Anlage 1 - Stellungnahme Sehr geehrte Mitglieder der Bürgerbewegung, wir als Stadtrat bedauern den Unmut über den Zuzug von Asylsuchenden nach Hirschberg. Wir teilen die Auffassung, dass die derzeitige Flüchtlingskrise von einer in einigen Punkten nicht nachvollziehbaren Flüchtlingspolitik auf Bundesebene begleitet wird. Unter uns herrscht ebenso Unverständnis darüber, dass derzeit finanzielle Mittel für die Unterbringung von Asylsuchenden ohne große bürokratische Hürden zur Verfügung gestellt werden und wir als Stadt in den vergangenen Jahren begleitet von vielen Entbehrungen, Stellenabbau und Kürzungen in allen Bereichen um Unterstützung für unseren kommunalen Haushalt kämpfen mussten. Uns wäre der Einsatz dieser Mittel für soziale und kulturelle Einrichtungen der Stadt, wie bspw. die Schule oder das Freibad, ebenfalls lieber. Wir Stadträte und der Bürgermeister haben jedoch keinerlei Einfluss darauf, wo die Bundeshilfen im Rahmen der Flüchtlingskrise eingesetzt werden. Wir bitten Sie ebenfalls um Nachsicht, dass wir in der Stadt keine Debatte über bundespolitische Entscheidungen führen können, sondern uns auf unsere kommunale Verantwortung und die damit verbundenen Aufgaben konzentrieren müssen. Für den Stadtrat nehmen hierbei die Hirschberger Bürger und ihre Anliegen den obersten Stellenwert ein. Der Stadtrat möchte zunächst seine Solidarität gegenüber denjenigen Menschen zum Ausdruck bringen, die als Opfer vor Krieg und Gewalt flüchten und auf Hilfe angewiesen sind. Diesen Menschen gilt unser Mitgefühl und wir möchten Ihnen mit dem Respekt und ohne Vorbehalte gegenübertreten, wie wir es auch von Ihnen erwarten. Bevor wir auf die Ängste und Sorgen eingehen, möchten wir gern kurz den Sachverhalt „Probleme im Nachbarort Blintendorf“ von unseren Themen abgrenzen. Wir kennen in diesem Kontext lediglich den Sachstand zum Brand eines Mehrfamilienwohnhauses am 6.10.2015. Dort wohnen EU-Bürger aus Rumänien1, die sich auf legalem Weg frei in der EU bewegen und in EU-Ländern arbeiten dürfen2. Hier besteht also keinerlei Bezug zur Flüchtlingskrise und den Asylsuchenden. Den unter anderem in Blintendorf begangenen Diebstählen, von denen die OTZ berichtete, konnte nach unserem Kenntnisstand ebenfalls keinerlei Hintergrund zu Asylsuchenden nachgewiesen werden. Wir bitten in diesem Zusammenhang nicht um die Pauschalisierung und Instrumentalisierung von Straftaten zulasten von Asylsuchenden. Im Folgenden wollen wir eine kurze Chronologie der Abläufe zur Thematik Asyl in Hirschberg und der Vermietung des Wohnblockes in der Schulstraße als Gemeinschaftsunterkunft aufzeigen, um damit Verständnis für die fehlenden Einflussmöglichkeiten des Stadtrates zu erreichen: Am 15. Juli 2015 fand im Landratsamt in Schleiz ein Flüchtlingsgipfel mit Vertretern von Kommunen und sozialen Trägern statt. Die Anwesenden, darunter auch unser Bürgermeister, wurden um Unterstützung des Landkreises bei der Bewältigung der Probleme zur Unterbringung von Flüchtlingen gebeten, wozu der Landkreis per Gesetz verpflichtet ist. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden insbesondere die Wohnungsgesellschaften im Saale-Orla-Kreis um die Bereitstellung von leerstehendem Wohnraum ersucht. Dieser Sachverhalt wurde von unserem Bürgermeister an den Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft Hirschberg mbH, Herrn Dr. Aribert Ondrusch, herangetragen. Neben Einzelwohnungen für Flüchtlingsfamilien war auch der bis auf 3 Mietparteien leerstehende Block in der Schulstraße im Gespräch. Nach Aussage des Geschäftsführers bestand aber 1 http://www.otz.de/web/zgt/suche/detail/-/specific/Mehrfamilienhaus-in-Blintendorf-brennt-KeineVerletzten-Update-1322919258; Web-Artikel OTZ - 7.10.2015 2 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/133/1713322.pdf; Drucksache 17/13322, Seite 7 - 26.4.2013 Seite 1 von 4 