Collateral Management

Collateral
Management
Operative Herausforderungen und
strategische Entwicklungsperspektiven
Red Paper | Collateral Management
Inhalt
Vorwort...........................................................................................3
Executive Summary..................................................................4
Einleitung.......................................................................................6
Collateral Management im Wandel..................................7
Darstellung der ­Umfrageergebnisse.................................9
Entwicklungen im C
­ ollateral Management –
­Handlungsbedarf.................................................................... 12
Ausblick........................................................................................ 14
Kontakt........................................................................................ 14
Vorwort
Collateral Management steht für vielfältige Formen der planmäßig strategischen Besicherung von
Transaktionen – nicht nur im traditionellen Kreditgeschäft, sondern auch im Handelsgeschäft.
Aktuelle Regulierungsinitiativen, aufsichtsrechtliche Vorgaben und zunehmende operative Heraus­
forderungen aufgrund sich verändernder Marktusancen führen zu einer wachsenden Bedeutung des
Collateral Managements für Finanzinstitute. Insbesondere für Marktteilnehmer, die nennenswertes
OTC-Derivate-, Repo- und WP-Leihe-Geschäft betreiben, rückt das Thema aufgrund der Marktrelevanz
immer stärker in den Fokus.
Mit der Durchführung unserer Collateral Management Studie wollen wir den aktuellen Entwicklungen
Rechnung tragen und Ihnen einen Überblick zu Herausforderungen und strategischen Entwicklungspers­
pektiven im Collateral Management Umfeld geben. Dafür haben wir anknüpfend an unseren letzten
Collateral Management Roundtable im Rahmen der Veranstaltungsreihe Capital Markets @BearingPoint
Kreditinstitute in Deutschland zu verschiedenen Themenblöcken im Collateral Management online
befragt und persönlich interviewt. Wir freuen uns, Ihnen die Ergebnisse unserer Untersuchung in diesem
Paper vorstellen zu können und deren Implikationen auf das operative Geschäft und die Strategie zu
erörtern.
An dieser Stelle bedanken wir uns ausdrücklich bei allen Teilnehmern dieser Studie. Gerne stellen wir
Ihnen auf Anfrage die vollumfänglichen Ergebnisse unserer Untersuchung in einer Präsentationsversion
zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Robert Bosch
Partner
BearingPoint
Red Paper | Collateral Management
3
Executive Summary
Die Veränderungen im Collateral Management waren in
den vergangenen Jahren vornehmlich regulatorisch getrieben.
Auch zukünftig haben regulatorische Vorgaben nachhaltigen
Einfluss auf das Collateral Management, das im Rahmen
der übergeordneten Geschäfts- und Risikopolitik als zentrales
Instrument der strategischen Steuerung von Kreditinstituten
eingesetzt wird.
Kreditinstitute sahen sich in den vergangenen Jahren mit zunehmenden operativen Herausforderungen
(zum Beispiel durch den stetigen Anstieg an Besicherungsvereinbarungen und erhöhte Margin Call
Frequenzen/Aktivitäten) sowie einem zusätzlichen Bedarf und höheren Anforderungen an die Qualität
der Sicherheiten im Collateral Management konfrontiert. Die Regelungen zur zukünftigen Besicherung
bilateraler Derivatekontrakte fordern gemäß Phase-In Modell1 zudem ab spätestens März 2017 einen
täglichen Marktwertausgleich und die Erfüllung zusätzlicher Anforderungen an das Collateral Manage­
ment.
Anknüpfend an Vorhaben zur Optimierung des operativen Collateral Managements und der Schaffung
von EMIR CCP Kompatibilität in Systemlösungen erzeugen die aktuellen Herausforderungen weiteren
Handlungsbedarf bei den Marktteilnehmern.
Aus den Ergebnissen unserer Untersuchung zum Status-Quo und erwarteten Entwicklungen im Collateral
Management Umfeld lassen sich folgenden Kernaussagen ableiten:
•Für die Umfrageteilnehmer liegt der aktuelle Fokus auf der weiteren Umsetzung der EMIR
Vorgaben und der Umsetzung der zukünftigen Anforderungen für die Besicherung bilateraler
Derivatekontrakte. EMIR und Margin Requirements sind damit die wesentlichen Treiber für
Veränderungen im Collateral Management.
