Wieviele Wölfe verträgt Deutschland

Wieviele Wölfe verträgt Deutschland? Die Rolle von Annahmen in
regelbasierten Vorhersagemodellen für Habitat-Generalisten.
Dominik Fechter*, Ilse Storch
Universität Freiburg, Lehrstuhl für Wildtierökologie und Wildtiermanagement, Baden-Württemberg, Deutschland
Zusammenfassung
Insbesondere aufgrund der heutigen strengen gesetzlichen Schutzmaßnahmen gelingt es vielen Arten,
darunter auch Großraubtieren, Lebensraum in Europa zurück zu erobern. Um das zu erwartende
Mensch-/Tier KonfliktPotenzial im Voraus abzuschätzen, können Vorhersagemodelle genutzt werden,
um potenziell geeigneten Lebensraum und Gebiete zu erfassen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit
künftig wieder besiedelt werden. Da Felddaten, also vor Ort gewonnene Daten, oft nur begrenzt zur
Verfügung stehen, werden oftmals quantitativ/regelbasierte Modelle oder die Hochrechnung von
Ergebnissen anderer Studien angewandt. Am Beispiel des Wolfes (Canis lupus) in Deutschland, als
Habitat-Generalist, haben wir ein Habitatmodell entwickelt, welches auf der Grundlage von Lage und
Ausdehnung zwölf bestehender Wolfsreviere im Osten Deutschlands, dem aktuellen Wissensstand
über die Biologie der Wölfe, verschiedener Lebensraum-Modellierungstechniken und weiterer Daten,
zehn verschiedene Parametersätze analysiert und uns mit den folgenden Fragen auseinandersetzt:
(1) Wie beeinflussen a priori Annahmen und unterschiedliche Eingangsdaten oder
Modellierungsmodelle die Menge und Verteilung potenziell für den Wolf geeigneten
Lebensraumes und die Anzahl der Wolfsrudel in Deutschland?
(2) Welche Gebiete werden bei einer Synthese über die Eingangsparameter als am besten
geeignet erachtet?
(3) Stimmen bestehende Wolfsreviere in Ostdeutschland überein mit dem aktuellen Wissensstand
der Wolfbiologie und Lebensraum-Beziehungen?
Unsere Ergebnisse zeigen, dass, je nachdem, welche Annahmen über Lebensraumbeziehungen in
das Modell einfließen und welche Modellierungsmethodik angewandt wird, die Menge potenziell
geeigneten Habitats sehr stark variiert. So könnte Deutschland, abhängig von a priori-Annahmen,
zwischen 154 und 1769 Wolfsrudel beherbergen. Die Standorte vorhandener Wolfsrudel in
Ostdeutschland zeigen, dass Wölfe sich sehr gut an dicht von Menschen besiedelte Gebiete anpassen
können aber beschränkt sind auf Gegenden mit geringer Straßendichte. Unsere Analyse legt nahe,
dass vorausschauende Habitatkarten generell mit Vorsicht interpretiert werden sollten und
verdeutlichen die Gefahr für Habitat-Modellierer, sich nur auf eine Auswahl einzelner Habitatfaktoren
oder Modellierungstechnik zu konzentrieren.
Zitat: Fechter D, Storch I (2014) How Many Wolves (Canis lupus) Fit into Germany? The Role of Assumptions in Predictive
Rule-Based Habitat Models for Habitat Generalists, PLos One 9(7); e101798, doi:10.1371/journal.pone.0101798
Herausgeber: Cédric Sueur, Institut Pluridisciplinaire Hubert Curien, France
Erhalten 24. August 2013; Angenommen 12. Juni 2014; Veröffentlicht 16. Juli 2014
Copyright: © 2014 Fechter, Storch. Dies ist ein Open-Access Artikel verbreitet unter den Bedingungen der Creative Commons
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Finanzierung: Das Projekt wurde finanziert durch das Evangelische Studienwerk Villigst e.V. (www.evstudienwerk.de). Die
Publikationsgebühren wurden finanziert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Albert Ludwigs Universität
Freiburg im Rahmen des Finanzierungsprogramms Open Access Publizierung. Die Finanziers hatten keine Rolle in der Studie,
Datensammlung und Analyse, Entscheidung zur Veröffentlichung oder Aufbereitung des Manuskripts.
Interessenskonflikte: Die Autoren haben erklärt, dass keine Interessenskonflikte bestehen.
*Email: [email protected]
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Einführung
Großraubtiere erobern derzeit einen großen Teil Europas zurück. [1], [2], [3]. Wegen ihres hohen
Flächenbedarfs und aufgrund dessen, dass sie um Wild konkurrieren und auch Nutztiere reißen, birgt
dieses Rückeroberung ein hohes Potenzial für Konflikte zwischen Mensch und Tier.[4]. Um dieses
KonfliktPotenzial bereits im Vorfeld anzusprechen, werden oftmals Vorhersagemodelle benutzt um
Größe und Verteilung potenziell geeigneten Habitats und von Gebieten, die mit hoher
Wahrscheinlichkeit neu besiedelt werden, zu ermitteln.(Für einen Überblick über verschiedene
Modellierungstechniken siehe [5], [6]). Wenn Felddaten für das fragliche Untersuchungsgebiet nur
spärlich verfügbar sind, extrapoliert man oft Ergebnisse anderer Studien oder wendet sich
regelbasierenden Modellen [7] zu, die auch als expertenbasierter Ansatz [8], [9], [10] oder
wissensbasierter Ansatz [11], [12], bekannt sind, wobei verbale Regeln für Tier-/Habitat-Beziehungen
durch Vergleiche ersetzt werden, die Gebiete in geeignetes oder ungeeignetes Habitat [7], [13],
klassifizieren. Trotz der Tatsache, dass das Extrapolieren von Ergebnissen aus anderen
Untersuchungsgebieten oder generelle Einschätzungen aus Tier-/Habitat-Beziehungen zu
Fehleinschätzungen über potenziell geeigneten Lebeneraum führen können [6], [14], [15], [16], wurden
diese Methodiken weltweit auf eine Vielzahl von Arten angewandt, auch auf Großraubtiere, wie Wolf
(Canis lupus) [18], Eurasischer Luchs (Lynx lynx) [13], Puma (Puma concolor) [19], Gepard (Acinonyx
jubatus) [20], und Himalaya Braunbär (Ursus arctos) [21]. Je mehr eine Art in ihren Anforderungen an
den Lebensraum spezialisiert ist, desto einfacher ist es zwischen geeignetem und ungeeignetem
Habitat zu unterscheiden [22]. Habitat Generalisten sind schwieriger einzuschätzen da
opportunistische Habitatnutzung unterschiedliche Habitat Präferenzen in unterschiedlichen
Teilbereichen des Verbreitungsgebietes suggerieren. Wölfe, beispielsweise, nutzen eine breite Spanne
an Habitattypen, zeigen aber in den meisten Teilen ihres Verbreitungsgebietes eine gewisse Präferenz
für Wald [23], [24], [25], [26]. In Europa könnte die Notwendigkeit zur Koexistenz mit Menschen in
ländlichen und sogar städtischen Gegenden erklären, warum Wölfe in verschiedenen Ländern
Verbindungen zu ausgeprägt unterschiedlichen Lebensräumen zeigen. In Polen, zum Beispiel, nutzen
Wölfe, neben Wäldern, auch Wiesen und Feuchtgebiete [26]. In Portugal, scheint die Präsenz von
Wölfen mit einer gewissen Reichhaltigkeit von Nutztieren eng verknüpft zu sein, mehr als mit einem
bestimmten Landschaftstyp und in Russland belegen Wölfe buntgewürfelte Landschaftsmosaiken aus
Wald und Agrarland [28]. Wölfe in Spanien frequentieren gelegentlich Felder [29] während Wölfe in
Italien und Rumänien Buschwerk und Mülldeponien [23], [30], [31] nutzen.
In der Lausitz, im Osten Deutschlands, breitet sich eine sich wideransiedelnde Wolfpopulation rasch
aus [2], [32]. Da Felddaten nur begrenzt zur Verfügung stehen, ist es unvermeidlich, Annahmen über
Wolf -/Habitat-Beziehungen zu treffen, um die weitere Wiederansiedlung von Wölfen in Deutschland zu
prognostizieren. Diese Annahmen basieren entweder auf Expertenmeinungen oder auf Daten von
anderen Populationen (z.B. [27]) und haben einen starken Einfluss auf das Modellergebnis [33], [34].
