DRFK-info vom 28. August 2015. - Deutsch

Ausgabe 28.08.2015
Wenn Armut das Land verläßt.........
......sind die Probleme im Land gelöst !?
Ja, so könnte man "die Politik" in Rumänien charakterisieren: "Wenn Armut das Land verläßt,
dann sind die Probleme im Land gelöst". Denn es mangelt in Rumänien an einem konkreten,
hilfefähigem Programm gegen die landesweite Armut. Also gibt es weite Kreise der Politik in
Rumänien, die hinter vorgehaltener Hand der Meinung sind: Wenn Armut das Land verläßt,
ist das die beste Lösung für die rumänische Politik. Die Armutsstatistik wird "bereinigt".
Vielleicht auch mit ein Grund dafür, dass die Hilfe-Finanzierungsmöglichkeiten durch die
Solidarität der EU immer noch nicht voll und ganz ausgeschöpft werden.
Die Armut ist in Rumänien in allen Bevölkerungsgruppen gegenwärtig und verfestigt. Es gibt
jedoch dennoch leidvolle Unterschiede. Hier möchte ich die Aufmerksamtkeit auf die große
Gruppe der Roma-Familien lenken. Gerade die Roma-Familien leben in Rumänien in weitaus
dramatischen und menschenunwürdigen Lebensverhältnissen. Landesweit zeugen davon die
Wohnverhältnisse dieser Familien. Meist am Rande von Städten und Dörfern. Meist in
hüttenähnlichen und zerfallenden Behausungen. Im Raum Lipova-Murestal/Kreis Arad gibt es
fast in jeder Gemeinde solche Wohnsiedlungen von an den Rand gedrückten Menschen. Die
Bezeichnung "Ghetto´s" ist hier nicht übertrieben.
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Die Fakten der Armut...............
In der Analyse der Lebensverhältniss gibt es folgende Armutskennzeichen, die fast überall im
Land gleich sind:
- Wohnsiedlung am Rande der Gemeinde oder Stadt,
- Kein fliessendes Wasser, lediglich zentrale Brunnenversorgung,
- Verfallene, marode Holzhütten mit einem oder zwei Räumen,
- Holzofen als Koch- und Heizungsausstattung,
- regelmäßiger Kindergartenbesuch ist in vielen Dörfern nicht möglich,
- gleiches gilt für den Bereich des Schulbesuches der Kinder,
- die medizinische Versorgung ist absolut mangelhaft,
- Möglichkeiten zur regelmässigen Arbeit fehlen,
- meist wird als Tagelöhner gearbeitet,
- viele Männer sind im Ausland, um dort zu arbeiten,
- die Löhne die sie erhalten, sind kaum ausreichend der Familie zuhause eine
ausreichende Lebensmittelversorgung zu gewährleisten,
- viele Kinder sind mangelernährt und haben Gesundheitsschäden,
Und dazu kommt die besondere Tragik: In manchen Gemeinden haben wir Strukturen
festgestellt, die zu der Feststellung führten, dass es einkommenstarke Roma-Familien
gibt, die die Armut ihrer Volksgruppe ausnutzen, ja quasi "davon leben". Teils werden
Kinder und Jugendliche aus den ärmsten Familien zur "betreuten Auslandskriminalität
rekrutiert".
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Mit 192 Euro mit 5 Personen im Monat.......
.....kann man davon leben ?
Können, ist für viele rumänische Familien nicht die Frage: Sie müssen es ! Darin ist die
rumänische Sozialhilfe für 2 Erwachsene und das Kindergeld für 3 Kinder (á 20 Euro/Monat)
enthalten. Und gleich vorab: Die Preise in Rumänien sind nur rund 30 Prozent niedriger als
bei uns. Das kann jeder, der es nicht glauben will, im Internet nachschauen. Er braucht nur
z.B. Kaufland Rumänien oder Lidl Rumänien zu klicken.....und schon kann man das gesamte
Angebot und die Preise sehen.
Wie können die Familien mit so wenig Geld überleben ?
Tja, in dem sie nur das ausgeben, was sie bekommen. Viele haben aber noch ein paar Hühner,
Gänse, oder sogar ein/zwei Schweine, einen kleinen Garten, ein paar Obstbäume. Und andere
gehen auf abgeerntete Mais- und Kartoffelfelder, um nach Resten zu suchen. Waldbeeren
werden genutzt. Wild herum stehende Obstbäume werden abgeerntet. Und Tagelöhner
erhalten als Arbeitslohn oft Brot und Fleisch, oder andere Lebensmittel. Kleidung zu kaufen
ist meist unerschwinglich. Süssigkeiten für Kinder gibt es kaum. Selbst Schulmaterialien sind
für diese Familien ein Problem.
Mindestlohn in Rumänien beträgt rund 265 Euro/Monat
In Rumänien ist ein gesetzlicher Bruttomindestlohn vorgeschrieben. Dieser beträgt ab dem 1.
Juli 2015 brutto 1050 RON/263 Euro im Monat. Davon kommen als Arbeitnehmeranteil in
Abzug 16,5 % für Sozialversicherung, Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung. So
das der Brutto-Mindest-Nettolohn bei 220 Euro liegt. Ich glaube, ich brauche das nicht zu
kommentieren. Die Menschen, die die saarländischen Helfer/innen des Deutsch-Rumänischen
Freundschaftskreises in den Dörfern treffen, sind meist in der Landwirtschaft beschäftigt und
erreichen nur den oben genannten Mindestlohn. Aber auch im Baugewerbe oder Handel wird
nicht viel mehr verdient.
