Booklet - Lehrstuhl für Städtebau und Regionalplanung

urban participation
EINFACH WOHNEN
projekt (architektur m.a.) + projekt (urbanistik m.sc.) / wintersemester 15/16
Lehrstuhl für Städtebau und Regionalplanung / Univ.- Prof. Sophie Wolfrum /
Projekt Master Architektur und Urbanistik
Betreuung / Stephanie Kalläne / Judy Preschern / Ina-Maria Schmidbauer /
Heiner Stengel /Christian Zöhrer
Wintersemester 15 / 16 Programm
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Inhalt
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EINFACH WOHNEN - urban participation
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Lasst Sie mitmachen! (Interview SZ 26.2.15)
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Flüchtlinge in München
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Wohnungsnot im Häuserkampf
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Wohnraum schaffen
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McGraw Gelände
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Aufgabe
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Leistungen / Organisation / Termine
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Literatur / Links
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EINFACH WOHNEN - URBAN PARTICIPATION // THEMA
Urbane Teilhabe
Flüchtlings- und Migrationsbewegungen stellen langfristig eine der großen Herausforderungen für das Wachstum von Städten weltweit dar. Aktuell rechnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Jahr 2015 mit bis zu „800.000“1 ankommenden Flüchtlingen. In München, einer mit 7% am stärksten wachsenden Städte
Deutschlands, kommen täglich durchschnittlich ca. „400 Flüchtlinge“2 an. „Seit Ende
August erlebt die Landeshauptstadt einen Zustrom ungewöhnlichen Ausmaßes“ ...
„Über 70.000 Flüchtlinge sind seit Anfang September“ ... „in München angekommen“ ...3 Die Aufnahme neuer Bewohner, deren Selbstbestimmung und produktive
Teilhabe am urbanen Raum ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Gesellschaft
um ein funktionierendes und lebendiges Stadtgefüge sicher zu stellen. Die gängige
Praxis der Aufnahme von Flüchtlingen in den Städten gewährleistet dies bislang
nur unzureichend - ein langfristiges politisches Konzept, die mannigfaltigen Migrationsströme als Potential der Stadtentwicklung zu nutzen, existiert nicht. Heute sind
Unterkünfte von Flüchtlingen und Asylbewerbern häufig temporär und befinden sich
meist in städtischen Peripherien - Räumen, welche in wachsenden Städten ständigen Transformationsprozessen unterworfen sind. Warum nicht die Potentiale der diversen Migrationsströme nutzen und die Ankommenden, als „städtische Pioniere“4,
in die Transformationsprozesse einer langfristigen, integrativen Stadtentwicklung
einbinden. Warum nicht Flüchtlinge mit anderen Gruppen der Stadtgesellschaft, zum
Beispiel Studierenden, zusammen bringen, die ähnliche Bedürfnisse und Anforderungsprofile haben, weil Sie ebenso heterogen und mobil sind?
Einfach Wohnen
Die Metropolregion München wächst rasant - ebenso rasant wächst die Nachfrage
nach innerstädtischem Wohnraum. Doch die Nachfrage, vor allem nach preiswertem
Wohnraum, ist in München heute größer als das Angebot. Um sozial ausgleichend
auf den Wohnungsmarkt einzuwirken, nutzt die Stadtverwaltung einkommensorientierte Fördermodelle wie das Münchner Modell oder Instrumente wie die sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN). Nichts desto trotz leidet die Stadt unter akutem
Wohnraummangel. Die Kluft zwischen bezahlbarem Wohnraum und den Angeboten
des frei finanzierten Wohnungsmarkts wird immer größer. Zudem existiert ein äußerst heterogenes Marktsegment, welches aus diversen Gründen, selbst zu geförderten Angeboten am Markt, keinen Zugang findet. Es bedarf innovativer rechtlicher,
planerischer und gesellschaftlicher Konzepte, um für diese divergente Gruppe neue
nachfrageorientierte Angebote einfachen Wohnens in der Stadt zu schaffen.
McGraw Gelände
Das McGraw-Gelände befindet sich am südlichen Stadtrand Münchens. Im Übergang der Stadtteile Giesing und Harlaching, unmittelbar an der Stadteinfahrt der
A995. Die US Streitkräfte sind 1992 vom Areal der ehemaligen Kaserne abgezogen.
Markantes Kennzeichen des Areals ist der McGraw Graben, der Verkehrsanschluss
des Mittleren Rings an die A995. Der Graben teilt das Gelände heute in Ost- und
Westbereich und stellt eine erhebliche Barriere innerhalb des Quartiers dar. Der
Weststteil ist vorwiegend durch großmaßstäbliche Gebäude geprägt, die mit Büroflächen des Staatlichen Bauamts und der Polizei genutzt werden. Auf dem Ostteil
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überwiegt die Wohnnutzung und weist neben der unter Denkmalschutz stehenden
Halle mehrere leer stehende Gebäude sowie großes Flächenpotential für eine weitere Bebauung auf. Seit der Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs 1997
sind mehrere Versuche, das Quartier neu zu entwickeln gescheitert, so dass das
infrastrukturell gut erschlossene Areal weiterhin auf seine Überformung und Nachverdichtung wartet.
Seit Herbst 2014 sind auf dem östlichen Teil des Geländes, an der Stadelheimer
Straße, in direkter Nähe zum Gefängnis, ca. 300 Flüchtlinge zur Erstaufnahme in
einer eingezäunten, temporär angelegten Containersiedlung untergebracht. Der
nächste Schritt im Asylverfahren ist in Bayern die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft. Und dann? Im Rahmen des Projekts sollen die Voraussetzungen
zur Selbstbestimmung von Flüchtlingen kritisch hinterfragt und Möglichkeiten für
andere Formen urbaner Teilhabe, ebenso wie eine neue Form einfachen städtischen
Wohnens entwickelt, aufgezeigt und diskutiert werden.
1 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Prognoseschreiben zur Zahl der im Verteilsystem EASY,
registrierten Personen nach § 44 Abs. 2 AsylVfG, Nürberg 20.08.2015
2 Kastner, Bernd: Asylbewerber, 400 Flüchtlinge kommen jeden Tag nach München, in: Süddeutsche
Zeitung vom 10.Juli 2015
3 http://www.muenchen.de/aktuell/fluechtlinge-hauptbahnhof.html vom 01.10.2015
4 Stefan, Felix: Flüchtlingslager, „Wieso nicht Asylbewerberheime mit Studentenwohnheimen?“ Interview mit Manuel Herz, in: Zeitonline 03.08.2015
Flüchtlinge aus Budapest werden im Hauptbahnhof München von Polizisten in Empfang genommen
(Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-in-europa-so-wurde-budapest-wien-muenchen-zur-hauptroute-fuer-fluechtlinge-1.2630512, 01.09.2015)
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EINFACH WOHNEN - URBAN PARTICIPATION
„Die Stadt muss, gegen das Übergewicht formaler sozialpolitischer Verfahren, als
Bündnissystem wiederentdeckt werden. (...) Migration ist ein Formproblem der Großstadt. Migration stellt die Zielstadt vor die Frage des Aufnahmevermögens. Dieses
Vermögen ist eben das, was die Großstadt von anderen Stadttypen unterscheidet.
Die Aufnahmefähigkeit ist nicht quantitativ beschreibbar.“
(Dieter Hoffmann-Axthelm, Die dritte Stadt, Frankfurt 1993)
LASST SIE MITMACHEN !
Keine Ghettoisierung, Schluss mit der Bevormundung: Philipp Misselwitz kritisiert die Verwaltung von Flüchtlingen
Seit dem Zweiten Weltkrieg waren noch nie so viele Menschen auf der Flucht wie
im vergangenen Jahr. Und es werden immer mehr, die vom Krieg, Verfolgung und
Naturkatastrophen fliehen. Dass ihre Unterbringung und Versorgung nicht nur ein
Feld für Hilfsorganisationen und Sozialarbeiter sind, sondern auch für Architekten
und Stadtplaner, reklamiert die Generation von Philipp Misselwitz. Er lehrt an der
TU Berlin „Internationalen Urbanismus und Design“. „Space, Time, Dignity, Rights“
hieß seine Studie zur Verbesserung palästinensischer Flüchtlingslager. Als Mitherausgeber verantwortet er das aktuelle Heft des Magazins Trialog zum Thema „Camp
Cities“. Dabei geht es nicht nur um konkrete Zeltentwürfe oder die Verbesserung
der Grundrisse in Megacamps in Jordanien. Sondern auch um eine neue Definition
des Flüchtlingsstatus: Architekten und Stadtplaner schreiben, dass deren Recht auf
Mitbestimmung und Entfaltung dort behindert wird, wo sie lediglich verwaltet und
abgefertigt werden.