•Der aufgrund erhöhter regulatorischer Anforderungen entstehende zusätzliche Bedarf an
Sicherheiten wird von den befragten Instituten auf durchschnittlich 20 Prozent des aktuellen
Collateral Bedarfes geschätzt. Darüber hinaus führen steigende Qualitätsanforderungen dazu,
dass sich die Kosten für die Bereitstellung erhöhen und der ‚Verknappungs-Effekt‘ verstärkt
wird. Eine interne Verrechnung von Collateral-Kosten auf Produktebene (Verursacherprinzip)
findet aktuell nur bei 23 Prozent der befragten Institute statt.
•Die Bedeutung von Barmitteln als Sicherheiten wird in den kommenden Jahren abnehmen.
77 Prozent der Umfrageteilnehmer planen, zukünftig verstärkt Wertpapiere als Sicherheiten
zu verwenden.
•Die Mehrheit der befragten Institute plant in den kommenden drei Jahren Vorhaben
im Collateral Management Umfeld. EMIR CCP Kompatibilität sowie die technische Weiter­
entwicklung und stärkere Automatisierung wurden als wesentliche Felder zukünftiger
Maßnahmen genannt.
1
4
Vgl. ESA (2015): Second Consultation Paper; Draft Regulatory Technical Standards of risk mitigation techniques for OTC derivative contracts not cleared
by a CCP under Article 11 (15) of Regulation (EU) 648/2012.
Red Paper | Collateral Management
•Ohne adäquate Systemlösung sind ein effizientes operatives Collateral Management und die
Etablierung eines umfassenden Ansatzes zur strategischen Collateral Asset Optimization nicht
möglich. Am Markt verfügbare Systemlösungen haben sich kontinuierlich weiterentwickelt
und bieten neben der Collateral Abwicklung zunehmend auch Lösungen zu Collateral Asset
Allokation, Collateral Transformation und Collateral Forecasting. Alle befragten Institute
haben eine entsprechende Collateral Management Systemlösung im Einsatz.
•Das Collateral Management wird bereits heute bei etwa der Hälfte der befragten Institute
durch einen Collateral Asset Manager als zentrale Einheit strategisch gesteuert. Diese Einheit
ist in 50 Prozent der Fälle im Front Office aufgehängt. 33 Prozent der Institute mit anderer
organisatorischer Aufstellung planen eine Verlagerung der Rolle in das Front Office.
ERGEBNISSE DER COLLATERAL MANAGEMENT STUDIE 2015 INKLUSIVE BENCHMARKING
Fazit
Marktteilnehmer stehen vor
der Herausforderung, ihre
Collateral Management
Lösung vor dem Hintergrund
der zunehmenden opera­
tiven Anforderungen und
der bestehenden regulato­
rischen Einflüsse neu zu
bewerten. Die Mehrheit der
Marktteilnehmer begegnet
den gestiegenen Anforde­
rungen an das Collateral
Management durch die
Anpassung/Erweiterung der
aktuellen Systemlösung mit
dem Ziel der weitgehenden
Automatisierung und zu­nehmenden Optimierung –
auch für das strategische
Collateral Management.
Red Paper | Collateral Management
5
Einleitung
Die Besicherung von Handelsgeschäften zur Absicherung von Kontrahentenausfallrisiken und Markt­
preisschwankungen stellt die Grundfunktion des Collateral Managements dar. Mit der Finanzkrise
erwuchs die Erkenntnis, dass diese Risiken in der Vergangenheit nicht umfassend und effizient
­abgesichert wurden. In der Konsequenz gerieten die Stärkung der Markttransparenz und die Stabilität
von Finanzmärkten in den Fokus neuer Regulierungsinitiativen.
Basel III, EMIR und die Besicherungspflicht für bilaterale Derivatekontrakte (Margin Requirements)
zielen gleichermaßen auf eine Stärkung des Collateral Managements ab und stellen unter anderem
erhöhte Anforderungen an die Quantität und Qualität der Sicherheiten sowie an das hinterlegte
Eigen­kapital von Finanzinstituten. Die dadurch zunehmende Nachfrage nach liquiden und hochwertigen
Assets zur Reduzierung von Risiken und Eigenkapitalkosten erfordert eine globale Steuerung und den
strategischen Einsatz von Barmitteln und Wertpapieren durch das Collateral Management.
