Der Verantwortung gerecht werden

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
Flüchtlingsunterbringung
Der Verantwortung gerecht werden
Die organisierte Wohnungswirtschaft in Deutschland trägt die Hauptlast bei der Flüchtlingsunterbringung. Wohnungsunternehmen und ihre Verbände stellen sich der Verantwortung,
und entwickeln dabei kreative Lösungen.
Sabine Richter
freie Immobilienjournalistin
Hamburg
Ein Hauptgrund dafür seien die rasant wachsenden
tive Lösungen, sagte Sönke Struck, Vorsitzender
Flüchtlingszahlen. Einige Flüchtlinge kommen in
des BFW Landesverbands Nord.
privaten Wohnungen unter, den Löwenanteil muss
Die gut 300 Mitgliedsunternehmen des Verband
die organisierte Wohnungswirtschaft leisten. Sie
norddeutscher Wohnungsunternehmen e. V. (VNW)
sieht sich in der Verantwortung, Wohnraum be-
stellten bereits Hunderte Wohnungen in Schleswig-
reitzustellen, und tauscht sich mit der Politik in-
Holstein und in Mecklenburg-Vorpommern sogar
tensiv zu allen Facetten des Themas aus.
fast 1.000 Wohnungen für geflüchtete Menschen
zur Verfügung.
800.000 Flüchtlinge werden bis Ende des Jahres
nach Deutschland gekommen sein, vielleicht auch
Ein Anfang ist gemacht
Auf dem sehr engen Wohnungsmarkt in Hamburg
1 Mio. – oder mehr. Wie es im kommenden Jahr
Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs-
geht es dagegen eher zögerlich voran. Hier wirft
weitergeht, ist ungewiss. Die Menschen müssen
und Immobilienunternehmen e. V. gibt nach einer
die Caritas der Wohnungswirtschaft Blockadehal-
versorgt und betreut werden, und vor allem brau-
Umfrage unter seinen Mitgliedern an, dass bereits
tung auf Kosten der Sozialbehörde vor. Die SAGA
chen sie ein Dach über dem Kopf.
zwei Drittel der befragten Unternehmen Wohnun-
will das Thema nun mit einer stark gesteigerten
Und das ist bekanntermaßen schwierig. Rund
gen für Flüchtlinge zur Verfügung stellen. Ähnlich
Bauleistung angehen: „Wir können uns vorstellen,
400.000 Wohnungen pro Jahr müssten neu ge-
der Bundesverband Freier Immobilien- und Woh-
die im Bündnis für das Wohnen vereinbarten jähr-
baut werden – und das in den kommenden fünf
nungsunternehmen: Mitglieder brächten bereits
lich 1.000 Wohnungen zum Ende der Legislatur-
Jahren, wie das Pestel-Institut in Hannover gerade
in beträchtlichem Umfang Flüchtlingsfamilien in
periode auf bis zu 2.000 Wohnungen zu steigern,
ermittelte.
ihren Beständen unter oder fänden andere krea-
wenn die erforderlichen Grundstücke vorliegen.“
Quelle: Trave
Drei Trave-Mitarbeiter auf
einem Stadtteilfest in LübeckMoisling, wo besonders viele
Flüchtlinge leben
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„Es gibt überall kleine Lösungen“, sagt auch Christoph Kostka, Geschäftsführer des VNW Landesverband Schleswig-Holstein e. V., „die reichen aber
nicht mehr aus, man muss jetzt in neuen Dimensionen denken und schnell handeln.“
Forderungen nach geänderten
Rahmenbedingungen
Der GdW hat dazu einen Forderungskatalog an die
Politik vorgelegt. Eine befristete Absenkung von
Baustandards und die Beschleunigung von Verfahren sind der Kern der Forderungen.
Quelle: wankendorfer
Der VNW Schleswig-Holstein hat dazu an das
Land, die Kommunen und die Bauwirtschaft den
Vorschlag gemacht, ein standardisiertes, kostenwie bauzeitoptimiertes, mit einer Typengenehmigung versehenes Mehrfamilienhaus zu entwickeln
(SH-Haus). Basis könnte das sog. Kieler Modell
sein. Bauämter würden von aufwändigen Geneh-
Rawan, Rana, Mohammed Yaman und Abdulrahman mit ihren Nachbarn Sabine Wolf
und Harald Pergande, eingerahmt von Marcin Urbanski (l.) und Thomas Buschmann
von der Wankendorfer Baugenossenschaft
migungsverfahren im Einzelfall entlastet. Wohnungsunternehmen wie Private hätten weniger
Planungsaufwand. Passende Grundstücke und
Finanzierungslösungen vorausgesetzt, die berücksichtigen, dass das Eigenkapital vieler Investoren
in laufenden Projekten gebunden ist, würden den
Neubau deutlich ankurbeln.
