Kletterseil und Riesenschwert

Mitteldeutsche Zeitung - Kletterseil und Riesenschwert
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Jessen - 15.02.2016
Fällaktion am Elsterdamm
Kletterseil und Riesenschwert
VON UTE OTTO
Spezialauftrag: Baumpfleger kümmern sich in Vorbereitung auf
weitere Hochwasserschutz-Bauvorhaben um die dicksten Brocken
am Ufer der Elster.
SCHWEINITZ. „Ein Meter-Schwert - das haben nicht mal unsere
Leute“, sagt Detlef Schulze vom Betreuungsforstamt Annaburg
anerkennend. Mit Kettensägen dieses Formats hantiert Baumpfleger
Gernot Räbel, wenn es an solche Baumriesen wie hier am
Schweinitzer Damm geht. In Vorbereitung der Deichbauarbeiten
Hier rückt die Spezialfirma alten Kastanien
an der früheren Elsterbrücke in Schweinitz
zu Leibe. (BILD: BERND SCHEIBE)
müssen Bäume, die unmittelbar am Fuß des Hochwasserschutzwalls
stehen, gefällt werden. Die Regie darüber hat das
Betreuungsforstamt.
Spezialunternehmen vor Ort
Für so „dicke Brocken“ wie die beiden Eichen, die just an der Stelle stehen, wo eine Spundwand eingerammt
werden soll, bedient es sich des Spezialunternehmens von Gernot Räbel aus Ziesar. Dem vierköpfigen Team
obliegt auch das Entfernen von Ästen in den Baumkronen, die in den Arbeitsbereich der Ramme ragen würden.
Zehn Meter „Kopffreiheit“ brauche diese. Dabei sind Kletterkünste gefragt. Geschickt fixiert die 22-jährige Luisa
Göckelmann das Sicherungsseil an einer ausgewählten Stelle - man sägt schließlich nicht den Ast ab, auf dem
man sitzt - und erklimmt dann flink wie ein Wiesel Stamm und Geäst. „Auf Bäume bin ich als Kind auch
geklettert“, sagt die 22-Jährige. „Aber eigentlich komme ich aus dem Bergsport“. Weil sie gern in der Natur ist,
hat sie sich als Baumpflegerin ausbilden lassen. Sie lebt in Göttingen und ist selbständig - in diesem Fall
wiederum arbeitet sie als Subunternehmerin für Räbel.
15 Jahre im Geschäft
Der macht diesen Job nun schon seit 15 Jahren. Mit gut 30 Metern Höhe und einem Stammumfang von
dreieinhalb bis vier Metern haben die Eichen, denen er an diesem Nachmittag zu Leibe rückte, zwar schon
beachtliche Ausmaße, aber Räbel hatte es nach eigenem Bekunden schon mit viel größeren Bäumen zu tun.
Der höchste war 60 Meter.
Inzwischen ist ein Halteseil im oberen Stammbereich der zweiten zu fällenden Eiche angebracht. Der Traktor auf
der anderen Seite des Elsterdammes wird den Baum daran in die gewünschte Richtung ziehen. Zuerst sägt
Räbel den Fällkerb, dadurch wird der Stamm in Fällrichtung destabilisiert. Dann setzt er an der
gegenüberliegenden Seite an. Zu etwa drei Viertel durchsägt er den mächtigen Stamm und schlägt in den
Schnitt zusätzlich noch drei große Fällkeile ein. „Damit der Baum nicht zurückkommt“, wie Frank Ackermann
erklärt. Der Leiter des Betreuungsforstamtes ist hinzu gekommen und verfolgt interessiert das Geschehen.
Signal per Sprechfunk
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Räbel verlässt die Gefahrenzone entgegen der Fallrichtung um drei Baumlängen und gibt über Sprechfunk dem
Traktoristen das Signal, anzuziehen. Unter Ächzen und Krachen fällt der Baum. Obwohl alles glatt lief, so ganz
zufrieden ist der Baumpfleger nicht mit Bild, das sich nun bietet: Der Überstand auf dem Baumstumpf ist ihm zu
groß. Aber den Stamm noch weiter zu durchschneiden, sei ihm zu riskant erschienen, sagt er. Beim Fallen hat
der Baum die Krone der benachbarten Eiche touchiert, einige Äste sind abgebrochen. Ackermanns Bitte, das
„gesundzuschneiden“, wird prompt erfüllt. Die Baumstümpfe - der Forstmann nennt das Stock - werden später
vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft mit schwerer Technik gerodet. Gut eine Woche
noch werden die Forstleute und Baumpfleger am Elsterdamm zugange sein. Ist das Fällen beendet, muss der
Damm wieder hergerichtet werden, informiert Ackermann. „Boden wird aufgefüllt und Gras angesät.“ Es wäre
schließlich nicht das erste Mal, dass ein Hochwasser Deichbauarbeiten zuvorkommt. 2013 ereilte es Elster vier
Wochen vor dem ersten Spatenstich am Deich. (mz)
Naturschutz bei Baumfällungen
Bei der Planung von Hochwasserschutzmaßnahmen müssen auch die Belange des Naturschutzes beachtet
werden. Alle Bäume, die in diesem Zusammenhang gefällt werden müssen, sind im Projekt aufgeführt und
die Notwendigkeit ist überprüft worden. So hat der Landesbetrieb für Hochwasserschutz als Bauherr auch am
Schweinitzer Elsterdamm alle zu fällenden Bäume markiert. Die Fällarbeiten müssen bis 28. Februar
abgeschlossen sein, dann beginnt die Vogel-Brutzeit. (mz/teo)
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