SZ: Ist Deutschland mit der erhöhten Zahl von Asylbewerbern und Flüchtlingen überfordert?
Philipp Misselwitz: In Deutschland einem der reichsten Länder der Erde, gingen 2014
um die 200 000 Asylanträge ein, das entspricht 0,2% der Gesamtbevölkerung. Kann
man ernsthaft von Überforderung sprechen, wenn gleichzeitig der Libanon mit 1,2
Millionen syrischen Flüchtlingen - das entspricht 20% der Bevölkerung - zurechtkommen muss?
Und woher kommt das Gefühl der Überforderung in Deutschland?
Die Berichterstattung ist eindeutig: in den Medien werden vor allem Bilder von Notsituationen reproduziert. Wenn Zeitungen titeln „Turnhalle für Flüchtlinge geräumt“,
schlussfolgern Leser, dass der Ansturm der Flüchtlinge so groß ist, dass die Ausbildung ihrer Kinder gefährdet ist.
Spiegeln sich da generelle Vorbehalte der Deutschen?
Die Probleme sind hausgemacht: Die Regierung stellt den UN-Hilfswerken Millionen
Euro zur Verfügung, agiert aber im eigenen Land ausgesprochen unbeholfen und
lässt Städte und Gemeinden mit dem Thema allein. Es stimmt nicht, dass man - mit
guter Planung und entsprechenden Ressourcen - die Flüchtlinge nicht besser aufnehmen und integrieren könnte. Wir haben es mit einer Präventionsstrategie zu tun,
auf Kosten der Flüchtlinge und all der Aktivisten, die Helfen wollen. Im Ergebnis haben wir nicht weniger Flüchtlinge. Aber rassistische Bewegungen wie Pegida fühlen
sich von dieser Politik ermutigt.
Wie lassen sich Flüchtlinge besser in Städten integrieren?
Warum müssen in Deutschland Flüchtlinge in Massenunterkünften, an der Stadt-Pe-
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Self Built Workshop Erstaufnahme McGraw, München, Juli 2015 (Bild: Kevin Chesnel, Giulia Desideri)
ripherie oder auf dem Land untergebracht werden? Als Grund werden fehlende alternative Grundstücke und Handlungsdruck genannt. Es werden unverwertbare, unliebsame Liegenschaften wie ehemalige Konzentrationslager, Kasernen oder leere Hallen
in Industriegebieten recycelt. Baurecht, das Wohnnutzungen in diesen Gebieten aus
guten Gründen untersagt, wird aufgeweicht. In den Städten wie Berlin entstehen
neue Unterkünfte inmitten sozialer Brennpunkte, wo Schulen ohnehin überfordert
und Arbeitsmöglichkeiten nicht vorhanden sind. So werden Probleme geschaffen,
für die wir dann die Flüchtlinge verantwortlich machen. Wir produzieren Räume, die
Flüchtlinge abhängig machen und Eigeninitiative erschwert. Damit verletzen wir wir
auch die Grundrechte der Flüchtlinge und Asylbewerber.
Wie sehen bessere Beispiele aus?
Man muss spezifische Lösungen finden. In Berlin sind 10 000 Menschen in Wohnungen gezogen, das funktioniert. Viele Organisationen wollen alle Gemeinschaftsunterkünfte abschaffen. Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk rät mittlerweile, keine
neuen Flüchtlingslager zu errichten. Allerdings kann die Nähe zu anderen Leidensgenossen gerade für Traumatisierte wichtig und unterstützend sein.Gemeinschaftsunterkünfte sind also nicht pauschal schlecht oder integrationsfeindlich, wenn sie
gut im Stadtkontext integriert sind, eine bestimmte Größe nicht überschreiten und
entsprechend ausgestattet sind.
Gibt es dafür Beispiele - und haben die Behörden in Krisengebieten überhaupt
Zeit für solche exakten Planungen?
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Unsere Forschung im Nahen Osten zeigt die Potentiale der Selbstorganisation auf:
Flüchtlinge können dort ihre Ressourcen bündeln und einander in Netzwerken helfen. Ein Ausdruck der Selbsthilfe ist der Urbanisierungsprozess, den die als notdürftige Zeltstädte errichteten Flüchtlingslager durchlaufen. In wenigen Jahren entstehen feste Baustrukturen, Straßen, soziale oder religiöse Treffpunkte. All das sind
Eigeninitiativen der Flüchtlinge. Das wenige, das sie haben, wird so investiert, dass
die Lebenssituation sich verbessert. Die gestaltende Teilhabe an der Urbanisierung
eines Flüchtlingslagers ist auch ein Weg, die verlorene Würde wiederzuerlangen. Wir
sollten diese Dynamik positiv deuten.
Und wer entscheidet bei uns, ob solche Prozesse zugelassen werden?
Die Flüchtlingsunterbringung ist oft privatisiert. Offiziell sind Sozialarbeiter als Betreuer zugeteilt, allerdings zu bundesländerspezifischen Quoten, die oft nicht richtig
bemessen ist. Wenn ein Sozialarbeiter für zwanzig Flüchtlinge zuständig ist, sind es
- wo der einmal ausfällt - dann die Mitarbeiter der Wachfirmen, die einspringen. Die
können natürlich nicht angemessen auf die Belange der traumatisierten Flüchtlinge
eingehen. Dass es bereits zu schlimmen Missbrauch gekommen ist wissen wir. Es
fehlt an öffentlicher Kontrolle und Transparenz. Wenn Betreuungsfirmen ihr Budget
als Tagessätze für Flüchtlinge bekommen und davon auch die Unterbringung bestritten werden muss, ist es nicht verwunderlich, dass es zu Überbelegung kommt.
Dabei wären wir in Deutschland in der Lage, mehr für Flüchtlinge und vor allem
strategischer zu investieren.
Wie sind denn die Flüchtlinge einbezogen in die Planung?
Offiziell kaum. Aber die Initiative des selbstinitiierten Protestcamps in Berlin hat gezeigt, dass Asylbewerber zunehmend selbstbewusst zivile Grundrechte wie Bewegungsfreiheit und Arbeitsrecht einfordern. In den Protesten wurde auchder Slogan
„Recht auf Stadt“ gebraucht. Ich interpretiere die Forderung so: Wie kann man menschenwürdige Strukturen schaffen, die Flüchtlingen ermöglichen, sich im Exil weiter
zu entwickeln? Flüchtlinge wollen nicht von Almosen und Sozialleistungen leben, wie
oft behauptet wird. Die Frage ist: Wie sieht eine effektive Infrastruktur aus, die auffängt und schützt, aber keine dauerhaften Abhängigkeiten hinterlässt und maximale
Optionen zur Selbsthilfe und Entwicklung ermöglicht?
Und welche Modelle gibt es da?
Man könnte in Deutschland von den Urbanisierungsprozessen lernen, die in kurzer
Zeit Zeltstädte in „CampCities“ verwandeln. Die Menschen suchen ja nach Sinn,
Arbeit, Betätigung, bauen ihr Zelt an, sobald es möglich ist. Aber die humanitären
Organisationen sind häufig nicht in der Lage, diese selbstorganisierenden Kräfte
sinnvoll einzubeziehen, ja sie bekämpfen sie oft. Man versorgt die Flüchtlinge lieber
mit bevormundenden Notprogrammen, damit sie sich besser kontrollieren lassen.
Wie sieht dagegen Mitbestimmung aus?
Ziel ist die Teilhabe der Flüchtlinge an Entscheidungsprozessen, die wir als ziviles
Grundrecht begreifen. Es muss lokal verhandelt werden, wie Ressourcen am besten
verwendet werden. Wie legt man öffentliche Räume an, wie verbessert man Infrastruktur, ist Begrünung möglich?
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Flüchtlingsunterkunft Turnhalle Taufkirchen (Quelle: Sueddeutsche Zeitung, 26.2.2015)
Lässt sich das übertragen?
