Ansehen - Berliner Dom

Oberpfarr - und Domkirche zu Berlin
Landessuperintendentin i. R. Oda-Gebbine Holze-Stäblein
Ewigkeitssonntag, 22. November 2015, 18 Uhr
Predigt über 1. Korinther 15,35-49
im Rahmen der Novemberpredigtreihe 2015 BILDER VOM LEBEN UND STERBEN
„Verwandelt leben“
35 Es könnte aber jemand fragen: Wie werden die Toten auferstehen, und mit was für einem Leib werden sie
kommen?
36 Du Narr: Was du säst, wird nicht lebendig, wenn es nicht stirbt.
37 Und was du säst, ist ja nicht der Leib, der werden soll, sondern ein bloßes Korn, sei es von Weizen oder etwas
anderem.
38 Gott aber gibt ihm einen Leib, wie er will, einem jeden Samen seinen eigenen Leib.
39 Nicht alles Fleisch ist das gleiche Fleisch, sondern ein anderes Fleisch haben die Menschen, ein anderes das
Vieh, ein anderes die Vögel, ein anderes die Fische.
40 Und es gibt himmlische Körper und irdische Körper; aber eine andere Herrlichkeit haben die himmlischen und
eine andere die irdischen.
41 Einen andern Glanz hat die Sonne, einen andern Glanz hat der Mond, einen andern Glanz haben die Sterne;
denn ein Stern unterscheidet sich vom andern durch seinen Glanz.
42 So auch die Auferstehung der Toten. Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich.
43 Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesät in Armseligkeit und wird
auferstehen in Kraft.
44 Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib. Gibt es einen natürlichen Leib, so
gibt es auch einen geistlichen Leib.
45 Wie geschrieben steht: Der erste Mensch, Adam, »wurde zu einem lebendigen Wesen«, und der letzte Adam
zum Geist, der lebendig macht.
46 Aber der geistliche Leib ist nicht der erste, sondern der natürliche; danach der geistliche.
47 Der erste Mensch ist von der Erde und irdisch; der zweite Mensch ist vom Himmel.
48 Wie der irdische ist, so sind auch die irdischen; und wie der himmlische ist, so sind auch die himmlischen.
49 Und wie wir getragen haben das Bild des irdischen, so werden wir auch tragen das Bild des himmlischen.
Liebe Gemeinde!
„Bilder vom Leben und Sterben“, so ist diese November-Predigtreihe im Berliner Dom überschrieben.
Diese Überschrift erinnert mich an eine Ausstellung, die es vor einiger Zeit im Historischen Museum in
Hannover gegeben hat. „Über das Leben hinaus“ war sie überschrieben. Sie nahm den Betrachter mit
auf einen Gang über die hannoverschen Friedhöfe, ihre Geschichte, ihre besonderen Grabmale und zu
den bedeutenden Bürgern der Stadt, die dort begraben liegen. In dieser Ausstellung aber gab es noch
eine zweite Ausstellung. Sie trug den Titel „Noch mal leben vor dem Tod“. Es war eine Sammlung von
großformatigen, schwarz-weißen Fotos, die alle in einem Hamburger Hospiz gemacht worden waren.
Menschen, die dort die letzten Tage und Wochen ihres Lebens verbracht hatten und dort gestorben
waren, waren von einem Fotografen kurz vor und kurz nach ihrem Tod fotografiert worden,
selbstverständlich mit ihrer vorherigen Einwilligung, und das Fotografieren der Lebenden war
eingebettet in längere Gespräche mit dem Fotografen. - Und nun sah man in diese Gesichter, Gesichter
von Menschen, die wussten, dass sie sterben würden; und dann, rechts daneben, die Gesichter dieser
Menschen, nachdem sie gestorben waren. - Die Zeitung hatte über diese Ausstellung berichtet, und so
habe ich sie mir angesehen. Ein bisschen beklommen war mir zumute. Ich habe schon tote Menschen
gesehen: Angehörige, Freunde, war auch beim Sterben von Menschen dabei. Dennoch: ich wusste nicht
im Voraus, wie es mir mit diesen Bildern gehen würde – und ob man denn einem Toten so ins Gesicht
sehen, ihn gar fotografieren dürfe!
