Neugestaltung der Hofabgabeverpflichtung

Neugestaltung der Hofabgabeverpflichtung
Auswirkungen auf die Abgabe unter Ehegatten
Ausgangslage
Im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages wurde zwischen CDU/CSU
und SPD vereinbart, die Hofabgabeverpflichtung neu zu gestalten. Zur Umsetzung dieser Vereinbarung haben sich die Koalitionsfraktionen in einem Expertenworkshop im April 2015 unter Leitung des Vizepräsidenten des Bundessozialgerichts auf Eckpunkte zur Neugestaltung der Hofabgabeverpflichtung verständigt.
Zur Hofabgabe unter Ehegatten wurde vereinbart, die Ansprüche von Ehepaaren zu verbessern und die eigenständigen Rentenrechte von Landwirtsehegatten zu stärken. Bei Hofübergabe an den Ehepartner soll der
Rentenanspruch des abgebenden Partners auch dann erhalten bleiben, wenn der übernehmende Ehegatte die
Regelaltersgrenze erreicht hat, den Hof aber noch nicht abgegeben hat.
Umsetzung der Eckpunkte
Die von den Koalitionsfraktionen beschlossenen Eckpunkte wurden vom Bundesministerium für Ernährung
und Landwirtschaft und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam umgesetzt und in den
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften
aufgenommen. Die Regelungen zur Neugestaltung der Hofabgabeverpflichtung sollen zum 01.01.2016 in
Kraft treten.
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Bisherige Regelungen zur Hofabgabe unter Ehegatten
1.
Bisher hat ein Landwirt, der mit Erreichen der Regelaltersgrenze sein Unternehmen an den anderen
Ehegatten abgegeben hat, einen Rentenanspruch erworben, der aber befristet war, bis der andere
Ehegatte die Regelaltersgrenze erreicht hat.
2.
Hat der Landwirt das Unternehmen an seine Ehefrau abgegeben, kann diese ihre eigene Rentenanwartschaft nur realisieren, wenn sie an Dritte abgibt.
3.
Für die nicht über eigene Flächen verfügende Ehefrau des Landwirts (Fiktivlandwirtin) gilt mit Erreichen der Altersgrenze die Abgabe als erfolgt. Es handelt sich um eine Abgabefiktion. Eine tatsächliche Abgabehandlung wird nicht gefordert. Damit wird dem Ehegatten ein Rentenbezug bereits
für eine Zeit ermöglicht, in der der Landwirt das Unternehmen noch weiter bewirtschaftet. Aber
auch hier ist der Rentenanspruch befristet, bis der andere Ehegatte (in diesem Fall der jüngere
Landwirt) die Regelaltersgrenze erreicht.
4.
Ist die Fiktivlandwirtin jünger als ihr Ehemann, hat sie mit Erreichen der Regelaltersgrenze von
vornherein keinen Rentenanspruch, wenn der Landwirt den Betrieb zu diesem Zeitpunkt noch nicht
abgegeben hat.
Änderungen der Regelungen zur Hofabgabe unter Ehegatten
Die Regelungen zur Hofabgabe unter Ehegatten im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte werden
geändert. Die Streichung von § 21 Absatz 9 Sätze 2 und 4 bewirkt bezogen auf die bisherigen Regelungen
Folgendes:
1.
Der Landwirt kann mit Erreichen der Regelaltersgrenze sein Unternehmen an seine jüngere, aber
auch an seine ältere Ehefrau abgeben. Seinen dadurch erworbenen Rentenanspruch behält er unabhängig davon, ob bzw. wann die Übernehmerin ihrerseits abgibt. Die bisher bestehende Befristung
fällt also weg.
2.
Hat der Landwirt das Unternehmen an seine Ehefrau abgegeben, kann diese, soweit sie eine eigene
Rentenanwartschaft erworben hat, diese nur realisieren, wenn sie das Unternehmen abgibt. Insoweit
tritt für die Ehefrau gegenüber der geltenden Rechtslage keine Änderung ein. Oft wird die Ehefrau
aber als Folge einer früher ausgesprochenen Befreiung keine Rentenanwartschaft haben, so dass die
Weiterbewirtschaftung des Unternehmens insoweit keine Auswirkungen hat.
3.
Die nicht über eigene Flächen verfügende Ehefrau des Landwirts (Fiktivlandwirtin) kann mit Erreichen der Regelaltersgrenze und Erfüllung der Wartezeit Regelaltersrente beanspruchen. Die bisher
bestehende Befristung (Rentenbezug nur, bis der jüngere Landwirt die Regelaltersgrenze erreicht)
fällt hier ebenso weg.
