Lymphödem: Vorsorge und Behandlung

Lymphödem: Vorsorge und Behandlung
Brustkrebs – OP-Folgen meistern
Ein Service Ihres Versorgungsteams
Inhalt
Was ist ein Lymphödem?
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Wie entsteht ein Lymphödem?
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Wer kann betroffen sein?
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Wie kann man vorbeugen?
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Wie wird ein Lymphödem behandelt?
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Sämtliche medizinischen Informationen und Empfehlungen sind neutral und basieren auf den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der
Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. oder der anerkannten Lehrmeinung. Unsere Broschüre wurde für Sie von
einem Team aus Ärzten, Krankenschwestern, Apothekern und Ernährungswissenschaftlern verfasst.
Um unsere Broschüren schneller und einfacher lesbar zu machen, unterscheiden wir nicht zwischen „weiblicher“ und „männlicher“
Schreibweise.
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Wenn sich eine Wassereinlagerung
im Arm bildet ...
Liebe Leserinnen,
Lymphödeme sind eine mögliche Folgeerkrankung von Brustkrebs. Bei jeder
Brustoperation aufgrund einer Krebserkrankung werden auch ein oder mehrere
Lymphknoten aus der Achselhöhle entfernt und anschließend untersucht. Danach
auftretende Lymphödeme sind keine Seltenheit.
Jede Frau kann selbst dazu beitragen, dass ein Lymphödem beherrschbar wird oder
sich gar nicht erst entwickelt. Auf den folgenden Seiten erfahren Sie, was Sie zur
Vorbeugung tun können, wann es sich um ein Lymphödem handelt und was zu tun ist,
wenn es sich nicht vermeiden ließ.
Falls Sie noch Fragen haben, rufen Sie uns bitte einfach an oder kontaktieren Sie direkt
Ihren Arzt.
Ihr KKH Versorgungsteam
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Was ist ein Lymphödem?
Kann die Gewebeflüssigkeit, die sich in den Lymphgefäßen befindet, nicht
richtig abfließen, sammelt sie sich im Gewebe an. Diese Schwel­lungen des
Unterhautgewebes bezeichnet man als Lymphödeme.
Neben den Schlagadern (Arterien), in denen das
Blut vom Herzen in das Gewebe und die Organe
fließt, und den Venen, die das Blut zum Herzen
zurückführen, gibt es eine dritte Gefäßart, die
Lymphgefäße. Sie transportieren Flüssigkeit, die
von den Blutgefäßen ins Gewebe übertritt (Lymphe),
wieder in den Blutkreislauf zurück, durchströmen
aber vorher die Lymphknoten, die Filterstationen
des Immunsystems.
Das Immunsystem bekommt über die Lymphe stetig einen Teil der Blutflüssigkeit präsentiert, um sie
von Er­regern und körperfremden Eiweißen „reinigen“ zu kön­nen. Die Wände der Lymphgefäße sind
sehr dünn und können daher durch Druck rasch
eingeengt werden. In den Lymphgefäßen fließt
Flüssigkeit, die aus dem Blut stammt, aber keine
roten Blutzellen, sondern Lymphozyten enthält. Die
Mediziner sprechen hierbei von Lymphe. Manchmal ist sie als klare Flüssigkeit zu erkennen, die an
frischen Wunden austritt. Ist der Abfluss dieser
Flüssigkeit (Lymphe) gestört, sammelt sie sich im
Gewebe an. Es entstehen Schwellungen des Unterhautgewebes, die man als Lymphödem bezeichnet.
Von einem Lymphödem des Armes sprechen Ärzte
spä­tes­tens, wenn der Armumfang um zwei Zentimeter zu­genommen hat. Nach strengeren Kriterien
gilt diese Gren­ze schon bei einem halben Zentimeter, da bis zu 30 Prozent mehr Lymphe im Arm
gespeichert werden kann, bevor sich das äußerlich
bemerkbar macht.