Unser primäres Ziel in diesem Papier ist es, Unschärfen bei regelbasierten Habitatsmodellen für
Habitat-Generalisten zu untersuchen. Unter Anwendung des Wolfes als Modell für einen HabitatGeneralisten haben wir ein räumlich-explizites, vorausschauendes, regelbasierendes Habitatsmodell
entwickelt und 10 unterschiedliche Modell-Eingangsparameter getestet. In sechs ModellEingangsparametersätzen wurde geeignetes Habitat durch den Typ der Bedeckung des Landes und
den Abstand zu Straßen und Siedlungen ermittelt. In drei Modell-Eingangsparametersätzen wurde
geeignetes Habitat ermittelt, durch das Dichteverhältnis zwischen Habitateignung, Dichte des
Straßennetzes und Dichter der menschlichen Population. Der zehnte Modell-Eingangsparametersatz
war ein meta-modell-Eingangsparametersatz, der die Ergebnisse der vorhergehenden ModellEingangsparametersätze zusammenfasst um eine konservativ gehaltene Übersichtskarte zu
ermöglichen. Für die 10 Parametersätze haben wir die Verfügbarkeit geeigneten Habitats in den
Verbreitungsgebieten der bestehenden zwölf Lausitzer Wolfsrudeln analysiert und diese Ergebnisse
hochgerechnet auf gesamt Deutschland. Wir haben diese Analyse dann genutzt um drei Fragen in
Bezug auf Habitatmodellierung und Planungen zum Schutz des Wolfes in Deutschland anzusprechen.
(1) Wie beeinflussen a priori Annahmen und die Auswahl unterschiedlicher Eingangsdaten oder
Habitatmodellierungstechniken Qualität, Ausdehnung und Anordnung potenziell geeigneten
Wolfhabitats und die Anzahl der Rudel in Deutschland?
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(2) Welche Gegenden könnten in einer Synthese über die Eingangsparametersätze als für Wölfe in
Deutschland am geeignetsten sein?
(3) Stimmen Lage und Ausdehnung der Verbreitungsgebiete der existierenden Wolfsrudel in der
Lausitz überein mit dem derzeitigen Wissensstand über Wolfsbiologie und Art/Habitat-Beziehungen?
Methodik
Studiengebiet und Herkunft der Daten
Als Studiengebiet für das Habitatmodell haben wir die Gesamtfläche Deutschlands herangezogen.
Das Habitatmodell beinhaltet eine Vielzahl geographisch referenzierter Umweltdaten. Für allgemeine
Informationen über die Flächennutzung nutzten wir CORINE (Bodenbedeckungsdaten für
Deutschland), Landbedeckungs-Rasterdaten (CLC2006) mit einer Rastergröße von 1 Hektar.
Der Datensatz CLC2006 beinhaltet für Deutschland 37 unterschiedliche Typen von Bondenbedeckung,
gruppiert in fünf Hauptkategorien:
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
Künstliche Flächen
Agrarland
Wälder und halb-natürliche Flächen
Feuchtgebiete
Wasserflächen
Basierend auf Wolf-/Habitat-Beziehungen
Bodenbedeckungs Datensätze entwickelt:
(siehe
unten)
haben
wir
drei
verschiedene
LCTS A (nur Wald), LCTS-B (Wald und verschiedene offene Flächen) und LCTS-C (alle Gebiete nichtstädtischer Struktur). Straßendaten wurden vom Project Open Stree Map [35] bezogen und daraus
stichprobenartig zwei Datensätze für Straßennetze erstellt: RNDS-T (Straßen dritter Ordnung bis zu
Autobahnen) und RNDS-NT (Straßen zweiter Ordnung bis zur Autobahn). Tabelle 1). Informationen
über die Besiedelung wurde vom Deutschen Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) zur
Verfügung gestellt. Wir haben die Anzahl Einwohner zu Populationsdichte (Einwohner/km²) in einem
Datensatz zur Einwohnerdichte neu eingestuft (Tabelle 1). Um für unser Modell Schwellenwerte für die
Habitateignung bewerten zu können (siehe unten) benutzten wir Standorte und Ausdehnung der 12
Lausitzer Wolf-Verbreitungsgebiete. Standort und räumliche Ausdehnung dieser Gebiete sind
Schätzwerte basieren auf Telemetriedaten, Aufnahmen aus Kamerafallen, sowie persönlichen
Beobachtungen (I. Reinhardt, pers. comm.) und wurden vom Büro LUPUS beigestellt.
Nach Rykiel [36] haben wir zwei Validierungsdatensätze erstellt, basierend auf Dokumentationen zum
Vorhandensein von Wölfen in Deutschland. Eine ausgedehnte Internetrecherche ergab über 5000
Pressemeldungen regionaler und nationaler Zeitungsartikel, die Vorkommnisse mit Wölfen in
Deutschland zwischen 2009 und 2012 dokumentieren, auf der Basis von getöteten Nutztieren oder
Beutetieren, Telemetriedaten, Beobachtungen, Daten von Fotofallen oder Kotanalysen.
Mehrfachmeldungen wurden anhand räumlicher und zeitlicher Kriterien und gelegentlich auch
genetischer Informationen, ausgefiltert. Die übrigen gemeldeten Vorfälle wurden anhand der SCALP
Kriterien (Status und Schutz der alpinen Luchspopulation) [3] kategorisiert. Nur Vorfälle der Kategorien
C1 (Harte Fakten) und C2 (bestätigt) wurden geographisch referenziert, anhand des gemeldeten Orte
oder des geographischen Mittelpunktes des Gebietes, und für weitere Analysen genutzt. Wir
entwickelten zwei Validierungsdatensätze zu Punkten mit Wolfsvorfällen. Der erste Datensatz war eine
Untermenge des zweiten und beinhaltete die Standorte von 17 ansässigen Einzelwölfen oder Rudeln
außerhalb der Lausitz. Der zweite Satz beinhaltete auch Daten über nicht ansässige Wölfe. Dabei ist
zu beachten, dass wir Punkte in der Lausitz in den zweiten Datensatz aufgenommen haben, wenn das
Datum des Vorfalls früher als die Gründung eines Rudels in dem Gebiet lag. Wir kreierten einen dritten
Datensatz mit 250 über ganz Deutschland verteilten Zufallspunkten und überprüften, ob die
durchschnittliche Habitateignung an den Validierungspunkten signifikant höher lag, als an den
Zufallspunkten.
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Art/Habitat Beziehung beim Wolf
Auf der Basis heutigen Wissens über die Habitatnutzung von Wölfen modellierten wir für den Wolf
geeignetes Habitat. Um Habitatspezialisierung in unterschiedlichen geographischen Gegenden zu
berücksichtigen, haben wir neun Eingangsparametersätze formuliert (AT, ANT, BT, BNT, CT, CNT, T,
NT und HP) (Tabelle 2)), unter Verwendung unterschiedlicher Daten für die Bodenbedeckung (LCTSA, LCTS-B oder LCTS-C), Straßennetz-Datensätze (RNDS-T oder RNDS-NT) und Informationen über
die Bevölkerungsdichte (HPDS) (Tabelle 1). In den drei Datensätzen zur Bodenbedeckung hat sich die
Menge potenziell geeigneter Land-Bedeckungstypen von LCTS-A (nur Wald), über LCTS-B (Wald und
verschiedene Arten offener Flächen) zu LCTS-C (alle nicht-urbanen Flächen) erhöht. In den
Straßennetz-Datensätzen hat sich die Anzahl der Straßenkategorien von RNDS-T (Straßen dritter
Ordnung bis zu Autobahnen) zu RNDS-NT (Straßen zweiter Ordnung bis zu Autobahnen) verringert.
Die Modell-Eingangsparametersätze wurden auf der Basis folgender Wolf-/Habitat-Beziehungen
formuliert:
Obwohl Wölfe als Habitat-Generalisten betrachtet werden [38], [39], sind sie für gewöhnlich eng an
Wald gebunden [25]. Wir haben deshalb in unseren Modell-Eingangsparametersätzen, die einen
Bedeckungstyp-Datensatz enthalten (LCTS), z.B. AT, ANT, BT, BNT, CT und CNT (Tabelle 1und 2),
Wald als generell geeignetes Habitat für Wölfe angenommen.