Wenige, eigenartigerweise fast nur junge Menschen gehen wie ich von Bild zu Bild, verweilen lange,
lesen die Namen und die kurzen Lebensläufe. Es ist ganz still, als wäre man in einer Kirche oder als
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beträte man eine Friedhofskapelle kurz vor Beginn der Trauerfeier. Nach einer Weile des Betrachtens
merke ich, wie sich in mir dieser Klumpen aus Angst, Scheu und schlechtem Gewissen allmählich löst.
Es stellt sich Ruhe, ja, so etwas wie Ehrfurcht ein. Was sehe ich?
Es sind vor allem die Augen der noch Lebenden, die sprechen. ‚Die Seele des Menschen schaut aus
seinen Augen’, denke ich beim Betrachten. Nichts von dem, was sonst einen Menschen bestimmt, ist
mehr da: wie man sich spiegelt im Blick eines andern; sich irgendwie präsentieren will, so, wie man
gerne gesehen werden möchte; der Wunsch schön sein zu wollen, das Schauspielern, Masken tragen;
aber auch: das Gesicht als Spiegel der Emotionen und der Einstellung zu andern: Angst, Zorn, Glück,
Spott, Häme, Arroganz, überlegen sein wollen, zugewandt sein; was so alles zu lesen ist in unseren
Gesichtern. Das ist alles weg. Hier schaut ein Mensch unverwandt und unverstellt und ganz präsent.
„Hier bin ich, und ich bin am Leben“, sagt der Blick. Aber auch das andere: „Ich weiß, dass ich sterben
werde.“ Nicht irgendwann, nach dem Motto „Alle Menschen müssen sterben“, wo wir ja heimlich immer
hinzufügen: ‚Aber ich noch lange nicht.’ Hier sagen die Augen: „Es ist bald so weit. Ich bin an der Reihe.
Mein Tod wartet auf mich. Mein Tod nimmt allmählich Gestalt an.“
Sind diese Menschen abgeklärt? Manche ja. Sie nehmen mit großer Ruhe ihr Sterben und ihren Tod an.
Andere haben im Gespräch mit dem Fotografen Anspannung und Angst, aber auch Neugier geäußert:
Wie wird es sein? Auf den Gesichtern ist davon fast nichts zu sehen. Auch kaum etwas von den
erlittenen Schmerzen auf dem Weg durch die Krankheit. Nur in den Augen der Kinder sieht man etwas
von den Qualen, die sie durchgemacht haben. – Diese Menschen sind in großer Klarheit – sie selbst. Als
seien sie im Einverständnis mit sich und ihrem Leben, so, wie es war. Sie begegnen ihrer Wahrheit.
Nichts Heroisches, nichts Trauriges, nichts Klagendes. Es ist der Mensch, der uns aus diesen Bildern
ansieht. Auch im Fragmentarischen vollkommen. In seinem Menschsein - schön.
Und dann die Bilder der Verstorbenen. Bei einigen ist der Kopf ein wenig zur Seite gesunken, wie wenn
einer über der Lektüre eines Buches eingeschlafen ist. Es ist nicht von ungefähr, dass mir beim
Betrachten Verse aus der Passions-geschichte des Johannesevangeliums in den Sinn kommen: „... Es ist
vollbracht. Und neigte das Haupt und verschied“ (Johannes 19, 30). - Ausruhen nach der langen
Anstrengung des Lebens. Gelöst. Ja, auch er-löst. Im Frieden. Manches Gesicht, in das sich im Leben
tiefe Falten eingegraben hatten, ist im Tod glatt geworden. Manchmal ist die Andeutung eines Lächelns
zu sehen. Aber da ist auch etwas Unnahbares, sich Verweigerndes: „Ich verrate dir das Geheimnis
nicht.“ Ist dieser Mensch heimgekehrt? An einem Ort oder bei jemandem? Nein, das Geheimnis wird
nicht gelüftet. Aber auch hier gilt: sie sind schön. Auch im Tod.