Daneben hat sich der VNW Schleswig-Holstein der
Frage gewidmet, wie Vermieter vertraglich mit der
Ausnahmesituation umgehen. „In einem Flächenland ist es schon eine Hürde, wenn sie als Vermieter mit einer Vielzahl von Kommunen sich jeweils
im Einzelfall auf einen Mietvertrag verständigen
müssen. Wir haben dazu ein landesweites einheitliches Muster vorgeschlagen“, so Kostka.
Die Wankendorfer Baugenossenschaft für Schleswig-Holstein eG (wankendorfer) hat den Anfang
gemacht. „Der Mietvertrag, der juristisch einem
Gewerberaum-Mietvertrag gleichkommt, wird
Evin (2. v. rechts) mit Nachbarin Jutta Anders sowie Stefanie Witt und Karsten
Kewlitsch vom Stadtbüro Lütjenburg
mit der Kommune abgeschlossen, solange über
das Bleiberecht nicht entschieden ist. Ein direkter
Mietvertrag mit einem Asylbewerber müsste in
dieser Phase nach deutschem Mietrecht zeitaufwändig gekündigt werden, wenn der Asylbewerber abgeschoben wird oder untertaucht. Zudem
kann die Kommune über den Zuweisungsbescheid
direkten Einfluss auf Mieter nehmen, wenn es zu
Problemen kommt. Zuletzt haben wir in dem
Mietvertrag auch versucht, Verpflichtungen für
die Kommunen zu berücksichtigen, z. B. bei der
sozialen Betreuung“, erklärt Vorstandsvorsitzender Helmut Knüpp.
Außerdem hat der VNW Schleswig-Holstein ein
mehrsprachiges, leicht verständliches Merkblatt
entworfen, in dem Flüchtlingen mit vielen Grafiken und kurzen Texten die Grundlagen des deutschen Zusammenwohnens erklärt werden, Sauberkeit, Sicherheit, Ruhezeiten, Mülltrennen ...
Familie Atajew stammt aus dem Nordkaukasus und fand bei der Wankendorfer in
Lütjenburg ein neues Zuhause
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STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
Das Dokument „Herzlich willkommen in Deutsch-
„Wir haben zwölf Wohnungen in einem Zug zu
land“ stellt der VNW jedem interessierten Ver-
rentierlichen Mieten langfristig vermietet, da-
Auch die wankendorfer ist nicht von der Flücht-
mieter als Druckvorlage zur Verfügung. Der GdW
mit ist das Projekt auch betriebswirtschaftlich
lingswelle überrollt worden. „Wir haben schon vor
bietet unter web.gdw.de/uploads/pdf/Muster-
sinnvoll“, so Trave-Geschäftsführer Dr. Matthias
zwei Jahren mit der Unterbringung begonnen und
mietvertrag.pdf einen Mustermietvertrag zum
Rasch. Heute sind die Flüchtlinge in das Stadtteil-
konnten unsere Mieter mit aktiver Kommunikation
Download an.
leben integriert. Bis heute hat die Trave sieben
vorbereiten“, sagt Vorstandsvorsitzender Helmut
Diese und weitere Maßnahmen können dazu
Gemeinschaftsunterkünfte mit 108 Wohnungen
Knüpp. „Wir haben die Flüchtlingskrise relativ früh
beitragen, günstigere Rahmenbedingungen zu
in verschiedenen Lübecker Stadtteilen aufbereitet
als große gesellschaftliche Aufgabe erkannt, auf
schaffen. In der Praxis sind allerdings Vorstöße
und für drei bis zehn Jahre an die Stadt vermietet.
die wir als Genossenschaft Antworten entwickeln
einzelner Wohnungsunternehmen sowie das Enga-
Dafür wurden vereinzelt auch Altmieter auf frei-
müssen, wenn wir glaubwürdig bleiben wollen.