Nur wenn sich eine Debatte entwickelt. Und wenn wir uns Camps nicht automatisch
als stacheldrahtumzäunte Verwaltungsgefängnisse vorstellen. Es gibt andere Beispiele: In den Achtzigern unternahm das UNHCR Versuche in Uganda und Sambia,
Flüchtlinge in selbstversorgenden Dorfstrukturen unterzubringen. Da wurde eine Infrastruktur geschaffen, die es den Flüchtlingen erlaubte, Landwirtschaft zu betreiben,
sich selbst zu versorgen und Handel mit anderen Dörfern zu betreiben.
Aber verfestigt sich so nicht die Situation? Damit man in Deutschland überhaupt Asyl durchsetzen kann, darf nie der Eindruck entstehen, dass aus
Flüchtlingen Einwanderer werden.
In Sambia gelang es, Flüchtlingen die Rückkehr zu ermöglichen. Die zurückbleibende
Infrastruktur wurde von den Einheimischen weiter genutzt. Leider geht die Quote der
Rückkehrer kontinuierlich zurück; was nicht an den Flüchtlingen liegt, sondern an
den immer komplexer werdenden Langzeitkonflikten. Die Anzahl der Vertriebenen
liegt bei weit über 50 Millionen und steigt kontinuierlich. Deshalb ist die Debatte über
zivile Rechte der Flüchtlinge so wichtig. Man kann Menschen nicht endlos verwalten
und entmündigen.
(Quelle: Süddeutsche Zeitung, 26.Februar 2015, Interview geführt von C.Lorch)
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FLÜCHTLINGE IN MÜNCHEN
„Derzeit befinden sich weltweit fast 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht. 16,7
Millionen von ihnen gelten nach völkerrechtlicher Definition als Flüchtlinge. Neun
von zehn Flüchtlingen (86 Prozent) leben in Entwicklungsländern, da die meisten Flüchtlinge lediglich in ein angrenzendes Nachbarland fliehen.“ 1 In Deutschland rechnet man nach aktuellen Prognosen des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge (BAMF) im Jahr 2015 mit ca. 800.000 Flüchtlingen aus Ländern wie z.B.
Syrien, Afghanistan oder Eritrea. „Das Zentrum der größten Unruhen liegt heute
weitab von den europäischen Städten und würde Sie ohne moderne Verkehrsmittel
nie erreichen.“ 2
Mannigfaltige rechtliche Grundlagen, angefangen bei der Genfer Menschenrechtskonvention regeln die Verfahrenswege. Auf europäischer Ebene sei hier beispielhaft die Dublin II Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 343/2003) genannt. Auf
Bundesebene ist das Asylverfahren gemäß Art.16a Grundgesetz sowie dem Asylverfahrensgesetz (AsylVG) und Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) maßgebend. Kontingentflüchtlinge und Asylbewerber werden gemäß dem Königsteiner
Schlüssel, 1949 als Berechnungsmethode zur Beteiligung der Länder an gemeinsamer Finanzierung entwickelt, auf die Länder verteilt (§ 45 Asylverfahrensgesetz).
Für die Durchführung des AsylVG, des AsylbLG und des Aufnahmegesetzes sind
die Bundesländer zuständig. In Bayern regelt dies die Asyldurchführungsverordnung (DV Asyl). Zur Unterbringung von Flüchtlingen existieren heute in 9 Bundesländern Mindeststandards. In Bayern sind diese als Empfehlungen wie Leitlinien
zu Art, Größe und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber
formuliert. Diese Leitlinien gelten jedoch nur für Gemeinschaftsunterkünfte in Trägerschaft der Bezirksregierungen, nicht jedoch für die dezentrale Unterbringung
durch Landkreise und Kommunen. In Baden Württemberg beispielsweise sind
Flüchtlinge für „die Dauer Ihres Asylverfahrens in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Diese in Wohngebiete zu integrieren ist für Landkreise und
Kommunen zunehmend schwieriger, angesichts der großen Zahl von Flüchtlingen.
(…) Lange haben Kreise und Kommunen darüber geklagt, dass das Baurecht die
Unterbringung von Flüchtlingen in geeigneten Objekten, etwa in Gewerbegebieten
verbietet. (…) Zu Jahresbeginn ist die Gesetzesvorschrift gelockert worden – für
die Kommunen eine Erleichterung“ 3 beschreibt der Staatsanzeiger des Landes
im Februar 2015. Anders in Nordrhein-Westfalen wo beispielsweise in Bonn „Asylbewerber/innen und Flüchtlinge aus 36 Ländern dezentral im Stadtgebiet verteilt
in Wohnheimen und anderen Unterkünften, die von der Stadt Bonn zur Verfügung
gestellt werden (…) leben (Stand: 30.03.2015). Andere sind bei Verwandten und
Freunden untergekommen oder haben eigene Wohnungen gefunden. Für die neuen Flüchtlinge strebt die Stadt weiterhin eine dezentrale Unterbringung an. Das
ist nicht leicht angesichts der allgemeinen Wohnungsknappheit, von der ja auch
Studierende, Familien und andere Bevölkerungsgruppen betroffen sind. Daher
müssen auch größere Häuser genutzt werden, um die Flüchtlinge beherbergen zu
können.“ 4
„In der Zeit der hohen Asylbewerberzahlen Anfang der 1990er Jahre wurde die
kollektive Unterbringung von Asylbewerbern festgelegt. Inzwischen sind einige
1 http://www.uno-fluechtlingshilfe.de/fluechtlinge/zahlen-fakten.html
2 Hofmann-Axthelm, Dieter: Die dritte Stadt, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1993, S.40
3 Rösner, Verena: Flüchtlingsunterkünfte – Gelockertes Baurecht schafft mehr Spielraum,
in: Staatsanzeiger Baden Württemberg, 06.02.15
4 http://www.integration-in-bonn.de/fr/aktuell-fluechtlinge-in-bonn.html
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Bundesländer davon abgerückt, und zwar aus humanitären wie auch aus wirtschaftlichen Erwägungen. Andere Bundesländer wie beispielsweise Bayern halten prinzipiell
daran fest und setzen auch konsequent durch, dass die Wohnstandards suboptimal gestaltet werden. Immer wieder geht es dabei um skandalöse Zustände, die in
der Öffentlichkeit auch immer wieder angeprangert werden (vgl. beispielsweise Pöls
2012). Die Unterbringung von Flüchtlingen in Sammellagern soll, so die Bayerische
Asyldurchführungsverordnung von 2002, „die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern“. Ein weiterer Konflikt dreht sich um die Bewegungsfreiheit der Asylbewerber. In einigen Bundesländern sind sie nach wie vor auf einen Landkreis bzw.
eine Stadt beschränkt, in Bayern inzwischen auf den jeweiligen Regierungsbezirk.
Die Bewegungsfreiheit ist auch insofern wichtig, als davon die Suche nach einem
Arbeitsplatz abhängen kann, der wiederum Voraussetzung für ein Bleiberecht bei
den Härtefallkommissionen ist.“ 5
In München arbeitet (...) „eine Task Force zur Unterbringung von Flüchtlingen und
Wohnungslosen unter der Federführung des Sozialreferats“ (...). Alle zwei Wochen
trifft sie sich, Mitarbeiter von sieben Referaten sitzen dann um einen Tisch, die alle
daran arbeiten, neue Unterkünfte für Flüchtlinge zu schaffen. Die aber auch aufpassen, dass die Einrichtungen nicht zu sehr den Interessen ihres eigenen Referats widersprechen. Wenn sie die Liste mit den Vorschlägen prüfen, dann geht es auch
darum, dass kein Schulstandort gebremst wird, dass kein Neubaugebiet behindert
wird und kein Verkehrsprojekt verschoben (…) „Es gibt keinen idealen Standort“, sagt
Meier. Wenn ein Gebäude oder Gelände doch einmal relativ viele Kriterien erfüllt,
dann muss auch noch die Regierung von Oberbayern zustimmen.“ 6
Die Erstaufnahmeeinrichtung in der Bayernkaserne ist chronisch überlastet. Im
Oktober 2014 wurde für die Einrichtung ein Aufnahmestopp verhängt. Weitere Unterkünfte für Menschen, deren Asylverfahren anhängig ist, wurden im Stadtgebiet
verteilt geschaffen, darunter auch eine Containersiedlung am Mc Graw Gelände, mit
Kapazität zur Aufnahme von ca. 300 Flüchtlingen. Diverse, durch bürgerschaftliches
Engagement mit initiierte Projekte, wie das Grandhotel Cosmopolis e.V. in Augsburg
oder Bellevue di Monaco eG i.G. zeigen auf, wie die vielbeschriebene „Wilkommenskultur“ im realen Raum gestaltet werden kann. „Natürlich würden wir die Flüchtlinge
lieber dezentral in Wohnungen unterbringen als in Gemeinschaftsunterkünften“, sagt
Münchens Sozialreferentin Brigitte Meier. Das mag in Kommunen, in denen viele
Wohnungen leer stehen, möglich sein. Angesichts des angespannten Münchner
Wohnungsmarkts sei das aber utopisch.“ 6
Aus vielen Flüchtlingen werden irgendwann Einwanderer und Bürger, die Ihren
Wohnort frei wählen. Die Diskussion nach langfristiger Integration steht gerade am
Anfang. Um derm Bedürfnis nach Wohnraum gerecht zu werden, gilt es, sowohl
neuen Wohnraum als auch neue Wohnformen zu etablieren. Wie wohnen Menschen
nachdem Sie den bürokratischen Prozess des Asylverfahrens, und damit die Unterbringungsformen Erstaufnahme- und Gemeinschaftsunterkunft, durchlaufen haben?