Die kontinuierliche Entwicklung und strategische (Neu-)Ausrichtung dieses Unternehmensbereiches ist
für Marktteilnehmer eine entscheidende Stellschraube zur Kostenreduktion und damit zur Schaffung
einer höheren Profitabilität und zentraler Wettbewerbsvorteile.
Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung haben wir in 2015 Kreditinstitute in Deutschland zu
verschiedenen Themenblöcken im Collateral Management online befragt und persönlich interviewt.
Die Auswertung umfasst die Rückmeldungen von 24 Studienteilnehmern aus Großbanken,
Genossenschaftszentralbanken, Landesbanken, Förderbanken, Automobilbanken und Depotbanken
in Deutschland.
Die Umfrage umfasst im Kern qualitative und quantitative Fragestellungen zur Einschätzung der
wichtigsten Veränderungstreiber, der strategischen und technischen Umsetzung sowie zu zukünftigen
Entwicklungen und Handlungsbedarfen im Collateral Management. Durch zusätzliche offene
Fragestellungen wurde der individuellen Umsetzung des Collateral Managements Rechnung
getragen.2
Die vorliegende Studie betrachtet zunächst rückwirkend die bisherigen Entwicklungen im Collateral
Management Umfeld und geht anknüpfend daran auf die Ergebnisse der von BearingPoint
durchgeführten Untersuchung ein. Abschließend werden die sich aus den Entwicklungen und
­Untersuchungsergebnissen ergebenden Veränderungsbedarfe für Kreditinstitute aufgezeigt und
deren Implikationen auf das operative Geschäft und die Strategie erörtert.
2
6
Auch wenn die teilnehmenden Institute einen sehr guten Querschnitt der deutschen Finanzbranche widerspiegeln sei an dieser Stelle darauf hingewiesen,
dass es sich um keine repräsentative Umfrage nach statistischen Standards handelt.
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Collateral Management
im Wandel
Ein zeitgerechtes Collateral Management berücksichtigt
nicht nur regulatorische und administrative Aspekte, sondern
adressiert auch strategische Handlungsfelder.
Die primäre Aufgabe des Collateral Managements lag, wie einleitend beschrieben, in den vergangenen
Jahren vornehmlich auf der Absicherung von Kontrahentenrisiken – dem Risiko der Nichterfüllung von
vertraglichen Pflichten durch den Geschäftspartner. Das Collateral Management wurde damit oftmals
als reiner Back Office Prozess gesehen. Infolge der Finanzkrise wurde der Besicherung von Derivatetrans­
aktionen eine immer höhere Bedeutung beigemessen; die Besicherung wurde zum Standard und
Marktusancen im Collateral Management haben sich auch aufgrund der verstärkten Regulierung des
Derivatemarktes nachhaltig verändert.
Mit dem in der Vergangenheit kontinuierlichen Anstieg des globalen Sicherheitenbedarfes sind auch die
Ansprüche an die Qualität der Sicherheiten gewachsen. In einer Studie schätzt die Bank of England, dass
aus den neuen regulatorischen Anforderungen ein Sicherheiten-Mehrbedarf von bis zu 800 Milliarden
US-Dollar entsteht.3 Die ISDA kommt zu dem Ergebnis, dass der Bedarf an Sicherheiten alleine durch die
neuen Initial Margin Anforderungen sogar um etwa 10 Billionen US-Dollar steigen könnte.4
Neben dem illustrierten Mengenwachstum an Sicherheiten und dem stetigen Anstieg der Anzahl an
Besicherungsvereinbarungen sind die Veränderungen im Collateral Management unter anderem durch
folgende Faktoren gekennzeichnet:
•Automatisierung des Collateral Management Prozesses (real-time statt end-of-business)
•Erhöhte Margin Call Frequenzen für einen verbesserten Gleichlauf von Exposure und ­Absicherung
•Höherer Anspruch an Niveau und Wirksamkeit der Besicherung
•Erhöhte Collateralkosten durch Nachfrage nach liquiden und qualitativ hochwertigen
Sicherheiten
•Überwachung von Konzentrations- und Korrelationsrisiken
•Notwendigkeit der Berücksichtigung neuer interner und externer Meldepflichten
•Notwendige Transformation von Prozessen und IT-Architektur in Richtung zentrales Clearing
Insgesamt haben diese Entwicklungen dazu geführt, dass Marktteilnehmer – in Abhängigkeit der
Größenordnung des Instituts und des gewünschten Automatisierungsgrades – in den vergangenen
Jahren verstärkt auf die Bewältigung der damit verbundenen operativen Herausforderungen fokussiert
gewesen sind. Neben der klaren Festlegung von Aufgaben und Kompetenzen innerhalb der Organisation
und einer eindeutigen Definition der zugrundeliegenden Collateral Management Prozesse war insbeson­
dere der Einsatz einer entsprechenden IT-Lösung mit dem erforderlichen Funktionsumfang maßgeblich.
