Lnderreporte Heft 10/2015 re Zivilrechtsordnung hervorgebracht, von der die Tschechische Republik in der Zukunft sicherlich sehr profitieren wird. Problembereiche sind dagegen die in Tschechien noch immer intransparenten Prozesse rund um die ffentliche Auftragsvergabe sowie die noch immer zu lange Verfahrensdauer bei Zivilprozessen, welche u. a. auch dazu fhrt, dass man noch mit einer langen Zeitspanne rechnen muss, bis wenigstens die wichtigsten Rechtsfragen des neuen Zivilrechts einer hchstrichterlichen Klrung zugefhrt werden knnen. Insgesamt kann aber festgehalten werden, dass sich die tschechische Rechtsordnung trotz der aufgezeigten Probleme in den letzten Jahren weiterhin in schnellen Schritten modernisiert hat. RIW 679 Sven Hbel, LL.M. Studium der Rechtswissenschaft in Regensburg und Prag, Referendariat in Berlin, LL.M.-Studium an der Central European University Budapest. Seit 2013 leitet er die deutschsprachige Abteilung der mittel- und osteuropischen Anwaltskanzlei PETERKA & PARTNERS und betreut deutsche sowie sterreichische Mandanten bei ihren Rechtsangelegenheiten in Tschechien. Ein weiterer Ttigkeitsschwerpunkt liegt in der Koordinierung lnderbergreifender Projekte und Investitionen deutschsprachiger Unternehmen in der Region Mittel- und Osteuropa einschließlich Russland. Martin Wrlein, Rechtsanwalt, Nrnberg, und Seema Bhardwaj, Advocate (Delhi), Berlin Lnderreport Indien I. Rechtspolitischer Hintergrund Vor einem Jahr bernahm Narendra Modi das Amt des indischen Premierministers mit einem historisch starken Mandat. Indien wurde ber Nacht von einem neuen Optimismus ergriffen, getrieben von Versprechen der neuen Regierung, lngst berfllige Reformen umzusetzen und die Brokratie abzubauen. Obwohl Indiens Wirtschaft in den letzten 2 Dekaden stark wuchs, ist sie immer noch landwirtschaftlich geprgt. ber 50 % der Bevlkerung sind in der Landwirtschaft beschftigt, knnen damit jedoch nur zu ca. 14 % zum Bruttoinlandsprodukt beitragen. Indien braucht eine Industrialisierung, um die Wirtschaft in Gang zu bringen und um neue Arbeitspltze zu schaffen. Jedes Jahr drngen ber 10 Mio. Jobsuchende auf den indischen Arbeitsmarkt – eine Herausforderung einerseits, andererseits passt diese „demographische Dividende“ gut zu einer arbeitsintensiven Herstellungsindustrie. Mit dem Ziel, dieses Potenzial zu entfalten und Indien zum globalen Fabrikationsstandort zu wandeln, startete Narendra Modi im August 2014 seine „Make in India“-Initiative. „Make in India“ als Slogan beinhaltet die Schaffung einer Reihe struktureller Reformen, vor allem in den Bereichen Steuern, Rechtswesen, Infrastruktur, Transport und Logistik. Regierungsbehrden sollen direkter mit auslndischen Investoren zusammenarbeiten und die Brokratie soll abgebaut werden. Der Status der Reformen zeigt sich im folgenden Jahresupdate. II. Auswahl wichtiger Gesetzesnderungen, Reformen und Gerichtsentscheidungen 1. Haushalt 2015/2016: Abgaben und Steuern a) Einfuhrabgaben Zu den Maßnahmen zur Frderung der Industrie gehrt u. a. eine nderung der Einfuhrabgaben fr Hersteller in ausgewhlten Branchen. Das aktuelle System der Einfuhrabgaben kann zu Verwerfungen fhren. Hat die Herstellung bestimmter Waren in Indien nur eine relativ geringe Wertschpfungs- quote, bersteigt die beim Import durch den indischen Hersteller zu zahlende Vorsteuer (Additional Duty/Special Additional Duty) die durch ihn auf die Herstellung zu zahlende Steuer (Excise Duty). Da dieser Vorsteuerberhang nicht erstattet wird, entsteht de facto ein Kostenblock, den viele Hersteller jahrelang vor sich hertragen. Mit einer Befreiung von der „Special Additional Duty“ in bestimmten Branchen soll dieser Effekt abgemildert werden. b) Dienstleistungsteuer (Service Tax) und Herstellungsteuer (Excise Duty) Der