Wie kann der drastisch steigende Bedarf an bezahlbarem städtischem Wohnraum
gedeckt werden? Wer zeichnet dafür verantwortlich? Und wie?
5 Thränhardt, Dietrich, Prof. em. Dr. rer. soc.: Zur Bedeutung der Länder im Konzept einer nachhaltigen
Integrationspolitik, in: Friedrich-Ebert-Stiftung, Integrationspolitik in Nordrhein-Westfalen, 10. März 2012
6 http://www.sueddeutsche.de/muenchen/neue-fluechtlingsunterkuenfte-in-muenchenwir-kaempfen-um-jedes-objekt-1.2323903-2
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WOHNUNGSNOT IM HÄUSERKAMPF
Rom - Obdach, 2015 / Bild: Sophie Wofrum
„Flüchtlinge gegen Obdachlose? Der Konflikt ist real: Von einst sechs Millionen
Sozialwohnungen sind heute nur noch 1,4 Millionen übrig - weil sich der Staat
zurückzog. Warum wir einen neuen sozialen Wohnungsbau brauchen.
Eine 56 Jahre alte Frau lebt seit 23 Jahren in einer Dreizimmerwohnung in Eschenbach. Bald muss sie ausziehen. Die Gemeinde hat der Frau gekündigt, um Flüchtlinge in der Wohnung unterzubringen. Bürgermeister Mario Schlafke sagt: „Die Alternative zur Kündigung wären Betten in der Turnhalle.“ Die Gekündigte sagt: „Ich finde es
einen Skandal, Mieter aus der Wohnung zu schmeißen.“
In Nieheim lebt eine 51 Jahre alte Frau seit 16 Jahren in einer 90-Quadratmeter-Wohnung. Die Stadt hat ihr gekündigt. Eigenbedarf. Die Frau sagt: „Ich finde es unmöglich.“ Bürgermeister Rainer Vidal sagt: „Wir sind bundesweit doch nicht die einzige
Stadt, die Mietern kündigt, um Flüchtlinge unterzubringen.“
Stimmt. Mittlerweile sind Fälle aus Osnabrück, Niederkassel oder Lindlar bekannt. In
Hamburg wurde ein Gesetz verabschiedet, wonach zur Unterbringung von Flüchtlingen die Beschlagnahmung von Immobilien möglich ist. In Berlin, Brandenburg und
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Bremen wird darüber nachgedacht, ob Flüchtlinge in enteigneten Räumen wohnen
sollen. Im Spiegel warnt der Staatsrechtler Hans-Jürgen Papier: „Andere Bevölkerungsgruppen suchen auch bezahlbaren Wohnraum. Die könnten sich benachteiligt
fühlen.“ Zu Recht.
Unterdessen lässt die Bundesregierung wissen, man wolle Wohnraum-Verteilungskämpfe zwischen Migranten und Einheimischen vermeiden, ja, man wolle die „Willkommenskultur“ nicht gefährden. Gleichzeitig bringt die delirierende Prognostik immer neue Flüchtlingszahlen hervor: von 300 000 im Februar auf 450 000 im Mai auf
800 000 im August - eine Zahl, so die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi, die
„kein Mensch glaubt“. Spekuliert wird über anderthalb Millionen. Es wäre nicht der
einzige Strom, der zunimmt: Auch Pegida meldet Zulauf.
Die neuen Schätzungen zur Obdachlosigkeit in Deutschland, die am Montag bekannt
gegeben wurden (SZ vom 6. Oktober), fügen sich passgenau in die Dramaturgie. Der
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe zufolge müsse man bis 2018 mit
mehr als einer halben Million Wohnungsloser rechnen, was dann fast einer Verdoppelung der Obdachlosigkeit innerhalb von vier Jahren entspräche.
Sechs Millionen Sozialwohnungen gab es einmal. Heute sind noch 1,4 Millionen davon übrig.
Zwar wurde klar, dass der Anstieg nur teilweise von Flüchtlingen verursacht werde;
hauptursächlich sei die verfehlte Wohnungsbaupolitik, denn der soziale Wohnungsbau könne den Bedarf nicht decken. Zwischen 2002 und 2013 sei der Bestand der
Sozialwohnungen um mehr als eine Million zurückgegangen. Sechs Millionen Sozialwohnungen gab es ehedem. Aber schon Mitte der Neunzigerjahre halbierte sich der
Bestand. Nun sind es 1,4 Millionen. Und jedes Jahr fallen weitere 60 000 mit steuerlichen Mitteln finanzierte Wohnungen aus der Sozialbindung. Die Sozialbindung, letztlich die Garantie niedriger Mieten, endet nach 15 bis 20 Jahren, wenn die staatlichen
Zuschüsse versiegen. Danach steigen die Mieten auf das örtliche Vergleichsniveau.
Seit 2007 werden aber kaum neue Sozialwohnungen gebaut. Denn seither sind die
Länder für die Wohnraumförderung zuständig. Die erhalten vom Bund Ausgleichszahlungen - die aber regelmäßig zum Stopfen von Budgetlöchern ausgegeben werden. Ein Teufelskreis, der auch die Gentrifizierung nährt.
Die Verteilungskämpfe sind längst angekommen in den Kommunen und Köpfen. Der
Krieg um die existenzielle Ressource des Obdachs, jener vier Wände, die so viel
mehr sind als vier Wände, ist alt. Er kennt viele Formen und Fronten - eine neue, die
zwischen denen „da draußen“ und uns „da drinnen“, ist nun aber in der Lage, das
Elend eskalieren zu lassen.
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In der Schnulze „Doktor Schiwago“ aus dem Jahr 1965 gibt es eine Szene, die ein
dramatisierendes, zugleich scharfes Licht auf die Gegenwart wirft. Darin kehrt der
poetisch veranlagte Dr. Jurij Schiwago (Omar Sharif) aus Revolutionswirren zurück
in das prachtvolle Moskauer Palais der großbürgerlichen Familie - um festzustellen, dass der Kleinpalast beschlagnahmt und parzelliert wurde. Nun wohnen darin
Dutzende armer Familien. „Das ist auch viel gerechter so“, stammelt der Humanist.
Wochen später verlässt seine Familie Moskau. Vertrieben im eigenen Land.
Genau das ist die Angst, die umgeht in der Bevölkerung. Ziehen wir den Hollywoodfaktor „Palais“ und die Moskauer Aristokratie der Zarenzeit ab, so bleibt eine
90-Quadratmeter-Wohnung für eine deutsche Krankenschwester in Nieheim übrig.
Die Ängste, die sich in der Debatte rund um die skandalisierte Kündigung einer Provinz-Wohnung manifestieren, schürt man nicht, indem man sie ernst nimmt. Im Gegenteil. Wer das Problem heute verharmlost, der steht einer Lösung im Weg. Und
diese Lösung besteht nicht in Mietpreisbremsen, der Umwandlung von Tankstellen
zu Mietwohnungen oder anderen Verlegenheitsreflexen, sondern in der Reanimation
des zuvor vorsätzlich ausgehungerten sozialen Wohnungsbaus.
Wir brauchen nicht nur mehr Wohnungen, wir brauchen auch andere Wohnformen.