aufgrund der Ausstattung mit Elektroheizung und der zu erwartenden hohen Kosten seitens des Amtes kein Interesse für das Objekt. Im öffentlichen Teil unserer 9. Stadtratssitzung am 22. Juli 2015 informierte der Bürgermeister die Stadträte über oben genannten Sachverhalt. Daraufhin hat der Stadtrat keine weitere Notwendigkeit in der Auseinandersetzung mit der Thematik gesehen. Der Stadtrat hat überdies auch keine Befugnis, über die Vermietung von Wohnungen der Wohnungsgesellschaft Hirschberg mbH zu entscheiden. Aufgrund ihrer Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern kann sich die in der Konsolidierung befindliche Gesellschaft aus rein wirtschaftlicher Sicht nicht gegen eine Vermietung von leerstehendem Wohnraum stellen. Der Bürgermeister wurde nachträglich per Fax vom Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft Hirschberg mbH darüber unterrichtet, dass das Landratsamt aufgrund von Lockerungen in der Gesetzgebung zur Unterbringung von Asylsuchenden nun doch an die Wohnungsgesellschaft herangetreten sei, um die Wohnungen in der Schulstraße 48-50 zu mieten. Mit den 3 verbliebenen Mietern sei nach Aussage von Hr. Dr. Ondrusch bereits am 5. August 2015 gesprochen worden und sie hätten sich „schweren Herzens und unter großen persönlichen Opfern zum Umzug bereiterklärt“. Die Arbeiten zur Herstellung der Bewohnbarkeit des gesamten Gebäudes liefen bereits und man hoffte darauf, dass bereits im Oktober die ersten Mieter einziehen würden.3 Anmerkung dazu: Die Mittel für die Renovierung kommen zu 100% aus Bundesmitteln für die Bewältigung der Flüchtlingskrise. Es ist noch einmal zu wiederholen, dass der Stadtrat auf diesen Vorgang keinen Einfluss hätte nehmen können. In der darauffolgenden 10. Stadtratssitzung am 30. September 2015 wurden die Stadträte vom Bürgermeister auf Nachfrage über das Schreiben von Hr. Dr. Ondrusch unterrichtet und zudem davon in Kenntnis gesetzt, dass bereits 40 Asylsuchende in Hirschberg in Einzelwohnungen leben. Der Großteil der Stadträte zeigte sich in Anbetracht der Zahlen überrascht, dass bisher keine offiziellen Informationen durchgedrungen waren und man war erfreut darüber, dass es in Hirschberg offensichtlich keine Probleme mit den zugezogenen Flüchtlingen zu geben scheint. Gleichermaßen gab es im Stadtrat Anmerkungen, dass eine „negative Stimmung“ in der Bevölkerung wahrgenommen wird und „viele Gerüchte kursieren“, was nach mehrheitlicher Auffassung entkräftet werden muss, um die Stimmung in der Bevölkerung nicht kippen zu lassen. Zur Anfrage im Stadtrat, dass man sich mit dem Thema Asyl bei uns im Ort beschäftigen müsse, herrschte unvermittelt Einigkeit. Im weiteren Verlauf der Sitzung konnten seitens der Stadträte, der Stadtverwaltung und des Bürgermeisters letztendlich keinerlei Beschwerden von Bürgern vorgebracht werden bzw. wurden die bis dato bekannten Gerüchte zu Diebstählen und Ähnlichem durch Nachforschungen entkräftet. Vor dem soeben erläuterten Hintergrund ist im Stadtrat mehrheitlich die Entscheidung gegen eine Bürgerfragestunde getroffen worden. In selbiger Sitzung wurde festgelegt, die Bürger über den Hirschberger Anzeiger und den Internetauftritt der Stadt über die aktuellen Fragen zu informieren. Folgender Text wurde dazu auf der Webseite der Stadt Hirschberg am 4. Oktober 2015 und im Oktober-Anzeiger (Erscheinungsdatum 14. Oktober 2015) abgedruckt: Dem Stadtrat und der Stadtverwaltung sind Verunsicherung sowie die Sorgen und Ängste der Bürger anlässlich vieler Meldungen und Gerüchte rund um das Thema Asyl hier im Ort durchaus bewusst. Zur letzten gemeinsamen Stadtratssitzung am 30.09.2015 haben wir uns deshalb über den Umgang mit Informationen rund um das Thema Asylbewerber in Hirschberg verständigt: Jeder Bürger kann ab sofort auf der Internetseite der Stadt geprüfte und verlässliche Informationen zu Einzelfragen der