Kapitel 12

INSTITUTIONENGESCHICHTE
(RÖMISCHES P RIVATRECHT)
SOMMERSEMESTER 2015
PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK
XII.
1. Prätorisches Erbrecht – bonorum possessio
Kaser, RPR § 65.17-20
Gai. 3,32
„Die aber der Prätor zur Erbschaft beruft, werden nicht automatisch Erben. Denn der Prätor kann
keine Erben machen. Erbe wird man nämlich nur durch Gesetz oder eine ähnliche
Rechtsanordnung, etwa durch Senatsbeschluss oder Kaiserkonstitution. Wenn ihnen der Prätor
aber den Nachlassbesitz zuweist, treten sie an die Stelle von Erben.“
2. Bonorum possessio intestati
Kaser, RPR § 66.11-17
Erbklassen:
1. Unde liberi = sui heredes + emanzipierte Hauskinder (nicht anderweits adopierte)
2. Unde legitimi = gesetzliche Erben nach ius civile: sui heredes und adgnatus proximus
3. Unde cognati = Blutsverwandte bis zum 6. Grad + Kinder von sobrini (7. Grad)
4. Unde vir et uxor = Ehemann/Ehefrau zZ des Todes
seit 2. Jh. n. Chr.:
- Mutter (mit ius liberorum) als Erbin des Kindes eingeordnet in unde legitimi wie Schwester
vom selben Vater (ziviles Erbrecht aus SC Tertullianum).
- Kinder als Erben der Mutter eingeordnet in unde legitimi vor allen Adgnaten (ziviles Erbrecht
aus SC Orfitianum).
3. Bonorum possessio secundum tabulas
Kaser, RPR § 67.9
Gai. 2,119-120
„Der Prätor aber verheißt, wenn ein mit sieben Zeugensiegeln versehenes Testament vorliegt,
den dort geschriebenen Erben den Erbschaftsbesitz entsprechend der Testamentsurkunde, wenn
niemand vorhanden ist, dem die Erbschaft nach gesetzlichem Erbrecht zusteht, zum Beispiel ein
Bruder vom selben Vater oder ein Vatersbruder oder Sohn des Bruders. ...
Wir wollen aber sehen, ob nicht auch dann, wenn Bruder oder Vatersbruder vorhanden sind, die
geschriebenen Erben in der besseren Lage sind; denn in einem Bescheid des Kaisers Antoninus
wird klargestellt, dass diejenigen, die gemäß der Testamentsurkunde, die nicht nach dem (Zivil-)
Recht errichtet wurde (= ohne gültige Manzipation), den Erbschaftsbesitz beantragt haben, sich
gegen diejenigen, die unter Berufung auf das gesetzliche Erbrecht die Erbschaft herausverlangen
(vindicant), mit der Einrede der bösen List (exceptio doli mali) verteidigen können.“
4. Bonorum possessio contra tabulas
Kaser, RPR § 69.6-10
Gai. 3,71
„... aus dem Edikt des Prätors, in dem den übergangenen Kindern (liberi) der Erbschaftsbesitz
entgegen der Testamentsurkunde verheißen wird.“
5. Anfechtung wegen pflichtwidrigen Testaments – querela inofficiosi testamenti
Kaser, RPR § 70