An der Wohnungsfrage entscheidet sich die Zukunft einer verstädterten Gesellschaft,
die sich Ballungszentren als Jobmotoren schafft - ohne zu bedenken, dass jene, die
darin arbeiten, auch wohnen müssen. Überlässt man das Wohnen dem freien Markt,
so wird das produziert, was dem Renditesystem genetisch entspricht: profitabler
Wohnraum. Billiger Wohnraum ist nicht vorgesehen in diesem Bauplan. Grund und
Boden gehören, nicht grundsätzlich, aber in großen Teilen zum öffentlichen Eigentum. Der soziale Wohnungsbau, der sich in Deutschland seit der Weimarer Republik durch glänzende Beispiele für moderne Wohnarchitektur auszeichnet, muss eine
Renaissance erfahren.
Die 500 Millionen Euro, die nun, wie auf dem Flüchtlingsgipfel Ende September zugesagt, zusätzlich in den sozialen Wohnungsbau fließen, sind wie Hohn angesichts
einer sehr viel gewaltigeren Aufgabe. Nicht einmal der jährliche Rückgang der automatisch aus der Sozialbindung fallenden Wohnungen wird damit kompensiert. Der
Staat, die Länder und die Kommunen müssen zu Bauherren viel größerer Ambitionen
werden. Denn die homogenisierenden Wohnbauprogramme von einst formulieren
überdies keine gültigen Antworten mehr auf die divergenten Wohnraumbedürfnisse
der Gegenwart.
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Fazit: Das Wohnen ist ein öffentliches Anliegen, es kann nicht allein der Privatwirtschaft überantwortet werden. Die Privatisierung städtischer Wohnbauträger in den
letzten Jahren war ein Fehler. Weiter dienen die grotesk detaillierten Bauvorschriften
vor allem der Bauindustrie - in ihrem bürokratischen Furor stehen sie preisbewusstem
wie flexiblem Wohnraum im Weg. Zuletzt: Wer den sozialen Frieden bewahren möchte, und alles andere ist ein übrigens auch jenseits der Humanität kostenintensiver
Albtraum, muss das Wohnen auf Platz eins der Agenda setzen. Bis zum Jahr 2005
gab es ein „Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen“. Mittlerweile
hat man den Verkehr dem Verkehrt-Minister Alexander Dobrindt, CSU, anvertraut,
der daraus Maut und Glasfaserkabel gemacht hat; und das Wohnen wurde dem Bau
zugeschoben, der sich seither im Ministerium von Barbara Hendricks, SPD, zwischen
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit versteckt.
Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein Grundrecht des Menschen. Es greift nur
dann, wenn man nicht nur ein Mensch, sondern auch ein Wohnender ist.“
Quelle: Matzig, Gerhard, in Süddeutsche Zeitung, Nr. 230, Mittwoch, 7. Oktober
2015
Grundbau und Siedler - selfbuilt housing, IBA Hamburg, 2013 / Bild: Bel Sozietät für Architektur
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WOHNRAUM SCHAFFEN
„Die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum“ (...) wächst „sehr viel stärker als das
Angebot. Insbesondere Familien mit Kindern, Studierende und Rentner sind vom
zunehmenden Wohnungsmangel in den Ballungsgebieten betroffen. Auch die dauerhaft in Bayern bleibenden Flüchtlinge brauchen Wohnraum, der ihnen eine Integration in unser Land und in unsere Gesellschaft erleichtert.“ (...) „Für mehr Wohnraum
ist es neben der Aktivierung von Baulandreserven erforderlich, auch den Wohnungsbestand bestmöglich zu nutzen. Dazu soll verstärkt in leerstehenden und sanierungsbedürftigen Gebäuden wieder zeitgemäßer Wohnraum entstehen. (...)
„Gleichzeitig spielen die Baukosten beim Ziel, mehr bezahlbaren Wohnraum zu
schaffen, eine wichtige Rolle. Neben kostenorientierter Planung vom Städtebau bis
ins bauliche Detail bietet die Wohnfläche einen weiteren Ansatzpunkt, um die Baukosten zu reduzieren. Die Wohnflächengrenzen in den Wohnraumförderungsbestimmungen führen bereits heute zu flächensparenden Grundrissen, lassen jedoch in
Ausnahmefällen Spielraum für noch sparsamere Lösungen.“
„Die in früheren Jahren immer wieder zu vernehmende Erwartung, das Problem einer unzureichenden Versorgung mit angemessenem Wohnraum werde sich durch
eine abnehmende Bevölkerungszahl zeitnah weitgehend von selbst lösen, ist nicht
eingetreten. Grund dafür sind eine Reihe von Faktoren: Zu nennen ist der Trend zu
kleineren Haushalten mit der Folge, dass selbst bei gleich bleibender Bevölkerung
mehr Wohnungen benötigt werden. Die immer wieder als wesentlicher Faktor genannte demografische Entwicklung wirkt innerhalb Bayerns sehr unterschiedlich und
vor allem problemverstärkend: Was nützt das Wohnungsangebot in strukturschwachen Regionen, wenn es nicht altersgerecht ist? Welche Konsequenzen hat der Zuzug mobilitätseingeschränkter Menschen in die infrastrukturell besser aufgestellten
Verdichtungsräume? Gerade dort gibt es zu wenig preiswerten Wohnraum. Für sozial
schwächere Wohnungssuchende kommt verschärfend dazu, dass im Zeitraum 2010
bis 2014 in Bayern, ähnlich der Entwicklung in anderen Ländern mit einem größeren Bestand besonders preisgünstiger öffentlicher geförderter Mietwohnungen, gut
31.000 dieser Wohnungen aus der Bindung gefallen sind.
„Die auf Bayern bezogene Betrachtung erfährt aber noch eine Verschärfung durch
die innerdeutsche, länderübergreifende Binnenwanderung und zunehmend auch
durch die Zuwanderung von außen. Gemäß dem aus Zu- und Wegzügen errechneten
Wanderungssaldo aus dem Ausland waren in Bayern im Jahr 2013 (aktuellste verfügbare Zahlen) 83.562 Personen zusätzlich mit Wohnraum zu versorgen. Seitdem ist
der Zugang von Flüchtlingen enorm gestiegen; (...) Das Verhältnis von Arbeitsplatzund Arbeitskräfteangebot mag sich durch diese Zuwanderung angesichts des Fachkräftemangels zugunsten des Wirtschaftsstandorts Deutschland verbessern – das
Verhältnis zwischen der Zahl angemessener Wohnungen und wohnungssuchenden
Haushalten wird durch alle diese Faktoren gerade in den Verdichtungsräumen noch
ungünstiger.“
Für Menschen in besonderen Lebensituationen kann diese Entwicklung, vor allem
auf angespannten Wohnungsmärkten, besondere Schwierigkeiten aufwerfen. Deren
18
schwierige Situation kann sich aus einer Erkrankung ergeben haben oder daraus,
dass der Betroffene, sei es infolge familiärer Umstände, sei es durch Flucht aus einem Krisengebiet, aus dem wirtschaftlichen Nichts heraus sein Leben neu beginnen
muss. Dem allgemeinen Mangel an preisgünstigem Wohnraum muss durch eine allgemeine Ausweitung des Wohnungsangebots begegnet werden.
Mit Blick auf die Menschen in besonderen Lebenssituationen ist die Wohnungspolitik
aber darüber hinaus gefordert, auch auf deren spezielle Anforderungen zugeschnittene Lösungen zu schaffen. Das bedeutet für diese Menschen nicht nur besonders
preisgünstig wohnen zu können. Je nach Personengruppe werden darüber hinaus
zum Beispiel spezielle Raumkonzepte oder Betreuungsangebote benötigt. An das
Bauen für solche Haushalte werden damit Anforderungen gestellt, die auf den ersten
Blick nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen sind: Gefragt sind Wohnkonzepte,
die einerseits kostengünstig und zeitnah umsetzbar, andererseits aber langfristig und
nachhaltig nutzbar sind. Sie müssen einerseits den Bedürfnissen spezifischer Zielgruppen entsprechen, müssen auf Integration und Inklusion ausgerichtet sein, dürfen
aber andererseits nicht durch ungünstige Situierung, mangelnde Qualität oder andere Umstände stigmatisieren und nicht zu einseitigen und instabilen Bewohnerstrukturen führen.“ 1
1 Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr:
Einfach Wohnen - Wohnraum schaffen für Menschen in besonderen Lebenssituationen;
München, Juni 2015, S .1 ff
Jean Nouvel, Nemausus Nimes (Foto: http://homme-de-lettres.tumblr.com/post/48682930998)
19
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McGraw Gelände // HINTERGRUND
Reichszeugmeisterei / McGrawGelände
„1934 kaufte die NSDAP das Grundstück zwischen Tegernseer Landstraße, PeterAuzinger- und Soyerhofstraße, das einst der Karosseriebaufirma Beißbarth gehört hatte.
