
jedoch im Prozess vom Richter zurückgewiesen gem. § 67 II 3 VwGO, § 157 II ZPO (dies ist
nach st. Rspr. aufgrund von § 32 GO möglich; nach a.A. wirkt die Norm nur gemeindeintern),
bedeutet dies einen (im Regelfall gerechtfertigten) Eingriff in Art. 12 I GG.
4. Aus welchem Grund sind Handlungen des Rats grundsätzlich keine Verwaltungsakte? Wann
gibt es davon Ausnahmen?
Der Rat wird nur tätig bei der Willensbildung. Nach außen handelt der Bürgermeister. Er hat die
Vollzugskompetenz. Eine Ausnahme besteht z. B. bei der Abberufung eines Beigeordneten gem.
§ 71 VII GO, vgl. Fall 7.
5. Welche Auswirkung hat es auf einen Ratsbeschluss wenn an diesem offenkundig weniger als
die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl mitgewirkt hat?
Gem. § 49 I 2 GO wird die Beschlussfähigkeit vermutet. Dies gilt jedoch nicht, wenn allen
Beteiligten offenkundig ist, dass noch nicht einmal die Hälfte der gesetzl. Mitgliederzahl anwesend
ist, vgl. Fall 20 Verwaltungsrecht AT.
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6. Was sind freiwillige Ausschüsse, was sind Pflichtausschüsse? Warum sind beratende von
entscheidungsbefugten Ausschüssen zu unterscheiden?
Bestimmte Ausschüsse müssen vom Rat gebildet werden (z.B. § 57 II 1 GO, lesen!), andere kann
der Rat bilden. Nur die entscheidungsbefugten Ausschüsse, also solche denen per Ratsbeschluss
gem. § 41 II 1 GO oder per Gesetz z.B. gem. § 59 II GO eigenständige Entscheidungsbefugnisse
zugestanden worden sind, sind nach h.M. als Organe anzusehen. In freiwilligen Ausschüssen
können neben Ratsmitgliedern auch sachkundige Bürger bzw. mit beratender Stimme auch
Einwohner mitarbeiten (§ 58 III, IV GO).
7. Wie kann man ein Ausschussmitglied abberufen?
Dies geht nur durch einstimmigen Ratsbeschluss, nicht aber mit einer bloßen
Mehrheitsentscheidung im Rat. Nach ganz h.M. hat auch die Fraktion mangels gesetzlicher
Grundlage und mangels Notwendigkeit kein Recht, ein Ausschussmitglied abzuberufen.
8. Was ist die Rechtsnatur eines außerhalb einer Ratssitzung ausgesprochenen Hausverbots
und bedarf es hierfür einer gesetzlichen Grundlage?
Streitig, vgl. Vertiefungsfrage 3 zu Fall 3. Eine gesetzliche Grundlage ist nach h.M. nicht
erforderlich. Hier wird entweder das Gewohnheitsrecht als ausreichend angesehen oder die
Grundlage wird aus der Sachkompetenz als Annex abgeleitet (OVG Münster).
9. Was ist unter Eilbeschlussrecht des Hauptausschusses zu verstehen?
§ 60 GO. Der Hauptausschuss entscheidet, falls eine rechtzeitige Einberufung des Rats nicht
möglich ist. Streitig ist, ob dies auch den Erlass von Satzungen erfasst. Nach h.M. ist dies zu
bejahen, da § 60 insoweit keine Limitierungen enthält.
10. Welche Wirkung hat es für die Wirksamkeit privatrechtlicher Geschäfte, wenn die
Formvorschrift des § 64 GO nicht eingehalten worden ist?
Verpflichtungserklärungen bedürfen gem. § 64 I GO der Schriftform. Streitig ist, ob die Folge des
§ 64 IV (lesen!) auch bei privat-rechtlichen Rechtsgeschäften zu berücksichtigen ist. Nach h.M.
kann der Landesgesetzgeber mangels Gesetzgebungskompetenz insoweit keine Formvorschrift
für das Zivilrecht erlassen. Vielmehr habe das Organ der Gemeinde dann ohne Vertretungsmacht
gehandelt, so dass § 177 BGB zur Anwendung kommt und nicht § 125 BGB.
11. Welche Aufgabe haben Verwaltungsvorstand, Beigeordnete und Bezirksvertretungen?
Verwaltungsvorstand: Lesen => § 70 GO; Beigeordnete => § 71 GO, vgl. Fall 7;
Bezirksvertretungen sind gem. §§ 35, 36 GO in einer kreisfreien Stadt für jeden Bezirk zu wählen.
12. Welche ist die nach h.M. statthafte Klageart beim Kommunalverfassungstreitverfahren?
In der Regel begehrt der Kläger die Feststellung der RW einer bereits vorgenommenen
Maßnahme => allg. Feststellungsklage. Begehrt der Kläger hingegen ein Tun, Handeln oder
Unterlassen => allg. Leistungsklage.
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Rechtsetzung durch die Gemeinde
1. Welche Möglichkeiten kommunaler Rechtsetzung bestehen?
Satzungen in Selbstverwaltungsangelegenheiten (ganz selten auch in staatl. Angelegenheiten)
und Verordnungen in staatlichen Angelegenheiten (z.B. Gefahrenabwehrverordnung).
2. Welche Bedeutung hat § 7 VI GO?
Da jede rechtswidrige Satzung grds. nichtig ist, wäre auch jeder rechtsfehlerhaft zustande
gekommene Satzung nichtig. § 7 VI GO als Fehlerfolgenregelung enthält jedoch ähnlich wie
§§ 214 ff BauGB Unbeachtlichkeitsregelungen, so dass die Satzung wirksam bleiben kann.
3. Kann eine Satzung auch als Dringlichkeitsentscheidung gem. § 60 GO erlassen werden?
vgl. oben Frage 8.
4. Welche „Verwerfungskompetenz“ besteht für die Verwaltung in Bezug auf Satzungen?
Nach h.M. hat die Verwaltung keine Verwerfungskompetenz. Möglich ist aber jederzeit, dass
erstens der Rat eine Satzung abändert oder aufhebt und zweitens kann die Aufsichtsbehörde die
Änderung oder Aufhebung einer Satzung verlangen und ggf. in den Fällen des § 47 I Nr. 1 VwGO
(Satzungen nach dem BauGB) ein Normenkontrollverfahren einleiten.
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