Satz der „Service Tax“ wurde von effektiv 12,36 % auf 14 % erhht. Die angekndigte Einfhrung einer sog. „Swachh Bharat Cess“ von zustzlich 2 % wurde noch nicht umgesetzt. Durch sie wrde sich der Steuersatz auf effektiv 16 % erhhen. Der Satz der „Excise Duty“ wurde von effektiv 12,36 % auf 12,5 % erhht. Weitere Vernderungen gab es nicht. c) Goods and Services Tax Die in Indien am sehnlichsten erwartete Steuerreform – die Einfhrung der „Goods and Services Tax“ (kurz „GST“) als Vereinheitlichung der indirekten Steuern – geht langsamer voran, als es sich die Regierung wnscht. Zwar sind viele Gesetzentwrfe auf den Weg gebracht, doch lsst ihre Verabschiedung im Parlament noch auf sich warten (Stand: Ende August 2015). Ob mit einer Einfhrung der GST, wie angekndigt, zum 1. 4. 2016 gerechnet werden kann, ist weiterhin offen. d) Ertragsteuern Im Bereich der Ertragsteuern gab es nur geringe nderungen. Die Vermgensteuer wurde abgeschafft und durch einen zustzlichen Aufschlag („Surcharge“) i. H. v. 2 % auf hohe Einknfte indischer Personen ersetzt. Geklrt wurde eine wichtige Streitfrage bei indirekten bertragungen „wesentlicher“ Beteiligungen an indischen Gesellschaften. Es wurde klargestellt, dass eine Beteiligung dann als „wesentlich“ gilt, wenn sie mindestens 50 % der 680 RIW Heft 10/2015 Lnderreporte Vermgenswerte des bertragenen Unternehmens sowie mindestens 100 Mio. Indische Rupien ausmacht. Nur in diesem Fall lst sie eine Verußerungsgewinnbesteuerung in Indien aus. Fr Unternehmen wichtig ist die Senkung des Steuersatzes auf Lizenzen und Vergtungen fr technische Dienstleistungen nach nationalem indischen Recht von gegenwrtig 25 % auf 10 %. Allerdings konnten sich viele auslndische Unternehmen bereits auf entsprechend niedrige Steuerstze der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen berufen. Bestehen bleibt die Notwendigkeit zur Beantragung einer indischen Steuernummer (Permanent Account Number, kurz „PAN“). Liegt sie nicht vor, erhht sich die Quellensteuer auf 20 %. Trotz der Abgeltungswirkung der Quellensteuer sind auch von auslndischen Unternehmen Steuererklrungen in Indien abzugeben. Dies wird in den letzten Monaten zunehmend durch die indische Finanzverwaltung kontrolliert. Von praktischer Bedeutung ist eine relativ unscheinbare nderung im indischen Recht. Indische Personen sind nun verpflichtet, steuerliche Meldungen auch ber solche Zahlungen ins Ausland abzugeben, die eigentlich nicht der Quellensteuer in Indien unterliegen. Auswirkungen hat dies insbesondere auf den Verkauf von Waren nach Indien: Indische Unternehmen begannen in den letzten Monaten damit, privatrechtliche Besttigungen ber das Nichtbestehen einer steuerlichen Betriebssttte auch von solchen Unternehmen einzufordern, die nur Waren nach Indien verkaufen. Hintergrund ist, dass auch der Kaufpreis fr Waren in Indien der Quellensteuer unterliegen wrde, wenn er einer steuerlichen Betriebssttte des auslndischen Unternehmens in Indien zuzurechnen wre (z. B. einem Branch Office oder einem abhngigen Handelsvertreter). Um keine Fehler beim Quellensteuereinbehalt zu begehen, sichert sich das indische Unternehmen ber die privatrechtliche Besttigung des Lieferanten ab, denn es wrde andernfalls dafr haften. Im Ergebnis nutzt die indische Finanzverwaltung damit die indischen Unternehmen als Kontrollinstanz, um mgliche steuerliche Betriebssttten in Indien zu identifizieren. e) Verrechnungspreise Im wichtigen Bereich der Verrechnungspreise gibt es Vernderungen bei der Ermittlung des Fremdvergleichspreises. Die Regularien lagen Ende August 2015 jedoch nur im Entwurf vor. Sie folgen grundstzlich dem richtigen Gedanken, dass es nicht nur einen richtigen Preis gibt, an dem sich der zwischen verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis (Geschftsvorfall) orientieren sollte, sondern eine Bandbreite richtiger Preise. Im Detail regelt der Entwurf u. a.: Aus mehreren (mindestens 9) ermittelten Fremdvergleichswerten wird eine Bandbreite gebildet. In dieser Bandbreite muss sich der Geschftsvorfall (Preis/Marge) bewegen. Allerdings erfolgt eine Einengung. Die Bandbreite wird nur durch die mittleren 20 % der Fremdvergleichswerte definiert. Problematisch ist hierbei, dass sich in vielen Fllen praktisch kaum mehr als 9 Fremdvergleichswerte ermitteln lassen werden. Dies fhrt de facto dazu, dass sich die (eingeengte) Bandbreite auf nur 1 bis 2 Fremdvergleichswerte beschrnkt und damit entsprechend schmal bleibt. Die Regularien in der jetzt vorliegenden Fassung werden folglich in vielen Branchen zu keinen vernnftigen Ergebnissen fhren. Es bleibt abzuwarten, wie sie in der Endfassung aussehen werden. 2. Investitionsrecht: weitere Lockerungen fr Versicherungsunternehmen Bestehende Beschrnkungen fr auslndische Investoren im Bereich Versicherungen wurden weiter gelockert. Das Gesetz – der „Insurance Laws (Amendment) Act, 2015“ – wurde vom indischen Parlament am 23. 3. 2015 erlassen. Auslndische Investoren drfen statt bisher 26 % jetzt bis zu 49 % der Anteile an einem indischen Versicherungsunternehmen halten. Die Kontrolle eines solchen Gemeinschaftsunternehmens (Joint Ventures) muss aber in jedem Fall dem indischen Partner unterliegen. Ferner hat der auslndische Investor vorab eine Genehmigung der indischen Verwaltung einzuholen (Foreign Investment Promotion Board, kurz „FIPB“). U. a. wurden folgende weitere nderungen vorgenommen: – Derzeit ist der Bereich der privaten Krankenversicherung Teil des allgemeinen Versicherungswesens und als solcher nicht gesondert geregelt. Dies soll sich ndern. Es ist vorgesehen, zur Krankenversicherung ein eigenes Regelwerk aufzustellen mit dem Ziel, diesem Bereich Prioritt einzurumen. Details zur Neuregelung bleiben aber abzuwarten. – Bisher war es nur indischen Versicherungsgesellschaften erlaubt, in Indien Rckversicherungen anzubieten. So ist derzeit Indiens grßte staatliche Versicherungsgesellschaft, die General Insurance Company, der einzige aktive Rckversicherer in Indien. Diese Beschrnkung wurde nun abgeschafft. Es ist fr auslndische Rckversicherer jetzt mglich, ber eine eigene Niederlassung (Branch Office) in Indien ttig zu sein. 3. Gesellschaftsrecht: Das neue nderungsgesetz zum Gesellschaftsrecht – Companies (Amendment) Act, 2015 Nach 20 Jahren Vorbereitungszeit wurde der „Companies Act, 1956“ durch den „Companies Act, 2013“ (kurz „CA 2013“) ersetzt. Er trat im Jahr 2014 schrittweise in Kraft. Bereits kurz nach Inkrafttreten wurden jedoch Stimmen laut, weitere Anpassungen vorzunehmen. Im Dezember 2014 wurde dem indischen Parlament ein entsprechendes nderungsgesetz vorgelegt, u. a. um Versumnisse, Lcken und unklare Punkte im CA 2013 zu schließen bzw. zu klren. Der indische Prsident erteilte im Mai 2015 seine Zustimmung und die Mehrheit der Bestimmungen des „Companies (Amendment) Act, 2015“ (kurz „CAA 2015“) trat mit sofortiger Wirkung in Kraft. Folgende nderungen sind hervorzuheben: a) Mindestkapitalanforderung Das Stammkapital einer indischen „Private Limited Company“ (hnlich einer deutschen GmbH) musste bisher mindestens 100 000 Indische Rupien (ca. 1400 Euro) betragen, das einer „Public Limited Company“ (hnlich einer deutschen AG) mindestens 500 000 Indische Rupien (ca. 7000 Euro). Diese Mindestkapitalanforderung wurde durch den CAA 2015 abgeschafft. Somit besteht ab sofort keine Mindestkapitalpflicht fr die Grndung neuer Gesellschaften. Dies gilt sowohl fr die „Private Limited Company“ als auch fr die „Public Limited Company“. Aufgrund der wirtschaftlichen Notwendigkeit einer ausreichenden Ausstattung mit