ZO/AvU Mittwoch, 10. Juni 2015 Sport l 43 Doppelpass Gian Friesecke Rennvelofahrer Wildberg Stets motiviert im «kleinen Paradies» Ende Mai schnupperte Gian Friesecke beim GP Cham-Hagendorn am Sieg. Damals aber musste sich der Wildberger noch mit dem zweiten Platz begnügen. Am Wochenende hat der erst 20-Jährige nun beim GP Pfaffnau (LU) zugeschlagen und in seinem zweiten Jahr in der Elite den ersten Sieg gefeiert. «Es wird nicht der letzte sein», prophezeit Kurt Bürgi. Der Leiter des EKZ-RacingTeams, bei dem Friesecke unter Vertrag steht, attestiert ihm viel Potenzial. «Er hat unheimliche Fortschritte gemacht und kann ein Rennen sehr gut lesen. Er war diese Saison mehrfach in Fluchtgruppen dabei, in denen es nachher um den Sieg ging.» Schon morgen Donnerstag wird Friesecke, der mit einem 60-Prozent-Pensum im Personalbereich arbeitet, wieder auf dem Velo sitzen. Auf den talentierten Fahrer wartet ein Highlight. Mit dem Schweizer Nationalteam erhält er am GP des Kantons Aargau die Gelegenheit, gegen Weltklassefahrer anzutreten. Das grösste Eintagesrennen der Schweiz ist vom internationalen Radsportverband UCI in die höchste Kategorie eingeteilt worden, die Hälfte aller engagierten 18 Teams ist im Besitz einer WorldTour-Lizenz. ome/fbo Mein erster Sieg in einem Elite-Rennen … … macht Lust auf mehr. Das Gefühl, als Erster über die Ziellinie zu rollen … … ist unbeschreiblich, aber leider viel zu kurz. Mein Ziel für den Grossen Preis des Kantons Aargau ist … … von den Profis zu lernen, allenfalls in einer Fluchtgruppe mitzugehen und dann zu schauen, was herauskommt. Gegen Profis wie Fabian Cancellara fahren zu können … … ist ein cooles Gefühl. Ich hoffe, davon profitieren zu können. Angst habe ich jedenfalls keine. Der Weg zum Veloprofi … … hängt von vielen Faktoren ab. Ich bin sicher auf einem guten Weg, mache mir aber nichts vor. Klappt es nicht, hatte ich auch so eine gute Zeit. Meine grösste Stärke … … ist mein Wille. Wenn ich mir ein Ziel in den Kopf setze, ver folge ich es konsequent. Und ich kenne keine Motivationspro bleme – auch wenn es regnet. Steigern muss ich mich … … bezüglich Kampfgeist. Manchmal fehlt mir der Killerinstinkt. Das Zürcher Oberland ist für Rennvelofahrer … … ein kleines Paradies. Ich trainiere extrem gerne hier. Besonders faszinierend finde ich am Radsport … … dass nicht nur zählt, wer die besten Beine hat, sondern viele Faktoren mitspielen – Team, Taktik, Wetter, Strecke. Das Zusammenspiel finde ich spannend. Nach einer harten Trainingseinheit belohne ich mich … … am liebsten mit Grilladen. Wenn ich mir für eine Tandemfahrt einen berühmten Mitfahrer auswählen dürfte … … wäre das der Deutsche Jens Voigt (17-facher Tour-de-FranceTeilnehmer, trat 2014 42-jährig zurück – die Red.). Er ist als Typ und vom Verhalten im Feld her ein Vorbild. Stiller Kämpfer und Krampfer E s ist eine Episode ausserhalb seines Lebens als Eishockey-Profi, die verdeutlicht, wie Sven Andrighetto tickt. Als es ihn vor fünf Jahren nach Kanada in die Junioren-HockeyLiga zog, unterbrach er seine KVLehre an der United School in Zürich. Zwei Jahre später, in der Sommerpause, machte er dennoch seinen Abschluss in der Schweiz. Einen Monat schloss er sich in seinem Zimmer ein und büffelte. «Ich wollte eine normale Ausbildung im Sack haben, schliesslich weiss ich, dass