Zahlungsausfälle bekämpfen

Online-Marketing & Social Media _ Bonitätsprüfungen
Zahlungsausfälle bekämpfen
Bedingt durch die Anonymität des Internets besteht im E-Commerce ein größeres Risiko von
Zahlungsausfällen als in anderen Vertriebskanälen. Aber statt dem Geld säumiger Zahler
­hinterherzurennen, beugen Online-Händler mit einem professionellen Risikomanagement vor.
Text _ Markus Solmsdorff
Mit wachsender Anzahl der Trans­
aktionen und höheren Transaktions­
volumen steigt auch das Risiko für Zah­
lungsausfälle durch zahlungsunfähige
oder betrüg erische Kunden. Über 6,67
Millionen Privatpersonen, umgerechnet
rund 9,7 Prozent der Bevölkerung ab­
18 Jahren, gelten laut Wirtschafts­
auskunftei Bürgel in Deutschland als
überschuldet. Gleichzeitig wird das In­
ternet-Shopping immer beliebter. Und
während der Beginn des E-Commerce
über­w iegend durch technikaffine,
zahlungskräftige Kunden geprägt war,
bewegen sich hier heute alle Bevölke­
rungsschichten – auch solche mit eher
­geringer Finanzkraft. Die Bequemlich­
keit des Online-Bestellens verführt da­
zu, über die eigenen Verhältnisse zu
konsumieren. Und: Die Anonymität des
Internet zieht auch jene an, die mit be­
trügerischer Absicht unterwegs sind.
Der Online-Handel steht vor der
­Herausforderung, mit den Risiken von
Zahlungsausfall und Betrug umzu­
gehen. Was muss geleistet werden? Wer
Autor
Markus Solmsdorff
ist Geschäftsführer
der Expercash GmbH
in Mannheim. Als FullService-Provider bietet das Unternehmen
Hilfe für die passende E-PaymentLösunge und bei der Abwicklung aller
Prozesse rund um Zahlungsvorgänge.
p
www.expercash.de
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online seinen Warenkorb füllt und auf
dem Weg zur Kasse ist, sollte soweit be­
kannt sein, dass ihm vom Online-Händ­
ler nur genau die Bezahlverfahren ange­
boten werden, deren Risiken der Händ­
ler tragen will oder kann. Zu einem
Risikomanagement für Online-Händler
gehören zum Beispiel die Überprüfung
der angegebenen Liefer­adresse und eine
Bonitätsprüfung – eventuell ergänzt
durch Scoring. Der Extremfall – ein
Kunde, gegen den ein Vollstreckungs­
bescheid besteht – sollte demnach nur
die Zahlung per Vorauskasse angeboten
bekommen.
Risikomanagement einführen
Um sich als Online-Händler nicht nur
vor den zahlungsunfähigen Kunden,
sondern auch den zahlungsunwilligen
Betrügern zu schützen, sind weitere
Maßnahmen erforderlich. Je mehr Da­
ten vom Online-Käufer zur Verfügung
stehen, desto größer ist die Wahrschein­
lichkeit, eine Transaktion mit betrüge­
rischen Absichten identifizieren und
verhindern zu können. Profis im Risi­
komanagement prüfen auf ­vielerlei We­
gen, ob die im Bestellprozess gemach­
ten Angaben stimmen können oder ob
Betrüger am Werke sind. Zu den Daten
gehören etwa die Geolokalisierung der
IP-Adresse, die Device-ID, die E-MailAdresse, die BIN (Bank Identification
Number – die ersten sechs Stellen einer
Kreditkartennummer) sowie der Ab­
gleich mit historischen Bestellungen
und Transaktionen. Letzteres ist einer
der wichtigsten Bestandteile der Be­
trugsprävention. Dabei werden die ak­
tuellen Transaktionen mit historischen
Transaktionen verglichen, um mög­
liche Betrugsmuster zu erkennen. Das
häufigste Muster ist das systematische
Austesten von gestohlenen Karten­
daten.
Über das Angebot des Bezahlverfah­
rens steuert der Händler dann seine
Risiken. Wer als nicht kreditwürdig
gilt oder sich verdächtig verhält, kann
dann zum Beispiel nur gegen Vorkasse
einkaufen. Manche Anbieter haben sich
schon vor Jahren entschlossen, auch
bei Sicherheits­überprüfungen vor dem
Bezahlvorgang ihre Hilfe anzubieten.