Optimierungen im Collateral Management gingen daher vornehmlich mit der Etablierung einer
adäquaten Systemlösung (Einführung, Ablösung, Release Upgrade) für ein effizientes operatives
Collateral Management (Collateral Abwicklung) oder die Schaffung der EMIR CCP Kompatibilität durch
entsprechende Moduleinführungen einher.
3
4
Vgl. Bank Of England (2012): Financial Stability Paper No. 18 – OTC derivatives reform and collateral demand impact.
Vgl. International Swaps and Derivatives Association (2012): Initial Margin For Non-Centrally Cleared Swaps- Understanding the Systemic Implications.
Red Paper | Collateral Management
7
Wohin entwickelt sich das Collateral Management
in Zukunft?
Ein zeitgerechtes Collateral Management berücksichtigt nicht nur regulatorische und administrative
Aspekte, sondern adressiert auch strategische Handlungsfelder. Collateral Management gewinnt als
bereichsübergreifende Querschnittsfunktion mehr und mehr an Bedeutung: Zur Sicherung der Wettbe­
werbsposition, zur optimalen Collateral Asset Allokation, zur effektiven Risiko-, Liquiditäts- und Ertrags­
steuerung, als effektives Limit Management und, nicht zuletzt, auch mit Blick auf die Entlastung des
aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals.
ABBILDUNG 1: COLLATERAL MANAGEMENT IM WANDEL
Collateral Management …
… in der Vergangenheit
… in der Gegenwart und Zukunft
1
Back Office Funktion
Front Office Funktion
2
fragmentiert („silo-based“)
integriert
3
operativ/administrativ
strategisch
4
„passive“ Versicherung
aktives Collateral Asset Management
5
risikoorientiert
risiko- und liquiditäts-/ertragsorientiert
Abbildung 1 veranschaulicht den sich gegenwärtig vollziehenden Wandel des Collateral Managements.
Die Auswertung der Ergebnisse unserer Untersuchung im nächsten Kapitel geht auf diese Punkte ein und
gibt einen Überblick zu aktuellen Herausforderungen und strategischen Entwicklungsperspektiven im
Collateral Management.
8
Red Paper | Collateral Management
Darstellung der
­Umfrageergebnisse
Bestehende Herausforderungen im Collateral Management
werden aktuell und in den kommenden Jahren über umfassende
Projektinitiativen in den Instituten adressiert. Bei der Umsetzung
der Veränderungen ist die Berücksichtigung eines aktiven
Managementansatzes von zentraler Bedeutung.
Um einen Überblick über die unterschiedlichen Facetten des Collateral Managements bei den befragten
Instituten zu gewinnen, wurde die Studie in drei Hauptbereiche gegliedert:
•Regulatorisches Umfeld und Auswirkungen auf das Collateral Management
•Collateral Management als Funktion in der Organisation
•IT-Architektur und Collateral Management Systeme
Die Umfrageergebnisse zeigen einen Umbruch beziehungsweise tiefgreifende Veränderungen in allen
drei Bereichen auf. Auffallend ist, dass es sich um einen kontinuierlichen Wandel handelt, der durch
regulatorische Vorgaben getrieben ist. Hierbei zeichnet sich ein eindeutiges Bild der Veränderung in eine
Stoßrichtung: Weg von der reinen operativen Behandlung des Collateral Managements hin zu einer
engeren Integration in die Profit-Center der Kreditinstitute.