Unterbringung von Asylbewerbern in unserer Stadt nachlesen. Diese Informationsseite soll wachsen. Jeder Stadtrat für sich und die Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben sich darauf verständigt, alle Anfragen von Bürgern entgegenzunehmen, sofern möglich, direkt zu beantworten 3 Schreiben von Hr. Dr. Ondrusch (Anzeiger vom 14.10.2015, Webseite seit 4.10.2015) Seite 2 von 4 oder die benötigte Information zuerst einzuholen, um eine umfassende und wahrheitsgemäße Auskunft geben zu können. Hinter diesen Informationen stehen wir mit dem gemeinsamen Ziel unser aller Zusammenleben so angenehm wie möglich zu gestalten. Ihr/e Bürgermeister, Stadträte und Stadtverwaltung Im Rahmen der 11. Stadtratssitzung am 10. November 2015 hat sich für den Stadtrat überraschend eine große Ansammlung besorgter Bürger im Rathaus eingefunden. Einige vereinzelte Anliegen, die sich in einen Zusammenhang mit der Unterkunft bringen lassen, waren Anfragen zur Straßenbeleuchtung in der Schulstraße, die sich noch auf DDR-Standard befindet. Aufgrund der fehlenden Haushaltsmittel und der derzeitigen Haushaltskonsolidierung kann an dieser Stelle auch nicht aufgestockt werden. Um dem Sicherheitsbedürfnis gerecht zu werden, wurden trotzdem umgehend Maßnahmen ergriffen und die vorhandenen Leuchtmittel durch stärkere ersetzt bzw. defekte Leuchtmittel ausgetauscht. Vor dem Block in der Schulstraße wurden alle Büsche entfernt und eine Gehwegbeleuchtung mit Dämmerungsschalter installiert, sodass bei Dunkelheit eine durchgängige Beleuchtung gegeben ist. Nach aktuellem Stand vom 23.11.2015 befinden sich in der Stadt Hirschberg 67 Flüchtlinge, davon 36 in Einzelwohnungen und 31 in der Gemeinschaftsunterkunft in der Schulstraße. Die ersten Wohnungen in der Schulstraße, wurden am 20.11.2015 unter anderem auch von 4 Familien bezogen. Die restlichen 6 Wohnungen können erst nach ihrer voraussichtlichen Fertigstellung im Dezember 2015 bezogen werden. Insgesamt werden in Hirschberg zwischen 100 und 120 Asylsuchende leben. Aktuelle Zahlen sollen regelmäßig auf der Webseite der Stadt Hirschberg veröffentlicht werden. Im Folgenden wollen wir gern auf einige erkennbare Kernpunkte der von der Bürgerbewegung formulierten Sorgen, Ängste und Forderungen eingehen: Die unter den Sorgen erwähnten Ausschreitungen in Flüchtlingsunterkünften sind im Allgemeinen zunächst nicht von der Hand zu weisen. Von konkreten Problemen zwischen Bewohnern einer Flüchtlingsunterkunft und Anwohnern ist uns aus dem SOK derzeit nichts bekannt. Der Landrat spricht von Ausnahmefällen solcher Konflikte und die Erfahrung lehre, dass durch ausreichende Betreuung und Akzeptanz im Ort ein gutes Miteinander zwischen Asylbewerbern und Anwohnern möglich sei4. Am 3.9.2015 berichtete die OTZ von einem Streit in der Gemeinschaftsunterkunft in Neustadt5, welcher infolge einer Geburtstagsfeier entstanden war. In Hirschberg hat es einmal eine Beschwerde wegen einer Ruhestörung gegeben, die jedoch schnell aufgeklärt und abgestellt werden konnte. Derartige Konflikte sind nie auszuschließen und ereignen sich auch in anderen Umgebungen, wo Menschen in direkter Nachbarschaft zusammenleben. In der Hirschberger Gemeinschaftsunterkunft, wie auch in anderen Flüchtlingsunterkünften, werden Sozialarbeiter des Landratsamtes im Einsatz sein, um sich mit den Menschen dort über deren persönliche Bedürfnisse auseinanderzusetzen. Strafrechtliche Vergehen von Asylbewerbern werden nach deutschem Strafrecht verfolgt und haben gegebenenfalls Konsequenzen nach dem Aufenthaltsgesetz für die Asylsuchenden6. Die von der Bürgerbewegung in verschiedener Form formulierten Sicherheitsbedenken lassen sich nur bedingt entkräften. Der Bürgermeister und sein Stellvertreter haben noch einmal die dringende Bitte an den Landrat weitergeleitet, in den Wohnungen in der Schulstraße vorrangig Familien unterzubringen. Davon war der Stadtrat im Rahmen der Informationen zur Unterkunft bereits ausgegangen. Eine direkte Einflussnahme der Stadt oder eine verbindliche Zusage des Landratsamtes 4 Asyl im Saale-Orla-Kreis – Zahlen, Fakten, Antworten, Unterpunkte 3.7; Hrsg. LRA Saale-Orla-Kreis, Pressestelle, Schleiz, Stand 01.11.2015. 