Übrigens: Hat der rechte Arm einen größeren
Umfang als der linke oder umgekehrt, besagt das
allein noch nichts! Eine völlige Symmetrie im Körper ist selten und der Armumfang hängt stark von
der Muskelbeanspruchung ab. Unschönes Aussehen ist die harmloseste Folge eines Lymphödems,
eine eingeschränkte Beweglichkeit und Schmerzen
sind schon schwerwiegender. Vor allem aber Entzündungen im Bereich des betroffenen Gewebes
können in einen Teufelskreis führen. Daher ist das
Lymphödem eine Angelegenheit, die immer ernst
genommen werden muss.
Die verminderte Beweglichkeit schränkt Betroffene
im Alltag ein. Schon deshalb sollte das Ödem konsequent bekämpft werden. Von selbst gibt es kaum
eine Besserungstendenz. Ganz im Gegenteil: Bleibt
die Schwellung längere Zeit bestehen, reagiert das
umliegende Gewebe mit einem Umbau. Es bildet
sich vermehrt Bindegewebe, die Unterhaut wird nun
hart und die Beweglichkeit ist stärker eingeschränkt.
Das Ödem lässt sich jetzt kaum mehr ausschwemmen. Daher ist eine rechtzeitige Behandlung sehr
wichtig.
Die meisten Lymphödeme treten innerhalb von
zwei bis fünf Jahren nach der Brustoperation bzw.
der Bestrahlung auf. In aller Regel sehr allmählich,
aber selbst nach zehn oder mehr Jahren kann sich
noch ein Lymphödem entwickeln.
Achten Sie auch lange nach der Behandlung auf die beschriebenen Symptome
und suchen Sie frühzeitig Ihren Arzt auf.
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Wie entsteht ein Lymphödem?
Das Lymphödem ist eine Folge der Brustkrebsbehandlung und damit nicht immer
vermeidbar.
Zwar bleiben bei den heutigen Therapiemöglichkeiten die meisten Patientinnen davon verschont,
aber je nach­dem, wie streng man das Lymphödem
definiert, sind doch fünf bis 28 Prozent der Brustkrebspatientinnen früher oder später davon betroffen.
Sowohl bei einer brusterhaltenden Operation als
auch bei der Entfernung der gesamten Brust kann
es erforderlich sein, einen oder mehrere („Wächter“-)Lymphknoten aus der Achselhöhle zu entnehmen. Dadurch kann der Abfluss in einigen Lymphgefäßen beeinträchtigt sein, sodass sich Lymphe im
Gewebe zurückstaut.
Die Entfernung der Lymphknoten in der Achselhöhle ist der häufigste Grund für die Entstehung eines
Lymphödems. Aber auch eine Bestrahlung kann die
zarten Lymphbahnen veröden, sodass der Lymph­
abfluss behindert ist. In seltenen Fällen können
auch Tumorzellen die Lymphbahnen verstopfen.
Das chronische Lymphödem zeigt sich durch ein
allmähliches Anschwellen des Armes, teilweise
auch der Finger oder des oberen Rumpfviertels auf
der operierten Seite. Der Arm fühlt sich schwerer
und steif an, er wird unbeweglicher. Enge Kleidung,
die über dem geschwollenen Arm spannt, verstärkt
die Stauung noch.
Die sich stauende Lymphflüssigkeit ist eiweißreich
und damit ein Nährboden für Bakterien. Infektionen
können sich leicht ausbreiten und verschlechtern
das Lymphödem zusätzlich, weil sie zu vermehrter
Lymphbildung führen oder auch die verbleibenden
Lymphbahnen schä­digen. Besonders gefürchtet
ist das Erysipel, die Wund­rose, eine Entzündung
durch Bakterien (Streptokokken). Deshalb ist es so
wichtig, konsequent sowohl das Lymp­hödem als
auch Verletzungen am Arm bzw. der Hand (Ein­
trittspforten für Erreger!) zu vermeiden bzw. zu
behandeln.
Wer kann betroffen sein?
Kein Arzt kann voraussagen, bei welcher Frau sich
ein Lymphödem entwickeln wird. Die Wahrscheinlichkeit ist offensichtlich erhöht:
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Bei älteren Patientinnen
Nach Entfernung vieler Lymphknoten
Bei Übergewicht
Bei starker Armbelastung
Nach zusätzlicher Bestrahlung
Die Anzahl der Lymphknoten ist bei jedem Menschen un­terschiedlich. Eine Frau, die 50 Lymphknoten in der Achsel hat, wird durch die Entfernung
von 15 Knoten we­niger stark gefährdet sein, ein
Lymphödem zu bekommen, als eine Frau, die nur
20 Lymphknoten hatte. Die Gefahr verringert sich
weiter, wenn nur die Wächterlymphknoten entfernt
werden müssen.