Zwei Jahre später erwarb die Partei den Warthof, der seit 1911 als evangelisches
Waisenhaus genutzt wurde. Auf dem riesigen, verkehrstechnisch günstig gelegenen
Areal entstanden 1935–1938 die Gebäude der Reichszeugmeisterei, des Reichsautozugs und des Hilfszugs Bayern. Neben Dienstgebäuden und Wohnblocks zur Unterbringung der Beschäftigten wurden eine Großgarage, Werkstätten, eine Waschanlage, eine Tankstelle und eine Zeltwäscherei errichtet. Die Reichszeugmeisterei war
das zentrale Beschaffungsamt der NSDAP und entwickelte sich zu deren größten
Dienststelle. Sie kontrollierte die Herstellung und den Vertrieb sämtlicher parteiamtlicher Ausrüstungsgegenstände und Uniformen wie Braunhemd, Hakenkreuzfahne
und Parteiabzeichen. Der Reichsautozug gewährleistete mit seinen etwa 100 Spezialfahrzeugen und seinen Lautsprecherkapazitäten die technische Ausstattung von
Großveranstaltungen. Der Hilfszug Bayern war bei Massenveranstaltungen zuständig
für die Verpflegung und den Sanitärbereich. Ab 1938 wurden die mobile Großküche,
der Operationswagen, die Lazarettzelte und die Wohnzeltanlage des Hilfszugs bei
der Besetzung Österreichs, der Sudetengebiete und der Tschechoslowakei eingesetzt.
Im Mai 1945 beschlagnahmte die US-Army die weitgehend unzerstörten Gebäude
als Kaserne und benannte sie nach dem im Rheinland gefallenen Gefreiten Francis X. McGraw (1918–1944). Die McGraw-Kaserne war Sitz der Militärregierung für
Bayern, die den Demokratisierungsprozess des Landes überwachte. Auf dem Areal
entstanden ein PX-Einkaufsmarkt für die in Harlaching und später in der Siedlung
am Perlacher Forst wohnenden Soldaten, eine Filiale der University of Maryland und
die Europazentrale der AAFES (Army and Air Force Exchange Service), dem Versorgungsunternehmen für die US-Militäreinrichtungen. Deutsche Firmen belieferten die
Kaserne und mehrere hundert deutsche Zivilisten arbeiteten hier.
Am 2. August 1972 wurde der McGraw-Graben unterhalb des Kasernengeländes
eröffnet. Dadurch wurde die seit Kriegsende für deutsche Fahrzeuge im Kasernenbereich gesperrte Tegernseer Landstraße wieder passierbar. Nach dem Abzug der
US-Truppen 1991/1992 bezogen verschiedene Dienststellen der Münchner Polizei
die ehemalige McGraw-Kaserne. Im September 2001 wurde an der Soyerhofstraße in Erinnerung an den AFN-Sendeturm die AFNMemorial Pyramid von Karl-Heinz
Kappl eingeweiht. Die Neugestaltung des ehemaligen Kasernenareals mit Wohnanlagen und Grünflächen ist geplant.“
(Quelle: Landeshauptstadt München, Kulturgeschichtspfad,
Nr. 17 Obergiesing-Fasangarten, München 2010)
24
Autopioniere Gebrüder Beißbarth (li.), Military Police Batallion (re.) und McGraw Gelände 1950 (oben)
(Quelle: http://www.usarmygermany.com und http://beissbarth.com 26.2.2015)
„1950 ließ sich hier im Stabs- und Verwaltungsbau eine Zweigstelle der Universität von Maryland nieder. Die Kaserne war darüber hinaus nie Sitz von Kampftruppen, sondern behielt als Unterkunft der AAFES, des Versorgungsunternehmens der
US-Einrichtungen, eine ihren alten Funktionen folgende Nutzung. Die durch das
Areal geführte Tegernseer Landstr. wurde abgesperrt, weswegen sie um das Jahr
1970 tiefergelegt und damit wieder allgemein befahrbar gemacht wurde. Die auf die
Rahmung des Straßenraumes bezogene Wirkung der Fassaden ging damit verloren.
In den Jahren 1991/92 zogen die amerikanischen Streitkräfte aus dem Areal aus. Momentan werden Reichszeugmeisterei, Stabsgebäude, Wagenhalle und Großgarage
des Reichsautozuges sowie die Großgarage des Hilfszuges Bayern von der Polizei
genutzt. Ein Abriß des Wirtschaftsgebäudes/Wohnhauses, der Zeltbahnwäscherei
und wohl auch der Großgarage des Hilfszuges ist vorgesehen, um einer Wohn-Neubebauung Platz zu machen.“
(Quelle: http://www.stbam1.bayern.de/wir_ueber_uns/geschichte-dienstgebaeude.
php, 5.3.2015)
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JVA STADELHEIM
A995
AUFGABE
SITUATION
Das McGraw Gelände wartet nach seiner wechselvollen Vergangenheit und dem
Abzug der US Army im Jahr 1992 nun seit mehr als 20 Jahren darauf ein offenes,
freundliches Stück Stadt zu werden. Nach einem städtebaulichen Wettbewerb, der
im Jahr 1997 abgeschlossen wurde und einen erster Preisträger mit Überbauung des
gesamten McGraw Grabens hervorgebracht hatte, und einem erneuten Wettbewerb
im Jahr 2006, der aufgrund nicht bekannter Gründe nicht zur Durchführung kam,
wurde es in den letzten Jahren sehr ruhig um die Neuentwicklung des Geländes.
Trotz der städtebaulichen Aufwertung die der Stadtteil Giesing in den letzten Jahren erfahren hat, wurde das Areal zwischen Chiemgaustr. und Peter-Auzinger-Str./
Stadelheimer Str. in der Diskussion um eine städtebauliche Nachverdichtung und
Aufwertung vernachlässigt.
Das neu entstehende Stadtquartier am ehemaligen Agfa-Gelände ist keine 500m
Luftlinie entfernt, die Infrastrukturelle Anbindung an Autobahn und Mittleren Ring
sowie die Haltestellen St.Quirins-Platz und Mangfallplatz der U1 bieten beste Voraussetzungen um das Areal zu einem urbanen Stück Stadt mit hoher Dichte werden
zu lassen. Die Bestandsgebäude werden größtenteils genutzt und weisen zum Teil
gute Bausubstanz auf.
Gegenwärtig wird das Areal neben einer vorwiegenden durch Wohnnutzung geprägten Substanz durch Büroflächen des Staatlichen Bauamt München I an der
Peter-Aunzinger-Str. und der Polizei an der Tegernseer Landstr. genutzt. Nahversorgung und Einzelhandelsflächen sind fast ausschliesslich am Mangfallplatz konzentriert. Das Gebäude der ehemaligen University of Maryland an der Soyerhofstr. sowie
die Gebäude an der Warthofstrasse werden gegenwärtig nicht genutzt. Die denkmalgeschützte Halle 19 südlich der St.-Quirin-Str. wird gegenwärtig samt Vorplatz
durch die Polizei als Fahrzeugstützpunkt genutzt, im Zuge der Entwicklung des Areals soll eine mögliche Nachnutzung bzw. der Abriss der Halle thematisiert werden.
Der McGraw-Graben verbindet den Mittleren Ring mit der A995 stellt eine physische
und visuelle Barriere dar, die das gesamte Areal in zwei Teile teilt. Diese Teilung wirkt
sich auf das gesamte umgebende Stadtquartier aus und prägt die Atmosphäre auf
dem Gelände bis heute. Als Innenminister Herrmann Anfang letzten Jahres ein kontrovers diskutiertes Szenario für die Nutzung des McGraw Geländes vorgeschlagen
hat, wurde die Diskussion um die Zukunft des Geländes neu entfacht.