gement ihrer Mitarbeitern gefragt, um Lösungen
williger Basis in nahegelegene Ausweichwohnun-
Schließlich fühlt sich unsere Genossenschaft dem
zu finden. Einige Beispiele sollen im Folgenden
gen umgesetzt. 34 Einzelwohnungen für Flücht-
Solidargedanken verpflichtet und ist in der Nach-
vorgestellt werden.
linge liegen derzeit im Bestand des kommunalen
kriegszeit gegründet worden, um der Wohnungs-
Wohnungsunternehmens verteilt.
not geflüchteter Menschen abzuhelfen.“
Wirtschaftlichkeit und Nachnutzung
Eine weitere Gemeinschaftsunterkunft mit 42
Über 200 Wohnungen hat die Flächengenossen-
Die Grundstücks-Gesellschaft Trave mbH (Trave)
Wohnungen in 18 Doppelhaushälften und einem
schaft mit 9.000 eigenen Wohnungen derzeit an
mit 8.200 eigenen Wohnungen im Bestand hatte
Logistikhaus im Stadtteil Kücknitz wurde Anfang
verschiedene Kommunen in Schleswig-Holstein
bereits Mitte der 1990er Jahre mehrere Unter-
Oktober bezogen. Der 4,3 Mio. € teure Bau wird
für die Flüchtlingsunterbringung vermietet.
künfte für Menschen im Asylverfahren errichtet
aus Mitteln des neuen Landesförderprogramms
„Kommunen zeichnen Anteile bei uns und mie-
und an die Gemeindediakonie vermietet.
„Neues gemeinschaftliches Wohnen für Flüchtlin-
ten somit als Mitglied unserer Genossenschaft bei
Im Dezember 2012 entstand in einem leer stehen-
ge“ gefördert und langfristig an die Stadt vermie-
uns an“, erklärt Knüpp. Jede zehnte frei werdende
den Wohngebäude die erste neue Gemeinschafts-
tet. „Auch hier sind Wirtschaftlichkeit und gute
Wohnung bietet die Wankendorfer der Kommune
unterkunft mit elf abgeschlossenen Wohnungen
Nachnutzungsmöglichkeiten wesentliche Voraus-
an, „auch in Kiel und anderen Gemeinden, in denen
und einer Betreuerwohnung. Das gesamte Haus
setzungen für unser Engagement“, sagt Rasch, der
wir null Leerstand haben“, so Knüpp. Die Kommu-
wurde nach der rund 200.000 € teuren Herrich-
sich vorstellen kann, die 18 Doppelhäuser nach
nen belegen die Wohnungen in Zusammenarbeit
tung langfristig an die Diakonie vermietet, die
dem Auslaufen des Mietvertrags und Modernisie-
mit der Genossenschaft und suchen geeignete Per-
auch die Betreuung der Flüchtlinge übernimmt.
rung an Familien zu vermieten oder zu verkaufen.
sonen oder Familien aus – auch im Hinblick auf
Flüchtlingskrise als Aufgabe kommunizieren
Interview mit Dr. Matthias Rasch
„Kaum Beschwerden
von deutschen Mietern“
Vom Probewohnen zur langfristigen Vermietung – der Geschäftsführer
der Grundstücks-Gesellschaft Trave mbHww berichtet von den Erfahrungen
des Unternehmens mit der Flüchtlingsunterbringung und erklärt, wie aus
geflüchteten Menschen die Mieter von morgen werden können.
Die Trave ist Vorreiter beim sog. Probewoh-
klärt und das Mietverhältnis unauffällig verlaufen
Ist die Flüchtlingsunterbringung ein
nen. Welche Erfahrungen machen Sie?
ist, können die Bewohner unbefristete Mietver-
gutes Geschäft?