Eigenkapital bereits bei Start des Unternehmens ist diese nderung fr auslndisch investierte Unternehmen jedoch von eher geringer Tragweite. Lnderreporte Heft 10/2015 b) Einsichtnahme in Beschlsse Der CA 2013 erlaubte die ffentliche Einsichtnahme und den Erhalt von Kopien bestimmter Beschlsse einer Gesellschaft, z. B. aller sog. „besonderen Beschlsse“ (special resolutions), Beschlsse zu den Anstellungsbedingungen der Direktoren oder zur Liquidation der Gesellschaft. Die ffentliche Einsichtnahme bzw. die Anforderung der Kopien solcher Beschlsse ist mit dem CAA 2015 nun nicht mehr mglich. Diese nderung ist zu begrßen. Sie schtzt die Vertraulichkeit wichtiger interner Informationen der Gesellschaft und ihrer Direktoren. RIW 681 h) Erleichterung bei der Gesellschaftsgrndung Bisher bentigten Investoren fr die Gesellschaftsgrndung und Steuerregistrierung bis zu 6 unterschiedliche Antrge in Indien. Mit Wirkung zum 1. 5. 2015 fhrte das „Ministry of Corporate Affairs“ das Formular INC-29 in Indien ein. Es ersetzt die Antrge zur Registrierung des Gesellschaftsnamens, die Anmeldung zur Eintragung und die Beantragung von Direktoren- und Steuernummer. Jetzt ist nur noch ein einziger Antrag zu stellen. Dies verringert u. a. den Aufwand bei der notariellen Beglaubigung der Unterlagen. 4. Arbeitsrecht c) Meldungen durch den Abschlussprfer Wirtschaftsprfer indischer Gesellschaften sind seit dem CA 2013 verpflichtet, Flle von Betrug bei den Behrden anzuzeigen. Dies galt unabhngig von der Hhe des Schadens. Der CAA 2015 sieht vor, dies zu ndern, so dass eine Meldung nur ab einer bestimmten Schadenssumme erfolgen muss. Die Hhe der Meldegrenze ist jedoch noch nicht festgelegt. Betrugsflle unterhalb der Grenze mssen in jedem Fall im Prfungsbericht offengelegt werden. d) Darlehen Section 185 des CA 2013 beschrnkt u. a. die Rechte einer Gesellschaft zur Ausgabe von Darlehen oder Garantien an eine andere Gesellschaft, sofern beide Gesellschaften mindestens einen gemeinsamen Direktor haben. Der CCA 2015 hebt diese Beschrnkung fr Darlehen zwischen einer Muttergesellschaft und ihrer 100 %igen Tochtergesellschaft sowie fr Bankgarantien auf. e) Einlagevorschriften Der CA 2013 stellte neue strengere Regelungen zur Annahme und Rckzahlung von Einlagen auf. Bei Nichteinhaltung der Vorschriften waren bislang keine spezifischen Strafen vorgesehen. Section 76 des CAA 2015 schließt diese Lcke. Bei einem Verstoß gegen die Vorschriften zur Einlage drohen jetzt hohe Geld- und Gefngnisstrafen. f) Unternehmenssiegel (Company Seal) Fr die Gltigkeit bestimmter Dokumente der indischen Gesellschaft, z. B. Schecks, Wechsel oder eigene Anteile, war die Anbringung eines Unternehmenssiegels erforderlich. Dieses Erfordernis ist nunmehr optional. Stattdessen knnen diese Dokumente entweder von zwei Direktoren oder einem Direktor zusammen mit einem „Company Secretary“ der Gesellschaft unterschrieben werden. Das „Company Seal“ verliert damit an Bedeutung. g) Abgabe von Erklrungen Nach dem CA 2013 waren Gesellschaften vor Aufnahme der Geschftsttigkeit oder vor der Aufnahme von Darlehen dazu verpflichtet, bestimmte Erklrungen gegenber dem Handelsregister (Registrar of Companies) abzugeben. Durch diese Erklrungen wurde besttigt, dass das einbezahlte Mindestkapital eingegangen und der angegebene Sitz der Gesellschaft verifiziert worden ist. Der CAA 2015 hat diese Anforderungen abgeschafft und Section 11 des CA 2013 wurde gestrichen. Diese Maßnahme reduziert den Verwaltungsaufwand. a) Sozialversicherungspflicht In Indien sind Sozialversicherungsbeitrge von Arbeitgeber und Arbeitnehmer nur dann zu leisten, wenn der Betrieb mindestens 20 Arbeitnehmer beschftigt. Bisher lag die Versicherungspflichtgrenze bei einem Grundgehalt des Arbeitnehmers von 6500 Indischen Rupien pro Monat. Im August 2014 wurde vom indischen Arbeitsministerium, dem „Ministry of Labour and Employment“ („Notification Number G.S.R. 608“ vom 22. 