Neue Regulatorik als Veränderungstreiber
Die Veränderungen im Collateral Management werden durch die verstärkte Aufmerksamkeit der
Regulatoren und einer Vielzahl von Regularien und Initiativen getrieben. Dabei stehen aktuell bei den
Instituten die Umsetzung der Anforderungen aus EMIR und den Margin Requirements im Vordergrund.
Gegenüber einer in der Vergangenheit teilweise unregelmäßigen bilateralen Besicherung, bestehen
heute erhöhte Margin Call Frequenzen, gestiegene Ansprüche an die zu liefernden Sicherheiten und
Risikomanagementsysteme der Geschäftsparteien sowie umfassende Meldepflichten von
Derivatekontrakten an ein Transaktionsregister. Dazu kommt eine zentrale Clearingpflicht für
standardisierte OTC-Derivatekontrakte und die zukünftige Besicherungspflicht von bilateralen
OTC-Derivatekontrakten. Nur vereinzelte Institute geben an, dass sie in den nächsten drei Jahren
keine Veränderungen im Collateral Management anstreben. Bei der Mehrheit der Umfrageteilnehmer
hat EMIR CCP und die Weiterentwicklung/Anpassung der im Einsatz befindlichen Systemlösung –
beispielsweise über die Erhöhung des Automatisierungsgrades und die Schaffung von Kompatibilität zu
regulatorischen Anforderungen – oder gar die Ablösung der aktuellen Systemlösung höchste Priorität.
Red Paper | Collateral Management
9
77 %
der Teilnehmer
gehen davon aus,
dass der Anteil an
Wertpapiersicherheiten
zukünftig steigen wird
10 bis
35 %
beträgt aktuell der Anteil
an Wertpapiersicherheiten
bei den befragten Instituten
Den in den nächsten Jahren zusätzlich entstehenden Bedarf an
Sicherheiten schätzen die befragten Institute im Durchschnitt auf
etwa 20 Prozent. Zwar werden kaum Engpässe bei der Bereitstellung
der geforderten Sicherheiten in ausreichender Liquidität und Qualität
gesehen, der operative und technische Aufwand sowie fehlende
personelle Ressourcen werden jedoch als potenzielle Herausforde­
rungen erkannt. 77 Prozent der Befragten sind sich zudem einig,
dass in den nächsten Jahren, unter anderem auch aufgrund einer
Verknappung von Barmitteln als Sicherungsinstrument (beispiels­
weise wegen höheren Eigenkapitalanforderungen), häufiger
Wertpapiersicherheiten in Erwägung gezogen werden müssen.
Der aktuelle Anteil von eingesetzten Wertpapiersicherheiten liegt
bei den befragten Instituten meistens zwischen 10 Prozent und
35 Prozent.
Bemerkenswert ist, dass viele der Verpflichtungen, die erwartungsgemäß einen besonders starken Effekt
haben werden, noch nicht in Kraft getreten sind und sich erst zukünftig auf das Collateral Management
auswirken. Je höher der tatsächliche Anteil der Wertpapiersicherheiten wird, desto intensiver sollten sich
die betroffenen Institute mit einer strategischen Collateral Asset Optimization befassen.
Unter Collateral Asset Optimization wird die optimale Allokation von Sicherheiten gegenüber den
Lieferadressen unter Risiko-, Liquiditäts- und Ertragsgesichtspunkten verstanden. Entscheidend ist dabei
die Berücksichtigung von Nebenbedingungen wie beispielsweise Akzeptanzkriterien der Sicherheiten,
Regelungen zu Collateral Re-Use, Vorgaben zu Konzentrations- und Korrelationsrisiken und operative
Restriktionen. Ein Collateral Management, das Sicherheiten nicht mehr in Silos von den individuellen
Handelsabteilungen auf Einzelproduktebene, sondern weltweit integriert und über alle Produktklassen
hinweg verwaltet, ist nicht mehr nur Wunschdenken der Finanzbranche, sondern wird auch aufgrund
fortschreitender Möglichkeiten der systemischen Abbildung eine immer realistischere Option.