Es sind Menschen unterschiedlichen Glaubens, denen ich begegne. Christen, Muslime, eine Buddhistin,
Agnostiker, Realisten. Es sind sehr alte Menschen; Menschen auf der Höhe und in der Kraft ihres
Lebens; es sind junge Menschen und Kinder. Es sind Menschen, die Erfolg gehabt haben, und andere,
die ihr Leben als ein Scheitern empfinden. Solche, die geglänzt haben, und andere, die vom Leben
geprügelt worden sind. Sie bringen sich selbst mit in diesen Augenblick, in ihr Sterben. Nichts ist
ausgelöscht; es ist alles da. Aber das Leid, das Geschrei, die Tränen: das scheint hinter ihnen zu liegen.
Es ist vergangen. –
Was war es, was mich an diesen Bildern so berührte, dass ich sie bis heute nicht vergessen habe? Es fällt
mir schwer, das zu benennen. Ich glaube, es war der Zusammenklang von Leib und Seele, die Schönheit
und Würde des Geschöpfes Mensch, die so unverstellt und klar und doch so zerbrechlich zum Vorschein
kam. Das, was uns liebens-würdig macht. Und es war zugleich der Eindruck, dass der Mensch noch
einmal ganz da ist. So gegenwärtig wie vielleicht nur ganz am Anfang seines Lebens – und dass er sich
dann, im Tod, abwendet, woanders hinwendet. Die Hinwendung zu einem Geheimnis. Vielleicht sieht
man das tatsächlich, dass wir am Ende die werden, die wir in den Augen Gottes immer schon sein
sollten. Dass Gestalt annimmt, wie wir gedacht waren.
Und das alles nicht ohne das Leibliche, sondern durch das Leibliche und in ihm. „Die Leiblichkeit ist das
Ende der Werke Gottes“, hat im 18. Jahrhundert der schwäbische Theologe Friedrich Christoph Oetinger
geschrieben. Wie wichtig das Leibliche für Paulus ist, das wird im ganzen Kapitel 15 des 1.
Korintherbriefes deutlich. In der Auseinandersetzung mit der leibfeindlichen Spiritualität der Gemeinde
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in Korinth schreitet Paulus beinahe den ganzen Kosmos und die Welt- und Heilsgeschichte ab, um dem
Leib und der Leiblichkeit ihr angemessenes Gewicht und ihre Würde zu geben. Leben ohne Leiblichkeit
im weitesten Sinne ist nicht denkbar. Gottes Schöpferkraft ergießt sich in ihrer ganzen Fülle in das
Leibliche, in die Gestalt, in das Sichtbare, Hörbare, Fassbare: kurz in das, was wir „Welt“ nennen. Aber: Leib und Leib ist nicht dasselbe. „Was du säst, wird nicht lebendig, wenn es nicht stirbt,“ schreibt
der Apostel. „Und was du säst, ist ja nicht der Leib, der werden soll, sondern ein bloßes – wörtlich: ein
nacktes – Korn, sei es von Weizen oder etwas anderem. Gott aber gibt ihm einen Leib, wie er will,
einem jeden Samen seinen eigenen Leib.“
Und nun sieht man doch förmlich vor sich, wie Paulus den Blick schweifen lässt: vom einzelnen
Weizenkorn zu anderen Pflanzen und Bäumen, die um ihn herum wachsen und blühen; dann sieht er
das Vieh, die Haustiere des Menschen, auf ihren Weiden, schaut zum Himmel und sieht die Vielfalt der
Vögel, stellt sich dann Flüsse und Meere vor mit allem, was in ihnen an Fischen und Meerestieren
schwimmt. Und dann geht sein Blick zum taghellen und zum nächtlichen Himmel empor, zum Glanz
von Sonne, Mond und Sternen in ihrer Pracht und zu den anderen Himmelsbildern. Paulus, der
Intellektuelle, der Denker, der Theoretiker: hier wird er zum Augenmenschen wie wohl nirgends sonst in
seinen Briefen, um den Korinthern die Augen zu öffnen für die tausendfältige Gestalt, für die
Leiblichkeit der Schöpfung Gottes und für ihre Schönheit.