Um die Gemeinschaftsunterkünfte zu entlasten,
hältnisse schließen, die Betreuung und Bezahlung
Es ist kein gewinnträchtiges Geschäft, aber es
muss die Weitervermittlung in normalen Wohn-
der Miete durch die Gemeindediakonie endet. Seit
rentiert sich, wenn man es nicht nur kurzfristig
raum erfolgen. Für Menschen mit längerer Bleibe-
2012 haben wir 101 Probewohnmietverhältnisse
betrachtet. Wir müssen wirtschaftlich arbeiten,
perspektive haben wir mit der Stadt das Probewoh-
geschlossen. 50 weitere sollen noch in diesem Jahr
auch die Stadt erwartet weiter eine Ausschüttung.
nen entwickelt: Die Diakonie mietet Wohnungen
folgen. Unsere bisherigen Erfahrungen sind sehr
Wir vermieten beim Probewohnen zu marktübli-
für ausgewählte Einzelpersonen oder Familien an.
gut; fast alle Mietverhältnisse wurden anschlie-
chen Mieten zwischen 4,80 und 6 €/m2. Bei den
Nach einem Jahr, wenn der Aufenthaltsstatus ge-
ßend unbefristet mit den Bewohnern geschlossen.
befristet vermieteten Gemeinschaftsunterkünften
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Quelle: DOGEWO21
Motive der Kampagne „Dortmund wohnt bunt“. Die
fünf an der Kampagne beteiligten Dortmunder Wohnungsunternehmen – DOGEWO 21, gws-Wohnen,
LEG, Spar- und Bauverein und Vivawest – verfügen
gemeinsam über einen Bestand von rund 55.000
Wohnungen
die Nachbarschaften. Zwei Dolmetscher wurden
Mit ihren neuen Mietern macht die Genossenschaft
nehmen“, erklärt Knüpp. Das Risiko „herunter-
eingestellt, die Englisch sowie arabische Sprachen
unterschiedliche Erfahrungen. „Syrer und Iraker
gewohnter“ Wohnungen trägt die Genossenschaft
sprechen. „Sie arbeiten an der Schnittstelle zwi-
mit ihrem meist höheren Bildungsstand sind inten-
aber nicht: „Wir haben die Kommunen verpflich-
schen den Büros und den Problemen drumherum
siv an Teilhabe und Arbeit interessiert und passen
tet, für Schäden aufzukommen.“
und helfen auch, bei den Nachbarn Verständnis
sich an. Dagegen bereitet z. B. den Menschen aus
Auch die wankendorfer baut derzeit in Bad Sege-
aufzubauen.“ Inzwischen konnte die Wankendor-
Eritrea das Handling der Wohnung mehr Probleme.
berg eine Gemeinschaftsunterkunft mit 72 Woh-
fer rund 50 unbefristete Mietverträge mit ehema-
In einigen Fällen, wo es gar nicht passte, haben
nungen nach dem Kieler Modell. „Die Kommune
ligen Asylbewerbern schließen.
wir die Kommune gebeten, Korrekturen vorzu-
mietet das Gebäude mit ganz normalen Stan-
kommt es auf die Höhe der Investitionen an, wir
muss, so dass wir uns drauf einstellen, zusätzliches
Leben aufbauen werden und sicher auch einige, die
bekommen hier Mieten zwischen 6,50 und 7,50
Personal für Technik und Vermietung einzustellen.
nicht richtig in Deutschland ankommen werden
€/m2. Im vergangenen Jahr konnten wir mit der
und keine auskömmliche Beschäftigung finden,
Vermietung an Flüchtlinge noch punktuellen Leer-
Wie viele Beschwerden gehen von Ihrer
um ihre Miete selbst zu zahlen. Hier spielt auch das
stand abbauen, den haben wir kaum noch. Gene-
deutschen Mieterschaft ein?
Thema Traumatisierung eine Rolle. Überforderte
rell müssen wir uns der Realität der Zuwanderung
Fast gar keine. Die einzigen Probleme, die wir ha-
Nachbarschaften sind für uns nichts Neues, dafür
auch unternehmerisch stellen, denn natürlich ver-
ben, liegen in einem Wohnungsbestand, den wir
haben wir Instrumente, aber vielleicht sind wir
folgen auch wir eine Strategie der langfristigen
für einen Ersatzneubau entmieten. 21 von den
bald quantitativ überfordert.
Mietergewinnung.
