Rente mit 63 bringt den Nahles-Knick – Beschäftigungsquoten

Brigitte Pothmer, MdB
Sprecherin für Arbeitsmarktpolitik
Juli 2015
Rente mit 63 bringt den Nahles-Knick – Beschäftigungsquoten Älterer sinken, Fachkräftesicherung
leidet
Der befürchtete „Nahles-Knick“ bei der Beschäftigung Älterer ist eingetreten. Schon ein halbes Jahr
nach ihrer Einführung hat die Rente mit 63 Jahren deutliche Spuren bei der Beschäftigungsquote1 der
63- und 64-Jährigen hinterlassen. Die positive Entwicklung der letzten Jahre wurde umgekehrt.
Zum 1. Juli 2014 wurde die sogenannte Rente mit 63 eingeführt. Innerhalb von sechs Monaten (bis
Ende Dezember 2014) sank daraufhin die Beschäftigungsquote der 63-Jährigen von 23,9 auf 21,9 (ein
Minus von rund 8,5 Prozent) und der 64-Jährigen von 17,5 auf 16,3 (fast minus 7 Prozent).2 Die
Beschäftigtenzahlen bei diesen Altersjahrgängen sinken weiter.3 Darum wird der Negativtrend
anhalten.
Auffällig ist, dass in allen anderen Altersjahrgängen von 60 bis 67 Jahren die Beschäftigungsquote
weiter gestiegen ist. Das deutet darauf hin, dass Schwarz-Rot mit der Rente mit 63 tatsächlich
Beschäftigte vorzeitig in den Ruhestand lockt. Sie hätten ohne die abschlagfreie vorzeitige Rente
weiter gearbeitet.
Mit der Rente mit 63 hat Arbeitsministerin Nahles der Fachkräftesicherung in Deutschland einen
schweren Schlag versetzt. Sie hat viele Anstrengungen der letzten Jahre zunichte gemacht. Absehbar
ist, dass sich der Aderlass an qualifizierten Fachkräften fortsetzt. Das bedeutet das Ende eines
Trends, der in den letzten Jahren nur noch eine Richtung kannte - nach oben.
Ohne die Rente mit 63 hätte sich diese Entwicklung vermutlich fortgesetzt. Aber nun wird es zu
keinen neuen Beschäftigungsrekorden bei den Älteren mehr kommen. Es steht zu befürchten, dass
bald wieder nicht mal mehr jeder fünfte 63-Jährige in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung
ist. Das ist ein fatales Signal angesichts des Bedarfs an erfahrenen Fachkräften. Ministerin Nahles und
die Bundesregierung haben das trotz aller Warnungen im Vorfeld in Kauf genommen.
Die Rente mit 63 ist für den Arbeitsmarkt problematisch:
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1
Nach Aussage der Bundesarbeitsministerin hat die Beschäftigung Älterer (neben der
internationalen Rekrutierung von Fachkräften) das höchste Potenzial für die
Fachkräftesicherung und ist zudem eine schnell wirkende Maßnahme.4
Die Rente mit 63 wird vor allem von Fachkräften in Anspruch genommen.5 Es profitieren
insbesondere männliche Facharbeiter und Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung,
während der angebliche Prototyp für die Rente mit 63 - „der Dachdecker“ – eher
unterrepräsentiert ist.6
Die Beschäftigungsquote weist den Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an der Bevölkerung
im jeweiligen Alter aus.
2
vgl. die Auswertung der Bundesagentur für Arbeit vom 06.07.15
3
vgl. http://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Statistische-Analysen/StatistischeSonderberichte/Generische-Publikationen/Auswirkungen-der-Rente-ab-63-Jahren-nach-langjaehrigenBeitragszeiten-auf-den-Arbeitsmarkt.pdf (S.3, Tabelle 3, Daten März 2015)
4
vgl. http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/fortschrittsbericht-fachkraefte-fuer2014.pdf?__blob=publicationFile (S.15)
5
vgl. http://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Statistische-Analysen/StatistischeSonderberichte/Generische-Publikationen/Auswirkungen-der-Rente-ab-63-Jahren-nach-langjaehrigenBeitragszeiten-auf-den-Arbeitsmarkt.pdf (S.3)
6
vgl. ebd. sowie http://doku.iab.de/aktuell/2015/aktueller_bericht_1509.pdf
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7
Insbesondere im Altersbereich ab 63 Jahren besteht bei der Beschäftigung Älterer noch viel
Handlungsbedarf. Denn trotz der positiven Entwicklung der letzten Jahre ist hier die
Beschäftigungsquote unterdurchschnittlich.7 Erforderlich wären also Anstrengungen für
mehr Beschäftigung dieser Altersgruppen statt neuer Ausstiegsanreize.
Die SPD hat die (schrittweise) Erhöhung des regulären Renteneintrittsalters auf 67 Jahre
immer an die Zahl der sozialversicherungspflichtig älteren Beschäftigten gekoppelt. Durch die
Rente mit 63 sorgt ausgerechnet sie nun dafür, dass die gute Beschäftigungsentwicklung
ausgebremst wird.
.gl. die Auswertung der Bundesagentur für Arbeit vom 06.07.15 (Beschäftigungsquoten 31.12.14)