Collateral Asset Management als Funktion
Nach aktuellem Stand hat die Hälfte der Institute bereits die Funktion eines zentralen Collateral Asset
Managers etabliert und sieht nicht vor diese auszulagern, obwohl die Anzahl der spezialisierten
Collateral Management Dienstleister am Markt ständig wächst. Aus organisatorischer Sicht wird die
Funktion des Collateral Asset Managers entweder im Front oder Middle Office aufgehängt.
Collateral
Asset Manager
50 %
10
Red Paper | Collateral Management
50/50
Bei den Instituten,
die die Funktion bereits
etabliert haben, verteilt sich
die Aufhängung der Funktion
gleichmäßig zwischen
Front und Middle Office
+15 %
15 Prozent der Teilnehmer,
die noch keinen zentralen
Collateral Asset Manager
haben, planen diesen im
Front Office aufzuhängen
der Befragten haben die
Funktion eines zentralen
Collateral Asset Managers
in ihrem Haus
Wo früher Margin Calls vom Back Office nur passiv bedient wurden, betreiben Handel und Treasury der
befragten Institute heute immer häufiger die aktive Steuerung des Besicherungsprozesses, um die
vorhandene Liquidität effektiver zu nutzen und die Effizienz der verfügbaren Mittel zu steigern.
Durch die gestiegenen Besicherungspflichten entstehen den Instituten auch höhere Kosten, insbeson­
dere für hochwertige Sicherheiten. Eine der Herausforderungen für die Institute ist hierbei die Umlegung
dieser Kosten auf die Produkte, die sie verursachen, um den tatsächlichen Nettoertrag der Produkte
bewerten zu können. Denn nur so lassen sich fundierte strategische Entscheidungen darüber treffen,
welche Produkte als Ertragsbringer zukunftsfähig sind. Mit dem Inkrafttreten der Margin Requirements
wird sich dies für Sell-Side Institute als Vorteil erweisen, indem sie effizientes und strategisches Collateral
Management entweder durch Erzielung höherer Margen oder das Anbieten von rentablen Produkten
betreiben können.
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass bei den Befragten hier noch ein großer Handlungsbedarf besteht.
Nur bei 23 Prozent wird der Ansatz aktuell schon aktiv gelebt, weitere 30 Prozent planen die Umsetzung
in naher Zukunft. Damit wären über die Hälfte der Institute in absehbarer Zeit in der Lage, Handels­
produkte effektiver zu bepreisen und damit im Vorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern.
€
Nur 23 % der Befragten
verrechnen die Kosten auf
Produktebene
Weitere 30 % planen
dies für die Zukunft
IT-Architektur und Collateral Management Systeme
Funktionalitätsabdeckung*
umfangreich
Nach Meinung der befragten Institute lagen die Stärken der eingesetzten Collateral Management
Systemlösungen bisher bei den Funktionalitäten zur Abwicklung des operationalen Collateral Manage­
ments wie zum Beispiel zum Exposure und Margin Management. Funktionalitäten zur Collateral Asset
Optimization, Collateral Transformation und Collateral Forecasting wurden als ausbaufähig bewertet.
Da diese für einen ganzheitlichen und effizienten Besicherungsprozess unabdingbar sind, evaluieren
momentan viele Institute ihre bestehenden Systeme auf strategische Tragfähigkeit. Der Nachholbedarf
wurde bereits von den meisten Vendoren erkannt und die Integration sowie eine benutzergerechte
Gestaltung von den genannten Funktionalitäten ist zu einem entscheidenden Differenzierungsmerkmal
in dem sich stark bewegenden Markt geworden.
Exposure & Margin Management
Margin Kalkulation
Inventory Besicherungsvereinbarungen
Dispute Management
Portfolio Reconciliation
Reporting & Analyse
gering
Inventory
Management/Monitoring
Optimierte
Collateral Allokation
Collateral
Transformation
Collateral Forecasting
operativ
* Die Darstellung der
Funktionalitätsabdeckung
basiert auf einer Einschätzung
der Umfrageteilnehmer
bezogen auf die im jeweiligen
Institut im Einsatz befindliche
[spezialisierte] Systemlösung.