Studien haben ergeben, dass andere Bedeckungstypen, und das beinhaltet Agrarland, Müllhalden
und Buschwerk, ebenfalls geeignetes Habitat darstellen [23], [28], [29], [30], [40]. Wir haben deshalb
angenommen, dass diese Habitattypen in Eingangsparametersätzen geeignet sind, die LCTS-B oder
LCTS-C, z.B. BT, BNT, CT und CNT (Tabelle 1 und 2).
Andere Studien zeigen, dass Wölfe gewisse Strukturen, z.B. Straßen und Siedlungen, meiden [40],
[41], [42], [43], [44], [45], [46], ebenso Gebiete mit menschlicher Aktivität um diese Strukturen herum.
Dadurch wird potenziell geeignetes Habitat um diese Flächen verringert. Dieser sog. „Puffereffekt“
kann von 0.25km bis zu 3.5km vom Rand der entsprechenden Struktur reichen, abhängig vom Grad
der Störung, die dadurch verursacht wird [27], [45], [47], [48].
Obwohl es Anzeichen dafür gibt, dass dieses Vermeiden zeitlich oder raum/zeitlich beschränkt sein
könnte, [23], [47], [49], oder sich das Verhalten mit Habituierung ändern könnte, [44], [50], [51], [52],
[53], haben wir Puffer für Straßen und Siedlungen in die sechs Parametersätze eingebaut, die einen
Land Bedeckungsdatensatz und einen Straßennetzdatensatz kombinieren, z.B. AT, ANT, BT, BNT, CT
und CNT (Tabelle 1 und 2).
Tabelle 1. Umweltparameter, die in den 4 Regeln des Habitatmodells für alle Modell-Eingangspara-metersätze
angewandt werden, ausgenommen den Meta-Modell Eingangsdatensatz COM, der aus den Ergebnissen der
anderen Modell-Eingangsdatensätzen und der Konnektivitätsanalyse abgeleitet wurde.
Umweltparameter
Landbedeckungstypen-Datensätze (LCS)
LCTS-A
LCTS-B
LCTS-C
Straßennetz-Datensätze (RNDS)
RNDS-NT
RNDS-T
Bevölkerungsdichte-Datensatz
(HPDS)
Definition / genutzte Daten
Wälder und Übergangsflächen Wald-/Buschland (CLC-Code
311,312,313,324)
Wälder und Übergangsflächen Wald-/Buschland, Flächen für die
Gewinnung von Bodenschätzen, Mülldeponien, nicht-bewässerte
Ackerflächen, Weideland, Agrarland mit hohem Anteil an
natürlicher Vegetation, natürliche Grasflächen, Moore, Heide,
spärlich bewachsene Flächen, Binnenmarschen und Hochmoore
(CLC-Code 131, 132, 211, 231, 243, 311, 312, 313,321, 322, 324,
333, 411, 412)
Alle Flächen ohne städtischen Charakter, Betriebsflächen,
Transporteinrichtungen, sowie Gletscher, Feuchtgebiete und
Gewässer (also alles, ausgenommen CLC-Codes
111,112,121,122,123,124,335,421,422,423,521,522,523)
OSM (OpenStreetMap)-Klassifizierung als Autobahn,
Hauptverkehrsstraße, Landstraße, und Straßen zweiter
Ordnung
Alle Straßen aus RNDS-NT, zusätzlich OSM-klassifizierte
Straßen dritter Ordnung
Bevölkerungsdichte (d.h. Einwohner pro km²)
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Reviergrößen
Die angenommene Reviergröße für alle ModellEingangsparameter wurde mit 200km² festgelegt
Unfragmentiertes, geeignetes Habitat,das mind. 5% der
Reviergröße (d.h. 10km²) einnimmt. Zusätzlich wurden
Reviergrößen von 10 und 15% (d.h. 20 und 30km²)
analysiert.
Für Wölfe ungeeignete Gebiete, welche Straßen und
Ansiedlungen (einschl. Stadtgebiete) umgeben.
Pufferradien für Straßen: 0.25km, 1km und 2lm.
Pufferradien für Ansiedlungen: 0.5km, 1km und 3.5km
OSM-Klassifizierung Bahn und Schmalspur (nur in der
Konnektivitätsanalyse verwendet)
Schiffbare Wasserwege (nur in der Konnektivitätsanalyse
verwendet)
Kerngebiete
Pufferzonen
Bahnnetzdaten
Flüsse und Bäche
Schwellenwerte Straßendichte
Straßendichte (km/km²)
0-0.23
0.23-0.6
0.6-1.2
über 1.2
Eignungsklasse
3 (sehr geeignet)
2 (geeignet)
1 (gering geeignet)
0 (nicht geeignet)
Thiel [41] zeigte eine negative Wechselbeziehung zwischen Straßendichte und Habitateignung für
Wölfe auf und schlug eine durchschnittliche Straßendichte von 0.6km/km² als Schwellenwert für
geeignetes Habitat vor. Obwohl sich Schwellenwerte mit der Zeit ändern können (Tabelle S1) nahmen
wir an, dass diese Beziehung valide ist. Hohe Straßendichte fördert für Menschen die
Zugangsmöglichkeit zu Wolfsgebieten und damit die Gelegenheit, Wölfe zu töten [54], [55]. Wir haben
daher die Straßendichte (km/km²) in den zwei Straßennetz Datensätzen RNDS-T und RNDS-NT
kalkuliert und die Resultate als
erklärende Schlüsselvariable für die Parametersätze T und NT
(Tabelle 1 und 2) benutzt
Tabelle 2. Übersicht über die zehn Modell-Eingangsdatensätze für die Abschätzung der Verfügbarkeit von WolfsHabitaten in Deutschland.
Kennung des
Parametersatzes
AT
BT
CT
ANT
BNT
CNT
T
NT
HP
COM
Modelltype
regelbasiert
regelbasiert
regelbasiert
regelbasiert
regelbasiert
regelbasiert
regelbasiert
regelbasiert
regelbasiert
Synthesenmodell
Datensatz
Kerngebiete
einbezogen
Yes
Yes
Yes
Yes
Yes
Yes
Yes
Yes
No
No
Puffer einbezogen
LCTS-A und RNDS-T
Yes
LCTS-B und RNDS-T
Yes
LCTS-C und RNDS-T
Yes
LCTS-A und RNDS-NT
Yes
LCTS-B und RNDS-NT
Yes
LCTS-C und RNDS-NT
Yes
RNDS-T
No
RNDS-NT
No
HPDS
No
Synthese aller
No
Ergebnisse aus den
obigen Datensätzen
Anmerkungen: Die Parametersätze AT, BT, CT, ANT, BNT und CNT sind Kombinationen eines LandbedeckungsDatensatzes (LCTS) und eines Straßennetz Datensatzes (RNDS). Die Sätze T, NT und HP beinhalten nur einen
Datensatz, entweder einen RNDS oder den Bevölkerungsdichte Datensatz HPDS. Der Meta-Modell
Eingangsdatensatz COM, ist eine Synthese aus allen Ergebnissen der Modell-Eingangsdatensätze. Wegen der
geringen räumlichen Auflösung, konnten für die Modell-Eingangsdatensätze HP COM keine Kerngebiete festgelegt
werden. Puffer für Straßen und Ansiedlungen wurden nur in den ersten sechs Parametersätzen angewandt.
Wölfe tendieren dazu ihr Revier in Gebieten mit minimaler Störung durch Menschen zu legen [45] und
es wird angenommen, dass die Bevölkerungsdichte starken Einfluss auf die Eignung eines Habitates
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für Wölfe hat [24], [42], [43]. Obwohl Wölfe in enger Nachbarschaft zu Gebieten mit menschlichen
Aktivitäten leben können [25], [52], [53], [56], haben Fuller et al. [43] herausgefunden, dass über 80%
der Wolfrudel und der Einzelwölfe in Minnesota (USA) Flächen mit entweder 0.7km Straßen pro km²
und 4 Menschen
pro km² oder 0.5km Straßen pro km² und 8 Menschen pro km² besiedeln. Wir haben die
Bevölkerungsdichte als erklärende Schlüsselvariable im Modell-Eingangsparametersatz HP
angesprochen (Tabelle 1 und 2).
