15 / 7733 - Landtag Baden Württemberg

Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7733
15. Wahlperiode
19. 11. 2015
Kleine Anfrage
des Abg. Andreas Glück FDP/DVP
und
Antwort
des Ministeriums für Integration
Internetbasierte Angebote zur Erfassung
arbeitssuchender Flüchtlinge und Geduldeter
Kleine Anfrage
Ich frage die Landesregierung:
1. Sind ihr internetbasierte Angebote und mobile Apps bekannt, auf denen Flüchtlinge und Geduldete ihr Qualifikationsprofil einstellen und potenzielle Arbeitgeber sich präsentieren können?
2. Sieht das Landesprogramm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den
Arbeitsmarkt öffnen“ die Förderung derartiger Initiativen vor bzw. existieren
hierfür Fördermöglichkeiten?
3. Wie beurteilt sie die Möglichkeit, mit einem Onlineangebot sicherzustellen,
dass Qualifikationen möglichst früh erfasst werden?
4. Sieht sie in derartigen internetbasierten Angeboten die Chance, dass eine
schlüssige Ergänzung und Entlastung für das Personal entstehen könnte, das zu
einer individuellen Abfrage und Erfassung beruflicher Qualifikationen in der
Erstaufnahme personell nicht in der Lage ist?
5. Wie beurteilt sie es, auch weitere Asylangelegenheiten in dieses Onlineangebot
einzubinden, wie etwa Anbahnung von Integrations-/Deutschkursen, Berufsanerkennungsformalitäten und Ähnliches?
6. Inwieweit könnten aus ihrer Sicht auch Flüchtlinge und Geduldete selbst an
einem mehrsprachigen Onlineangebot mitwirken und damit Beschäftigung
finden?
19. 11. 2015
Glück FDP/DVP
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Eingegangen: 19. 11. 2015 / Ausgegeben: 21. 12. 2015
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.
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Antwort
Mit Schreiben vom 14. Dezember 2015 Nr. 34-0141.5/15/7733 beantwortet das
Ministerium für Integration die Kleine Anfrage wie folgt:
1. Sind ihr internetbasierte Angebote und mobile Apps bekannt, auf denen Flüchtlinge und Geduldete ihr Qualifikationsprofil einstellen und potenzielle Arbeitgeber sich präsentieren können?
2. Sieht das Landesprogramm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den
Arbeitsmarkt öffnen“ die Förderung derartiger Initiativen vor bzw. existieren
hierfür Fördermöglichkeiten?
Zu 1. und 2.:
Der Landesregierung sind eine Reihe solcher speziell auf Flüchtlinge und Geduldete ausgerichtete Angebote und Apps zur Anbahnung von Arbeitsverhältnissen
bekannt. Neben Drittanbietern hat auch die Bundesagentur für Arbeit, u. a. in Kooperation mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, eine mobile App
entwickelt, die mehrsprachigen Zugang nicht nur zu breitgefächerten offiziellen
Informationen zur Arbeitsmarktintegration, sondern auch zu ihrem bereits etablierten Online-Angebot „JOBBÖRSE“ bietet.
Beim Programm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt
öffnen“ wird Wert gelegt auf einen integrierten Ansatz bei der Arbeitsmarktintegration, der Sprachförderung, Qualifikationserhebung sowie Anerkennungs- und
Weiterbildungsberatung beinhaltet. Die Steuerung und Unterstützung der Maßnahmen obliegt den Netzwerken in den Stadt- und Landkreisen. Diese Netzwerke
der hierfür wesentlichen Akteure sind auch damit betraut, sich vor Ort um die
Vermittlung von Flüchtlingen und Geduldeten in Ausbildung und Arbeit zu kümmern. Dabei sind sie in der Wahl ihrer Mittel grundsätzlich frei. Eine separate
Förderung der Bereitstellung von Software zu diesem Zweck ist nicht vorgesehen.
3. Wie beurteilt sie die Möglichkeit, mit einem Onlineangebot sicherzustellen,
dass Qualifikationen möglichst früh erfasst werden?
4. Sieht sie in derartigen internetbasierten Angeboten die Chance, dass eine
schlüssige Ergänzung und Entlastung für das Personal entstehen könnte, das
zu einer individuellen Abfrage und Erfassung beruflicher Qualifikationen in
der Erstaufnahme personell nicht in der Lage ist?
Zu 3. und 4.:
Die Bundesregierung hat mit dem am 9. Dezember 2015 beschlossenen Entwurf
des Datenaustauschverbesserungsgesetzes einen Schritt in diese Richtung gemacht, der über die bisher zugriffsberechtigten Verwaltungs- und Sicherheitsbehörden für ihre jeweiligen Zuständigkeitsbereiche hinaus auch beispielsweise
die Bundesagentur für Arbeit für die Vermittlung in Arbeit und Ausbildung einbezieht. Nach diesem Entwurf sollen u. a. auch Daten zu Schulbildung, Studium,
Ausbildung, Beruf und Sprachkenntnissen erhoben werden.