8. 2014), diese Versicherungspflichtgrenze auf 15 000 Indische Rupien pro Monat erhht. Entsprechend wurden die Bestimmungen des „Employees’ Provident Funds and Miscellaneous Provisions Act, 1952 (kurz „EPF Act“)“ gendert. Die nderungen traten am 1. 9. 2014 in Kraft. Bei hheren Einkommen kann freiwillig in das Rentenversicherungssystem eingezahlt werden. Der Rentenversicherungsbeitrag liegt bei einem Arbeitgeberund Arbeitnehmeranteil von jeweils 12 %. Dementsprechend wurde der zu zahlende Monatsbeitrag fr den Arbeitnehmer auf 12 % von hchstens 15 000 Indische Rupien begrenzt. Zu beachten ist allerdings Folgendes: Seit Oktober 2008 besteht fr auslndische Arbeitnehmer („Foreign Workers“), und zwar unabhngig von der Entgelthhe, eine Beitragspflicht zur indischen Sozialversicherung. Auch die Deckelung auf 15000 Indische Rupien greift nicht. Ausgenommen von der Sozialversicherungspflicht sind auslndische Arbeitnehmer u. a., falls der Arbeitgeber weniger als 20 Beschftigte in Indien beschftigt oder mit dem Herkunftsland ein Sozialversicherungsabkommen besteht und aufgrund des Sozialversicherungsabkommens der Arbeitnehmer weiter die Sozialabgaben in seinem Herkunftsland leistet. b) Nachfolgehaftung fr Sozialversicherungsbeitrge Der indische Oberste Gerichtshof (Supreme Court of India) entschied im Fall McLeod Russel India Limited vs. Regional Provident Fund Commissioner, Jalpaiguri and others (2014 (8), SCALE 272) ber die Haftung fr Sozialversicherungsbeitrge im Falle von Unternehmensbernahmen. Die Frage vor dem Gericht war, ob der bernehmer eines Geschftsbetriebs (nachfolgend der „Erwerber“) fr Verbindlichkeiten des bernommenen Geschftsbetriebs gegenber der Rentenkasse (Employee’s Provident Fund) haftet. Die Entscheidung des „Supreme Courts“ nahm ihren Ausgang in einem Rechtsstreit vor der indischen Aufsichtsbehrde (Regional Provident Fund Commissioner, kurz „RPFC“). Hierbei wehrte sich der Erwerber gegen ein vom RPFC fr die versumte Zahlung der Sozialversicherungsbeitrge verhngtes Bußgeld. Das oberste Gericht besttigte die Entscheidung des RPFC und stellte klar, dass die bernehmende Gesellschaft gemß Section 17B des „Employees’ Provident Funds 682 RIW Heft 10/2015 Internationales Wirtschaftsrecht and Miscellaneous Provisions Act, 1952“ auch fr Verbindlichkeiten haftet, die bereits vor der bernahme bestanden. Diese Haftung kann nicht durch eine vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden. Das Gericht entschied, dass der Erwerber fr die „Schadensersatzansprche“ („Damages“), so der Wortlaut der Section 17B, fr Rentenversicherungsbeitrge und fr sonstige Abgaben, die der Arbeitgeber zu leisten hatte, haftet. schaft aber eine deutliche Besserung in den letzten 12 Monaten – die Inflationsrate sank um die Hlfte, das Staatsdefizit verringerte sich, und die Landeswhrung ist bei niedrigen Zinsen stabil. Auf der anderen Seite stecken die versprochenen grßten Wirtschaftsreformen – Einfhrung der „Goods and Services Tax“ als Vereinheitlichung der indirekten Steuern und ein Gesetz zur Reform des Landerwerbs – im Oberhaus des indischen Parlaments fest. Die Entscheidung bringt Klarheit in Fragen der Haftung fr Rentensicherungsbeitrge bei der bernahme von Geschftsbetrieben. Es zeigt sich, wie elementar es ist, das zu bernehmende Unternehmen auf Verbindlichkeiten hin zu prfen und ggf. Schutzmechanismen einzubauen. Große Erwartungen wurden im In- und Ausland geweckt, als Premierminister Narendra Modi zuversichtlich erklrte, dass sich „achhe din“ (gute Tage) in Indien abzeichnen wrden. Seine Regierung sei gewillt, angekndigte Reformen umzusetzen, aber es fehle ihr aktuell die politische Mehrheit. Es sind bislang keine großen Umbrche durch die Reformen zu sehen, aber erste Erfolge sind erkennbar. Der Premierminister sagte einmal, dass er 10 Jahre brauchen wrde, um Indien in das 21. Jahrhundert zu fhren. Das erste Jahr seiner Regierung widerspricht dem zumindest nicht. 