Kein Wunder, dass in den letzten 10 Jahren rund 2,8 Millionen Rumänen im europäischen
Ausland arbeiten, um ihre Familie zuhause zu ernähren. Es sind vorwiegend gut ausgebildete
und junge Rumänen/innen, die aber in Rumänien für eine positive wirtschaftliche
Entwicklung überall fehlen. Klar, ihre Löhne gehen als Transfers in ihr Heimatland. Das
ändert aber nicht die strukturelle Armut in Rumänien. Es hilft bestenfalls der rumänischen
Politik in der Verschönerung der Statistik und Vertuschung der tatsächlichen
Armutsverhältnisse, die in den letzten Jahren kein Stück weniger bzw. besser geworden sind.
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Rumänien......und auch Bulgarien.................
..........weiterhin ein "soziales Pulververfass"
Rumänien, aber auch Bulgarien, und auch die heutigen Staaten des ehemaligen Jugoslawien,
sind nach wie vor ein "soziales Pulverfass" mit erheblicher Sprengkraft. Durch die
Flüchtlingswelle nach Europa werden die "hausinternen Armutsprobleme" Europas zur Zeit
überdeckt. Aber sie sind wegen der "Stille" um die Armutssituation der Menschen in den
Balkanländern nicht verschwunden.
Es gibt Hoffnungsschimmer in der Armuts-Bekämpfung.................................
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In manchen Gemeinden kümmern sich kirchliche Gruppen um die Armutssituation
der Menschen, auch um die Roma-Familien. Das ist in den Gemeinden aber sehr
unterschiedlich der Fall. Es gibt viele Vorurteile gegenüber den Roma.
Insbesondere auch Nicht-Regierungsorganisationen aus dem Ausland leisten Hilfe,
wobei hier Ansätze der "Hilfe zur Selbsthilfe" angesichts der allgemeinen Armut sehr
schwer realisierbar sind.
Die Not vieler Familien mit Kindern und auch alter Menschen ist teils so groß, dass
auch nur die direkte Nothilfe eine Alternative für sie ist.
Wir stellen aber fest, dass es mittlerweile eine stärkere Problembewußtseinsbildung bei
der rumänischen Bevölkerung für die Roma-Familien gibt. Man hört zwar ständig die
Bemerkungen wie "die sind faul und arbeiten nicht", oder "die handeln und klauen
nur", u.ä. Es gibt aber auch örtliche Gruppen, die nicht mit diesen Vorurteilen behaftet
sind und die Probleme angehen wollen. Aber diese Kräfte sind unseres Erachtens noch
zu schwach und sie werden vom Staat kaum und nur halbherzig unterstützt.
Trotzdem ist es uns positiv aufgefallen, dass einzelne Rathäuser mit "Vertrauenspersonen" aus der Volksgruppe der Roma zur Verbesserung der Lebenssituation
zusammen arbeiten.
Diese Vertrauenspersonen sind auch beispielsweise für die Treffsicherheit unserer
örtlichen Hilfsmaßnahmen von besonderer Bedeutung und wir haben in dieser Zusammenarbeit schon gute Erfahrungen gemacht.
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....unsere Hilfe nur ein Tropfen......
aber viele Tropfen machen einen Regen !
Die Hilfe des Deutsch-Rumänischen Freundschaftskreises Saarland e.V. ist zwar vor dem
Hintergrund der genannten Armuts-Fakten "nur ein Tropfen", aber "viele Tropfen machen
einen Regen". Im Erfahrungsaustausch und in Zusammenarbeit mit anderen
Hilfsorganisationen haben wir festgestellt, dass die Erfahrungen in Sachen "Allgemeiner
Armut" und "Spezieller Armut der Roma-Familien", in ganz Rumänien weitegehend die
gleichen sind. Es handelt sich also ohne Zweifel nicht um ein regionales Problem, sondern um
ein Problem für ganz Rumänien. Auch wenn die Problematik je nach regionaler Häufung der
Roma-Volksgruppe mehr oder weniger stark ausgeprägt und spürbar ist.
Etwa 1,85 Millionen der rund 20 Millionen Einwohner Rumäniens sind laut Angaben des
Europarates ethnische Roma. Damit leben in keinem Land mehr Angehörige der RomaMinderheit. Auch hier wurden die Zahlen der letzten rumänischen Volkszählung dadurch
geschönt, dass viele Roma sich nicht mehr trauten ihre Volkszugehörigkeit als Roma
anzugeben.
Sie haben mit strukturellen Nachteilen und Diskriminierung zu kämpfen - das zeigen immer
wieder verschiedenen Beispiele, die von Nicht-Regierungsorganisationen oder auch vom
Europarat in den letzten Jahren dokumentiert worden sind.
Wir helfen konkret und direkt...............
Der Deutsch-Rumänische Freundschaftskreis Saarland e.V. hilft konkret und direkt u.a. mit
folgenden Maßnahmen:
- Unterstützung der Familien mit Kindern mit Kindergarten- und Schulmaterialien
- Hilfe bei der Einrichtung und dem Betrieb von Kindergärten und Grundschulen, die
die den Kindern eine Nachmittagsbetreuung anbieten
- Direkte Nothilfe mit Kinder-/Jugendkleidung, Spielsachen, u.ä.
- Hilfe zur Gründung, Organisation und Betreuung von Selbsthilfe-Gruppen in den
Problem-Wohnsiedlungen
- Hilfe bei der Materialbeschaffung zur gemeinschaftlichen Verbesserung der Wohnverhältnisse
Mehr Informationen zu unserer Arbeit und unseren Hilfsprojekten:
www.drfk.de oder per e-mail-Anfrage: [email protected]
pdf-Foto-Info Aktuell 28.08.2015/Deutsch-Rumänischer Freundschaftskreis Saarland e.V.,
Verantw.: Willi Gehring, 66299 Bildstock, Spieser Strasse 26
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