Die Bundesagentur für Arbeit beabsichtigt, schon in Kürze mit einer systematischen EDV-basierten Erfassung entsprechender Daten zu beginnen. Der Landesregierung ist nicht bekannt, dass dem personelle Engpässe entgegenstünden. In
diesem Zusammenhang prüft die Bundesagentur für Arbeit derzeit auch mit unterschiedlichen Partnern, ob es möglich ist, bereits etablierte Online-Kompetenzerfassungstools für den Beratungs- und Vermittlungsprozess von Flüchtlingen
nutzbar zu machen.
Ähnlich wie Selbstauskünfte in Online-Vermittlungsbörsen kann auch diese Datenerfassung die persönliche Beratung aber nicht ersetzen, sondern nur vorbereiten.
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Einen ersten Schritt hin zu einer individuellen Beratung stellen frühestmögliche
Gruppeninformationsveranstaltungen und Beratungsgespräche dar, die bereits in
Landeserstaufnahmeeinrichtungen angeboten werden. Die aus Mitteln des Ministeriums für Integration geförderten vier Erstanlaufstellen und Kompetenzzentren
für die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen in Baden-Württemberg
bauen dieses Angebot sukzessive aus. Sie wurden in diesem Zusammenhang um
insgesamt 7,6 Stellen verstärkt. Sie unterstützen und beraten auch die Netzwerke
nach dem Programm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ in den Stadt- und Landkreisen, die auch den individuellen Betreuungs- und Beratungsprozess zur Arbeitsmarktintegration auf dieser Ebene begleiten.
Wo über die angesprochenen Vorhaben der Bundesagentur für Arbeit hinaus der
EDV-Einsatz im Aufnahme- und Asylverfahren eine effiziente Ergänzung und
Entlastung auch für den Bereich der Arbeitsmarktintegration verspricht, wird sich
die Landesregierung dafür einsetzen, die entsprechenden Anwendungen und Informationen unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen
für die beteiligten Stellen nutzbar zu machen.
5. Wie beurteilt sie es, auch weitere Asylangelegenheiten in dieses Onlineangebot
einzubinden, wie etwa Anbahnung von Integrations-/Deutschkursen, Berufsanerkennungsformalitäten und Ähnliches?
Zu 5.:
Ein derartiges Onlinemanagementsystem würde eine umfassende Datenerhebung
von allen betroffenen Personen erfordern. Hierzu wird auf den in der Antwort zu
den Fragen 3. und 4. erwähnten Entwurf eines Datenaustauschverbesserungsgesetzes verwiesen.
Ergänzend ist anzumerken, dass die Wahrnehmung von Angeboten zu Deutschkursen oder weiteren Integrationsmaßnahmen durch Asylbewerber und Geduldete
in hohem Maße an den erreichbaren Umkreis des jeweiligen Aufenthaltsortes gebunden ist. Solche Angebote sind daher durch die örtlichen Beratungsdienste und
die Internetauftritte der Kommunen, Bildungsträger oder Wohlfahrtsverbände
zielgerichteter zugänglich als durch zentral gesteuerte Informationswege. Das
Ministerium für Integration ermöglicht mit der Verwaltungsvorschrift Integration
bereits seit 2013 die Förderung des Aufbaus und der anschließenden Pflege von
zentralen Internet-Plattformen als öffentlich zugängliche Informationsquellen und
als Medien der Vernetzung in den Stadt- und Landkreisen. Darauf sind insbesondere bestehende Anlaufstellen, Dienste, Beratungsstellen, Migrantenorganisationen, Gremien und deren Vernetzungen darzustellen. Außerdem soll ein Überblick
über bestehende Integrationsangebote erstellt und über aktuelle Termine und Veranstaltungen informiert werden. Die Informationen sollen so weit wie möglich
mehrsprachig bereitgestellt werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge plant derzeit kein onlinebasiertes Anbahnungsverfahren zu Integrationskursen
für Asylbewerber.
Entsprechend den europarechtlichen Vorgaben werden sich Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen schon bald über das von Grund
auf neu entwickelte Serviceportal des Landes (service-bw) elektronisch führen
lassen.
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6. Inwieweit könnten aus ihrer Sicht auch Flüchtlinge und Geduldete selbst an
einem mehrsprachigen Onlineangebot mitwirken und damit Beschäftigung
finden?
Zu 6.:
Bei der Entwicklung und Umsetzung mehrsprachiger Onlineangebote sind wie
bei jedem größeren Softwareprojekt eine Vielzahl verschiedener Qualifikationen
gefragt, die auch unter Flüchtlingen und Geduldeten vorhanden sein dürften. Ihre
Mitwirkung kann der praxisgerechten Ausrichtung solcher Angebote auf die Zielgruppe dienlich sein.
Öney
Ministerin für Integration
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