FOKUSNIEDERSACHSEN DEZEMBER 2015 Online-Handel Digitalisierung im Höhenflug: Online-Kompetenz sichert Wettbewerbsvorteile im Handel Der Einzelhandel in Deutschland befindet sich seit Jahren im Umbruch. Angesichts des gesellschaftlichen und technologischen Strukturwandels unterliegt insbesondere der stationäre Einzelhandel komplexen und schnellen Veränderungen. Die Befürchtung des klassischen Händlers, Käufer an das Internet zu verlieren, wiegt schwer. Nach der aktuellen Studie des Institutes für Handelsforschung, Köln (IFH Köln) „Stadt, Land, Handel 2020“ werden für Niedersachsens stationären Einzelhandel im Jahr 2020 Umsatzeinbrüche bis zu 15 Prozent gegenüber dem Jahr 2013 prognostiziert. Neue Ansätze und innovative Konzepte gewinnen daher vermehrt an Bedeutung und werden aufgrund der voranschreitenden Trends unentbehrlich. Jeder Händler sollte sich den neuen Herausforderungen stellen und seinen Weg in die digitale Welt individuell gestalten, rät der NIHK. Lesen Sie mehr zum Thema und zu den Handlungsempfehlungen des Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertages (NIHK) auf den folgenden Seiten im aktuellen „Fokus Niedersachsen“. Seite 1 FOKUS NIEDERSACHSEN Online-Handel FOKUSNIEDERSACHSEN Nach aktuellen Hochrechnungen werden im laufenden Jahr voraussichtlich rund 46 Milliarden Euro in Deutschland online umgesetzt. Das entspricht einem Wachstum zum Vorjahr von 10,3 Prozent und einem Anteil am Gesamtumsatz des deutschen Einzelhandels von etwa zehn Prozent. DEZEMBER 2015 In den kommenden fünf Jahren rechnet das IFH Köln mit mehr als einer Verdoppelung: „Bis 2020 sind bis zu 22 Prozent Marktanteile des Onlinehandels am gesamten Einzelhandel anzunehmen“, prognostiziert Boris Hedde, Geschäftsführer des IFH Köln. Händler stehen vor Herausforderungen Vielen Händlern stellt sich die Frage, wie man der digitalen Offensive begegnen und sich mit seinem Geschäft in der digitalen Welt bewähren kann. Rund 70 Prozent der stationären Händler in Deutschland nutzen noch keinen digitalen Vertriebskanal. 21 Prozent führen einen eigenen Online-Shop und etwa jeder Zehnte vertreibt seine Produkte online über Marktplätze. Seite 2 FOKUS NIEDERSACHSEN Online-Handel Das zeigen die Ergebnisse der Konjunkturumfrage Sommer 2015 des Handelsverbands Deutschland (HDE). Diese Zahlen können auch auf Niedersachen übertragen werden. FOKUSNIEDERSACHSEN DEZEMBER 2015 Verbraucher differenzieren nicht mehr nach Kanälen Die Trennlinie zwischen Online und Offline verschwimmt beim Einkaufen zunehmend. Dem liegt nicht zuletzt ein verändertes Konsumentenverhalten zugrunde. Dank des umfangreichen Informationsangebotes und dem zunehmenden Gebrauch von Smartphones und Tablets nutzt der moderne Käufer multiple Absatzkanäle – vom stationären Einkaufsbummel, über Online-Shops und Apps für mobile Endgeräte bis hin zu Auktionsplattformen und Online-Marktplätzen. „Eine klare Präferenz für einen Einkaufskanal gibt es nicht, die Kanaldenke ist out“, bringt es Christina Fingerhut vom IFH Köln auf den Punkt. Vermehrt spielt dabei der so genannte „ROPO-Effekt“ (Research Online, Purchase Offline) eine Rolle: Der Kunde informiert sich online, bevor er einen Artikel offline, also im Laden kauft. Seite 3 FOKUS NIEDERSACHSEN Online-Handel Das Phänomen des ROPO Effektes zeigt sich auch andersherum: Research Offline, Purchase Online. Die Käufer lassen sich dabei über das gewünschte Produkt im Laden