Kein Betrug mit Zytostatika durch Apotheker

Rechtsprechung
AMK
STRAFRECHT
Kein Betrug mit Zytostatika durch Apotheker
von Rechtsanwalt Dr. Ralf Heimann, Stetter Rechtsanwälte, München,
www.stetterlegal.com
Der Bundesgerichtshof (BGH) verneinte am 10. Dezember 2014 in zwei Urteilen (Az. 5 StR 405/13 sowie 5 StR 136/14, Abruf-Nrn. 174343 und 174342)
einen Abrechnungsbetrug zum Nachteil der Krankenkassen. Den angeklagten Apothekern wurde vorgeworfen, bis zum Jahr 2007 bei der Herstellung von Zytostatika-Lösungen in Deutschland nicht zugelassene ausländische Fertigarzneimittel in Verkehr gebracht und abgerechnet zu haben.
IHR PLUS IM NETZ
BGH verneint Täuschungshandlung und Täuschungsvorsatz
Die maßgeblichen Verkehrskreise wie gesetzliche Krankenkassen und Apothekerverbände seien jedenfalls seinerzeit davon ausgegangen, dass Zytostatika-Lösungen als Rezepturarzneimittel einzustufen seien. Selbst bei einer
rechtlichen Einordnung der zubereiteten Zytostatika-Lösungen als Fertig­
arzneimittel könne nach dem objektiven Empfängerhorizont demnach die in
der Abrechnung enthaltene konkludente Behauptung der Apotheker, es handele sich bei den Zytostatika-Lösungen um verkehrsfähige Rezepturarzneimittel, nicht zur Irreführung der Krankenkassen als Erklärungsadressaten
führen. Ein möglicherweise erzielter Einkaufsvorteil musste zudem nicht an
die Krankenkassen weitergegeben werden.
Wie die maßgeblichen Verkehrskreise durften auch die Apotheker davon ausgehen, dass die von ihnen selbst unter Verwendung der ausländischen Medikamente hergestellten Infusionslösungen als zulassungsfreie Rezeptur­
arzneimittel einzustufen waren. Unabhängig von der Frage der arzneimittelrechtlichen Einordnung abgerechneter Zytostatika-Lösungen als Fertig- oder
Rezepturarzneimittel sei jedenfalls ein Irrtum über diese Einordnung als
­Tatumstandsirrtum i.S.d. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB und nicht als unbeachtlicher
Subsumtionsirrtum zu werten, sodass der Täuschungsvorsatz entfalle.
PDF erstellt für Gast am 22.04.2016
„Lauer-Taxe“ als nur deklaratorischer Anhaltspunkt
Bei der sogenannten „Lauer-Taxe“ handele es sich um eine privatunternehmerisch unterhaltene Datenbank mit lediglich deklaratorischem Charakter
und nicht um eine normative Bestimmung, welche sämtliche abrechnungs­
fähigen Arzneimittel enthalte. Durch einen Rückgriff auf Preise aus der
Lauer-­Taxe werde daher nicht konkludent erklärt, die dort gelisteten Fertigarzneimittel nur aus für den deutschen Markt bestimmten Chargen derselben vom Originalhersteller erzeugten Ausgangsmenge verwendet zu haben.
FAZIT | Der 5. Senat ließ mangels Täuschungsvorsatz in beiden Urteilen ausdrücklich offen, ob er sich der Ansicht des 1. Senats (Urteil vom 4.9.2012, Az. 1 StR
534/11, Abruf-Nr. 122931) anschließt, wonach die in Apotheken hergestellten Zytostatika-Lösungen (weiterhin) als Fertigarzneimittel zu werten seien oder ob es
vorzugswürdig sei, diese als Rezepturarzneimittel einzustufen.
06-2015
ARZT- UND MEDIZINRECHT
KOMPAKT
amk.iww.de
Abruf-Nrn. 174343
und 174342
Beachtlicher Irrtum
über Einordnung als
Rezeptur- oder
Fertigarzneimittel
Kein weiterer
Erklärungsgehalt
durch Rückgriff auf
Lauer-Taxe
Offen blieb, ob
Zytostatika Rezepturoder Fertig­
arzneimittel sind
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