100 Wohnungen haben wir kurzfristig hergerichtet und als Notwohnungen an die Stadt gegeben.
Sehen Sie Verteilungskämpfe durch Verknap-
Wie bekommen Sie diese neue Mieterschaft
Das funktioniert von den Tagesabläufen her nicht,
pung von kostengünstigem Wohnraum?
organisatorisch in den Griff?
zumal in diesen Wohnungen auch mehr Menschen
Im Moment haben wir in Lübeck aus verschiedenen
Der personelle Aufwand bei den unterschiedlichen
wohnen, als sonst üblich. Die Neuankömmlinge
Quellen, eben auch aus dem Ausland, die Zuwan-
Formen der Unterbringung ist in der Tat signifikant
sind abends und nachts wach und laut und hal-
derung, die wir als Wohnungswirtschaft immer
höher als bei einer „normalen“ Vermietung. Die
ten sich vorwiegend draußen auf. Im restlichen
gewünscht haben. Aber inzwischen wird der Markt
Nachbarschaften müssen analysiert und sensibi-
Bestand streuen wir sorgfältig und vermeiden
deutlich enger. Der Leerstand liegt noch knapp
lisiert werden, Mitarbeiter ausgebildet werden. Es
Clusterbildungen.
über 2 %. Die Konkurrenz zwischen Flüchtlingen
gibt sprachliche Probleme und längere Prozesse,
und anderen schwächeren Wohnungssuchenden
z. B. wenn wir Wohnungen durchgehen, die zum
Wie sehen Sie den Verlauf der
wird größer, die freien Wohlfahrtsträger, die für
Abriss oder zur Modernisierung anstehen. Bisher
Mietverhältnisse?
bestimmte Klientengruppen Wohnungen suchen,
haben wir das mit unserem hochgradig engagier-
Das ist schwer zu prognostizieren. Die Gruppe der
spüren das bereits.
ten Personal bewältigt. Das stößt inzwischen an
Flüchtlinge ist sehr heterogen: Es wird unter ihnen
Grenzen, zumal alles relativ spontan geschehen
viele Menschen geben, die erfolgreich ein neues
Die Fragen stellte Sabine Richter.
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Quelle: Aufbaugemeinschaft Espelkamp
STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
Die Aufbaugemeinschaft Espelkamp baut acht Reihenhäuser
zur zeitweiligen Unterbringung von Flüchtlingen
dards für fünf Jahre mit einer Option für weitere
Ort über gemeinsame Feste, Deutschkurse bis hin
Zahlen wurden auch einige zum Abriss bestimmte,
fünf an, dann machen wir Altenwohnungen dar-
zum internationalen Kochkurs.“ In der Regel sei-
abseits gelegene Wohngebäude zur Zwischenver-
aus. Das Genehmigungsverfahren inklusive Finan-
en die Mietverhältnisse unproblematisch. „Unsere
mietung dazugenommen. „Wir vermieten zu übli-
zierungszusage für beide Nutzungen haben wir in
Mitarbeiter werden speziell geschult und haben
chen Mietpreisen von 4,50 bis 5,50 €/m2, die zahlt
sechs Wochen durchgekriegt“, freut sich Knüpp.
durch die geringe Mieterfluktuation Zeit für Son-
uns auch das Sozialamt“, erklärt Schmidt. Bisher
deraufgaben.“ Erleichternd komme hinzu, dass es
habe diese Form der dezentralen Unterbringung
Kampagne für mehr Toleranz
in Dortmund ohnehin sehr bunt zugehe. „Wir ha-
dank des hohen persönlichen Einsatzes der Mit-
Die Dortmunder DOGEWO21 hat aktuell 500 ih-
ben eine hohe Begrüßungskultur, es gibt etablierte
arbeiter des Espelkamper Sozialamtes, die auch
rer 16.350 Wohnungen an Flüchtlinge vermietet.
Strukturen und ein weit verzweigtes Unterstützer-
die Nachbarschaft einschließt, gut funktioniert.
Die meisten in Einzelwohnungen, aber auch eine
netzwerk mit hoher Spendenbereitschaft.“
Gemeinschaftsunterkunft in Form einer Globalver-
Das unterstreicht auch die Kampagne „Dortmund
Persönliche Ansprechpartner helfen weiter
mietung an die Stadt Dortmund ist in Betrieb. „Wir
wohnt bunt“ – von fünf Dortmunder Wohnungs-
Das Wohnungsunternehmen LEG, das an rund 160
haben der Stadt zwei Häuser für 15 bis 20 Familien
gesellschaften. Seit August wird gemeinsam auf
Standorten Nordrhein-Westfalens rund 300.000
angeboten, mit Gewerbeflächen im Erdgeschoss
Großflächenplakaten, Autoaufklebern, Pins und
Bewohner betreut, stellt derzeit rund 450 Woh-
für Betreuungsangebote“, erklärt Geschäftsführer
Postkarten für Toleranz und Vielfalt geworben.