ich nicht bis 50 Eishockey spielen werde», sagt der 22-Jährige Wermatswiler. Übrigens: Er bestand die LAP. Andrighetto ist ein Arbeiter. Für seine Träume investiert er viel und lässt nicht locker. «Ich will mir einfach nicht vorwerfen nicht alles gegeben zu haben», sagt er simpel. Simon Schenk, der ihn als Sportchef bei den GCK-Lions betreute, beschrieb ihn einst als sehr zielstrebig und ehrgeizig, als einen, der seinen eigenen Weg gehe. Diese Eigenschaften haben ihn weit gebracht. Via kanadische Junioren-Liga und American Hockey League (AHL) schaffte er Persönlich Sven Andrighetto Der Wermatswiler will in Montreal den Sprung in die NHL schaffen. es in der letzten Saison bis in die National Hockey League (NHL), wo der Stürmer 12 Spiele für die Montreal Canadiens bestritt. Es war Anfang Dezember, als er kurz nach einem Spiel mit Montreals Farmteam Hamilton Bulldogs mitgeteilt bekam, dass er in die NHL berufen werde. 24 Stunden und eine schlaflose Nacht später stand er bereits gegen die Dallas Stars auf dem Eis und erzielte sein erstes Tor in der besten Liga der Welt. Je ein Treffer und Assist folgten in den zwei darauffolgenden Spielen, womit er den besten Einstand eines «Rookies» in Montreal seit 1978 realisierte. Innert weniger Tage wurde aus dem Nobody eine Person, die in Montreal erkannt wurde. «Als ich mit meiner Mutter durch die Stadt ging, kamen Leute, die Fotos machen wollten. Dabei hatte ich noch gar nichts geleistet», sagt er etwas verlegen. Erwartet hatte er den grossen Trubel in der Hockey-verrücktesten Stadt der Welt, darauf vorbereitet war er indes nicht. Bis zu 20 Journalisten scharten sich nach den Trainings in der Garderobe um ihn. Kaum in einer anderen Stadt steht Eishockey derart im Fokus wie in Montreal. Heute ist diese Welt weit weg. Andrighetto sitzt in einem Café in Uster und spricht über die bewegendsten Monate seiner jungen Karriere. Erst zurückhaltend, mit der Zeit immer offener. Im Mittelpunkt steht er eigentlich nicht gern, das wird schnell klar. Während er erzählt, fährt er sich mit der rechten Hand oft über den linke Unterarm. Bis zum Ellbogen ist dieser tätowiert. Die oberste Zeichnung ist noch frisch. Jeden Sommer, wenn er in der Schweiz ist, kommt eine neue dazu. Meist ein Symbol, dass mit seiner Familie zu tun hat. «Sie ist mir sehr wichtig.» Fast täglich telefoniert er mit seiner Mutter, wenn er in Übersee ist. Auch das ist Sven Andrighetto: bodenständig und heimatverbunden. Dennoch gefällt ihm das Leben in Nordamerika. Sogar sein Schweizerdeutsch hat inzwi- Stufe für Stufe: Sven Andrighetto fing in der kanadischen Junioren-Liga an und steht nun vor der Tür zur NHL. schen einen englischen Einschlag. In Hamilton, wo er die letzten zwei Jahren lebte, hat er eine Wohnung mit einem Teamkollegen gemietet. In der Freizeit geht er ins Kino oder fährt mit Freunden ins nahe Toronto. Das Leben in Hamilton spielt sich aufgrund der eisigen Temperaturen im Winter meist drinnen ab. Es gibt aber auch einsame Stunden im sonst so hektischen Leben als Eishockey-Profi. Dann sehnt er sich nach der Schweiz, seiner Familie und seinen Kollegen. Beklagen will er sich natürlich nicht. Es sind kleine Lasten, die er auf sich nimmt, um dem grossen Traum von der NHLKarriere nachzujagen. Selbst die Rückschläge, die er einstecken musste, halten ihn