Kunst im öffentlichen Raum >Ein Spielzeug für Träumer Bestimmt hast du schon eines gesehen und vielleicht hast du sogar schon einmal eines gebastelt: Ein Mobile. Aber hast du gewusst, dass ein Künstler durch das Mobile weltberühmt wurde? Ein Amerikaner entdeckte es in den 1930er Jahren für die Kunst. Die Idee kam Alexander Calder im Atelier von Künstlerfreund Piet Mondrian. Der hatte farbige Rechtecke an die Wand geheftet. Calder dachte: «Wie schön wäre es, wenn sie schwingen würden.»1 Von da an probierte er die unterschiedlichsten Mobiles aus: kleine, grosse, an der Wand befestigte, in Gestellen oder von der Decke hängende. Einige bewegen sich mittels Motoren, Kurbeln oder Wind, andere klingen. Er verwendete auch Knochen, Federn, Büchsen, Streichholzschachteln oder Scherben. Am liebsten arbeitete er schliesslich mit Formen aus Metall, die er rot, gelb, blau, schwarz und weiss bemalte. Cinq blancs, un rouge heisst übersetzt «fünf Weisse, ein Rotes» und ist der Name des Kunsthaus-Mobiles. Die bunten Metallteile schaukeln hoch über den Köpfen der Kunsthausbesucher an riesigen Bügeln. Plötzlich beginnt es sich zu drehen, die weissen Blätter schweben durch die Luft, die rote Scheibe schiebt sich vorwärts, die schwarze wippt. Dabei zeichnen die Teile unsichtbare Spuren in die Luft. Dann pendeln sie zurück in ihre Ausgangsposition. Wann, wie schnell und in welche Richtung sich die Formen und Farben bewegen, weiss man nie. Das bestimmt der Wind, er bringt die Teile aus dem Gleichgewicht. «Hundefänger des Windes» nannte Calder seine Mobiles, denn sie fangen jeden Wind ein, den «schlechten oder guten»2. Doch nicht alles ist Zufall. Die verschiedenartigen Bewegungen und wie sie zusammenspielen hatte sich der Ingenieur und Künstler zuvor genau überlegt. Die lebendigen, graziösen Bewegungen erinnern an Wassergräser in der Strömung, an schwimmende Fische oder fliegende Blätter. Sie faszinieren uns und bringen uns zum Träumen. Im Vergleich zu Calders typischen Mobiles, die ganz leicht im Raum tanzen, ist das riesige in Zürich allerdings etwas träge und steht manchmal still. Seit 1975 baumelt Cinq blancs, un rouge über dem Platz vor dem Kunsthaus. In diesem Jahr gab es dort eine grosse Calder-Ausstellung. Zwei Jahre später konnte das Kunsthaus das Mobile dank Spenden kaufen. Da war der Künstler leider schon verstorben. Sein Mobile erinnert an ihn, den erfinderischen Bewegungskünstler, der Brunnen, Skulpturen, Zeichnungen, Bilder, aber auch Spielzeuge, Schmuck und Bühnenbilder machte. Das Mobile schmückt das Kunsthaus noch heute wie ein Kronleuchter. Text: Maya Burtscher 1 Vgl. Calder, Alexander, zit. nach Arnason, Hjörvardur Harvard/Mulas, Ugo, Calder [engl. 1971], München/Wien/Zürich 1971, S. 57. 2 Calder, Alexander, zit. nach Arnason, Hjörvardur Harvard/Mulas, Ugo, Calder [engl. 1971], München/Wien/Zürich 1971, S. 68. www.zh.museumslupe.ch >> Literatur > Alexander Calder, Kat. Ausst. Kunsthaus Zürich, Zürich 1975. > Baal-Teshuva, Jacob, Alexander Calder 1898–1976, Köln 2002 (1. Aufl. 1998). > Jahresbericht der Zürcher Kunstgesellschaft 1977, Zürich 1977. © GeoZ >> Kunst Alexander Calder (1898–1976), Cinq blancs, un rouge, 1972, installiert 1975, Aluminium, Stahl, Farbe, 2.5 x 5.5 x 3.8 m, Heimplatz vor dem Kunsthaus >> Verweise > Jean Tinguely (1925–1991), Eureka-sculpture-machine-géante-sonore-variable-extensible, 1963/64, aufgestellt 1967, 220-V-Motoren, Getriebe, Eisenstangen, Stahl- &Holzräder, Metallröhren, Metallpfanne, Farbe, 6.6x4.1x7.8 m, ca. 10 t, Parkanlage Zürichhorn. > George Rickey (1907–2002), Two Rectangles Vertical Gyratory up III, 1970, 1990 aufgestellt, Chromstahl, 860x340x20 cm, Stockerstr. 64. Foto: Dolores Linggi
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