Die Größe von Wolfsrevieren hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. Beutetierarten und
Häufigkeit [57], Rudelgröße [56], [58], [59], Populationsdichte [56], [58], [60] und Populationsstatus
[61]. Reviergrößen für Wölfe in Europa, zwischen 42. und 53. Breitengrad - wo die hauptsächlichen
Beutetiere Hirsche (Cervus elaphus), Rehe (Capreolus capreolus) und Wildschwein (Sus scrofa)
vorkommen, variieren zwischen 87km² und 243km², mit einer durchschnittlichen Größe von 170km²
(siehe [62]). Die durchschnittliche Reviergröße bei den 12 Wolfsrudeln in der Lausitz, wird mit ca.
215km² gerechnet. Für unser Modell nehmen wir eine Größe von 200km² (Tabelle 1) an.
In Europa variieren Kerngebiete, d.h. Gebiete ohne menschliche Besiedelung und geringer
Straßendichte in Wolfsrevieren, zwischen 3.3km² und 28km², entsprechend 2.3 – 15% der gesamten
Reviergröße [23], [61], [62], [63]. In unserem Modell nehmen wir an, dass Kerngebiete mindestens 5%
pro 200km² Reviergröße, d.h. 10km² (Tabelle 1) ausmachen müssen
Vorgehensweise
Wir konstruierten ein räumlich-explizites regel-basierendes Vorhersagemodell [7], [13] und
analysierten insgesamt zehn unterschiedliche Parametersätze um Menge, Ausdehnung und
Anordnung von potenziell als Wolfshabitat geeigneten Gebieten, in Reviergröße, zu ermitteln. Wir
analysierten sechs Parametersätze mit Kombinationen aus drei unterschiedlichen Datensätzen für
Landbedeckung (LCTS-A, LCTS-B und LCTS-C) und den zwei Straßennetz-Datensätzen (RNDS-T
und RNDS-NT (Tabelle 1) aus denen die Parametersätze AT, BT, CT ANT, BNT und CNT (Tabelle2)
resultierten, sowie drei Parametersätzen, unter Ausnutzung der Wechselbeziehung zwischen
Habitateignung und Straßen- bzw. Bevölkerungsdichte, als erklärende Schlüsselvariable [41], [42]. Von
den drei Parametersätzen, bei denen Dichte die erklärende Schlüsselvariable war, nutzten zwei die
Straßendichte (km/km²), ermittelt aus den beiden RNDS, resultierend in die Parametersätze T und NT.
Ein Parametersatz nutzte die Bevölkerungsdichte (Bewohner/km²) aus dem Datensatz
Bevölkerungsdichte, resultieren in den Parametersatz HP (Tabelle 2). In einem Meta-Parametersatz
kombinierten wir die Ergebnisse aller Parametersätze zu einem übergeordneten Parametersatz (COM)
(Tabelle2).
Am Ende verglichen wir die beiden Datensätze für Validierunspunkte mit den Datensätzen für
Zufallspunkte um zu überprüfen, ob die Habitatmodelle Wolfvorkommen in Deutschland korrekt
vorhersagen, d.h. ob die durchschnittliche Habitatseignung an Punkten mit Wolfvorkommen signifikant
höher war, als an Zufallspunkten.
Für alle GIS (Geoinformationssystem – Anmerkung des Übersetzers) Abläufe nutzten wir ArcGIS V
10.0 von ESRI, während wir für statistische Auswertungen „R“ V. 2.15.2 nutzten.
Bestimmung von als Revier geeigneten Gebieten und Ermittlung von Rudelzahlen,
Das regelbasierte Modell. Wir wandten in den sechs Parametersätzen, die LCTS und RNDS nutzen
(Tabelle 2), die folgenden Regeln an, um geeignetes Wolfhabitat zu ermitteln.
Regel 1. Geeignete Landbedeckung – Nur Landbedeckungstypen, die durch
Parametersätze) definiert werden, wurden als geeignet erachtet (Tabelle 1, Abb 1A).
die
LCTS
Regel 2. Puffer – Straßen und Ansiedlungen (inkl. Stadtgebiete) reduzieren die Menge geeigneten
Habitats. Wir wandten jeweils drei verschiedene Puffer für Straßen und Ansiedlungen an. Durch
Verpaarung der einzelnen Puffer für Straßen, mit den einzelnen Puffern für Ansiedlungen , erhielten
wir neun verschiedene Puffersätze, die von LCTS abgezogen wurden. Dadurch erhielten wir neun
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verschiedene
Parametersätze (Abb. 1A). Im Ergebnis wurden Gebiete mit dem geringsten
Pufferradius in den neun Puffersätzen nicht als geeignet betrachtet. Jedoch Gebiete innerhalb einer
Spanne von 1-2km für Straßen oder 1-3,5km für Ansiedlungen wurden in sechs von neun Puffersätzen
als geeignet betrachtet, was zu einem abnehmenden Störfaktor führt.
Regel 3. Minimal- und Durchschnitts-Anforderungen an Habitate und Reviere – Ein Revier muss eine
Mindestmenge an geeignetem Habitat aufweisen. Um den minimalen und durchschnittlichen
Prozentanteil von Flächen in den zwölf Revieren, die durch geeignete Habitattypen bedeckt sind, zu
bestimmen, nutzten wir eine zonal-statistische Analyse (Funktionalität von ArcGIS 10.1), unter
Betrachtung der zwölf Reviere der Lausitzrudel und der neun Parametersätze, die wir mit Regel 2
erhalten haben. Für jede 100*100 Zelle in Deutschland kalkulierten wir dann die Menge potenziell
geeigneten Habitats in einem 8km Radius, die eine durchschnittliche Reviergröße von 200km
repräsentieren. Eine Zelle wurde als minder geeignet angesehen, wenn sie die Mindestmenge
geeigneten Habitats erreichte und als geeignet, wenn sie die Durchschnittsmenge erreichte oder
überschritt. Zellen unter dem Mindestwert wurden als ungeeignet angesehen.
Regel 4. Fragmentierung und Kerngebiete – Jedes Wolfsrevier (200km², siehe Regel 3) muss ein
unfragmentiertes Kerngebiet von wenigstens 5%, d.h. 10km², aufweisen. Um hochfragmentierte
Gegenden auszuschließen, achteten wir auf unfragmentierte Stellen, Minimum 10km² groß, innerhalb
der Untermengen aus den neun Parametersätzen, die mit Regel 2 gebildet wurden und als
Kerngebiete herhalten. Daneben suchten wir nach Kerngebieten mit 10% und 15% der Reviergröße
(20km² und 30km²) um mehr Gewicht auf größere unfragmentierte Stellen zu legen. Nach Anwendung
der Regel 3 überprüften wir jede 100*100 Zelle in den Untermengen der Parametersätze um zu
bestimmen ob ein Kerngebiet in dem Bereich des 8km Mindestradius für Reviere liegt. Zellen, die
diese Kriterien nicht erfüllen, wurden nicht in die Karte, die mit Regel 3 kreiert wurde (Abb. 1B,
aufgenommen. Alle verbliebenen Zellen in den neun Untermengen-Parametersätze sind als Zentrum
eines 200km² großen Reviers qualifiziert. Um die tatsächliche Ausdehnung potenziell geeigneten
Habitats eines Revieres zu erhalten, pufferten wir die verbliebenen Zellen in jeder Parameter
Untermenge mit einem 8km-Radius. Die Untermengen-Parametersätze wurden zusammengefügt, um
die ursprünglichen Parametersätze zu rekonstruieren. Das Resultat wurde dann re-klassifiziert und so
eine Karte potenziell geeigneten Wolfhabitats auf Revierebene erstellt, in sieben Eignungsklassen, von
0 bis 6, mit 6 als bestmögliches Habitat (Abb. 1C). Die drei Parametersätze für Straßendichte und
Bevölkerungsdichte als erklärende Schlüsselvariable (d.h. Parametersätze T, NT und HP) nutzten nur
Regel 3 und 4, da keine Landbedeckungs-Parametersätze (LCTS) und Puffer benötigt wurden. Wir
wandten die folgenden Schritte an, um geeignetes Wolfhabitat in den drei Parametersätzen zu
bestimmen: Für die Parametersätze T und NT, re-klassifizierten wir die Straßendichte (km/km²) für
RNDS-T und RNDS-T in vier unterschiedliche Eignungsklassen (Tabelle 1).