Mit einer Reihe individualisierbarer
Services wird das Risikomanagement
der Händler unterstützt. Wichtig dabei:
Die Bonitäts­prüfung wird automatisiert
und in Echtzeit durchgeführt. Über
die automatisierte Adressvalidierung,
die Bonitätsprüfung und ein ergän­
zendes Scoring-Verfahren wird die ge­
wünschte Transparenz und Sicherheit
geschaffen. Quellen der Bonitätsdaten
sind Banken, Telekommunikation, In­
kasso, Energieversorger, Gerichte und
der Versandhandel. Für die klassische
Bonitätsprüfung werden zumeist Ne­
gativmerkmale – etwa gerichtliche
Merkmale wie eine eidesstattliche
Versicherung, ein amtlicher Mahnbe­
scheid, ein laufendes Privatinsolvenz­
verfahren – verwandt. Darüberhinaus
werden Informationen von Partnern
über ­Zahlungserfahrungen mit Kunden
aus dem Distanzhandel sowie dem klas­
sischen Handel berücksichtigt. Im Falle
negativer Merkmale erhält der Händler
sofort eine entsprechende Warnung.
Um auch bei Personen ohne diese ein­
deutigen Negativmerkmale Risikokan­
didaten zu erkennen, kann ein Scoring
www.acquisa.de 09/2013
durchgeführt werden. Beim Scoring
kommen statistische Verfahren zum Ein­
satz, um anhand von Alter, Geschlecht,
Wohnort und weiteren soziodemogra­
fischen und mikrogeografischen Daten
die Zahlungsausfallwahrscheinlichkeit
zu berechnen. Als Ergebnis erhält der
Händler eine statistische Ausfallwahr­
scheinlichkeit und kann das Angebot
der Bezahlarten darauf abstellen.
Automatisierte Bonitätsprüfung
Die automatisierte Bonitätsprüfung als
Dienstleistung ist somit ein zentraler
Baustein für das Risikomanagement
im Online-Handel. Die Verbindung
einer Realtime-Bonitätsprüfung mit
der Zahlungsschnittstelle erlaubt es,
einem Käufer Zahlungsarten gezielt
aufgrund einer Risikobewertung anzu­
bieten. Einem Kunden mit schlechter
Bonität wird z.B. nur die Zahlung per
Vor­kasse angeboten, während zahlungs­
kräftigere Kunden andere Bezahlarten
nutzen können.
Doch darf das Kind nicht mit dem Ba­
de ausgeschüttet werden. Die Maßnah­
men zum Risikomanagement müssen
ausgewogen sein – schließlich braucht
man wegen einer 25-Euro-Bestellung
nicht denselben Aufwand zu treiben
wie für einen 500-Euro-Warenkorb.
Während für die Auslösung der Boni­
tätsprüfung meist der Wert des Wa­
renkorbs gewählt wird, gelten für die
Betrugsprävention andere Kriterien.
Dabei wird das ­Risiko unter anderem
anhand des Warensegments und des
Zielmarktes ein­geschätzt, um darauf­
hin die Maßnahmen zur Betrugsprä­
vention zu definieren. Noch mehr als
beim E-Payment kommt es beim Ri­
sikomanagement darauf an, dass der
Händler die für ihn passende Lösung
einsetzt, die ihm tatsächlich mehr Ge­
winn einbringt.Nutzt ein Händler die
Dienste eines Payment-Service-Provi­
ders für ein abgestuftes professionelles
Risikomanagement, minimiert er nicht
nur seine Zahlungsausfälle. Die Sicher­
heit durch die ge­steigerte Transparenz
im Umgang mit Kunden kann im Um­
kehrschluss dazu dienen, den Kunden
mit einer positiven Risikobewertung
beliebte Bezahl­verfahren wie Rechnung
und Lastschrift anzubieten. Dies erhöht
wiederum die Chancen auf mehr Um­
satz durch neue Kunden, größere Wa­
renkörbe und Stammkunden, die das in
sie gesetzte Vertrauen mit Treue beant­
worten.
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