Falltext A 622 18.05.2015 Fall 1 U hat einen Pkw VW

Falltext
A 622
18.05.2015
Fall 1
U hat einen Pkw VW-Golf repariert und wieder fahrtüchtig gemacht, den M zur Reparatur gebracht hatte.
Der Wagen war infolge eines von M verschuldeten Unfalls beschädigt worden. Die Reparaturkosten belaufen sich auf 900 €. Als M den Wagen bei U abholen wollte, machte U die Herausgabe von der gleichzeitigen Bezahlung der Reparaturkosten abhängig. M war nicht in der Lage, den Betrag zu zahlen. U hielt
den Wagen zurück.
Einige Tage später meldete sich V bei U. V wies unter Vorlage des Kfz-Briefs nach, dass er Eigentümer des
VW-Golf ist. V verlangte von U die Herausgabe des Wagens. V hatte das Fahrzeug für längere Zeit an M
vermietet und im Mietvertrag vereinbart, dass M schuldhaft herbeigeführte Beschädigungen unverzüglich auf eigene Kosten beseitigen lassen müsse. Nach Kenntnis des Umstandes, dass M die Reparaturkosten bei U und auch die weiteren Kosten für die Wagenmiete bei V nicht (mehr) bezahlen konnte, hat V
den Mietvertrag im Einverständnis mit M aufgehoben.
U erklärte auch gegenüber V, dass er zur Herausgabe des Wagens nur gegen Begleichung der Reparaturrechnung bereit sei. Er habe nicht wissen können, dass M nicht der Eigentümer des Wagens sei. Zwar
habe er sich nicht den Kfz-Brief zeigen lassen; dies sei bei Reparaturen aber auch praktisch gar nicht
durchführbar und nicht üblich.
Kann U gegenüber V aufgrund eines Pfandrechts oder eines Zurückbehaltungsrechts die Herausgabe
des VW-Golf an V von der gleichzeitigen Zahlung von 900 € abhängig machen?
Fall 2
U hat wiederholt einen Lkw Magirus-Deutz für den Bauunternehmer B repariert. Aus mehreren Reparaturen in der Zeit von Mai bis Juli 2014 sind für U Forderungen i.H.v. insgesamt 4.280 € entstanden. Zahlungsziele, die U dem B auf wiederholte Bitten des B und dessen Hinweis auf das zurzeit „schleppend
laufende Geschäft“ und die „Zugeknöpftheit der Banken“ eingeräumt hatte, hat B nicht eingehalten. Auf
Drängen des B hatte U dem B den Lkw nach jeder Reparatur unter Zusage alsbaldiger Zahlung zurückgegeben, letztmalig am 27.07.2014, ohne auf sofortige vorherige Bezahlung der offenen Reparaturrechnungen zu bestehen.
Nach diesen Vorgängen hatte B dem U Anfang September 2014 einen Reparaturauftrag zur Beseitigung
eines Bremsdefekts erteilt. U hat die Reparatur ausgeführt und dafür eine Rechnung über 180,70 € ausgestellt.
Nunmehr meldete sich E bei U. E wies nach, dass ihm B den Lkw am 18. Juni 2014 zur Sicherung von Forderungen übereignet hatte. Das Fahrzeug war aufgrund eines Verwahrungsvertrags im Besitz des B geblieben. Nach § 3 S. 2 des Sicherungsübereignungsvertrags war B „verpflichtet, das Fahrzeug schonend
zu behandeln, Reparaturen auf eigene Kosten vorzunehmen und es in einem jederzeit fahrbereiten Zustand zu erhalten“. Da B seinen Verpflichtungen gegenüber E nicht nachgekommen war, hatte dieser
von B Bezahlung seiner Forderungen verlangt und angekündigt, dass er im Falle der Nichteinhaltung der
Zahlungsfrist gemäß den Bestimmungen des Sicherungsübereignungsvertrags von seinen Rechten an
dem sicherungsübereigneten Lkw Gebrauch machen, den Lkw herausverlangen und verwerten werde. B
ist seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber E nicht nachgekommen.
Jetzt verlangt E den Lkw, der sich aufgrund der letzten Reparatur noch bei U befindet, von U heraus. Die
letzte Reparaturrechnung i.H.v. 180,70 € wurde von E beglichen.
U verweigert auch gegenüber E die Herausgabe mit der Begründung, ihm stünden ein Pfandrecht und
ein Zurückbehaltungsrecht an dem Lkw im Hinblick auf die unbezahlten Reparaturrechnungen aus den
früheren Reparaturen zu. Dazu verweist U darauf, dass – anders als bei der Reparatur des VW-Golf des M
– bei den Werkverträgen mit B jeweils seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vertragsinhalt geworden seien (was zutrifft), in denen es u.a. heißt:
„Dem Werkunternehmer steht wegen seiner Forderungen aus dem Werkvertrag ein vertragliches
Pfandrecht an dem aufgrund des Werkvertrags in seinen Besitz gelangten Werkgegenstand zu. Das
Fortsetzung des Falltextes A 622
vertragliche Pfandrecht kann auch wegen Forderungen aus früher durchgeführten Arbeiten, Ersatzteillieferungen und sonstigen Leistungen geltend gemacht werden, soweit die mit dem Werkgegenstand
in einem Zusammenhang stehen.“
E erklärt dazu, es sei wohl richtig, dass die AGB Inhalt des Vertrags zwischen B und U geworden seien.
Dies sei für ihn – E – aber ohne Bedeutung, denn B hätte keine Verpflichtungen zu seinen – des E – Lasten
eingehen können. Daraufhin erwidert U, er habe gar nicht gewusst, dass der Lkw dem E sicherungsübereignet worden sei.
Muss U den Lkw ohne Weiteres an E herausgeben oder kann er gegenüber E die Herausgabe bis zur Bezahlung der unbezahlten Rechnungen i.H.v. 4.280 € verweigern?
Vermerk für den/die Bearbeiter/in:
Nehmen Sie bitte in einem Gutachten zu den gestellten Fragen Stellung.