nungen für Flüchtlinge zur Verfügung. Die nach
Klaus Graniki. Zwei weitere Häuser mit gleichen
Deutschland kommenden Menschen sieht das
Rahmenbedingungen werden im November fer-
Reihenhäuser als preiswerte Lösung
Land NRW als Chance, Städte mit rückläufiger
tig. In einem anderen Gebäude sind unbegleitete
Eine kreative Lösung beim Neubau von Flücht-
Bevölkerung durch Zuzug zu stabilisieren. Des-
junge Flüchtlinge untergebracht. Auch dieses ist
lingsunterkünften hat die Stadt Espelkamp im
halb bietet die LEG der Stadt generell an allen
komplett an die Stadt vermietet. „Wir geben dem
Norden von Nordrhein-Westfalen gefunden. Die
Standorten freie Wohnungen zur Flüchtlingsun-
Sozialamt quasi den Schlüssel und das kümmert
vorhandenen Wohnungen reichten angesichts der
terbringung an.
sich um alles“, sagt Graniki. Ein weitere Einrich-
gestiegenen Flüchtlingszahlen nicht mehr aus und
Die 2- bis 5-Zimmer-Wohnungen werden von
tung für diese Flüchtlingsgruppe ist geplant.
so baut derzeit die Aufbaugemeinschaft Espel-
Familien oder von alleinstehenden Flüchtlingen
„Betriebswirtschaftlich ist es gleich, an wen wir
kamp GmbH acht Reihenhäuser zur zeitweiligen
teilweise in Wohngemeinschaften bewohnt,
vermieten, bei öffentlich geförderten Wohnungen
Unterbringung von bis zu sechs Flüchtlingen oder
Vertragspartner sind die Städte, aber auch die
übernimmt die Stadt die Kosten der Unterkunft
zwei Familien. Die Reihenhäuser werden in einer
Flüchtlinge selbst. „Wir machen die Menschen
bis zu 5,25 €/m2.“ Einen punktuellen Leerstand,
zweigeschossigen Zeile mit Flachdachkonstrukti-
wohlüberlegt zu Mitbewohnern“, sagt Ramona
den die Flüchtlinge füllen könnten, gibt es bei der
on zu Quadratmeterpreisen von 1.350 € errichtet.
Klukas, verantwortlich für das Zentrale Quartiers-
Dogewo nicht, die Leerstandsquote liegt bei 0,4%.
„Die preiswerte Wohnform ist auch für junge Fa-
management der LEG. „Vor allem beachten wir
Das Unternehmen will die Menschen unauffällig
milien interessant, es gibt also eine langfristige
die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe
und diskret integrieren. „Wir belegen Quartiere
Perspektive, wenn die Stadt die Häuser nach acht
und vermeiden Clusterungen.“ Mit Hilfe des Quar-
nicht geballt mit Flüchtlingen, sondern streuen
Jahren wieder an uns zurückgibt“, sagt Hans-Jörg
tiersmanagements und der Kooperationspartner
sie locker in den Bestand ein, um die Integration
Schmidt, Vorstand der Aufbaugemeinschaft.
aus Sozialarbeit und Sozialpädagogik versucht
zu fördern und die Bewohnerschaft nicht zu über-
Das teils kirchliche, teils in Landesbesitz befindli-
das Unternehmen, die Flüchtlinge behutsam in
fordern“, so Graniki. „Wir legen Wert darauf, dass
che Wohnungsunternehmen vermietet bereits seit
ihre bestehenden Nachbarschaften zu integrieren.
die Flüchtlinge durch städtische Mitarbeiter gut
2008 Wohnungen für Flüchtlinge. Derzeit beher-
„Als zielführend hat sich vor allem die Betreuung
betreut werden, unternehmen aber auch eigene
bergt das Unternehmen in seinen 3.000 Wohnun-
durch persönliche Ansprechpartner erwiesen“,
Anstrengungen, vom eigenen Sozialarbeiter vor
gen 180 Asylsuchende. Nach dem Ansteigen der
sagt Klukas. 16
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