4.
Die Fiktivlandwirtin, die jünger ist als ihr Ehemann und bisher mit Erreichen der Regelaltersgrenze
keinen Rentenanspruch hat, weil ihr Ehemann den Betrieb - trotz Überschreitens der Regelaltersgrenze - nicht abgegeben hat, hat zukünftig ebenfalls einen Rentenanspruch.
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Fallgestaltungen und Bewertung
Fall
Beschreibung
Bewertung
L = Landwirt (versichert nach § 1 Abs. 2 ALG)
E = Ehegatte (versichert nach § 1 Abs. 3 ALG
aktueller Rechtsstand
- Fiktivlandwirt)
1
neuer Rechtsstand nach
E-SGB XII-ÄndG
L 68 Jahre, Betrieb nicht abgegeben
L ohne Rentenanspruch
L ohne Rentenanspruch
E jünger als L, Rente beantragt
E ohne Rentenanspruch
E mit Rentenanspruch (ggf.
nach § 21 Abs. 9 Satz 4
müssen eigene Flächen, die
i. V. m. Satz 2 ALG
E einmal selber (mit-)bewirtschaftet hat, abgegeben
werden, auch an den Ehegatten zulässig)
2
L 68 Jahre, Betrieb nicht abgegeben
L ohne Rentenanspruch
L ohne Rentenanspruch
E älter als L, Rente beantragt
E ohne Rentenanspruch
E mit Rentenanspruch (ggf.
nach § 21 Abs. 9 Satz 4 i.
müssen eigene Flächen, die
V. m. Satz 2 ALG
E einmal selber (mit-)bewirtschaftet hat, abgegeben
werden, auch an den Ehegatten zulässig)
3
L jünger als E, Regelaltersgrenze noch nicht
L ohne Rentenanspruch
L ohne Rentenanspruch
E Regelaltersgrenze erreicht, Rente bean-
E mit Rentenanspruch,
E mit Rentenanspruch, ohne
tragt
befristet bis L Regelal-
Befristung (ggf. müssen
tersgrenze erreicht nach
eigene Flächen, die E einmal
§ 21 Abs. 9 Satz 4 ALG
selber (mit-)bewirtschaftet
i. V. m. Satz 2 (ggf. müs-
hat, abgegeben werden;
sen eigene Flächen, die E
Abgabe auch an den Ehegat-
einmal selber (mit-)be-
ten zulässig)
erreicht, Betrieb nicht abgegeben
wirtschaftet hat, abgegeben werden; Abgabe
auch an den Ehegatten
zulässig)
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Fall
Beschreibung
Bewertung
L = Landwirt (versichert nach § 1 Abs. 2 ALG)
E = Ehegatte (versichert nach § 1 Abs. 3 ALG
aktueller Rechtsstand
- Fiktivlandwirt)
4
neuer Rechtsstand nach
E-SGB XII-ÄndG
L Regelaltersgrenze erreicht, älter als E,
L mit Rentenanspruch,
L mit Rentenanspruch, ohne
Betrieb an E abgegeben, Rente beantragt
befristet bis E Regelal-
Befristung
tersgrenze erreicht nach
§ 21 Abs. 9 Satz 2 ALG
5
E Regelaltersgrenze noch nicht erreicht
E ohne Rentenanspruch
E ohne Rentenanspruch
L Regelaltersgrenze erreicht, jünger als E,
L ohne Rentenanspruch
L mit Rentenanspruch
Betrieb an E abgegeben, Rente beantragt
nach § 21 Abs. 9 Satz 2
ALG
E Regelaltersgrenze erreicht und Betrieb
E ohne Rentenanspruch
E ohne Rentenanspruch
L Regelaltersgrenze erreicht, älter als E,
L mit Rentenanspruch,
L mit Rentenanspruch,
Betrieb an E abgegeben, Rente beantragt
befristet bis E Regelal-
Ruhen der Rente nach
tersgrenze erreicht nach
Rückübernahme des Betrie-
§ 21 Abs. 9 Satz 2 ALG
bes nach § 30 Abs. 2 ALG
E ohne Rentenanspruch
E nach Abgabe mit Renten-
nicht abgegeben
6
E Regelaltersgrenze bei Abgabe noch nicht
erreicht, gibt nach Erreichen der Regelaltersgrenze den Betrieb zurück an L und
beantragt Rente
anspruch