Und in der Mitte dieser ganzen Aufzählung, eingeleitet durch „So auch“: die Auferstehung der Toten. Es
sind gewichtige, geradezu wuchtige Sätze. Sätze wie gehämmert. Sie werden als Teil der Liturgie am
Grab gesprochen, wenn der Sarg hinabgelassen ist:
Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich.
Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesät in Armseligkeit und
wird auferstehen in Kraft. Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib.
Es ist vollkommen klar: das Verwesliche, das Niedrige, das Armselige, das Vergängliche: das bin ich. Das
sind wir, mit Leib und Seele. Keine Rede ist davon, dass sich eine unsterbliche Seele aus einem toten
Körper erhebt und ihn als bloße Hülle abstreift und zurücklässt. Mit Leib und Seele sind wir sterbliche
Geschöpfe, sind wir, was wir sind. Und dies, was wir sind, wird vergehen. Und was sein wird,
entstammt nicht dem Hier und Jetzt, wie sich die Kornähre aus dem Weizenkorn entwickelt, das in der
Erde abstirbt. Insofern hinkt der Vergleich mit dem Weizenkorn. „Sterben ist das Schwierige am
Werden“ hat einer formuliert. Weil das Sterben und der Tod total sind. Und wem das zu gruselig und zu
schrecklich ist, der lerne „Vonne Endlichkait“ eines Günter Grass, lerne von ihm das Lächeln und Lachen
über den Verfall des Körpers und über das Verschwinden der Zähne aus dem alternden Mund, lerne von
seiner deftigen Disseitigkeit. Was für eine Liebeserklärung an das Leben!
Ja, die „Endlichkait“ ist eine Gottesgabe; keine ganz leicht in Empfang zu nehmende; eine, mit der wir
lange hadern. Aber wie viel schwerer wäre das Abschiednehmen, wenn wir uns nicht mit wachsendem
Alter allmählich zur Erde hin beugten, von der wir genommen sind und zu der wir zurückkehren. Das
Sterben nimmt allmählich Gestalt an, lässt uns meistens Zeit, die schwierige Übung zu lernen, uns
einzuüben ins Abschied-nehmen und genau das auch zu genießen: das mächtige Aufflammen der Liebe
zum Leben, zur Welt in ihren großen und kleinsten Gestalten, zu Menschen, mit denen wir verbunden
sind. Niemals lieben wir so wie angesichts des Todes. Ist das keine Gottesgabe: alles bündeln zu dürfen
und noch einmal zu schwelgen, sowohl in der Erinnerung an Vergangenes wie in der Freude am
Gegenwärtigen, und sei es ‚nur’ ein herbstlich gefärbtes Blatt oder der Klang eines Cellos?
Was dann kommt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Das ist kein Blatt, das ein Postskriptum im Buch
unseres Lebens wäre. Es ist ein anderes Buch des Lebens, in dem unsere Namen verzeichnet sind. Oder
sie sind an den Himmel geschrieben. – Ich erinnere mich an einen Familiengottesdienst über die Taufe,
da haben wir das gemacht: die Namen der Kinder, die getauft wurden, haben wir mit einem
Overheadprojektor an den Himmel, nämlich auf das Gewölbe des Kirchenraumes geschrieben. Das hat
Spaß gemacht! –
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Ja, da steht etwas auf einem ganz anderen Blatt. Sicher, auch so etwas wie Gericht: sich verantworten
müssen, reinen Tisch machen müssen, aber auch dürfen. „Es kommt alles noch einmal zur Sprache“,
schreibt Helmut Gollwitzer. Die „alten Geschichten“ – so nennt sie Markus Dröge - die nicht rühmlich
waren, aber auch die guten Geschichten unseres Lebens: da stehen sie noch einmal vor dem, der
hindurch schaut durch die Maskeraden. Durchschaut sie – und wird zugleich uns sehen. Nackt
dastehen: wie beschämend – aber dann doch nicht nackt bleiben, sondern überkleidet werden mit
neuer Gestalt, vielleicht mit den weißen Kleidern, die sich das letzte Buch der Bibel erträumt? Ein
Schlussstrich also unter das, was war; sich verabschieden dürfen ins End-Gültige.