5 http://www.otz.de/web/zgt/suche/detail/-/specific/Streit-in-Fluechtlingsunterkunft-in-Neustadt-eskaliertnach-Geburtstagsfeier-1899178783; Web-Artikel OTZ - 3.9.2015 6 Asyl im Saale-Orla-Kreis – Zahlen, Fakten, Antworten, Unterpunkte 3.8 f.; Hrsg. LRA Saale-Orla-Kreis, Pressestelle, Schleiz, Stand 01.11.2015. Seite 3 von 4 kann es dafür jedoch nicht geben. Die Polizei hat auf Nachfrage bereits angekündigt, im Stadtgebiet Hirschberg verstärkten Streifendienst zu leisten. Für die Sicherheit in der Unterkunft in der Schulstraße wurde vom Landratsamt standardmäßig ein privater Wachdienst organisiert. Der Stadtrat verfolgt das Ziel, sich für die Integration der hier lebenden Asylbewerber einzusetzen. Es wird hierzu gesonderte Maßnahmen geben, über die im Stadtrat bzw. dem Kulturausschuss noch beraten werden muss. Der Forderung nach einer Begrenzung des Zuzugs kann weder die Stadt, noch der Landkreis verbindlich nachkommen, da der Landkreis per Gesetz verpflichtet ist, Flüchtlinge unterzubringen, die dem Land Thüringen zugeteilt werden. Der Bürgermeister der Stadt Hirschberg hat inzwischen allerdings den Geschäftsführer der Hirschberger Wohnungsgesellschaft ersucht, keine weiteren leerstehenden Wohnungen an das Landratsamt zur Unterbringung von Flüchtlingen zu vermieten, worüber Einigkeit erzielt werden konnte. Der Landrat und der Stabsstellenleiter im Landratsamt wurden darüber in Kenntnis gesetzt. Die Stadt Hirschberg hat jedoch keinen Einfluss darauf, dass Privatpersonen ihren leerstehenden Wohnraum dem Landratsamt zur Vermietung anbieten. Neben den Wohnungsgesellschaften ist dies ein weiterer wichtiger Zweig für das Landratsamt, um den benötigten Wohnraum vorzuhalten. Ein weiterer Punkt in dem Schreiben der Bürgerbewegung war die Frage nach einer Haftpflichtversicherung für Asylsuchende bzw. die Übernahme der Kosten für Schäden, die durch selbige verursacht werden. Hierzu hat der Fachdienst Asyl im Landratsamt die Auskunft erteilt, dass jeder im SOK aufgenommene Flüchtling ein Konto bei der Kreissparkasse eröffnen muss und in diesem Zusammenhang auch eine private Haftpflichtversicherung abschließen muss. Der Abschluss der Versicherung wird dem Landratsamt gemeldet und dort kontrolliert. Damit ist jeder im SOK und auch in Hirschberg lebende Flüchtling haftpflichtversichert. Die im Kontext der Asylpolitik eher nebenstehende Forderung, dass es keine weiteren Kostensteigerungen in der Kinderbetreuung geben darf, möchten die Stadträte hier dennoch nicht unkommentiert lassen. Die Gebührenerhöhung im letzten Jahr beruht allein auf Forderungen des freien Trägers, der Arbeiterwohlfahrt (AWO), der die Kostendeckung, wirtschaftliche Betreibung und damit den Erhalt der Einrichtung sicherstellen muss. Der von der Stadt zu den Kinderbetreuungskosten in der Kindertagesstätte geleistete Beitrag wird trotz der angespannten Haushaltslage und Forderungen aus der Haushaltskonsolidierung bisher unvermindert weitergezahlt. Hiermit entlastet die Stadt jeden Betreuungsplatz direkt. Inwiefern sich die anhaltende Haushaltskonsolidierung und die daraus resultierenden Auflagen des Landes gegenüber der Stadt Hirschberg auf die Kinderbetreuungskosten in Hirschberg auswirken, kann derzeit nicht gesagt werden. Dies steht aber in keinem Zusammenhang zur Asylpolitik. Der Stadtrat ist stets um die minimale Belastung der Bürger und die maximale Ausschöpfung von Alternativen bemüht. Hochachtungsvoll, Ihr Bürgermeister R. Wohl Seite 4 von 4
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