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Abb 1: Anwendung der Modellregeln. Die Karten A-C bilden einen Teil des Wolfsgebietes in der
Lausitz, im Nordosten Deutschlands, ab und veranschaulichen die Anwendung der Regeln des
regelbasierten Modells für die Modellierung der Wolfhabitat-Verfügbarkeit in Deutschland. Karte D
zeigt die Grundkarte für die Konnektivitätsanalyse. Standorte von Rudelterritorien (gestrichelte Linien
in schwarz-weiß) zeigen eine erste visuelle Plausibilitätsprüfung. (A) Der erste Schritt war die
Anwendung der Regeln der Eingangsparametersätze 1 und 2 an einer Landbedeckungskarte und
einen Puffersatz; hier, Eingangsparametersatz AT (Landbedeckungstypen Wald, und
Übergangsflächen Waldland/Buschland, sowie Straßen, inkl. Straßen dritter Ordnung) mit Puffersätzen
von 250m für Straßen und 500m für Stadtgebiete, als Beispiel. Geeignete Flächen (in AT: Wald und
Übergangsflächen Waldland/Buschland) werden in grau ausgewiesen, grüne Linien kennzeichnen
Straßen, Stadtgebiete sind rot dargestellt. Die Puffer wurden bereits abgezogen und sind nicht
dargestellt. (B) Kerngebiete im Eingangsparametersatz AT, mit demselben Puffersatz für Straßen und
Stadtgebiete wie in A. Je dunkler die Fläche erscheint, desto größer das Kerngebiet. (C) Karte
potenziell geeigneten Wolfhabitats mit dem Eingangsparametersatz AT. Je dunkler die Fläche, desto
höher die Eignung des potenziellen Wolfhabitats.
Wir wandten dann die Regeln 3 und 4 an, um nach minimalen und durchschnittlichen Habitatanforderungen zu suchen, sowie nach Reviergrößen niedriger Fragmentierung und Kerngebieten. Die
Zonalstatistik für Regel 3 wurde mit den zwölf Revieren der Lausitzrudel und den Eignungsklassen,
abgeleitet von der Straßendichteanalyse (siehe oben). Nur unfragmentierte Zellen mit Eignungsklasse
3 wurden herangezogen, um ein potenzielles Kerngebiet festzulegen, während die verbliebenen Zellen
mit 8km gepuffert wurden, um die volle Ausdehnung geeigneten Wolfhabitats aufzuzeigen, reklassifiziert in die sieben Eignungsklassen, nach dem regelbasierten Modell. Der
Eingangsparametersatz HP nutzt lediglich Regel 3 aus dem regelbasierten Modell. Wegen
eingeschränkter räumlicher Auflösung auf Gemeindeebene, überschritten alle Stücke geeigneten
Habitats die Ausdehnung eines Reviers (200km²). Darum spielte hier Fragmentierung keine Rolle und
wir konnten keine Kerngebiete klar abgrenzen. Demzufolge verwarfen wir Regel 4, pufferten die Zellen
gemäß der anderen Modelle mit 8km und re-klassifzierten die Eingangsparametersätze passend zu
den sieben Eignungsklassen. Um den Meta-Eingangsparametersatz COM zu kreieren und um
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Flächen, die in allen Eingangsparametersätzen als potenziell geeignet erscheinen, zu identifizieren,
fassten wir alle Daten aus den neun Eingangsparametersätzen für jede Zelle zusammen. Eine Zelle
wurde als ungeeignet betrachtet (Eignungsklasse 0) wenn sie in mindesten einem einzelnen
Eingangsparametersatz ungeeignet war. Für alle anderen Zellen wurde der Wert durch den Modalwert
bestimmt, d.h., der neue Wert der Zelle basiert auf den Werten, die in allen Eingangsdatensätzen am
meisten vorkamen und dadurch eine konservative Übersichtskarte über potenziell geeignetes
Wolfhabitat in Deutschland bildeten (COM).
Abb 2 .Wolfhabitat Eignungskarte für die zehn Eingangsparametersätze (kleine Kästchen). Oben
links: Orientierungskarte über (niedrige) Bergzüge (in grün) und größere Städte (schwarze Punkte) in
Deutschland und Umgebung. Je dunkler die Fläche in den Karten für die Eingangsparameterstätzen,
desto höher die Eignung. Alle Eingangsparametersätze, mit Ausnahme HP, bestehen aus sieben
Eignungsklassen. Parametersatz HP besteht aus nur drei Eignungsklassen, da kein Kerngebiet
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ausgewiesen werden konnte. Habitateignungskarten wurden durch sukzessive Anwendung der
vordefinierten Regeln generiert.
Weiterhin sagt unser Modell Habitateignung, auf Ebene eines Reviers, voraus. Durch Anwendung der
Ausdehnung eines Reviers, stellten wir sicher, dass unsere Validierung auf Revierebene vollzogen
wurde. Für jeden der 10 Eingangsparametersätze berechneten wir die durchschnittliche
Habitateignung, an allen gepufferten Punkten, für die drei Validierungsdatensätze und analysierten
diese mit Kruskal-Wallis und Mann-Whitney Tests.
Zusammenhang zwischen Dichte und Parameter in den Lausitzer Revieren
Wir berechneten die die durchschnittliche Straßen-- und die Bevölkerungsdichte in den zwölf
Lausitzer Revieren für die Datensätze RNDS-T, RNDS-NT und HPDS, um zu erkennen, ob diese die
Schwellenwerte übersteigen, die durch den derzeitigen Wissenstand über Habitatbeziehungen
(Tabelle S1) aufgestellt werden. Wir betrachteten weiterhing, die Zusammenhänge zwischen
durchschnittlicher Straßendichte, durchschnittlicher Bevölkerungsdichte und Prozentanteil des Waldes
in den zwölf Lausitzrevieren.
Ergebnisse
Eingangsparametersätze und potenziell geeignetes Habitat
Für jeden der zehn Eingangsparametersätze, ergab die sukzessive Anwendung der vier Regeln
Gebiete potenziellen Wolfhabitats in Deutschland (Abb.2). Treffer für die Habitateignung reichten von 0
(nicht geeignet) bis 6 (hoch geeignet). Bei den Eingangsparametersätzen AT, BT, CT, ANT, BNT,
CNT, T, NT, COM und zwischen 0, 3 und 6 für den Parametersatz HP. Alle Parametersätze ergaben in
Übereinstimmung, dass das potenziell am besten geeignete Habitat im Osten und Nordosten
Deutschlands zu finden ist, in Gebieten mit ähnlicher Charakteristik wie die Lausitz (d.h. niedrige
Straßen- bzw. Bevölkerungsdichte, ähnliche Landbedeckungstypen). Andere Gebiete mit hohem Anteil
an potenziell geeigneten Habitats waren die Mittelgebirge, wie Bayerischer Wald, Schwarzwald, Harz,
Thüringer Wald, Spessart sowie die Bayerischen Alpen.
Die dicht besiedelten Gegenden des Ruhrgebietes (Dreieck Dortmund, Düsseldorf, Köln), Berlins,
Hamburgs, Münchens und Frankfurts wurden in keinem der Parameterstätze als geeignet
ausgewiesen. Durch Ersetzen von RNDS-T mit RNDS-NT Parameter in den Eingangsparametersätzen
AT, ANT, BT, BNT, CT und CNT ergab sich eine Steigerung von höchst geeigneten Habitats zwischen
46% und 125% (Tabelle 4). Die zusammengefassten Daten in dem Meta-Eingangsparametersatz
COM zeigten eine Konzentration potenziell geeigneten Habitats im Osten und Nordosten
Deutschlands, ebenso in den Mittelgebirgen und den bayerischen Alpen. Der Westen und Nordwesten
Deutschland wurde nicht als geeignet bewertet, beinhaltet trotzdem kleinere, isolierte Flecken
potenziell geeigneten Habitats (Abb.2).
Rudelanzahl und Rudelgröße
Für jeden Eingangsdatensatz berechneten wir die potenzielle Anzahl von Revieren für Deutschland
(Abb.3). Abhängig vom jeweiligen Eingangsparametersatz, könnte Deutschland, bei einer
angenommenen durchschnittlichen Reviergröße von 200km² und einer durchschnittlichen Rudelgröße
von 4-5 Wölfen, zwischen 15 und 1769 Wolfrudel und zwischen 616 und 8845 Wölfe beherbergen
.