Um die Flüchtlings-Erstaufnahmestelle an der Bayernkaserne zu entlasten, sind seit
2015 ca. 300 Flüchtlinge in temporären Containern auf dem östlichen Teil an der
Stadelheimer Str. untergebracht. Diese eingezäunte Containersiedlung soll nun vorraussichtlich für die nächsten 5 Jahre ankommende Flüchtlinge aufnehmen und eine
Entwicklung des Areals nochmals hinauszuzögern.
PROGRAMM
Die Frage, wo Menschen, die erfolgreich das Asylverfahren durchlaufen haben, anschließend wohnen werden, fügt sich nahtlos in die Fragestellung nach bezahlbarem
städtischem Wohnraum. Die Anforderung von Menschen in besonderen Lebenssitu-
28
ationen wie z.B. Studierenden, Alten oder Einkommensschwachen werden von den
Angeboten am Wohnungsmarkt heute kaum gedeckt. Anspruch der Entwurfsaufgabe ist es Stadtmodelle aufzuzeigen, die EINFACH WOHNEN in der Stadt emöglichen, das Areal dabei in den Stadtraum und die Stadtgesellschaft einbindet, und so
einen langfristig integrativen Ansatz verfolgt.
Aufgabe des Entwurfs ist es das gesamte McGraw Areal zu einem dichten Stadtquartier mit offenem Charakter zu entwickeln das attraktive öffentliche Räume bietet.
Das gesamte Areal ist programmatisch und stadträumlich zu entwerfen. Für die neue
Verbindung des Ost- und Westteils ist der Umgang mit dem Infrastrukturbauwerk
McGraw Graben entscheidend. Die Situation der Stadtein- bzw. Ausfahrt und deren
stadträumliche Erscheinung ist dabei ebenso von Bedeutung wie die Neugestaltung des öffentlichen Raums entlang der Tegernseer Landstr. Der McGraw Graben
ist als potentielles Herzstück des neuen Quartiers neu zu gestalten. Querungsmöglichkeiten und infrastrukturelle Erschliessung und Einbindung in die Umgebung sind
dabei zu berücksichtigen und gegebenenfalls neu zu konzipieren. Bestehende Barrieren und Schwellen im Stadtraum sollen in diesem Rahmen abgebaut werden. Die
Anbindung der U-Bahnhaltestellen Mangfallplatz und St-Quirin-Platz an das neue
Quartier ist dabei stadträumlich zu überarbeiten und neu zu formulieren.
Auf dem westl. Teil des Geländes ist ein Umgang mit dem leerstehenden Gebäude
der ehem. University of Maryland zu entwickeln. Die Parkplatzfläche an der Soyerhofstr./St-Quirin-Platz soll neu bebaut werden. Der östl. Teil ist nachzuverdichten
und an die angrenzenden Wohngebiete anzubinden. Bestandsgebäude sind auf
spezifische Potentiale hin zu untersuchen und sollen im Rahmen des Entwurfs, wenn
möglich, erhalten und für eine sinnvolle Nutzung reaktiviert werden. Die zeitliche
Entwicklung des Transformationprozesses am McGraw-Areals ist in Entwicklungsphasen darzustellen.
EINFACH WOHNEN
Die Wohnnutzung auf dem Areal ist zu intensivieren:
Wer wohnt einfach? Wer stellt den Wohnraum her?
Welchen Standard haben innovative Wohnformen ?
Wieviele neue Bewohner werden am McGraw wohnen?
Welche städtebauliche Dichte kann auf dem Areal erreicht werden?
Wie setzt sich die Gruppe der neuen Bewohner zusammen?
Welche stadträumlichen Qualiäten bieten die öffentlichen Räume im Areal?
Es soll eine neue Form einfachen und preiswerten Wohnens konzipiert werden, welche mit besonderen Arten von gemeinschaftlichen Räumen experimentiert. Erforderliche begleitenden Nutzungen wie z.B. Bildungseinrichtungen, Kitas, Schulen,
Nahversorgung etc. sind in der Bearbeitung der Baukörper und insbesondere bei
der Entwicklung des Erdgeschosses zu berücksichtigen.
29
LEISTUNGEN / ORGANISATION / TERMINE
LEISTUNGEN
1. Homerecording / Case Study / Szenario
Die Übung Homerecording dient der Annährung an Akteure und Adressaten des
Entwurfs. Die CaseStudy ist eine interpretierende Form der Analyse von Best Practice Beispielen, die neben objektivierbar-quantitativen Beobachtungen auch eine
subjektiv-qualitative Haltung zum Gesehenen verkörpert. Durch die Erkenntnisse
aus Homerecording und CaseStudy wird ein entwerferischer Prozeß initiiert, der in
Form eines konzeptionellen Szenariomodells sowie einer Visualisierung präsentiert
wird. Es werden Aussagen zur Bedeutung des Areals im Kontext der Gesamtstadt
und die städtebauliche Grundhaltung formuliert. Aufbauend auf die Erkenntnisse der
Übungen und der ersten räumlichen Szenarien soll im folgenden eine städtebauliche
Konzeption für das Areal entwickelt werden.
2. Entwurf / Projekt (M. 1:500)
In diesem Arbeitsschritt wird die städtebauliche Konzeption zu einem konkreten,
räumlichen Entwurf für das Bearbeitungsgebiet weiterentwickelt und in den bestehenden städtischen Kontext integriert. Die bereits im Gebiet vorhandenen Eigenschaften, Qualitäten, Atmosphären, Nutzungen und Akteure im Gebiet werden
kritisch reflektiert, dem gewählten Konzept entsprechend angepasst und durch
städtebauliche Typologien, Freiräume und Erschließungsstrategien entwerferisch
konkretisiert. Das Ergebnis wird als detaillierter Lageplan mit Darstellung der Dachaufsichten, Qualitäten der Außenräume sowie den Erschliessungen dargestellt.
3. Fokus / Projekt (M. 1:200)
Der letzte Bearbeitungschritt konkretisiert und vertieft die vorherigen Schritte. Für
den Vertiefungsbereich ist ein Erdgeschossgrundriss mit Freiflächenanschluss sowie die erforderlichen Schnitten zu entwickeln und darzustellen. Die Visualisierung
einer aussagekräftigen räumlichen Situation aus Betrachterperspektive gibt die Atmosphäre des neuen Stadtareals wieder.
4. Modelle (M. 1:500 / 1:200)
In allen Entwurfsschritten ist die Arbeit am Modell von größter Bedeutung. Ein Konzeptmodell transportiert eine erste räumliche Vorstellung des Szenarios. Es steht
von Beginn des Semesters an ein Einsatzmodell mit Umgriff im Massstab 1:500
zur Verfügung, das für alle Präsentationen verwendet wird und die Grundlage für
den Entwurfsprozess bildet. Für die Zwischenpräsentationen ist ein Einsatz für den
entsprechenden Entwurfsausschnitt zu erstellen. Für die Vertiefungsbereiche ist ein
aussagekräftige Detailausschnitt im Massstab 1:200 zu erstellen.
32
ORGANISATION
Studio. Für eine erfolgreiche Teilnahme am Entwurfsstudio EINFACH WOHNEN
setzen wir ein kontinuierliches Arbeiten während des Semesters und eine regelmäßige Teilnahme an den Besprechungsterminen voraus. Die regelmäßigen Korrekturund Besprechungstage sind Dienstags. Der Entwurf wird in 2er-Teams bearbeitet.
Übungen. Um sofort eine produktive Atmosphäre zu schaffen, werden zu Beginn
des Semesters Übungen bearbeitet, die eine Auseinandersetzung mit dem Entwurfsthema, dem Ort und der Vielfalt städtischer Räume und Strukturen fordern.
Zielsetzung und Aufgabenstellung werden bei Ausgabe der Übungen erläutert. Die
Übungen sind nicht als isolierte „Vorübung“ zu betrachte, sondern sind als projektbegleitendes Seminar Bestandteil des Entwurfsprozeßes.
Besprechung / Korrektur. Vor Besprechungsterminen werden Listen der betreuenden Assistenten am Schaukasten vor dem Lehrstuhl zur Eintragung ausgehängt.
Testate. Auf eine knappe und präzise Präsentationen sollte in den Testaten geachtet werden. Die ganztägige Anwesenheit aller Beteiligten wird erwartet.
Modellbau.