Keine Frau kann sich ganz sicher sein, dass sich bei
ihr kein Lymphödem entwickelt. Allerdings muss
das Zutreffen einer der genannten Faktoren nicht
automatisch die Entstehung eines Lymphödems
bedeuten. Selbst nach ausgedehnter Entfernung
der Achsellymphknoten und nach einer Bestrahlung tritt nicht immer ein Ödem auf.
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Wie kann man vorbeugen?
Vermeiden Sie alles, was die Durchblutung des betroffenen Armes deutlich verstärkt
oder den Abfluss aus den Venen einschränkt.
Da immer etwa ein Zehntel des Blutvolumens in die Lymphgefäße abgezweigt wird, nimmt die Lymphflüssigkeit ebenso zu, wenn die Durchblutung steigt. Alles, was den Blutfluss im Arm verstärkt oder den
Ab­fluss aus den Venen einschränkt, führt dazu, dass sich mehr Lymphe bildet. Ein ohnehin eingeschränkter
Lymph­abfluss kann dann schnell an seine Grenzen stoßen, so­dass es zum Ödem kommt.
Folgende Faktoren steigern den Blutfluss im
Arm bzw. be­hindern den Lymphabfluss und
sollten daher vermieden werden:
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Langes Herabhängenlassen des Armes
Das können Sie tun, um einem Lymphödem
bestmöglich vorzubeugen:
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nge Kleidung, eng anliegender Schmuck,
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enge Uhrenarmbänder
tarke Muskelbelastung (schwere Arbeit mit
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den Ar­men, schweres Heben oder Halten)
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ie Handtasche über die betroffene Schulter
D
hängen und das Tragen von schweren Taschen
Wärme, z. B. ausgedehntes Sonnenbad,
Thermalbad, Aufenthalt in heißen Räumen
Verletzungen am betroffenen Arm erhöhen
die Lymphflüssigkeitsmenge und damit das
Risiko eines Lymphödems.
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Erste Warnzeichen wahrnehmen
Achten Sie auf frühe Zeichen eines Lymphödems. Bei fol­genden Warnzeichen sollten Sie
umgehend einen Arzttermin vereinbaren:
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chwere und/oder Spannungsgefühl im
S
Arm
Enger werdende Ringe oder Kleidungsstücke
Rötung, Überwärmung oder andere
Infektzeichen
Nach dem Eindrücken der Haut entstehen
Dellen bzw. weiße Stellen.
Schwächegefühl oder Schmerzen im Arm
Schwellung des betroffenen Armes, der
Achsel oder der operierten Brustseite
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Lassen Sie sich von Ihrem Arzt, von einem
Physiotherapeuten oder einem Masseur
Übungen zeigen, die den Blut- und damit
auch den Lymphabfluss fördern.
Lassen Sie sich vom Arzt beraten, welche
Sportart für Sie geeignet ist. So ist beispielsweise langes, anstrengendes Wandern ungeeignet, da der Arm lange herunterhängt und
eventuell zusätzlich durch Rucksackriemen
eingeengt wird. Verzichten Sie auch auf
Sportarten, die den Arm überanstrengen oder
auch nur kurzfristig stark belasten (Volleyball,
Handball, …). Vermeiden Sie anstrengende
Tätigkeiten und das Tragen schwerer Lasten
mit dem erkrankten Arm.
Schützen Sie Arm und Hand vor Verletzungen.
Blutentnahmen sollten immer am gesunden
Arm durchgeführt werden.
Lassen Sie keine klassischen Knetmassagen
am betroffenen Arm durchführen.
Vermeiden Sie starke Wärme. Ist das nicht
möglich, kann eine kühle Auflage guttun (ein
Leintuch mit kühlem Wasser anfeuchten und
um den Arm wickeln). Zu einer Unterkühlung
sollten Sie es aber ebenfalls nicht kommen
lassen.
Lagern Sie den Arm möglichst oft hoch, mindestens in Herzhöhe, z. B. durch ein Kissen.