Modellvalidierung
Um die Genauigkeit der zehn Eingangsparametersätze in Zahlen auszudrücken, berechneten wir die
durchschnittliche Habitateignung an allen Standorten aus den beiden Validierungsdatensätzen und
den Zufallspunkten (Tabelle 4). In beiden Validierungsdatensätzen sowie den Zufallspunkten hatte der
Eingangsparametersatz NT die beste durchschnittliche Habitateignung (5.7 ± 0.9 für
Validierungsdatensatz eins, 5.5 ± 1.1) für Validierungsdatensatz zwei und 4.9 ± 1.5 für die
Zufallspunkte). Die durchschnittliche Habitateignung für den Validierungsdatensatz eins wies
insgesamt eine durchschnittliche Habitateignung von 4.0 ± 2.3 auf. Wie erwartet, waren die
durchschnittlichen Habitateignungswerte für den Validierungsdatensatz zwei niedriger, da diese
Punkte Orte mit nichtansässigen Einzeltieren beinhalteten. Minimum Durchschnittshabitateignung war
3.5 ± 2.0 im Eingangsparametersatz AT. Durchschnittliche Habitateignung an den Punkten des
Validierungsdatensatzes stand in starker Abhängigkeit von der Verfügbarkeit potenziell geeigneten
Habitats der höchsten Eignungsklasse (Pearson Abhängigkeit r=0.849, p<0.002, df=8). Die
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Abhängigkeit zwischen durchschnittlicher Habitateignung an Zufallspunkten und der Verfügbarkeit
potenziell geeigneten Habitats war höher, als für die Punkte im Validierungsdatensatz (Pearson
Abhängigkeit r=0.914, p<0.002, df=8). Wir führten einen Test nach Kruskal-Wallis für alle
Eingangsparametersätze durch und paarten die drei Datensätze für jeden Eingangsparametersatz für
einen Test nach Mann-Whitney (Tabelle 4). In allen Eingangsparametersätzen war die
durchschnittliche Habitateignung für beide Validierunsdatensätze signifikant höher als für die
Zufallspunkte (p<0.05). In beiden Validierungsdatensätzen unterschied sich die durchschnittliche
Habitateignung, aber nicht signifikant (Tabelle 4).
Straßen- und Bevölkerungsdichte in den Revieren der Lausitzrudel
Für die Eingangsparametersätze T, NT und HP kalkulierten wir Straßen- und Bevölkerungsdichte in
den zwölf Lausitzrevieren (Abb.3). Durchschnittliche Straßendichte in den Revieren reichte von
0.12.km/km² im Eingangsparametersatz NT bis zu 0.74km/km² im Eingangsparametersatz T. Nur ein
Revier hatte eine durchschnittliche Straßendichte, die den vorgeschlagenen Schwellenwert von
0.6km/km² überstieg, der von Thiel [41] (Tabelle S1) vorgeschlagen wurde. Revier beinhalteten Zellen
mit einer Straßendichte bis zu 4km/km² im Eingangsdatensatz T und 2.49km/km² im Parametersatz
NT. Durchschnittliche Bevölkerungsgrößen in den Lausitzrevieren im Parametersatz HP, reichten von
20 Menschen/km² bis 115 Menschen/km² (Abb.3) und überstiegen den Schwellenwert von Fuller et al.
[43] um ein Vielfaches (Tabelle S1).Die höchste berechnete Bevölkerungsdichte in einer Zelle eines
Revieres war 380 Menschen/km².
Abhängigkeiten zwischen Parametern in den Lausitzrevieren
Wir suchten nach Abhängigkeiten zwischen Straßendichte (in RNDS-T und –NT), Bevölkerungsdichte
und Prozentanteil der Waldbedeckung in den zwölf Lausitzrevieren (Tabelle 5). Straßendichte und
Bevölkerungsdichte waren in starker Abhängigkeit. Der Anteil der Waldbedeckung war weniger stark in
Abhängigkeit von der Bevölkerungsdichte und zu RNDS-NT, als zu RNDS-T.
Tabelle 3.Menge potenziell geeigneten Wolfhabitats in Deutschland, nach Eignungsklassen (in km²), und
potenzieller Wolfsreviere in den zehn Eingangsparametersätzen
Eignungsklasse
4
5
Eingangsparametersatz
0
1
2
3
AT
BT
CT
ANT
BNT
CNT
NT
T
HP
COM
133609
57657
41865
99054
24148
41609
9648
58285
98856
130490
69526
87705
46684
53197
27045
26801
785
21479
0
59337
45869
62283
41020
42703
51194
20289
6502
40342
0
580
32615
46853
64420
49584
77778
52502
90443
61013
121693
13765
20397
28324
65223
28771
38425
50474
778
6614
0
42865
30642
31261
34400
30422
33671
43377
644
1895
0
42865
6
30729
49304
69764
59656
111126
128335
254590
173791
142838
78359
Rudel
(min – max)
154-1149
247-1529
349-1607
298-1322
556-1696
652-1609
1273-1769
869-1525
714-1322
392-1165
Anmerkung: Ausdehnung potenzieller Wolfrudel von der Zahl der potenziellen Wolfrudel in der höchsten Eignungsklasse (6) zur
niedrigsten Eignungsklasse (1). Eignungsklasse 0 beinhaltet kein potenziell geeignetes Habitat.
Ergebnisdiskussion
Unsere Ergebnisse zeigen, dass die a priori Annahmen, die bezüglich Habitatbeziehungen gemacht
wurden,
und
die
Auswahl
unterschiedlicher
Eingangsdaten
oder
verschiedener
Modellierungstechniken, einen enormen Einfluss auf die Modellergebnisse haben [33], [34]. Im Falle
von Habitat-Generalisten, wie dem Wolf, wo opportunistische Habitatnutzung die Unterscheidung
zwischen geeignetem und ungeeignetem Habitat schwierig macht, variieren die Ergebnisse noch
mehr. Abhängig von der Kombination der Datensätze für Landbedeckung (LCTS), dem
Straßennetzdatensatz (RNDS) oder dem Bevölkerungsdichte-Datensatz (HPDS) können Menge,
Ausdehnung und Anordnung potenziell geeigneten Habitats, um mehr als 800% zwischen den
Eingangsparametersätzen variieren. Da alle Parametersätze auf Feldstudien basierten, riskieren
Habitatmodellierer fragwürdige Annahmen und fehlerhafte Einschätzungen zur Eignung von Habitaten,
durch Konzentration auf lediglich eine Auswahl von Habitatfaktoren oder Modellierungsstrategien. Die
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Analyse verschiedener Eingangsparametersätze innerhalb der ganzen Breite von Variablen in der
Spezies-/Habitat Beziehungen, liefert jedoch hilfreiche Ausgangsinformationen über die Spanne in
Gebieten potenziell geeigneten Habitats und daraus resultierender Wolf- und Rudelzahlen. Der
Eingangsparametersatz AT, mit der geringsten Menge potenziell geeigneten Habitats und daraus
resultierenden Wolf- und Rudelzahlen, lieferte ausreichend geeignetes Habitat für ein Minimum von 15
Wolfsrudeln, verteilt über ganz Deutschland, d.h. etwa 600 Wölfe [61].Durch die Anwendung von
LCTS-A (nur Wald und Übergangsflächen Wald-/Buschland), RNDS-T und die Notwendigkeit
Kerngebiete zu berücksichtigen, beschränkt dieser Eingangsparametersatz Wölfe auf große,
unfragmentierte Waldgebiete. Da Wölfe jedoch bekannt dafür sind, in unbewaldeten Gebieten zu leben
[24], [29] sollten diese Zahlen als Untergrenze verstanden werden. Eingangsparametersatz NT sagt
die höchste Menge geeigneten Habitats vorher, mit einem Potenzial von mehr als 1250 Wolfsrudeln
bzw. 5000 Einzeltieren in der höchsten Eignungsklasse Klasse 6. Unter Berücksichtigung zahlreicher
von Menschen verursachter Todesfällen bei Wölfen z.B. illegale Abschüsse [1], scheinen diese Zahlen
unrealistisch und es ist wahrscheinlicher, dass menschliches Verhalten die Wolfpräsenz eher
beeinflusst, als die Verfügbarkeit geeigneten Habitats.