Der Arbeit am und mit dem Modell kommt eine zentrale Bedeutung
zu. Hier kann eine entwerferische Auseinandersetzung mit dem Thema sichtbar und
nachvollziehbar kommuniziert und Städtebau als eine Disziplin, die auf Raumfragen
fokussiert, verstanden werden. Die individuellen entwerferischen Absichten können
vor allem durch das stete Entwerfen anhand von Arbeitsmodellen unterschiedlicher
Maßstäbe überprüft werden. Eine ansprechende Materialisierung aller Entwurfs- und
Präsentationsmodelle wird erwartet. Ein Einsatzmodell im M.1:500 steht zu Beginn
des Semesters zur Verfügung.
Abgabeleistungen. Pläne der Entwurfsschritte in DIN A0 // Plandarstellungen als
Verkleinerungen auf DIN A3 Querformat // CD mit den Plänen (PDF) und allen Bildern
einzeln als JPG 300dpi / digitaler Erläuterungstext (WORD) // Konzeptmodell // Einsatzmodell 1:500 und Fokusmodell 1:200 bzw. konzeptabhängig //
Darstellung. Auf eine anspruchsvolle Gestaltung und aussagekräftige Darstellung
von Modellen und Plänen wird besonderer Wert gelegt.
Arbeitsraum.
Gabelsberger Straße 39, 2.OG rechts. Die Ausgabe der Arbeitsraumschlüssel erfolgt am Lehrstuhl (Sekretariat) gegen die Hinterlegung von Pfand
und dem Akzeptieren der Nutzungsvereinbarungen.
Materialien // Daten. Plan- und Modellbaugrundlagen werden vom Lehrstuhl
zur Verfügung gestellt. Ein Datenträger ist zu Sekretariatsöffnungszeiten einlesbar.
34
TERMINE
01
/ 13.10.15 / 3350 / 10.00 Uhr /
Einführung Entwurf
Vorstellung Entwurfsaufgabe / Input
Ausgabe Homerecording
Ortsbesichtigung McGraw
Begehung des Entwurfsgebietes
/ 14.00 Uhr /
02
/ ab 15.10.15 / 3349 /
Ausgabe Arbeitsraumschlüssel
1 Set Schlüssel pro Entwurfsteam
60€ Pfand / Unterschreiben der
Nutzungsvereinbarungen
Öffnungszeiten Sekretariat beachten!
03
/ 20.10.15 / 3350 / 10.00 Uhr /
Entwurfsbesprechungen
Präsentation Homerecording
Input-Vortrag Roman Wukounig LHM
Ausgabe Case Study
04
Entwurfsbesprechungen
Präsentation Case Study
/ 27.10.15 / 3350 / 10.00 Uhr /
Input Doris Schmid-Hammer OBB
Ausgabe Szenario
05
1.Testat
Home Record / Case Study / Szenario
/ 03.11.15 / 3350 / 10 - 18 Uhr /
Text / Pläne / Konzeptmodellmodell
06
/ 10.11.15 / Studio / 10 - 18 Uhr /
Entwurfsbesprechungen
07
/ 17.11.15 / Studio / 10 - 18 Uhr /
Entwurfsbesprechungen
36
08
/ 24.11.15 / 3350 / 10 - 18 Uhr /
2.Testat
Strategie / Entwurf / Projekt
anhand von Plänen und Modellen
09
/ 01.12.15 / Studio / 10 - 18 Uhr /
Entwurfsbesprechungen
10
/ 08.12.15 / Studio / 10 - 18 Uhr /
Entwurfsbesprechungen
11
/ 15.12.15 / Studio / 10 - 18 Uhr /
Entwurfsbesprechungen
12
/ 22.12.15 / 3350 / 10 - 18 Uhr /
3.Testat
Strategie / Entwurf / Projekt / Fokus
anhand von Plänen und Modellen
13
/ 07.01.16 / Studio / 10 - 18 Uhr /
Entwurfsbesprechungen
14
/ 12.01.16 / Studio / 10 - 18 Uhr /
Entwurfsbesprechungen
15
/ 19.01.16 / Studio / 10 - 18 Uhr /
Entwurfsbesprechungen
16
/ 25.01.16 / 3349 / 10 - 13 Uhr /
Abgabe
Pläne, Modelle, A3 Verkleinerungen,
digitale Daten als CD
17
/ 26.01.16 / 3350 / 10 - 18 Uhr /
Schlusspräsentation
anhand von Plänen, Modellen
mit Gastkritiker
Notenbekanntgabe
im Anschluß Apéro
37
LITERATUR
Allgemein
Arch+ Zeitschrift für Architektur und Städtebau Nr. 218: Wohnerfahrungen, 2014
Baum, Martina; Christiaanse, Kees (Hrsg.): City as Loft. Adaptive Reuse as a Resource for Sustainable Urban Development, Zürich 2012
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2010, Band 8: Stadt und Migration, Dessau 2008
StadtBauwelt 199, Collective Spaces, 2013
Ebner, Peter u.a. (Hrsg): Typologie+. Innovativer Wohnungsbau, Basel 2009
Heckmann, Oliver; Schneider, Friederike (Hrsg.): Grundrissatlas Wohnungsbau,
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Landeshauptstadt München (Hrsg.): München wie geplant. Die Entwicklung der
Stadt von 1158 bis 2008, München 2004
Oase. Journal for Architecture, Nr.71: Urban Formation & Kollective Spaces, Rotterdam 2006
Oswalt, Philipp; Overmeyer, Klaus; Misselwitz, Klaus (Hrsg.): Urban Catalyst. Mit
Zwischennutzung Stadt entwicklen, Berlin 2013
Stadtbauwelt, Nr.195: Muss München dichter werden?, 2012
Wietzorrek, Ulrike: Wohnen+: Neue Formen urbaner Nachbarschaften, Basel 2012
Wolfrum, Sophie; Nerdinger, Winfried (Hrsg.): Multiple City, Stadtkonzepte
1908/2008, Berlin 2008
Wüstenrot Stiftung (Hrsg.), Herausforderung Erdgeschoss, Berlin 2014
Thema
Arch+ Zeitschrift für Architektur und Städtebau Nr. 206/207: Politische Empirie.
Globalisierung, Verstädterung, Wohnverhältnisse, 2012
Arch+ Zeitschrift für Architektur und Städtebau Nr. 211/212: Think Global, Build
Social, 2013
Boeri, Stefano and Multiplicity: „USE Uncertain States of Europe“ in: Fort, Francine
und Jacques, Michel (Hrsg.): Mutations. A culturel event on the City, S.338-379,
Bordeaux 2000
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Friedrich, Jörg u.a. (Hrsg.): Refugees Welcome: Konzepte für eine menschenwürdige Architektur, Berlin 2015
Häußermann, Hartmut und Oswald, Ingrid (Hrsg.): Zuwanderung und Stadtentwicklung, Wiesbaden 1997
Han, Petrus: Soziologie der Migration, Stuttgart 2000
Hoffmann-Axthelm, Dieter: Die dritte Stadt, Frankfurt am Main 1993
Ring, Kristien (Hrsg.), AA PROJECTS (Hrsg.), Senatsverw. f. Stadtentw./Umwelt
Berlin (Hrsg.): Selfmade City Berlin: Stadtgestaltung und Wohnprojekte in eigeninitiative, Berlin 2013
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Ort
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Landeshauptstadt München, Kulturgeschichtspfad, Nr. 17 Obergiesing-Fasangarten, München 2010
Weblinks
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http://bellevuedimonaco.de
http://www.ecre.org
http://grandhotel-cosmopolis.org
http://www.imap-migration.org
http://www.impulse-fuer-den-wohnungsbau.de/w/files/meldungen/kurzfassung-pestel-studie-modellrechnung-soz.-wob-20150911-.pdf
http://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Stadtplanung-und-Bauordnung/Wohnungsbau.html
http://muenchner-fluechtlingsrat.de
http://www.stbam1.bayern.de/wir_ueber_uns/geschichte-dienstgebaeude.php
http://www.stmi.bayern.de/assets/stmi/buw/wohnen/broschuere_einfach_wohnen.
pdf
http://www.unhcr.de/mandat/dauerhafte-loesungen/resettlement.html
39
Technische Universität München
Fakultät für Architektur
Institut für Entwerfen, Stadt und Landschaft
Lehrstuhl für Städtebau und Regionalplanung
Prof. Sophie Wolfrum
Arcisstrasse 21
D - 80333 München
T: +49-89-289-22477
F: +49-89-289-28371
www.stb.ar.tum.de