„V-Charge“: Volkswagen forciert das

Themen
„V-Charge“: Volkswagen forciert das automatisierte Parken und Aufladen von
E-Fahrzeugen
• Vollautomatische Fahrt zum Parkplatz
• Automatisches Laden von E-Fahrzeugen
• V-Charge stellt nur geringe Anforderungen an Parkhaus-Infrastruktur
• Intelligente Form des Valet-Parking
Die Volkswagen AG strebt die Führungsposition im Bereich des automatisierten Fahrens an.
Einen Ausblick in die nahe Zukunft des automatisierten Parkens gibt „V-Charge“, ein
EU-Forschungsprojekt, in dem sechs internationale Partner gemeinsam neue Technologien
entwickeln. Im Fokus stehen die Automatisierung der Parkplatzsuche und das Aufladen von
Elektrofahrzeugen. Der Clou hierbei: Das Fahrzeug sucht sich nicht nur selbstständig einen
freien Parkplatz, es findet eine freie Parzelle mit Ladeinfrastruktur und lädt seine Batterie
induktiv auf. Nach Abschluss des Ladevorgangs gibt es selbstständig den Ladeplatz für ein
anderes E-Fahrzeug frei und sucht sich einen konventionellen Parkplatz. „V-Charge“ steht für
Valet Charge und weist den Weg in die intelligente Zukunft des automatisierten Parkens.
[video]Vor allem in den USA ist das bequeme Valet Parking der Hit: Das Auto wird direkt am
Zielort kurz abgestellt, Servicepersonal parkt den Wagen ein und lässt ihn bei Bedarf wieder
vorfahren. Die zeitraubende Parkplatzsuche entfällt. Das Projekt V-Charge nimmt diese Idee
auf und formuliert als Entwicklungsziel die voll automatisierte Parkplatzsuche („Valet
Parking“) in definierten Abstellzonen wie etwa in Parkhäusern.
Szenarien, die die Vorteile des Konzepts V-Charge verdeutlichen, gibt es zuhauf. Ein
praktisches Alltagsbeispiel: Ein Pendler bemerkt, dass er sich womöglich verspäten wird und
dadurch Gefahr läuft, ein wichtiges Meeting in seiner Firma zu versäumen. Mit V-Charge hat
er die Möglichkeit, direkt vor dem Eingang anzuhalten, auszusteigen und über eine
zugehörige Smartphone-Applikation die Verbindung zu seinem Fahrzeug herzustellen. Das
vollautomatisch agierende Fahrzeug bekommt eine digitale Karte übermittelt und navigiert
selbstständig innerhalb des Parkareals oder Parkhauses zur Parklücke. Handelt es sich um
ein Elektrofahrzeug, priorisiert das System zusätzlich einen Abstellplatz mit automatischer
Ladeeinrichtung. Fußgänger, Fahrradfahrer und andere Fahrzeuge werden von den
fahrzeugintegrierten Kameras und Ultraschallsensoren erkannt. Aus diesem Grund darf sich
das Fahrzeug im sogenannten „Mischverkehr“ bewegen. Das ausgewählte Parkareal muss
weder in sich abgeschlossen sein, noch erfordert es eine aufwändige technische Ausrüstung.
Nähert sich das Elektrofahrzeug seinem Ziel, erkennt das System über lokale Sensoren, ob
die zugewiesene Parklücke belegt ist. Ist diese frei, startet das vollautomatische
Parkmanöver und positioniert das Fahrzeug exakt über der induktiven Ladevorrichtung. Nach
Abschluss des Ladevorgangs parkt das Fahrzeug automatisch um und macht die Ladestation
für weitere E-Mobile frei. Kehrt der Fahrer zum Parkhaus zurück, ruft er über die V-Charge
App das Fahrzeug zum Startpunkt. Das Fahrzeug steuert den festgelegten Aufnahmeort an,
so dass der Fahrer den Parkplatz oder das Parkhaus nicht betreten muss.
Federführend in dem internationalen Forschungskonsortium ist die Eidgenössische
Technische Hochschule Zürich (ETH) mit den Zuständigkeiten für visuelle Lokalisierung,
Bewegungsplanung und Fahrzeugregelung (Bereich „Autonomous Systems Lab“) sowie
Kamerakalibrierung, 3D Rekonstruktion aus Kamerabildern und Hinderniserkennung (Bereich
„Computer Vision and Geometry Lab“). Die Technische Universität Braunschweig bearbeitet
die Themen Parkplatzmanagement und Kommunikation des Fahrzeugs mit der technischen
Umgebung (Vehicle-to-infrastructure „V2I“), die Robert Bosch GmbH steuert ihre Expertise
im Bereich Sensorik bei, die Universität Parma betreut das Thema Objekterkennung und die
Universität Oxford die Erstellung von detaillierten Navigationskarten der Parkfläche (semantic
mapping concepts). Volkswagen als sechster Konsortiumspartner liefert die
Plattformausrüstung, Sicherheits- und Kontrollmodule sowie Systeme zur statischen
Umgebungserfassung, Objekterkennung und für das automatisierte Parken.