Wir benutzten die Ergebnisse der ersten neun Eingangsparametersätze um den meta-ModellEingangsparametersatz COM zu entwickeln. Das erlaubte uns, die Eingangsparametersätze zu filtern
und die Gemeinsamkeiten aller Eingangsparametersätze zu extrahieren. Der Eingangsparametersatz
COM wurde hauptsächlich durch die Eingangsparametersätze AT und HP beeinflusst, was somit die
unteren Grenzen die durch den Parametersatz AT bei menschlichen Faktoren bestärkt und die
Eignung in spärlich bevölkerten Gebieten erhöht. Der Nordosten Deutschland und die Mittelgebirge
haben die größten unfragmentieren Flecken potenziell geeigneten Habitats, also Flächen mit ähnlicher
Landschaft und Landnutzungsmerkmalen, wie die Lausitz. Existierende Wolf-Habitatmodelle (Knauer
et al, unveröffentlichte Daten, [27) sagen in Deutschland geeignetes Habitat für 400-441 Wolfsrudel
vorher. Obwohl die Gesamtzahl von vorhergesagten Wolfsrudeln nur um 10% differenziert, sind
Standorte und Ausdehnung geeigneter Flecken in beiden Habitatmodellen unterschiedlich. Abhängig
von den a priori Modell-Annahmen, sind einige große Waldgebiete, wie der Bayerische Wald, in einem
Modell als als hoch geeignetes Habitat klassifiziert (Knauer et al. Nicht veröffentl.) und als mangelhaft
geeignetes Habitat in dem anderen [27]. Der spärlich bevölkerte Nordostteil Deutschlands, dominiert
von Agrarland und kleinen Waldflecken führt zu einer höheren Qualität potenziellen Wolfhabitats in
dem Modell [27]. Weiterhin, Entscheidung darüber, ob kleine oder isolierte Flecken beinhaltet sind,
erhöht die Anzahl möglicher Wolfrudel um mehr als 100%. Dies zeigt den starken Einfluss der
Modellierungsstrategie auf die Ergebnisse sowie die Wichtigkeit einer vorsichtigen Interpretation.
Tabelle 4. Durchschn. Habitateignung in den zehn Eingangsparametersätzen, den 2 Validierungsdatensätzen und den
Zufallspunkten.
Validierungsdatensatz 1
(Validierungspunkte, nur
ansässige
Wölfe N=17)
Validierunsdatensatz 2
Datensatz
Zufallspunkte
(Validierungs(Zufallspunkte
punkte, inkl.
N=250)
nichtansässige
Wölfe N=155)
Eingangspara- Ø
SD
Ø
SD
Ø
SD
parametersatz
HabitatHabitatHabitateignung
eignung
eignung
AT
4,0
2,3
3,5
2,0
1,8
1,9
BT
4,6
1,9
4,0
2,0
2,5
1,9
CT
4,9
1,7
4,3
1,9
3,1
1,9
ANT
4,5
2,0
4,2
1,9
2,4
2,1
BNT
5,2
1,5
4,6
1,6
3,7
1,8
CNT
5,2
1,7
4,5
1,8
3,8
2,0
T
5,1
1,5
5,1
1,7
3,7
2,2
NT
5,7
0,9
5,5
1,1
4,9
1,5
HP
5,0
1,8
4,8
1,8
3,3
2,2
COM
4,4
2,5
4,5
2,1
23,3
2,3
Anmerkung: Der Maximalwert für die durchschn. Habitateignung ist 6.0
KrukalWallisTest
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
Mann –Whitney Test
Datensätze 1
u. 2
p=0,168
p=0,115
p=0,122
p=0,275
p=0,046
p=0,072
p=0,862
p=0,353
p=0,540
p=0,475
Datensätze 1
u. 3
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,003
p<0,012
p<0,001
p<0,001
Datensätze 2
u. 3
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
p<0,001
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Durchschnittliche Straßendichte bei den Lausitzrudeln – RNDS-T
Durchschnittliche Straßendichte bei den Lausitzrudeln – RNDS-NT
Durchschnittliche Bevölkerungsdichte bei den Lausitzrudeln
Abb.3. Durchschnittliche Straßendichte und durchschnittliche Bevölkerungsdichte bei den
zwölf Lausitzrudeln in den Eingangsparametersätzen T, NT und HP. Jeder Punkt stellt ein
Wolfsrevier in der Lausitz dar. Die durchschn. Straßendichte in der Lausitz in Nordost-Deutschland, für
ein Revier von 200km², erreicht bis zu 4.6km/km² im Parametersatz T und 3,6km/km² im
Parametersatz NT. Die Bevölkerungsdichte für ein Revier von 200km²kann bis 2622 Menschen/km²
erreichen.
Die Validierungsdatensätze zeigten eine hohe Übereinstimmung für alle Eingangsparametersätze in
unserem Modell. Wenn auch nicht signifikant, so war doch über alle Eingangsparametersätze die
durchschnittliche Habitateignung an den Validierungspunkten des Datensatzes eins (nur ansässige
Wölfe), höher, als an denen von Datensatz zwei (einschl. nicht-ansässige Wölfe). Das überrascht nicht,
da die Validierungspunkte für Datensatz zwei nicht-ansässige und abwandernde Wölfe beinhalten.
Abwandernde Wölfe sind bekannt dafür, große Gebiete nicht-geeigneten Habitats zu durchwandern,
aber sie nutzen, wann immer möglich, geeignetes Habitat [39], was zu einer Wechselbeziehung der
zwei Datensätze führt. Durchschnittswerte der Habitateignungs-Werte am den Validierungspunkten
beider Datensätze waren signifikant höher, als an den Zufallspunkten. Die hohe Übereinstimmung im
Eingangsparametersatz NT könnte entweder auf einer guten Modellanpassung basieren, oder an der
Korrelation zwischen Verfügbarkeit an bestgeeignetem Habitat und durchschnittlicher Habitateignung
an den Validierungspunkten, die die Kongruität verdecken. Die Korrelation zwischen Verfügbarkeit
bestgeeigneten Habitats und durchschnittlicher Habitateignung war an den Zufallspunkten sogar
höher, aber Validierunsdatensatz eins und die Zufallspunkte differierten jedoch signifikant. Das zeigt
an, dass die hohe Konstanz für unsere Eingangsparametersätze nicht durch die oben beschriebenen
Zusammenhänge reduziert werden kann. Nach derzeitigem Wissensstand, werden Straßendichte und
Bevölkerungsdichte als gute Indikatoren für Habitateignung betrachtet [23, [41], [42], []. Jedoch wird
eine hohe Straßendichte bei der Habitatauswahl zu einem geringeren Faktor, wenn sich die
Einstellung der Menschen zum Wolf verbessert [41], [65]. Wir analysierten die Reviere der Lausitzrudel
in Bezug auf diese Faktoren, um zu sehen, ob diese mit dem derzeitigen Forschungsstand
übereinstimmen. Für alle, bis auf ein Revier, war die Straßendichte bei RNDS-T und RNDS-NT unter
dem von Thiel [41] vorgeschlagenen Schwellenwert von 0.6km/km². Das Revier, das den
Schwellenwert überstieg, wies eine durchschnittliche Straßendichte von 0.74km/km² auf, was in
anderen Studien durchaus noch als „geeignet“ betrachtet wird [46], [66], [67]. Dies ist ein starker
Indikator dafür, dass die Schwelle bei Thiel [41] auf die Wolfpopulation in Deutschland übertragbar ist.
Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte in den Lausitzrevieren überstieg die Schwelle von Fuller et.
al. [43] um ein Vielfaches. Dies könnte ein Beweis dafür sein, dass die Toleranz gegenüber Menschen
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in dicht besiedelten Gegenden höher als erwartet sein könnte. Im Vergleich mit allen möglichen
Standorten von Revieren in der Lausitz, bevorzugten die existierenden Rudel jedoch Gegenden mit
niedriger Straßen- und Bevölkerungsdichte gegenüber anderen, dicht besiedelten, Gebieten.
Die meisten Feldstudien folgern, dass Straßendichte, Bevölkerungsdichte und Waldbedeckung die
Schlüsselvariablen in Verbindung mit Wolfvorkommen und Habitateignung sind [23], [26], [40], [51],
[42]m [43], [44], [45], [46], [68]. Für die Lausitzreviere trifft dies in hohem Maße zu. Deshalb haben die
Habitateignungskarten, die mit unseren Modellen erstellt wurden, die Tendenz, einige Gebiete in
Deutschland, über alle Eingangsparametersätze, zum geeigneten Habitat zu klassifizieren. Obwohl
jede der Variablen geeignet sein könnte, Habitateignung vorherzusagen, vernachlässigt eine
Reduzierung der Wahrscheinlichkeit von Wolfsvorkommen, durch Anwendung nur einer dieser
Variablen, die Tatsache, dass alle diese Variablen Stellvertreter für eine unabhängige Gruppe von
Faktoren sind, die alle eingehender untersucht werden müssen.