Messen Sie Ihren Armumfang regelmäßig
und immer an derselben Stelle.
Wie wird ein Lymphödem behandelt?
Ein Lymphödem sollte so früh und so konsequent wie möglich behandelt werden.
Das bedeutet: Bereits ab einem Umfang von einem halben Zentimeter mehr als
zuvor sollte die Therapie einsetzen.
Die Behandlung, die sogenannte komplexe Entstauungstherapie, beruht auf drei Säulen:
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Entstauung durch gezielte Übungen, die den
Lymphabfluss fördern
ntstauung durch Massage, d. h. manuelle
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Lymphdrainage – gegebenenfalls einschließlich
Kompressionsbandagierung
Das können Sie tun:
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ompression durch Verband und später maßanK
gepassten „Armstrumpf“ – vom Arzt verordnet
und im Sanitätshaus angepasst
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Alles, was in der Vorbeugung wichtig ist, muss
auch in der Therapie weitergeführt werden.
Ganz besonders wich­tig ist es, Verletzungen und
damit möglichen Infektionen vorzubeugen. Die
Lymphödembehandlung sollte alle drei genannten
Punkte umfassen. Die manuelle Lymphdrainage ist
sehr angenehm, reicht aber allein nie aus. Tragen Sie
regelmäßig den Kompressionsverband/Armstrumpf
und machen Sie regelmäßig die Ihnen verordneten
Armübungen. Der Sitz und die Kompressionsstärke
des Armstrumpfes müssen von Zeit zu Zeit durch
den Physiotherapeuten oder den Masseur überprüft werden. Bei wirkungsvoller Behandlung geht
das Ödem zurück, sodass sich der Strumpf weitet
und dann zu wenig komprimiert. Auch setzen sich
Schweiß, Hautzellen und Staubpartikel im Strumpf
ab und tragen dazu bei, dass er an Kompressionsstärke verliert. Die Kompressionstherapie soll durch
flächigen Druck die Ödembildung verringern und
den venösen Rückfluss bzw. Lymphabfluss unterstützen.
Infektionen vorbeugen
Ist ein Lymphödem schon vorhanden und können
Keime die Hautbarriere überwinden, finden sie im
Arm einen idealen Nährboden. Deshalb sollten Sie
Verletzungen der Haut bestmöglich vermeiden.
Selbsthilfegruppen und weitere Informationen:
www.bundesverband-lymphselbsthilfe.de
www.frauenselbsthilfe.de/infomaterial/
broschueren „Krebs + Lymphoedem“
Telefon Frauenselbsthilfe nach Krebs
0228.33 889-402
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Pflegen Sie die Haut regelmäßig mit einer
Creme, da­mit sie nicht einreißt – vor allem
im Winter.
Verzichten Sie so weit wie möglich auf
verletzungsanfällige Arbeiten oder ungewohnte Tätigkeiten, bei denen sich Blasen
bilden können.
orsicht im Umgang mit Haustieren wie
V
Katzen oder Nagern
ie Nagelhaut bei der Maniküre nicht
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schneiden, son­­dern nur zurückschieben;
Nägel besser feilen als schneiden
L assen Sie sich in den operierten Arm keine
Spritzen oder Infusionen geben, lassen Sie
kein Blut daraus abnehmen und dort nicht
den Blutdruck messen! Auch Akupunktur
sollte in diesem Bereich nicht stattfinden.
a das Gefühl im betroffenen Arm eingeD
schränkt sein kann, sollten Sie nur mit der
gesunden Hand Temperaturen prüfen (z. B.
Badewasser).
asieren Sie sich unter den Achseln allenfalls
R
mit einem Trockenrasierer.
leine Schnitte sofort sauber auswaschen,
K
mit Wund­desinfektionsmittel behandeln
und durch einen Ver­band bzw. ein Pflaster
schützen
Zeigen Sie Verletzungen und Infektionen rasch
dem Arzt. Warten Sie nicht darauf, ob sie von
selbst heilen.
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F 7420 – 09/15
KKH Kaufmännische Krankenkasse
Hauptverwaltung
Karl-Wiechert-Allee 61
30625 Hannover
[email protected]
www.kkh.de