aufklären, vergleichen mit Hilfe von Smartphone-Apps die Preise und ordern anschließend, meist kostengünstiger, im Internet. Eine Studie der Unternehmensberatung BearingPoint hat ergeben, dass rund 60 Prozent der Konsumenten zu dieser Gruppe der so genannten „Swing Shopper“ gehören, die sowohl online als auch offline einkaufen. Ebenfalls belegen aktuelle Untersuchungen des IFH Köln die Bedeutung des ROPOEffektes: Knapp 39 Prozent der Käufe im stationären Geschäft werden durch eine Informationssuche im Netz vorbereitet. FOKUSNIEDERSACHSEN DEZEMBER 2015 Was ist zu tun? Auf die richtige Verzahnung von On- und Offline kommt es an! Händler müssen sich der Erwartung der Kunden bewusst werden, dass der Einkauf auf verschiedenen Wegen vorbereitet und getätigt werden möchte. Die Online- und OfflineWelt möglichst intelligent zu vernetzen ist bereits vielen Betrieben in Niedersachsen gelungen. Dabei bieten Omni- oder Multichannel-Strategien sinnvolle Wege, um auf den Trend des mehrkanaligen Kundenverhaltens zu reagieren. Um dem Konsumenten ein innovatives Kundenerlebnis zu bieten und so Wettbewerbsvorteile zu erzielen, sollten daher die unterschiedlichsten Kanäle bespielt werden. Im Multichannel wird über verschiedene Vertriebskanäle verkauft, etwa per Webshop und lokalem Geschäft. Omnichannel geht noch einen Schritt weiter und lässt die Kanäle miteinander verschmelzen: Der Kunde sieht ein Produkt im Laden, bestellt es über das Internet und holt es später offline im Laden ab. Während ein Teil der Einzelhändler den eigenen Webshop als Chance sieht und sich damit ein zweites Standbein verschafft, stellen logistische Kapazitäten, technisches Knowhow, die notwendige Manpower sowie das Verständnis und die Qualifizierung der Mitarbeiter für Digitalisierungsprozesse viele kleine und mittelständische Händler vor eine nicht lösbare und kaum finanzierbare Aufgabe. Durch so genanntes Cross Channelling besteht aber auch hier die Möglichkeit – mit überschaubarem Aufwand – an der digitalen Welt teilzuhaben. Ein eigener Webshop ist dabei nicht zwingend erforderlich, wenn man eine der anderen zahlreichen Chancen, sich im Netz zu präsentieren, ergreift. So kann die Präsenz über Branchenverbände oder auf (lokalen) OnlineMarktplätzen bereits eine große Zielgruppe erreichen. Ebenso zeigen aktuelle Studien, dass der Kunde gerne verstärkt das Click & Collect-Prinzip nutzen möchte: Online bestellen und die Ware im Laden abholen. Stationären Händlern bieten sich so ganz neue Möglichkeiten mit Kunden in Kontakt zu treten. Ob Multi-, Omni- oder Crosschannel muss von jedem Händler individuell geprüft und gut durchdacht werden. Nicht jeder Ansatz ist für jede Betriebsform geeignet, aber ganz ohne Channel-Strategie werden sich früher oder später Wettbewerbsnachteile einstellen. Für welches Konzept sich der Händler auch entscheidet, wichtig ist eine spezifische Strategie und die professionelle Pflege der gewählten Kanäle. Seite 4 FOKUS NIEDERSACHSEN Online-Handel In Kundenbindung investieren! Um im Wettbewerb mit dem E-Commerce zu bestehen hat der stationäre Einzelhandel in den vergangenen Jahren stark in Kundenbindungsmaßnahmen investiert. Gleichzeitig reagieren stationäre Händler vielerorts mit einer Verbesserung der Ladengestaltung und der Erhöhung des Einkaufserlebnisses am Point of Sale. Die Vorteile, mit denen der stationäre Handel gegenüber dem Internet immer noch punkten kann, sind der