Die Übertragung von Felddaten oder das das Hochrechnen von Ergebnissen anderer Studienorte
oder anderer geographischer Regionen ist immer schwierig und birgt ein hohes Fehlerpotenzial [6],
[16], [69]. Gleichwohl kann, wenn Felddaten für ein Studiengebiet nur eingeschränkt verfügbar sind,
die Anwendung von Daten aus anderen Gebieten als Ersatz herhalten. Wenn Ersatzdaten genutzt
werden, ist es unerlässlich, die verschiedenen Eingangsparametersätze zu testen, und die ganze
Bandbreite an Daten einzubeziehen. Dies ist besonders wichtig im Fallen von Habitatsgeneralisten,
wie dem Wolf [38], [39], deren opportunistische Habitatnutzung es erschwert, eine bestimmte
Habitattype von der Liste potenziell geeigneten Habitats auszuschließen. Aus diesem Grunde haben
wir Daten für die Wolf-/Habitatbeziehungen aus verschiedenen Studiengebieten in Europa und NordAmerika einbezogen.
In unserem Modell analysierten wir die Zusammensetzung und die Menge potenziell geeigneten
Habitats, gemäß unserer Eingangsparametersätze innerhalb der zwölf Lausitzreviere und kreierten
dadurch Schwellenwerte, welche die Anforderungen an potenziell geeignetes Habitat auf Revierebene
in Deutschland bestimmen. Mit diesen Schwellenwerten war es uns möglich die Ergebnisse aus der
Lausitz auf ganz Deutschland hochzurechnen. Dies ermöglichte uns die Anwendung der gesamten
Bandbreite an Daten über Wolf-/Habitatbeziehungen und dabei immer noch den geographischen
Hochrechnungsfehler zu minimieren [16].
Tabelle 5. Pearson´s Beziehungen zwischen den Parametern für Straßendichte, Bevölkerungsdichte und
Prozentanteil Waldbedeckung für die Lausitzrudel (N=12)
Parameter
RNDS-T zu RNDS-NT
RNDS-T zu Bevölkerungsdichte
RNDS-NT zu Bevölkerungsdichte
RNDS-T zu %Waldbedeckung
RNDS-NT zu %Waldbedeckung
Bevölkerungsdichte und %Waldbedeckung
r=
0,79861
0,74331
0,78204
-0,7754
-0,5698
-0,6082
p=
0,0018
0,0056
0,0027
0,0031
0,0531
0,0359
Mögliche Unzulänglichkeiten unseres Modellansatzes
Unsicherheiten in Daten und Modellannahmen können einen starken Einfluss auf die Resultate haben
und möglicherweise zu Fehlinterpretationen führen [13]. Darum ist es wichtig jeden Schritt zu
dokumentieren und mögliche Unzulänglichkeiten des Modells aufzulisten um das Potenzial für
Fehlinterpretationen zu reduzieren. Obwohl Standort und Ausdehnung der Lausitzrudel auf
Funksignalen, Kamerafallen, und direkte Beobachtung basieren, (I. Reinhardt, pers. comm.) sind dies
immer noch Schätzungen und daher fehleranfällig. Da dieses Problem jedoch für alle Feldstudien
besteht, scheint uns dies akzeptabel. Für unsere Analyse nahmen wir eine Reviergröße von 200km²
an, basierend auf der durchschnittlichen Reviergröße der Lausitzrudel (ca. 216km²) und den
Ergebnissen von Findo et al. [62] (mittlere Reviergröße von 10 verschiedenen Wolfsrudeln in Europa
ca. 170km²). Somit dürfte wir die Zahl der Wölfe um etwa 20% zu hoch oder zu niedrig angesetzt
haben. Mech [39] und Peterson [64] behaupten, dass Wölfe zum Überleben eher adequate Beute und
weniger Tötungen durch Menschen brauchen, als Wildnis. Die Ernährung von Wölfen hängt stark von
der Verfügbarkeiten von Beutearten ab [70]. In Europa [[71], [72], [73], wie auch in Nord-Amerika [74],
[75], [76] sind große, wilde, Huftiere die bevorzugte Beute. Für die Population in der Lausitz ist die
dominierenden Beutearten Rehwild (Capreolus capreolus) (55.3%), gefolgt von Rotwild (Cervus
Seite 14
elaphus) (20,8%) und Wildschwein (Sus scrofa) (17,7%) [70]. Wenn die Zahl wilder Huftiere beschränkt
ist, passen sich Wölfe an und verlagern ihre Ernährung zu leichter zugänglicher Nahrung, oftmals
Nutztieren oder Abfall [23], [77], [78]. Wir haben uns aus verschiedenen Gründen entschieden, in
unseren Modellen die Beutedichte, z.B. Dichte wilder Huftiere, nicht zu berücksichtigen. Zum Ersten
sind keine Informationen über die absolute Beutedichte erhältlich und wir müssten uns auf
Schätzungen aus den jährlichen Jagdstrecken abstützen. Obwohl dies eine Standardmethode darstellt,
beeinflussen zahlreiche Faktoren den Jagderfolg und somit die Strecke[79]. Zum zweiten haben
neuere Studien keinen negativen Einfluss auf die Jagdstrecke für wilde Huftiere in den Jagdrevieren
der Lausitz ergeben, wo Wölfe seit über 8 Jahren leben [70].Huftierdichte , besonders für Rehwild und
Wildschwein, hat sich in Deutschland in den letzten 50 Jahren gesteigert [79], [80].. Daher sehen wir
keinen schlüssigen Beweis, dass Beutedichte im Moment einen limitierenden Faktor darstellt. Dies
könnte in der Zukunft eine wichtige Überlegung darstellen, wenn die Huftierdichte abnimmt. Wölfe sind
aber dafür bekannt, ihr Fressverhalten opportunistisch zu wechseln [77], [81], [82] und eine Abnahme
der Huftierdichte könnte durchaus nur geringen Einfluss haben.
Das OSM Projekt (Anm. des Übersetzers: OpenStreetMap) Projekt garantiert nicht Genauigkeit und
Vollständigkeit der Daten. Der OSM Datensatz [35] ändert sich täglich, in Bezug auf Details und
Genauigkeit. Ludwig et. al. [83] zeigten auf, dass die Genauigkeit auf nationaler Ebene in Deutschland
bereits in einem Datensatz hoch war, der ein Jahr älter war als der, den wir benutzten. Wir sind daher
zuversichtlich, dass ein aktualisierter OSM Datensatz nur marginale Änderungen bringen würde.
Genauigkeit und Vollständigkeit kann jedoch zwischen den Ländern stark variieren, sodass OSM für
die Habitatmodellierung innerhalb und zwischen Ländern ungeeignet ist. In den
Eingangsparametersätzen T und NT, benutzen wir nur RNDS als erklärende Variable, was zu einer zu
großzügigen Schätzung potenziell geeigneten Habitats führte. Stadtflächen wurden nicht
notwendigerweise als ungeeignet klassifiziert, da Straßen, kleiner als dritter Ordnung, nicht in den
RNDS beinhaltet waren. Im Ergebnis beinhalteten große Städte, wie München oder Hamburg, große
Mengen recht gut geeigneten Habitats (Abb.2, Eingangsparametersatz T und NT).
Zusatzinformation
Tabelle S1 Durchschnittliche Straßendichte in einem Revier für langfristiges Überleben von Wölfen in
verschiedenen Untersuchungsgebieten, basiert auf [88], erweitert mit zusätzlichen Feldstudien.
Danksagung
Wir bedanken uns bei LUPUS für die Überlassung von Daten über die Lausitzreviere. Wir bedanken
uns ebenfalls bei Jens Matzen für die Sammlung von Pressemitteilungen und Zeitungsartikeln, ebenso
bei Gregor Didenko für die erste Analyse dieser Daten. Wir danken Stephanie Kramer-Schadt, Kurt Alt
und Elizabeth Bickford Glatthar für ihren wertvollen Beitrag zu dem Manuskript. Wir danken Guillaume
Chapron und drei unbekannten Rezensenten für ihre aufmerksame und konstruktive Prüfung.
Autorenbeiträge
Konzept und Design des Experiments: DF IS. Durchführung des Experiments: DF. Datenanalyse: DF
IS, Beigestellte Materialien/Analysetools: DF IS, Schreiben des Papiers: DF IS:
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Literaturnachweise
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