Der Versuchsträger: Ein Netzwerk technischer Sinnesorgane
Die technischen Voraussetzungen sind größtenteils gegeben. So ließen sich in der
Einführungsphase Sensor- und Kameratechnologien nutzten, die bereits heute in
Serienfahrzeugen zum Einsatz kommen. Für das automatische Fahren des
V-Charge-Versuchsträgers, basierend auf einem Volkswagen e-Golf1, sorgt ein dichtes
Wahrnehmungsnetzwerk. Vier Weitwinkelkameras und zwei 3D-Kameras, zwölf
Ultraschallsensoren, digitales Kartenmaterial und die sogenannte „Car2X“-Technologie für
die Kommunikation des Fahrzeugs mit der Infrastruktur sorgen für sicheres Erfassen und
Erkennen des Fahrzeugumfeldes. Fußgänger, Fahrzeuge und Hindernisse werden
identifiziert, Parklücken erkannt und vermessen und als Datenstrom zu einem Gesamtbild in
Echtzeit zusammengesetzt – das Aufgabenfeld der technischen „Sinnesorgane“ ist komplex
und äußerst vielfältig.
Wie kontinuierliche Tests im Rahmen des Forschungsprojekts belegen, ist V-Charge bereits
heute funktionsfähig. GPS-unabhängige Indoor-Lokalisierung, zentimetergenaue
Parklückenvermessung und 360-Grad-Umfelderkennung funktionieren ebenso zuverlässig
wie Reaktionen auf Fußgänger und Fahrzeuge oder die Berücksichtigung von Längs- und
Querverkehr.
2005: Ein Volkswagen Touareg namens „Stanley“ startete in die Autonomie
Das automatische Fahren ist bei Volkswagen schon früh von der Vision zum Forschungsfeld
geworden. Bereits im Jahr 2005 siegte „Stanley“ – ein in Kooperation mit der kalifornischen
Stanford University und dem Volkswagen Electronics Research Laboratory (USA) zum
selbstfahrenden Labor umgebauter Touareg – den „Grand Challenge“-Rennwettbewerb für
Robotfahrzeuge. Die nächste Entwicklungsstufe war 2007 der Passat „Junior“, der sich
schon damals fahrerlos seinen Weg durch den Großstadtdschungel bahnte – so gut, dass er
bei der „Urban Challenge“ für automatische Fahrzeuge den zweiten Platz belegte.
Versehen mit den Arbeitstiteln „PAUL“ und „iCar“ demonstrierten im gleichen Jahr zwei
weitere Passat Forschungsfahrzeuge ihre automatischen Fahrfähigkeiten. Während Ersterer
dank intelligenter Parkassistenz ohne jede Fahrerbeteiligung („Parkt Automatisch Und
Lenkt“) in sogenannte Querlücken schlüpfte, entlastete das „intelligent Car“ durch
automatisiertes Abstandhalten und Bremsen den Fahrer in Stopp-and-Go-Situationen und
bei monotonen Langstreckenfahrten.
Als Idealfahrzeug für Zustelldienste präsentierte sich 2011 der Kleintransporter „eT – follow
me!“. Die praxisnahe Situation: Während der Fahrer zum Beispiel in einem Straßenzug von
Haus zu Haus geht und Briefe verteilt, folgt ihm „eT“ auf leisen elektrischen Sohlen wie ein
wohlerzogener Hund zwecks Nachschubsicherung (Funktion „FollowMe“) – oder verharrt
brav an seiner Position bis zum elektronischen Zuruf „ComeToMe“.
Ebenfalls im Jahr 2011 betrat der „HAVE-IT“ (Highly Automated Vehicles for Intelligent
Transport) – ein Beitrag der Volkswagen AG zum gleichnamigen Forschungs- und
Förderprojekt der Europäischen Kommission – die Bühne des automatischen Fahrens. Die
Wolfsburger Ingenieure hatten für den Passat Variant einen „temporären Autopiloten“
entwickelt, der je nach Fahrsituation, Umgebung sowie Fahrer- und Systemzustand den
bestmöglichen Automatisierungsgrad für das Fahren auf Autobahnen und autobahnähnlichen
Straßen einstellte.