persönliche Kundenkontakt, Beratung, Atmosphäre, Produktqualität und Service. Das reale Einkaufserlebnis sowie haptische und emotionale Reize werden für den stationären Handel zunehmend wichtiger werden. Ebenso die Anpassung an stetig wachsende Kundenansprüche im technologischen Bereich (z. B. Bezahlen per Smartphone, digitale Umkleidekabinen etc.). Die Zukunft des Handels ist somit maßgeblich von der flexiblen Anpassung an sich verändernde Konsumentenwünsche und von Erlebnisfaktoren abhängig. Digitale Präsenz ist Pflicht! Für den Einzelhändler, der keine Channel-Strategie bedient, gilt es durch eine anderweitige digitale Präsenz Kunden in das Geschäft zu ziehen. Dabei ist die Darstellung des eigenen Standortes und der Öffnungszeiten ebenso relevant, wie einen Blick auf die Produktpalette und die stationären Serviceleistungen durch ein digitales Schaufenster zu gewähren. Wer in Sachen Multichannel noch nicht so weit ist, sollte sich daher zumindest mit einer gepflegten Homepage im Netz präsentieren. Ein Unternehmenseintrag bei den gängigen Suchmaschinen mit Öffnungszeiten, Adresse und Telefonnummer kann ebenfalls Wirkung zeigen und ist sogar kostenfrei. Auch Soziale Medien spielen in der Kundenbindung und -gewinnung eine immer wichtigere Rolle. Nicht zu unterschätzen ist dabei die Bedeutung eines mobil optimierten Internetauftritts. Immerhin nutzen nach aktuellen Zahlen des Branchenverbandes bevh bereits 64 Prozent der Smartphone-Nutzer ihr Gerät zum Einkaufen. Seit April 2015 erhalten daher Webseiten, die sich auf Smartphones und Tablets nicht gut darstellen lassen, schlechtere Rankings bei der mobilen Google-Suche. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist die "Mobil-Freundlichkeit" einer Website zu einem wesentlichen Kriterium der Kundenansprache geworden. DEZEMBER 2015 FOKUSNIEDERSACHSEN Informieren! Erste Ergebnisse der vom Bundeswirtschaftsministerium und dem IFH Köln seit Anfang des Jahres geführten „Dialogplattform Einzelhandel“ zeigen, dass die stationären Händler nicht ausreichend über die Auswirkungen der Digitalisierung informiert sind. Mittels verschiedener Maßnahmen muss daher ein Abbau mentaler Barrieren und die Schaffung eines Problembewusstseins bei den stationären Händlern in den Fokus der Aufklärungsarbeit rücken. Informations- und Unterstützungsarbeit leisten unter anderem die IHKs vor Ort. Der NIHK plant zudem im Jahr 2016 Veranstaltungen und Workshops für Händler und deren Verbände zur Vermittlung von Onlinekompetenzen im Einzelhandel. Der Auftakt dafür beginnt im Frühjahr 2016 in der IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum. Ansprechpartner für den Fokus Niedersachsen NIHK-Sprecher für Handel und Dienstleistungen Martin Bockler, Tel. 04141 524-119, E-Mail: [email protected] NIHK Hinüberstr. 16-18, 30175 Hannover Tel. 0511 33708-75 E-Mail: [email protected] Der NIHK vertritt rund 270.000 Unternehmen in Niedersachsen. Mitglieder sind die die IHK Lüneburg-Wolfsburg, die Oldenburgische IHK, die IHK Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim, die IHK für Ostfriesland und Papenburg sowie die IHK Stade für den ElbeWeser-Raum. Der Fokus Niedersachsen erscheint in regelmäßigen Abständen zu aktuellen Themen aus Wirtschaft und Politik und steht unter www.n-ihk.de/Publikationen auch zum Download zur Verfügung. Seite 5 FOKUS NIEDERSACHSEN Online-Handel
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