Das steht alles auf einem anderen Blatt. Und noch mehr: Auch dafür findet Paulus Worte und Bilder. Da
sind wir als Zugehörige und Nachfahren des ersten Menschen, haben teil an seiner Bestimmung durch
das Kreatürliche, das uns anhaftet im Guten wie im Bösen. Aber da ist auch dieser andere: den zweiten
Menschen, den vom Himmel nennt ihn der Apostel. Wir tragen nicht nur das Bild des ersten und sind
ihm nachgebildet, sondern unsere Bestimmung ist auch das Bild dieses anderen. Das liegt uns voraus,
da sind wir noch nicht, aber dieser andere, himmlische Mensch ist uns eingestiftet, ja, eingebildet. Ihn
sollen wir uns ins Herz hinein-bilden, sein Bild uns einverleiben und inwendig werden lassen als
Heilmittel gegen die Macht des Todes und die Schrecken des Sterbens, als Heilmittel auch gegen die
Verzweiflung an uns selber und an dieser Welt. In seinen Tod und sein Leben sind wir hinein getauft
und sollen, werden aus seiner Kraft in einem neuen Leben wandeln, werden als Verwandelte leben. Das
ist uns zugesprochen als Frucht der Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Er zieht uns in sein
Auferstehungsleben hinein.
Das hat schon begonnen, auch hier und jetzt schon. Es ist nicht nur der Tod, der in unserem Leben
Gestalt annimmt. Es ist auch das Leben, das von ihm ausgeht und uns auch hier und heute schon
verwandelt leben und getröstet sterben lässt.
Auf einem anderen Blatt steht auch, was für eine Art Leben das sein wird, das uns durch Christus zuteil
wird, das er mit uns teilen wird. Für Paulus ist klar: wie sich die Schöpferkraft Gottes in die Fülle des
Irdisch-Leiblichen hinein ergossen hat und jeden Augenblick neu ergießt, so wird es auch auf diesem
anderen Blatt eine neue Gestalt für uns geben: neu geschaffen – und doch bei dem Namen genannt, der
uns auch hier kenntlich und einmalig und in den Augen Gottes liebens-würdig machte. Nichts wird den
neuen mit dem alten Leib verbinden; dennoch sollen wir erkannt und angesehen und beim Namen
gerufen sein.
Heißt das, dass wir auch einander neu begegnen? Dass wir einander wieder erkennen; dass der Schmerz
des Abschieds der Freude des Wiedersehens weichen wird? Wer liebt, der wünscht sich, dass die Liebe,
die wir gekannt haben, den großen Zunichtemacher Tod besiegt und in Ewigkeit bleibt. Der Abschied
ist unser Schmerz, und das Wiedersehen ist unsere verständliche Sehnsucht.
Aber das Alte ist vergangen; das sagten schon die Gesichter der Toten, die ich in der Ausstellung sah.
Es gibt wohl keinen Anknüpfungspunkt an das Vorige, kein Wiedererkennen unter dem Vorzeichen des
Alten. Aber der Psalm 23 hat eine wichtige Verheißung für alle Liebenden, aber auch für alle, die
gelitten haben und deren Leben unerfüllt blieb; ja, auch eine Botschaft für die Geprügelten: Der Herr ist
mein Hirte; mir wird nichts mangeln, heißt es da. Mir wird nichts mangeln und dir nicht. Das Leben,
das uns zugedacht ist, hält ein Maß an Freude und Liebe für uns bereit, dass wir’s nicht werden fassen
können. Von Gott neu ins Dasein gerufen; im Angesicht Gottes neu Gestalt annehmen; in der Obhut des
Hirten Christus leben, der sagt: Siehe, ich mache alles neu und in der Gemeinschaft der himmlischen
Chöre singen dürfen, vielleicht sogar im hohen Sopran lässig bis zum a und noch höher singen können:
was sollte wird uns da noch mangeln!?
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus
Amen.
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