Obwohl damit nur eine
durchschnittliche Einschätzung
zu einem Teil der am Markt
verfügbaren Systemlösungen
abgebildet wird, zeigt sich der
Trend zur Entwicklung bzw.
Verbesserung strategischer
Funktionalitäten.
strategisch
Red Paper | Collateral Management
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Entwicklungen im
­Collateral Management –
­Handlungsbedarf
Die aktuellen Entwicklungen erfordern eine detaillierte
Analyse des Status Quo und eine Ableitung der erforderlichen
Veränderungsbedarfe für ein zukunftsfähiges Collateral
Management.
Im Mittelpunkt aktueller Projektinitiativen von Finanzinstituten steht nach wie vor die fristgerechte
Umsetzung der mit dem Collateral Management korrelierenden regulatorischen Vorgaben. Während
eine Vielzahl der Institute bereits EMIR CCP Compliance durch die Anbindung an zentrale Kontrahenten
erreicht und die dafür notwendigen Anpassungen im Collateral Management vorgenommen hat, sind
die sich aus der obligatorischen Besicherung von bilateralen Derivatekontrakten ergebenden Anforde­
rungen noch umzusetzen. Aktuell entwickeln die European Supervisory Authorities (ESMA, EBA, EIOPA)5
den finalen Entwurf zu den technischen Regulierungsstandards für die bilaterale Besicherungspflicht.
Die Regelungen betreffen grundsätzlich alle systemrelevanten Institute6, die auch von der Clearing­
pflicht betroffen sind und sehen zukünftig eine Pflicht zur Hinterlegung von Sicherheiten für nicht
standardisierte und damit nicht über zentrale Kontrahenten abzuwickelnde Derivatekontrakte vor.
Betroffene Marktteilnehmer haben entsprechend des jeweiligen Kontrahentenrisikos sowohl Initial als
auch Variation Margin auszutauschen. Die bislang hohe Anzahl von unbesicherten bilateralen Derivate­
kontrakten wird dadurch deutlich verringert. Die Einführung der Margin Requirements erfolgt schrittweise
und gilt ab dem 1. September 2016 zunächst für die größten und relevantesten Akteure am Markt7 und
spätestens ab dem 1. September 2020 für alle betroffenen Marktteilnehmer ab einem Mindestbetrag
von nicht zentral abgerechneten Derivatekontrakten in Höhe von 8 Mrd. EUR (ausstehender Brutto­
nominalwert). Bei der Planung der Projektaktivitäten ist jedoch zu beachten, dass unabhängig von dem
Beginn der Initial Margin Verpflichtung ab spätestens 1. März 2017 ein täglicher Marktwertausgleich
und die Erfüllung der weiteren operativen Anforderungen an das Collateral Management verpflichtend
sind. Eine erste grobe Einschätzung der Auswirkungen auf Organisation, Prozesse und IT-Infrastruktur
sollte daher zeitnah angegangen werden. Die Umsetzung beinhaltet neben organisatorischen Heraus­
forderungen insbesondere ein Re-Design der bestehenden Prozess- und Systemlandschaft.
In Bezug auf die Collateral Abwicklung lässt sich festhalten, dass die Collateral Management Einheiten
vor der Herausforderung stehen, eine deutlich gestiegene Anzahl an Margin Calls bearbeiten zu müssen.
Ein zentrales Handlungsfeld ist damit die Optimierung des operativen Collateral Management Prozesses.
Die Verwendung einer geeigneten Systemlösung mit integrierten Workflows für die zugrundeliegenden
Collateral Prozesse minimiert Prozessbrüche und manuelle Bearbeitungsschritte.
5
6
7
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ESMA (European Securities and Markets Authority); EBA (European Banking Authority); EIOPA (European Insurance and Occupational Pensions
Authority).
Als systemrelevante Institute werden in diesem Zusammenhang alle finanziellen Gegenparteien und nichtfinanzielle Gegenparteien oberhalb des
Clearing Schwellenwertes gesehen.
Marktteilnehmer mit einem Mindestbetrag von nicht zentral abgerechneten Derivatekontrakten i.H.v. 3 Billionen EUR (ausstehender Bruttonominalwert).