5. Recht des geistigen Eigentums: Zwangslizenzen Das indische Patentamt (Controller General of Patents, Designs and Trademarks of India) erteilte am 9. 3. 2012 die erste Zwangslizenz Indiens an den indischen Generikahersteller Natco Pharma Ltd. fr das Krebsmittel Nexavar zum Nachteil der Bayer Corporation USA. Diese Entscheidung wurde vom indischen Patentgericht (Intellectual Property Appellate Board, kurz „IPAB“) am 4. 3. 2013 besttigt. Gegen das Urteil legte Bayer Rechtsmittel beim hchsten indischen Gericht ein. Im Dezember 2014 entschied jetzt der Supreme Court gegen Bayer und bettigte die Zwangslizenz. III. Bewertung Der Sprung zur Industrienation – verkrpert im Slogan „Make in India“ – ist fr Indien entscheidend. Die ersten Zahlen sind ermutigend. Im Finanzjahr 2014/15 wuchs Indiens Bruttoinlandsprodukt um 7,3 %, im Vergleich zu 6,6 % im letzten Jahr. Die Zahl der auslndischen Investitionen stieg um 56 %. Hlt der Trend an, werden die auslndischen Investitionen im Finanzjahr 2015/16 die zweithchsten seit Beginn der Erfassung der Investitionsdaten in Indien vor 15 Jahren sein. Zum Teil lsst sich dies allerdings auch auf eine Vernderung des indischen Amts fr Statistik bei der Datenerhebung zurckfhren. Generell erlebte die indische Wirt- Martin Wrlein Partner bei der internationalen Beratungs- und Prfungsgesellschaft Rdl & Partner. Studium u. a. in Edinburgh, Heidelberg (Juristisches Staatsexamen) und an der University of California (Berkeley und Davis; Master in International Commercial Law). Er leitet seit 2006 das Indien-Team bei Rdl & Partner und betreut deutsche Unternehmen vorrangig in den Bereichen Joint-Ventures und Konfliktbeilegung in Indien. Seema Bhardwaj Senior Associate bei der internationalen Beratungs- und Prfungsgesellschaft Rdl & Partner. Studium an der JMU University in New Delhi (LL.B.) und der Universitt Bonn (LL.M.). Mehrjhrige Berufsttigkeit in indischen Verbnden und Kanzleien. Sie bert seit 2006 im Indien-Team von Rdl & Partner deutsche Unternehmen vorrangig in den Bereichen indisches Arbeitsrecht, Entsendungen und allgemeines Wirtschaftsrecht. Internationales Wirtschaftsrecht & Legaldefinition der Beihilfe – Feststellung des Marktwerts beim Verkauf von Grundstcken EuGH (1. Kammer), Urteil vom 16. 7. 2015 – Rs. C-39/14; BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH Powered by TCPDF (www.tcpdf.org) geschtzten Wert des Grundstcks steht, nicht als staatliche Beihilfe qualifiziert werden kann, sofern die Anwendung dieser Regelung zu einem Preis fhren kann, der mglichst nahe beim Marktwert des betroffenen landwirtschaftlichen Grundstcks liegt; dies zu prfen ist Sache des vorlegenden Gerichts. AEUVArt. 107 Tenor Aus den Grnden Art. 107 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die es zum Schutz der Interessen der landwirtschaftlichen Betriebe einer dem Staat zuzurechnenden Einrichtung verbietet, ein landwirtschaftliches Grundstck an den Hchstbietenden einer ffentlichen Ausschreibung zu verkaufen, wenn dessen Angebot nach Ansicht der zustndigen rtlichen Behrde in einem groben Missverhltnis zu dem 1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 107 Abs. 1 AEUV. 2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (im Folgenden: BVVG) und dem Landkreis Jerichower Land ber dessen Weigerung, den Verkauf eines landwirtschaftlichen Grundstcks an Herrn und Frau Erbs (im Folgenden: Eheleute Erbs) zu genehmigen.
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