nicht davon ab. Weder der Umstand, dass er nach zwölf Spielen und trotz respektablen Leistungen wieder zurück in die AHL geschickt worden war, noch, dass ihm Montreal-Trainer Michel Therrien als Begründung nur einen Satz mitgab: «Das war nicht gut genug.» An die rauen Sitten im nordamerikanischen Eishockey hat er sich ohnehin längst gewöhnt. Wobei der Unterschied zwischen der AHL und der NHL extrem sei. Doch hin und wieder geht es auch im harten Hockey-Business menschlich zu und her. In seiner kurzen Zeit bei Montreal bekam er beispielsweise viel Unterstützung durch seine Mitspieler. «Alle sind sehr freundlich und aufgeschlossen. Die meisten waren schliesslich mal in der gleichen Situation.» So holte ihn bei- «Ich kann zwar einstecken, noch besser ist es aber, wenn ich den Checks ausweichen kann.» Sven Andrighetto spielsweise P. K. Subban, einer der grossen Figuren im Team, jeweils zum Training ab. Oder mit dem Tschechen Tomas Plekanec ging er manchmal Mittagessen. Ob Andrighetto auch in der kommender Saison nochmals die Chance bekommt, sich in der NHL zu beweisen ist unklar. Sein Zweiweg-Vertrag, mit dem er sowohl in der AHL, als auch auch bei den Canadiens eingesetzt werden kann, läuft noch bis 2016. Man sei grundsätzlich mit ihm zufrieden und er solle alles dafür tun, sich aufzudrängen, hat ihm der Generalmanager der Canadiens vor seiner Abreise in die Schweiz mitgeteilt. Andrighetto ist clever genug, um zu wissen, dass dies Phrasen sind, auf die man nicht allzu viel geben sollte. «Sie wissen, was ich spielerisch drauf hab, nun wollen sie sehen, wie gross mein Wille ist.» Klar ist: die Plätze im Kader des Traditionsklub sind hart umkämpft. Besonders in den ersten beiden Sturmlinien, wo Andrighetto seine Stärken – das Tempospiel und die Torgefährlichkeit – ausspielen könnte, dürfte es für ihn schwer werden unterzukommen. Und in der dritten oder vierten Linie, wo er nach seinem fulminanten Start im Dezember die restlichen Spiele zum Einsatz kam, ist es schwer, sich in Szene zu setzen. «Du bekommst vielleicht fünf Einsätze pro Spiel, in diesen musst du beweisen, dass du was kannst.» Dass er mit 1,78 Meter eher klein für einen NHLProfi ist, sieht er nur bedingt als Nicolas Zonvi Hindernis. Zu viele Beispiele gibt es inzwischen, die belegen, dass sich auch kleine Spieler durchsetzen können. «Du musst nur wissen, wie du diesen Nachteil kompensieren kannst.» Andrighetto tut dies mit Wendig- und Schnelligkeit. «Ich kann zwar einstecken, noch besser ist es aber, wenn ich den Checks ausweichen kann», sagt der bullige Stürmer. Zugute kommt ihm, dass er sowohl als Center als auch am Flügel einsetzbar ist. Anfang Juli fliegt er nach nur einem Monat Pause in der Schweiz bereits wieder nach Montreal, um sich in den Camps der Nachwuchsspieler zu zeigen. Vor einem Jahr fiel er erst dem letzten Kaderschnitt der Canadiens zum Opfer. Damit sich dies nicht wiederholt, schuftet er bereits jetzt täglich mehrere Stunden im Fitnesscenter. Noch schneller, noch explosiver will er werden. Er macht dies nicht wie viele andere Nordamerika-Profis mit einem Personaltrainer zusammen, sondern für sich allein. Diszipliniert und mit eisernem Willen. So, wie er einst einen Monat lang im Zimmer auf seine LAP hin büffelte. Raphael Mahler
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