Red Paper | Collateral Management
Darüber hinaus führt die zunehmende Besicherung im Handelsgeschäft zu steigenden Kosten für die
Bereitstellung von Sicherheiten. Handlungsbedarfe bestehen in Abhängigkeit der spezifischen Gegeben­
heiten des jeweiligen Institutes unter anderem in:
•der Schaffung von Transparenz über die zur Verfügung stehenden Sicherheiten in einem
zentralen Collateral Pool
•dem effizienten Management von Collateral Angebot und Nachfrage
•der frühzeitigen Identifizierung von Engpässen bei den zur Verfügung stehenden Sicherheiten
•der Schaffung von Liquidität durch das Vermeiden von Übersicherung
•der optimierten Allokation von Sicherheiten auf die jeweiligen Besicherungserfordernisse im
Clearing und im bilateralen Geschäft
•der Kenntnis zukünftiger Besicherungserfordernisse (Collateral Forecasting)
•der Etablierung einer internen Verrechnung von Collateral-Kosten auf Produktebene
­(Collateral Transfer Pricing)
Unabhängig vom steigenden Bedarf an Sicherheiten und möglichen Engpässen bei den zur Verfügung
stehenden Sicherheiten ist die Integration eines aktiven Collateral Management Ansatzes in die
Collateral Management Strategie ein wichtiger Eckpfeiler für ein zukunftsfähiges Collateral Manage­
ment.
Eine zentrale Steuerungseinheit innerhalb des Instituts stellt dabei sicher, dass Barmittel und Wertpa­
pierbestände zum richtigen Zeitpunkt, in ausreichender Höhe und in adäquater Qualität bei den für die
Besicherung relevanten Lieferadressen liegen. Voraussetzung dafür ist, neben der Etablierung eines
zentralen Collateral Pools, die Verfügbarkeit aller relevanten Nebenbedingungen im Collateral Manage­
ment System. Aufgrund der Komplexität der in die Allokationsentscheidung einzubeziehenden Faktoren,
ist die Allokation der verfügbaren Barmittel und Wertpapierbestände ohne adäquate Systemlösung
nicht mehr darstellbar. Die Auswahl und gesteuerte Allokation der Sicherheiten auf die bestehenden
Besicherungserfordernisse im Markt sollte daher mit Hilfe einer systembasierten Lösung erfolgen. Es ist
hervorzuheben, dass der anzustrebende Grad der Optimierung abhängig von dem jeweiligen Institut,
dessen Geschäftsmodell sowie dem Kunden- und Produktspektrum ist. In anderen Worten: Aus der
Vielzahl der zur Verfügung stehenden Ansätze zur Collateral Asset Optimization ist im Rahmen eines
Vorhabens die institutsindividuell optimale Lösung zu bestimmen und in einer adäquaten Systemlösung
umzusetzen; es gibt keinen „one-size-fits-all“-Ansatz.
Red Paper | Collateral Management
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Ausblick
Das Collateral Management im Handelsgeschäft hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wesent­
lichen Gestaltungsinstrument für die Positionierung im Kapitalmarktgeschäft und zu einem differen­
zierten und wirksamen Instrument zur Risikosteuerung entwickelt. Die aktuellen Entwicklungen werden
auch weiterhin durch steigende operative Herausforderungen aufgrund veränderter Marktusancen und
Mengenwachstum, regulatorischer Einflüsse und der Verstärkung strategischer Aspekte im Collateral
Management getrieben. Diese Markttreiber sind bei Etablierung eines zukunftsfähigen Collateral
Managements im Einklang mit der geschäftspolitischen Ausrichtung des Institutes zu berücksichtigen.
BearingPoint unterstützt Sie als kompetenter Ansprechpartner sowohl bei der Entwicklung von konzep­
tionellen (Strategien, Policies, Zielbilder) als auch bei der Entwicklung von umsetzungsorientierten
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Autoren: Dr. Robert Bosch, Alexander Krings, Philipp Heilmann
© November 2015, BearingPoint GmbH, Frankfurt/Main. Alle Rechte vorbehalten. Gedruckt in der EU. Der Inhalt dieses Dokuments unterliegt dem Urheberrecht. Veränderungen,
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Red Paper | Collateral Management
Über BearingPoint
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